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Yggdrasil, Odin oder die sagenhafte Götterheimat Walhalla: Geheimnisvolle Namen und faszinierende Erzählungen aus der nordischen Mythologie ziehen bis heute Erwachsene in ihren Bann – und das gilt für die lebhafte Kinderfantasie umso mehr. Wenn auch Ihr Nachwuchs bei Heldensagen große Augen bekommt, dann schnappen Sie sich dieses Buch und tauchen Sie gemeinsam in die atemberaubende Welt der germanischen Götter ein! Ob Wagners Opernzyklus "Der Ring", das Nibelungenlied oder Serien wie "American Gods" und "Vikings": Die Zeiten der Germanen mögen lange vorbei sein, doch die Faszination der alten Erzählungen ist bis heute ungebrochen und taucht überall in unserer Kultur auf. Kein Wunder, dass auch die Kleinsten da neugierig sind und sich für Donnergott, Elfen, Schöpfungsgeschichte und vieles mehr interessieren. Dieses Buch erzählt die wichtigsten, spannendsten und schönsten Geschichten aus dem germanischen Sagenleben, macht mit den Grundlagen rund um Schöpfungsgeschichte, Götterwelt, mythische Völker und große Heldentaten bekannt und bietet zudem einen Einblick in das reale Leben der Wikinger. Grausamer Sagenstoff? Tatsächlich kommen die Legenden zwar nicht ganz ohne Schrecklichkeiten aus, doch dieses Buch ist gezielt für Kinder verfasst und präsentiert die Geschichten auf altersgerechte Weise, sodass sich die ganze Familie auf eine aufregende Reise in sagenhafte Welten begeben kann.
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Seitenzahl: 165
Veröffentlichungsjahr: 2025
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TitelNordische Mythologie
Copyright © 2024 Alexandra Theisen
www.edition-lunerion.de
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Für Fragen und Anregungen:
Auflage 2024
Inhalt
Vorwort
Die Welt der Mythen und großen Mächte
Auf den Spuren der nordischen Mythologie
Eine zauberhafte Welt
Wie gelangen die Legenden in die moderne Welt?
Die Edda
Welche nordischen Völker glaubten an Odin und Co.?
Reise in die Weltenesche Yggdrasil
Asgard
Vanaheim
Alfheim
Midgard
Jötunheim
Svartalfheim
Nilfheim
Muspelheim
Helheim
Wie alles begann: die Schöpfung der Welt und der Menschen
Die nordischen Götter
Von Asen und Wanen/Vanir
Der Rabengott Odin
Der Kriegs- und Donnergott: Thor
Gott der Dunkelheit und der List: der Bösewicht Loki
Der Gott des Lichts: Heimdall
Tyr, der Gott des Kriegers und des Himmels
Die Wanen – die anderen Götter oder Naturgeister?
… und da wären noch
Die Riesen
Die Alben – Naturgeister und Elfen
Walhalla und die Walküren
Ragnarök – das Ende und der Anfang aller Dinge
Bonus: Die Lebenswelt der Wikinger
Ein Tag im Wikingerdorf
Der Rhythmus des Lebens – Wikingerfeste
Hochzeiten – ein Bund für alle
Die Schrift der Wikinger: sind Runen magisch?
Und… Ende?
B
estimmt haben viele von euch schon einmal von Loki, Odin und Co. gehört. Vielleicht kennen manche sogar ihre Geschichten, die seit langer Zeit sowohl Jung als auch Alt in ihren fesselnden Bann ziehen.
Die Welt der nordischen Mythologie mit all ihren mächtigen Göttern und schillernden Fabelwesen ist vielfältig. Jede Sage strotzt nur vor Magie und Spannung!
Sicherlich könnt ihr es kaum abwarten, mehr über diese alten, spannenden Mythen zu erfahren und dabei in die Welt der mächtigen Götter, gewaltigen Drachen, flinken Zwerge, tapferen Kriegerinnen und sämtlichen anderen Kreaturen, die uns auf unserer Reise begegnen werden, abzutauchen. All das wird euch in diesem Buch begegnen.
Worauf warten wir noch? Los geht’s!
Viel Spaß beim Lesen!
G
ötter, Elfen, Zwerge und Riesen, all diese Wesen begegnen uns öfter, wenn wir uns Geschichten erzählen und träumen wollen. Fantastische Wesen wie ein achtbeiniges Pferd und riesige Wildkatzen sind ebenfalls Teil der Welt der nordischen Mythologie, die so viele Menschen seit Jahrhunderten verzaubert.
Die nordischen Götter haben damals wie heute Groß und Klein mit ihren Abenteuern unterhalten und auch Lebensweisheiten gelehrt. Mindestens genauso interessant wie ihre Legenden sind die Menschen, die sich ihre Geschichten ausgedacht und viele Jahrhunderte lang erzählt haben: die Wikinger.
Wer genau war dieses Volk und wie sah deren Leben aus, das sie zu solch mystischen Geschichten inspiriert hat? In diesem Buch werden wir nicht nur mehr über die Götter selbst lernen und uns von ihren Sagen verzaubern lassen, sondern auch verstehen, wer die Wikinger waren und warum die Götter ihnen so wichtig waren. Tauchen wir ein in eine Welt mit eigenen Naturgesetzen, magischen Wesen und exotischen Lebensphilosophien.
A
sgard, das Reich der nordischen Götter, ist die Welt von Odin, seinem Sohn Thor und vielen anderen Göttern, zu denen wir Menschen von der Erde aus, auch Midgard genannt, hinaufblicken. Laut den Erzählungen schwingt Thor seinen Hammer mit dem Namen Mjölnir, mit dem er unzählige Schlachten bestreitet und den wir als Donner am Himmel wahrnehmen. Zumindest sind dies die Sagen, die sich im Norden Europas seit vielen Jahrhunderten bei Lagerfeuern erzählt werden.
Im hohen Norden, in den skandinavischen Ländern Norwegen, Schweden und Dänemark, wächst jedes Kind mit den Legenden des Göttervaters Odin auf, mit dem Donnergott Thor sowie dem Gott des Feuers und des Schabernacks Loki. Auch andere Göttinnen und Götter treiben ihr Spiel neben den drei bereits erwähnten. Zu diesen werdet ihr später noch einiges erfahren, bleibt also gespannt.
Von Generationen an wurden diese Erzählungen weitergetragen, von Großvätern und Großmüttern an ihre Enkel, Vätern und Müttern an ihre Kinder und auch unter Erwachsenen erzählt man sich heute noch gerne die Abenteuer der mystischen Götter.
Das Wort entstammt dem altgriechischen Wort „Mythos“ (μῦθος) und bedeutet „Sage“, „Erzählung“, „Geschichte“ oder „Dichtung“. Es umfasst eine Sagenwelt, die fest verwurzelt ist mit der kulturellen Geschichte eines Volkes. Was eine Mythologie ausmacht, sind die Überlieferungen aus der Vorzeit der heutigen modernen Welt, deren Themen Heldensagen sind, aber auch Geschichten von Göttern und Dämonen sowie deren Ursprung.
Niemand kennt den genauen Ursprung von Mythen oder weiß, wer sie als Erstes erzählt hat. Diese sind eine Sammlung von verschiedenen Geschichten, die über viele Jahrhunderte von Mund zu Mund weitergetragen wurden. So manche Sagen wurden ausgeschmückt und ergänzt. Wurden diese in die Welt hinausgetragen, so konnten andere Völker verstehen, wie die nordischen Völker die Welt sehen und begreifen.
Mit mythologischen Geschichten haben sich die Menschen bereits damals, aber auch heute, unterhalten und die Zeit vertrieben. Manchmal wurden sie auch als Warnungen genutzt oder als Ratgeber verwendet. Mit den Sagen versuchten die Menschen aber auch, sich die Welt zu erklären. Oftmals waren sie auch eng mit der Religion verknüpft.
Heute wissen wir, dass Donner und Blitze durch das Aufeinandertreffen von kalter und heißer Luft entstehen. Wir können sogar durch die alte Faustregel der Sekundenzählung zwischen Blitz und Donner errechnen, wie weit der Sturm von uns entfernt ist. Damals jedoch hielten die Menschen dieses furchterregende Himmelsspektakel für den Zorn der Götter.
Bevor das Christentum und andere modernere Religionen durch Reisende in die nordischen Völker gebracht wurden, haben diese die nordischen Götter angebetet. Riten und Bräuche waren – ähnlich wie der heutige Gottesdienst – üblich, um Unheil abzuwenden und um Glück und Gesundheit zu erbitten.
Die nordischen Völker waren sehr naturverbunden und glaubten an Magie, die durch bestimmte Handlungen in gewünschte Bahnen gelenkt werden konnte. Um den Willen der Götter zu deuten, wurde Wahrsagerei angewendet. Auch Omen waren ein beliebtes Mittel, um die Zukunft vorherzusagen.
Insbesondere die Wikinger glaubten, dass das Schicksal eines jeden Einzelnen sowie der Welt bereits geschrieben war. Als kriegerisches Volk, das durch Seefahrerei andere Völker überfiel und viele Schlachten bezwang, glaubten die Wikinger, dass am Ende der Zeit die große Dämmerung eintreffen würde: Ragnarök, die Schlacht der Götter.
Für die Wikinger war Religion, Zauberei und der Glaube an die Macht der Natur dasselbe. Ihre Religion war der Glaube an die Götter. Zauber und Magie waren Teil der Welt ihrer Götter, aber auch ihrer eigenen. Denn zum Beispiel durch das Aufschreiben von Runen, die wir später näher kennenlernen, hofften die Wikinger auf eine positive Lenkung der Geschehnisse. Sie hatten auch einen tief verwurzelten Glauben an Naturgeister, die im Einklang mit der Welt und den Göttern leben. All dies spiegelt sich in ihren Sagen wieder.
Die Welt der nordischen Mythologie ist voller Heldensagen, Fabelwesen, die auf unserer Erde wandeln, und Göttergeschichten aus Asgard. Erzähler, Beobachter und Mitspieler sind wir, die Menschen aus Midgard. Damals nur über mündliche Überlieferung, mittlerweile auch über Schriften, halten wir die Legenden am Leben und geben sie weiter.
Die Geschichten der nordischen Götter sind heute bekannt als sogenannte „Edda“. Dies ist ein altisländisches Wort, das mehrere Bedeutungen hat. Zum einen bedeutet es „Urgroßmutter“, da es auf alte Märchengesänge hinweist. Zum anderen bedeutet es in der moderneren Welt auch „Dichtkunst“. Die Edda ist nicht nur der Begriff für die Legenden, sondern auch eine Sammlung von Liedern und Schriften über die nordischen Götter, die aus Island stammt.
Die Edda ist in zwei Teile aufgeteilt:
Edda bezeichnet demnach beides: die inhaltlichen Geschichten und auch die Kunst, diese zu erzählen, sei es in Liedern oder in Gedichten.
Zum einen wäre da die ältere Edda, die hauptsächlich aus Liedern besteht. Diese handelt vor allem von den alten Götterliedern, wie sie ursprünglich erzählt und gesungen wurden.
Könnten wir eine Zeitreise machen und mit den Wikingern zusammen am Lagerfeuer sitzen, so wären es die Lieder aus der älteren Edda, die wir hören könnten. Diese würden jedoch anders erzählt und gesungen werden, als wir es jetzt kennen. Vermutlich würden wir kaum verstehen, worum es sich handelt. Da die Zuhörer die Geschichten bereits in- und auswendig kannten, waren die Lieder voller Andeutungen und bildlicher Sprache.
Einfacher ist dann die jüngere Edda zu verstehen, auch Snorri- oder Prosa-Edda genannt. Der isländische Gelehrte und Dichter Snorri Sturluson aus dem 13. Jahrhundert war fest entschlossen, die Geschichten der Götter verständlich niederzuschreiben und auch zu erklären, wie die Lieder aufgebaut waren.
Snorri Sturluson, (geboren 1179, verstorben 1241) war einer der berühmtesten isländischen Dichter und Politiker. Insbeson-dere wurde er wegen seines Kampfes um die Unabhängigkeit Islands erinnert, der sich gegen die Machtergreifung Norwegens auflehnte. Er hatte das höchste staatliche Amt des Geset-zessprechers inne und stiftete Frieden bei politischen Konflikten.
Die nordischen Legenden waren gekleidet in einer traditionellen Dichtkunst, die von Snorri enträtselt werden konnte. Dazu eignete er sich viel Wissen über die nordische Mythologie an und konnte die Tiefe der Geschichten sowie auch ihren Unterhaltungswert verstehen und wiedergeben.
Anders als in der alten Edda ging Snorri jedoch davon aus, dass die Erzählungen über die Götter inspiriert waren von echten Menschen, die als Migranten in den Norden kamen. Er glaubte, dass Menschen dem ebenfalls mythologischen Trojanischen Krieg, bekannt aus dem Werk der Ilias des griechischen Dichters Homer, entflohen waren und mit fortgeschrittener Technik in den Norden kamen, wo sie von den Einheimischen als Götter wahrgenommen wurden.
Anhand dieser Schriften wurden die Überlieferungen in die Welt getragen, wo sie viele Menschen und Künstler inspirierten. Seitdem gibt es unzählige Bücher, Filme und Spiele rund um die Thematik der nordischen Götter.
Das Volk, das die Länder Norwegen, Dänemark und Schweden bevölkerte, nannte sich Wikinger. Der Name entstammt dem altnordischen Wort „vikingr“ und bedeutet „Gefolgsmann“ oder „Pirat“. Es bedeutet aber auch „der Bucht entstammend“, da das Wort „vik“ „Bucht“ bedeutet. Dieses Volk lebte zumeist nahe der See. Es war bekannt dafür, solide Schiffe zu bauen, mit denen es zum Teil Handel trieb, zum Teil aber auch andere Siedlungen überfiel.
Auf dem Festland betrieben die Wikinger viel Landwirtschaft und waren sehr im Einklang mit Tieren und der Natur. In der Zeit des dunklen Mittelalters, ca. 500–1000 nach Christus, lebten die Wikinger in einer durchaus modernen Gesellschaft.
So waren Mann und Frau gleichgestellt und beide kämpften Seite an Seite. Weibliche Kriegerinnen wurden Schildmaiden genannt und genossen hohes Ansehen. Weibliche Kriegerinnen gehörten also stets zum Volk der Wikinger, was sich auch in den Sagen über die Walküren wiederfindet. Diese waren weibliche Geister, die auf geflügelten Pferden ritten, um die gefallenen Krieger auf dem Schlachtfeld nach Walhall zu bringen.
Nach Walhall, auch Walhalla genannt, werden nur besonders tapfere Krieger gebracht, die auf dem Schlachtfeld verenden, um dort mit Göttern und ihren Vorfahren gemeinsam auf Ragnarök, die letzte Schlacht, zu warten.
Die Wikinger lebten in einer rauen Umgebung, die teilweise kalt und lebensfeindlich war. In ihren Liedern kleideten sie die Götter demnach ähnlich wie sich selbst, beispielsweise mit vielen Lederhäuten und Fellen sowie schweren Panzern und Waffen. Blicken wir auf Thor, der den mächtigen Hammer Mjölnir schwingt, wird er oft beschrieben als groß, blond, muskulös und mit Fellen und schwerer Rüstung bekleidet – das typische Erscheinungsbild eines Wikingers.
So rau und gewaltvoll die Umgebung der Wikinger war, so rau und gewaltig waren auch die Handlungen ihrer Legenden. Inspiriert von den eisigen Kälten des Nordens, erzählen sich die Wikinger Geschichten von Jötunheim, dem Land der Eisriesen. Es ist einfach, zu glauben, dass hinter den eisigen Gebirgen der Gletscher Eisriesen leben.
Kannst du dir vorstellen, dass die Sonne mehrere Wochen lang nicht aufgeht? Dies ist für die Menschen in Norwegen Realität. Die lange Polarnacht (auf Norwegisch morketid genannt) herrscht von Anfang Dezember bis Anfang November.
Näher am Nordkap dauert sie sogar von Mitte November bis Mitte Januar. Bis auf ein leichtes Glimmen der Sonne am Horizont herrscht dort Dunkelheit, nur unterbrochen durch Polarlichter. In der Edda werden Lieder über Nilfheim gesungen, die Nebelwelt. Dies ist die Welt der Dunkelheit, des Eises und des Todes.
Es ist erkennbar, dass die Menschen die Göttersagen nach ihrer eigenen Umgebung aufbauten, nach dem, was sie täglich sahen und was sie erlebten. Durch die Reisen der Wikinger brachten sie auch ihre Götter zu weiteren Völkern, so etwa nach Island, zu den Kelten, ins heutige Irland und selbst bis an die Nord- und Ostsee, zu den damaligen Germanen, den heutigen Deutschen. Auch sie glaubten an den Donnergott Thor, den sie allerdings „Donar“ nannten. Der Göttervater Odin wurde „Wodan“ genannt.
Die nordischen Götter sind nicht von der Kultur der Menschen zu trennen, die ihre Lieder singen und ihre Geschichten bereits seit vielen Jahrhunderten erzählen und noch viele Jahrhunderte erzählen werden.
Wollen wir nun gemeinsam in die Welt der nordischen Götter abtauchen!
Denken wir an unser Universum und die Erde, wissen wir, dass diese als Erdkugel um die Sonne kreist. Um uns herum befinden sich Planeten, die Milchstraße, Sterne und unendliche Weiten des Unbekannten. Blickten die Wikinger in den Himmel, was sahen sie wohl?
Zunächst einmal glaubten diese daran, dass die Welt, in der wir und alle anderen Schöpfungen leben, Teil eines unendlich großen Baumes ist. Dieser Baum ist eine Esche, mit dunkelgrünen, eiförmigen Blättern, deren Ränder gesägt sind.
Diese Esche umspannt die ganze Welt; ihre Wurzeln dringen tief in die Erde, ihre Äste ragen hoch in den Himmel. Sie wird auch als Weltenesche bezeichnet und ihr Name ist Yggdrasil. Diese Esche ist der Weltenbaum, das Zuhause aller Schöpfungen, die der Götter, der Riesen, der Elfen, der Zwerge und der Menschen.
Yggdrasil hat drei starke Wurzeln, an deren Ende jeweils eine Quelle entspringt:
Die Quelle der ersten Wurzel ist der Brunnen der Urd, auch Schicksalsbrunnen genannt. Dieser wird in der Snorri-Edda „Gylfagynning“ so beschrieben:
„Dies Wasser ist so heißig, dass alle Dinge, die in jene Quelle geraten, so heiß werden wie die Haut, die man Skjall nennt und die innen an der Eierschale sitzt.“
Auf dem Brunnen schwimmen zwei Schwäne, die Vater und Mutter aller Vögel sind. Von ihnen stammt jedes Lebewesen ab, das Gefieder trägt.
Der Urdbrunnen ist die Heimstätte der drei Nornen, den Schicksalsschwestern, die das Schicksal jedes Wesens, ob Mensch oder Gott, weben. Ihre Namen sind Urd, dasSchicksal, Verdandi, die Werdende, und Skuld, die Schuld oder das, was sein soll. Die Schicksalsschwestern beschreiben die Zeit in Form von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Von der Stunde der Geburt an bis zum Tod haben die Schicksalsschwestern den Faden des Schicksals in ihrer Hand.
Anders als die Walküren, die wir später näher kennenlernen werden, stehen die Nornen nicht im Dienste der Götter. Ganz im Gegenteil, selbst Odin kann sich seines ihm vorbestimmten Schicksals nicht entziehen. Es waren die Nornen, von denen er erfuhr, dass es sein Schicksal war, am Tag der Götterdämmerung Ragnarök durch den mächtigen Fenriswolf besiegt zu werden.
Die Nornen sind älter als die Götter selbst, sie lebten bereits vor Erschaffung der Weltenesche. Es hieß, sie kamen aus Riesenheim und mindestens die Norne Urd entstamme den Riesen. Ob sie Riesinnen, Göttinnen oder die Reinkarnation der Zeit sind, kann nicht genau gesagt werden.
Jeden Tag schöpfen die Nornen Wasser aus dem Urdbrunnen und begießen damit Yggdrasils Wurzeln, damit er auf ewig grün bleibt. Jeden Tag findet auch der Rat der Götter an dem Urdbrunnen statt.
Der Begriff „Norne“ leitet sich aus dem altgermanischen Wort „norhni“ ab. Es bedeutet Verknüpfung. Die Nornen sind daher Verknüpferinnen oder auch Schicksalsweberinnen.
Aus der zweiten Wurzel entspringt die Quelle des Brunnens der Weisheit, des Mim-Brunnens. Die zweite Wurzel ist verbunden mit Jötunheim, eine der neun Welten, die wir später genauer kennenlernen werden.
Der Wächter des Brunnens ist Mimir, „der, der sich erinnert“. Dieser trinkt jeden Tag aus der Quelle, um Weisheit und Weissagung zu erlangen. Odin besucht Mimir oft und bittet ihn um Rat. Als er selbst aus der Quelle trinken möchte, um Weisheit zu erlangen, wird ihm dies erlaubt – jedoch zu einem hohen Preis.
Odin opfert eines seiner Augen, um ebenfalls aus der Quelle trinken zu dürfen. Es wird gemutmaßt, dass Odin auf der Suche nach einer Möglichkeit war, seinem Schicksal und damit seinem vorbestimmten Tod durch den Fenrirwolf bei der Götterdämmerung zu entgehen.
Der dritten Wurzel entstammt die Quelle Hvergelmir, die alle Flüsse und Meere der Welt mit Wasser speist. Diese Quelle liegt an einer tiefen Wurzel von Yggdrasil und verkörpert das Urmeer, welches übertragen auch das Chaos bedeutet, dass auch allem Leben innewohnt.
Das Wort „Hverr“ entstammt dem Altnordischen und bedeutet „Kessel“ oder „heiße Quelle“. Das Gesamtwort lässt sich schwer übersetzen, es ist jedoch davon auszugehen, dass es so viel bedeutet wie „der brausende Kessel“.
An dieser Quelle finden sich zahlreiche Schlangen. In ihrer Mitte befindet sich der große Schlangendrache Nidhöggr, der mit pechschwarzen Schuppen, großen, ledrigen Flügeln und gelben Augen an den Wurzeln von Yggdrasil nagt. Dieser wird auch als Totendrache bezeichnet.
Durch das Nagen an der Wurzel schwächt Nidhöggr die Weltenesche. Wenn ihre Blätter nicht mehr saftig grün sind, sondern braun werden, ihre Wurzeln abgenagt und die Rinde morsch und rissig sind, wird die Götterschlacht Ragnarök geschlagen.
Dann umschlingt der Totendrache Nidhöggr alle Toten, die einen unehrenhaften Tod gestorben sind, in seine ledrigen Flügel und steigt mit ihnen hinab in die Unterweltgebirge.
Steigen wir aus den Tiefen der Wurzeln von Yggdrasil heraus und blicken wir auf die Baumkrone, die sich ins Unendliche in den Himmel streckt. In den oberen Ästen finden wir einen riesigen Adler. Sein Name ist nicht bekannt, er überblickt jedoch die ganze Welt und hat Kenntnis über alles, was vor sich geht.
Der Adler ohne Namen steht im Zwist mit dem Schlangendrachen Nidhöggr. Der Grund für den Streit ist schon längst in Vergessenheit geraten. Den Konflikt tragen diese aus, indem sie sich über das Eichhörnchen Ratatosch Nachrichten überbringen. Das Eichhörnchen flitzt die starken Wurzeln und Äste rauf und runter und übermittelt so Nachrichten und auch Argumente zwischen dem Adler und dem Schlangendrachen hin und her.
Weiter unten an den Trieben von Yggdrasil sehen wir vier Hirsche, die an den Rinden und Trieben nagen. Ihre Namen sind Dain, Dvalin, Dunegar und Dwalthor. Diese vier Hirsche könnten die vier Winde repräsentieren. Auch könnten sie für die vier Jahreszeiten stehen, die Spuren hinterlassen an allem Irdischen, so auch an der Weltenesche.
Kommen wir nun zu den neun Welten, die Yggdrasil beherbergt. Aufgezählt heißen diese:
Asgard – Königreich der Asen, Heimat der Götter
Vanaheim – Reich der Vanir
Alfheim – Reich der Lichtelfen
Midgard – Reich der Menschen
Jötunheim – Land der Eisriesen
Svartalfheim – Königreich der Zwerge
Nilfheim – Königreich von Eis und Nebel
Muspelheim – Königreich von Feuer und Chaos
Helheim – Reich der Toten
Versuchen wir, uns diese Welten vorzustellen, so bilden Asgard, Vanaheim und Alfheim paradiesische Orte und befinden sich in den Ästen von Yggdrasil.
Midgard, Jötunheim und Svartalheim sind irdische Welten, wie wir sie von unserer Erde kennen, und in der Mitte der Weltenesche zu finden.
Nilfheim, Muspelheim und Helheim sind Welten der Extreme und der Schatten und befinden sich zwischen den Wurzeln.
Beginnen wir unsere Reise in die neun Welten mit Asgard, dem Götterheim und Königreich des Göttergeschlechts der Asen. Es ist ein prunkvolles Reich mit hohen Gebäuden, die bis in den Himmel ragen. Das prunkvollste Bauwerk ist Odins Burg Gladsheim, die aus Gold und Edelsteinen gebaut ist.