Nyx's Erbe - Chloé Kimmig - E-Book

Nyx's Erbe E-Book

Chloé Kimmig

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Beschreibung

Wie kann man sich Respekt als Mensch und noch dazu als Frau, in einer Welt voller Vampire, Werwölfe, Elfen und Gestaltwandler, verschaffen? Das ist unmöglich; das Einzige was man machen kann, ist ihnen Angst zu machen.   Ich stelle mich vor: Cora Nacht. Alter: 25 Jahre. Beruf: Agentin der OCN in Deutschland. DNA: menschlich. Eltern: unbekannt. Charaktereigenschaften: stur, Einzelgänger und tödlich.   Was ich bin? Verflucht. Ein Leben zu leben, das nie enden soll, voller Wut, Hass und Leid. Mein bester Freund, ein Werwolf, der das Leben genießt. Unsterblichkeit ist für ihn ein Segen, für mich ein ungewünschter Fluch, einer Göttin.   Ich stelle mich vor: Alexios, jetzt Alexandre. Alter: Zu alt, um es zu nennen. Berufe: Alles und wieder nichts. Jetziger Beruf: Agent der OCN in Frankreich.  DNA: menschlich. Eltern: Schon so lange tot, dass ich mich nicht mehr an sie erinnere. Charaktereigenschaften: hoffnungsvollernarr, gutmütig und geduldig.   Zwei Welten, zwei Persönlichkeiten, eine Geschichte.   Die Autorin begeistert mit diesem Romantasy einer toughen Heldin. Cora ist eine junge Frau mit außergewöhnlichen Kräften und großer Loyalität gegenüber der OCN, jener Organisation, die ihr seit frühester Kindheit Heimat und Job zugleich war. Ein außergewöhnlicher Fall zwingt sie zur Zusammenarbeit mit der französischen Außenstelle – und dem charismatischen Alex. Langsam gerät Coras Fokus aus der Spur, doch sie findet in Alex und seinen Kollegen tatkräftige Unterstützung. Aber auch Alex hat ein Geheimnis zu hüten. Wird es ihnen gelingen, den Fall zu lösen? Welche Opfer müssen sie dafür bringen? Wem können sie vertrauen? Bald findet sich Cora in einem Labyrinth aus Fragen, Verrat und Lügen wieder.   Ein spannender Fantasyroman mit einer ungewöhnlichen Heldin, die das Leben von Alex und seinen Kameraden auf den Kopf stellt. Zusätzliche Spannung bergen die Rückblenden, in denen die Leser*innen mehr über die Umstände erfahren, warum Cora eben Cora ist.

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Seitenzahl: 313

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Chloé Kimmig

Nyx's Erbe

Verflucht

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Guide to Contents

Nyx's Erbe

Nyx's Erbe

Verflucht

 

 

C. Kimmig

 

 

Alle Rechte bei Verlag/Verleger

 

Copyright © 2023

Verlag/Verleger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(aus Projekt-Eckdaten)

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

 

Prolog1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. KapitelEpilog

Prologe

1000 v. Chr. – Delphi, Tempel des Orakels

 

Alexios

 

Alexios schrie seinen Erfolg in die Welt hinaus. Seine Hände waren mit schwarzem Blut befleckt und seine Kleider zerrissen.

Das Orakel hatte die Flucht ergriffen, als sie den Kampf wahrnomen.

Die Körper der Gegner, auf dem ganzen Boden verteilt.

Sein Stolz versiegelt ihn in eine Blase, die ihn vergessen ließ, wo er sich befand.

Ja, er hatte es geschafft. Die zwei Geschöpfe, die er mit einem Dolch und seinen bloßen Händen erlegt hatte, zerstoben in einer Staubwolke.

Sie allein waren der Grund, warum er seine Verlobte nicht mehr heiraten konnte.

Als Alexios vom Feld zurückkam, wollte er seiner verlobten Kore ein Wolfsfell überreichen. Doch das Einzige, das er vorfand in dem in Schutt und Asche gelegten Haus, wo sie zusammengelebt hatten. Auf dem Boden im Inneren lag eine entstellte Frauenleiche. Der Körper seiner Verlobten.

Der Dorfälteste berichtete ihm, dass die Wesen der Nyx gekommen waren. Aber anstatt vorbeizuziehen, griffen sie mehrere Besiedlungen an.

Ehe jemand reagieren konnte, war Kore tot und ihr Heim zerstört. Die Attacke verlief schnell und endete blutig.

Erfüllt von Hass und Rachegelüste verfolgte Alexios die Monster. Seine Reise führte ihn von Karintha bis nach Delphi.

Nach zwei Tagen kam er in Delphi an.

Die Bewhoner warnten ihn, dass jeder, der es wagte, den Geschöpfen von der Nyx etwas anzutun, nie wiedergesehen wurde.

Alexios nahm die Warnung nicht ernst. Das Einzige, was er wollte, war Rache.

In einer Höhle nicht weit entfernt vom Tempel des Orakels, hörte er ihr Gelächter. Er war erschöpft, aber neue Kraft durchströmte ihn mit jedem Schritt, den er auf die Vampire zuging.

Alexios stellte sich vor, dass sie dasselbe Lachen ausgestoßen hatten, nachdem sie seine Kore und die anderen Dorfbewhoner ermordet und sich an ihrem Blut ergötzten.

Er konnte nicht mehr gestoppt werden. Der Hass erfüllt ihn und eine dunkle Kraft riss ihn in die Höhle.

Was genau geschah und wie er sich im Tempel des Orakels vorgefunden hat, wusste er nicht mehr. Außer dass er eine Kraft in sich spürte, die über die eines Menschen hinausging.

 

Nachdem der Schrei in der Nacht verhalte, erlosch die Blase um ihn herum. Erst in diesem Moment realisierte Alexios, wo er sich befand und was dies bedeutet.

"Die Göttin wird nicht erfreut darüber sein." Das Orakel kam aus seinem Versteck heraus und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. "Du hast es gewagt, den Tempel der Nyx mit dem Blut ihrer eigenen Schöpfung zu entweihen."

Das Orakel war eine Frau mit schwarzen langen Haaren und weißen leeren Augen. "Sie wird dich bestrafen, so wie alle anderen vor dir."

Kaum hatte sie den Satz beendet, wechselte ihre Augen von Weiß auf Schwarz.

"Sie kommt! Und sie ist nicht glücklich." Ihr zerknirschtes Lachen erschütterte den Tempel.

Ein schwarzer Nebel hüllte den Altar ein und zwei grüne Augen erleuchteten daraus.

"Alexios! Du hast es gewagt, meine Kinder zu töten?" Ein eiskalter Hauch streifte sein Gesicht. "Gib mir einen Grund, dich nicht zu bestrafen für diese Tat."

Alexios fiel auf die Knie und sucht nach den richtigen Worten. Doch nichts schien ihm die passende Antwort zu sein.

Er hatte keine andere Wahl, als sein Herz sprechen zu lassen.

"Deine Schöpfung hat uns noch nie angegriffen, Nyx. Vor zwei Tagen. Dort haben sie meine Verlobte so wie viele andere getötet. Sie waren bis zur Unkenntlichkeit entstellt und zerbissen." Er senkte den Blick. "Nur an ihrer Halskette habe ich meine Kore wiedererkannt. Also sag mir, Nyx, warum haben diese zwei Wesen es dann mehr verdient zu leben als sie?"

Ein Strahl erschien in den zwei Augen. "Eine Frage, die nur ein Mensch stellen kann. Dabei hast du nicht gefragt, ob es an dir war, meine Schöpfung zu bestrafen."

Ein zweiter eiskalter Zug streifte Alexios' Nacken. "Aber nach all den Jahren habe ich vieles über euch gelernt."

Aus dem Nebel erschien eine zauberhafte Frau mit schwarzblauen Haaren und Augen so grün und klar wie eines Feldes im Frühling. "Daher möchte ich dich nicht nur bestrafen. Ich gebe dir die Möglichkeit, deine Geliebte in einem anderen Leben wiederzufinden." Eine schwarze Flamme erschien in der erhobenen Hand der Frau. "Egal, wie lange es dauert, du wirst die Zeit bekommen und erst dann wieder anfangen zu altern, wenn eure Herzen wieder vereint sind."

In Alexios erwachte neue Hoffnung, die gleich darauf wieder verschwand.

"Doch die Unsterblichkeit kann auch ein Fluch sein. Du musst miterleben, wie all die Menschen, die du liebst, sterben. Du wirst Kriege miterleben und mitstreiten, ohne jemals zu sterben. Und ebenfalls kannst du dich selbst nicht töten. Fluch und Segen zur selben Zeit."

Alexios wollte gerade Einspruch erheben, als die schwarze Flamme seinen ganzen Körper umhüllte. Er lag von Schmerzen erfüllt auf dem Boden des Tempels.

"Du bist ab jetzt von Nyx gezeichnet, bis du ihren Fluch aufgelöst bekommst." Es war das Orakel, das zu ihm sprach. Er nahm die Worte wahr. Aber der Schmerz in seinem Körper verweigerte ihm, die Augen zu öffnen.

"Und jetzt geh und wage es nie wieder hierherzukommen. Du bist in den Tempeln der Nyx nicht mehr willkommen." Mit einem Windzug verschwand das Orakel. Der Schrei, den Alexios zuvor unterdrückt hatte, schallte aus seinem Mund und erschütterte das Gebirge um ihn herum.

1. Kapitel

Gegenwart – Deutschland, Schwarzwald

 

Cora

 

"Warum müssen die immer in dreckigen, abrissreifen Gebäuden leben? Das ist so etwas von klischeehaft." Cora hasste diesen Teil ihrer Arbeit. Immer muss sie die schlimmsten Orte aufsuchen.

Diesmal war es eine abgelegene Firma, die vor sehr vielen Jahren Einzelteile für Autos hergestellte hatte.

Im Erdgeschoss befand sich der ehemalige Fabrikationsbereich und darüber waren die Büro und Gemeinschaftsräume.

Das Äußere des dreistöckigen Gebäudes wurde nicht vom Wetter verschont. Die ehemalige rote Farbe blätterte von der Außenwand ab und hinterließ freie verschmutzte Betonflächen. Die meisten Fenster waren eingeschlagen und mit Stoff bedeckt worden.

Das Innere war verstaubt, dunkel und mit Schimmel überzogen. Jeder Atemzug kam einer Qual ähnlich.

Wegen der Dunkelheit erkannte man nur die Umrisse der inaktiven Geräte und Accessoires. Dennoch konnte man sich die Schimmelfläche an den Wänden vorstellen und das zerbrochene Glas der Fenster auf dem Boden.

"Das sagst du jedes Mal. Aber in Wahrheit liebst du es doch." Tom stand ein Meter rechts von ihr entfernt mitten in einer Pfütze, von der sie nicht mal wissen wollte, was es genau ist.

"Ja klar, genauso wie die Monster, die wir jagen ..." Ihren Sarkasmus schwang in jeder Silbe mit. Ihr Kollege lachte so leise, dass es nur jemand in seiner Nähe hören konnte. So wie alles, was sie sich gegenseitig sagten.

Bevor sie ihr Gespräche weiterführen konnten, erklang ein Schrei aus den oberen Stockwerken. Mit einem Fluch machten sich beide schwer bewaffnet auf den Weg. Jeder wusste, was er zu tun hatte.

Nach nicht einmal einer Minute hatte Cora sich an einer herabhängenden Schlinge eine Etage hochgezogen. Tom nahm die Treppen, aber nicht wie jeder normale Mensch. Nein, fast lautlos glitt er über Geländer.

Im ersten Stock gab es keinerlei Hinweise auf Leben oder irgendwelche Aktivitäten. Der Wind ließ die Stoffreste an den zerbrochenen Fenstern aufschweben und verteilte den Staub. Die Dunkelheit war in diesem Stockwehr noch erdrückender als im Erdgeschoss.

Nach einer zweiten schnelle Kontrolle, gab es immer noch kein Anzeichen von Leben. Daher hielten sie sich nicht länger auf als nötig und stürmten weiter in den zweiten Stock.

Und dort befand sich ihr gesuchtes Objekt.

Ein abgemagerter Vampir, die Haut schon fast durchsichtig und keine Behaarung auf seinem Körper. Der Blick leer und weiß, kein Anzeichen einer Seele oder irgendwelchen Gefühlen. Dies ist eine Maschine, die nur noch da ist zum Töten. Und diese schien es auf Kinder abgesehen zu haben.

Ein kleiner Junge saß weinend in einer Ecke unter dem einzigen Fenster, das ganz zu scheinen schien. Die Beine an sein Gesicht gezogen, sein lockiger Haarschopf vibrierte. Über das Zischen des Vampirs hörte Cora ein Summen. Ihr wurde klar, dass der kleine Junge sang. Wahrscheinlich ein Lied, das seine Mutter ihm vorgesungen hatte.

"Tom?" Cora flüsterte in ihr Mikrofon in der Hoffnung, dass der Vampir mit seinem feinen Gehör sie nicht hörte. Mit einem Brummen gab Tom zu verstehen, dass er sie hörte. "Kümmern dich um den Jungen, der hinten in der Ecke hockt, und ich versuche, das Ding da abzulenken."

"Geht klar."

Aus dem Brummen wurde ein Knurren und sie wusste, dass der Wolf in Tom, nicht ganz einverstanden war. Aber darum machte sie sich keine Sorgen, er hörte trotzdem auf sie.

Ohne ein weiteres Wort ging es los. Cora griff den Vampir mit derselben Schnelligkeit an wie ein Gepard. Dennoch schaffte es, der Vampire zu fliehen. Ohne einen Gedanken zu verschwenden, jagte Cora ihm hinterher. Trotz des Schutts und der umgefallenen Holzklötze schaffte sie es, ihm auf den Fersen zu kleben.

In einem der hinteren Räume blieb der Vampir einfach stehen. Von der Größe her musste das ein ehemaliges Entwicklungslabor gewesen sein. Es gab mehrere alte Computerbildschirme, Tastaturen auf den Tischen an den Wänden und eine große Tafel auf Rollen in der Mitte des Raums.

Doch das war ihr in dem Moment egal. Kaum hatte sie angehalten, verstand sie, warum er sie hierhergelockt hatte.

Dies war ihre Schlafstätte. Und sie sah insgesamt drei Weitere dieser weißen Blutsauger.

"Tom, diese Mistkerle haben sich zusammengetan, das habe ich schon seit Langem nicht mehr erlebt." Cora machte sich keine Illusionen, dieser Kampf würde lang und schmerzhaft werden.

"Ja, das habe ich auch grad bemerkt! Ich stehe hier vor zwei von denen und einem Kind auf dem Arm, das mich nicht loslassen will."

"Nebel."

"Du sagst es. Und jetzt, Chef?"

Cora rannte los, zurück zu ihrem Kollegen. Zu zweit waren sie besser dran.

"Reiß den Jungen von dir los, stell ihn in die Ecke und tu mir den Gefallen: Verwandle dich. Ich bin in dreißig Sekunden bei dir." Sie riss sich das Mirko aus dem Ohr. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war Ablenkung.

 

Im ersten Raum wieder angekommen, sah sie zwei Vampire, einen Wolf und dazwischen den Jungen, der sie mit riesengroßen Augen anstarrte. Wenigstens hatte er aufgehört zu weinen, aber das bedeutete wahrscheinlich nur, dass er unter Schock stand.

Der Abend wird ja immer besser.

Sich der Situation im Klaren nahm sie ihre zwei Rückenschwerter in die Hand und wirbelte auf dem Absatz herum. Mit einem überkreuzten Schnitt schaffte sie es, den Ersten, der zwei Vampiren auszulöschen. Kaum war der Kopf des Vampires ab, verfiel sein Körper in Asche und vermischte sich mit dem Wind.

Kein Glühen, kein letzter Schrei, einfach nur staubige Partikeln.

Hinter sich hörte sie etwas kaputt gehen, doch sie hatte andere Probleme. Die anderen Vampire schienen miteinander zu kommunizieren in einer Art Holzsprache. Zwei Holzstöcke aufeinander geschlagen ergeben denselben Klang. Von einem Lidschlag auf den anderen waren die beiden Vampire vor ihnen verschwunden.

Ihr Instinkt zog Cora zurück zu Tom, der ebenfalls etwas verloren auf der Stelle stand und um sich sah. Seine großen schwarzen Augen sahen perfekt in der Dunkelheit. Cora musste dagegen mehr auf ihr Gehör vertrauen. Mit geschlossenen Augen und ihren Händen noch fester um die Griffe, stand sie am selben Fleck.

Und da war schon ein Kandidat, der sich zum Töten bereitstellte. Er hatte nicht mal Zeit, den Boden zu berühren, bevor er von einem Schwert erstochen wurde und sein Gesicht durch kräftige, scharfe Krallen halbiert wurde.

Sie hatten keine Zeit, einen Atemzug zu nehmen, als auch schon die anderen zwei Vampire zugeflogen kamen. Cora wich mit einer Rückwärtsrolle aus, während sie ihre Schwerter wegschlug. Mit geübter Schnelligkeit holte sie ihre Schusswaffe heraus, die mit den extra geformten UV-Kugeln.

Die erste traf die Wand hinter dem linken Vampir. Die Zweite hielt er mit den Zähnen auf, doch das rettete ihn auch nicht. Die Kugel zersprang wie eine Minibombe und setzte die UV-Strahlen frei.

Der Vampir färbte sich schwarz, bevor er zu Boden ging und zu einem Staubhaufen zerfiel. Der andere Vampir ließ ein angewidertes Zischen von sich hören, das durch einen harten Schlag von Tom verstummte.

Mit einer weiteren Kugel traf Cora die Brust des fünften Vampirs und Tom zerfetzte den Kopf des Letzten.

"Den nehmen wir mit." Sie deutete auf den vierten bewusstlosen Vampir.

Tom nahm den Vampir in sein Maul und trug ihn hinaus, wo die Wagen ihrer Einheit parkten.

Es war an Cora den Jungen aus der Starre zu holen und hinauszutragen. Das kann wirklich lustig werden. Sie hasste es, wenn Zeugen dabei waren, aber na ja, da kann man nichts machen.

"Hey Junge. Alles klar?" Cora war gut in allem Möglichen, aber nicht mit Kindern. "Es ist vorbei, die bösen Jungs sind alle tot." Sie trat etwas näher an den Jungen heran. "Hörst du mich?"

In diesem Moment hob er den Kopf und zwei blutrote Augen starrten sie an – mit einer Mischung aus Hass und Hunger.

Schnell wie der Blitz stürzte er sich auf Cora. Diese holte einmal kurz mit dem Arm aus und schlug ihm die Faust mitten auf die Nase. Der Vampirjunge ging K. O., aber dies würde nicht lange anhalten, daher schnappte sie ihn am Kragen und trug ihn, mit viel Abstand von sich, hinaus.

Ver­dammt Tom, wie hast du so et­was nicht se­hen kön­nen?

Drau­ßen stan­den wie er­war­tet fünf Wagen ih­rer Ein­heit. Zehn Leu­te stürm­ten ins Ge­bäu­de, um alles zu rei­ni­gen. Drei Män­ner und Tom küm­mer­ten sich um den Vam­pir.

Ei­ne Frau mit ei­nem hoch­ge­wachs­enen Mann ka­men auf sie zu. Die Frau hat­te dun­kel­blon­des Haar, war ge­nau­so groß wie Co­ra, um die ein Me­ter fünf­und­fünf­zig, et­was mol­lig und hat­te kla­re brau­ne Augen, die aus­sa­hen, als wür­de sie je­den be­mit­lei­den.

Der Mann ne­ben ihr war das ge­naue Ge­gen­teil. Er war um die ein Me­ter acht­zig, schlank, wenn nicht so­gar fast ma­ger für sei­ne Grö­ße und blaug­raue Augen, die wie bei Rat­ten ge­formt waren. So wie ein Voll­bart, den er immer mit sei­ner rech­ten Hand strei­chel­te.

Bei­de waren um die drei­ßig Jah­re alt und schon seit ei­ni­gen Jah­ren fes­te Mit­glie­der der Or­ga­ni­sa­tion und Zwil­lings­ge­schwis­ter.

„Na su­per, die Docs sind da." Co­ra warf den Jun­gen auf den Boden und über­kreuz­te ih­re Ar­me.

„Oh mein Gott! Co­ra, wie kannst du das dem Jun­gen nur an­tun?" Ca­ro­li­ne knie­te sich ne­ben dem Vam­pir hin.

„Vor­sicht, der hier ist bis­sig", sag­te Co­ra mür­risch.

Es ist nicht so, dass Co­ra sie nicht lei­den konn­te, ganz im Ge­gen­teil, die bei­den Docs waren klas­se. Aber sie nerv­ten sie viel zu oft mit ih­ren Un­ter­su­chun­gen und dem gan­zen Tral­la­la.

Mit ei­nem Satz war Ca­ro­li­ne wie­der ei­nen hal­ben Me­ter von dem Jun­gen ent­fernt.

„Das ist ein Vam­pir?" Fa­bi­an kam nä­her, er war schon immer sehr neu­gie­rig ge­we­sen.

„Ja! Der hat mich mit sei­nem Mit­ter­nachts Snack ver­wech­selt." Die Ab­scheu in Co­ras Stim­me war kaum zu über­hö­ren. „Kei­ne Ah­nung, wa­rum er nicht Toms Blut ha­ben woll­te. Wahr­schein­lich stinkt sei­nes nach nas­sem Hund."

Die Schnau­ze voll von dem gan­zen Abend, ging sie zum Auto.

„Hey Co­ra! Und was ma­chen wir nun mit dem?"

Sie blick­te über ih­re Schul­ter zu Fa­bi­an, der sie fra­gend an­sah.

„Auf die Son­ne war­ten. Müss­ten ja nur noch ein paar Mi­nu­ten sein." Aus dem Ruck­sack im Wagen der Docs zog sie sich ei­ne Pa­ckung Ziga­ret­ten her­aus. „Doc Fab! Ich neh­me mir et­was Me­di­zin."

„Rauch mir aber dies­mal nicht wie­der die gan­ze Pa­ckung leer", er­wi­der­te er schnau­fend und muss­te sich mit ei­nem Ach­sel­zu­cken als Ant­wort zu­frie­den­ge­ben.

 

Fünf­zehn Mi­nu­ten und drei Ziga­ret­ten spä­ter wan­der­ten auch schon die er­sten Son­nen­strah­len über die still­ge­leg­ten In­dus­trie­ge­bäu­de.

„Dann schau­en wir mal, wie viel Vam­pir der Klei­ne schon ist." Co­ra be­ach­te­te das an­ge­wi­der­te Quie­ken von Ca­ro­li­ne nicht.

Ein Son­nen­strahl be­weg­te sich nur mil­li­me­ter­wei­se auf den Vam­pir zu. Und nach Stun­den – so kam es ih­nen vor – be­rühr­te er end­lich das Bein des Jun­gen.

Es pas­sier­te nichts.

Kei­ne Ver­bren­nun­gen, kei­ne ro­ten Bläs­chen, nicht ein­mal ein ge­ring­fü­gi­ger Son­nen­brand.

„Okay, der hat noch kein Blut ge­trun­ken." Fa­bi­an schien er­leich­tert über die­se Er­leuch­tung zu sein.

„Gut, dann nehmt ihn mit. Viel­leicht be­kommst du ihn …" Doch ge­ra­de als sie den Satz be­en­den woll­te, ging der Jun­ge mit ei­nem grau­sa­men Zi­schen in Flam­men auf. „Mist!"

„Das Kind hat­te al­so doch schon Blut ge­trun­ken." Ca­ro­li­ne konn­te ih­ren Schmerz nicht ver­ber­gen und stieg mit er­stick­tem Wim­mern in den Wagen ein.

Co­ra konn­te es nicht lei­den, wenn ih­re Ar­beits­kol­le­gen sich so schlecht fühl­ten. Aber ihr wur­de Mit­ge­fühl nicht mit in die Wie­ge ge­legt. Da­her hielt sie sich zurück und ließ Fab die­se Ar­beit ma­chen.

Er fand immer die rich­ti­gen Wor­te, egal für wel­che Si­tua­tion.

Viele von ih­ren Kol­le­gen gin­gen zu ihm, nur um mit ihm zu re­den, an­statt sich hei­len zu las­sen. Co­ra aus­ge­schlos­sen. Sie re­de­te mit fast nie­man­dem und war­te­te, bis ih­re Ver­let­zun­gen von selbst heil­ten. Was ihr mehr­fach schon ei­ne zu lan­ge Aus­zeit be­schert hat­te.

 

Die Fahrt dau­er­te et­was län­ger als ei­ne Stun­de, bis sie alle wie­der am Haupt­stütz­punkt an­ge­kom­men sind.

Mit­ten im Wald von Bäu­men ver­steckt waren die Ge­bäu­de kaum zu se­hen und nur durch sehr gro­ßen Zu­fall fan­den Nicht­wis­sen­den die­se.

Der Haupt­stütz­punkt be­stand aus ton­nen­wei­se Be­ton mit ver­ein­zel­ten Fens­tern. Ins­ge­samt gab es drei Ge­bäu­de. Wie ein U auf­ge­baut, be­fand sich auf der lin­ken Sei­te der Wohn­block, der ge­nü­gend Platz für zwei Ar­me­en bot. Nur in der Grö­ße un­ter­schied er sich von den zwei an­de­ren Ge­bäu­den, da er der Größ­te war.

In der Mit­te rag­te die Zen­tra­le her­vor, ein mittel­gro­ßer Kom­plex. Dort be­fan­den sich die Trainings­räu­me, die Kran­ken­sta­tion und die wich­tigs­ten Büros.

Und im Letz­ten, das fast un­be­deu­tend auf der rech­ten Sei­te Be­fin­den­te Ge­bäu­de, war Co­ras zu Hau­se. Mit ih­ren per­sön­li­chen Trainings­räu­men und den ver­schie­de­nen Ent­wi­cklungs­la­bo­ren.

Wie nach je­der Mis­sion gin­gen Fab und Ca­ro­li­ne zurück in ih­re Kran­ken­sta­tion. Sie hat­ten wäh­rend der Fahrt, be­vor sie aus dem Auto ge­stie­gen waren, kein Wort mit der Agen­tin ge­wech­selt.

Co­ra, hin­ge­gen hat­te die er­freu­li­che Auf­ga­be, alle Ein­zel­hei­ten ih­ren gro­ßen Boss zu be­rich­ten.

In der Zen­tra­le an­ge­kom­men, fing es auch schon mit den üb­li­chen Kon­trol­len an.

Sie stell­te sich vor den La­ser, um die Augen­netz­haut zu scan­nen, der Dau­men auf der Na­del, um das Blut zu ana­ly­sie­ren und das üb­li­che Sprach­er­ken­nungs­sys­tem.

Die gan­ze Pro­ze­dur dau­er­te ei­ne Mi­nu­te, dann durch­schritt sie die zwei­te Stahl­tür. Da­hin­ter sah alles aus wie in ei­nem ganz nor­ma­len Büro­ge­bäu­de.

Dies be­deu­te­te: Me­tal De­tek­to­ren und Si­cher­heits­leu­te, die ei­nen durch­such­ten.

Co­ra ver­zich­te­te wie immer da­rauf. Der Me­tal De­tek­tor pieps­te wie ver­rückt und die Si­cher­heits­leu­te ver­steck­ten sich hin­ter ih­ren Com­pu­tern – bis auf ei­ne ein­zi­ge Per­son, You­ry. „Tag auch, wie war die Mis­sion?"

Co­ra wink­te ihm kurz zu und ging weiter zu den Trep­pen.

Drei Eta­gen hö­her blieb sie vor ei­ner Dop­pel­tür aus Ei­che mit der Auf­schrift Chef ste­hen.

Sie klopf­te an und schlüpf­te in das Büro, oh­ne ei­ne Ant­wort ab­zu­war­ten.

Hin­ter ei­nem rie­si­gen Schreib­tisch aus Glas stand sich ein zwei Me­ter gro­ßer Mann.

Co­ra kann­te ihn bes­ser. Sie wuss­te, dass er kein nor­ma­ler Mensch war, son­dern ein Wer­wolf.

Sei­ne brau­nen mittel­lan­gen Haa­re waren wie immer per­fekt nach hin­ten fri­siert und sein T-Shirt saß viel zu eng, so­dass sie sei­ne Mus­keln durch das schwar­ze T-Shirt sah. Er hät­te Frau­en mit sei­nen durch­drin­gen­den blau­en Augen zum Da­hin­schmel­zen brin­gen kön­nen. Oh­ne von sei­nem kan­ti­gen Kinn und den her­vor­ge­ho­be­nen Wan­gen­kno­chen zu re­den, die von ei­ner leich­ten Schat­tie­rung be­deckt waren, die da­rauf hin­wies, dass er ei­nen Bart hät­te, wür­de er sich nicht re­gel­mä­ßig ra­sie­ren.

Mein Gott war er ein­ge­bil­det.

Das Büro ih­res Chefs bot ge­nug Platz, um ei­ne Par­ty für fünf­zig Per­so­nen zu ver­an­stal­ten.

In der lin­ken Ecke stand ein So­fa-Ar­ran­ge­ment in Schwarz mit zwei Ses­seln und zwei Drei-Per­so­nen-So­fas. Die Mit­te do­mi­nier­ten ein Ab­stell­tisch aus Glas und der Schreib­tisch.

Die Wän­de waren in ei­nem zar­ten Oran­ge gest­ri­chen, das nicht zum Rest der Ge­bäu­de auf dem Ge­län­de pass­te.

Da­zu gab es meh­re­re Rega­le und Biblio­the­ken, die die Wän­de aus­füll­ten, ein Bild­schirm nahm fast die gan­ze rech­te Wand ein.

Das na­tür­li­che Licht von außen drang durch die zwei wand­ho­hen Fens­ter hin­ter dem Schreib­tisch. Sie waren nach Sü­den aus­ge­rich­tet und er­laub­ten ei­nen wun­der­schö­nen Blick auf den Schwarz­wald.

„Co­ra, Schätz­chen, wie geht es dir? Wie ver­lief die­se Nacht?"

Wie ger­ne hät­te sie ihm ei­ne rein­ge­schla­gen. Statt­des­sen setz­te sich auf den Ses­sel ihm ge­gen­über und schau­te ih­ren Chef mit schma­len Augen an.

„Wa­rum willst du das wis­sen? Sind dei­ne klei­nen Spio­nin­nen noch nicht zurück­ge­kom­men? Oder hat­ten die schon wie­der zu viel Angst vor den vielen Vam­pi­ren, dass sie es kei­ne Se­kun­de aus­ge­hal­ten ha­ben?"

„Wie freund­lich du bist, wie immer." Ihr Chef dreh­te sich zum Rie­sen­bild­schirm an der Wand um und schal­te­te ihn an. Und schau mal ei­ner an, der gan­ze Abend lief wie­der vor ihr ab. „Sie ha­ben mir sehr wohl alles ge­sen­det, aber ich woll­te von dir wis­sen, ob alles gut lief oder nicht."

Co­ra ver­dreh­te die Augen.

„Es war ei­ne Mis­sion wie je­de an­de­re. Und lang­sam wird es echt lang­wei­lig. Al­so wenn es dir nichts aus­macht und ich weiß, dass es dir et­was aus­macht, ver­schwin­de ich wie­der."

Die blau­en Augen ih­res Chefs ver­fins­ter­ten sich nacht­blau.

„Du kannst ge­hen, wenn ich es dir sa­ge. Ich bin hier immer noch der Chef, falls es dir ent­gan­gen ist."

„Nein. Das ist auch der ein­zi­ge Grund, wa­rum ich dich über­haupt nach je­der ver­damm­ten Mis­sion be­su­che. An­sons­ten könn­test du mir den Arsch hin­un­ter­rut­schen."

Das Schlimm­ste, was man ma­chen konn­te, war Co­ra so rich­tig wü­tend zu ma­chen. Sie hat­te sich dann nicht mehr un­ter Kon­trol­le und was da­nach pas­sie­ren könn­te – das will nie­mand mit­er­le­ben.

Der Wer­wolf rück­te sich wie­der be­quem auf sei­nen Bon­zen­ses­sel zurück und at­me­te tief durch.

„Ganz ru­hig, Co­ra. So war das nicht ge­meint." Er er­hob sich und lief zu sei­nem Ak­ten­schrank hin­über. Nach we­ni­gen Se­kun­den kam er mit zwei ro­ten Ak­ten­ord­nern zurück und leg­te sie auf den Tisch. Be­vor er zwei gel­be Ord­ner her­aus­zog, die nicht ganz so dick waren wie die er­sten, sah er sie an. „Du weißt viel­leicht nicht, was die­se Ord­ner sind …"

„Mei­ne Mis­sio­nen, die ich wäh­rend der gan­zen Zeit hier ab­ge­ar­bei­tet ha­be", sie zeig­te auf die Ro­ten „und das hier sind mei­ne Rei­sen, die die Or­ga­ni­sa­tion für mich be­zahlt hat" mit ei­nem Ni­cken auf die zwei gel­ben Hef­ter.

„Ganz ge­nau. Und jetzt lass mich aus­re­den."

Sie mein­te, ein lei­ses Knur­ren wahr­zu­neh­men.

„Wir ha­ben dir sehr viel Frei­raum ge­las­sen. Das kommt schon da­her, dass du hier groß ge­wor­den bist und uns allen wie ei­ne Tochter ans Herz ge­wach­sen bist. Na ja, we­nigs­tens, bis du dei­nen jet­zi­gen Cha­rak­ter mit drei­zehn be­kom­men hast." Er setz­te sich wie­der ihr ge­gen­über hin. „Dei­ne Ar­beits­rei­sen ha­ben dir sehr viel ge­bracht. An Kraft und Ge­schi­cklich­keit."

„Die ich ganz für die Mis­sio­nen ein­set­ze." Lang­ewei­le schwang in ih­rer Stim­me mit. Sie könn­te so vieles schon er­le­digt ha­ben in der Zwi­schen­zeit. Ein lau­tes Knur­ren brach­te ih­re Auf­merk­sam­keit zurück auf den Chef. „Sor­ry, re­de weiter. Ich un­ter­bre­che dich auch nicht mehr."

„Je­den­falls ha­ben wir be­merkt – und das schon län­ger–, dass du um ei­ni­ges stär­ker bist als wir alle." Er hob die Hand, um sie gleich zu un­ter­bre­chen. „Und das nicht erst seit ge­stern, Co­ra. Dei­ne Blut­er­geb­nis­se zei­gen aber, dass du ein ganz nor­ma­ler Mensch bist. Kein Blut von ir­gend­wel­chem Über­mensch­li­chen. Ich den­ke, dass dei­ne Eltern da­mals wuss­ten, dass du an­ders bist und sie dich des­halb bei uns ab­ge­lie­fert ha­ben."

„Ich weiß, ich soll dich nicht un­ter­bre­chen, aber komm end­lich zur Sa­che." Co­ra war to­tal ge­reizt.

Okay, sie wur­de als Ba­by vor den To­ren der OCN, der Or­ga­ni­sa­tion der Kin­der der Nacht, ab­ge­legt. Mit ei­nem Zet­tel, auf dem nur ihr Na­me stand. Woll­te sie et­was über ih­re Eltern wis­sen? Nein. Ih­re Fa­mi­lie war die OCN. Und das pass­te ihr sehr gut.

„Wir ha­ben von un­se­rer Schwes­ter­or­ga­ni­sa­tion in Frank­reich ei­ne Nach­richt be­kom­men. Sie ha­ben ein sehr gro­ßes Pro­blem mit der Vam­pir-Ma­fia im Sü­den. Bes­ser ge­sagt in Can­nes.“ Er leg­te ihr ei­ne schma­le schwar­ze Map­pe hin. „Es wer­den immer mehr Ob­dach­lo­se ver­misst und seit Neu­es­tem auch Wai­sen­kin­der. Aber ih­re Lei­chen wer­den nicht ge­fun­den. Und es gibt kei­ne Spur, die ei­nen Kampf hin­deu­tet. Sie möch­ten, dass wir ih­nen hel­fen, da ihr be­ster Mann nicht allein ge­gen ei­ne gan­ze Ma­fia an­tre­ten kann. Da­her ha­be ich ent­schie­den, dich zu schi­cken. Du kommst mit ei­nem gan­zen Un­ter­schlupf von Vam­pi­ren zu­recht. Un­der­co­ver bist du auch sehr pro­fes­sio­nell. Du sagst selbst, dass du dich lang­weilst. Dann wirst du dort ei­nen Rie­sen­spaß ha­ben und et­was Son­ne ab­be­kom­men."

„Halt mal!“ Co­ra sah ihn sau­er an. „Ha­be ich da­zu gar nichts zu sa­gen? Wie zum Bei­spiel: Leck mich! Ich ha­be kei­nen Bock da­rauf! Und wenn die Fran­ze­cken das nicht hin­be­kom­men, dann sol­len sie weiter ih­re Frosch­schen­kel fres­sen."

„Jetzt hör mir mal gut zu, Klei­nes.“

Oh, wie sie es hass­te, wenn man sie Klei­nes nann­te.

„Du stehst bei uns bis zum Hals in der Schuld. Wir ha­ben Tausen­de von Eu­ros aus­ge­ge­ben, um dir dei­ne Aus­bil­dung und Ex­tra­wün­sche zu be­zah­len. Al­so wirst du jetzt schön den Schna­bel hal­ten und das ma­chen, was wir dir sa­gen. Die Welt dreht sich nicht nur um dich."

Co­ra war es nicht ge­wohnt, Be­feh­le ent­ge­gen­zu­neh­men. Sie war die­je­ni­ge, die allen sag­te, was sie zu tun hat­ten.

Kurz be­vor ihr der Kra­gen platz­te, er­in­ner­te sie sich wie­der an die Lek­tion, die ihr Meis­ter Hi in Ja­pan beige­bracht hat­te.

Sie lös­te alle ih­re Ge­dan­ken auf und stell­te sich ei­nen Wald vor mit ei­nem gro­ßen See. Sie selbst war ein Ad­ler und über­flog die­sen See. Als ihr Herz sich wie­der be­ru­higt hat­te und sie wie­der kla­re Ge­dan­ken­gän­ge voll­brin­gen konn­te, hat­te sie das an­de­re Seeu­fer er­reicht.

„Wann zie­he ich los?" Ih­re Stim­me war eis­kalt und je­der Nerv ih­res Körpers war an­ge­spannt.

Sie kann­te die Ge­schich­ten der Vam­pir-Ma­fia nur zu gut und wuss­te, dass dies kei­ne ih­rer üb­li­chen Mis­sio­nen war: hin­ein­lau­fen, tö­ten und wie­der nach Hau­se ge­hen. Hier waren sehr viel Ge­duld und Fein­ge­fühl ge­fragt. Ge­nau die Eigen­schaf­ten, die sie am we­nigs­ten ver­kör­per­te.

„Gu­tes Mäd­chen!“ Der Wer­wolf lehn­te sich zu­frie­den in sei­nen Leder­ses­sel zurück. „In zwei Ta­gen. Die Jungs sind da­bei, dein Ge­päck vor­zu­be­rei­ten und Da­niel dei­ne Gar­de­ro­be. Hier hast du alle In­for­ma­tio­nen, die die OCN bis jetzt her­aus­ge­fun­den hat. Eben­falls ein Bild und den Lebens­lauf des Man­nes, mit dem du ein Te­am bil­den wirst.“ Be­vor sie ir­gend­ei­ne Ein­wän­de er­he­ben konn­te, hob der Chef sei­ne Hand. „Ja, du musst im Te­am ar­bei­ten, al­so kei­ne Allein­gän­ge. Das wür­de uns grad noch feh­len, wenn du un­se­ren gu­ten Ruf rui­nierst.“ Der Wer­wolf stand wie­der auf und roll­te ein­mal mit dem Kopf, um sein Ge­nick zu ent­span­nen. „Jetzt kannst du wie­der zurück in dein Quar­tier ge­hen.“

Sie ließ es sich nicht zwei­mal sa­gen. Mit zu­sam­men­ge­press­ten Lip­pen nahm sie die Map­pe ent­ge­gen und schlug die Tür hin­ter sich zu. Das Holz beb­te un­ter der Ge­walt und be­ru­hig­te sich erst dann wie­der, als Co­ra zu schrei­en auf­ge­hört hat­te.

2. Kapitel

700 Nach Christus – Venedig, Frühlingsende

 

Alexios

 

Alexios stieg mit einer Kiste auf dem Rücken von dem Güterschiff hinunter, auf dem er seit zehn Jahren arbeitete. Bis jetzt hatte noch niemand etwas dazu gesagt, dass er nicht alterte, doch er konnte das Risiko nicht länger eingehen. Wie schon oft in den letzten tausend Jahren wechselte er alle zehn Jahre die Stadt und seine Arbeit. Er gab sich als zweiundzwanzig aus und konnte somit ohne Probleme bis dreißig oder länger durchhalten.

In der Zwischenzeit hat er ganz Griechenland nach seiner Frau abgesucht, und als er diese dort auch nicht fand, ging er weiter in die Türkei und sogar bis nach Ägypten. Aber keine der Frauen, die sich zu ihm hingezogen fühlten, war seine Kore. Sie sahen ihr nicht einmal ähnlich und hatten auch nicht ihre Charakterzüge, die so einmalig waren.

Er hatte sich als Fischer, Bauherr, Farmer und nur die Götter wissen, als was noch ausgegeben, um norung und eine Unterkunft zu bekommen.

In Alexandria hatte er sich von Iriak überreden lassen, diesen auf seine Schiffsreise nach Italien zu begleiten. Er war ein guter Kapitän und bezahlte korrekt für die Arbeit. Alexios tat es leid, ihn allein auf die Heimreise zu schicken mit den drohenden Piraten auf der Strecke.

Auf ihrer Reise kamen sich Iriak und Alexios immer näher. Sie wurden wie Brüder. Er konnte sich noch gut an ihr letztes Gespräch erinnern.

"Sag Alexios, was wirst du in Venedig machen?"

"Ich habe keine Ahnung. Erst einmal eine Arbeit suchen und dann mal weitersehen."

"Wenn du willst, ich kenne da jemanden. Er heißt Giovanni, er ist Schmuckhändler in Venedig. Du weißt schon alles, was mit Gold, Diamanten und so zu tun hat. Geh zu ihm und sag, dass ich dich schicke. Er kann immer einen starken Mann wie dich gebrauchen in der Schmiede oder auch als Kurier."

"Das werde ich. Danke dir, Iriak. Ich hoffe, dass deine Wege immer sicher bleiben."

"Danke Freund. Und ich hoffe, du wirst deine verschollene Frau bald wiederfinden. Mögen die Götter dir beistehen, auch wenn sie sie dir weggenommen haben."

Lachend schob er sich die Kiste vom Rücken und stellte sie zu den restlichen Gütern am Hafen ab, bevor er zurückging, um seine Tasche zu holen.

Iriak Ausdrucksweise war immer so, als könnte er seine eigene Sprache nicht richtig sprechen. Aber das machte er nur, weil er glaubte, dass es ihn vor den Frauen interessanter erscheinen ließ.

Nach einem letzten Abschied von der Mannschaft ging Alexios der Beschreibung nach, die sein Freund ihm gegeben hat.

Der Schmuckhändler müsste ganz in der Nähe des Hafens sein.

Nach ein paar Abbiegungen und Brücken kam er vor dem Haus an. Es sah schräg aus und abgewohnt. Die Steinwände waren von der salzigen Luft in Mitleidenschaft gezogen und die Fenster staken vor Dreck, dass man beinahe nicht durchsehen konnte.

Nie hätte man vermutet, dass sich dahinter ein kostbares Schmuckgeschäft verbarg. Aber dennoch wagte er sich hinein. Der Anblick des ausgelegten Schmucks war atemberaubend und nichts im Vergleich zu dem äußeren Erscheinungsbild des Hauses. Es gab verschiedene Glaskästen in dem Raum und die Schmuckstücke funkelten in allen Farben.

Die Wände waren mit blauem Satin bedeckt und an dem Fenster hingen rote Seidenvorhänge. Alexios fühlte sich fehl am Platz mit seiner dreckigen Hose und seinem zerrissenen Hemd, das nach Meer und Schweiß roch.

Hinter einem der längeren Glaskästen stand ein älterer Herr mit einem langen, scharf aussehenden Schwert. Seine weißen Haare waren geglättet und ein Gestell mit runden Gläsern ließ seine grauen Augen größer erscheinen.

"Wer sind Sie und was wollen Sie hier?" In seiner Stimme lag keine Spur von Angst. Alexios war sicher, dass er sein Schwert benutzen würde, ohne zu zögern. "Ich habe gefragt, wer Sie sind und was Sie wollen", wiederholte der ältere Mann.

"Verzeiht, mein Italienisch ist nicht sehr gut." Iriak hatte ihm während der Reise Italienisch beigebracht, aber auf einem schaukelnden Schiff war das nicht einfach. Er versuchte dennoch, die Wörter wieder in den Kopf zu holen. Stotternd brachte er dann endlich einen Satz heraus.

"Ich bin Alexios. Ich komme aus Griechenland und suche Arbeit. Iriak Freund von mir." Selbst für ihn hörte sich das schrecklich an.

"Iriak, der Händler aus Ägypten?" Giovanni sprach beinahe perfekt griechisch. "Mein Gott, das ist ja ewig her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Wie geht es ihm?" Der Mann hatte immer noch das Schwert erhoben, aber er trat dennoch hinter dem Kasten hervor.

"Ihm geht es gut. Wir sind gerade mit seinem Schiff angekommen." Die Schwertspitze stieß ihm in die Kehle, aber er blieb ruhig. "Er meinte, dass Sie vielleicht Arbeit für mich hätten. In der Schmiede oder als Kurier."

"Hmm ..." Giovanni starrte ihn von oben bis unten mit erhobenen Augenbrauen an. "Also im Moment machst du eher den Eindruck, ein Dieb zu sein. Wie kann ich dir vertrauen?"

Das war eine gute Frage. Alexios verfluchte sich dafür, dass er nicht zuerst eine Herberge gesucht hatte, um sich zu waschen und die Kleidung zu wechseln.

"Das kann ich nicht sagen, aber ich habe verschiedene Schreiben von Leuten, bei denen ich gearbeitet habe. Wenn Sie sie sehen wollen?" Der Mann nickte. "Dafür müsste ich aber an die Tasche ran."

Giovanni trat einen Schritt zurück, das gehobene Schwert bereit.

Alexios war begeistert von der Kraft, die der alte Mann in seine Armen haben musste. Mit langsamen Bewegungen öffnete er seine Tasche und zog die verschiedenfarbigen Stoffe und Papyri heraus.

Giovanni schaute sich das erste Schreiben an. Es war von Iriak, der geschrieben hatte, dass er sein Leben in seine Hand setzen würde.

"Interessant! Du scheinst einen guten Eindruck auf die Leute gemacht zu haben." Der Alte senkte das Schwert und schaute sich Alexios noch mal genauer an. "Du bist muskulös und ruhig. Ebenfalls hast du sehr gut reagiert, als ich dich mit dem Schwert bedroht habe." Mit einem Handzeichen befahl er dem jungen Mann, ihm zu folgen. Doch davor schloss er die Tür mit einem seltsamen System aus Schnüren ab.

"Mein Sicherheitssystem. Wenn jemand versucht, die Tür zu öffnen, dann klingeln im ganzen Haus Glocken."

Sie stiegen eine Treppe hinauf und kamen in einer Küche an. Der Herd war an, aber der Mann feuerte ebenfalls eine weitere Feuerstelle, der unter einem Zylinder stand.

"Setz dich, ich gebe dir etwas zu trinken und dann reden wir über die Arbeit." Er füllte zwei Becher mit einer roten Flüssigkeit.

Als Alexios den Becher annahm, blickte er auf den Schaum.

"Es ist nicht giftig." Der Alte lächelte amüsiert. "Dies ist ein Süßwein. Ein Händler aus der Toskana hat ihn mir mitgebracht." Alexios nippte an dem Süßwein und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Köstlich, nicht wahr."

Giovanni zog einen Hocker unter dem Tisch hervor und setzte sich Alexios gegenüber.

"Um es gleich klarzustellen. Normalerweise arbeite ich allein. Aber ich bin alt geworden und es wird immer schwerer, die Schmiede zu halten, wegen der Hitze. Dennoch besteht die Arbeit bei mir nicht nur daraus, mit einem Hammer auf ein Stück Metall zu schlagen. Ich stelle Schmuck her. Aus verschiedenen Metallen wie Gold und Silber." Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. "Man muss sehr viel Geduld und Raffinesse in die jeweiligen Schmuckstücke setzen. Du scheinst mir die Stärke zu haben, aber noch nicht die Finesse. Nicht mit den Schreiben, die du mir in die Hand gedrückt hast. Daher biete ich dir Folgendes an." Der alte Mann machte eine Pause und schaute ihn ernsthaft an. "Bis du die Kunst erlernt hast, kannst du hier schlafen und essen, aber du bekommst keine Bezahlung. Wenn du dann allein alles machen kannst, was ich von dir verlange, bekommst du jeden Tag zehn Bronzemünzen. Nimmst du an oder nicht?"

Alexios hatte keine andere Wahl und die Schmuckstücke hatten längst sein Interesse geweckt. Wenn er diese Kunst erlernen konnte, dann könnte er vielleicht eines Tages für seine Frau ein solches machen.

"Ja, einverstanden."

"Sehr gut. Da drüben ist eine Einbuchtung mit einem Strohbett. Decke und Kissen findest du ebenfalls darauf. Wir fangen jeden Tag bei Sonnenaufgang an. Der Hahn von nebenan wird dich schon wecken, glaub mir." Wenn Giovanni lächelte, glänzten seine Augen und es bildeten sich Falten darum. "Und dein Italienisch müssen wir auch verbessern. Meine Kunden sind hauptsächlich vornehme Herrschaften. Daher müssen wir dir auch etwas Korrektes zum Anziehen kaufen, wenn du irgendwann vorn im Laden stehst. Aber das sehen wir morgen. Im Moment richtest du dich ein und dann kommst du runter. Dann zeig ich dir die Schmiede und die verschiedenen Schmuckstücke, die ich anfertige."

 

Die Zeit verging wie im Flug und bereits nach sechs Monaten Lehre hatte Alexios es auf das gleiche Niveau wie sein Meister gebracht.

"Hervorragend." Giovanni betrachtete einen Ring aus Gold mit drei Saphiren. Die Saphire hatte er aus Afrika erhalten. Sie waren von einem so hellen Blau, dass man dachte, den Sommerhimmel in Stein gefesselt zu haben. "Die Löcher haben genau die Größe der Steine und der Ring weist keine Schrammen auf. Du bist jetzt so weit, das selbst zu machen. Hier hast du deinen ersten Lohn."

"Danke, Meister!" Alexios hatte inzwischen ebenfalls italienisch und französisch gelernt. Es war verrückt, wie viele Nationalitäten hier Tag ein und Tag aus erschienen. Auch die Händler waren von so verschiedener Natur, dass es Alexios am Anfang schwindlig wurde.

"Ich habe einen kleinen Rat an dich, nimm ihn an oder nicht. Jedes Problem birgt eine Lösung und nur mit Geduld und Raffinesse kannst du diese finden. Die Kunst, die du erlernt hast, hilft dir vielleicht nicht dabei. Aber das Wissen kann nie schaden, wie man etwas mit viel Geduld erlangt." Giovanni sah aus dem Fenster, die Sonne ging unter und ein kühler Windhauch vertrieb die Sommerhitze. "Du bist fertig für heute. Geh feiern oder genieße das Nachtleben. Morgen lassen wir den Laden geschlossen."

 

Alexios spazierte frisch gewaschen und neu gekleidet in Venedig herum. In den letzten Monaten hat er schon so manches von hier gesehen. Aber hauptsächlich die Reichenviertel durch seine Lieferungen.

Es war wunderschön, anders als in den anderen Ländern und so faszinierend, die Architektur glich wahrer Kunst. Er fragte sich, wie diese Stadt es schaffte, über Wasser zu bleiben.

Die Gebäude der großen und Mächtigen waren wahre Kunstwerke. Manche in Weiß, andere in Orangetöne, aber jeder hatte kunstvolle Kolonnen und große Fenster. Die Marktplätze waren ebenfalls aus glatten und glänzenden Steinen, der fast wie Diamanten glitzerte, wenn die Sonne darauf schien.

Leider war dies nur die Fassade von den Reichen.