Nur ein einziges Jahr - Michelle Zerwas - E-Book

Nur ein einziges Jahr E-Book

Michelle Zerwas

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Beschreibung

Als Aliyeh und Hazel sich kennen lernen ahnt Aliyeh noch nicht, dass Hazel ein tragisches Geheimnis hat. Hals über Kopf verliebt sie sich in Hazel. Kurz darauf erfährt Aliyeh dass ihre große Liebe schwer erkrankt ist und dass es keine Möglichkeit mehr gibt sie zu heilen. Dennoch möchte sie mit Hazel zusammen sein und die gemeinsame Zeit, die ihnen bleibt, in vollen Zügen genießen. Auch als Hazel immer schwächer wird, kümmert sich Aliyeh aufopferungsvoll um sie und hält sie in ihren Armen als sie stirbt. Ihre besten Freunde holen sie aus dem Tal der Trauer und schließlich scheint es so als ob ihre verstorbene Freundin auch ihre Finger im Spiel hat und aus dem Jenseits heraus alles daran setzt Aliyeh wieder glücklich zu machen.

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Michelle Zerwas

Nur ein einziges Jahr

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Danksagung

Ich danke meiner Schwester für die Gestaltung des Covers.

Du bist einfach die Beste. <3

1. Kapitel

Hazel konnte unmöglich glauben, was sie da eben gehört hatte.

Schon seit langer Zeit quälten sie immer wieder fürchterliche Kopfschmerzen. Bisher war sie davon ausgegangen, dass die Symptome vom täglichen Stress her rührten, den sie auf der Arbeit hatte. Fast täglich machte sie Überstunden.

Sogar nachts fand sie kaum Ruhe, weil ihr immer noch die Kundengespräche im Kopf herum spukten.

Aus diesem Grund hatte sie sich nie größere Sorgen gemacht, sondern die Kopfschmerzen immer mit Schmerzmitteln bekämpft. Sie halfen nicht vollständig, ein dumpfes Pochen blieb immer zurück, aber sie schalteten einen Teil des Schmerzes aus.

Erst als es so schlimm wurde, dass sogar mehrere Tabletten auf einmal nicht mehr wirkten und Hazel nicht mehr in der Lage war zur Arbeit zu gehen, suchte sie einen Arzt auf.

Noch immer machte sie sich keine allzu großen Gedanken. Schließlich konnte man überall nachlesen, dass der Körper sich allmählich an Schmerzmittel gewöhnte und es schwer war wieder davon weg zu kommen, wie eine Art Droge.

Vielleicht ist das bei mir der Fall, dachte sich Hazel.

Nach einigen Untersuchungen saß Hazel dann dem Arzt gegenüber. Sie fühlte sich unwohl.

Langsam begann der Arzt zu sprechen.

„Ich habe leider keine guten Nachrichten für Sie, Frau Paulsen.“

Hazels Herz begann sofort wie wild zu rasen. Einen solchen Satz hörte man von einem Arzt in der Regel nicht gerne.

„Wir haben festgestellt, dass Sie einen Tumor im Gehirn haben. Ich werde Sie in ein Krankenhaus überweisen. Dort wird man weitere Untersuchungen durchführen.“

Die folgenden Worte des Arztes hörte Hazel nur noch dumpf, wie durch einen Schleier hindurch. Sie konnte das alles nicht glauben. Es konnte sich bloß um einen schrecklichen Alptraum handeln.

Warum ausgerechnet ich, dachte sie. Sie trank nur selten Alkohol, Zigaretten hatte sie noch nie in ihrem Leben angerührt, höchstens passiv mitgeraucht und sie ernährte sich überwiegend gesund. Sie war doch erst dreiundzwanzig. Wie konnte das sein? Sie war noch nicht bereit zu sterben.

„Frau Paulsen, hören Sie mich?“

Verwirrt sah Hazel den Arzt an. Sie hatte ganz vergessen, dass sie immer noch im Behandlungszimmer saß.

„Sie sollten sich keine allzu großen Gedanken machen. Bis jetzt wissen wir noch nicht, ob der Tumor bösartig ist. Heutzutage stehen die Heilungschancen sehr gut.“

Was wusste er schon? Er hatte leicht reden. Ihn betraf das Ganze ja nicht. Für ihn war Hazel schließlich nur eine Patientin unter vielen anderen. Er ging später nach Hause und verschwendete keinen Gedanken mehr an sie.

 

Sie wusste nicht wie sie letztendlich nach Hause gekommen war. Sie fühlte überhaupt nichts mehr. Nur noch eine grenzenlose Verzweiflung. Eigentlich hätte sie als erstes ihre Eltern darüber informieren müssen. Sie hatten schließlich ein Recht darauf davon zu erfahren, aber sie brachte die Kraft einfach nicht auf. Sie wollte nicht, dass ihre Eltern sich Sorgen machten.

Als sie ihre Wohnung betrat, legte sie sich auf ihr Bett. Das Licht schaltete sie nicht ein.

Sie dachte über die letzten Jahre nach. Es war nicht immer alles gut gelaufen. Ganz im Gegenteil. Ihre Ausbildung hatte ihr zunächst überhaupt keinen Spaß gemacht. Doch sie hatte sich durch gekämpft, bis zum bitteren Ende. Nun jedoch war sie sehr glücklich in ihrem Beruf. Sie arbeitete in einem kleinen Reisebüro, hatte ein super Verhältnis zu den Kollegen und auch mit ihrer Chefin kam sie gut klar.

Nur in der Liebe hatte Hazel bisher kein Glück gehabt. Im Alter von fünfzehn Jahren hatte sie bemerkt, dass Frauen sie mehr interessierten als Männer. Von da an war sie von einer unglücklichen Verliebtheit in die andere geschlittert. Nie war etwas daraus geworden. Stets endete alles in einer grenzenlosen Enttäuschung.

Irgendwann hatte sie die Suche nach der großen Liebe aufgegeben und beschlossen abzuwarten, bis ihr ihre große Liebe endlich über den Weg laufen würde. Denn schließlich findet einen die Liebe ja immer dann, wenn man es am Wenigsten erwartet. Nun war von einem Moment auf den anderen alles anders. Ihr blieb keine Zeit mehr. Sie wollte wenigstens einmal in ihrem Leben geliebt werden. Nur ein einziges Mal dieses ganz besondere Gefühl erleben. Hazel hatte keine Ahnung, wo sie in ihrer Nähe andere Lesben kennen lernen konnte.

Einzig das Internet bot eine Alternative, aber die Suche dort war vor Jahren schon einmal schief gegangen. Sollte sie es wagen und ihr Glück noch einmal versuchen? Was hatte sie schon zu verlieren?

 

2. Kapitel

Hazel, die immer noch auf ihrem Bett lag und die Augen geschlossen hatte, um besser nachdenken zu können, schlug die Augen auf.

Es war schon dämmrig im Zimmer. Sie hatte nicht gemerkt, dass bereits so viel Zeit vergangen war.

Langsam setzte sie sich auf und blieb lustlos auf ihrem Bett sitzen. Ihr Blick schweifte zur Uhr, die neben dem Bett auf dem Nachttisch stand. 21:08 Uhr zeigten die giftgrünen Ziffern an.

Sie schwang die Beine aus dem Bett und schlurfte ins Wohnzimmer, wo ihr PC stand. Sie schaltete ihn ein und ließ sich auf dem Schreibtischstuhl davor nieder.

Als der Bildschirm bunt anfing zu flimmern und das Zimmer in ein schummeriges Licht tauchte, wurde Hazel dann doch nervös. Sie war also doch noch in der Lage irgendetwas zu fühlen.

In einer weltweit bekannten Suchmaschine gab sie dann ihren Suchbegriff ein. Nur wenige Sekunden später erschienen abertausende Ergebnisse.

Hazel klickte die erste Seite an, die ihr sympathisch erschien und intuitiv landete sie auf der richtigen Seite. Spontan meldete sie sich an und kaum dreißig Minuten später stellte sie ihr vollständig ausgefülltes Profil online.

Dann sah sich Hazel auf der Homepage ein wenig um, besuchte andere Profile, las Beiträge im Forum und stellte fest, dass es in ihrer Umgebung mehr Lesben gab, als sie jemals zu hoffen gewagt hatte.

Sie verbrachte Stunden vor dem PC und merkte gar nicht, dass die Stunden nur so dahin flogen. Erst als sie spürte, dass ihr die Augen zufielen, merkte sie, nach einem Blick auf die Uhr, dass es schon weit nach Mitternacht war. Sie schaltete den PC aus und fiel in einen unruhigen Schlaf, geplagt von verrückten Träumen.

 

Am nächsten Morgen wurde sie sehr früh geweckt, als der Wecker klingelte.

Hazel konnte sich gar nicht daran erinnern den Wecker gestellt zu haben.

Kaum hatte sie die Augen geöffnet, stürzte alles wieder auf sie ein. Ihr fiel der Termin im Krankenhaus wieder ein. Ohne zu frühstücken verließ sie das Haus und machte sich auf den Weg.

Sie hatte ein mulmiges Gefühl, als sie das Krankenhaus betrat.

Dort angekommen, begannen sofort die Untersuchungen. Hazel ließ alles fast teilnahmslos über sich ergehen. Ändern konnte sie ja sowieso nichts.

Nach endlosen Stunden saß sie wieder einmal einem Arzt gegenüber.

„Bis jetzt können wir noch nichts zu dem Befund sagen. Die Ergebnisse werden aber morgen Nachmittag bekannt sein.“

Hazel war froh, als sie das Krankenhaus endlich wieder verlassen konnte. Allein dieser sterile Geruch dort, löste bei ihr schon ein Übelkeit erregendes Gefühl aus.

Auf dem schnellsten Weg ging sie zurück zu ihrer Wohnung. Sie wollte allein sein, allein mit ihren Gedanken und Sorgen.

Die Ärzte hatten ihr starke Schmerzmittel verschrieben, damit sie ihr normales alltägliches Leben überhaupt beschreiten konnte.

Zuhause angekommen bemerkte Hazel eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Obwohl sie keine Lust dazu hatte, hörte sie sich die Nachricht an. Sie war von ihrer Mutter. Natürlich, sie spürte, dass es ihrer Tochter nicht gut ging! Mütter schienen einen eigenen Sinn dafür zu haben.

Hazel nahm sich vor sich irgendwann bei ihrer Mutter zu melden. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlte ihr die Kraft dazu.

Stattdessen schaltete sie den PC ein. Sie tauchte ab in die virtuelle Welt, um zu vergessen.

Hazel loggte sich ein und sah, dass zahlreiche Frauen ihr Profil besucht hatten. Sogar eine Nachricht hatte sie erhalten. Eine Frau namens Aliyeh hatte ihr eine Nachricht hinterlassen. Der Name gefiel ihr schon mal sehr gut. Sie liebte ausgefallene Namen, die nicht so alltäglich waren.

 

Hey, :-)

 

erstmal Herzlich Willkommen auf dieser Seite. ;-)

Beim Stöbern bin ich auf deinem Profil gelandet. Ich finde, dass du sehr sympathisch bist und würde dich sehr gerne näher kennen lernen.

Also, wenn du magst dann melde dich doch einfach bei mir. :-)

Ich würde mich wirklich freuen…

Lg, Aliyeh =)

 

Hazel besuchte sofort Aliyehs Profil und war gleich Feuer und Flamme. Was sie in ihrem Profil über sich schrieb, schien aus Hazels Seele zu kommen und auch ihr Foto gefiel Hazel sehr gut.

Genug Gründe also ihr sofort zurück zu schreiben. Aliyeh schien darauf nur gewartet zu haben, denn wenig später hatte Hazel eine Antwort von der noch unbekannten Schönheit. Ein aufgeregtes Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus.

Die beiden schrieben die ganze Nacht, denn sie verstanden sich auf Anhieb. Es war fast so als seien sie Seelenverwandte. Sie hatten die gleichen Ansichten, die gleichen Interessen, Wünsche und Bedürfnisse. Es war beinahe wie Zauberei, als ob ihr jemand diese Person geschickt hätte.

Aliyeh war achtundzwanzig Jahre alt und zu ihrer beider Überraschung wohnten sie nur drei Häuserblocks voneinander entfernt. Verrückt, dass sie erst ins Internet gehen mussten, um sich kennen zu lernen. Vielleicht waren sie sich beim Einkaufen schon über den Weg gelaufen. In der Kleinstadt, in der sie lebten war alles möglich.

Erst als der neue Tag schon beinahe anbrach, verabschiedeten sie sich voneinander, um noch ein wenig zu schlafen. Sie hatten sich jedoch für 9 Uhr zum Frühstück im Cafe Maiblick verabredet.

Als Hazel nun für die wenigen Stunden in ihr Bett fiel, fühlte sie sich richtig gut. Ihre Krankheit war komplett in den Hintergrund gerückt. Aliyeh bestimmte stattdessen ihre Gedanken.

 

Nur wenige Stunden später klingelte ihr Wecker erneut.

Dieses Mal erwachte sie mit schönen Gedanken und voller Vorfreude.

Leichtfüßig sprang sie aus dem Bett und betrat das Bad. Sie duschte und legte nur ganz wenig Make-up auf. Sie wollte aussehen wie sie selbst und nicht verkleidet wirken. Aliyeh sollte sich schließlich in Hazel verlieben und nicht in eine Verkleidung.

Danach schlüpfte sie in Klamotten, die zwar schick, aber dennoch bequem waren.

Ein wenig aufgeregt, aber dennoch in freudiger Erwartung, machte sie sich auf den Weg und war gespannt auf das Treffen.

 

3. Kapitel

Als Hazel eine halbe Stunde später das Cafe betrat, war Aliyeh schon da. Sie war auch etwas früher gekommen. In der Hinsicht dachten sie ganz ähnlich.

Hazel hatte ein wenig Angst gehabt im realen Leben nicht so unkompliziert mit Aliyeh umgehen zu können wie im Internet, aber ihre Sorge war unbegründet gewesen. Sie verstanden sich von Anfang an blendend und die Gesprächsthemen wollten ihnen nicht ausgehen.

Es war alles wie im Märchen. Da passierte jahrelang überhaupt nichts und dann lernte man so mir nichts dir nichts innerhalb von wenigen Stunden seine Traumfrau kennen.

Leider musste Aliyeh bereits nach zwei Stunden wieder aufbrechen, weil sie zur Arbeit musste. Sie wollte sich am Nachmittag mit Hazel treffen.

Zuerst wollte Hazel erfreut zusagen, doch dann fiel ihr der Termin im Krankenhaus wieder ein.

„Heute Nachmittag ist schlecht. Ich habe einen Termin, den ich leider nicht verschieben kann.“

„Das macht doch nichts. Wie wär’s mit heute Abend?“ Aliyeh schien es wirklich ernst zu meinen. „Darf ich dich heute Abend zum Essen einladen?“

„Sehr gerne“, nahm Hazel die Einladung an.

Aliyeh strahlte. „Soll ich dich abholen?“

„Das wäre toll.“

„Ist 19 Uhr okay?“

„Perfekt.“

Sie verabschiedeten sich mit einer Umarmung.

 

Am Nachmittag erschien Hazel wieder pünktlich zu ihrem Termin im Krankenhaus. Sie hatte wahnsinnige Angst sich dem Untersuchungsergebnis zu stellen. Still und heimlich wünschte sie sich Aliyeh an ihrer Seite zu haben. Sie kannte Aliyeh noch keine vierundzwanzig Stunden und es kam ihr so vor als seien es schon Jahre. Einen solchen Menschen hatte sie noch nie getroffen.

Wenig später saß Hazel mal wieder vor dem behandelnden Arzt. So langsam wurde das schon fast zur Gewohnheit. Sie versuchte am Gesichtsausdruck des Arztes abzulesen, was los war, wurde aber nicht wirklich schlau daraus.

Dann begann der Arzt zu sprechen.

„Ich habe leider keine guten Nachrichten für Sie, Frau Paulsen.“

„W-was soll das heißen?“ Erschrocken sah Hazel den Arzt an.

„Der Tumor ist leider bösartig und inoperabel…“

Hazel unterbrach die Worte des Arztes.

„Was heißt das genau? Wie lange habe ich noch?“

„Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Es hängt von vielen Faktoren ab.“

„Also gibt es doch noch eine Chance?“, fragte Hazel hoffnungsvoll.

„Wir könnten es mit einer Chemotherapie versuchen, aber ich weise Sie gleich darauf hin, dass die Chancen auf Heilung sehr gering sind.“

Hazel musste die Worte des Arztes erstmal verdauen. Sie hatte schon viel über Chemotherapien gehört und das war bei Weitem nichts Gutes. Eigentlich konnte sie sich gar nicht vorstellen sich einer Chemotherapie zu unterziehen. Sie wollte nicht, dass ihr die Haare ausfielen und sie letztendlich ein körperliches Wrack sein würde, angewiesen auf die Hilfe anderer. Dennoch schöpfte sie ein wenig Hoffnung. Am Ende blieb oft nur die Hoffnung, an die man sich verzweifelt klammerte.

„Wie groß sind denn in diesem Fall die Heilungschancen? Seien Sie bitte ehrlich!“

„Wie ich schon sagte, wir können es auf einen Versuch ankommen lassen. Die Heilungschancen sind in Ihrem Fall jedoch sehr gering.“

„Das heißt, ich werde sterben?“

„Nun ja!“, versuchte der Arzt Hazels Frage zu umgehen.

„Sagen Sie schon! Wie lange habe ich noch?“

„Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es kommt darauf an, wie schnell der Tumor wächst. Manche Menschen leben noch jahrelang damit ohne größere Komplikationen. Es kann aber auch sein, dass Sie nur noch wenige Monate oder Wochen zu leben haben.“

Der Arzt verschrieb Hazel weitere Medikamente, um ihr den Rest ihres Lebens so angenehm wie möglich zu gestalten.

Als Hazel das Krankenhaus verließ, fasste sie einen Entschluss. Niemand sollte von ihrer Krankheit erfahren. Weder ihre Eltern, noch ihre Freunde und schon gar nicht Aliyeh!

NIEMAND!!!

Hazel wollte die Zeit, die ihr mit Aliyeh blieb, genießen. Jede Sekunde. Obwohl es Aliyeh gegenüber unfair war, weil Hazel von Anfang an wusste, dass sie sie irgendwann unglücklich machte.

Seltsamerweise weinte Hazel noch nicht mal nach dieser Diagnose. Sie hatte mit einem nicht enden wollenden Tränenstrom gerechnet. Doch der blieb aus. Vielleicht weil sie mit einem solchen Ergebnis gerechnet hatte?! Oder weil sie unter Schock stand. Sie wusste es nicht.

Anstatt sich jedoch in ihrer Wohnung zu verkriechen, zog sie los, um sich ein passendes Outfit für den heutigen Abend zu kaufen.

Den Rest des Tages fieberte sie dem Treffen mit Aliyeh entgegen.

 

Pünktlich um 19 Uhr klingelte Aliyeh bei ihr an der Tür. Hazel raste die Treppe hinunter und riss stürmisch und voller Vorfreude die Eingangstür auf.

„Du bist ja super pünktlich“, sagte Hazel und strahlte Aliyeh an.

„Ich konnte es kaum erwarten dich wiederzusehen.“

Aliyehs Worte ließen Hazel noch ein wenig mehr strahlen. Sie fühlte sich wie in einem wunderschönen Traum, als sie nun gemeinsam mit Aliyeh die wenigen Meter zum Restaurant zurücklegte.

„Wie war dein Tag?“, wollte Aliyeh wissen.

Hazel zögerte mit ihrer Antwort. Sie dachte an ihren Termin im Krankenhaus. Nein, Aliyeh durfte nichts von der Diagnose erfahren. Nicht hier, nicht heute, niemals durfte sie davon erfahren.

„Am schönsten war der heutige Morgen mit dir“, sagte sie stattdessen.

„Da kann ich nur zustimmen“, meinte Aliyeh und berührte kurz Hazels Hand.

Die letzten Meter legten sie schweigend zurück und fanden sich kurz darauf an einem kleinen Tisch im Restaurant wieder, der mit Kerzen und bunten Blüten liebevoll dekoriert war.

„Kommst du oft hierher zum Essen?“, fragte Aliyeh, nachdem sie etwas zu essen bestellt hatten. Aliyeh hatte wohl bemerkt, dass Hazel die Speisekarte auswendig zu kennen schien.

Hazel lächelte sanft. „Nein, mittlerweile nicht mehr! Ich war früher oft abends mit meinen Eltern hier essen. Doch nun lasse ich mir das Essen lieber nach Hause liefern. Ich bin froh, wenn ich nach der Arbeit meine Ruhe habe. Und wie ist das bei dir?“

„Ich gehe nur selten hierher. Allein schon gar nicht. Manchmal, wenn ich mich mit meinen Mädels treffe, gehen wir hier essen. Ich würde gerne öfter abends allein ausgehen, weil ich die Atmosphäre im Restaurant unheimlich toll finde, aber ich kann mich nie überwinden alleine essen zu gehen. Irgendwie komme ich mir dabei blöd vor und früher oder später wird man ja doch von irgendeinem Typen angesprochen. Das muss ich nicht haben.“

„Das stimmt“, pflichtete Hazel Aliyeh bei. „Männer können ganz schön aufdringlich sein. Ich habe auch öfter während der Arbeitszeit mit diesen Exemplaren zu tun.“

„Das denkt man gar nicht, dass man als Reiseverkehrskauffrau mit aufdringlichen Männern zu tun hat“, meinte Aliyeh.

„Oh doch.“ Du glaubst nicht, was ich schon alles erlebt habe. Einmal kam ein Mann ins Reisebüro und buchte eine echt teure Luxusreise für sich und seine Frau. Bevor er gegangen ist, hat er mir seine Visitenkarte zugesteckt und bat mich darum ihn anzurufen. Das habe ich natürlich nicht gemacht. Drei Tage später kam er mit einem riesigen Rosenstrauß und einer Einladung zum Essen an. Die Rosen habe ich behalten, weil Rosen meine Lieblingsblumen sind. Die Einladung zum Essen habe ich aber abgelehnt. Doch er wollte trotz oder gerade wegen der Abfuhr einfach keine Ruhe geben. Männer sind ja oft auch noch schlechte Verlierer. Jedenfalls hat er sich beinahe jeden Tag etwas anderes einfallen lassen, um mich rum zu kriegen. Meine Kolleginnen haben sich in der Zwischenzeit köstlich darüber amüsiert. Sie wissen natürlich, dass ich lesbisch bin. Irgendwann habe ich das dem Kerl auch einfach gesagt. Du hättest mal sein Gesicht sehen sollen, aber von diesem Tag an hatte ich endlich meine Ruhe vor ihm. Er ist auch ein halbes Jahr später wieder gekommen und hat eine weitere Reise gebucht. Er wollte ausdrücklich von mir beraten werden, hat aber keine weiteren Eroberungsversuche mehr gestartet.“

„Du bist geoutet auf der Arbeit?“, fragte Aliyeh nun.

„Ja, es ließ sich irgendwann einfach nicht mehr länger verheimlichen. Weißt du, wir sprechen oft auch während der Arbeitszeit über private Dinge, wenn gerade keine Kunden anwesend sind. Hin und wieder treffen wir uns auch nach der Arbeit, kochen zusammen. Man kann es fast schon als Freundschaft bezeichnen. Irgendwann kam dann natürlich die Frage auf, ob ich einen Freund habe und als ich das verneinte, wollten sie den Grund erfahren. Ich konnte nicht lügen.“

„Und wie haben sie reagiert?“ Aliyeh schien sich sehr dafür zu interessieren.

„Zuerst waren sie überrascht. Das sind ja die meisten, aber dann fanden sie es gar nicht so schlecht. Sie meinten, dann hätten sie eine Konkurrentin weniger im Kampf um gutaussehende Männer.“

Aliyeh lachte. „Das ist natürlich auch ein Argument.“

„Bist du denn auf der Arbeit nicht geoutet?“, wollte nun Hazel wissen.

„Nein und das ist, denke ich, auch besser so. Ich arbeite in einer großen Anwaltskanzlei als Rechtsanwaltsfachangestellte. Zu meinen Kollegen habe ich ein eher unterkühltes Verhältnis. Privat haben wir so gut wie gar nichts miteinander zu tun. Jeder ist sich selbst der Nächste. Das ist das Motto in der Kanzlei. Es gibt unheimlich viel Falschheit. Eigentlich ist das schade, aber ich allein kann daran nichts zu ändern. Aber keine Angst, ich werde mich deshalb nicht verstecken. Ich werde auch in der Öffentlichkeit zu dir stehen und wenn ich von einem Arbeitskollegen oder Kollegin dabei gesehen werde, ist mir das egal. Ich werde nur nicht durch die Firma laufen und jedem erzählen, dass ich auf Frauen stehe. Mein Privatleben geht dort niemanden etwas an.“

„Ich verstehe dich. Deine Einstellung gefällt mir. Ich kann mir das nicht mehr vorstellen mich auf der Arbeit verstellen zu müssen. Irgendwie war es auch eine gewisse Erleichterung und Befreiung, als die Katze endlich aus dem Sack war.“

„Es ist auch für mich nicht immer einfach, aber zum Glück sprechen wir kaum über private Dinge. Die Frage nach einem Freund habe ich aber auch schon zu hören bekommen. Na ja, es ist ja keine Schande Single zu sein. Wenigstens habe ich das Glück, dass meine Eltern hinter mir stehen und mich nicht verurteilen oder aus ihrem Leben ausschließen, bloß weil ich Frauen liebe.“

„Meine Eltern haben auf mein Outing eigentlich auch recht locker reagiert. Mein Vater war zwar zunächst nicht sehr begeistert, weil er sich einen Schwiegersohn gewünscht hat, aber mittlerweile ist es ihm egal.“

„Da haben wir beide wirklich Glück, dass wir so tolerante Eltern haben. Das ist ja leider auch nicht immer der Fall.“

„Leider nicht.“

Die beiden Frauen unterhielten sich an diesem Abend über Gott und die Welt. Die Gesprächsthemen gingen ihnen nicht aus. Ob das wohl immer so blieb? Leider hatte Hazel nur noch wenig Zeit, um das herauszufinden.

Sie saßen lange im Restaurant. Nach ihrem gemeinsamen Essen tranken sie noch eine Tasse Cappuccino zusammen.

Erst als sie vorsichtig aber direkt darauf angesprochen wurden, dass man nun gerne schließen wollte, verließen sie das Restaurant.

„Möchtest du noch mit zu mir kommen?“, fragte Hazel.

„Eigentlich muss ich morgen arbeiten, aber ich kann mich jetzt einfach noch nicht von dir trennen, deshalb lautet meine Antwort Ja.“

Viel zu spät fiel Hazel ein, dass ihre Wohnung im Moment ganz und gar nicht dazu geeignet war einen guten Eindruck hinterlassen zu wollen. Sie spiegelte ihr inneres chaotisches Seelenleben wieder. Egal. Ändern konnte sie jetzt daran ohnehin nichts mehr. Sie konnte Aliyeh ja schlecht wieder ausladen.

Auf dem Weg zu Hazels Wohnung nahm Aliyeh Hazels Hand. Hazel strahlte sie an und signalisierte ihr so, dass sie ihre Nähe genoss.

So schlimm wie Hazel gedacht hatte, sah die Wohnung dann zum Glück doch nicht aus. Sie hatte ein viel schlimmeres Chaos in Erinnerung. Trotzdem entschuldigte sie sich bei Aliyeh für das Chaos.

„Für so etwas brauchst du dich nicht entschuldigen. Was glaubst du wie meine Wohnung manchmal beziehungsweise meistens aussieht. Ich bin die geborene Chaosqueen.“

Daraufhin mussten sie beide herzhaft lachen. Nur wenig später hatten sie es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Aliyeh lag in Hazels Armen. Zärtlich streichelte Hazel Aliyehs Arm.

Plötzlich begann Aliyeh zu sprechen.

„Hazel?“, flüsterte sie.

Hazel blickte sie daraufhin erwartungsvoll und voller Zuneigung an.

„Ich habe mich in dich verliebt.“

Die Schmetterlinge in Hazels Bauch schienen Achterbahn zu fahren. Nun war auch sie dran Aliyeh ihre Liebe zu gestehen. Dafür nahm sie zärtlich ihre Hand.

„Wir kennen uns nun knapp vierundzwanzig Stunden und eine so wundervolle Frau wie du ist mir noch nie begegnet. Ich habe mich auch in dich verliebt.“

Nach diesem beidseitigen Liebesgeständnis versanken sie in einem leidenschaftlichen Kuss. Da es inzwischen mitten in der Nacht war, beschlossen sie, dass Aliyeh in dieser Nacht bei Hazel blieb. Es passierte jedoch nichts in dieser Nacht. Ohne, dass sie darüber gesprochen hatten, waren sie sich einig darüber in dieser Nacht noch nicht miteinander zu schlafen. Sie wollten nichts überstürzen. Sie kuschelten nur ein wenig miteinander und schliefen eng umschlungen ein.

 

Als Hazel am nächsten Morgen erwachte, blickte sie in Aliyehs Augen.

„Guten morgen, meine Süße“, flüsterte Aliyeh. „Weißt du eigentlich dass du unglaublich süß aussiehst, wenn du schläfst?“

„Wenn du das sagst, wird es wohl stimmen“, erwiderte Hazel lächelnd.

„Ich muss jetzt los“, sagte Aliyeh.

„Ich auch“, seufzte Hazel. „Ich bin sogar schon viel zu spät dran.“

„Na dann, raus aus dem Bett!“

Da sie beide spät dran waren, duschten sie zusammen, um Zeit zu sparen und noch ein wenig die Nähe der anderen genießen zu können.

Es war ein wahnsinniges und schönes Gefühl für beide sich gegenseitig nackt zu sehen und sich zu berühren.

Während sie duschten, konnten sie die Finger nicht voneinander lassen.

 

4. Kapitel

Als Hazel das Reisebüro betrat, stand sie sofort im Mittelpunkt des Interesses. Ihren Kolleginnen war nicht entgangen, dass sie krank gewesen war. Natürlich wollten sie sofort alle wissen, was Hazel denn gehabt hatte. Sie flunkerte irgendetwas von Kreislaufproblemen, womit ihre Kolleginnen zum Glück zufrieden waren. Dann setzte sie sich an ihren PC und nahm ihre Arbeit auf.

Nach einiger Zeit kehrten die Kopfschmerzen zurück. Bei der Hektik am Morgen, hatte sie anscheinend vergessen ihre Medikamente zu nehmen.

Hazel suchte auf der Toilette Zuflucht und nahm ihre Medikamente ein. Sie betrachtete sich im Spiegel. Sie konnte einfach immer noch nicht glauben, dass da etwas in ihrem Kopf war, was nicht dorthin gehörte. Man sah überhaupt nichts. Von außen betrachtet, gab es nichts was darauf hindeutete, dass dieses Etwas in ihrem Kopf gefährlich war. Tränen traten ihr in die Augen, doch sie blinzelte sie weg. Sie atmete einmal tief ein und aus und begab sich wieder an ihren Arbeitsplatz.

Die nächsten Stunden flogen nur so dahin. Hazel konnte sich abends an keinen einzigen ihrer Kunden mehr erinnern.

Eigentlich hätte sie noch einkaufen müssen, doch sie hatte keine Lust dazu und schleppte sich zurück zu ihrer Wohnung.

Es war schon spät am Abend. Hazel war mal wieder nicht pünktlich aus dem Reisebüro heraus gekommen, weil einem jungen Paar fünf Minuten vor Feierabend eingefallen war, man könnte ja mal eine Reise buchen. Hazel ärgerte sich regelmäßig über solche Kunden, konnte ihrem Ärger darüber aber keine Luft machen, weil sie ja auch zu ihrem Kundenstamm gehörten. Der Kunde ist König, heißt es ja immer so schön.

Als Hazel sich durch das Treppenhaus nach oben schleppte, sah sie plötzlich Aliyeh. Sie saß vor ihrer Wohnungstür und wartete auf sie.

„Hazel, Süße, wie war dein Tag?“ Sie sprang auf und umarmte Hazel zärtlich.

„Ganz schön anstrengend. Ich bin total fertig“, gestand Hazel.

„Da habe ich genau das richtige Abendprogramm für dich. Ich habe eingekauft und werde uns etwas kochen. Oder möchtest du lieber alleine sein?“

„Nein, ganz und gar nicht. Ich bin so froh, dass du da bist.“

Hazel schloss die Wohnungstür auf und die beiden traten ein. Aliyeh legte ihren Arm um Hazels Taille und geleitete sie zum Sofa.

„Du machst es dir jetzt gemütlich und lässt dich von mir verwöhnen.“

Hazel lächelte leicht. Zu mehr war sie in diesem Moment einfach nicht fähig. Sie war so müde. Wahrscheinlich lag das an den vielen schlaflosen Nächten, die sie seit der Diagnose hatte oder aber die Medikamente waren schuld daran. Der Arzt hatte ihr gesagt, dass Müdigkeit eine Nebenwirkung von vielen war. Aliyeh entging das natürlich nicht.

„Du wirst doch nicht etwa krank werden?“ Aliyeh klang sehr besorgt.

„Nein, keine Angst. Unkraut vergeht nicht. Ich schlafe in letzter Zeit einfach nur nicht besonders gut.“ Es tat unheimlich weh Aliyeh nicht die ganze Wahrheit zu sagen, aber sie durfte es auf gar keinen Fall erfahren.

„Dann leg dich ein wenig hin. Bis ich das Essen fertig habe, dauert es noch etwas.“

Wenig später war Hazel auch tatsächlich eingeschlafen.

 

Als sie erwachte, brannte nur ein schwaches Licht. Aliyeh setzte sich neben Hazel auf die Couch. Sie streichelte sanft Hazels Wange.

„Meine Süße. Geht es dir besser?“

„Viel besser!“

„Das freut mich, aber das Essen ist inzwischen kalt geworden. Hast du Hunger?“

Hazel nickte.

Aliyeh wollte daraufhin sofort aufspringen, doch Hazel hielt ihre Hand fest.

„Aliyeh, ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch Hazel, mein Schatz.“

Wenig später kam Aliyeh mit zwei Tellern zurück. Sie hatte Pasta gemacht. Erst als Hazel das Essen sah, merkte sie wie hungrig sie war.

„Das ist die beste Pasta, die ich jemals gegessen habe“, sagte Hazel bereits nach der ersten Gabel.

„Dann musst du erstmal die Pasta von meiner Mutter probieren. Sie hat in Italien als Köchin gearbeitet und kennt alle Tricks der italienischen Küche.“

Nach dem Essen ging es Hazel schon viel besser. Sie erinnerte sich nun auch daran, dass sie den ganzen Tag nichts Richtiges gegessen hatte. Vielleicht war sie deshalb so fertig gewesen.

„Ich glaube deine Pasta besitzt Heilkräfte“, sagte sie lächelnd. „Ich fühle mich wie neu geboren.“

„Na, wenn das so ist…“

Aliyeh fing an Hazel zu küssen. Sie wusste was jetzt kam, aber sie wusste nicht, ob sie schon bereit dafür war. Doch warum sollte sie noch länger warten? Sie durfte keine Zeit verlieren. Die Zeit rannte ihr davon.

Aliyeh übernahm die Führung. Sie war schließlich die Erfahrenere von beiden. Sie bedeckte Hazels Hals mit Küssen. Dann schob sie ihre Hände unter Hazels T-Shirt. Aliyeh nahm Hazels Hände, zog sie vom Sofa hoch und drängte sie bestimmt aber sanft in Richtung Schlafzimmer. Auf dem Weg dorthin streiften sie ihre Kleider ab.

Sie sanken aufs Bett. Aliyeh bedeckte den kompletten Körper ihrer Freundin mit Küssen, streichelte ihre Brüste, ihren Bauch und wanderte tiefer mit ihren Händen. Niemals hätte Hazel geglaubt, dass ein anderer Mensch solche Gefühle in ihr auslösen könnte.

Irgendwann schlief Aliyeh in Hazels Armen ein. Hazel jedoch war hellwach. Es war so schön gewesen mit Aliyeh. Genau so hatte sie sich ihr erstes Mal mit einer Frau immer vorgestellt.

Sie lauschte Aliyehs tiefen Atemzügen. Es fühlte sich alles so richtig an. Trotz allem konnte sie nicht verhindern, dass ihre negativen Gedanken sie in Besitz nahmen. Mit aller Kraft kehrten sie zurück. Wieder hatte sie die Worte des Arztes im Kopf und sie fragte sich, warum ausgerechnet sie dieser Schicksalsschlag ereilen musste. Was hatte sie denn verbrochen, dass sie so bestraft wurde, fragte sich Hazel.

Aliyeh seufzte plötzlich laut und kuschelte sich enger an Hazel, wachte aber nicht auf.

Tränen traten ihr in die Augen und sie konnte nicht verhindern, dass sie auf das weiche Kissen tropften, auf dem sie lag. Es war alles so unfair. Sie liebte Aliyeh und musste ihr dennoch wehtun. War es nicht vielleicht doch besser ihr die Wahrheit zu sagen? Immerhin hätte sie dann die Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen. Doch wie sollte Hazel bloß damit klar kommen, wenn sie sich gegen sie entschied, gegen ihre Beziehung. Aus Angst vielleicht oder Unsicherheit. Nein, in diesem Fall musste sie einmal in ihrem Leben egoistisch sein und an sich denken, auch wenn es Aliyeh gegenüber unfair war.

Irgendwann schlief sie ein.

 

5. Kapitel

Am nächsten Morgen wurde sie von Aliyeh sanft geweckt. Es war so schön neben ihr aufzuwachen.

„Es tut mir so leid, dass ich vergangene Nacht einfach eingeschlafen bin“, entschuldigte sich Aliyeh. „Normalerweise passiert mir so etwas nicht.“

„Das macht nichts. Es war wunderschön mit dir.“

Aliyeh strahlte sie an. „Wir können das gerne wiederholen, wenn du magst. Wann du willst und wo du willst.“

„Ich habe nichts dagegen“, flüsterte Hazel. Sie fühlte sich immer noch ein wenig unsicher. Bisher hatte sie noch keine sexuellen Erfahrungen gemacht. Alles war neu für sie, aber mit Aliyeh fühlte es sich richtig an.

Aliyeh küsste sie sanft und befreite sie so von ihren Grübeleien. Sie streichelte wieder Hazels Brüste und ihren Bauch.

„Ich liebe dich, Aliyeh“, flüsterte Hazel.

Aliyeh unterbrach ihre Zärtlichkeiten und sah ihrer Freundin tief in die Augen. Allein mit ihrem Blick zeigte sie ihr all ihre Liebe. Hazel konnte darin so viel Liebe, Zärtlichkeit und auch Verlangen sehen.

Aliyeh setzte ihre Liebkosungen fort.

Wenig später lagen sie leicht erschöpft und ein wenig außer Atem, aber unendlich glücklich, nebeneinander. Aliyeh brach das anschließende Schweigen zuerst.

„Ich möchte mein ganzes Leben mit dir verbringen, Hazel!“, sagte Aliyeh.

Dieser Satz, so wunderschön er auch war, gab Hazel den Rest. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie setzte sich auf und wickelte die Decke um sich. Sie versuchte noch die Tränen zurückzuhalten, doch es war eine solche Tränenflut, die nach draußen drängte, dass es unmöglich war. Sie wollte ins Bad flüchten, um ihre Tränen vor Aliyeh zu verbergen. Aliyeh würde Fragen stellen und Hazel musste ihr antworten. Sie wusste nicht, ob sie die Kraft hatte Aliyeh ein weiteres Mal anzulügen.

Aliyeh spürte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Sie schlang ihre Arme um Hazel.

„Hazel, was ist los?“, fragte sie erschrocken. „Habe ich etwas falsch gemacht?“

„Nein, es ist nichts! Mach dir keine Sorgen.“

„Du weinst und ich soll mir keine Sorgen machen? Habe ich was Falsches gesagt? Du musst nicht dein ganzes Leben mit mir verbringen, wenn du nicht willst. Es tut mir leid. Ich war wohl ein wenig voreilig. Vermutlich habe ich dich überrumpelt, aber ich hatte eigentlich den Eindruck, dass du das auch möchtest.“

„Ich würde nichts lieber tun, als mein ganzes Leben mit dir zu verbringen.“

„Was ist es denn dann? Hat es dir nicht gefallen mit mir? Ich gebe ja zu, dass ich auch noch nicht so viel Erfahrung habe, aber ich dachte eigentlich nicht, dass ich im Bett so schlecht bin.“

Hazel versuchte Aliyeh zu beruhigen. „Es war so wunderschön mit dir. Mit dir zu schlafen war das Schönste, was mir jemals passiert ist.“

Noch immer rannen Tränen über ihre Wangen. Sie konnte sie nicht mehr aufhalten.

„Was ist nur los, Hazel? Es tut mir weh dich so traurig zu sehen. Du kannst mir alles sagen.“

Hazel zögerte. Sie konnte nicht mehr zurück. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als Aliyeh die Wahrheit zu sagen. Wenn sie schwieg, würde Aliyeh das vielleicht akzeptieren, aber es würde immer zwischen ihnen stehen. Nichts wäre mehr so wie zuvor.

„Ich werde dich unglücklich machen, Aliyeh“, sagte Hazel mit zitternder Stimme.

Sie sah Aliyeh an, die verwirrt aussah.

„Wieso solltest du mich unglücklich machen? Seit ich dich kenne, bin ich einfach nur überglücklich. Mein Leben hat endlich wieder einen Sinn.“

Hazel bereute es beinahe, dass sie es ausgesprochen hatte. Sie durfte Aliyeh nicht mehr sagen. Sie hatte schon viel zu viel gesagt. Viel mehr, als sie Aliyeh jemals sagen wollte.

Aliyeh nahm Hazels Hände in ihre Hände und sah ihr tief in die Augen.

„Sag mir doch bitte endlich was los ist. Ich bin doch deine Freundin und egal was es ist, ich werde dich unterstützen. Wir schaffen alles zusammen.“

„Ich habe dich überhaupt nicht verdient“, schluchzte Hazel. „Oh Aliyeh…“ Hazel schlang ihre Arme um Aliyehs Hals und weinte so sehr wie nur selten bisher in ihrem Leben. Nun ließ sie alles heraus, was sich in den letzten Tagen in ihr aufgestaut hatte.

Aliyeh hielt sie einfach nur fest in ihren Armen und wartete ab. Sie streichelte beruhigend über ihren Rücken.

Es dauerte lange bis Hazel sich beruhigt hatte. Als die letzten Tränen endlich versiegt waren, unternahm Aliyeh einen weiteren Versuch herauszufinden was mit Hazel los war.

„Willst du mir nun endlich sagen was los ist?“

Eigentlich wollte Hazel ihr nichts von ihrer Krankheit sagen, aber nun gab es keine Möglichkeit mehr sich herauszureden.

„Früher oder später werde ich dich unglücklich machen und ich wünschte so sehr, dass es nicht so wäre. Ich würde es so gerne verhindern.“

„Ich weiß nicht, was du mir damit sagen willst. Wie kannst du jetzt schon wissen, dass du mich unglücklich machst? Viele Beziehungen gehen in die Brüche und halten den vielen Höhen und Tiefen nicht stand, aber wer sagt denn, dass das bei uns auch so ist?“

„Ich habe einen Gehirntumor und niemand weiß wie lange ich noch zu leben habe. Verstehst du nun, was in mir vorgeht?“

Aliyeh sah schockiert aus. Sie sagte nichts mehr. Hazel hatte plötzlich Angst.

„Sag bitte irgendetwas, Aliyeh! Bitte!“

„I-ich w-weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll. Wer sagt denn, dass du bald sterben musst? Die Heilungschancen stehen doch heute gar nicht so schlecht. Es gibt doch sicher noch eine Möglichkeit?!“

„Der Tumor ist inoperabel und es bestehen nur ganz geringe Chancen, dass man den Tumor mit einer Chemotherapie bekämpfen kann.“

„Auch eine geringe Chance ist eine Chance. Du solltest es wenigstens versuchen.“

„Der Arzt hat mir kaum Hoffnung auf Heilung gemacht. Und ehrlich gesagt: Ich möchte die Zeit, die mir bleibt, genießen. Ich möchte nicht nur dahin vegetieren und auf meinen Tod warten und vor allem möchte ich auf gar keinen Fall im Krankenhaus sterben.“

„Wann hast du die Diagnose erhalten?“

„Vor einigen Tagen. Genauer gesagt, an dem Tag, an dem du mir zum ersten Mal geschrieben hast. Aliyeh, ich kann verstehen, wenn du dich nun von mir trennen willst.“

„Wie kannst du so etwas nur sagen? Du solltest so etwas noch nicht mal denken. Ich liebe dich, du machst mich so unendlich glücklich und ich möchte so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen. Vor allem jetzt bekommt das Thema Zeit eine ganz neue Bedeutung. Ich werde an deiner Seite sein, egal was passiert.“

„Eigentlich wollte ich dir nichts sagen, aber als du eben davon gesprochen hast, dass du dein ganzes Leben mit mir verbringen möchtest, da konnte ich einfach nicht mehr an mich halten.“

„Ich bin froh, dass ich nun Bescheid weiß. Ich finde Ehrlichkeit und Vertrauen sind das A und O in einer Beziehung. Deshalb bin ich froh, dass du nun so offen mit mir darüber gesprochen und dich mir anvertraut hast. Wie geht es dir denn jetzt? Ich meine… hast du Schmerzen?“

„Nein, so lange ich meine Medikamente nehme, spüre ich nichts! Ich muss allerdings starke Schmerzmittel nehmen und der Arzt meinte, es könne sein, dass die Tabletten irgendwann nicht mehr helfen.“

„Als du zum Arzt gegangen bist, hattest du da die Vermutung Krebs zu haben? Du musst auf meine Frage nicht antworten. Ich möchte dir damit nicht zu nahe treten. Ich kann verstehen, wenn du darüber nicht sprechen möchtest.“

„Nein, ist schon okay“, versicherte Hazel. „Ich hatte immer wieder starke Kopfschmerzen und selbst mehrere Kopfschmerztabletten haben nicht mehr geholfen und deshalb bin ich zum Arzt gegangen, um die Ursache herauszufinden. Ich habe die Kopfschmerzen eigentlich mit dem Stress in Verbindung gebracht, den ich auf der Arbeit habe.“

„Und dann erhältst du eine solche Diagnose.“ Aliyeh berührte Hazel zärtlich am Arm.

Für die nun folgenden Worte nahm Hazel all ihren Mut zusammen.

„Ich möchte dennoch nicht von dir behandelt werden wie eine Schwerkranke. Ich möchte mein Leben genießen und so wenig wie nur möglich an meine Krankheit erinnert werden. Versprichst du mir das?“

„Ich werde es versuchen. Wirklich.“

„Und kannst du mir noch etwas versprechen?“

„Was immer du willst!“

„Ich möchte, dass du niemandem von meiner Krankheit erzählst, schon gar nicht meinen Eltern. Wenn meine Eltern davon erfahren, werden sie mich in Watte packen und mich keine Sekunde mehr aus den Augen lassen.“

„Ich verspreche es dir. Von mir erfährt niemand etwas.“

Von diesem Tag an sprachen sie kaum noch über dieses Thema. Hazel hätte nicht gedacht, dass das möglich sei, aber Aliyeh sprach das Thema kaum noch an und Hazel war ihr zutiefst dankbar dafür.

Nach diesem sehr aufwühlenden Gespräch gönnten sie sich eine ausgiebige Dusche. Dann schlug Aliyeh vor auswärts frühstücken zu gehen. Hazel war sofort dafür.

Beim gemeinsamen Frühstück planten sie den weiteren Tagesverlauf. Aliyeh wollte gerne schwimmen gehen. Hazel war eher nach etwas Ruhigerem zumute. Der Trouble und die Hektik und vor allem nicht zu vergessen die Geräuschkulisse im Schwimmbad war für sie zu viel. Deshalb schlug Hazel vor einen Spaziergang im Wald zu machen. Im Ort gab es nahe am Waldrand ein Tierheim. Dort wollte Hazel für den gemeinsamen Spaziergang einen Hund ausleihen. Früher hatte sie das öfter gemacht, doch nun fehlte ihr meistens die Zeit dazu.

Die Hunde waren jedes Mal sehr froh aus den Zwingern raus zu kommen und auch die Mitarbeiter des Tierheims freuten sich über die Hilfe.

Aliyeh war von der Idee sofort angetan. Sie erzählte Hazel, dass sie als Kind einen Hund gehabt hatte und sich gerne wieder einen Hund anschaffen würde, aber aus zeitlichen und beruflichen Gründen musste ihr Wunsch zurück stehen.

 

6. Kapitel

Als sie vor dem Tierheim parkten und aus dem Auto stiegen, hörten sie schon das Gebell der Hunde. Aliyeh ergriff Hazels Hand und gemeinsam gingen sie auf den Eingang zu.

Sofort eilte eine Mitarbeiterin des Tierheims auf sie zu und fragte nach ihrem Anliegen.

Nachdem sie die Personalien der beiden Frauen aufgenommen und ins Büro gebracht hatte, verschwand sie mit einer Hundeleine im Hundehaus, in dem die Hunde in ihren Zwingern untergebracht waren.

Kurz darauf kam sie mit einem großen grau-schwarzen Mischlingshund zurück. Er zerrte ganz gewaltig an der Leine und die Frau hatte einige Mühe ihn zu halten.

„Das ist Eros“, wandte sie sich an die beiden Frauen. „Er ist noch sehr ungezogen und nicht so ganz einfach, aber Sie sagten ja, sie hätten bereits ein wenig Hundeerfahrung. Er war heute jedenfalls noch nicht draußen. Er gehört nicht gerade zu den beliebtesten Hunden. Schauen Sie also erstmal ob Sie mit ihm und seinem Temperament zurecht kommen. Wenn nicht, gebe ich ihnen einen anderen Hund.“

Aliyeh und Hazel nahmen die Herausforderung an. Hazel nahm als Erste die Leine und wurde prompt von Eros vom Tierheimgelände gezogen. Aliyeh folgte ihr lachend.

„Das ist nicht lustig“, scherzte Hazel. „Wenn du willst, kannst du es ja gerne mal probieren?!“

Ohne lange zu zögern nahm Aliyeh ihr Eros Leine aus der Hand. „Mit dem größten Vergnügen.“

Eros zog zwar immer noch an der Leine, aber nicht mehr so sehr.

„Wie machst du das nur?“, wunderte sich Hazel. „Eros benimmt sich bei dir ganz anders.“

„Er merkt eben, dass ich mir nicht alles gefallen lasse. Findest du nicht auch, dass Eros wunderbar zu uns passen würde? Allein schon vom Namen her.“

Hazel sah das ein bisschen anders.

„Ein Hund macht aber auch ganz schön viel Arbeit“, meinte sie. „Und man ist immer gebunden.“

„Gebunden ist man auch ohne Hund“, warf Aliyeh ein. „Gebunden ist man immer, an die Arbeit, an die Wohnung oder ans Auto. Es gibt immer etwas woran man gebunden ist.“

„Versuchst du etwa gerade mich zu überzeugen einen Hund anzuschaffen?“, fragte Hazel schmunzelnd.

„Einen Versuch war’s wert, aber du hast schon Recht, ein Hund passt wahrscheinlich nicht so richtig in unser Leben. Zumindest im Moment noch nicht.“

„Gut, dass du es einsiehst“, ergänzte Hazel.

Eros verbreitete aber auf jeden Fall eine ganze Menge gute Laune.

„Ich glaube, der wird nie müde“, sagte Hazel nach einer Stunde schon ziemlich geschafft.

„Schade, dass man ihn nicht ableinen darf, sonst könnte man mit ihm ein paar wilde Spiele mit Tannenzapfen oder Ästen machen.“

Als sie Eros wieder im Tierheim ablieferten, tat es Hazel doch ein wenig leid. Aliyeh fiel es unheimlich schwer, das spürte Hazel, auch wenn sie versuchte es sich ihr gegenüber nicht anmerken zu lassen.

Um Aliyeh auf andere Gedanken zu bringen, schlug Hazel vor am Abend ins Kino zu gehen. Aliyeh war einverstanden und bestand darauf den Film aussuchen zu dürfen.

Als alle Lichter im Kino erloschen waren, kuschelte Hazel sich eng an Aliyeh. Wenig später war sie eingeschlafen, ohne dass sie es bewusst mitbekam. Sie verschlief den ganzen Film und erwachte erst wieder, als Aliyeh sie sanft an der Schulter rüttelte und Hazels Namen in ihr Ohr flüsterte. Erschrocken wachte sie auf.

„Hey, ich bin’s nur“, sagte Aliyeh. „Mein Engel, komm lass uns gehen. Der Film ist vorbei.“

„Was, aber…? Bin ich etwa eingeschlafen?“ Hazel fühlte sich noch ganz benommen.

„Ja, aber mach dir keine Sorgen. Der Film war echt langweilig. Du hast nichts verpasst. Voll peinlich, ich hatte auch mal einen besseren Filmgeschmack. Außerdem siehst du nach wie vor total süß aus, wenn du schläfst.“

„Es tut mir so leid, dass ich dir den ganzen Abend verdorben habe“, entschuldigte sie sich bei Aliyeh. „Es ist nur so, die Medikamente die ich nehmen muss, machen mich so unendlich müde…“

Aliyeh legte den Finger auf Hazels Lippen und brachte sie zum Schweigen.

„Es ist vollkommen in Ordnung. Du musst dich bei mir nicht entschuldigen. Ich schlage vor, wir gehen jetzt nach Hause, ich koche uns noch eine Kleinigkeit und dann machen wir es uns auf der Couch gemütlich.“

Als Antwort küsste sie Aliyeh lange und innig. Sie gingen zu Aliyeh nach Hause. Dort machte Aliyeh sich sofort an die Arbeit und bereitete etwas zu essen zu. Dabei achtete sie streng darauf, dass Hazel bloß nicht auf die Idee kam ihr zu helfen.

Während Aliyeh in der Küche herumwuselte, hatte Hazel genug Zeit sie zu beobachten. Aliyeh war so süß und das Kribbeln in ihrem Bauch steigerte sich wieder, obwohl das eigentlich kaum mehr möglich war.

Aliyeh war es gelungen in kürzester Zeit ein wunderbares Essen zu zaubern. Den Tisch hatte sie liebevoll gedeckt, mit Kerzen und kunstvoll gefalteten Servietten.

Hazel war so verliebt in sie, dass sie kaum in der Lage war etwas zu essen.

Später tranken sie noch ein Glas alkoholfreien Sekt zusammen. Es war bereits weit nach Mitternacht, bis sie endlich ins Bett gingen. Eng umschlungen schliefen sie ein und Hazel genoss es, Aliyeh so nah bei sich zu haben.

 

7. Kapitel

Als Hazel am nächsten Morgen erwachte, schickte die Sonne ihre schönsten Strahlen ins Zimmer. Das Reisebüro, in dem Hazel arbeitete, war an diesem Tag geschlossen. Es gab ein Serverproblem an den PCs und so hatte sie einen unverhofften freien Tag gewonnen, denn ohne Computer ging bei ihr auf der Arbeit überhaupt nichts.

Aliyeh war schon weg. Sie musste an diesem Tag arbeiten und Hazel hatte mal wieder so tief und fest geschlafen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, wie Aliyeh aufgestanden war und die Wohnung verlassen hatte.

Auf einmal entdeckte Hazel einen Brief, der neben ihr im Bett lag. Es war ein hellblauer Briefumschlag, auf dem ihr Name stand.

Sie tastete nach dem Brief und öffnete ihn vorsichtig. Dann faltete sie den Brief ebenso behutsam auseinander. Das Papier war sehr dick. Es schien besonders edel zu sein. Sie konnte schwache Wasserzeichen auf dem Papier entdecken, die sie zuvor noch nie gesehen hatte. Zumindest konnte sie die Zeichen nicht zuordnen. Das Papier verströmte einen zarten Geruch von Aliyehs Parfüm. Bevor sie die Zeilen las, atmete sie den vertrauten Geruch ein und konnte nicht verhindern, dass die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu einer neuen Achterbahnfahrt ansetzten.

 

Meine über alles geliebte Hazel,

 

während ich diesen Brief schreibe, schläfst du friedlich in meinem Bett. Ich höre deinen leisen Atem, von Zeit zu Zeit höre ich ein leises Seufzen von dir und schaue erschrocken auf, ob du aufgewacht bist und entdeckst, dass ich nicht mehr neben dir liege.