O Patria Mia! - Andreas Steinhöfel - E-Book

O Patria Mia! E-Book

Andreas Steinhöfel

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Beschreibung

Kein Zweifel - Gianna, großer Fan von italienischen Opern und Gruselfilmen, hat ein Ungeheuer gesehen. Gestern Nacht, als sie allein am Fluss war, um dort ihre Lieblingsarien zu singen. Ein großes schwarzes Ungeheuer mit glühend roten Augen! Und es scheint ganz so, als hätte es Hackfleisch aus dem doofen Nachbarsjungen Matze Hellmann gemacht ...

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Außerdem von Andreas Steinhöfel im Carlsen Verlag lieferbar:Beschützer der Diebe David Tage Mona Nächte Defender Der mechanische Prinz Die Mitte der Welt Dirk und ich Es ist ein Elch entsprungen Froschmaul Geschichten Trügerische Stille Rico, Oskar und die Tieferschatten Rico, Oskar und das Herzgebreche CARLSEN Newsletter Tolle neue Lesetipps kostenlos per E-Mail!www.carlsen.de Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden. Copyright © by Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 1996 und 2006 Umschlagillustrationen: Anke Kuhl Umschlaggestaltung und -typografie: Kerstin Schürmann, formlabor Layout: Kerstin Schürmann, formlabor Satz und E-Book-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN 978-3-646-92030-7 Alle Bücher im Internet unterwww.carlsen.de

Inhalt

Capitolo primo

Gianna mit dem roten Schal

Capitolo secondo

Das Ungeheuer

Capitolo terzo

Zwei Katastrophen

Capitolo quarto

Die Strafe

Capitolo quinto

Herr Morgenrot

Capitolo sesto

Was ist Liebe?

Capitolo settimo

Rache für Virchen

Capitolo ottavo

O Patria Mia!

Capitolo nono

Das Tagebuch

Italijenisch …?

Capitolo primo

Gianna mit dem roten Schal

Möglicherweise war Gianna Rienzi nicht das einzige Mädchen auf der Welt, das italienische Opern liebte. Doch ganz sicher war sie das einzige Mädchen auf der Welt, das drei Opern ganz und zwei weitere zur Hälfte auswendig mitsingen konnte. An den fehlenden Hälften lernte sie noch.

Selbstverständlich wollte Gianna eine berühmte Sängerin werden. Sie hatte die feste Absicht, eines Tages in einem der großartigsten Opernhäuser der Welt, der Mailänder Scala, aufzutreten. Dann würde die Welt ihrer schönen Stimme zu Füßen liegen.

Um ihre Stimme hatte Gianna große Angst, denn die Stimme – la voce – ist das Kostbarste, was eine Opernsängerin besitzt. Damit ihre Stimme keinen Schaden durch eine mögliche Erkältung erlitt, trug Gianna selbst im Sommer einen Schal. Der Schal war rot, handgestrickt von ihrer Mamma, als die zu solchen Dingen wie Stricken noch Zeit gehabt hatte.

Wenn sie ehrlich war – und sich selbst gegenüber war sie immer ehrlich –, musste Gianna zugeben, dass ihre Stimme bisher alles andere als perfekt klang. Sie schrieb in ihr Tagebuch:

Ich bin noch nicht besonders groß. Aber ich werde wachsen, und meine Stimme wird ebenfalls wachsen. Sie ist noch zu dünn und in den hohen Lagen nicht tragfähig. Es fehlt ihr an Woluhmen.

Das fehlende Volumen ihrer Stimme tat Giannas Liebe zur Musik keinen Abbruch. Wann immer sie in der Küche den Abwasch erledigte, sang sie aus voller Kehle. Immer hegte sie dabei die heimliche Hoffnung, irgendwann das berühmte hohe C zu treffen und damit ein Glas zum Zerspringen zu bringen.

Mamma gefiel ihr Gesang. »Unsere kleine Diva«, pflegte sie Gianna stolz zu nennen. Worauf Papa meist nur die Augen verdrehte und verkündete: »Opernlieder sind nichts weiter als schreckliches Geplärre!«

»Man sagt nicht Lieder dazu, sondern Arien«, wies Gianna ihn dann empört zurecht. »Das müsstest du eigentlich wissen!«

Giannas Mamma war Deutsche und ihr Papa war Italiener und bei ihnen war alles verkehrt herum. Von Italienern wird landläufig angenommen, sie seien große Opernliebhaber. Doch Giannas Papa hasste Opern; es war ihre Mamma, die nicht genug davon bekommen konnte. Und ihr Papa liebte ihre Mamma unter anderem deshalb, weil sie italienische Opern liebte.

Es war sehr verzwickt. Gianna schrieb in ihr Tagebuch:

Wenn ein Mensch einen anderen Menschen dafür liebt, dass der etwas liebt, was der andere nicht liebt, dann ist das eine sehr große Liebe – un grande amore!

Opernmusik zu hören ist eine Sache. Wer sich Opern anhört, wird von Gott und der Welt für besonders kultiviert und feinfühlig gehalten. Von einem Menschen, der Opern hört, würde man niemals annehmen, dass er alten Damen über die Straße hilft, um sie dann in der Mitte der Fahrbahn allein und hilflos stehen zu lassen. Oder dass er ahnungslose Hauskatzen mit Thunfischstückchen aus der Dose anlockt, nur um ihnen die leeren, scheppernden Büchsen an den Schwanz zu binden und sie davonzujagen.

Gruselfilme anzusehen ist eine ganz andere Sache. Wer sich Gruselfilme ansieht, wird von Gott und der Welt für besonders unkultiviert und gefühllos gehalten. Von einem Menschen, der Gruselfilme mag, würde man jederzeit erwarten, dass er alte Damen während des Berufsverkehrs vor den nächsten Schulbus schubst und alle verfügbaren Katzen gleich hinterher.

Natürlich tat Gianna weder das eine noch das andere.

Aber sie liebte Gruselfilme.

Sie konnte gar nicht genug davon bekommen.

Manchmal, spätabends, wenn ihre Eltern noch im Ristorante im Erdgeschoss arbeiteten, wo sie in der dampfenden Küche italienische Köstlichkeiten zubereiteten, wo sie geschäftig hin und her eilten, um all diese feinen Leckereien an viele hungrige Tische zu bringen – manchmal also huschte Gianna ins Wohnzimmer, um dort heimlich fernzusehen. Meistens verputzte sie dabei, wohlig verpackt in eine dicke Wolldecke, versunken in einen der tiefen Polstersessel, eine ganze Packung Grissini. Sie liebte diese italienischen Knabberstangen, die so wunderbar krachten, wenn man in sie hineinbiss.

Gianna kannte jedes Monster der Filmgeschichte. Sie kannte Graf Dracula, Frankensteins Monster und den Werwolf. Sie kannte alle möglichen Untoten, den Riesenaffen King Kong, die fürchterlichen Feuerkäfer und die unbeschreiblich entsetzlichen Killerwürmer.  

Sie wusste auch, dass sich hinter den Schrecken erregenden Monstern und Bestien nicht mehr verbarg als sorgfältig geschminkte und maskierte Schauspieler, Kunststoff und enorm viel Tricktechnik. Doch obwohl sie dies wusste, war ihre Spannung während eines Filmes oft so groß, dass sie ihre Grissini zerbröselte, eine Stange nach der anderen. Was bedeutete, dass sie nach Programmende den schweren Staubsauger aus der Abstellkammer holen musste, um die verräterischen Krümel vom Teppichboden aufzusaugen.

»Porca miseria!«, flüsterte sie dann und hoffte, dass das Dröhnen des Staubsaugers nicht bis nach unten in das Ristorante drang.

Zweimal war Gianna schon beim heimlichen Fernsehen erwischt worden. Beim ersten Mal war sie vor dem Fernseher eingeschlafen, weil ein Film über mutierte, drei Meter große Kaninchen mit Reißzähnen aus Pappmaché sie fast zu Tode gelangweilt hatte. Beim zweiten Mal bemerkte sie nicht, dass ihre Eltern die Wohnung betraten, weil Draculas Opfer gerade so laut kreischten, dass sie sich die Ohren zuhalten musste.

»Ins Bett«, schrie Papa sie wütend an. »Subito! Wenn ich dich noch einmal nachts vor dem Fernseher erwische, gibt es eine Strafe, die sich gewaschen hat!«

Gianna verzog sich subito in ihr Bett, wo sie zuerst mit dem Schicksal und dann mit Draculas Opfern haderte. Konnten die sich nicht das Blut aussaugen lassen, ohne dabei ein solches Geschrei zu veranstalten, dass kleine Mädchen sich die Ohren zuhalten mussten?

»Wir müssen uns mehr um sie kümmern«, hörte sie durch die spaltbreit angelehnte Zimmertür Mamma draußen im Flur sagen.

»Du musst dich mehr um sie kümmern«, erwiderte Papa, und das war der Auftakt für einen langen Streit. Tags darauf schrieb Gianna in ihr Tagebuch: