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Verliebe dich nicht in deinen Stalker, es steht mehr auf dem Spiel als nur dein Herz! Band 2 der gehypten Dark-Romance-Dilogie endlich auf Deutsch!
Seit der attraktive Anwalt Hayden in Calistas Leben getreten ist und sie sich verliebt haben, schöpft die junge Frau endlich neue Hoffnung. Bis sie in seiner Wohnung eine erschütternde Entdeckung macht: Sie findet ihre Perlenkette, die bei einem Einbruch gestohlen worden war. Calista fragt sich, wem sie noch trauen kann. Wer ist Hayden wirklich? Er hingegen will um jeden Preis verhindern, dass sie vor ihm flieht – und dass sie die Wahrheit über den Tod ihres Vaters erfährt. Denn wie soll Hayden sie dann davon überzeugen, dass die größte Gefahr trotz allem außerhalb seiner Wohnung lauert?
Touch her and die: Stalker Romance at its best!
Das »Possessing Her«-Duett endlich auf Deutsch – fesselnd, bedrohlich und verboten sexy!
Band 1: Once You're Mine
Band 2: Now You're Mine
Bei diesem Buch handelt es sich um Dark Romance mit einer Leseempfehlung ab 18 Jahren. Im Buch sind Triggerwarnungen enthalten.
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Seitenzahl: 285
Veröffentlichungsjahr: 2025
Buch
Seit der attraktive Anwalt Hayden in Calistas Leben getreten ist und sie sich verliebt haben, schöpft die junge Frau endlich neue Hoffnung. Bis sie in seiner Wohnung eine erschütternde Entdeckung macht: Sie findet ihre Perlenkette, die bei einem Einbruch gestohlen worden war. Calista fragt sich, wem sie noch trauen kann. Wer ist Hayden wirklich? Er hingegen will um jeden Preis verhindern, dass sie vor ihm flieht – und dass sie die Wahrheit über den Tod ihres Vaters erfährt. Denn wie soll Hayden sie dann davon überzeugen, dass die größte Gefahr trotz allem außerhalb seiner Wohnung lauert?
Autorin
Morgan Bridges ist eine erfolgreiche Dark-Romance-Autorin mit einer Vorliebe für Antihelden, schön geschriebene Worte und heiße Schlafzimmerszenen zum Rotwerden. Sie beschreibt Heldinnen, die sie so sehr inspirieren, dass sie am liebsten deren Platz einnehmen würde – zumindest in ihrer Fantasie. »Possessing Her« ist die erste Reihe der einstigen Selfpublisherin, die online viral gegangen ist und nun endlich auf Deutsch erscheint. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Dallas, Texas.
Das »Possessing Her«-Duett bei Blanvalet:
Band 1: Once You’re Mine
Band 2: Now You’re Mine
MORGAN BRIDGES
Roman
Deutsch von Leena Flegler
Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel »Now You’re Mine«.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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Copyright der Originalausgabe © 2023 Building Bridges Publishing
Published by Arrangement with Podium Publishing Subco, LLC, El Segundo, CA 90245 USA
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2025 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Redaktion: Susann Rehlein
Umschlaggestaltung und -design: © www.buerosued.de, nach einem Entwurf von und unter Verwendung von Bildmaterial von Silviya / Dark Imaginarium Art
Vignette: Adobe Stock/Illustrator hasan
JS · Herstellung: DiMo
Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg
ISBN 978-3-641-33100-9V001
www.blanvalet.de
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findest du am Ende des Buchs eine Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch. Wir wünschen allen das bestmögliche Leseerlebnis.Morgan Bridges und der Blanvalet Verlag
Für alle, die es dirty wollen – bitte sehr.
Ich kann das nicht.
Dass Hayden mich derart hintergangen hat, tut so weh, dass mein ganzer Körper zittert und die Perlen in meiner Hand aneinanderklacken. Das zarte Geräusch schwillt zu einem Trommelwirbel an. Oder macht mein Herz solchen Lärm? Ich hätte schwören können, dass es aufgehört hat zu schlagen, als er das Penthouse betreten hat.
Und aussah, als wollte er mich an sich ziehen.
Ich mache einen tiefen Atemzug und recke das Kinn. Wenn ich ihn jetzt nicht darauf anspreche, dann wohl nie.
»Wo hast du die her, Hayden?« Meine Stimme ist immer noch zittrig, doch meine Entschlossenheit ist unerschütterlich. »Ich muss es wissen.«
Er hält meinem Blick stand, und die Distanziertheit in seinen Augen macht mich krank. »Du weißt es doch längst.«
Ich schüttele den Kopf. »Nein. Ich habe einen Verdacht, aber ich brauche die Bestätigung.«
»Was soll ich jetzt sagen, Calista?«
Ich zucke zusammen, als er mich mit meinem vollen Namen anspricht. Eilig bringe ich meine Gesichtszüge unter Kontrolle und lasse die um die Perlen geballte Faust sinken. »Die Wahrheit. Das ist alles, was ich noch von dir will.«
»Anscheinend weißt du nicht, was du willst.« Er senkt den Blick. »Aber das spielt erst mal gar keine Rolle. Meine Priorität ist jetzt herauszufinden, wer hinter dem Angriff auf dich steckt.«
Binnen eines Wimpernschlags schlägt mein Schmerz in Zorn um. »Was?«
Hayden sieht mich mit all seiner Intensität unablässig und ohne zu zwinkern an, bis ich die Schultern hochziehe und kurz davor bin, mich abzuwenden. Fast wünschte ich mir, ich hätte ihn nie auf seinen Verrat angesprochen.
»Egal.« Er kneift sich in die Nasenwurzel. »Dass du in Sicherheit bist, ist das Einzige, was zählt.«
»Wie kann ich in Sicherheit sein, wenn du derjenige bist, der mich gestalkt hat!«
»Ob du es glaubst oder nicht: Ich hab das getan, um dich zu beschützen.«
Ich schnaube. »Vor allem hast du mir eine Scheißangst eingejagt!«
»Ausdrucksweise, Cal…«
»Scheiß auf die Ausdrucksweise und scheiß auf deine ausweichenden Antworten!« Nur ein Dezibel mehr, und ich würde kreischen. »Erklär mir, wie jemand bei mir zu Hause einbrechen, meine Sachen stehlen und dann die Frechheit besitzen kann zu behaupten, das alles wäre zu meinem Besten gewesen!«
Haydens Blick flattert, und dann packt er mich bei den Schultern und zieht mich an sich. »Siehst du nicht, wie verletzlich du damals warst, als du nachts durch die Straßen gegangen bist? Weißt du überhaupt, was hätte passieren können, wenn ich nicht da gewesen wäre, um auf dich aufzupassen? Oder ist das eine Wahrheit, die du lieber nicht hören willst?«
Ich stemme mich gegen seine Brust, was ebenso effektiv ist, als wenn ich einen Berg hätte verschieben wollen. Ich lasse die Arme sinken, habe die Faust immer noch um die Perlen geballt. »Ich musste arbeiten und irgendwie von der Arbeit nach Hause kommen. Hier von deinem feinen Penthouse aus ist es bestimmt leicht, so was abzuurteilen! Sag, was du willst, aber ich glaube dir keine Sekunde, dass es hier nur um meine Sicherheit geht.«
Er neigt den Kopf, bis unsere Gesichter nur mehr Zentimeter voneinander entfernt sind und unser Atem sich vermischt. »Ich wollte dich ficken«, sagt er mit seiner tiefen, gutturalen Stimme. »Ich wollte dich mehr, als ich je eine Frau gewollt habe. Ich bin bei dir eingebrochen und hab deine Kette gestohlen, um zu verhindern, dass ich stattdessen über dich herfalle. Ja, ich wollte, dass du in Sicherheit bist – aber auch sicher vor mir und vor allem, was ich dir gern angetan hätte.«
»Und jetzt, da du mich gefickt hast? Ist deine Besessenheit hoffentlich verflogen?«
Er lacht teuflisch, und ein Schauder rieselt über meine Haut. »O nein, mein Vögelchen. Meine Besessenheit von dir ist schlimmer denn je.«
Seine Worte sorgen dafür, dass mein Herz einen Gang höher schaltet. Die Vorstellung, dass Hayden auf mich aufgepasst hat wie ein gemeingefährlicher, gestörter Bodyguard, sorgt dafür, dass ich die Zähne zusammenbeiße und um Luft ringe. Ich bin zu nichts anderem mehr imstande, als mich vollkommen überrumpelt zu fühlen.
Von Haydens Leidenschaft.
Und von meiner Angst.
Ich glaube nicht, dass er mich körperlich verletzen würde. Was mich viel mehr ängstigt, sind die Tiefe und die Intensität seiner Besessenheit. Kann ich diese Seite von ihm akzeptieren? Will ich das?
»Hättest du es mir irgendwann erzählt?«, flüstere ich.
»Nein.«
Seine aufrichtige Antwort ist ein Schlag ins Gesicht, und ich weiche zurück, obwohl er mich immer noch festhält. »Wie kann ich dir vertrauen, wenn ich weiß, dass du mich belügen wirst?«
»Ich werde lügen, betrügen, stehlen und töten, wenn es nötig ist, um dich an mich zu binden. Du bist alles, was mir auf der Welt wichtig ist.«
»Selbst wenn ich dich dafür hassen würde?«
Er verzieht schmerzlich das Gesicht. »Du kannst mich für den Moment hassen, aber nicht für immer.«
»Das liegt nicht in deiner Hand, Hayden.«
»Das stimmt«, presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber alles andere. Alles andere kann ich kontrollieren.«
Ich schlage den Blick nieder, weil ich nicht will, dass er die Qualen in meinen Augen sieht. Dieser Mann hat schon einmal gesagt, dass er mich besitzen will, und damals bin ich vor ihm geflohen. Schaffe ich es ein weiteres Mal? Und spielt das überhaupt eine Rolle, wenn meine Chancen ohnehin minimal sind und ein Teil von mir gar nicht erst fliehen will?
Ich habe nie verstanden, wie man jemanden gleichzeitig lieben und hassen kann – aber Hayden hat mir eine Lektion erteilt.
»Lass mich los«, sage ich ruhig, obwohl in mir Chaos herrscht.
Er legt seinen Zeigefinger unter mein Kinn, um meinen Kopf anzuheben. »Niemals.«
Ich starre zu ihm hoch und gebe mir keine Mühe mehr, meine Wut zu verhehlen. »Ich will gerade nicht, dass du mich anfasst.«
Ich reiße mich von ihm los, doch sein Griff ist zu fest, was mich nur umso mehr frustriert. In einem letzten verzweifelten Versuch, mich zu befreien, schleudere ich die Perlen nach ihm. Die schillernden Kugeln treffen ihn im Gesicht und auf der Brust, prallen ab und fallen klackend zu Boden.
Er lässt mich los. Ich presse die Lippen zusammen, kann nicht glauben, dass das gerade funktioniert hat. Ohne seine Hände an mir kann ich plötzlich wieder klar denken und diese vertrackte Situation besser überblicken.
»Hayden. Du bist mir wichtig. Mehr, als ich gerade zugeben will.« Als er missbilligend die Braue hochzieht, befällt mich eine seltsame Angst, und ich muss mich zwingen weiterzusprechen. »Aber du musst auch meinen Standpunkt nachvollziehen: Wie würde es dir gefallen, wenn irgendwer dein Vertrauen missbraucht und in deine Privatsphäre eindringt?«
»Es geht doch um den Grund! Wenn eine Mutter jemanden umbringt, der ihr Kind umgebracht hat, würdest du sie dafür verurteilen?«
Ich schüttele den Kopf. »Das ist etwas anderes. Weil sie nicht die Person verletzt hat, die sie liebt. Ob du das nun einsiehst oder nicht: Du hast mich mit deiner Vorgehensweise verletzt. Ich brauche Zeit, um …«
»Um was?«, hakt er barsch nach.
»Um mir Gedanken zu machen, ob ich darüber hinwegsehen kann.«
Hayden sieht mich höhnisch an, und die Herablassung in seinem Blick jagt mir eine Gänsehaut über die Arme. »Und wenn nicht?«
»Ich … weiß es nicht.«
»Nur damit eins klar ist, Miss Green: Mich zu verlassen ist keine Option.« Er beugt sich vor und kommt mit dem Mund ganz nah an mein Ohr heran. »Du kannst fliehen, aber ich werde dich immer und überall aufspüren.«
Ich mache einen Schritt von ihm weg, und er richtet sich auf, verfolgt jede meiner Bewegungen mit dem Blick, als ich die Arme verschränke – was bloß ein Versuch ist, eine Barriere zwischen uns zu errichten. Aber ich brauche gerade Abstand von ihm, auf jegliche Art, die mir offensteht.
»Du kannst mich aufspüren, ja«, sage ich und tippe mir an die Stirn. »Aber das hier? Hierhin kannst du mir niemals folgen, ganz egal, was du tust.«
Er runzelt die Stirn, und seine Selbstgefälligkeit scheint zu bröckeln. In seinen blauen Blick schleicht sich Verunsicherung und noch etwas anderes, was ich an ihm bislang nicht kenne: Angst. Sie zu sehen berührt mich, reißt die Fassade der Selbstsicherheit ein, die ich verzweifelt versuche aufrechtzuerhalten.
»Hayden.« Ich habe Schwierigkeiten, meine Stimme stabil zu halten. »Es gibt nichts mehr zu besprechen. Wir stecken in einer Pattsituation.«
Er rührt sich nicht, nicht mal, um mir zu signalisieren, dass er verstanden hat, was ich gerade gesagt habe. Vielleicht will er mir damit auch nur demonstrieren, dass er anderer Ansicht ist.
»Ich gehe schlafen«, sage ich.
»Aber du hast doch noch gar nichts gegessen.«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich kann nicht essen, wenn ich so sauer bin.«
»Sauer« ist womöglich die Untertreibung des Jahres. Mir schwirrt derart der Kopf, dass ich gar nicht wüsste, wie ich kauen und schlucken sollte, ohne zu ersticken. Und so, wie meine Gedanken gerade kreisen, bezweifle ich auch, dass ich heute Nacht auch nur eine Sekunde lang schlafen kann.
»Du isst etwas – und wenn ich dich füttern muss«, sagt er, und sein Tonfall lässt keinen Widerspruch zu. »Jetzt gehst du entweder von selbst in die Küche, oder ich trage dich dorthin. Und dann wird gegessen.«
Empört recke ich das Kinn und schnaube. »Von mir aus.«
Ich warte gar nicht erst auf ihn. Mit jedem Schritt vor ihm her versinken meine nackten Füße im weichen Teppich, dann betrete ich den kühlen Fliesenboden der Küche. Der jähe Temperaturunterschied an meinen Sohlen beschert mir eine Gänsehaut, allerdings auch nicht viel mehr als der Mann, der raubtierhaft hinter mir herpirscht. Ich kann ihn nicht mal hören. Aber ich spüre ihn.
Ich spüre ihn immer.
»Möchtest du heute Abend etwas Besonderes essen?«, fragt er mich.
Ich starre ihn fassungslos an. Dann schüttele ich den Kopf. »Mir egal, was es gibt. Es wird mir sowieso nicht schmecken.«
»Miss Green, dir wird alles schmecken, womit ich diesen schönen Mund beglücke.« Als ich die Lippen zusammenpresse, grinst er mich hinterhältig an. »Setz dich.«
Ich verschränke die Arme und sehe ihn durchdringend an. Sein Blick verengt sich.
»Setz. Dich. Hin.«
Ich halte seinem Blick stand und beschwöre mich, stark zu bleiben. Jetzt einzuknicken, ist keine Option. Zu kuschen ebenso wenig. Nicht vor diesem Mann, der mich auf mehr Arten, als ich zugeben will, in Besitz genommen hat.
Von einem Moment zum anderen stürzt er sich auf mich – zu schnell, als dass mein Gehirn noch reagieren könnte. Ich schreie auf, als ich seine Hände an meiner Taille spüre. Er hebt mich auf die Kücheninsel, und seine Finger bohren sich in meine Jeans. Als ich mich umgezogen habe, waren mir Jeans und eine schlichte Bluse unendlich viel lieber als Haydens Jacke. Sobald ich die Perlen in der Tasche gefunden hatte, konnte ich die Jacke gar nicht schnell genug loswerden.
Als ich zu ihm hochsehe, bin ich schlagartig nicht mehr imstande, meine Atmung zu kontrollieren. Erregung hat mich gepackt. Meine Brust hebt und senkt sich, und sein Blick bleibt am Ansatz meiner Brüste hängen. Ich muss dem Impuls widerstehen, meine Bluse weiter zuzuknöpfen.
»Meine Augen sind hier.«
Sein Mundwinkel zuckt. »Ich werde mich nicht bei dir entschuldigen.«
»Sondern?«
»Ich werde sicherstellen, dass du bleibst, wo du bist.«
Ich lache auf. »Ich will doch gar nicht weg.«
»Gut zu hören, dass du das Unausweichliche akzeptierst«, sagt er. »Immerhin gehörst du jetzt mir.«
Haydens Aussage fühlt sich wie eine Fessel an, die seidig ist und nichtsdestotrotz fest.
Er sieht mich noch einen Moment lang an, als wollte er mir dringend davon abraten, jetzt von der Kücheninsel zu springen. Doch eine weitere Lektion kann er sich sparen.
Er schlendert zum Kühlschrank und nimmt ein Tablett mit Obst, Käse und Crackern heraus. Die Farben sind eindeutig zu bunt für die angespannte Atmosphäre. Genau wie das Schwarz-Weiß der Einrichtung um uns herum sind Hayden und ich wandelnde Gegensätze: Während er dominant und ernst ist, bin ich zugewandt und sanftmütig.
In einer perfekten Welt würden wir einander ergänzen.
In einer verqueren Welt werden wir einander vernichten.
Er stellt das Tablett neben mir ab, und ich sehe teilnahmslos darauf hinab. Ich habe nicht gelogen, als ich gesagt habe, dass ich bei Stress nichts essen kann. Seit mein Vater gestorben ist und angesichts meiner aktuellen finanziellen Lage bin ich dünner denn je. Was man nicht glauben sollte, so wie Hayden mich gerade anstarrt.
Er nimmt einen Cracker, legt ein Stück Käse darauf und hält ihn mir hin. Ich schüttele den Kopf. Wenn man mal davon absieht, dass er ein Lügner und ein Arschloch ist, dann ist alles, was er tut, sexy. Den Teufel werde ich tun und mich von ihm mit einem verdammten Stück Käse verführen lassen. Und ich werde auch sonst nichts von ihm annehmen, was sich für mich nach Kapitulation anfühlen würde.
»Ich kann das selbst.«
»Ich weiß.«
»Hayden …«
»Entweder das«, sagt er und hebt den Cracker an, »oder mein Schwanz. Du entscheidest.«
Mir klappt die Kinnlade runter. Er nutzt die Gelegenheit und schiebt mir den Cracker in den Mund. Obwohl ich ihm einen vernichtenden Blick zuwerfe, kaue ich und muss insgeheim zugeben, dass der würzige Käse gut schmeckt.
»Gutes Mädchen«, murmelt er.
Ich schlucke und reiße die Augen auf. Hayden nimmt sich eine Erdbeere und beißt hinein, lässt mich dabei aber nicht aus den Augen. Der süße Fruchtsaft tropft an seinen Fingern hinab, und schlagartig wird mein Mund trocken, als ich mich daran erinnere, was er mit diesen Fingern getan hat.
»Meine Augen sind hier«, sagt er amüsiert.
Ich erstarre, weil er mich beim Gaffen ertappt hat, und wende den Blick ab. Sofort legt er mir einen Finger unters Kinn und manövriert mein Gesicht in seine Richtung.
»Mund auf«, sagt er, und als ich den Mund öffne, ziehen sich seine Pupillen zusammen. »Gutes Mädchen.«
Auf sein Lob hin steigt Hitze in mir auf. Die Wut vermischt sich zusehends mit Erregung. Ich presse die Schenkel zusammen und konzentriere mich auf alles, nur nicht auf diesen Mann, der vor mir steht. Doch mit jeder Berührung und jedem Wort erobert er sich meine Aufmerksamkeit zurück.
Ich nötige mich, still zu sitzen, bis ich diverse Happen geschluckt habe, und dann rutsche ich, bevor Hayden es verhindern kann, von der Kücheninsel.
»Ich bin satt.«
Er legt ein Stück Ananas beiseite und greift zu einer Serviette, um sich die Finger abzuwischen. »Dann gehst du jetzt ins Bett.«
»Aber nicht mit dir.«
Sein Kopf zuckt hoch. »Sag das noch mal.«
»Nein.«
Sein Blick flackert vergnügt. »Dacht ich’s mir doch.«
»Ich meine es ernst. Ich brauche Zeit, um nachzudenken.«
»Kannst du gern machen. In meinem Bett. Neben mir.«
Ich bin drauf und dran, aufzustampfen wie ein störrisches Kind. »Du hörst mir nicht zu!«
»Natürlich höre ich dir zu. Ich lehne deinen Vorschlag nur ab.«
»Das war kein Vorschlag und auch keine Bitte oder irgendwas, was verdammt noch mal deine Zustimmung bräuchte!«
»Ausdrucksweise, Miss Green!«
Ich stoße einen aufrichtig wütenden Schrei aus. Er hallt von den Wänden und dem Mobiliar wider und klingt an meinen eigenen Trommelfellen derart durchdringend, dass ich wieder aufhöre. Als ich die Lippen zusammenpresse, neigt Hayden den Kopf.
»Besser?« Er klingt tadelnd und ungerührt.
»Ehrlich gesagt nicht.«
»Komm her.«
Und auch das ist keine Bitte.
Ich sehe ihn misstrauisch an. »Warum?«
»Du siehst erschöpft aus.«
»Ich hatte einen ziemlich aufregenden Tag.« Ich gebe mir nicht die geringste Mühe, den sarkastischen Unterton irgendwie zu verhehlen. »Wie oft findet man schon heraus, dass der Mann, mit dem man zusammenwohnt, sich als der eigene Stalker erweist?«
»Wie oft findet ein Mann eine Frau, für die er die Welt niederbrennen würde?«
Ich schlage seufzend den Blick nieder und schließe ganz kurz die Augen. Dass mein Herz einen Satz macht, ignoriere ich. »Hör auf. Das mit dir ist mir gerade zu viel.«
»Komm hierher, Callie.«
Diesmal ist sein Tonfall weich und sanft und tröstet meine verwundete Seele. Ich schlage die flachen Hände auf die Kücheninsel, um mich daran zu hindern, zu ihm zu gehen. Ich muss den Trost eines Monsters ausschlagen.
»Ich will jetzt allein sein«, entgegne ich mit leiser, wackliger Stimme. Jedes Mal, wenn ich Hayden etwas abschlage, geht ein weiterer Riss durch meine Rüstung. Wenn er dominant auftritt, dann kann ich die Löcher und Risse notdürftig flicken – aber bei seiner weicheren Seite?
Da bin ich vollkommen verloren.
»Bitte.« Ich bringe nur noch ein Wispern zustande, einen letzten Hauch Rebellion, die schwach und verzweifelt klingt.
Von der anderen Seite der Kücheninsel starrt Hayden mich an – körperlich nahe, doch emotional meilenweit von mir entfernt. Der Abgrund zwischen uns gleicht einer dritten Person, einer lauernden Präsenz, die sich in unsere Beziehung geschlichen hat oder vielmehr in das, was davon noch übrig ist.
Der schöne Mann vor mir schluckt trocken und atmet dann scharf aus. »Na dann.«
Ich frage gar nicht erst, was er damit meint. Stattdessen nutze ich die kurze Atempause, umrunde die Kücheninsel und marschiere auf das Gästezimmer zu, das sich ein paar Türen entfernt von Haydens Schlafzimmer befindet.
Meine Wirbelsäule kribbelt, und meine Sinne sind aufs Äußerste geschärft, als ich auf einen Hinweis lausche, dass er mir folgt. Als ich den Flur erreiche, bleibe ich stehen und werfe einen Blick über die Schulter.
Hayden steht immer noch in der Küche, wo er zuvor gestanden hat. Seine Silhouette flirrt regelrecht vor Anspannung, und er steht komplett reglos da, doch nicht das erregt meine Aufmerksamkeit. Er umklammert mit gesenktem Griff die Arbeitsplatte, und seine Haltung spricht von Niederlage und tiefer Verzweiflung.
Ich beiße mir in die Wange, um nicht nach ihm zu rufen. Oder noch schlimmer: zu ihm zurückzukehren. Hayden mag mir wichtig sein, aber die Sache zwischen uns kann nicht geklärt werden, solange er nicht erkennt, dass sein Verhalten mich zutiefst verletzt.
Ich muss all meine Willenskraft zusammennehmen, um mich wieder umzudrehen und den nächsten Schritt zu gehen. Doch sobald ich mich wieder in Bewegung gesetzt habe, werde ich schneller, bis ich das leere Zimmer betreten und die Tür hinter mir verriegelt habe.
Ein düsteres Lächeln zupft an meinen Mundwinkeln, als ich mich von innen gegen die Tür lehne. Er mag sauer sein, weil ich mich in diesem Zimmer verbarrikadiert habe, aber er hat mir keine andere Wahl gelassen. Ich brauche diesen Moment für mich allein.
Nicht, dass ich glauben würde, dass ein schlichter Schließmechanismus ihn abhalten würde, mir hinterherzukommen. In meiner Wohnung hat es schließlich auch nicht funktioniert.
Ächzend gleite ich nach unten, bleibe zusammengekauert dort hocken und lasse den Tränen freien Lauf.
Ich beweine mein geschundenes Herz.
Ich betrauere mein missbrauchtes Vertrauen.
Ich weine über meine düsteren Zukunftsaussichten.
Wie soll ich je über Haydens Lügen hinwegkommen? Ist das überhaupt möglich? Ich weiß es nicht. Meine angstvollen Schluchzer werden heftiger.
Wie kann eine einzige Person für so viel Leid sorgen?
Mein Rückgrat schlägt unter jedem neuerlichen Schluchzer leicht gegen die Tür und untermalt mein Elend mit einem Stakkato-Takt. Jedes Zittern, jede Träne ist eine Manifestation meines blutenden Herzens, das kaum mehr einen Schlag zustande bringt, obwohl ich doch eigentlich immer noch atme.
Ich kann Haydens Anwesenheit spüren, noch ehe ich ihn höre.
»Baby?«
Bei seinem Kosewort heult meine Seele auf. Ich beiße mir auf die Faust, bis ich den Geschmack von Blut auf der Zunge wahrnehme. Ich kann nicht zu ihm gehen, nicht, solange ich diejenige bin, die gerade um einen Rückzugsraum bittet. Doch seine Stimme zu hören, die Sorge darin … Ich bin wie ein Junkie, der den nächsten Schuss braucht, obwohl ich weiß, dass er mich zugrunde richten wird.
Die Stille ist angespannt und wird mit jeder Sekunde, in der ich nicht antworte, schwerer zu ertragen. Ich unterdrücke meine Schluchzer nicht, weil er vor der Tür steht, sondern um meiner selbst willen.
Ich will ihm keinen Grund liefern, die Tür zu zertrümmern – genau wie den letzten Rest meiner Würde.
Als seine Schritte sich entfernen, atme ich erleichtert auf. Womöglich habe ich gerade – keine zehn Zentimeter von ihm entfernt – die Luft angehalten, doch die Tränen sind weiter geflossen. Fast habe ich das Gefühl, sie werden für alle Zeiten weiterfließen, doch wie alles im Leben gehen auch sie irgendwann zur Neige.
Ich lege mich auf den Fußboden. Bequemlichkeit ist mir gerade egal, genau wie alles andere. Ich will nur noch die glückselige Ruhe spüren, die der Schlaf mit sich bringt. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf meinen Herzschlag statt auf den Mann am anderen Ende des Flurs. Nur dass mein Gehirn mir nicht gehorchen will. Ich mag zu Hayden gesagt haben, dass er niemals imstande sein wird, meinen Geist zu dominieren – aber das war gelogen.
Er folgt mir in meine Träume.
Und verwandelt sie in Albträume.
Dieser ganze Tag war ein einziges großes Scheißdesaster.
Ich klammere mich an die Arbeitsplatte, bis meine Arme zittern und meine Muskeln schmerzen. Frust und Schuldgefühle strömen wie geschmolzene Lava durch meine Adern, und nicht mal mehr eine Gewalttat würde mir noch Erlösung bringen.
Meine einzige Hoffnung auf Frieden und innere Ruhe ist eine Frau, die mich hasst.
Ich stoße mich von der Kücheninsel ab und will ins Wohnzimmer gehen. Meine Gedanken sind so ungeordnet wie die Perlen, die überall auf dem Boden liegen. Ich bücke mich, hebe sie auf und könnte mich ohrfeigen, dass ich sie nicht besser versteckt habe. Wenn ich nicht derart besessen davon gewesen wäre, Calistas Angreifer zu finden, hätte ich an die Perlen in meiner Tasche gedacht.
Ein paar Augenblicke später habe ich alle aufgehoben. Alle vierundsechzig. Ich hatte sie in jener Nacht gezählt, in der ich bei Calista eingebrochen bin. Ich hatte wissen wollen, wie oft ich mich selbst befriedigen müsste, ehe ich ihr alle zurückgegeben hätte. Wie sich herausgestellt hat, war es gar nicht so oft.
Vermutlich schießt die Zahl jetzt durch die Decke.
Als hätte er einen eigenen Willen, dreht sich mein Kopf in die Richtung, in die sie verschwunden ist, und meine Augen wollen nichts sehnlicher, als einen weiteren Blick auf sie zu erhaschen. Doch der Flur ist verwaist. Meine Enttäuschung wächst, so wie mein Verlangen nach ihr. Seit ich herausgefunden habe, dass bei allen drei Verbrechen K.-o.-Tropfen eingesetzt wurden, will ich meine Besorgnis in der Hitze ihrer Pussy und der Wärme ihrer Umarmung vergessen, doch der Blick, den sie mir zugeworfen hat, als ich zur Tür hereinkam …
Ich schüttele den Kopf, als könnte ich so die Erinnerung daran loswerden. Vor meinem inneren Auge sieht Calista mich mit etwas viel Schlimmerem als Wut im Blick an. Mit dem Schmerz derer, die verraten wurde. Im Augenblick würde ich alles geben, um diesen Schmerz lindern zu können. Allein ihn zu sehen, war die reinste Qual. Aber zu wissen, dass ich der Grund dafür bin?
Das ist brutal.
Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich sie gestalkt habe. Das wäre unaufrichtig, und ich habe ihr schon genügend Lügen aufgetischt. Was nicht heißt, dass ich ihr die Wahrheit über den Tod ihres Vaters erzählen werde. Wenn Calista gerade glaubt, sie hasse mich, dann würde diese Wahrheit endgültig verhindern, dass ich je ihr Herz erobern kann.
Ich habe meine Chancen bei ihr wahrscheinlich ohnehin längst verspielt.
Trotzdem gebe ich nicht auf. Ich kann nicht – nicht, wenn sie für mich der Grund zu leben ist. Bevor ich sie kannte, habe ich lediglich existiert. Jetzt, da ich weiß, wie es sich anfühlt, ihre Zuneigung zu spüren, gibt es für mich kein Zurück mehr.
Doch Rache ist nicht genug.
War es womöglich nie.
Mein Drang, für Gerechtigkeit zu sorgen, ist immer noch da. Er ist, falls das überhaupt möglich ist, noch stärker geworden, seit ich Calistas Geschichte kenne. Der Mord an der Sekretärin hat mich zum Mord an Senator Green verleitet – was wiederum Calistas Leben zerstört hat. Das werde ich wiedergutmachen, ganz gleich, was dafür nötig ist und wie lange es dauert.
Das Einzige, was noch stärker ist als meine Entschlossenheit, ist mein Bedürfnis nach ihr.
Ich sehe aus dem Fenster, lasse den Blick über die Skyline schweifen. Die Lichter kämpfen gegen die nächtliche Dunkelheit an und tauchen alles, was sie berühren, in einen warmen Schimmer. Genau das tut Calista für mich: Sie wirft ein Licht auf meine düstere Seele.
Ein gedämpftes Klopfen dringt an mein Ohr. Ich drehe den Kopf und lausche. Dann richte ich mich auf und folge dem Geräusch, bis ich vor der Tür zum Gästezimmer stehe, wo ich es deutlich hören kann.
Genau wie Calistas Schluchzer.
Sie zerreißen mir das Herz, und ich bin drauf und dran zusammenzubrechen. Trotzdem bleibe ich reglos stehen, weil ich mir nicht sicher bin, was ich jetzt tun soll. Mein Instinkt befiehlt mir, die verdammte Tür einzuschlagen, doch ich darf ihm jetzt nicht nachgeben.
Ich kann aber auch nicht weiter zuhören, wie sie leidet.
Ich hebe die Hand, um anzuklopfen, lasse sie jedoch wieder sinken. Das hier mag mein Zuhause sein, aber im Augenblick hat Calista die Macht über die Lage. Über mich.
Ich hole tief Luft und lasse sie langsam wieder entweichen. »Baby?«
Das sanft ausgesprochene Kosewort überrascht mich selbst. Ich weiß, ich hab sie auch zuvor schon so genannt, aber es jetzt zu sagen, ist der Beweis meiner Verletzlichkeit, wenn es um diese Frau geht. Weiß Calista, dass sie alles von mir haben könnte und ich niemals die Kraft hätte, ihr irgendetwas abzuschlagen?
Ich beiße die Zähne zusammen. Ganz gleich, wie uneins wir uns sind, gehört sie zu mir. Über nichts anderes will ich gerade nachdenken. Es wäre schlicht und einfach inakzeptabel.
Ohne sie weiterzuleben ist keine Option mehr für mich.
Oder für sie.
Ich muss all meine Kraft zusammennehmen, um mich von ihren Schmerzenslauten abzuwenden. In meinem Schlafzimmer gehe ich unruhig auf und ab, sehe Calistas tränenfeuchten Blick vor mir, höre das Echo ihrer Schluchzer, bis ich mir die Haare raufe und mir die Ohren zuhalte.
Wir müssen dorthin zurückkehren, wo wir zuvor waren. Ich kann mir nicht vorstellen, ihr Lächeln nie wiederzusehen oder ihr Lachen nie wieder zu hören. Als ich Calista während des Prozesses gegen ihren Vater erstmals begegnet bin, wollte ich sofort alles über sie wissen. Doch erst während der Beerdigung des Senators habe ich mir endlich selbst die Erlaubnis erteilt, mich wirklich mit ihr zu beschäftigen.
Calista hat eine Güte in sich, die so umfassend ist, dass nicht mal ihr grässliches Trauma sie ausmerzen konnte. Ich habe die Reinheit ihres Herzens schon vor Monaten erkannt und sie seither immer nur beschützen wollen. Daran hat sich nichts geändert. Wenn sie das als Betrug versteht, dann sei es so.
Ihre Wut und ihre Qualen werden mit der Zeit verblassen. Es muss einfach so ein. Ich habe nur die allerbesten Absichten gehabt, und mein oberster Beweggrund war, für ihre Sicherheit zu sorgen. Das sieht sie gerade nicht, aber sie wird es schon noch erkennen.
Sie muss es erkennen.
Ich warte, solange ich kann, ehe mein Impuls übermächtig wird und ich mit meinen Dietrichen zurück zum Gästezimmer gehe. Mein Bedürfnis, nach ihr zu sehen, überstrahlt ihres nach Privatsphäre. Sobald ich weiß, dass es ihr gut geht, werde ich wieder gehen.
Gott, bin ich ein Arschloch.
Das Penthouse ist gespenstisch still. Keine Schluchzer und kein Klopfen mehr an der Tür. Das einzige Geräusch ist das leise Klicken des Schlosses und der sich drehende Knauf, als ich den Schließmechanismus entriegele.
Ich schiebe die Tür auf und spähe in die Dunkelheit. Mondlicht erhellt das Zimmer und eröffnet mir den Blick auf das unberührte Bett und einen leeren Stuhl. Das Blut rauscht in meinen Ohren, als ich mich hektisch umsehe – und zu guter Letzt die Frau entdecke, die sich am Fußboden zusammengekauert hat.
Ich gehe in die Hocke und lege ihr einen Finger an den Hals. Erleichtert ertaste ich ihren regelmäßigen Puls. Calista rührt sich nicht, als ich sie berühre, und ihre Brust hebt und senkt sich weiter in einem ruhigen Takt.
Sie ist wunderschön, wenn sie schläft.
Ich streiche ihr eine lose Locke aus dem Gesicht und muss bei der Berührung ihrer Haut fast stöhnen. Sie zu berühren, beschert mir nicht nur Vergnügen. Es ist verdammt noch mal therapeutisch.
Als ich sie hochhebe, rechne ich damit, dass sie aufwacht und sich gegen mich sträubt, doch sie schläft tief und fest. Jetzt, da sie sich nicht wehrt, ziehe ich sie an mich und atme ihren Duft ein, und ihr blumiges Parfüm benebelt mir die Sinne.
Mit vorsichtigen Schritten, damit ich sie nicht aus dem Schlaf reiße, trage ich sie in mein Schlafzimmer. Ich mag Calista, wenn sie hitzköpfig ist, doch heute Nacht will ich sie festhalten, und wenn es nur ist, um meine eigenen Dämonen in Schach zu halten.
Als ich vor meinem Bett stehe, verspüre ich einen Anflug von Widerwillen, sie hinzulegen. Kopfschüttelnd rufe ich mich zur Räson. Ich kann mich ja neben sie legen. Calistas Platz ist an meiner Seite.
Für alle Zeiten.
Ich spüre noch immer die Wärme ihrer Haut an meinen Händen und balle die Fäuste, um mich davon abzuhalten, sie auf die Art zu berühren, wie ich es gern wollte; stattdessen ziehe ich sie behutsam aus. Ich beginne mit ihrer Bluse, knöpfe sie auf und entblöße die sanften Wölbungen ihrer Brüste, die Wölbung ihres Bauchs. Jeder Zentimeter ihres Körpers verlockt mich.
Lust ergreift von mir Besitz wie jedes Mal, wenn ich sie ansehe. Ich schiebe meine Lust beiseite und fahre mit dem Ausziehen fort. Die Jeans ist eine Herausforderung, nicht nur, weil ich sie nicht wecken will, sondern auch, weil darunter ihre Spitzenunterwäsche zum Vorschein kommt, die ich ihr am liebsten vom Leib reißen will.
Ich mag nicht in ihren Kopf vordringen können, aber sie hat eindeutig meinen durcheinandergebracht.
Sobald sie in BH und Slip vor mir liegt, ziehe ich mich ebenfalls aus. Komplett. Kein Zweifel, dass Calista sauer sein wird, wenn sie in meinem Bett aufwacht, aber dann macht es auch keinen Unterschied mehr, wenn ich nackt bin.
Ich lege mich hin, nehme sie in den Arm und ziehe sie dicht an mich, sodass sie mit dem Rücken an meiner Brust ruht. Der Körperkontakt beruhigt mich, genau wie der sanfte Takt ihrer Atmung. Trotzdem fühlen sich die Spuren der Tränen auf ihren Wangen an wie ein Messer in meinem Fleisch.
»Du gehörst zu mir«, flüstere ich und streiche ihr übers Haar, über die Schulter und den Arm hinab, bis ich ihre Hüfte erreiche. »Ich lasse dich nie wieder los. Ich hab dich gewarnt: Ich wollte dich besitzen, und das will ich wirklich. Jeder einzelne Teil von dir gehört jetzt mir.«
Ich halte für einen Augenblick inne, als sie im Schlaf seufzt. Der Laut klingt unbefangen und vertraulich. Er weckt etwas in mir, was ich lieber nicht benennen will.
»Deine Fähigkeit zu verzeihen verwirrt mich, aber ich brauche sie«, fahre ich fort. »Ich werde mich niemals dafür entschuldigen, dass ich dich beschützen will, weil mir dein Leben alles bedeutet. Trotzdem tut es mir leid, dass ich dich verletzt habe.«
Die Aufrichtigkeit in meinen Worten erstaunt mich selbst, ebenso sehr wie der Umstand, dass ich mich entschuldige – das Bedürfnis hatte ich nie. Doch Calista ist nun mal so viel mehr als bloß meine Geliebte. Sie ist die Frau, um die sich alles dreht.
Und meine künftige Ehefrau.
Der vernebelte Zustand zwischen Schlaf und Erwachen ist eine meiner liebsten Erfahrungen – dieser kurze Moment, in dem die Sorgen einen noch nicht heimgesucht haben und es nichts weiter gibt als vollkommene Ruhe. Als würde ein warmer Kokon mich vom Rest der Welt abschirmen.
Als ich nach und nach wach werde, droht die Ruhe mir wieder abhandenzukommen. Ich klammere mich daran fest, versuche, den Zustand noch ein wenig länger aufrechtzuerhalten, doch dann meldet sich mein Bewusstsein. Eine unvertraute Schwere lastet auf meiner Hüfte, und meine Lider flattern auf.
Ich lasse den Blick durch den Raum schweifen – durch Haydens Schlafzimmer. Dann prasseln Erinnerungen aus der vergangenen Nacht auf mich ein. Die Perlen. Die Lügen. Die Wahrheit, die sie mir eröffnet haben, und meine Tränen.
Nur dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann, wie ich in seinem Bett gelandet bin.