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"Wenn man glaubt, das Leben könnte nicht besser werden, schafft Blake Pierce ein weiteres Thriller Meisterwerk voller Mysterien! Dieses Buch ist voller Wendungen und das Ende bringt eine überraschende Enthüllung, die man nie erwartet hätte. Ich empfehle jedem Leser, der Freude an einem sehr gut geschriebenen Thriller hat, dringend sich dieses Buch zuzulegen. " --Bücher und Filmkritiken, Roberto Mattos NICHTS ALS VERSTECKEN ist Buch Nr. 3 in einer neuen FBI-Thriller-Serie von USA Today Bestsellerautor Blake Pierce, dessen Bestseller Nr. 1 VERSCHWUNDEN (Buch Nr. 1) (ein kostenloser Download) über 1.000 Fünf-Sterne-Kritiken erhalten hat. Ein italienisches Ehepaar, das in Deutschland Urlaub macht, wird brutal ermordet aufgefunden, was einen internationalen Aufschrei auslöst. FBI-Spezialagentin Adele Sharp ist die einzige mit der internationalen Expertise, die die Grenzen überschreitet und den Mörder aufhält - und sie findet sich an der Seite ihres entfremdeten Vaters wieder, der weit mehr über den ungeklärten Mord an ihrer Mutter weiß, als er zugibt. Obwohl sie immer noch von den jüngsten Ereignissen in Paris erschüttert ist, muss sich Adele auf eine wilde Jagd quer durch Deutschland begeben und auf Schritt und Tritt Lügen und Täuschung aufdecken. Können Adele und ihr Vater die Kluft zwischen ihnen überwinden? Und kann sie den Mörder aufspüren, bevor die Tragödie weitergeht? Eine actiongeladene Krimiserie voller internationaler Intrigen und fesselnder Spannung: Mit NICHTS ALS VERSTECKEN können Sie bis spät in die Nacht hinein blättern. Buch Nr. 4 der ADELE SHARP MYSTERY-Reihe wird bald erhältlich sein.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2020
N I C H T S
A L S
V E R S T E C K E N
(Ein Adele Sharp Mystery – Buch 3)
B L A K E P I E R C E
Blake Pierce
Blake Pierce ist der USA Today Bestseller-Autor der RILEY PAGE Mystery-Serie, die sechzehn Bücher (und es werden noch mehr) umfasst. Blake Pierce ist auch der Autor der Mystery-Serie MACKENZIE WHITE, die dreizehn Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie AVERY BLACK, die sechs Bücher umfasst; der Mystery-Serie KERI LOCKE, die fünf Bücher umfasst; der Mystery-Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie KATE WISE, die sechs Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe CHLOE FINE, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe JESSIE HUNT, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe AU PAIR, die zwei Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Krimireihe ZOE PRIME, die zwei Bücher umfasst (Tendenz steigend); der neuen Krimireihe ADELE SHARP; sowie der neuen und heimeligen Mystery-Serie EUROPEAN VOYAGE.
Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt es Blake, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.
Copyright © 2020 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig.
BÜCHER VON BLAKE PIERCE
ADELE SHARP MYSTERY-SERIE
NICHTS ALS STERBEN (Band #1)
NICHTS ALS RENNEN (Band #2)
NICHTS ALS VERSTECKEN (Band #3)
DAS AU-PAIR
SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)
SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)
SO GUT WIE TOT (Band #3)
ZOE PRIME KRIMIREIHE
GESICHT DES TODES (Band #1)
GESICHT DES MORDES (Band #2)
GESICHT DER ANGST (Band #3)
JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE
DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)
DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)
DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)
DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)
DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)
DER PERFEKTE LOOK (Band #6)
DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)
DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)
DIE PERFEKTE NACHBARIN (Band #9)
CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE
NEBENAN (Band #1)
DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)
SACKGASSE (Band #3)
STUMMER NACHBAR (Band #4)
HEIMKEHR (Band #5)
GETÖNTE FENSTER (Band #6)
KATE WISE MYSTERY-SERIE
WENN SIE WÜSSTE (Band #1)
WENN SIE SÄHE (Band #2)
WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)
WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)
WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)
WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)
WENN SIE HÖRTE (Band #7)
DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE
BEOBACHTET (Band #1)
WARTET (Band #2)
LOCKT (Band #3)
NIMMT (Band #4)
LAUERT (Band #5)
TÖTET (Band #6)
RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE
VERSCHWUNDEN (Band #1)
GEFESSELT (Band #2)
ERSEHNT (Band #3)
GEKÖDERT (Band #4)
GEJAGT (Band #5)
VERZEHRT (Band #6)
VERLASSEN (Band #7)
ERKALTET (Band #8)
VERFOLGT (Band #9)
VERLOREN (Band #10)
BEGRABEN (Band #11)
ÜBERFAHREN (Band #12)
GEFANGEN (Band #13)
RUHEND (Band #14)
GEMIEDEN (Band #15)
VERMISST (Band #16)
AUSERWÄHLT (Band #17)
EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE
EINST GELÖST
MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE
BEVOR ER TÖTET (Band #1)
BEVOR ER SIEHT (Band #2)
BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)
BEVOR ER NIMMT (Band #4)
BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)
EHE ER FÜHLT (Band #6)
EHE ER SÜNDIGT (Band #7)
BEVOR ER JAGT (Band #8)
VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)
VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)
VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)
VORHER NEIDET ER (Band #12)
VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)
VORHER SCHADET ER (Band #14)
AVERY BLACK MYSTERY-SERIE
DAS MOTIV (Band #1)
LAUF (Band #2)
VERBORGEN (Band #3)
GRÜNDE DER ANGST (Band #4)
RETTE MICH (Band #5)
ANGST (Band #6)
KERI LOCKE MYSTERY-SERIE
EINE SPUR VON TOD (Band #1)
EINE SPUR VON MORD (Band #2)
INHALT
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
KAPITEL EINUNDDREISSIG
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
KAPITEL DREIUNDDREISSIG
KAPITEL VIERUNDDREISSIG
KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG
EPILOG
Der Teamleiter warf einen Blick auf die Benachrichtigung, die über den Bildschirm seines Satellitentelefon lief. Vermisst. Vermisste Personen. Die Meldung kam direkt vom BKA. Es war seltsam, dass sich der deutsche Geheimdienst so schnell dafür interessierte. Andererseits handelte es sich bei den beiden nicht um die üblichen Vermissten.
Der Teamleiter richtete den Reißverschluss seines verblassten rot-grünen Mantels und deutete auf die drei anderen Mitglieder seiner Einheit. Allesamt Freiwillige. Das Logo prangte in kräftigen schwarzen Buchstaben auf ihren Uniformen: Bergwacht Deutschland. Obwohl es schon dämmerte, stapften sie noch immer durch den Schnee. Nur noch eine Stunde bis sie umkehren mussten. Es war sinnlos, nachts zu suchen und das Team dieser Gefahr auszusetzen. Zu ihrer Linken tauchte eine Schlucht aus abrutschenden Hängen auf und zu ihrer Rechten ragte der Berg nur noch höher empor und drohte die Wolken in ihrer gräulichen Düsternis zu durchstoßen.
Die bayerischen Alpen sind ein weitläufiges und kompliziertes Gebirge. Und zwei so erfahrene Skitourengeher wie die Vermissten konnten in der Zeit, in der sie vermisst wurden, vom Wolfsschlucht Resort aus eine beträchtliche Strecke zurückgelegt haben.
Sascha, der örtliche Fremdenführer, deutete in die Ferne. Der Teamleiter hielt beim Geräusch eines sich nähernden Summens inne. Er drehte sich um, der eisige Wind ließ sein entblößtes Gesicht fast erstarren, als er den orangefarbenen Hubschrauber durch den blauen Himmel schwirren sah. Ein widerhallendes Summen aus den Hubschrauberblättern erklang in einer Endlosschleife vor dem Hintergrund schneebedeckter Berge.
„Kapitän“, sagte Jérôme, das jüngste Teammitglied. Er rümpfte ein wenig die Nase, näherte sich dem Teamleiter mit schnellen Schritten, und wühlte dabei eine Menge Schnee auf.
„Hmm?“, fragte Luka Porter der Befehlsgeber der Einheit.
Jérôme kam näher und schrie fast, um den Lärm des Hubschraubers zu übertönen. „Keine Skispuren mehr. Scheiße! Ich denke, wir sollten umkehren.”
Luka betrachtete den jungen Mann und atmete lang aus, wobei sein warmer Atem eine Dampfspur an seinen Wangen vorbei nach oben in Richtung des Abendhimmels strömte. Er antwortete auch auf Deutsch. „Nein. Wir gehen nicht zurück, wissen Sie, was dann passiert?“, fragte er leise.
Jérôme zögerte. „Es - es wird dunkel. Ich dachte nur, dass es Vorschrift wäre, vor Einbruch der Nacht zurückzukehren.”
Luka kratzte sich an den Stoppeln an seinem Kinn. Er war an diesem Morgen früh geweckt worden und hatte nicht die Möglichkeit gehabt, sich noch zu rasieren. Diese Vermissten waren wichtige Leute. Dies war nochmal durch die BKA-Agenten verdeutlicht worden, die persönlich bei ihm zu Hause aufgetaucht waren, um ihn in das Büro neben der Ferienanlage zu schleppen.
„Eine Stunde“, sagte Luka. „Dann gehen wir zurück. Aber eine Stunde suchen wir noch.”
Jérôme sah enttäuscht aus, aber er verbarg es gut genug. Beide stapften durch den Schnee entlang des Weges und folgten Sascha, während er sie auf der Flugbahn der letzten bekannten Richtung, der das italienische Paar gefolgt war, führte.
„Ich hörte... Ich hörte, dass sie wohlhabend waren“, sagte Jérôme und keuchte inzwischen nach jedem Wort. Etwas von seiner eifrigen Energie begann zu verblassen, je tiefer der Schnee wurde.
Luka grunzte wieder, erwiderte jedoch nichts und sparte seine Kräfte. „Vierundzwanzig Stunden vermisst. Bei diesem Wetter, im November, ob wohlhabend oder nicht, werden sie trotzdem frieren.”
„Oder schlimmer“, murmelte Jérôme.
Lukas runzelte die Stirn, antwortete aber nicht und tat damit beiden den Gefallen, ihren Atem zu schonen.
In diesem Moment hielt Sascha eine Hand hoch. Das leichte Rieseln des Schnees hatte in den letzten Stunden einige Male aufgehört und dann wieder begonnen, wodurch weitere Skispuren verdeckt wurden, die sie möglicherweise gefunden hätten. Doch Sascha bewegte sich schnell und zog Lukas und Jérômes Aufmerksamkeit auf sich.
„Was ist das?“, rief Luka.
Sascha zeigte in den Himmel und die beiden Männer folgten der angedeuteten Geste.
Ein einziger blauer Lichtstrahl erstreckte sich schwach am Abendhorizont, der vom Hubschrauber ausging, aber raschelte und um einen kleinen Baumhain ganz oben in der Nähe des Hangs kreiste.
„Sie haben etwas gefunden!“, rief Sascha.
Luka nickte und nahm das Tempo wieder auf, er fühlte jetzt das Stechen der Kälte und das Frieren seines Atems an seinen Wangen. Er senkte den Kopf und folgte den Schritten Saschas, die auf den Hain zuliefen. Das italienische Paar war vor mehr als vierundzwanzig Stunden vom Skigebiet aus zum Skifahren aufgebrochen. Dennoch bestand eine Chance, dass sie überlebt hatten. Richtig gekleidet, vielleicht mit einem Schutzanzug, würde es ihnen schlecht gehen, aber der Tod war nicht sicher. Viele der Menschen, nach denen ihre Bergwachteinheit geschickt wurde, wurden schließlich geborgen. Viele, aber nicht alle.
Sie näherten sich dem Baumhain und folgten Sascha, der die Skier über die Schulter geschnallt hatte. Der Schnee hier war zu frisch, zu leicht, um optimal Skifahren zu können. Luka runzelte die Stirn - warum also zeigte der Hubschrauber auf diesen Hain?
Eine Streuung von Nadelbäumen aus Lärchen und Fichten umkreiste den angedeuteten blauen Lichtstrahl, der sich nur zu verstärken schien, je mehr sich der Abend verdunkelte.
„Licht!“, rief Luka.
Die anderen Mitglieder des Such- und Rettungsteams schalteten ihre Kopflampen ein und Luka zog seine gut eingesetzte Hunderttausend-Lumen-Aluminium-Sicherheitsleuchte heraus. Er klickte auf den Schalter und richtete die große Taschenlampe auf die Bäume. Luka blinzelte ein wenig auf das helle blendende Licht, als würde er in die Scheinwerfer eines Polizeifahrzeugs schauen. Er gab den anderen ein Zeichen, sich zu nähern.
Für Sicherheit war gesorgt. Jérôme, ihr freiwilliger Helfer bei der Strafverfolgung, zog seine Seitenwaffe. In den Alpen konnte man nie vorsichtig genug sein. Alle möglichen Kreaturen lauerten in diesen Bergen.
„Ich sehe etwas“, rief Sascha, als er sich auf die Bäume zu bewegte. Schnee knirschte unter den Füßen, was darauf hindeutete, dass der Neuschneefall größtenteils von den Bäumen abgefangen worden war und nur Rückstände und alles, was sich von den Ästen gelöst hatte, zurückblieb.
„Vorsicht!“, rief Jérôme, der seine Waffe in der mit Handschuhen geschützten Hand hielt.
Sascha nickte, winkte aber zur Vorsicht ab und ging auf den angezeigten Teil des Waldes zu. Es ging steil nach oben.
Luka konnte es jetzt auch sehen. Es war kaum zu übersehen. Dunkle Schatten zeichneten sich im Schnee ab. Dunkle Flecken.
Jérôme senkte langsam seine Waffe, als sie sich durch die Nadelbäume näherten. Dann fluchte der junge Freiwillige und seine Arme wurden schlaff. „Oh mein Gott“, sagte er und murmelte ein kurzes Gebet, bevor er sich bekreuzigte.
Luka ging an Jérôme vorbei und kam auf gleicher Höhe mit Sascha, unter einer riesigen Tanne. Er streifte mit einer Hand einen ausgestreckten Ast beiseite und starrte in den verschneiten Hain, die Augen auf die Szene gerichtet.
„Die Touristen?“, fragte Sascha mit leiser, zitternder Stimme.
„Melden Sie es“, sagte Luka scharf. „Sofort.“
Er hörte Sascha an seiner Seite am SAT-Telefon herumfummeln, gefolgt von dem schnellen Piepton der Tasten als Antwort. Er hörte, wie der Hubschrauber immer noch über ihm schwirrte, wie ein Geier über einem Kadaver. Jérôme versuchte, näher heranzukommen, aber Luka streckte einen Arm aus und den jungen Mann nach hinten. „Tu‘s nicht“, sagte er schnell. „Zerstöre es nicht.”
„Was - was glauben Sie, was das getan hat?“, murmelte Jérôme, er konnte seinen Blick nicht abwenden.
Luka richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Hain, so schwer es ihm auch fiel. Er hatte schon früher Opfer von Tierangriffen gesehen, aber nichts dergleichen. Bärenangriffe waren in der Region nicht üblich - oder zumindest seit langer Zeit nicht mehr. Vor kurzem jedoch, in den letzten Jahren, waren in den Alpen wieder vermehrt Braunbären gesichtet worden.
Nun lag der Beweis vor ihm.
Zwei Körper - zumindest das, was von ihnen übriggeblieben war. Blutig, gefroren, und wie impressionistische Kunst in der Gegend verstreut. Einige Tropfen hatten sogar die Bäume gesprenkelt. Stücke von menschlichem Fleisch schmückten ebenfalls den Boden. Ein ganzer Fuß steckte in einem jungen Schössling fest, der es durch mangelnde Sonneneinstrahlung verpasst hatte, weiter zu wachsen.
Blutige Furchen und Schnitte entstellten die Leichen. So viel Blut. Zu viel, was darauf hindeutet, dass die Opfer während des Großteils des Gemetzels noch am Leben gewesen waren.
Luka starrte einfach nur und streckte seinen Arm so aus, dass Jérôme nicht passieren konnte, während er Sascha zuhörte. „Ja... ja, ist der Agent noch da? Der mit dem BKA? Nein, Franz, keine Zeit jetzt. Wir... wir glauben, wir haben sie gefunden.“ Eine Pause. Eine statische Stimme am anderen Ende. Sascha schluckte. „Tot“, sagte er. „Definitiv tot.“
Das Handy vibrierte ein weiteres Mal auf ihrem Schreibtisch. Adele blickte nach unten und widerstand dem Drang, mit den Augen zu rollen. Angus. Erneut. Er hatte ihr bereits vor drei Tagen eine SMS geschrieben.
Sie schob ihr Telefon außer Sichtweite unter einen Stapel Papiere, die auf einer Papierablage lagen. Sie war spät dran. Sie hatte den Papierkram schon zu lange vor sich hergeschoben. Agent Grant, ihre Vorgesetzte in San Francisco, war ein geduldiger Mensch, aber selbst sie hatte Adeles Verspätungen langsam satt.
Ihr letzter Kommentar zu diesem Thema hatte gelautet: „Bleiben Sie verdammt noch mal in Ihrem Büro. Schließen Sie die Tür ab und gehen Sie nicht, bevor ich die Formulare auf meinem Schreibtisch habe. Verstanden? Mein Gott, Adele, mir sitzen sowieso schon so viele Bürokraten im Nacken.”
Nicht gerade die tröstlichsten Worte, die ihr beim Ausfüllen der längst überfälligen Formulare im Kopf umherschwirrten. Adele kräuselte die Nase und blickte auf ihre leere Tasse. Der schwache Geruch von Kaffee hing in der Luft ihres kleinen Büros. In Wirklichkeit war es kaum mehr als ein begehbarer Schrank mit einer undurchsichtigen Glastür. Fensterlos, mit einem einzigen Schreibtisch, einem Stuhl und einer Deckenlampe, die gelbes Licht ausstrahlte, erfüllte das Büro gerade so seinen Zweck.
Sie nahm eine weitere Akte, legte sie vor sich hin und begann, die Seiten durchzublättern. Ihre Augen wurden glasig und die Hand, die den Stift hielt, erschlaffte und wurde von der Tischplatte magisch angezogen. Nur noch fünfzig weitere Dokumente.
Man konnte sich gar nicht vorstellen, wie viel Freude es bereitete ständig mit drei verschiedenen Agencies zu kommunizieren.
Endlich fand sie den Teil des Dokuments, der ihre Aufmerksamkeit erforderte und bewegte sich dazu, ihn auszufüllen.
Ihr Handy vibrierte noch einmal.
„Verdammt nochmal!“, rief sie und warf ihren Stift auf den Papierstapel, der jetzt auf ihr Telefon hinabfiel.
Sie griff nach dem Telefon, hob es hoch und las: 4 neue Nachrichten. Alle von Angus. Der gutaussehende Coder mit lockigem Haar hatte vor einigen Monaten mit ihr Schluss gemacht. Damals dachte sie, die beiden stünden kurz vor einer Verlobung.
Sie warf einen Blick auf den Ordnerstapel, dann auf ihr Telefon. Dann klappte sie, leise vor sich hin murmelnd, den Bildschirm auf und blätterte durch Angus' Nachrichten.
Hey, Adele, hast du kurz Zeit?
Kurz? Es klang entspannt und auf den Punkt gebracht.
Ich weiß nicht, ob du meine letzte Nachricht bekommen hast. Können wir reden?
Sie scannte die Zeiten, zu denen die Nachrichten gesendet wurden. Dazwischen lagen nur zwei Stunden. Bildete sie sich das nur ein oder wirkte Angus verzweifelt? Was wollte er überhaupt von ihr?
Adele, es tut mir leid, wie die Sache zwischen uns gelaufen ist. Ich habe viel nachgedacht. Meinst du, wir könnten diese Woche noch einmal darüber reden?
Adeles Augenbrauen zogen sich nach oben und sie tippte mit dem Stift gegen ihre weißen Zähne. Interessant. War... war es möglich, dass Angus wieder mit ihr zusammenkommen wollte?
Sie las die letzte Botschaft, in der nur ein Wort stand:
Bitte!
Sie seufzte und schob ihr Telefon wieder unter den Papierstapel in der Papierablage. Es machte keinen Sinn, es jetzt zu sortieren. Sie war überfordert. Angus' Gefühle ein wenig zu verletzen war nichts im Vergleich zu dem, was Agent Grant ihr antun würde, wenn sie das Ausfüllen der Formulare einen weiteren Tag aufschieben würde. Außerdem hatte Angus beim letzten Mal, als sie miteinander gesprochen hatten, seinen Teil dazu beigetragen, sie zu verletzen.
Adele zog die Schultern zusammen und versuchte, ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Papierkram zu lenken.
Es hatte keinen Zweck.
Sie lehnte sich zurück und stieß einen leisen Seufzer in Richtung Decke aus. Obwohl er ihr wehgetan hatte, wollte sie Angus nicht verletzen. Er war ein guter Freund gewesen - ein treuer Freund. Vorhersehbar? Vielleicht ein wenig. Aber verlässlich? Auf jeden Fall. Ehrlich, nett - wenn auch manchmal zu nett, zu zögerlich.
Sicher. Vielleicht das beste Wort, um ihn zu beschreiben. Reich war er jetzt wohl auch, wenn an dem, was sie über seine letzte Tech-Firma gehört hat, irgendetwas dran war.
Ihre linke Hand streckte sich wieder in Richtung des Telefons, aber sie hielt inne und ließ es auf der weichen Oberfläche des Papiers unter ihren Fingerspitzen verweilen. All diesen Papierkram hätte sie sich sparen können, zumindest wenn sie nicht gezwungen gewesen wäre, so viel Zeit in Flugzeugen zu verbringen oder zwischen den Behörden zu wechseln. Als sie sich bereit erklärt hatte, mit Interpol als Korrespondentin zwischen BKA, DGSI und FBI zusammenzuarbeiten, dachte sie, sie hätte gewusst, worauf sie sich einließ. Aber jetzt...
Sie sah erneut genervt den vor ihr liegenden Ordnerstapel an.
Vielleicht war es an der Zeit, sesshaft zu werden. Ständig in Bewegung zu sein und wie ein Nomade zu leben... Das war nicht unbedingt förderlich für ein glückliches Leben, oder? Vor kurzem hatte Adele einen Artikel in Psychology Meritus gelesen, einer Zeitschrift, auf die ihr die FBI-Verhaltenseinheit empfohlen hatte, in dem es hieß, dass Menschen, die in ihrer Jugend oft an verschiedenen Orten gelebt hätten und ständig in Bewegung waren und dies auch als Erwachsene taten, oft Schwierigkeiten hatten, eine Verbindung zu anderen Menschen herzustellen. Die Angst aus dem gewohnten Umfeld gerissen zu werden und fortzugehen, konnte manchmal sogar eine traumatische Wirkung auf ein Kind haben.
Adele runzelte die Stirn und dachte darüber nach. Könnte das der Wahrheit entsprechen? Es war nicht so, dass sie viele Freunde hatte.
Sie dachte an Robert und ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen. Sogar Agent Grant war, obwohl sie ihr Chef war, jemand, dem sie sich anvertrauen konnte.
Ihr Lächeln verblasste ein wenig, als sie an John Renee dachte. Schürzenjäger, Sprücheklopfer, Oberarschloch. Bei John konnte man sich nie sicher sein. In vielerlei Hinsicht war er der Anti-Angus.
Stirnrunzelnd griff sie nun nach ihrem Telefon und wollte Angus anrufen. Ein Anruf konnte doch nicht schaden, oder? Besonders, wenn er sie zurückhaben wollte. Was würde sie sagen? Würde sie es überhaupt wissen, bevor sie seine Stimme hörte?
Als sie ihr Telefon in die Hand nahm und das Gewicht spürte, begann es zu klingeln. Diesmal vibrierte es nicht, sondern es erklang ein schrilles Zwitschern. Die einzige Nummer in ihrem Handy, die ein Geräusch machte, kam von ganz oben.
Adeles Stirnrunzeln vertiefte sich und sie konnte fühlen, wie sich die Furchen in ihre Stirn bohrten, als sie das Telefon an ihr Ohr hielt. „Agent Grant, ich arbeite an den Akten. Sie sind noch nicht fertig, aber ich sollte...“
„Adele, vergessen Sie die Akten“, sagte die Stimme am anderen Ende.
„Wir brauchen Sie oben.”
„Sind Sie sicher? Wenn Sie mir noch ein paar Stunden Zeit geben, bin ich sicher, ich könnte...“
„Vergessen Sie die Akten, Adele“, sagte die Stimme von Agent Grant. Sie klang angespannt, etwas widerwillig, aber doch entschlossen. „Beeilen Sie sich. Es ist etwas vorgefallen.”
„Ich bin gleich da.”
Adele wartete die Stille am anderen Ende ab, bevor sie das Handy hinlegte und einen Moment lang auf ihren Schreibtisch starrte. Es ist etwas vorgefallen.Die Art und Weise, wie Grant das gesagt hatte, ließ Adele einen Schauer über den Rücken laufen.
Naja, das mit dem sesshaft werden konnte, zumindest für den Moment, noch warten.
Als sie das Büro von Agent Grant betrat, war Adele überrascht, Mrs. Jayne vor dem Schreibtisch sitzen zu sehen, ihre Hände in geduldiger Haltung über den Knien verschränkt. Adele zögerte und versuchte, nicht verwirrt die Stirn zu runzeln. Sie sondierte den Raum und wartete ab, dass sich auch Executive Foucault einschalten würde, aber diesmal gab es kein Zeichen des französischen Leiters der DGSI.
Mrs. Jayne hingegen arbeitete für Interpol. Sie war eine ältere Frau, mit hellen, intelligenten Augen hinter einer Hornbrille. Sie hatte graues Haar und war etwas kräftiger als die meisten Außendienstmitarbeiter. Adele erinnerte sich, dass Mrs. Jayne keinen Akzent hatte, was darauf hindeutete, dass sie die englische Sprache zwar sehr gut beherrschte, dennoch konnte man ausmachen, dass es nicht ihre Muttersprache war.
Als die Tür hinter Adele ins Schloss fiel, näherte sie sich Agent Grants Schreibtisch. Wenn Mrs. Jayne es für nötig befunden hatte, selbst zu kommen, war tatsächlich etwas vorgefallen.
Agent Grant räusperte sich hinter dem Schreibtisch. Adeles Vorgesetzter fuhr mit einer Hand durch ihr mittellanges Haar und presste ihre Lippen mit strenger Miene zusammen. Sie war nur ein paar Jahre älter als Adele, hatte aber jetzt bereits Falten um Mund und Augenwinkel. Lee Grant war nach den beiden Generälen aus dem Bürgerkrieg benannt worden und in der Außenstelle in San Francisco für ihre Streifzüge aus dem Gebäude und an Tatorte bekannt, da er jede Gelegenheit ergriff, sich die Beine zu vertreten. Insgeheim vermutete Adele, dass Agent Grant der Außeneinsatz fehlte. Und obwohl sie es nie zugeben würde, glaubte Adele, dass Grants Fähigkeiten hinter einem Schreibtisch verschwendet wurden.
„Sharp“, sagte Agent Grant und nickte ihr zu.
„Agent Sharp“, sagte Mrs. Jayne und nickte nur minimal, um ihre perfekt liegende Frisur nicht in Unordnung zu bringen.
„Mrs. Jayne“, sagte Adele und zögerte. Man hatte ihr sie nie mit Vornamen vorgestellt. Sie nickte auch Grant zu. „Was kann ich für Sie tun?”
Sie wartete und hielt einen Moment inne, während die befehlshabenden Agentinnen sich ansahen. Agent Grant brach das Schweigen. „Wir befinden uns in einer... heiklen Lage.”
Mrs. Jaynes Augen verengten sich fast unmerklich hinter ihrer Brille. Es war nur ein kurzer Moment, in dem sie ihre sonst makellose Fassade bröckeln ließ, aber Adele verstand sofort.
„Heikel?“, fragte Adele. „Naja, mir ist alles recht, was mich von diesem Papierkram abhält...“ Sie kicherte leise, aber als die beiden Frauen ihre Freude nicht erwiderten, wurde sie wieder ernst.
„Die Einheimischen“, begann Mrs. Jayne in ihrer normalen und bestimmten Tonlage, „glauben, dass es ein Braunbärenangriff war.”
Adele versuchte es mit einem weiteren Lächeln und gab den halbherzigen Versuch, die Atmosphäre aufzulockern, erneut auf. „Ich wusste nicht, dass es in San Francisco Braunbären gibt“, sagte sie.
Agent Grant schüttelte den Kopf. „In den Alpen.”
„Die... die Alpen?”
„Ein weitläufiges Gebirge, das sich über acht Länder in Europa erstreckt“, erklärte Agent Grant.
"Oh, äh, nun, nein - ja, meine ich. Ich weiß, was die Alpen sind. Wir haben also einen Fall in den Alpen?”
Adele dachte über die Nachricht von Angus nach. Sie dachte über ihren Wunsch nach, sesshaft zu werden. Aber gleichzeitig überkam sie ein leichtes, prickelndes Frösteln der Vorfreude. Dieses Mal versuchte sie krampfhaft, ein Lächeln zu unterdrücken.
„Ja“, sagte Agent Grant. „Wie ich bereits erwähnte, glauben die Einheimischen, dass es ein Bärenangriff war. Ein handelt sich um ein wohlhabendes italienisches Ehepaar, das in einem Skigebiet Urlaub machte. Beide waren gute Skitourengeher. Beide wurden tot und zerfleischt aufgefunden.”
Adele nickte. „Aber kein Bär?”
Grant warf der dritten Frau im Raum einen Blick zu. Mrs. Jayne hielt ihre Hände über dem Knie gefaltet und blickte ernst hinter ihrer Brille hervor. „Der örtliche Such- und Rettungstrupp erwähnte gegenüber den Medien, dass es ein Braunbär gewesen sein könnte. Sie haben es ihnen abgekauft.”
Adele nickte. Mrs. Jayne hatte sich wie immer im Englischen perfekt ausgedrückt, auch wenn es wenig emotional, sondern eher sachlich wirkte. Die Interpolkorrespondentin fuhr fort. „Wir haben zugestimmt, die Geschichte so weiter laufen zu lassen. Vorerst.”
„Aber Sie wissen, dass es kein Bär war?“, Adele zögerte. „Warum die Geheimniskrämerei?”
„Es ist nicht die Unwahrheit“, sagte Mrs. Jayne. Wieder verengten sich ihre Augen, für den Bruchteil einer Sekunde, hinter ihrer Brille und wieder war der Ausdruck verschwunden, bevor ein durchschnittlicher Beobachter sie hätte erkennen können. Adele hingegen verbrachte viel Zeit damit, auf Details zu achten. Mrs. Jaynes Unsicherheit war ihr nicht entgangen. Aber sie blieb ruhig und ließ die ältere Frau fortfahren. „Eine heikle Situation“, sagte sie und wiederholte die Worte, die Grant benutzt hatte. „Ein wohlhabendes italienisches Ehepaar stirbt in Deutschland. Und angesichts der politischen Verbindungen des Ehepaares in Italien, nun... Sie können verstehen, wenn Interpol dies mit Sorgfalt und zur Zufriedenheit aller Beteiligten handhaben möchte.”
„Ich bin... ich bin verwirrt“, sagte Adele, während sie langsam ihren Finger an Grants Schreibtischkante entlanggleiten ließ. Sie hielt ihre Augen nach unten gerichtet und folgte der dünnen Staubschicht, die sich von der Unterseite des Tisches zu lösen begann, trotzdem hörte sie noch zu. „Sie sagten, es ginge um die Alpen. Nicht nur um einen Ferienort, oder einen Berg. Aber die Bergkette... Habe ich Recht?”
Mrs. Jayne nickte. „Ja, sehr gut erkannt. Die Italiener waren nicht der einzige Vorfall dort. Ein weiteres Ehepaar aus der Schweiz ist ebenfalls verschwunden. Ein paar hundert Kilometer entfernt. Seit einer Woche - wir haben sie immer noch nicht gefunden.”
„Lassen Sie mich raten, auch in den Alpen?”
„Korrekt. Die französischen Alpen, um genau zu sein.”
Adele widersetzte sich dem Drang zu seufzen und tat ihr Bestes, um sich weder im Gesicht noch mit ihrer Atmung etwas anmerken zu lassen.
„Ich verstehe... Und Sie beehren uns hier mit Ihrer Anwesenheit, weil...?”
Mrs. Jayne schlug die Beine auf und stellte vorsichtig beide Füße auf den Boden, bevor sie sich nach vorne beugte und zu Adele hinaufblickte. „Es gibt keinerlei Verbindungen zwischen den beiden Ehepaaren, abgesehen von der Tatsache, wo sie vermisst gemeldet wurden - und selbst dann waren sie fast zweihundert Meilen voneinander entfernt. Und dann...“
„Lassen Sie mich raten: Die Schweizer Familie ist auch wohlhabend und gut gestellt in der Gesellschaft?“, sagte Adele.
Mrs. Jayne nickte mit dem Kopf. „Es ist wichtig, dass wir sorgfältig vorgehen. Es sind bereits zu viele Menschen involviert. Zu viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Wir können nicht riskieren, dass die Sache schief geht.”
„Ich vermute aber, dass Sie nicht hier sind, um mit mir Rezepte auszutauschen.”
Agent Grant schnaubte leise und Adele schaute auf und traf den Blick ihrer Vorgesetzten.
„Sie suchen nach einer anderen Köchin“, sagte Grant mit einem Nicken in Richtung Mrs. Jayne.
Diesmal seufzte Adele, obwohl sie versuchte, es als Gähnen zu tarnen, aber auf halbem Wege entschied sie, dass dies vielleicht noch unangebrachter erschien. Sie versuchte mit einer schnellen Frage von sich abzulenken: „Sie wollen also, dass ich in den Alpen einen Fall von vermissten Personen untersuche, bei dem es keinerlei Verbindungen gibt, bei dem der Täter vielleicht nur ein ausgehungerter Grizzly oder die Kälte gewesen sein könnte?”
Mrs. Jayne kam langsam auf die Beine und richtete ihr maßgeschneidertes Kostüm. „Braunbären. Und wir haben guten Grund zu der Annahme, dass die Morde nichts mit wilden Tieren zu tun hatten. Ich wäre nicht gekommen, wenn das nicht wichtig wäre. Nun, Ms. Sharp - können wir auf Ihre Hilfe zählen?”
Adele zog eine Augenbraue hoch und sah zu Agent Grant hinüber, die schnaubte und nickte. „Ich bin nicht der ausschlaggebende Faktor. Unsere Vorgesetzten haben bereits zugestimmt. Es ist Ihre Entscheidung, Adele.”
Der Blick der Agentin hatte etwas Bedeutsames, als sie wartete und die jüngere Frau beobachtete. Adele fokussierte sie kurz, blickte dann aber weg. Ein neuer Fall, mehr Reisen. Es wäre ihr gutes Recht, abzulehnen...
Aber was war die Konsequenz?
Sich wieder dem Papierkram zuzuwenden? Zu Angus? Sicherheit wählen.
War das wirklich so schlimm?
„Bitte“, sagte Mrs. Jayne. Und zum ersten Mal bemerkte Adele einen unbehaglichen Unterton in der Stimme der Frau. Ging es bei diesem Fall für die Interpol-Korrespondentin um etwas Persönliches? Warum war sie so emotional involviert?
Sie zögerte, schaute dann aber direkt Agent Grant an. „Solange Sie jemand anderen den Papierkram erledigen lassen, bin ich dabei.”
Adele näherte sich der dritten Parkebene mit einem leichten Wippen im Schritt. Es war mehr als zwei Monate her, dass sie das letzte Mal im Ausland gewesen war. Sie kannte ihr Ziel genau und, obwohl das Parkhaus dicke Mauern hatte, fühlte es sich so an, als würde ihr der Wind durchs Haar streichen. Roots konnte warten - jetzt, wo sich die Gelegenheit aufgetan hatte, war sie plötzlich erleichtert darüber, dass sie wieder reisen konnte. Eine Ablenkung von dem Gedanken an ihre derzeitige Lebensphase und ihre Ziele im Leben? Vielleicht – oder aber, vielleicht waren manche Menschen einfach nicht dazu bestimmt, zu lange an Ort und Stelle zu bleiben.
Sie räusperte sich und rückte ihren Ärmel zurecht, als ein paar Kollegen an ihr vorbei, durch die Sicherheitsschiebetür aus Glas in Richtung der Metalldetektoren und der postierten Wachen, gingen. Adele nickte zur Begrüßung, setze ihren Weg dann wieder zum hinteren Teil des Parkhauses fort, wo sie ihre Limousine geparkt hatte.
Sie war für einen Moment unaufmerksam gewesen.
Plötzlich stand jemand an ihrem Auto.
Ihre Hand näherte sich ihrer Dienstwaffe an der Hüfte, aber ihre Finger froren ein, als sie die Silhouette mit lockigem Haar erkannte. Er hatte trainiert; seine Arme waren mindestens einen Zentimeter breiter, als beim letzten Mal, als sie ihn gesehen hatte, seine Taille war einen Zentimeter schmaler. Sie musterte ihn einmal von oben nach unten und genoss die Aussicht einen Moment lang, bevor sie sich bemerkbar machte.
„Angus?“, rief sie.
Ihr Ex-Freund drehte sich plötzlich um und blinzelte sie an. Er trug keine Brille mehr. Kontaktlinsen? Gelasert? Sein Haar war länger, als sie sich erinnerte und er hatte eine neue, kaum sichtbare Narbe auf der Oberlippe.
„Oh, hey... Adele“, sagte er und räusperte sich. Früher nannte er sie oft beim Kosenamen, aber jetzt sprach er ihren Namen aus, als hätte er ihn aus Angst vergessen.
„Was machst du hier?“, fragte sie, ohne den Gruß zu erwidern.
Angus trat unsicher auf der Stelle und lehnte sich schließlich gegen die Motorhaube ihres Autos. Adele sah mit einem strengen Gesichtsausdruck dorthin, wo er saß und hustete. Als Angus ihren Blick bemerkte stieß er sich schnell vom Auto ab, wobei er entschuldigend die Hände hob. „Oh, Entschuldigung, Entschuldigung“, sagte er schnell. „Ich war gerade... war gerade in der Gegend und wollte sichergehen, dass..."
„Ich habe deine Nachrichten erhalten.”
„Oh...“, sagte er leiser. „Oh“, wiederholte nochmal mit verletzlicher Stimme.
Adele atmete durch die Nase ein und versuchte, ihre Gedanken an Morde in den Alpen wegzulenken und sich auf ihren unbeholfenen Ex-Freund zu konzentrieren.
„Hör zu, Angus, ich wollte dich nicht ignorieren - ich war einfach ziemlich beschäftigt. Du würdest nicht glauben, wie viel Papierkram sich auf meinem Schreibtisch angesammelt hat.”
Angus nickte und hatte immer noch einen verletzten Blick in seinen Augen. „Ich verstehe schon“, sagte er langsam. Er blickte über die dritte Ebene des Parkplatzes hinaus in den Nachmittagshimmel. Dann hielt er ihr eine braune Papiertüte entgegen.
„Ich habe dir etwas mitgebracht - sie hatten es im Laden neben der Arbeit. Naja, eigentlich waren es ein paar Blocks. Ich musste ein paar Läden abklappern, um es zu finden... Aber, ja, hier ist es.”
Er lächelte und wedelte mit der Papiertüte herum.
Widerwillig nahm Adele das Geschenk an, um ihm nicht noch ein schlechteres Gefühl zu geben. Sie warf einen Blick in die Tüte und ein Teil ihres vorher gezwungenen Lächelns wurde zu einem echten. „Oh, Angus“, sagte sie mit leiser, trauriger Stimme.
„Das hättest du nicht tun sollen.”
„Ich erinnere mich daran, dass es dein Lieblingsessen ist. Du hast sie jeden Morgen zum Frühstück gegessen. Ich mag auch Schoko-Cerealien, aber, haha, nicht so sehr wie du.“
Er nickte in Richtung der Packung Chocapic-Cornflakes.
„Die ist aus Deutschland, oder?”
