NORDSEEKRIMI - Aenne Feddersen und die friessiche Wut: Küstenkrimi - Krinke Rehberg - E-Book

NORDSEEKRIMI - Aenne Feddersen und die friessiche Wut: Küstenkrimi E-Book

Krinke Rehberg

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Beschreibung

»Wut setzt das Böse im Menschen frei.« Rechtsanwältin Aenne Feddersen ermittelt mit zwanghaftem Scharfsinn und nordischem Charme dort, wo Gummistiefel und Fischbrötchen zum Kulturgut gehören. Der Mord an dem Pfarrer auf der Hallig Langeneß ruft Aenne als Pflichtverteidigerin auf den Plan. Ein Drogensüchtiger aus Hamburg wurde am Tatort aufgegriffen, hat aber Schwierigkeiten, sich zu dem Vorfall zu äußern. Die Spurensuche vor Ort konfrontiert Aenne mit der eingeschworenen Gemeinschaft der Halligbewohner, die seit Jahrhunderten alle Belange unter sich regeln. Frei nach dem Motto: Was auf der Hallig geschieht, bleibt auch auf der Hallig. Der plötzliche Tod des Mörders im Gefängnis führt Aenne auf die Spur eines perfiden Plans und perfekten Verbrechens.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Epilog
Erscheint am 25.12.2025
Leseprobe
Prolog
1
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DANKE

Krinke Rehberg

Aenne Feddersen

und die

friesische Wut

Dieser Kriminalroman ist frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen und/oder realen Handlungen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Für Sabine

Ohne sie wäre alles NIX!

ACH JA: NIEMAND IST PERFEKT!

Daher bitte ich, eventuelle Rechtschreibfehla zu entschuldigen ...; )

IMPRESSUM

© 2023 Krinke Rehberg

Alle Rechte an Cover/Logo/Text/Idee vorbehalten

ISBN: ISBN: 9798859340033

Imprint: Independently published

Krinke Rehberg c/o Tomkins, Am Wald 39, 24229 Strande

»Selig sind die Unwissenden.«

Prolog

Ausgerechnet im Moment des Todes wurde der Glaube von Pfarrer Julius Kleemann auf die Probe gestellt.

Niemals hatte er sich vorgestellt, durch einen Bauchschuss zu sterben.

Er war Pfarrer auf der kleinen Hallig Langeneß. Verbrechen und Schussverletzungen kamen hier nicht vor. Bis jetzt.

Er spürte das Leben langsam aus seinem Körper weichen. Was, wenn da nichts kam? Was, wenn Gott ihn nicht empfing?

Kleemann spürte Angst in sich aufsteigen. Hatte er sein Leben einem höheren Sinn untergeordnet, der gar nicht existierte?

In den letzten Augenblicken seines irdischen Daseins war er mit der elementarsten Frage der Menschheit konfrontiert: Gab es einen Gott? Oder war der Mensch lediglich das evolutionäre Ergebnis einer zufälligen Kohlen- und Wasserstoffverbindung vor Milliarden von Jahren?

Kleemann wunderte sich, dass der Schmerz erträglich war. Je mehr er darüber nachdachte, desto ruhiger wurde er. Jetzt, da sein Tod unmittelbar bevorstand, erkannte er die Wahrheit. Der Tod war die Erlösung. Und zwar nicht im religiösen Sinn, sondern ganz pragmatisch das Ende jeglicher Zweifel und Fragen.

Pfarrer Kleemann erkannte, dass die Frage, ob es ein Leben nach dem Tod gab, nicht mehr von Bedeutung war.

Entweder er würde von der Güte und Liebe des Herrn umarmt sein, oder im Himmel existierte lediglich das unendliche Universum mit seinen Galaxien und schwarzen Löchern. Ende, aus, vorbei. Diese Gedanken beruhigten ihn. Vorsichtig lehnte er sich an den Altar, faltete die Hände über der blutenden Bauchwunde und dachte an den morgigen Gottesdienst, der ausfallen würde. »Liebe Gemeinde, es tut mir leid, dass ich gestorben bin«, murmelte er.

Bevor sein Herz aufhörte zu schlagen, bat er ein letztes Mal um Vergebung.

1

»Ja, ich weiß, Captain auf der Brücke«, stöhnte Aenne und schlug die Augen auf. Wie jeden Morgen forderte der Kater seine Mahlzeit ein, indem er auf ihrem Brustkorb auf der Stelle trat. Sein Schnurren hörte sich an, als würde eine Motorsäge mit zu wenig Benzin vor sich hinstottern.

Captain Kirk war mittlerweile dreizehn Jahre alt. Ein tiefer Schnitt teilte das rechte Ohr in zwei Hälften. Er hatte die Verletzung von einer nächtlichen Rauferei davongetragen. Eines Morgens war sie aufgewacht und hatte das Blut auf ihrer Bettdecke sofort gesehen. Kirk hatte friedlich geschlafen, aber die Wunde war tief gewesen. Sie hatte ihn in die Transportbox verfrachtet und war zum Tierarzt gefahren. Mittlerweile schien er stolz auf diese Narbe zu sein, vielleicht brachte sie ihm den Respekt der anderen Katzen ein?

Aenne grinste in dem Wissen, dass sie ihren Kater vermenschlichte. Aber Captain Kirk war die einzige und letzte Verbindung zu Henning. Sie hatte neben ihm auf dem Beifahrersitz gesessen, als ein Aneurysma in seinem Kopf geplatzt war und er die Kontrolle über den Wagen verloren hatte. Er war tot gewesen, als sie aus dem Koma erwacht war. Noch am Unfallort verstorben, wie sie im Nachhinein erfahren hatte. Drei Tage nach seiner Beerdigung war sie aus dem Koma erwacht und alles war anders gewesen.

Aenne streichelte Kirks weiches Fell und schob ihn und ihre Gedanken beiseite. Sie stieg aus dem Bett und ging in die Küche, darauf bedacht, dem um ihre Beine streichenden und maunzenden Kater auszuweichen.

Sie öffnete eine Dose Nassfutter, füllte den Fressnapf und stellte ihn auf die Plastikmatte im Flur. Wie ein Verhungernder stürzte Kirk sich darauf und Aenne widmete sich der Zubereitung ihres eigenen Frühstücks. Drei Minuten später stand sie mit einem dampfenden Becher Milky-Olong-Tee vor dem bodentiefen Balkonfenster im Wohnzimmer und sah in den parkähnlichen Garten mit den vielen Gewächshäusern, in denen die unterschiedlichsten Tomatensorten gediehen. Eine der Türen stand offen und sie nahm die schemenhaften Umrisse ihrer Vermieterin, Lotte Hinrichs, im Inneren des Glashauses wahr. Aenne schluckte trocken. Diese Wohnung im ersten Stock der alten Stadtvilla in der Ludwig-Nissen-Straße war ihr Zuhause geworden. Sie hatte großes Glück gehabt, dass Lotte Hinrichs ihr nicht nur die wunderschöne Wohnung, sondern auch die Büroräume im Souterrain zu einem erschwinglichen Mietzins vermietet hatte. Die über Achtzigjährige versorgte sie zudem mit Tomaten und hatte Captain Kirk ins Herz geschlossen, alles wäre perfekt, wenn nur die Auftragslage besser wäre.

Seufzend resümierte Aenne ihre finanzielle Situation. Sie hatte keinen einzigen Klienten, die letzte Miete und die laufenden Lebenshaltungskosten hatte sie von ihrem Ersparten genommen. Es war ernüchternd, aber sie musste sich eingestehen, dass sie mit ihrer eigenen, kleinen Kanzlei gescheitert war. Das hehre Ziel, sich der Pflichtverteidigung mittelloser Straftäter zu widmen, konnte sie nicht länger verfolgen! Mit den vom Staat gezahlten Honorarsätzen war sie gerade eben hingekommen, aber seit mehreren Wochen war es wie verhext. Aenne dachte darüber nach, dass die Auftragslage im einhundertfünfzig Kilometer entfernten Hamburg sicher besser als in der nordfriesischen Kreisstadt Husum war, schüttelte dann aber vehement den Kopf. Niemals würde sie Nordfriesland verlassen. Allein die Vorstellung verursachte ihr Magenschmerzen.

Das Handyvibrieren riss sie aus ihren Gedanken. Sie sah auf das Display. Die Nummer des Landgerichts Flensburg, die Durchwahl von Richterin Thiele.

Aenne speicherte keine Kontakte in ihr Handy ein. Seit sie aus dem Koma erwacht war, hatte sie ein eidetisches Gedächtnis. Sie speicherte alles, was sie sah, unwillkürlich und unauslöschbar ab. »Moin, Rechtsanwältin Aenne Feddersen«, meldete sie sich.

»Richterin Thiele, Landgericht Flensburg. Frau Feddersen, ich ordne Ihnen ein Pflichtmandat bei.«

Aenne schwieg.

»Ihr Mandant sitzt in Untersuchungshaft in Flensburg. Es handelt sich um Alex Hüttner.« Aenne wusste, dass ein vom Gericht beigeordneter Pflichtverteidiger das Mandat nicht ablehnen konnte. Gleiches galt für den Mandanten. Dieser Anruf kam wie gerufen! »Worum handelt es sich?«

»Hüttner wird der Mord an dem Pfarrer auf Langeneß vorgeworfen. Vielleicht haben Sie davon gehört?«

»Ja, vorgestern wurde auf Langeneß der Pfarrer durch eine Schussverletzung tödlich verwundet«, erklärte Aenne kühl. »Ein Verdächtiger ist am Tatort aufgegriffen worden.« Sie überflog jeden Tag die Presseportale der Polizei in Schleswig-Holstein und hatte jede Meldung wortgetreu abgespeichert.

»Korrekt. Hüttner wurde bereits dem Haftrichter vorgeführt.«

Dass Richterin Thiele von dem Verdächtigen lediglich den Nachnamen nannte, erregte Aennes Unmut. Sie hatte diese Respektlosigkeit im Laufe der Jahre bei zahlreichen Mitarbeitern des Justizapparates festgestellt. »Ich werde Herrn Hüttner umgehend aufsuchen.«

»Gut, einen schönen Tag noch«, verabschiedete sich Richterin Thiele und legte auf.

Aenne mailte einen Antrag auf Akteneinsicht an das Landgericht und machte sich auf den Weg in die JVA nach Flensburg. Warum erschießt jemand einen Pfarrer? Mit dieser Frage steuerte sie ihren alten Volvo-Kombi aus Husum heraus. Es nieselte und Aenne musste den Scheibenwischerhebel immer wieder von Hand betätigen, da die Intervallfunktion kaputt war.

Sie parkte auf dem Gerichtsparkplatz und ging zu Fuß in den Südergraben 24, wo sich der rote Backsteinbau der Justizvollzugsanstalt befand. Die Flensburger nannten das Gebäude liebevoll Schloss Rotenstein. Aenne trat zu dem Pförtnerhäuschen und nickte dem Beamten zu. Sie kannte ihn, weil ihre Mandanten sich fast ausnahmslos hier in U-Haft befanden.

»Lange nicht gesehen, Frau Feddersen«, grüßte der Beamte sie und deutete auf die Latexhandschuhe, die sie trug. »Immer noch Angst vor Ansteckung? Kriminelles Verhalten ist nicht übertragbar, oder?« Er lachte selbstgefällig über seine originelle Bemerkung.

Aenne ignorierte ihn, ging in den Besuchertrakt und hörte jeden ihrer Schritte widerhallen. Es war 9:38 Uhr, alle Untersuchungshäftlinge befanden sich in den Zellen. Sie klopfte an die Tür des Anwaltssprechzimmers und ein Beamter öffnete die Tür. »Gut, dass Sie da sind, wir haben Anweisung, Ihren Besuch abzuwarten, bevor Hüttner verlegt wird.«

»Wohin?«

»In die Geschlossene nach Breklum«, erwiderte er achselzuckend. »Sie werden gleich selber sehen, weshalb.«

Für die Vollzugsbeamten waren die Häftlinge nur eine Nummer. Von den 66 Haftplätzen in der zweitkleinsten JVA in Schleswig-Holstein waren 49 für Untersuchungshäftlinge reserviert. Hier wurden keine typischen Wärter-Insassen-Beziehungen aufgebaut.

Aenne legte ihre Tasche auf den Tisch und stellte sich mit dem Rücken zur Wand. Die Tür wurde geöffnet und Alex Hüttner in Handschellen hereingeführt. Sein Blick wirkte gehetzt wie der eines Fuchses bei der Treibjagd. Seine langen Haare hingen strähnig vor dem Gesicht, sodass Aenne keinen Blickkontakt herstellen konnte. Der Beamte führte ihn zu einem Stuhl und drückte seine Schultern runter, damit er sich setzte. Völlig apathisch starrte Alex Hüttner zu Boden.

»Viel Spaß, aus dem ist nichts herauszukriegen«, grinste der Beamte und zuckte mit den Achseln.

Aenne taxierte ihren Mandanten. Sie wusste aus der Akte, dass er 24 Jahre alt war, aber sein verwahrlostes Äußeres ließ ihn weit älter erscheinen. Er atmete stoßweise durch den Mund und sie sah, dass ein Schneidezahn fehlte. Die Augenlider bedeckten die stark geröteten Augäpfel nur halb, aufgekratzte Aknepusteln auf der Stirn und am Kinn nässten und waren entzündet.

»Ist er in ärztlicher Behandlung?«, wandte sie sich an den Vollzugsbeamten.

»Ja, der Doktor hat eine Salbe gegen den Ausschlag aufgetragen. Ich bin vor der Tür, wenn Sie mich brauchen.« Damit verließ er das Zimmer. »Herr Hüttner, ich bin Aenne Feddersen. Das Gericht hat mich zu Ihrer Pflichtverteidigerin bestellt.«

Er schwieg und verharrte in Reglosigkeit. Nichts an ihm zeugte davon, dass er sie gehört hatte, kein Blinzeln oder Nicken, geschweige denn ein Blick.

»Können Sie mich verstehen, Herr Hüttner?«, fragte Aenne leise.

Es kam keine Reaktion.

»Nach Akteneinsicht werde ich einen Haftprüfungstermin beantragen«, erklärte sie, wusste aber, dass bei Mordverdacht keine Haftverschonung infrage kam. »Möchten Sie ein Glas Wasser?«

Er kratzte sich mit der rechten Hand am linken Handgelenk, erst langsam, dann immer schneller und heftiger. Aenne fielen die vernarbten Einstichstellen in seiner Armbeuge auf.

Plötzlich sah er sie direkt an. Seine wässrigen Augen starrten durch sie hindurch, das Licht der Neonröhre spiegelte sich in ihnen. Dann schlug er unvermittelt mit dem Kopf auf die Tischplatte.

»Es muss wehtun!«, wimmerte er und vergrub das Gesicht in den Händen, die von Handschellen zusammengehalten wurden.

Aenne zuckte erschrocken zurück. Dieses selbstverletzende Verhalten erklärte die Verlegung in die psychiatrische Klinik nach Breklum. »Verstehen Sie, was Ihnen vorgeworfen wird, Herr Hüttner?«

Er sah sie an, leckte einmal kurz mit Zunge über die Lippen und schüttelte langsam den Kopf. »Er hat nicht geantwortet«, flüsterte er.

Aenne beugte sich vor. »Auf welche Frage hat er nicht geantwortet?«

»Der liebe Gott beschützt uns nicht.« Die Betonung von liebe Gott war verächtlich und voller Sarkasmus, aber Aenne wusste nicht, ob Alex Hüttner einfach Selbstgespräche führte. Er wippte mit dem Oberkörper vor und zurück und starrte wieder an ihr vorbei.

»Kannten Sie Pfarrer Kleemann?«

Wieder schlug er mit voller Wucht die Stirn auf die Tischplatte und wimmerte: »Er wusste es nicht!«

2

Aenne trommelte mit den Fingern rhythmisch auf das große Plastiklenkrad des Volvos und wartete ungeduldig, dass Kommissarin Maike Jensen ans Telefon ging. Das Gespräch mit Alex Hüttner war wenig aufschlussreich gewesen.

»Bearbeitest du den Mordfall des Pfarrers auf Langeneß?«, fragte sie ohne Umschweife, als ihre Freundin das Gespräch annahm.

»Hallo Aenne, schön, deine Stimme zu hören«, entgegnete Maike trocken.

Aenne kannte Maike seit zwei Jahren. Sie war, neben ihrem Vater, die einzige Person, die von ihren Zwängen wusste. Es erstaunte Aenne immer wieder, dass diese fröhliche, selbstbewusste Frau ihre Freundin geworden war. Bei allem Pragmatismus war ihr durchaus bewusst, dass ihr Mangel an Empathie abschreckend wirkte, aber Maike wurde nicht müde, sie zu therapieren, wie sie es selbst nannte. Aenne lächelte sich im Rückspiegel an. Dank Maike hatte sie Fortschritte gemacht, in den letzten zwei Jahren mehr als in den elf Jahren zuvor! »Auch hallo, nun sag schon!«

»Ja, wieso?«

»Weil ich von Richterin Thiele als Pflichtverteidigerin für Alex Hüttner beigeordnet wurde.«

»Okay, wir haben Hüttner am Samstag verhaftet. Ich habe selten einen so klaren Fall erlebt.«

»Ich war gerade bei ihm in der U-Haft. Er hat nichts Sinnvolles von sich gegeben und wird heute noch nach Breklum verlegt.«

»Das passt in mein Bild. Beim Verhör war er kaum ansprechbar.« Maike berichtete von der widerstandslosen Verhaftung Hüttners.

»Hast du Zeit? Ich würde gern mit dir sprechen, bevor ich mich mit dem Fall auseinandersetze.« Aenne brauchte, um sich ein Bild zu machen, die Einschätzung von beteiligten Personen, in diesem Fall von Maike. Es half, sich der Gefühle anderer zu bedienen, um die eigene Unzulänglichkeit zu kompensieren.

»Klar, ich bin im Büro, wann?«

»Ich bin in einer halben Stunde da.«

»Aenne, seine Fingerabdrücke sind auf der Mordwaffe, Schmauchspuren an seinen Händen, er ist nicht bloß ein Verdächtiger.« Maike betonte das letzte Wort überdeutlich. »Er ist der Täter.«

Aenne beendete das Telefonat und fuhr auf der Bundesstraße 200 langsam hinter einem Trecker her.

Sie rief sich die Statistiken in Erinnerung. Die meisten Morde wurden von Partnern der Opfer verübt. Das Motiv war fast immer Eifersucht, Leidenschaft, Zorn oder Habgier.

Wenn Alex Hüttner tatsächlich den Pfarrer in der Kirche auf der kleinen Hallig erschossen hatte, dann war die Frage, ob es wirklich Mord gewesen war. Es war ein entscheidender Faktor für ein eventuelles Strafmaß. Mord im juristischen Sinne basierte auf drei Voraussetzungen: Mordlust, Heimtücke und Vorsatz.

Kurz hinter Haselund bog der Trecker in einen Feldweg ab und Aenne beschleunigte. Hinter ihr hatte sich eine lange Schlange gebildet.

Alex Hüttner hatte auf sie nicht den Eindruck eines klassischen Kirchgängers gemacht. Die Stellen in seinen Armbeugen zeugten von Heroinsucht, allerdings waren die Einstiche vernarbt, was bedeutete, dass er mittlerweile clean oder Patient eines medizinischen Ersatzdrogenprogramms war. Sie musste eventuelle Klinikaufenthalte und Vorstrafen in Erfahrung bringen.

Sie konzentrierte sich auf das Aufsagen von Primzahlen. Vor einigen Wochen hatte sie entdeckt, dass diese einfache Übung beruhigend auf sie wirkte. Sie wählte die Drei aus und begann bei eintausend. 1013, 1031, 1033, 1039, 1063, 1093, 1103, 1123, 1153, 1163, 1193 ...

Bei 32183 hatte sie die dritte Etage des Polizeipräsidiums in Husum erreicht und sah Maike, die mit einem Becher Kaffee über den Flur in Richtung ihres Büros ging.

»Auch einen?«, rief sie ihr entgegen und deutete auf den Becher.

Aenne schüttelte irritiert den Kopf. Was sollte die Frage? Maike wusste, dass sie niemals aus fremden Bechern oder Tassen trank. Sie folgte ihr ins Büro und verstand sofort, weshalb Maike gefragt hatte.

Ihre Freundin grinste selbstzufrieden und hielt einen Stapel eingeschweißter Einwegbecher hoch. »Hab ich für dich besorgt, die sind biologisch abbaubar!«, erklärte sie stolz.

Aenne nickte, nahm einen der Becher aus der Verpackung und schenkte sich Wasser ein. »Die Geste zählt«, prostete sie Maike zu. »Ich habe die Ermittlungsakten bereits beantragt, aber ich hätte gern deine Einschätzung.«

Maike zuckte mit den Schultern. »Ich kann auch nicht mehr sagen als im Bericht steht.«

»Warst du als Erste vor Ort?«

»Der Notruf ging um kurz nach 16 Uhr ein. Wir sind mit dem Polizeiboot rüber und dann mit dem Gemeindebus weiter zur Kirchwarft.«

Aenne kannte Langeneß. Mit dem Auto und der Fähre dauerte es fast drei Stunden von Husum, bis man dort war. Die Fähre von Schüttsiel fuhr nur zweimal täglich. Mit Henning war sie mit der Lore auf die kleine Hallig zwischen Pellworm und Föhr gefahren. Die schmalspurige Bahn war kein öffentliches Verkehrsmittel, aber jede Warft auf Langeneß und Oland hatte eine eigene Lore, meist abenteuerliche Gefährte ohne Dach und mit kleinen Benzinmotoren. »Und was habt ihr dort vorgefunden?«

»Der Pfarrer war bereits tot. Eine Krankenschwester hatte versucht, ihn zu reanimieren, aber der Bauchschuss war tödlich.«

Aenne wusste, dass ein Halligarzt lediglich wöchentlich für einen Tag auf die kleinen Inseln fuhr und Sprechstunde hielt. »Wie hast du die Situation vor Ort erlebt?«

»Auf Langeneß gibt es gut einhundert Einwohner, als wir eintrafen, waren die meisten von denen auf der Kirchwarft versammelt.«

»Der Tatort war also kontaminiert?«, hakte Aenne nach.

Maike nickte. »Jeder war gekommen, um zu helfen.« Sie schüttelte den Kopf bei der Erinnerung daran. »Die Krankenschwester hatte ihm die Augen zugedrückt, ein anderer hatte ein Bettlaken geholt, um den Pfarrer abzudecken, ein weiterer hatte die Pistole weggelegt.«

»Es gibt Fingerabdrücke von mehreren Personen auf der Tatwaffe?«

»Korrekt, zwei, aber für den zweiten existieren mehrere Zeugenaussagen, dass er die Waffe weggelegt hatte, offenbar aus Angst, dass der Täter erneut zur Pistole greift.«

Aenne sah Maike über einen imaginären Brillenrand hinweg an.

»Wir hatten alle Hände voll zu tun, die Menschen aus der Kirche zu bringen und den Tatort abzusichern. Die Spurensicherung war am nächsten Tag vor Ort.«

»Und die Kirche?«

»Haben wir versiegelt, Aenne, ich bin ja keine Anfängerin«, winkte Maike ab.

»Wo war Alex Hüttner die ganze Zeit über?«

»In der Kirche, er hockte an der Wand im Altarraum und war völlig weggetreten. Ich hatte den Eindruck, dass er den Anblick der Leiche nicht ertrug.«

Aenne nickte und Maike fuhr fort: »Ich habe ihn gefragt, ob er den Pfarrer erschossen hat. Hüttner hat das alles nicht wirklich registriert. Er stand ebenso unter Schock wie viele andere in der Kirche.«

»Hat er ein Geständnis abgelegt?«

Maike schüttelte den Kopf. »Er hat mehrfach gestammelt, der Pfarrer hätte nicht geantwortet, mehr nicht. Als ich ihn festgenommen und in den Gemeindebus verfrachtet hatte, sagte er laut und deutlich, dass Gott uns nicht beschützt.«

»Das hat er auch gerade bei meinem Besuch gesagt.«

Maike schluckte den Rest Kaffee hinunter und stellte den Becher auf ihren Schreibtisch.

Aenne wandte sich schaudernd ab. Maikes Unordnung stellte eine echte Herausforderung dar, aber sie beherrschte sich.

»Aenne, guck mal«, feixte ihre Freundin und balancierte den Kaffeebecher auf einem Aktenstapel aus.

»Du willst mich also ärgern?«, lachte Aenne. »Dein Chaos wird dich irgendwann einholen, das sollte dir klar sein!«

»Ach was, das Genie beherrscht das Chaos«, seufzte Maike theatralisch und fiel in das Lachen ein.

»Kannten Opfer und Täter sich?«, kam Aenne auf den Fall zurück.

»Wir haben bisher keine Verbindung gefunden, bis auf den Geburtsort.«

Aenne horchte auf.

»Buxtehude, beide sind dort geboren, allerdings liegen dreißig Jahre zwischen ihnen. Sie werden sich also kaum gekannt haben.«

»Vielleicht war der Pfarrer Lehrer oder Betreuer von Alex Hüttner?«

»Wir haben Pfarrer Julius Kleemanns Lebenslauf über die Kirchengemeinschaft erhalten. Er hatte Buxtehude verlassen, bevor Hüttner geboren wurde.«

»Es muss irgendeine Verbindung zwischen den beiden geben.«

Maike lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück. »Wir haben natürlich danach gesucht, aber nichts gefunden.«

Aenne nickte. Sie würde die Ermittlungsakte studieren. Einen Mord ohne ein Motiv gab es nicht. Ein tödlicher Unfall war auszuschließen. Alex Hüttner würde nicht mit einer Waffe in eine Kirche gehen, um den Pfarrer unbeabsichtigt aus nächster Nähe zu erschießen. »Eins noch«, sagte sie, als sie auf dem Weg hinaus war. »Hat Alex Hüttner bei der Vernehmung nach einem Anwalt gefragt?«

»Nein, er hat überhaupt nicht viel gesagt. Wir hatten den Eindruck, dass er unter Drogen stand, er konnte sich kaum auf den Beinen halten, als er abgeführt wurde.«

»Und?«

»Wurde beim Haftbefehl die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung erörtert?«

»Die Richterin hat ein medizinisches Gutachten angefordert, um das später zu entscheiden.« Maike nahm den Kaffeebecher von dem Stapel und reichte ihr die oberste Akte. »Das ist eine Kopie der Ermittlungsakte.«

Aenne nickte. »Hat er Ausweispapiere bei sich gehabt?«

»Nichts, aber seine Fingerabdrücke sind im System. Diverse Drogendelikte und einige Vergehen aus dem Jugendstrafrecht.«

Aenne wandte sich wortlos um und ging über den Flur zum Treppenhaus.

»Gern geschehen«, rief Maike ihr kopfschüttelnd hinterher.

Als Aenne die Treppe hinunterging, blätterte sie die Ermittlungsakte durch. Schon bei der zweiten Seite stutzte sie. Warum war Maike das nicht aufgefallen?

3

Als Aenne ihre Wohnungstür aufschloss, ging sie direkt ins Bad, steckte die getragene Kleidung in die Waschmaschine und stieg in die Dusche. Sie konnte nicht verstehen, weshalb die meisten Menschen duschten, bevor sie zur Arbeit gingen. Sich mit den Sachen, die sie in der JVA und bei dem Besuch im Präsidium angehabt hatte, in ihrer Wohnung zu bewegen und womöglich auf das Sofa zu setzen, war unvorstellbar. Es war notwendig, den Schmutz der Außenwelt abzuwaschen, um entspannen zu können. Unvermutet dachte sie an Maikes Schreibtisch. Konnte es sein, dass es in der Wohnung ihrer Freundin ähnlich aussah? Sie stellte die Armatur auf kalt und richtete den eisigen Strahl auf Arme, Beine und Brust. Das härtete ab und beugte einer Erkältung vor. Nach einem kleinen Snack suchte Aenne ihr Büro im Souterrain auf und ging konzentriert die Ermittlungsakte durch. Ihr Mandant hatte keinen festen Wohnsitz. Die letzte Meldeadresse stammte aus Hamburg Rothenburgsort. Die Eltern hatten sich vor acht Jahren scheiden lassen, der Vater war ins Ausland gegangen und die Mutter lebte in Stade.

Aenne wählte die angegebene Telefonnummer. Eine Mutter, deren Sohn des Mordes angeklagt wurde und in Untersuchungshaft saß, würde mit Sicherheit emotional reagieren. Aenne wusste, dass Trost oder Mitgefühl angebracht wären, und wappnete sich. Ein Telefonat war einfacher als ein persönliches Gespräch.

Bärbel Hüttner meldete sich bereits nach dem ersten Klingeln. »Herr Jäger?«

»Aenne Feddersen, Rechtsanwältin aus Husum. Guten Tag, Frau Hüttner.«

»Sind Sie eine Mitarbeiterin?«

Aenne verstand nicht sofort. »Wessen Mitarbeiterin?«

»Na, von Herrn Jäger. Ich erwarte seinen Rückruf.«

Aenne beschlich eine leise Ahnung, worauf das Gespräch hinauslief. »Ich bin die Rechtsanwältin Ihres Sohnes.«

»Ah, Gott sei Dank«, erwiderte sie beruhigt. »Das ging ja schnell. Wie geht es ihm, haben Sie ihn gesehen, wann kann ich ihn besuchen? Er ist kein Mörder, dafür lege ich meine Hand ins Feuer!«

Sie feuerte ihre Fragen ab wie eine Ballmaschine die Tennisbälle.

»Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Wann haben Sie Alex das letzte Mal gesehen oder gesprochen?« Aenne nutzte absichtlich den Vornamen ihres Mandanten und nicht die Bezeichnung Sohn oder Kind. Das schaffte Nähe und zeugte von Empathie.

»Wir hatten in den letzten zwei Jahren keinen Kontakt. Als er noch die Wohnung in Hamburg hatte, war ich regelmäßig da, habe geputzt, für ihn eingekauft und die notwendigen Arztbesuche mit ihm gemacht. Wissen Sie, mit seiner Drogensucht ist er ein anderer Mensch geworden. Ich wusste ja nicht, wo ich ihn suchen sollte, und dann erhielt ich gestern einen Anruf vom Gericht, dass er verhaftet wurde.« Frau Hüttner brach in Schluchzen aus und es dauerte einen Moment, bis sie weitersprechen konnte. »Wegen Mord an einem Pfarrer, stimmt das?«

Wieder hörte Aenne sie schniefen. »Ja, das Opfer war Pfarrer auf Langeneß. War Alex schon einmal auf der Hallig, vielleicht gemeinsam mit Ihnen?«

»Nein, nie.«

»Auf Langeneß gibt es eine kleine Kirche und nur einhundert Bewohner, kann es sein, dass ein Freund von Alex dort wohnt?«

»Nein, wir waren noch nie in Nordfriesland und schon gar nicht auf irgendwelchen Nordseeinseln, ich weiß nicht, was er da wollte, aber er ist ein guter Junge!«

Aenne bemerkte an ihren Antworten, dass sie noch nicht über die Einzelheiten zu den Vorwürfen gegen ihren Sohn informiert worden war.

»Leider sprechen die Indizien gegen ihn.«

»Was für Indizien?«

»Alex wurde neben dem toten Pfarrer gefunden, seine Fingerabdrücke sind auf der Tatwaffe und die Schmauchspuren an seinen Händen lassen den eindeutigen Schluss zu, dass er geschossen hat.«

»Der Pfarrer wurde erschossen?« Ihre Stimme überschlug sich. »Mit einer Pistole? Wieso sollte er jemanden erschießen? Nein, das kann nicht sein!«

Aenne ließ Frau Hüttner Zeit, sich zu fangen. »Sagt Ihnen der Name Julius Kleemann etwas?«

»Nein, ist das der Name des Pfarrers, also gewesen? Da müssen Sie Alex fragen, mir sagt der Name nichts.«

»Ja, das habe ich bereits getan, aber Ihr Sohn ist geistig verwirrt, er wird heute in die Psychiatrie verlegt. Es ist wichtig für seine Verteidigung, soviel wie möglich ...«

»Moment!«, unterbrach Frau Hüttner sie. »Sie waren schon bei Alex im Gefängnis? Ich habe doch erst vor einer halben Stunde mit Ihrer Kanzlei telefoniert!«

Aenne hatte ihr bewusst die Umstände ihrer Mandantschaft verschwiegen, jetzt musste sie sich erklären. »Ich arbeite nicht mit Herrn Jäger zusammen.«

»Sind Sie etwa von der Presse?«, rief Bärbel Hüttner aufgebracht.

»Nein, ich bin die vom Landgericht bestellte Pflichtverteidigerin Ihres Sohnes«, beruhigte Aenne sie. »Ihr Sohn hat auf Anfragen keinen Rechtsbeistand gewünscht, deshalb wurde ich vom Gericht mit seiner Verteidigung beauftragt.«

»Ich will Herrn Jäger! Er ist der beste Strafverteidiger in Hamburg, darüber habe ich mich erkundigt. Mit Ihnen rede ich nicht!«

Aenne klärte sie auf: »Die Entscheidung ist getroffen, Frau Hüttner. Wenn ein Verteidiger vom Gericht bestellt wurde, kann weder der Mandant noch der Anwalt, in diesem Fall ich, vom Mandat zurücktreten.«

»Das ist doch Blödsinn, das denken Sie sich gerade aus!«, empörte sie sich.

»Nein, Frau Hüttner, nach § 141 ist jedem Beschuldigten spätestens in der Untersuchungshaft ein Pflichtverteidiger beizuordnen. Ihr Sohn Alex hat niemanden benannt, also hat das Gericht mich bestellt.«

»Ich werde mich selbst darum kümmern!« Damit legte sie auf.

Aenne sah in den Garten. Es war kein guter Start gewesen, aber Frau Hüttner würde bei ihren Erkundigungen feststellen, dass die Entscheidung des Gerichts unumstößlich war.

Captain Kirk tauchte vor der Terrassentür auf und forderte maunzend, hineingelassen zu werden. Aenne öffnete die Glastür und sofort sprang er an ihr vorbei auf den Besuchersessel. Sekunden später vernahm sie sein leises Schnarchen und lächelte. Dieser Kater schaffte es, in ihr ein Gefühl von Geborgenheit zu wecken.

Sie widmete sich wieder der Ermittlungsakte und fand einige Anhaltspunkte, an denen sie ansetzen würde. Die zeitliche Verzögerung zwischen Tatzeitpunkt und Eintreffen der Polizei war Grund genug, die Spuren anzweifeln. Eine prompte Tatortsicherung war nicht erfolgt, es hatte keine Absperrung oder Versiegelung der Zugänge zum Tatort gegeben, zahlreiche Personen hatten die Spuren verwischt, sowohl die Mordwaffe als auch das Opfer waren berührt worden.

Aenne konzentrierte sich auf den Bericht über die gesicherten Spuren an Alex Hüttner. Sie hatte es sofort registriert, als sie beim Verlassen des Präsidiums einen Blick darauf geworfen hatte. Er war mit Jeans, T-Shirt und Turnschuhen bekleidet gewesen. Das passte nicht zu dem Wetterbericht von Langeneß für den Tag der Tat. Die Höchsttemperatur hatte lediglich 11 Grad betragen und es hatte durchgehend geregnet, zudem war es windig gewesen, 4 Beaufort aus Nordwest. Zudem stellte sich die Frage, wie Alex Hüttner an die Waffe gekommen war. Aenne rief sich den Ballistikbefund vor Augen. Es handelte sich um eine Glock 17, Kaliber 9 Millimeter. Es war eine insbesondere von Polizei und Bundeswehr genutzte Waffe, aber auch international weit verbreitet. Die Seriennummer war herausgefeilt worden und die Ballistikexperten im Labor hatten einen exzellenten Pflegezustand bescheinigt.

Die an der Pistole sichergestellten Fingerabdrücke konnten zwei Personen zugeordnet werden: Alex Hüttner und Falk Klanxen. Er hatte in seiner Aussage erklärt, die Waffe aufgehoben zu haben, um sie außer Reichweite des Täters zu bringen. Mehrere Personen hatten diese Aussage bezeugt.

Aenne fragte sich, warum jemand eine Mordwaffe in die Hand nahm. Wäre es nicht viel naheliegender, den vermeintlichen Täter von Opfer und Tatwaffe wegzuführen, insbesondere bei so vielen anwesenden Personen? Andererseits musste es für die Bewohner ein Schock gewesen sein, ihren Pfarrer ermordet in ihrer Kirche gesehen zu haben, überlegte sie nachdenklich. Es war ein Unterschied, einen Krimi im Fernsehen zu verfolgen oder sich an einem realen Tatort mit einer Leiche zu befinden.

Sie beschloss, sich auf Langeneß ein eigenes Bild zu machen und mit den Zeugen, die als Erstes am Tatort gewesen waren, zu sprechen.

Es war 15:06 Uhr, als ihr Handy vibrierte. Auf dem Display war eine ihr unbekannte Nummer mit Hamburger Vorwahl.

»Rechtsanwältin Aenne Fedderesen«, meldete sie sich.

---ENDE DER LESEPROBE---