Nik Die Birnbaumschule -  - E-Book

Nik Die Birnbaumschule E-Book

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Beschreibung

In der Zauberschule im kleinen bairischen Dorf könnte es so schön sein, wenn die Schwarzmagier nicht wären. Kurz vor Weihnachten eskaliert die Situation und die Kinder werden schnell in Sicherheit gebracht, sie dürfen früher heim. Endlich auf Maohadod unter Freunden, und in Vorfreude auf Weihnachten, genießt Nik, wieder bei seinen Eltern im Hausbaum zu sein. Nur die liebe Sylvynnya hat da so ganz eigene Ideen, wie man die Zeit sinnvoll verbringen könnte.

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Seitenzahl: 584

Veröffentlichungsjahr: 2021

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meine Schwester Lazi (t), die mit Wonne korrigiert hat

meine zahlreichen Kinder und Bonuskinder – eine wunderbare Bereicherung in meinem Leben und ein Quell der Inspiration

meine Freundin Jutta, die das Korrigieren nun übernommen hat und immer noch einen Fehler findet, der mir entgangen ist

und den besten aller Ehemänner, den Horst, der all meine PC-Probleme löst :-)

und für euch, meine tapferen Leser, die hoffentlich nicht am bairischen Text verzweifeln.

Es ist das bairisch meiner Kindheit und schon im Nachbarort wirds anders gesprochen ...

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 27. Auf der Suche nach Theresa

Kapitel 28. Im Dorf der Toten Kinder

Kapitel 29. Der etwas andere Sonntag

Kapitel 30. Ein Treffen mit Plan

Kapitel 31. Eine gestresste Lehrerin

Kapitel 32. Ein unnormaler Dienstag

Kapitel 33. Moritz

Kapitel 34. Eva

Kapitel 35. Verkehr

Kapitel 36. Team

Kapitel 37. Zweiter Advent

Kapitel 38. Sorge um Anna

Kapitel 39. Ein schwarzer Engel in der Schule

Kapitel 40. Annas Papa

Kapitel 41. Anna

Kapitel 42. Kleiner See in Not

Kapitel 43. Avalan

Kapitel 44. Dritter Advent

Kapitel 45. Unruhige Zeiten

Kapitel 27. Auf der Suche nach Theresa

Oder doch lieber erst ein Vorwort:

Geneigter Leser: Ich bitte um Nachsicht. Ich bin kein PC-Experte, daher lerne ich manche Dinge später.

Zu den Satzzeichen. Bei den Namen aus Maohadod müsste nach Rechtschreibung ein Bindestrich stehen, ohne Leerzeichen. Aber dann würde mans falsch aussprechen, daher ein Bindestrich mit Leerzeichen. Das Cover mit Gimp ist um einiges komplizierter als gehofft und es wird von Band zu Band professioneller werden.

Über Regeln, wie das Setzen von Kommatas, setze ich manchmal den Lesefluss, und manche Schreibweise ist dem bairischen untergeordnet. Die ersten 26 Kapitel sind im ersten Band zu finden, ich wünsche Ihnen allen viel Spaß beim Lesen :-) P.S.: ‚ofinster‘ beschreibt das schwindende Licht der Abenddämmerung.

Ein Ausschlafsamstag ließ Nik herrlich lang in den Federn bleiben, was seiner Meinung nach sonst nicht so seine Art war. Entspannt, mit hinter dem Kopf verschränkten Armen, lauschte er dem leisen Regen, der auf dem Glasdach seine eigene Melodie sang. Caro wollte bei dem Wetter jetzt auch noch nicht hinaus, schien aber in der Nacht unterwegs gewesen zu sein, denn es roch eindeutig nach ‚nasser Hund‘.

Aber irgendwann war Nik einfach zu neugierig, was dieser Tag bringen konnte. Wochenende war die Zeit zum Spielen mit den Freunden, einfach eine herrlich freie Zeit.

Also stand er dann doch noch auf und weckte den Caro, allein wollte er nicht zum Großvater gehen. Der überdimensionierte Appenzeller hatte es sehr gnädig und ließ sich gerade noch so überreden aufzustehen. Aber bald liefen sie beide lachend und albernd durch den kühlen Morgenregen und waren etwas enttäuscht, weil es noch kein Frühstück gab. Sie wanderten ins Haus hinein und hinterließen nasse Spuren. Die Treppe hinauf und in das Zimmer vom Großvater hinein. Der schlief noch tief und fest mit einem seligen Lächeln im Gesicht.

„Wart, lass mich des machen“, flüsterte Caro vergnügt und stellte sich ganz dicht zum ahnungslosen Blaschinko, konzentrierte sich und beidlte sich so gut er konnte, so dass die Regentropfen nach allen Seiten nur so sprühten.

Das Resultat war verblüffend. Blaschinko fuhr auf, wie von der Tarantel gestochen, saß senkrecht im Bett und rief:

“Was ist? Was ist los?“ Wild blickte er um sich und als er die beiden lachenden Gesichter sah und allmählich richtig wach wurde, gings übergangslos über in ein: „Ja seids ihr wahnsinnig, seids jetzt von allen guten Geistern verlassen, einen alten Mann so zu erschrecken!“

Er fuhr sich mit beiden Händen durch die blauen Haare und versuchte den Schlaf zu verreiben.

„Mir ham Hunger“, meinte Caro ungerührt. „Also der Nik hat noch mehra Hunger als ich, aber ich schon auch. Und du weißt gar ned, wie grantig ich da werd, wenn ich so gar nix krieg. Und außerdem samma nass, weils regnet“, fügte er noch unnötigerweise hinzu. Er schüttelte sich noch einmal ausgiebigst, um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen.

Blaschinko brachte sich mit einem Sprung aus dem Bett in Sicherheit, um einer erneuten Dusche zu entkommen und scheuchte die beiden nach unten.

„Schalt schon mal die Heizstrahler ein“, rief er noch dem Nik hinterdrein und begab sich erst einmal, noch ein wenig schlafgrantig, ins Bad.

Auf der Gred musste er die Verregneten erst einmal tüchtig abrubbeln, ehe er endlich Zeit für sich hatte. Bald gab es heißen Kaffee für ihn und Kakao für den Nik. Dem Caro sein Futter musste er mit kochendem Wasser übergießen, um so die gefrorenen Kutteln aufzutauen, und es dauerte gar nicht lang, bis sich alle wieder warm und wohlig fühlten. Die kuscheligen Decken taten ein Übriges.

„Großpapa? Was mach ma heut?“ Nik mampfte zufrieden die warmen Brezen mit Butter und immer wieder eine Scheibe Emmentaler dazu. Er fühlte sich liebevoll vom Blaschinko umsorgt, der kurz überlegen musste:

“Heut schau ma mal, wer alles mit mag und darf und dann such ma die Kindl Theresa. Ned, dass die da ganz allein im Wald rumirrt. Außerdem muss die hierher in ihr Haus und vor allem in die Schule. Des geht ja ned, dass ein Kind gar nicht mehr in die Schule geht. Dohrle glaubt, des Mädl war noch eine Zeit lang in der ersten Klasse, bevor sie verschwunden ist. Anscheinend von der Sylvynnya gekidnappt oder sowas. Die muss allerdings auch in die Schule geholt werden. Aber jetzt müss ma uns erst einmal um die arme Theresa kümmern. Brauchst noch a Decke?

Is irgendwie kälter worden.“ Leise irritiert nahm er einen wärmenden Schluck von seinem Guten-Morgen-Kaffee und fuhr fort. „Die Dohrle will alle fragen, wer da heut mitkommt, weil wir müssen wieder in den Boandlwald und des geht am besten, wenn ihr Kinder dabei seids. Der Wald gehört schließlich irgendwie den Toten Kindern. Der hat halt ein Herz für Kinder. Und weil ma ned wissen, wie lange des diesmal wieder dauert, braucht ein jeder eine Einverständniserklärung der Eltern, sonst nehm ma den ned mit. Du und Caro, ihr seids sowieso dabei. Ihr stehts ja unter meinem Schutz.“ Sehr zufrieden mit sich und der Welt lehnte er sich zurück und träumte ein bisschen vor sich hin. So ein herrliches Regenwetter.

„Ja, und du stehst unter meinem Schutz“, erklärte Caro.

„Irgendwer muss ja auch auf dich aufpassen, gell?“

„Ich bin gespannt, wer heut alles mitkommt.“ Nik angelte sich die nächste Breze und zog die Butterdose zu sich herüber.

„Ein Sauwetter is des“, grantelte die Amora zum Innenhof herein. „Kannt wer den Regen abstellen? Und warm is der auch ned wirklich. Nur gut, dass mei Fell so schön wachst.

Blaschinko, ich brauch eine Extra Portion Spezialfutter.

Am besten jetzt glei in mein Futterborn hinein. Da nei.“

Sie senkte ihren dicken Kopf überflüssigerweise in den noch leeren Trog, ned dass am End der Blaschinko das herrliche Futter woanders hinstreuen würde. „Da Stuggs braucht nix. Der is eh zu dick. Außerdem ratscht der noch mit den anderen. Kannst mir ruhig seine Portion auch gleich geben.“

„Des denk ich mir, dass dir das so passen könnt“, lachte Blaschinko und stand auf, um aus der großen Futterkiste im Haus einen großen Eimer voll zu holen. Manchmal machte ers per Hand, weil er diese Art von Arbeit liebte und manchmal ließ er es zu, dass sich die großen und kleinen Futterschüsserl von selbst auffüllten.

Plötzlich hörte man das Donnern der Hufe der näher kommenden Herde. Und bald war der Innenhof gefüllt mit allen vier Kühen und den drei Pferden und Blaschinko verteilte das Kraftfutter mit dem Nik zusammen in sämtliche Tröge. Eusebius vergaß manchmal die Tiere zu füttern und heute war es anscheinend wieder mal soweit.

Zufrieden genossen Nik und Blaschinko einfach nur die wunderbare Stimmung, die die Herde mitgebracht hatte.

Der Regen hatte inzwischen aufgehört und das Geräusch der zufrieden kauenden Tierfreunde war beruhigend und entspannend für alle Beteiligten.

Blaschinkos Blick glitt über die wunderschöne Lipizzanerstute in ihrem strahlenden Weiß, zur friedlich neben ihr kauenden eleganten Rappin, weiter zum Häuptling Seattle, diesem klugen Isi-Mix, der so glücklich mit seinen Freunden, Daisy und Flanell, den hellbraunen Jerseykühen war und Stuggs mit seinem dunkelschwarzen Fell neben der weißbunten Amora. Ein wunderbar harmonisches Bild.

Für ihn ein bisschen wie ein Hauch vom Paradies.

Vom Dorf her hörte man nun die Kinder kommen. Als bunter Haufen kamen sie in den Innenhof gelaufen und bald waren Tisch, Bänke und Stühle auf die notwendige Anzahl angewachsen. Blaschinko holte weiteres Geschirr herbei und vermehrte die Brezen. Zwei Erwachsene waren mit von der Partie, die Dorothea Watzlawik und die Frau Ran. An Kindern war die vierte Klasse komplett dabei, von der dritten Klasse fehlte nur die Anna und Eva ließ ausrichten, – Blaschinko fiel auf, dass eine kleine Straußenfeder wieder Evas Haupt zierte, das Bravsein schien ihr noch nicht allzu leicht fallen –, dass es der Anna so gar nicht gut geht, sie wäre sonst mitgekommen.

Von der zweiten Klasse war nur der Ludwig dabei.

„Meine Mama ist ganz froh, wenn ich am Wochenend ned daheim bin“, erklärte er, während er seine schriftliche Erlaubnis dem Blaschinko gab. „Wegen dem Papa, weil der immer so grantig ist“, fügte er noch hinzu. Für ihn war das so normal, dass er sich etwas wunderte, warum die anderen so erschrocken reagierten. „Macht euch keine Gedanken, Unkraut vergeht ned“, lachte er, um die Stimmung etwas aufzulockern.

„Norbert, Franz und Katharina sind entschuldigt“, erklärte die Dorothea, „deren Eltern wollen warten, bis sie älter sind. Und sie, wenn möglich, aus dem Wahnsinn noch heraushalten.“

„Der Alex mag sowas ned, und der Alois traut sich ned, der is a Feigling“, ergänzte die Schur Eva noch.

„Na, dann sind wir jetzt vollständig, Kinder“, freute sich Blaschinko. „Ich hab für euch Proviant vorbereitet. Bitte packts, was immer ihr wollts, in den Rucksack und dann könn ma auch schon los. Und ich hoff, ihr habts alle was dabei, falls es wieder regnet. Weil es kann schon kalt werden und ihr wissts ja auch, dass wir vielleicht länger unterwegs sind als geplant. Bei den Zeitverschiebungen weiß man ja nie. Und ich hab noch eine Überraschung für euch. Der Stuggs hat sich bereit erklärt, heute mit uns mitzukommen und die Decken für alle zu tragen. Ich hab noch von unserer Reise das Geschirr und ein Wagerl dafür.“

„Des is aber lieb von dir“, rief Maria spontan und lief zum Stuggi, um ihn kurz zu schmusen.

„Lieb – treu – doof, ich betone Letzteres“, moserte Amora.

„Bist ja nur neidisch, weil ich soviel Kraft hab und du ned“, konterte Stuggs.

Es dauerte noch ein bisschen, bis alle aufgegessen hatten.

Leise vor sich hin summend, schirrte Blaschinko den Stuggi an und Nik durfte ihm dabei ein wenig zur Hand gehen. Er fand es faszinierend, wie sorgfältig das Geschirr um die breite Brust des Ochsen angelegt wurde. Es war ein recht praktisches System, das Blaschinko aus dem Osten mitgebracht hatte. Der Bauchgurt war inzwischen fast schon zu kurz, da Stuggi ein wenig rundlicher geworden war, was von Amora wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. Eine Art größeres Leiterwagerl wurde eingehängt und es konnte losgehen.

Die Kinder waren schon ganz aufgeregt und bald waren alle unterwegs in Richtung Amerikanischer Weißeiche, die als Startplatz heute helfen würde.

Unter dem gigantisch großen Baum war der Boden trocken geblieben und so konnten es sich alle so richtig gemütlich machen. Stuggs war recht zufrieden, wieder eine echte Aufgabe bekommen zu haben. Und auch damit, der ihn so gern ärgernden Amora ein wenig zu entkommen. Sie warteten nun gespannt, dass sich der Weg entwickeln würde. Aber es geschah nichts. Eine lange Weile lang geschah überhaupt nichts.

Ein Schatten huschte vorbei und eine Stimme sprach von oben: „Da könnts ewig warten. Eine ist hier zu viel.“

Fast erschrocken blickten alle hinauf und fanden den Raben Balthasar, der sie amüsiert musterte, in einem der Zweige sitzen.

„Was meinst du damit, eine ist zu viel?“, erkundigte sich Blaschinko vorsichtig.

„Na, die mit der Feder am Kopf, eure Eva. Die ist noch nicht so weit. Die muss sich erst noch finden. Eva du gehst jetzt heim.“ Der Rabe Balthasar musterte das Mädchen neugierig.

„Ich denke gar nicht daran, ich lass mir doch von einem dummen, schwarzen Vogel nicht sagen, was ich zu tun hab! Soll er mich doch daran hindern, mitzukommen.“

Eva verschränkte die Arme und funkelte kampfeslustig in Richtung Rabe.

„Eva, Eva, du musst noch viel lernen. Aber ich bin dir nicht böse, du bist ja noch sehr unerfahren und hast eine sehr böse Mama.“ Balthasar ließ eine kleine Feder auf die Eva herabsinken und obwohl sie ja nun wirklich keinerlei Lust dazu hatte, wurde sie daraufhin kurzerhand durch die Luft schwebend bis heim vor ihre Haustür getragen und dort abgesetzt. Und hatte keine Möglichkeit mehr, am Ausflug noch teilzunehmen.

Der etwas verblüffte Rest der Schulklasse sah einen sehr zufrieden wirkenden Balthasar, der sie nun seinerseits streng musterte.

„Kuchler Martin, komm mal her“, forderte er mit strenger Stimme. Der Bub stellte sich tapfer vor den Raben, der sich auf einen niedrigeren Ast geschwungen hatte.

„Martin, du darfst heute mit, aber nur, wenn du damit einverstanden bist, dass ich dir und übrigens dem Blumschein Gottfried auch, ein Haar ausrupf. Damit kann ich sicherstellen, dass ihr beide euren Eltern nichts über den Boandlwald und seine Bewohner erzählen könnt. Weil lügen darf man nicht und eure Eltern werden fragen. Nur so kann ich meine Welt schützen.“

„Klar, kriegen Sie ein Haar, aber warum nur von uns beiden?“, fragte der Martin nach.

„Oh, manche Eltern sind neugieriger als andere.“ Mehr wollte Balthasar nicht erklären.

„Sodele und nun viel Spaß bei eurem Ausflug.“ Balthasar plusterte sein Gefieder auf und Blaschinko war klug genug, nichts zu sagen, sondern einfach nur was aufzuheben. „Nur für den Notfall“, meinte der wunderschöne Rabenvogel mit seiner manchmal gold, manchmal silbern schimmernden Extrafeder und flog mit einem besonders gelungenen grässlichen Gekrächze davon.

„Na dann, dann können wir doch jetzt los, oder?“, wollte der Siegfried wissen und schaute auf die Federn, die der Blaschinko noch in der Hand hielt.

„Leider nein.“ Blaschinko steckte sie schnell in seine Jacke. „Die sind für Notfälle und das da ist keiner.“

Also hieß es wieder hinsetzen und warten. Und jetzt dauerte es nicht mehr lang und das nun mehr für alle schon vertraute Rascheln und Knistern und Rauscheln begann und ein neuer Weg eröffnete sich. Sie standen auf und machten sich in der gewohnten Reihenfolge auf denselben.

Diesmal war der Weg viel bequemer zu gehen und Stuggs hatte keinerlei Probleme mit seinem Leiterwagerl.

Allerdings waren sie einen ganzen Tag unterwegs. Fast schien es so, als würde sich der Weg in Achterschleifen entwickeln. So, als hätte der Weg selbst eine Freude daran, die Kinder an der Nase herumzuführen. Am Nachmittag legte Dorothea eine größere Pause ein. Die passende Lichtung dazu war bald gefunden und Stuggs war heilfroh, all seine Riemen und grad den dummen Bauchgurt loszuwerden. Er bekam eine große Portion Kraftfutter, das er sich mit einer sehr mutigen kleinen Waldmaus teilte. Die Rosi war erleichtert, dass ihre Mama dabei war. Mit ihr und ihren drei Freunden fühlte sie sich recht geborgen. Die fünf bildeten eine kleine Gruppe unter sich und mit den Decken, die auf dem Leiterwagerl lagen, bauten sie sich eine Art Extranest. Gottfried und Martin, Ludwig und Nik bildeten eine weitere gemütliche Einheit und so fiel es kaum auf, dass Blasius und Dohrle so ein bisschen zurückgezogen für sich sein wollten.

Und Caro passte auf alle auf. Die Stimmung war so entspannt, wie es halt ist, wenn man in einer gemütlichen Gruppe ist. Nik vermisste seine drei alten Freunde von Maohadod, aber hier und heute fühlte er sich auch sehr wohl. Nach Vollendung seiner Mahlzeit wanderte Stuggs zum Blaschinko hinüber. Der war anscheinend gerade in ein furchtbar wichtiges Gespräch mit der Lehrerin vertieft, weil die beiden ihre Köpfe so ganz nahe zusammen gesteckt hatten und halblaut miteinander redeten. Also schlich er sich ganz behutsam an – und er konnte sehr leise sein – er wollte ja nur was sagen, aber ned stören.

„Entschuldigts mich, aber ...“, weiter kam er erst gar nicht, weil die beiden Angesprochenen fuhren so blitzschnell auseinander, dass Stuggs einen Schritt zurückhupfte.

„Mei, jetz bin i dakemma, ich woit enk doch grad ebbs vazählen.“ Im Stress schien sich sein Bairisch zu verstärken. Stuggs schüttelte langsam sein großes Haupt.

Über soviel seltsames Verhalten konnte man ja nur den Kopf schütteln.

„Ja, wenns dich auch so anschleichst!“ Blaschinkos Haare leuchteten und passten ganz gut zu seinem roten Gesicht, fand Stuggs und beruhigte sich ein wenig..

„Ja mei. Was ich euch vazein wollt, ich hab da eine Bekanntschaft mit einer kleinen Waldmaus gemacht und die weiß was über das Mädel, das ihr suchts.“

„Ah ja, des hast gut gemacht, Stuggs. Wo ist denn die Maus?“ Blaschinko wollte schon aufstehen, aber Stuggs meinte schnell:

„Bleib sitzen, die Waldmaus sitzt auch und zwar auf meim Kopf, da schaugts.“ Der große Ochs senkte brav sein Haupt und tatsächlich, da saß eine kleine dunkle Maus und lugte aus seinem Haarschopf hervor.

„Griasts enk, i bin die Mori und hab ghört, ihr suchts des Mäderl, des eine.“

„Oh. Ja grüß dich, Mori.“ Blaschinko verneigte sich vor der kleinen Waldmaus. “Ja, des stimmt. Weißt du, obs ihr gut geht und wo sie ist?“

„Ich hab nur gesehen, dass es mit dem Flori gratscht hat.

Aber da hats noch recht kaputt ausgeschaut. Flori is a Eichkatzerl“, fügte Mori noch hinzu, als sie die Gesichter der Menschen sah. „Hier im Boandlwoid kennt a jeder den Flori. Aber ihr seids ned von da, gell? Ja, i muss wieder weider, pfiat enk!“ Damit turnte die Mori von Stuggis Haupt und man hörte noch ein wenig Laubes-Geraschel und schon war sie weg.

„Sind wir schon im Boandlwald?“ Verwundert blickte Dorothea um sich. „Das hab ich gar nicht gemerkt.“

„Anscheinend. Und dunkel ists jetzt auch geworden, es war doch grad erst Nachmittag?“ Blaschinko seufzte und holte zusätzliche Decken vom Leiterwagerl. „Kinder, wir übernachten hier, anscheinend will des jemand.“ Die hatten nichts dagegen und bald durfte mit Erlaubnis des Waldes ein kleines Lagerfeuer angezündet werden. Eine zauberhafte Stimmung senkte sich mit der Nacht über die Freunde, auch weil der Ludwig mit seiner Wandergitarre verträumte Melodien hervorzauberte.

Die Lichtung war groß genug, dass man den wunderbaren Sternenhimmel funkeln sah und Stunde für Stunde schienen es mehr zu werden, bis eine schier unglaubliche Funkelpracht zum Träumen einlud. Dorothea und Blaschinko hatten sich zusammengekuschelt und führten leise Gespräche, sich an der Hand haltend.

Lange bis nach Mitternacht hörte man noch die Kinder ratschen, aber so ganz allmählich wurde es ruhiger. Ab und zu stand einer auf und ging kurz hinter die Büsche, legte etwas Feuerholz nach und wickelte sich wieder in seine Decke. Irgendwann übertönte dann Caros Geschnarche jedes andere Geräusch. Frieden breitete sich aus und nur sanfte Träume begleiteten die Kinder.

Manchmal blickte einer nach oben und war fasziniert vom überirdisch schönen Sternengeglitzer. Am nächsten Morgen erwachten sie nach und nach und fühlten sich erfrischt und zuversichtlich. Der Boandlwald hatte etwas herrlich Beschützendes, das gerade die Kinder sehr gut spüren konnten.

Nach einem gemütlichen Frühstück wurde der geduldige Stuggs wieder angeschirrt und das Leiterwagerl vollgeladen mit Decken und den diversen Utensilien, die nun mal für eine längere Wanderung notwendig waren.

Wieder mussten sie eine ganze Zeit lang wandern und auch wenn der Weg recht bequem war, wars doch recht anstrengend. Ab und zu konnte man in den Bäumen, ihren Wegbegleitern, leise Gespräche hören, die Waldbewohner hatten anscheinend ihre helle Freude am Besuch. Dann flog dem Stuggs eine Nuss auf das wohlgerundete Gesäß und nach der dritten Attacke dieser Art blieb er stehen.

„Hei, hör auf mit dem Schmarrn!“, brüllte er in Richtung Baumwipfel. Blaschinko eilte an seine Seite.

„Ja, was hast denn? Warum bleibst denn stehen?“

„Weil ich keine Zielscheibe bin!“, empörte sich der Ochs.

„Eine echte Unverschämtheit ist des.“ In dem Moment flog wieder eine Nuss herunter und bevor sie den Stuggs treffen konnte, fing sie ein Magier geschickt auf. Er suchte die Bäume ab und entdeckte eine ganze Gruppe Eichkatzerl, alle mit Nüssen bewaffnet.

„Na ihr“, rief er hinauf, „warum tratzt ihr denn meinen braven Stuggs?“

„Was wollts ihr denn in unserem Wald?“, fragte eines der eher rötlichen Eichkatzerl.

„Wir suchen jemanden. Ein Mädchen. Des soll sich hier verirrt haben“, erklärte Blaschinko geduldig.

„So und mir sollen helfen, ha? Und woher sollen wir wissen, ob des überhaupts stimmt?“ Das Katzerl kletterte etwas tiefer, um die Gruppe genauer in Augenschein zu nehmen.

„Der Balthasar hat uns den Weg gebaut. Sozusagen“, fügte Blaschinko hinzu.

„Da Balthasar, soso.“ Der kleine Baumkletterer überlegte und schaute zu seinen Freunden „Was meints ihr?“

„Wart amal.“ Ein anderes, fast schon schwarzes, sehr zierliches Eichkatzerl kletterte herbei. „Könnts ihr des eventuell irgendwie beweisen, dass ihr wirklich vom gscheiden Balthasar kommts?“ Erwartungsvoll blickten alle Baumfreunde auf die Wanderer hinunter, die Nüsse wurfbereit in der Hand. Man konnte ja nie wissen.

Menschen sind nun mal mit Vorsicht zu genießen.

Blaschinko zog behutsam ein paar der wertvollen Federn aus der Tasche und hielt sie nach oben. „Reicht euch des als Beweis?“

Die Gruppe versammelte sich auf einem stärkeren Ast, der sich daraufhin beträchtlich nach unten bog. Eifrigstes Getuschel konnte man jetzt hören. Dann wurde noch eine Runde gewispert und das erste Eichhörnchen turnte vorsichtig wieder etwas näher heran. „Ok, ihr könnts passieren.“

„Dankeschön“, meinte Blaschinko, „aber nix mehr werfen!“

„Des muss sein, mir machen des einfach zu gern, aber nur a paar, ok?“ Diesmal regnete es förmlich auf die Menschen herunter, und unter lautem Lachen verschwanden die kleinen Quälgeister.

„Da vorne ists hell“, rief Maria plötzlich und lief voraus.

„Ich glaub, der Wald ist hier aus!“

Die anderen sausten ihr nach und tatsächlich, die Bäume schienen direkt zurückzuweichen und nun standen alle am Waldrand und waren absolut verblüfft von dem Anblick, der sich ihnen nun bot.

Von ihrem Standpunkt aus konnten sie weit über ein sehr großes von sanften grünen Hügeln umsäumtes Tal blicken.

Auf der linken Seite machte sich in der Ferne ein See blinkenderweise bemerkbar, in den ein kleiner Bach mündete. Der kam von rechts, von den hügeligen Höhen und wanderte in gemütlichen Kurven durch die bunten Wiesen. Und tief unten im Tal war eine recht merkwürdige Häuser- oder Hüttenansammlung zu erkennen und eine friedlich grasende Herde Einhörner.

„Warte, Gottfried“, Blaschinko hatte gerade noch erkannt, dass der Bub seinen Zeichenblock hervorgeholt hatte, um diese wunderbare Szene festzuhalten. „Ich glaub nicht, dass wir das hier malen dürfen.“

„Mein Stift geht eh nicht“, wunderte sich der Bub und schaute seinen Bleistift erstaunt an.

„Da kommt wer“, unterbrach Dorothea und deutete nach unten Richtung Dorf.

Eine kleine Gruppe Kinder kraxelte den Hang hinauf.

Angeführt von einem Mädchen mit einem blutverschmierten, ehemals weißen Hemd, das mit grimmiger Miene ein großes Schlachtmesser in der Hand hielt. Hinter ihr stand ein fescher Bub, diesmal ohne seinen hölzernen Schubkarren, und das laut hörbare Geklicker und Geklacker, das nun einmal entsteht, wenn viele kleine Äste auf einander treffen, zeigte die Anwesenheit vom Leonhard.

„Was wollt ihr hier, ihr habt hier nix verloren!“ Das Mädchen hob drohend seine durchaus beeindruckende Waffe.

„Königin der Nacht, wenn ich deinen Namen noch richtig in Erinnerung hab“, begrüßte sie Blaschinko höflich. Er verbeugte sich leicht vor ihr und fuhr fort. „Wir sind auf der Suche nach einem Kind. Sie muss in diesem Wald Zuflucht gesucht haben und der Weg hat uns zu euch geführt. Sie heißt Theresa Kindl. Wisst ihr, wie es ihr geht?“

„Sie ist bei uns in Sicherheit“, erklärte Leonhard und seine Äste klickerten leise.

„Ja, bist du wahnsinnig?!“ Wütend fuhr das Messermädchen zu ihm herum. „Außerdem hat der mich gefragt und ned dich! Wenn du Geheimnisse ausplauderst, dann schneid ich dir an Ast ab!“

„Jetzt lass ihn in Ruh, Nachti, wenn der Weg die zu uns bringt, dann sind die in Ordnung, das weißt du ganz genau“, wies sie Sebastian zurecht.

„Leonhard hat recht, die Theresa wohnt bei uns. Es geht ihr gut.“ Diese Aussage kam von einem kleinen, sehr ernst blickenden Mädchen. Mit ihrer Latzhose und einer großen Brille auf der Nase sah sie einfach hinreißend aus. Nur ihre Augen waren nicht mehr die eines Kindes. Dafür hatten sie zu viel sehen müssen. Sie hatte tiefschwarze, kurze Haare und die Arme vor der Brust verschränkt.

Dadurch fühlte sie sich etwas weniger angreifbar. Sehr genau musterte sie die Besucher.

„Und wer bist jetzt du?“, fragte Caro und schaute möglichst harmlos. „Ich bin der Caro“, fügte er noch hinzu.

Ein kurzes Leuchten huschte über das Gesicht der Kleinen. Sie ging zum Caro und vergrub ihr Gesicht in seinem Fell. „Caro. Du bist aber lieb. Ich bin die Ernestine“, murmelte sie leise.

„Ernestine, des is aber ein schöner Name“, Caro mochte das Kind von Anfang an. „Wart, ich stell dir mal die anderen vor: Also der Dicke da, des is unser Ochs, unser Stuggs. Der is recht gscheid und den kann nix umschmeissen. Und der alte Mann da, der mit de blauen Haare, des is da Blaschinko, der kann gut kochen. Und die Frau daneben, die mit dem bunten Fell, des is unsere Lehrerin, die weiß alles. Und die zwei gehörn zam. Ok.“

Caro wunderte sich etwas, weil die beiden Genannten so eine gesunde Gesichtsfarbe bekamen und erklärte weiter:

„Des da drüben ist die Frau Ran, die kennt sich mit Wasser recht gut aus und daneben, die Kleine da, des is ihre Tochter, die Bichler Rosi. Und der Bub da, der Kleine mit de Lockerl, des is des Nik, der ghört zu mir. Die mit de roten Haare ist die Gretl und glei daneben six`d die Maria und den Siegfried, de ghörn auch zam. De zwei Buben da“, er deutete nach rechts, „des sind da Gottfried und da Martin. Des san Freund. Dann ham ma no den Ludwig da, der is a Musiker. Der kann fast so schön singen wie da Blaschinko. So. Jetzt kennst uns alle.“ Sehr zufrieden mit seiner Vorstellungskunst setzte sich Caro hin und strahlte bescheiden. Ernestine wirkte etwas überfordert von so vielen Gesichtern und Namen, aber sie nickte tapfer. Nach einer kleinen, verlegenen Pause räusperte sich Sebastian:

„Ja, und das da ist unser Schattenkind“, er deutete auf einen relativ großen, sehr verwitterten, leicht rosa wirkenden Stein, der mit den anderen den Hang herauf gerollt war.

Blaschinko nickte dem Stein kurz zu und fragte den Sebastian. „Können wir mit der Theresa mal kurz sprechen? Es wär wichtig.“

Die „Zauberkinder“ berieten sich kurz, aber heftig und es war gut zu erkennen, dass die Königin der Nacht sehr dagegen war, die Besucher ins Dorf zu lassen. Sie wurde aber dann von den anderen überstimmt und so konnten sie sich alle miteinander auf den Weg ins Dorf machen. Der Weg selbst erlaubte nun nur ein Hintereinandergehen.

Stuggi konnte sein Leiterwagerl bloß mitnehmen, weil es der Blaschinko kurzerhand einfach einen halben Meter über dem Boden schweben ließ. Hohe Gräser, vermischt mit Ginster und Heidekraut und allerhand dornigem Gestrüpp machten es unmöglich, auch nur einen Fuß neben den Weg zu setzen.

So kamen sie recht langsam voran. Im Tal angekommen, verhinderte eine urplötzlich auftauchende Baum- und Buschgruppe die Sicht auf das kleine Dorf. Aber dann waren sie da.

„Das da ist mein Haus“, Ernestine schob die Brille etwas höher und deutete auf ein leicht schräg anmutendes, wild zusammengezimmertes Etwas. Die Wände bestanden aus dicken, senkrecht im Boden stehenden, Stämmen, die nach oben hin ihre starken Zweige in den Himmel streckten.

Eine weiße Tür und ein Fenster waren zu erkennen. Gleich daneben stand eine Art große, glatt polierte, wunderschöne Steinkugel. Die verwitterte Steinpyramide verschwand wortlos darin.

Dahinter schlängelte sich der kleine Bach, dessen munteres Gemurmel alle ein bisschen entspannte. Auf der anderen Seite vom blau glitzernden Wasserband standen noch vier Behausungen. Das wunderschön duftende Rosenhaus gehörte der Königin der Nacht, wurde ihnen erklärt. Daneben war die Theresa Kindl angesiedelt. Es war das Haus vom Dorf, aber um einiges schöner und strahlender, fast wie neu gebaut. Und als Nachbar hatte sie den Leonhard, der ein wunderschönes Baumhaus sein Eigen nannte, das schon ein wenig an die Wohnweise von Maohadod erinnerte. Ein Haus weiter war ein mit viel Glas umgebauter großer Stall. Dort hatte Sebastian sein Domizil.

Die Kinder versammelten sich und warteten, während der Sebastian verschwand, um die Kindl Theresa zu fragen, ob sie denn einen Besuch haben wollte.

Nach einer gar nicht so kleinen Weile kam Sebastian wieder zu ihnen zurück. „Sie kommt.“

Theresa kam auch gleich hinter ihm heraus und stand erst einmal abwartend vor ihrer Haustür und musterte die Besucher.

Sie hatte sich verändert. Vor ihnen stand ein ruhiges, recht großes Mädel mit langem, dunklem, lockigem Haar, die Hände verschränkt und sichtlich erholt.

„Ich kenn ein paar von euch, was wollt ihr denn von mir?“, fragte sie ruhig.

Dorothea war fasziniert. Dieses Mädel erinnerte sie sehr daran, wie sie selbst als junges Kind ausgeschaut hatte.

Sie trat ein wenig hervor und meinte vorsichtig: „Theresa, ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst. Ich war deine Lehrerin und wir haben leider durch einen saublöden Vergessenheitszauber lange nicht gewusst, dass du weg bist, sonst hätten wir dir schon viel früher geholfen. Wie auch immer. Jetzt sind wir hier, weil wir dich heimholen wollen, damit du wieder in die Schule gehen kannst.“

„Ich geh nicht mehr in die Schule“, erklärte Theresa bestimmt. „Ich setz keinen Fuß mehr in dieses gruselige Dorf. Ich wohn jetzt hier bei den Zauberkindern. Wenn ihr nur gekommen seids, um mich zurückzuholen, dann könnts gleich wieder gehen.“

„Nein, nicht nur, wir müssen reden, bitte, wir haben so viele Fragen an dich“, beeilte sich Blaschinko dazwischen zu reden.

„Gut, aber nicht mehr heute, es ist schon spät.“ Theresa deutete auf den Westhimmel und tatsächlich, die Sonne war schon dabei, sich für den Tag zu verabschieden.

„Das mit den unterschiedlichen Zeiten macht mich noch wahnsinnig“, murmelte Blaschinko.

„Und wo sollen wir übernachten?“ Maria blickte sich kritisch auf dem Platz um.

„Das ist euer Problem, in mein Haus darf niemand, außer“, Theresa überprüfte noch einmal die Gruppe, „du, Rosi, du darfst rein, du warst mal meine Freundin.“

„Theresa, ich dachte schon, du kennst mich nimmer. Darf meine Mama dann auch mit?“ Rosi deutete auf die Frau Ran, die geduldig wartete.

„Sie sind die Frau Ran, ich erinnere mich an sie, aber leider nein. Erwachsene dürfen hier sowieso nicht rein.“

Theresa drehte sich wieder um und ging ins Haus, die Tür demonstrativ laut zuschlagend.

„Na, dann bleiben wir alle draußen“, entschied Rosi.

„Du kannst den Wagen übrigens wieder runterlassen“, meldete sich nun der Stuggs. „Weil des is ned so angenehm, wenn des Geschirr so nach oben zupft.“

„Mei entschuldige, Stuggi, ich war abgelenkt.“ Blaschinko ließ das Leiterwagerl sanft zu Boden gleiten und bald waren alle damit beschäftigt, ihr Nachtlager herzurichten.

„Meinst wir dürfen ein Lagerfeuer machen?“ Blaschinko war sich da etwas unsicher. Sebastian kam grad dazu, um mitzuhelfen und meinte:

„Für den Leonhard ist ein Lagerfeuer was ganz Schlimmes. Also wenn ihr das weglassen könntet? Ihr habt doch den Sternenhimmel über euch, was Schöneres gibt’s eh ned.“

„Ja ok, aber dann gibt’s halt auch keinen heißen Tee, ohne Feuer“, erklärte Blaschinko.

„Tee? Ach, heißes Wasser ist doch kein Problem.“

Sebastian klopfte auf eine bestimmte Stelle am Boden und bat um eine heiße Quelle. Kurz darauf blubberte eine kleine, aber feine, Heißwasserquelle nach oben, die immer genau soviel Wasser bereitstellte, wie abgerufen wurde.

Und bald hatte alle eine dampfende Tasse heißen Tees in der Hand. Die Toten Kinder gesellten sich nach und nach dazu, auch wenn sie weder Essen noch Trinken brauchten.

Später am Abend setzte sich die Theresa noch zu ihnen, sie freute sich über den Tee.

Frau Ran hatte das Entstehen der Quelle genauestens beobachtet und war seitdem tief in Gedanken versunken.

Bevor Blaschinko die Theresa Genaueres zu ihrem Verschwinden fragen konnte, senkte sich eine tiefe schwere Müdigkeit über die Gruppe, und alle, auch Stuggs und Caro, schliefen überraschend schnell ein. Gerade, dass sie noch genug Zeit hatten, sich in ihre Decken zu kuscheln.

Kapitel 28. Im Dorf der Toten Kinder

Am nächsten Morgen wachten sie alle miteinnander gleichzeitig auf. Irgendetwas hatte sie geweckt. Man hörte ausgiebiges Gähnen und sah, wie sich langsam alle streckten und reckten und sich aus ihren Decken wickelten. Man konnte an den Gesichtern erkennen, dass ihnen allmählich bewusst wurde, wo sie sich befanden.

Mitten im kleinen Dorf der Toten Kinder.

„So gut hab ich schon lang nicht mehr geschlafen“, rief Ludwig erstaunt. Normalerweise bekam er von seinem Vater einen groben körperlichen Hinweis, wenn es Zeit war zum Aufstehen.

„Habt ihr die Musik der Sterne gehört? So möcht ich des auf einer Harfe zaubern können. Darf ich das mal auf ihrer Harfe daheim ausprobieren, Herr Mabula?“

Blaschinko löste leicht verlegen seinen Arm von Dorothea und setzte sich auf.

„Freilich darfst. Ich hab zwar nichts gehört, aber du hast da ja auch eine echte Begabung, Ludwig.“ Er drehte sich zur Dohrle. „Und? Gut geschlafen, Liebes?“

Sie strahlte ihn aus ihren grün blitzenden Augen an, die von dichten lila Wimpern wunderschön eingerahmt wurden, fand Blasius und er überlegte, ob ihre Augen schon immer so grün gewesen waren.

Sie seufzte ein genießerisches „mmhm“ und wachte vollends auf.

„Ach, ist das wunder-wunderschön hier, wie geht’s euch denn, Kinder?“

Inzwischen hatten sich alle aufgesetzt und blickten sich um.

„Mir geht’s gut“, meinte Caro. „Und dem Stuggs da auch, so wie der geschnarcht hat.“

„Hey, ich kann fei für mich selber reden und geschnarcht hab ich nicht, das sagt die Amora immer nur, um mich zu ärgern. Ochsen können nämlich gar nicht schnarchen, sagt man.“ Stuggi stand nun vollends auf und schüttelte sich den Schlaf aus den großen Wuschelohren.

„Na, dann sag „man“, dass Ochsen sowas sehr wohl können.“ Caro verschwand erst einmal hinter weiter hinten gelegenen Büschen.

Die Türe von Theresas Haus ging plötzlich auf. Sie stand da und winkte allen einen „guten Morgen!“ zu. „Wenn wer aufs Klo muss oder ein Bad braucht, ich hab sowas, kommts nur rein.“ Sie wirkte ganz anders als gestern, viel entspannter und irgendwie gesünder.

Also rappelten sich die Besucher langsam auf und verschwanden in Theresas Haus. Zu ihrer Überraschung schaute das ganze Haus vollkommen anders aus, als erwartet. Es hatte brav gleich mehrere Klos und Bäder zur Verfügung gestellt und es gab einen gemütlichen Frühstücksraum. Bald waren alle an verschiedenen kleinen Tischen verteilt und unter fröhlichem Geplauder wurden Unmengen von Brezen und Semmeln vertilgt. Mit Butter und Marmelade, Käse, sogar Wurst für etwaige noch-nicht-Vegetarier. Für den Caro war ein feines Schüsserl wohlgefüllt worden. Stuggs hatte eine extra mit Stroh aufgeschüttete Ecke für sich und einen großen, sehr großen Futterboan vor sich stehen.

Theresa tanzte von Tisch zu Tisch und lauschte den Gesprächen. Manchmal setzte sie sich zur Rosi und deren Mama, der Frau Ran. Rosi und sie waren fast so etwas wie richtige Freundinnen gewesen.

„Theresa“, erkundigte sich bei einem dieser Besuche Frau Ran bei ihr. „Jetzt setz dich mal her, ich muss dich was fragen.“

Theresa setzte sich vorsichtig auf den vorderen Rand des nächsten Stuhls und schaute Frau Ran direkt in die Augen.

„Theresa, ich möchte nicht lang um den Brei herumreden.

Du weißt vielleicht noch, dass mein und Rosis Element das Wasser ist. Und wie gestern die sehr praktische, heiße Quelle uns zu herrlichem Tee verholfen hat, hab ich kurz die Anwesenheit von jemanden gespürt. Weißt du da was darüber?“

„Verehrte Frau Ran. Ich weiß, was sie meinen, aber von mir erfährt nie jemand etwas. Das hab ich mir das letzte Jahr im verfluchten Schloß geschworen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.“

Das Mädel stand auf und ging zu einer großen Feuerstelle.

Sie entzündete rasch ein feines Feuer und warf ab und zu einen der Stühle hinein. Die Kinder waren etwas verblüfft, aber standen bald auf und gingen zur Tür, passende Sitzgelegenheiten waren ja nun immer weniger vorhanden.

„Könnte mir jemand bei den Tischen helfen?“ Theresa hatte nun plötzlich eine große, schwere Axt in der Hand und blickte fragend in die Runde.

„Meinst ned“, fragte Siegfried vorsichtig, „dass ma die noch mal brauchen könnte?“

„Ach was, das Zeug muss weg, außerdem darf ich draußen ja kein Feuer machen, aber es tut gut, altes Glump zu verbrennen.“ Sie ließ die Axt donnernd auf einen der Tische krachen.

„Na dann, dann helf ich dir“, erklärte Siegfried fröhlich.

„Hast noch a Axt?“

Gleich bekam er eine und zusammen zerlegten sie schwungvoll die Möbel. Gretl half auch mit, die Einzelteile in die wachsende Feuerstelle zu werfen.

Theresa fing an zu singen: „Rom muss brennen!“, und immer wilder wurden ihre Bewegungen. Ihre blauschwarzen langen Locken flogen und ihr schönes Gesicht leuchtete.

Blaschinko passte mit auf. Wohl war ihm nicht bei dieser seltsamen Aktion.

„Dohrle, geh du mit den anderen hinaus, ich bleib daweil hier.“

Er setzte sich kurzerhand auf den wunderschönen Teppich und schaute der Demontage zu. Theresa schwang die Axt mit Verve und alle drei Kinder hatten an dieser Art von Aufgabe eine helle Freude.

Mit etwas Magie und einem kleinen bisschen Zauberei war bald der ganze Frühstücksaal, beziehungsweise seine Einrichtung, ein Futter für die Flammen geworden.

Schwer atmend stand Theresa da, sie senkte die große Axt und stützte sich darauf, sie hatte sich gewaltig ausgetobt.

„So, jetzt geht’s ma besser. Und ihr beiden, vielen Dank, aber jetzt brauch ich mei Ruh.“

Sie packte den Siegfried bei der Schulter und drehte ihn Richtung Ausgang. Jetzt konnte es ihr nicht schnell genug gehen, bis sie wieder ganz allein im Haus war. Dann legte sie sich auf den Teppich und schlief im warmen Feuerschein eine friedliche Runde.

Blaschinko, Siegfried und Gretl begaben sich zu den anderen, die ziemlich nervös dem etwas schrillen Gesang gelauscht hatten.

„Es wird schwierig sein, die Theresa wieder an die Schule und das Dorf zu gewöhnen. Tut mir, leid, Dorothea, wenn ich das so geradeheraus sagen muss. Ich weiß doch, wie sehr dir das Mädel am Herzen liegt“, meinte Frau Ran ernst.

„Es wird nicht schwierig sein, es ist schlichtweg unmöglich“, meldete sich Sebastian zu Wort. „Guten Morgen ihr alle, ich seh, ihr habts schon gefrühstückt. Wir brauchen sowas ja nimmer, nur die Theresa.“

„Was meinst, mit unmöglich?“, hakte Dorothea nach.

„Das Kind muss doch wieder in die Schule gehen. Sie hat enorme Zauberkräfte und dafür braucht sie eine Schulung.

Außerdem hat sie Schreckliches erlebt und braucht jemand, der sie unterstützt.“

„Sie sind die Lehrerin, stimmts?“ Sebastian hatte seine Radltrang wieder dabei, in der jetzt ein Strohballen thronte.

„Ja Sebastian, das bin ich und ich möchte, dass es der Theresa wieder richtig gut geht, nach all dem Wahnsinn, den sie erleben musste. Sie braucht unbedingt eine solide Ausbildung. Mit solchen Kräften ist nicht zu spaßen. Sie muss mit uns ins Dorf zurück.“

Sebastian machte eine tiefe Verbeugung vor Dorothea und meinte:

„Ich widerspreche nur ungern, und schon gar nicht einer so wunderbaren Lehrerin, aber was auch immer ihr sagt oder tut, Theresa wird nicht mit euch zurückkommen. Sie bleibt hier bei uns, wir können sie am besten beschützen.

So ists bestimmt, so wurde es beschlossen. Da beißt die Maus koan Faden ab!“

„Und wer soll sie hier unterrichten? Ihr, die Toten Kinder vielleicht? Ihr wisst doch gar nicht, wie diese Kräfte zu bündeln und zu lenken sind!“ Dorothea wandte sich an Blaschinko. „Blasius, bitte hilf mir, wir dürfen die Theresa nicht hier lassen. Wenn sie ihre magischen Kräfte im Laufe der Jahre ohne Begleitung entwickelt, das kann richtig gefährlich werden. Für sie selbst, aber auch für alle anderen um sie herum. Wer weiß, was sie alles inzwischen erlebt hat. Sie scheint gefoltert worden zu sein, was meinst du, was das alles auslösen kann! Blasius! Tu was!“

Verzweifelt hielt Dorothea inne und blickte mit flehendem Augen ihren geliebten Freund an.

„Ja mei, was soll ich denn da machen? Ich kanns doch ned zwingen. Pass auf, Dohrle, wir bleiben ein paar Tage hier und reden mit dem Mädel. Vielleicht finden wir ja eine Lösung. Ok?“

Dorothea wirkte nun etwas erschöpft. Sie lehnte sich an ihn an und meinte, „ohne die Theresa geh ich hier nicht weg.“

Er legte seinen Arm um ihre Schulter und tröstete sie ohne Worte. Er hielt sie solange fest, bis sie wieder ruhiger atmete.

„Habt ihr Lust, mit uns eine Runde Geisterbowling zu spielen?“ Die Frage kam vom Schattenkind, wie er sich selber nannte. Der zerklüftete, pyramidenförmige, große Steinkoloss kam aus seinem kugeligen Steinhaus heraus und rollte mehrere kleine Steinkugeln vor sich her.

„Geisterbowling?“ Dem Martin gefiel die Idee als Erster.

„Wie geht das denn?“

„Na so!“, rief das Schattenkind und schon raste eine der schweren Kugeln direkt auf den Martin zu, der sich nur durch einen Hechtsprung in Sicherheit bringen konnte.

„Ja sag amal, spinnst du? Du kannst mir doch so eine Kugel nicht raufjagen! Die ist aus Stein, falls du das noch nicht bemerkt hast!“

Das Steinmonster schüttelte sich aus vor Lachen, so sehr, dass kleinste Steinsplitter von ihm weg spritzten. „Gott, bist du doof. Ich sagte doch Geisterbowling.“ Es ließ jetzt auf jeden Menschen eine Kugel zuflitzen in irrer Geschwindigkeit und auch eine auf den Caro und eine auf den Stuggs. Und so sehr sie sich auch bemühten, den Steinkugeln zu entkommen, die Kugeln waren schneller.

Caro war der Erste, der das Spiel durchschaute. Er blieb einfach stehen und schaute gelassen zu, wie die Geisterkugeln durch ihn hindurch sausten. Nach und nach erkannten die anderen, was es damit auf sich hatte und schauten, mehr oder minder grantig, in Richtung Steinmonster.

„Hey, Schattenkind!“, rief nun der Leonhard. „Lass die Menschenkinder in Ruh, die finden sowas nicht lustig.“

„Ach, meinst? Und du?“ Aber bevor er eine weitere Kugel, diesmal in Richtung Leonhard, loslassen konnte, stand die kleine Ernestine hinter ihm und legte ruhig eine Hand an seine Steingestalt.

„Lass das. Leonhard hat dir nichts getan und du weißt genau, wie lange er braucht, um seine Zweiglein wieder zusammenzufinden, wenn du die ihm durcheinander wirbelst.“

„Ach, die haben einfach keinen Humor. Drum heißts doch Geisterbowling, weils nur bei Geister wirkt.“ Das Steinmonster sammelte seine Schusser wieder ein und trollte sich in Richtung Steinhaus.

„Was heißt da Humor“, rief ihm Siegfried hinterdrein, „es ist nicht lustig, wenn man meint, gleich von so einer grauslig, grusligen, harten Steinkugel zerlegt zu werden!“

„Ach, und bei lebendigem Leib zerschnitten zu werden, ist lustig, ja?!“, brüllte das Schattenkind wütend zurück und knallte seine steinerne Tür fest zu. Der Boden bebte ein wenig, dann war erst mal Stille im Tal.

„Puh“, meinte Ludwig, „öfter brauch ich sowas ned. Vom Klangbild her allerdings wars recht interessant.“

„Dann darfst hier ned wohnen, am besten is eh, ihr gehts gleich wieder heim. Mir ham euch ned gerufen.“ Das Mädel mit dem blutigen Messer stand plötzlich mitten unter ihnen. „Aber schnell laufen könnts“, fügte es noch spöttisch hinzu.

„Soso“, Blaschinko ging zu ihr hinüber. „Sag einmal, wie sollen wir denn dich nennen, weil Königin der Nacht, des klingt mir zu gestelzt.“

„Du sollst mich gar nicht nennen, du sollst überhaupt nicht in meinem Dorf sein. Ihr seids hier nur geduldet!“ Sie hob ihr Messer drohend höher und ließ ein bisschen Blut herabtropfen. Auch ihr Gewand bekam deutlich mehr dunkle Flecken.

„Irgendwer schwer verwundet? Braucht wer a Droschke?“

Sebastian schob sich mit seiner hölzernen Schubkarre fröhlich dazwischen. „Jetzt lass unsere Gäste in Ruh und steck dein Messer weg, Tricksi.“

„Vielen Dank auch, Verräter!“, fauchte diese und rammte sich das Messer in den Oberschenkel. Geist sein hat schließlich auch seine Vorteile. Sie humpelte in ihr duftendes Rosenhaus, das nun über und über mit dunkelrot blühenden Rosen bedeckt war. Und mit eisig glitzernden Dornen.

„Nehmt sie nicht so ernst, ihr Tod war wahrlich nicht schön. Sie nennt sich Beatrix und wir nennen sie Tricksi.

Da ihr nun hier seid, weiß ich, dass wir euch vertrauen dürfen. Wir bekommen nicht oft Besuch, müsst ihr wissen.

Mit der Theresa sind wir nun vollständig. Sie ist seit mehrhundert Jahren die Erste, die von der Außenwelt zu uns gefunden hat oder finden durfte. Aber was wollt ihr nun hier, ihr habt sie gefunden und wisst, es geht ihr hier gut, ihr könnt nun wieder gehen.“

„Nein, Sebastian, das können wir noch nicht“, erklärte Dorothea bestimmt. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Theresa wieder in die Schule kommt. Und bevor das nicht geschafft ist, können wir hier nicht weg.“

„Dorothea hat Recht“, unterstützte sie Blaschinko.

„Na dann“, Sebastian zuckte elegant mit den Schultern, „dann könnts ja schon mal anfangen, euch ein Haus zu baun, weil die Theresa wird hier nie wieder weggehen. Sie gehört jetzt zu uns, obwohl sie lebt und als Einzige von uns älter werden wird. Ich geh dann mal zu meinem Einhornfohlen.“

„Oh! Einhornfohlen! Darf ich mit?“ Wenns um Pferde, oder gar um Einhörner ging, war die Maria nicht zu halten.

„Ich will auch mit, bitte“, schloss sich Gretl gleich an.

„Na, dann woll ma mal nicht so sein“, meinte Sebastian gut gelaunt. „Wer mag, kommt einfach mit, aber bitte seid leise und wartet ab, ob meine Freunde überhaupt mit euch spielen wollen.“

Fast alle nahmen das großzügige Angebot gerne an. Nur Frau Ran hielt ihre Tochter zurück. „Rosi, du kommst mit mir, ich will dir gleich etwas zeigen.“ Da Rosi es eh nicht so mit Pferden, auch nicht mit magischen Pferden, am Hut hatte, war sie durchaus mehr als bereit, mit ihrer Mama mitzugehen.

Blaschinko hielt die Hand seiner Dorothea und sie wanderten traumverloren hinter der ausnahmsweise leisen Kinderschar hinterdrein. Caro blieb im kleinen Dorf und legte sich in den Schatten einer der großen Bäume und Stuggi ging mit den Kindern mit, er hatte Hunger auf eine satte Portion Weide und war sich sicher, dass die Einhörner ihm da was abgeben würden. Nur Nik konnte den Schattenhund sehen, der sie begleitete. Sie kamen allmählich tiefer in das Tal hinein. Der kleine Bach alberte sich da entlang und den Kindern fiel auf, dass es hier ein besonders grünes Gras gab. Es war relativ kurz abgeweidet, nur in den Brennnesselseen gab es noch unberührtes Gras. Auf den ersten Blick schien sonst niemand da zu sein, aber dann wurden die zehn weißen Stuten mit ihren verschieden farbigen Fohlen langsam sichtbar. Die Besucher wurden ganz genau beäugt, aber mit der Zeit kamen die drei sogenannten Tanten, also die Stuten ohne Fohlen, noch näher an die Gruppe heran.

Sebastian ging zu seinem Fohlen, es hatte ein wunderschönes grünes Fell und spielte mit ihm ein fröhliches Fangermandlspiel. Seine Mama, deren Mähne einen sanften grünen Schimmer hatte, passte auf die beiden auf.

„Was verschafft uns die Ehre?“, fragte die älteste Stute, in deren Mähne das reinste und hellste Weiß schimmerte. Sie stellte sich vor die Gruppe und wartete.

„Sei von Herzen gegrüßt, Herrin dieser wunderschönen Einhornherde“, meinte Blaschinko ehrfürchtig. „Wir wollen nicht stören, aber wenns erlaubt ist, würden wir euch alle gerne ein wenig kennenlernen. So eine schöne Herde hab ich noch nie gesehen.“

„Na, dann stellt euch mal etwas weiter auseinander, damit ich euch betrachten kann.“

Das stattliche Einhorn umrundete als Erstes den Blaschinko und schnupperte hinter seinen Ohren. „Kann passieren“, murmelte es und ging gleich weiter zur Dorothea Watzlawik, die etwas nervös wirkte, sie war sich nicht sicher, ob eine Fexe hier willkommen war. Das Einhorn blickte ihr in die Augen und schmunzelte leicht.

„Eine Fexe, da schau her und auch noch eine verliebte Variante. Kann passieren.“ Erleichtert eilte Dorothea zu ihrem Blasius und gemeinsam wandelten sie in der Herde umher.

Das Einhorn ging der Größe nach vor. Als nächstes kam also der Siegfried dran. Das Einhorn stupste ihn an und murmelte, „kann passieren, bist aber ein ganz Besonderer, gell?“ und wanderte weiter zur Engel Maria. Die beiden strahlten sich an und jeder erkannte im anderen eine edle Seele. „Kann sowas von passieren! Ihr seids ja eine feine Mischung!“ Neugierig geworden eilte das Einhorn nun zur Baumgartner Gretl und schnupperte an ihrem leuchtend roten Haar. „Na sowas, freilich darfst zu den andern.“ Es schüttelte erstaunt seine herrliche Mähne und ging weiter zum Blumschein Gottfried. Es umkreiste ihn nachdenklich und überlegte. Dann inspizierte sie seinen Malblock und ließ sich erst mal seine Skizzen zeigen. „Ah, das erklärt einiges“, murmelte es. „Tut mir leid, aber hier kannst du nicht zeichnen. Hier gehen deine Stifte nicht, das hast sicher schon gemerkt. Und ja, du kannst passieren.“ Fast mitleidig schaute sie ihm nach und wandte dann seine Aufmerksamkeit dem Kuchler Martin zu, der stolz und aufrecht die Inspektion über sich ergehen ließ. Wieder zog es prüfend die Luft rund um den Buben ein und auch hier schien es länger zu überlegen. „Ok, kannst passieren, bist ja fast noch schlimmer dran als der Maler.“ Missmutig schüttelte es die prachtvolle Mähne und schnaubte dabei.

Gemächlich schlenderte es zum Ludwig, der scheu zu Boden blickte. Er war vollkommen überwältigt von der himmlischen Musik, die über der Herde schwebte. Einmal prüfend durch seine Haare gewuschelt und schon durfte er hinüber zu den anderen. Jetzt stand nur noch Nik da und neben ihm sein Schattenhund. Das Einhorn überprüfte genauestens die Luft rund um den Pumpernikl und ließ ihn durch. „Kluge Entscheidung“, murmelte das Einhorn zur Luft neben ihm. Bald waren die Kinder vermischt mit den Zauberpferden, und Maria hatte die Idee, vorsichtig aus den Brennnesselinseln die saftigen Gräser herauszufiltern und damit die schon wartenden neuen Freunde zu bewirten. Die Sonne erwärmte den Boden und es war einfach zauberhaft, sich als wertvolles Mitglied der Herde spüren zu können. Es entstand eine Art tiefer, innerer Frieden, den so selbst auf Maohadod kaum wer kannte.

In der Zwischenzeit ging Frau Ran mit ihrer Tochter Rosi langsam den kleinen Bach entlang und unterhielt sich leise mit ihm. Rosi konnte schon ein paar der Worte verstehen.

Ihre Mama übte schon lange die verschiedenen Facetten der Wassersprache mit ihr. Ganz allmählich erweiterte sich der kleine Bach und verströmte sich wonniglich in einen großen See. Man sah am Ende ein Relief der unterschiedlichsten, sehr hohen Berge, die den See im Norden begrenzten.

„Rosi, heute möchte ich dir was Neues beibringen. Du bist jetzt in dem Alter, in dem du tiefer in die Magie des Wassers eingeweiht werden kannst. Dieses Wissen wird seit Generationen von Mutter zur Tochter weitergereicht.

Und falls du selber später keine Kinder bekommen wirst, dann kannst du dir auch eine Leihtochter dafür aussuchen.

Dieses Wissen ist nicht geheim, aber andere können es nicht erlernen. Heute gehst du einfach mit mir mit. Stell deine Fragen hinterher und vertrau mir, wie immer. Du bist eine gute Tochter und hast wunderbare Möglichkeiten.

Was du bis heute schon alles kannst, hast du ja schon gezeigt. Und nun kommt noch neues Wissen hinzu. Bist du bereit?“

„Ja, Mama“, war die schlichte Antwort der kleinen Rosi.

Aufmerksam schaute sie ihrer Mutter zu, wie diese langsam in den See schritt. Frau Ran sprach dabei leise Worte zum Wasser und schwieg dann, sich ganz auf ihre Sinne konzentrierend. Rosi ging mit ihr mit, wie wenn sie mit ihr tief verbunden wäre, was sie, genau genommen, ja auch war.

Beide gingen tiefer und tiefer in das klare, blaue, so angenehm temperierte Element hinein. Ein paar neugierige Fische kamen herbei geschwommen, begrüßten die beiden Frauen und flitzten schnell wieder davon. Dann kam ein großer grauer Hai, den es eigentlich in diesem See gar nicht geben durfte. Auch er begrüßte die beiden, allerdings mit ernster Miene, er schien eine Art Wächter zu sein.

Da Rosi ein Stück kleiner war als ihre Mama war sie eher mit der Nase unter der Wasserlinie. Davor hatte sie Angst.

Aber, da sie wusste, dass sie ihrer Mama endlos vertrauen konnte, ging sie tapfer weiter und versuchte die Luft anzuhalten. Sie war überrascht, als sie sofort merkte, dass sie keine Atemnot bekam. Sie atmete nicht über die Nase, sondern ihr ganzer Körper schien automatisch Sauerstoff aus dem Wasser aufnehmen zu können. Erfrischt und bestärkt ging sie weiter in den tiefen See hinein.

Jetzt tauchten zu beiden Seiten große, dunkle, schwere, massive Figuren auf. Sie wirkten wie große Wale, die wechselweise den Weg umrahmten, sodass ein Geradeausgehen nicht möglich war und die beiden sich nun in einer Art Zickzackkurs bewegen mussten.

Rosi berührte vorsichtig eine der walähnlichen Strukturen und merkte, dass es sich eher um lebendige Steine handelte. Sie gaben den Weg vor. Immer tiefer ging es hinab und das Licht des Himmels wurde schwächer. Rosi konnte deutlich spüren, dass jeder Schritt wie eine Prüfung war, so als ob diese Steinwächter sie und ihre Mutter ganz genau musterten, ob sie es würdig waren, in diese Tiefen vordringen zu dürfen. Tief unter Wasser zu sein und so gar keine Atemnot zu spüren, – atmen auf die gewohnte Art war einfach nicht notwendig – war ein befreiendes Gefühl.

Eine lange Zeit blieb der Weg unverändert. Immer wieder mussten sie einen großen Steinwächter umrunden, um dahinter gleich dem nächsten gegenüber zu stehen. Eine gefühlte Ewigkeit zog sich der aus hellem, seidenweichem Sand bestehende Weg schlangenlinienförmig dahin, und es ging immer noch tiefer hinab.

Aber plötzlich gaben die Wächter den Weg frei, Frau Ran und Rosi schienen nun die Prüfung bestanden zu haben und vor ihnen lag ein kleiner Pfad im Meeresbodensand, der sie nach rechts in eine Kurve führte. Dort wartete eine wunderschöne Unterwasserlandschaft auf sie. Der Sand leuchtete in hellstem Beige und sie konnten so gut sehen, wie bei einem Sommertag auf der Erde. Auf dem feinsten Sandboden stand ein rosa Liegestuhl und darin lag eine wunderschöne junge Frau, deren lange blonden Haare sich im Seewasser wiegten. Rosi war leicht verwirrt, denn sie konnte mit ihrer Begabung Meer und See gleichzeitig wahrnehmen.

Die junge Frau schien die beiden Besucher zu erwarten.

Um sie herum schwebten ein paar Seepferdchen, die ihr, wie kleine Boten, Neuigkeiten aus der Welt erzählten.

Lächelnd wies sie die beiden Besucher an, sich zu ihr zu setzen, was Frau Ran und Rosi gerne taten, indem sie es sich auf dem Meeresboden bequem machten. Rosi stellte fest, dass der Sand trocken war und man damit wunderbar spielen konnte, obwohl man ja eigentlich tief unter der Wasseroberfläche war.

Hinter der jungen Frau war eine mit leuchtend roten Blumen geschmückte kleine Höhle zu sehen, in der sie sichtlich wohnte.

„Willkommen in meinem Reich, Frau Ran und die Tochter Rosi“, wurden sie mit einem strahlenden Lächeln begrüßt.

„Dass die Königin des Wassers einmal zu mir kommt, hätte ich allerdings nicht gedacht.“

Rosi blickte ihre Mama verblüfft an. Königin des Wassers? Das war ihr neu.

Der Meeresfrau war diese Reaktion nicht entgangen.

„Oh, Ihre Tochter weiß nicht, wer Sie sind? Dann wird’s aber höchste Zeit, sie einzuweihen, finden Sie nicht auch?“

Frau Ran nickte leicht und meinte, „deshalb sind wir unter anderem heute hier. Aber zuerst möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass wir hier willkommen sind. Ich grüße Sie.“ Frau Ran verbeugte sich noch einmal tiefer und fuhr fort: „Eigentlich wollte ich damit noch warten, bis sie deutlich älter ist, aber oben tut sich seit ungefähr vier Jahren so einiges, was nicht in Ordnung ist. Die Anzeichen, dass wieder, wie vor vielen hundert Jahren, mit schwarzer Magie in großem Ausmaß hantiert wird, sind nicht zu übersehen. Diesmal handelt es sich eindeutig nicht um dumme Kinderspielereien. Leider“, fügte sie noch hinzu.

„Ja, ich habe davon gehört. Auch wenn ich hier unten in Sicherheit leben kann, so berichten mir meine Freunde immer wieder, was auf der Erdoberfläche so vor sich geht.

Ich für mich habe beschlossen, hier zu leben. Nach langer Suche ist dies der einzige Ort, an dem mich niemand finden kann, wenn ich es nicht erlaube.“

Sie fächelte sich etwas kühleres Wasser zu und lächelte Rosi liebevoll zu.

„Also, Königin Ran, was wollen Sie denn, dass Ihre Tochter heute lernt?“

„Das überlasse ich ganz Ihnen. Ich weiß wer Sie sind und habe großen Respekt vor Ihnen und Ihrem Wissen. Darf ich Ihnen meine Tochter als Schülerin überreichen?“ Rosi schnappte nach, ja nach was denn, nach Wasser? Sie war nun vollends verwirrt.

Die Wassermagierin betrachtete Rosi genau und überlegte.

„Was meint ihr, meine Freunde, ist diese Rosalind in der Lage, meine Schülerin zu werden?“ Sie blickte zu den nun immer zahlreicher gewordenen kunterbunten Fischen und munteren Seepferdchen und einigen recht merkwürdigen, durchsichtigen und in grellem Neonlicht leuchtenden Wasserbewohnern, legte den Kopf leicht schief und lauschte eine kleine Weile.

„Na gut, so sei es. Königin des Wassers, Frau Ran. Ihre Tochter kann bei mir bleiben, bis ihre Ausbildung abgeschlossen ist. Ich werde sie dann wieder zurück ins Dorf schicken.“

Die junge Frau stand auf und mit ihr die beiden Frauen.

Denn Rosi fühlte sich jetzt nicht als Kind, sondern als Erwachsene. All dies verwirrte sie mehr und mehr, aber sie hatte von ihrer Mutter gelernt, dass diese in ihrer Weisheit wusste, welcher Weg der richtige war.

Also verabschiedete sie sich von ihrer Mama mit einer herzlichen und langen Umarmung und schaute mit bangem Herzen zu, wie diese sich dann wieder auf den Weg machte.

Frau Ran blickte noch einmal zurück und sah, wie die Herrscherin über das Wasser ihrer Tochter den Arm um die Schultern legte und mit ihr in der Höhle verschwand.

Sie selbst ging langsam zum Ufer zurück, am Anfang noch begleitet von den bunten Fischen und es dauerte diesmal gar nicht lange, bis sie wieder auftauchte. Die Umstellung der Atmung war etwas unangenehm, aber als sie dann ans Ufer kam, war es schon wieder in Ordnung. Mit trockenen Kleidern ging sie langsam und sehr nachdenklich ins Dorf der Toten Kinder zurück.

Dort angekommen wurde sie gleich weitergeleitet zur Einhornwiese und durfte nach einer kurzen Überprüfung passieren und mit den anderen sich einfach mal rundherum wohlfühlen. Mit leiser Stimme erklärte sie Blaschinko und der Dorothea Watzlawik, warum sie alleine zurückgekommen war.

Da die beiden gerade in einer sehr entspannten Stimmung waren, fanden sie die Idee gut und hatte auch keine weiteren Fragen dazu.

Der Tag schien kein Ende zu nehmen und Nik konnte sich nicht erinnern, wann er jemals so glücklich gewesen war.

Aber dann hörte er ein Räuspern in der Luft neben ihm. Er hatte Caro ganz vergessen.

„Was ist denn, Caro?“, flüsterte er leise.

„Nik, ihr müsst hier weg, es ist eine Zeitfalle. Ihr alle merkt das nicht, aber ich, weil ich als Geisterhund Täuschungen, die von Toten gebaut werden, leichter durchschau. Du musst mit den anderen hier weg. Wir alle müssen wieder zurück ins Dorf.“

Nik blickte verwirrt um sich und konnte dem Caro einfach nicht glauben, dass er recht hatte.

Außerdem wars hier zu schön, um auch nur eine Sekunde lang ins Dorf zurück zu wollen. Er konnte die Theresa sehr gut verstehen.

„Aber schau doch Caro, wie glücklich hier alle sind mit den bunten Fohlen da.“ Er deutete auf ein feuerrotes Fohlen, dessen Farben changierten, von feuergelb zu weiß und rot, wie lebendige Feuerflammen und das mit der Gretl herumtollte, wobei Gretls Haare in den Farben gut mithalten konnte. Die Fohlenmama, die an der flammend roten Mähne leicht zu erkennen war, passte wohlwollend auf die beiden auf.

Caro seufzte und wanderte, nur von den Einhörnern gesehen, zum Blaschinko.

„Hey, Blasius, das hier ist eine Zeitfalle. Wir müssen heim. JETZT.“

Blaschinko blickte verdutzt in die Richtung, aus der die Stimme kam.

„Caro? Bist du das?“

„Ja Himmel, wer denn sonst“, knurrte der Schattenhund.

„Und jetzt hilf mir, wir müssen weiter.“

„Aber hier ists doch so schön!“ rief nun Dorothea und kraulte ihrem Blasius zärtlich die tiefblauen Haare.

„Ok. Es geht ja nicht anders.“

Caros Geist eilte zurück ins kleine Dorf und begab sich in seinen Körper, der da immer noch seelenruhig schlief.

Wieder mit sich vereint, sauste er zurück zur Einhornwiese und baute sich vor Blaschinko auf.

„Los, leg deine Hand auf mein Fell“, knurrte er ihn grantig an. Blaschinko reagierte automatisch und in dem Moment, in dem er den Caro berührte, erkannte er die Zeitfalle.

„Ach du Schreck, Dohrle, wir müssen heim!“, rief er aus und stand sogleich auf.

„Aber Blasius, ich mag noch nicht heim, ich mag noch ein bisschen hier bleiben, bitte! Es ist so wunderschön hier, schau dir doch an, wie glücklich hier alle sind.“

„Nix gibt's! Da, berühr den Caro, dann verstehst, was ich mein.“ Zögernd streckte sie ihre Hand aus und streichelte den Caro.

Jetzt erschrak auch sie und sprang wie elektrisiert auf.

„Kinder! Kommt jetzt her, wir müssen weiter!“, rief sie über die Weide und nur sehr langsam kamen nach und nach die anderen zu ihr. Erst als sie jeden Einzelnen dazu gebracht hatte, den Caro zu berühren, erkannten die Kinder den Unterschied zwischen der Zeit hier und der daheim vergangenen. Es war fast ein körperlicher Schmerz, der durch diese Diskrepanz entstand.