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Neunmal Weihnachten Weihnachtsgeschichten überraschend anders Weihnachgtsüberraschungen sind auch Geschenke, die keiner goldenen Verpackung mit silberner Schleife bedürfen. Sie kommen von Mensch zu Mensch. Die Autorin Anna Verena Hoffmann Sax erzählt spannend in neun Kurzgeschichten, wie Menschen zueinander finden oder sich wieder näher kommen in der Weihnachtszeit.
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Seitenzahl: 33
Veröffentlichungsjahr: 2022
Anna Verena Hoffmann Sax
Neunmal Weihnachten
Weihnachtsgeschichten überraschend anders
© 2022 Anna Verena Hoffmann Sax
Aquarell Anna Verena Hoffmann
Lektorat: Alexander Dommnich
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, An der Strusbek 10,22926 Ahrensburg
ISBN
Paperback ISBN
978-3-347-67995-5
Hardcover ISBN
978-3-347-67998-6
e-Book ISBN
978-3-347-68000-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Bäumlikari
Die Stufe
Viele Jahrzehnte war es so, dass während der Sommerferien alle Buben im Dorf aufgerufen wurden, im Wald kleine Tannen zu pflanzen. Sie erhielten ein Sackgeld dafür. Karl meldete sich jedes Jahr, auch nachdem er die Schule verlassen hatte. Er pflanzte Tannen im Wald und fällte sie auch, und so blieb es sein Leben lang. Die Leute im Dorf konnten ihn rufen, wenn sie einen Baum zu fällen hatten, und irgendwann nannten alle ihn und auch seine Söhne Bäumlikari. Die Familie wohnte ganz oben im Dorf nahe am Waldrand. Sie war arm und hatte viele Kinder. Die meisten waren Buben.
Nun war der jüngste Bäumlikari in der vierten Klasse. Wie alle seine Brüder machte auch er jede Klasse zweimal. Bei Lehrer Schumacher in der vierten Klasse endete die Schulkarriere für alle Bäumlikaris. Weiter schaffte es keiner. Die dritte und vierte Klasse waren hart. Lehrer Schumacher nahm bei den Buben oft das Lineal und gab ihnen Tatzen, dass die Hand aufschwoll, die Bäumlikaris kassierten heftig. Sie kamen zu spät, weil der Vater am Morgen noch im Dusel lag und sie vor der Schule den Stall misten mussten. Lehrer Schumacher dachte, er wolle dem jüngsten Bäumlikari ein Amt auftragen, das ihn ansporne, rechtzeitig zur Schule zu kommen. Schumacher spielte jeden Morgen auf seiner Geige «All Morgen ist’s ganz frisch und neu», die Kinder sangen dazu. Er hängte seine Geige an einem Haken auf, der an der Unterseite des Tischblattes angeschraubt war. Er wählte jedes Jahr einen Schüler aus, der seinen Geigenkasten dort am Morgen hervorholte, auf den Tisch stellte und den Deckel öffnete, sodass er bequem seine Geige nehmen konnte. Beim jüngsten Bäumlikari musste der Lehrer alle seine Fähigkeiten zusammenraffen, aber er entschied sich dieses Jahr für ihn. Er war nun schon drei Jahre in seinem Unterricht und so traute er ihm dieses Amt zu.
Als Bäumlikari diese Aufgabe erhielt, erfüllte es ihn mit Stolz, er machte es gern. Es gab ihm auch eine leise Aufmunterung für den beginnenden Tag. Liebevoll legte er den Geigenkasten auf den Tisch und achtsam öffnete er den Deckel und schaute noch schnell das prächtige Instrument an. Berühren durfte er es nicht.
Jeweils am letzten Tag vor Weihnachten spielte Schumacher am Morgen «Oh du fröhliche, oh du selige Weihnachtszeit» und zwei andere Weihnachtslieder. Darauf freute sich Bäumlikari nun schon das dritte Mal. Bei ihm zu Hause wurde am Weihnachtsabend nicht gesungen, der Vater lallte, die Mutter suchte in der Küche alles zusammen, dass sie ein Abendessen zustande bringen konnte.