Observe: Die neue Welt - Lisa M. Louis - E-Book

Observe: Die neue Welt E-Book

Lisa M. Louis

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Beschreibung

Alle, die sie liebte, sind tot. Niemand überlebt so lange. Kim und Martin erwachen knapp fünfhundert Jahre zu spät aus dem kryogenen Schlaf.
Das Land hat sich verändert.
Die neue Welt ist faszinierend und Furcht einflößend zugleich.
Verfolgt von der machthungrigen Jane schließt sich Kim den Rebellen an, um das System zu stürzen.
Wird ihr der Plan gelingen? Und wem wird sie ihr Herz schenken, dem jungen Rebellen Logan oder ihrem alten Freund Martin? "Observe - Die neue Welt", der Debütroman von Lisa M. Louis, ist der spannende Auftakt einer dystopischen Young-Adult Reihe. Überarbeitete Drittausgabe, Juli 2019. Bisher erschienen:
Lisa Summer: British Love
Lisa Summer: Swedish Kisses
Band 3: French Desire
Lisa Summer: Italian Feelings
Lisa Summer: Wo die Liebe hinzieht ... Sammelband
Lisa Summer: Ich kann dich verdammt gut riechen (Liebeskomödie)
Lisa Summer: High Seas - Leidenschaft auf hoher See
Lisa Summer: High Seas - Verloren im Paradies
Lisa Summer: Die Farben meiner Hoffnung
Lisa Summer: Liebespost vom Weihnachtsmann
Lisa M. Louis: Observe - Die neue Welt (YA-Dystopie)
Lisa M. Louis: Observe - Die andere Seite (YA-Dystopie)
Lisa M. Louis: Observe - Sammelband (exklusiv für den Tolino)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Observe - Die neue Welt

 

Band 1: Observe – Die neue Welt

Band 2: Observe – Die andere Seite

 

Überarbeitete Drittausgabe 2019

Deutsche Erstausgabe April 2016

Copyright © Lisa M. Louis, Germering 2019

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der ausdrücklichen Erlaubnis der Autorin.

 

Buchcoverdesign: Sarah Buhr - www.covermanufaktur.de

unter Verwendung von Bildmaterial von www.shutterstock.com, RAWexchange sowie Graphicstock:

Frau: Melpomene /shutterstock.com

Textur: donatas1205 / shutterstock.com

Kuppel: RAWexchange

Texturen von RAWexchange und Graphicstock.com

1. Lektorat: Stefanie Rick (www.korrektor-rat.de)

2. Lektorat: Carolin Emrich

Korrektorat: Philipp Schütze

 

Herausgegeben von:

Lisa Wüllenweber

Ludwigstr. 16

82110 Germering

[email protected]

http://www.lmlouis.de/

https://www.facebook.com/lmlouisautor

 

Lisa M. Louis schreibt und liest am liebsten Bücher für Jugendliche und junge Erwachsene, die gerne der Wirklichkeit entfliehen.

Ihre Leidenschaft steckt sie dabei vor allem in das Schreiben von spannenden Dystopien und humorvollen Liebes- und Alltagsgeschichten.

Mit ihrem Debütroman Observe – Die neue Welt gewann sie auf der Leipziger Buchmesse 2016 den Amazon Bestseller-Express.

Als Lisa Summer schreibt sie außerdem Liebesromane und Liebeskomödien.

 

Lisa M. Louis

Observe

Die neue Welt

 

Für Marie

 

»Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten.«

Johann Wolfgang von Goethe, 1829

 

Inhalt

Späte Ankunft

Begegnungen

Tests und Seitenstiche

Geheimnisse am See

Unliebsame Erkenntnisse

Ein kostbares Geschenk

Interview mit einem Fisch

Der Aufstand

Hochzeiten und andere Anlässe

Überfall mit Folgen

Gitter und Beton

Die Mission beginnt

Flucht

Die Rebellen

Die Kuppel soll fallen

Epilog

Danksagung

Es geht weiter: Observe – Die andere Seite

XXL-Leseprobe: Observe – Die andere Seite

Prolog

Freiheit

Moslava

Angriff um Mitternacht

 

 

 

 

Späte Ankunft

 

Eine Wolke trägt mich davon. Ich gleite durch die Dunkelheit, leicht wie eine Feder. Aus der Ferne ertönen ein melodisches Summen und Piepen. Die Melodie endet abrupt. Das Kassettenband geht in ein stetiges Rauschen über. Es verbreitet sich, umgibt mich. Doch das Knacksen am Ende des Bandes bleibt aus.

Ich werde schwerer. Mit jeder Sekunde sinke ich. Bin ich etwa tot? Ich will mich umsehen, mich drehen; Ich kann es nicht. Ich bin gefangen!

Ein grelles Licht blendet mich. Das Licht ist so hell, dass es selbst mit geschlossenen Augen unangenehm ist. Bunte Flecken tanzen um den weißen Punkt vor mir. Ist das vielleicht der Himmel?

Ich drücke meine Lider so fest aufeinander, wie es mir möglich ist, um dem Schmerz des Scheins zu entgehen. Es ist nicht fest genug!

Das Rauschen verwandelt sich langsam in andere Geräusche, menschliche Laute, Gesprochenes.

Ich spitze die Ohren, möchte mich umdrehen, den Geräuschen folgen, doch es klappt nicht. Mein verdammter Körper will einfach nicht so wie ich.

Tief ein- und ausatmen. Entgegen all meinen Instinkten, versuche ich zu zwinkern und einen Blick in das Licht zu werfen.

Lediglich einen kleinen Spalt und nur für kurze Zeit schaffe ich es. In dieser Sekunde nehme ich die verschiedensten Bewegungen und Silhouetten um mich herum wahr.

Plötzlich verdunkelt sich das Licht über mir und ich spüre den Hauch warmen Atems meine Wangen streifen. Jemand hebt meinen linken Arm an und legt mir eine Blutdruckmanschette um. Dieses Gefühl kenne ich nur zu gut, mein Arm wird abgeschnürt.

Dann vernehme ich die Stimme einer Fremden: »Ihr Blutdruck ist gestiegen und stabil. Ich glaube, sie wacht auf.«

Ich registriere, wie sich die Stimme der Frau an mich wendet. Sie klingt melodisch und jung, so ruhig und liebevoll.

»Kannst du mich hören? Du bist vermutlich noch sehr benommen, aber wenn du wach bist, dann gib mir bitte ein Zeichen.«

Nun, wo mich das Licht nicht mehr so blendet, will ich nochmals die Augen öffnen. Aus dem runden Etwas vor mir formt sich langsam ein Kopf. Eine junge Frau lächelt mich an. Grau-grüne Augen blicken in meine braunen. Sie sieht nett aus, kleine Grübchen umspielen ihre Mundwinkel, aber es wirkt nicht ehrlich; es sieht so gestellt aus.

»Sie ist wach! Nummer 17 ist aufgewacht«, ruft sie den anderen Menschen aufgeregt zu.

Ich will meinen Kopf drehen und mich umsehen, den Geräuschen Körper geben. Es gelingt mir einfach nicht. Verdammt! Es ist, als läge ich in einer Zwangsjacke, man will sich bewegen, will frei sein, aber nichts gelingt.

Trotz allem ist mir klar, dass ich mich nicht mehr in einer Kapsel, sondern in einem Bett befinde. Der Raum ist ebenfalls ein anderer. Der Bunker U37 bestand aus kahlen, fensterlosen Betonwänden, dessen dunkle Eintönigkeit einem die Luft nehmen konnte. Ganz anders ist es hier. Dieser Raum wirkt durch das helle Weiß und das grelle Licht absolut steril und kühl. Um mich herum wirbeln lauter Menschen. Ich sehe ihre weißen Kittel an mir vorbeirauschen, höre das Rascheln verschiedenster Instrumente und das leise Rauschen und Piepen von Maschinen.

»Ich bin Jane, willkommen zurück. Nennst du mir bitte deinen Namen?« Die Frau blickt auf mich herab.

Ich will ihr antworten, aber mein Mund fühlt sich so ausgetrocknet an, dass er nichts weiter als ein fürchterliches Krächzen und Husten hervorbringt.

Jane bemerkt dies. Sie hebt meinen Kopf an und flößt mir Wasser ein. Die Flüssigkeit fließt meinen trockenen Rachen herunter und benetzt meine Lippen. Herrlich! Langsam fühle ich mich wieder normal.

»Ich bin Kimberley«, krächze ich.

»Willkommen, Kimberley, willkommen. Wenn du etwas brauchst, dann melde dich bitte. Du wirst dich in nächster Zeit sehr schummrig fühlen; wenn man bedenkt, wie lange du eingefroren warst, ist dies jedoch nicht verwunderlich.«

»Man sagte uns, dass die fünfundvierzig Tage ein paar Spuren hinterlassen würden, aber ich kann mich überhaupt nicht mehr bewegen«, flüstere ich heiser.

Jane schüttelt verwirrt den Kopf und legt ihn schräg. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sie ihre Hände reibt, als ringe sie mit sich selbst. Ich schaue sie weiterhin fragend an. Endlich setzt sie zu einer Erklärung an, doch sie bringt keinen Ton heraus. Sie wirkt beinahe traurig.

Oh mein Gott, bestimmt bin ich querschnittsgelähmt. Vielleicht kann ich nie wieder laufen. Ich will mich bewegen, meine rechte Hand zur Faust ballen. Wieder nichts. Verdammt, verdammt, verdammt!

»Bin, bin ich gelähmt?« Ich schlucke schwer.

Jane lächelt, ihr Blick ist ganz weich, einfach herzlich.

»Nein Kimberley, das ist es nicht. Vielleicht ist es besser, du ruhst dich noch etwas aus, ehe ich dir alles erkläre.«

Jetzt bin ich verwirrt. »Wie … wie meinen Sie das? Was müssen Sie erklären? Ich, ich verstehe nicht«, stottere ich und Jane reicht mir erneut etwas Wasser.

Sie atmet laut aus und wirkt noch nervöser, als ich es bin. »Es ist wohl etwas schiefgegangen, bei der Kryostase. Du warst keine fünfundvierzig Tage eingefroren, sondern vierhundertachtundsechzig …«

»Was?«, unterbreche ich sie. »Aber, dann hab’ ich ja ein ganzes Jahr verpasst.«

Jane beißt sich auf die Lippen. »Nicht Tage - Jahre…«

Noch während ich das Jahr errechne, wird mir schwindelig und ich schließe meine Augen. Es sind knapp fünfhundert Jahre vergangen. Sie sind alle tot. Alle! Martin – Martin und Jeff. Ob sie es wenigstens geschafft haben? Ich traue mich kaum zu fragen. Tränen rinnen mir die Wangen herunter und meine Hände fangen stark zu zittern an. Mein Herz rast und ich merke, wie Jane mir eine Nadel in den Arm schiebt. Das Beruhigungsmittel wirkt so schnell, dass ich es nicht einmal schaffe, ihr noch diese letzte Frage zu stellen. Ich hoffe, sie wurden auch geweckt.

 

Obwohl ich weich liege, spüre ich den Lattenrost unter der Matratze, doch das stört mich nicht. Es zeigt mir, dass es ein richtiges Bett ist, keines dieser fahrbaren Klinikbetten mit Stahlrahmen.

Ich öffne die Lider. Durch den Vorhangspalt dringt trübes Morgenlicht auf mein Gesicht. Dieses Zimmer ist angenehmer, riecht jedoch etwas muffig, als wäre es lange nicht genutzt worden.

Die Fenster sind bereits gekippt und es weht eine feine, stetige Brise herein. Mit ausgestreckten Armen setze ich mich auf. Laut dem Wecker auf dem Nachttisch ist es 7:45 Uhr am Morgen. Wahrscheinlich habe ich erneut einen Tag verschlafen, aber was macht das schon. Bei fast fünfhundert verpassten Jahren kommt es darauf auch nicht mehr an.

Ein letztes Mal gähne ich und stehe auf. Erst als ich schwanke, wird mir klar, dass ich mich wieder bewegen kann. Genüsslich strecke ich mich in alle Richtungen. Ich muss aussehen, wie ein Hampelmann und kippe dann auch noch beinahe vornüber. Ich kralle mich in die Matratze hinter mir und ziehe mich zurück. Eine Weile bleibe ich auf dem Rücken liegen und starre die weiße glatte Decke an. Kim, reiß dich zusammen!

Als ich mein Gleichgewicht weitestgehend wiederfinde, wanke ich zum Fenster hinüber und ziehe die schweren, grauen Vorhänge zur Seite, um die Sonnenstrahlen zu genießen. Ans Fensterbrett gelehnt, sehe ich mich im Raum um. Ein gemütliches Zimmer, mit einem schweren Echtholzkleiderschrank, einem dazu passenden Schreibtisch, einem gemütlichen Bett und einer Kommode, wird mir geboten. Durch die große Fensterfront ist es trotz der dunklen Möbel schön hell.

Das ist doch alles wie in einem schlechten Film! Wahrscheinlich starren gerade tausende Augen auf mich. Man will uns testen, und das hier ist nichts weiter als ein Hotelzimmer. Man wird uns wohl kaum fünfhundert Jahre vergessen haben.

Mein Blick schweift aus dem Fenster. Bestimmt bin ich im Hotel vor dem neuen Kino. Starlight In oder so. Die Umgebung vor dem Fenster ist anders, als ich es gewohnt bin. Aber es ist eindeutig das Campusgelände, das weiß ich, das Grundgerüst ist noch das alte.

Ich erkenne nur wenige Züge wieder, alles wirkt fremd, doch ich fühle, das hier ist mein altes Zuhause. Und dennoch, dort sind so viele Gebäude, die gar nicht da sein dürften, die Luft riecht komisch, der Himmel ist trüber. Ich kann es kaum beschreiben. Mein Kopf sinkt gegen die kühle Fensterscheibe. Er pocht, jetzt kriege ich auch noch Kopfschmerzen, na super...

Während ich hinaus starre, bewegt sich etwas hinter mir. Der Wind hat einen Zettel vom Schreibtisch geweht, der mir bisher nicht aufgefallen war. Ich fange ihn aus der Luft und betrachte ihn. Er ist mit Jane unterschrieben. Sie hat eine schöne Schrift, beinahe makellos.

 

Liebe Kimberley,

entschuldige bitte, dass ich dich gestern Nachmittag einfach ruhiggestellt habe. Deine Werte gerieten in einen kritischen Bereich und du warst kurz davor, einen Schock zu erleiden. Ich habe dich in dein vorläufiges Zimmer verlegen lassen, ich hoffe, dass du dich hier besser einleben kannst. Im Kleiderschrank hängt neue Kleidung für dich und im Bad dürfte alles liegen, was du brauchst. Sobald du dich bereit fühlst, würde ich dich gerne sprechen. Mein Büro ist den Gang rechts runter, Zimmer 407. Klopf einfach, dann erkläre ich dir unsere Welt.

Bis später,

Jane

 

Ich gehe zum Kleiderschrank und betrachte meine neuen Klamotten. Sie sehen alle gleich schlicht aus, überwiegend graue, schwarze und blaue Farben. Ich schnappe mir eine blaue Hose mit einem dazu passenden Poloshirt und frischer Unterwäsche und verziehe mich ins Badezimmer.

Das Bad befindet sich hinter einer Tür gleich neben dem Zimmereingang. Es ist ziemlich klein, hat aber alles, was ich brauche.

Eigentlich fühle ich mich dreckig, unrein. Aber zum Duschen ist jetzt keine Zeit, ich möchte endlich mit Jane reden, um Antworten zu bekommen; also werde ich mich nur schnell waschen und umziehen. Mein weißes Nachthemd schmeiße ich in die Ecke. Es muffelt genauso wie ich.

Als ich in den Spiegel über dem Waschbecken blick, erkenne ich mich kaum. Das Gesicht ist schmaler und eingefallen. Ränder umrahmen meine einst strahlenden, braunen Augen. Jetzt sind sie nur noch leer und kalt. Mutter sagte immer, dass die Augen die eigenen Gefühle widerspiegeln würden. Deswegen wüsste sie auch immer, wenn es mir mal schlecht ginge. Heute verstehe ich, was sie meint. Meine ganze Familie ist tot, wie könnten sie da noch strahlen?

Meine Familie ... Es kann einfach nicht wahr sein! Das will ich nicht glauben.

Ich klatsche mir kaltes Wasser ins Gesicht, wieder und wieder. Aber ich erwache nicht. Es ist kein verdammter Traum.

Die Frische tut gut, trotzdem wirke ich immer noch um Jahre älter, dabei ist für mich nur eine Nacht vergangen. Ich flechte mir meine Haare zu einem seitlichen Zopf zusammen, in der Hoffnung, meiner einstigen Jugend so etwas entgegen kommen zu können.

Als ich hinaus auf den weitläufigen Flur trete, bemerke ich, dass ich keinen Schlüssel für mein Zimmer habe. Was soll’s. Ich besitze sowieso keine Wertgegenstände.

Jane sitzt auf einer dunkelroten Couch an der Seite ihres Büros und hält ein Buch in ihrer Hand. Als sie aufblickt, kann ich sie das erste Mal richtig betrachten. Sie scheint doch nicht so jung zu sein, wie ich sie gestern eingeschätzt hatte. Jetzt, so früh am Morgen, wirken ihre Haut fahler und ihre Augen älter, aber auch freundlicher. Graue Strähnen zieren ihr schwarzes, schulterlanges Haar.

Sie gibt mir einen Wink, mich neben sie zu setzen. Die Couch ist bequem. Ich wickle die Arme dicht um meine angezogenen Beine, während ich zum Fenster starre.

Vor dem Fenster steht ein großer, schwerer Schreibtisch, genauso einer stand früher in meinem Zimmer, stelle ich schmerzlich fest. Großvater hatte ihn einst für meinen Vater angefertigt, nach seinem Tod bekam ich ihn dann. Bei dem Gedanken an ihn muss ich mir einige stumme Tränen mit dem Ärmel abwischen. Aber bestimmt wird Jane mich jetzt aufklären, mir endlich sagen, dass alles nur ein dummer Scherz war, den sich die Uni erlaubte...

Mit verschleiertem Blick schaue ich auf die Wand gegenüber; zwei große, dunkle Regale voller Bücher und Aktenordner zieren sie. Ich bin bereits dabei, mich zu erheben, um die goldenen und verschlungenen Titel der Buchrücken zu lesen, als Jane plötzlich aufsteht.

»Möchtest du auch etwas Tee?«

Ich halte in meiner Bewegung inne und lehne mich wieder zurück. Gefasst blicke ich in Janes unergründliche Augen und nicke ihr zu.

»Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Wie fühlst du dich heute Morgen?«

Sie klingt freundlich, diesmal scheint ihr Lächeln mehr durchzudringen. Vielleicht war es der Stress gestern, der sie so angespannt wirken ließ.

Die Stärke in ihrer Stimme treibt meine Kopfschmerzen an. Ich fasse mir unweigerlich an die Schläfen und vergrabe meinen Kopf in den Händen. Betreten und entmutigt blicke ich zu Boden.

»Es ging mir schon besser«, nuschle ich mitleidig.

»Das kann ich mir vorstellen. Vielleicht solltest du heute Nachmittag mit einem unserer Psychologen reden. Das könnte dir gut tun. Vorher möchte ich dir aber noch einiges zu unserem Land sagen; es hat sich vieles verändert; die Welt, die du kennst, gibt es nicht mehr. Aber erzähle mir bitte erst von dir. Vieles konnte ich mir aus den gefundenen Daten zusammenreimen, jedoch nicht alles. Wie bist du in die Kryokapsel gekommen?«

Puh, das wird jetzt eine lange Geschichte …

Ich berichte ihr von Professor Doktor Fletching, wie er an die Uni kam und uns von seinen Fortschritten in der Kryonik, dem Einfrieren von Zellen, erzählte. Nachdem es seinen Forschern gelang, Tiere unbeschadet einzufrieren und später wieder aufzutauen, wollte er dies endlich an Menschen testen.

»Und du warst eine von ihnen?«, unterbricht mich Jane.

»Ja. Ich hatte mich, wie einige von uns, des Geldes wegen beworben. Wir waren so viele zu Beginn. Es war unsere Chance auf eine bessere Zukunft. Zu der Zeit lebten die meisten längst am Rande der Armut. Seit sich der Krieg mit Husania ausbreitete, wusste keiner, wie lange er sein Leben noch wie bisher weiterführen konnte«, erkläre ich ihr. »Ich hatte selbst meine Mutter mitzuversorgen und wusste kaum, wie ich mein Studium weiter finanzieren sollte.«

»Wie wurdet ihr ausgewählt?«

Diese Frage habe ich bereits erahnt und so oft, wie ich sie schon meinen Freunden erzählt habe, muss ich mich zurückhalten, um sie nicht in einem Zug herunterzurattern. Natürlich gelingt mir das nicht.

»Es gab einen Haufen Tests«, sage ich. »Zuerst mussten wir nur einen einfachen Gesundheitstest bestehen. Es wurde uns Blut abgenommen und wir wurden an ein EKG angeschlossen, um die elektrischen Aktivitäten unserer Herzmuskelfasern zu prüfen. Im nächsten Schritt stand ein Fitnesstest an. Dafür wurden wir auf ein Gelände des Militärs gebracht und sollten dort verschiedenste Kraft- und Ausdauerübungen absolvieren. Bei den Mädchen schnitt ich sogar am besten ab«, werfe ich stolz ein. Die waren nämlich verdammt anstrengend.

»Nach diesem Test gab es nur noch hundertfünfzig Teilnehmer. Später füllten wir einen Fragebogen aus und die, die danach noch nicht ausgemustert waren, zogen in das Universitätstestzentrum ein. Dort bekam ich mein eigenes Zimmer und ging regelmäßig zu psychologischen Gesprächen und Untersuchungen. Ich hatte auch verschiedene Reaktions- und Stresstests auszuführen. Der letzte war wirklich hart.« Beim Gedanken an diese Prüfung läuft es mir eiskalt den Rücken runter. »Wir bekamen ein Halluzinogen gespritzt und eine Illusionsbrille aufgesetzt, die uns in die verschiedensten Szenarien schickte und unsere Reaktionen maß. Danach blieben nur noch wir fünfundzwanzig übrig.«

Jane hört mir die ganze Zeit über aufmerksam zu und weist mich anschließend noch einmal auf den Tee vor uns hin, der beinahe kalt geworden ist. Dankend nehme ich ihre Geste an und schlürfe ihn durstig. In Gedanken versunken halte ich inne und blicke auf meine Vergangenheit zurück. Es ist alles so unwirklich. Jane macht keine Anzeichen, dass irgendetwas hier nicht real ist. Mit einem Schlag wird mir mein Verlust bewusst.

»Sie sind tot, sie sind alle tot. Niemand überlebt so lange«, flüstere ich vor mir her.

Jane springt erschrocken auf. Vor mir liegen die Scherben der weißen Porzellantasse, die ich gerade noch in den Händen hielt. Ohne es bemerkt zu haben, ließ ich sie fallen. Jetzt zittert mein ganzer Körper, während ich auf die Bücherwand gegenüber starre. Jane wischt hektisch die Teepfütze vom dunklen Parkettboden auf. Jedoch beachte ich sie kaum.

Mein Blick ist auf Jules Farmers Bis zum Ende und zurück gerichtet. Dass es hier steht, hier, in dieser Welt, all die Jahre überdauernd, haut mich um. Wie kann es überlebt haben und sonst niemand? Wie kann es dort stehen und draußen hat sich alles verändert?

Jane legt mir eine Decke über die Schultern und den Rücken. Sie ist warm und ich raffe sie näher an mich, ziehe die Beine dicht an den Körper und wiege mich vor und zurück. Das ist alles nicht echt!

Ich bin wieder elf Jahre alt, sitze auf dem Schoß meines Vaters, in einer ebenso warmen Decke wie diese eingekuschelt. Er liest mir die letzten Zeilen dieses wunderbaren Werkes vor. Ich bin traurig, ich will nicht, dass es zu Ende geht. Betrübt schaue ich in seine liebevollen, dunklen Augen. Er schlägt das Buch zu und legt es zur Seite. Ich springe auf und laufe vorne weg zur Tür. Ich will sie ihm versperren, damit er weiterliest. Immer weiter und weiter. Mamas Stimme hallt bereits durch den langen Flur und der Duft einer köstlichen Kürbissuppe dringt in meine Nase …

»Hast du Hunger? Unten ist eine Kantine. Wir können uns dort etwas holen und anschließend hier oben weiterreden«, reißt Jane mich aus der Erstarrung. Sie betrachtet besorgt mein Gesicht.

»Du siehst bleich aus«, bemerkt sie.

»Darf ich das haben?«, frage ich und zeige auf den Roman.

Als ich das Werk endlich in meinen Händen halte, lässt die Schockstarre langsam nach und weicht den Tränen. Ich schluchze laut auf. Dicke Tropfen laufen meine heißen Wangen herunter und fallen auf den weißen Einband des Buches. Instinktiv wische ich sie weg, ich will dieses kostbare Stück Erinnerung nicht beschmutzen.

Jane nimmt mir das Buch vorsichtig aus den zittrigen Händen und legt mir stattdessen ein Taschentuch hinein. Trompetend schnäuze ich hinein und greife erneut nach dem Buch, während ich die Tränen wegwische. Ich blicke Jane an, wünsche mir, dass sie mich in den Arm nimmt, doch sie tut es nicht. Sie hält mir nur ein weiteres Tuch hin und fragt mich noch einmal, ob ich etwas essen möchte.

Mein Magen knurrt laut. Jetzt erst merke ich, wie hungrig mich das ganze Erzählen und Heulen gemacht haben.

Ich nicke und folge ihr stumm hinaus, das Buch fest an meinen Bauch gedrückt. Während wir nach unten laufen, zeigt sie mir verschiedene Gänge des Gebäudes und erklärt, wo ich den Psychologen, die Krankenzimmer und die Bibliothek finde. Das Gebäude muss riesig sein. Durch die hohen, mit Stuck verzierten Decken wirkt es anmutig und bedrückend zugleich.

Ich war noch nie in diesem Teil der Universität, wahrscheinlich gab es ihn vorher überhaupt nicht. Unsere Uni bestand bloß aus drei viereckigen Kästen, die wie ein U zueinanderstanden. Heute wirkt es eher wie ein riesiges Schloss, ein Irrgarten aus Gängen und Treppen.

 

Das Essen ist eintönig, noch langweiliger als ich es gewöhnt bin: Kartoffelpüree, etwas Gemüse und wenig Fleisch. Ich vermisse die Mahlzeiten bei meiner Mutter. Sie kochte mit so viel Liebe. Das hier schmeckt wie Chemie.

Beim Essen reden wir kaum, aber ich bekomme endlich die Gelegenheit, sie nach meinen Freunden Jeff und Martin zu fragen.

Jane zieht eine Liste aus ihrer Tasche, ich erkenne sie wieder: Es ist eine Kopie der eingeschweißten Teilnehmerliste, mit Name, Geburtsdatum, der Kapselnummer und irgendwelchen Blutwerten der Teilnehmer, die an der Tür der Kryohalle hing.

»Hmm«, murmelt Jane und ich befürchte keine allzu positive Antwort.

»Jeff Markson war die Nummer zwölf?«

Ich nicke.

»Tut mir leid. Er hat das Auftauen nicht überlebt. Martin Hansens, Nummer 15; er war der Erste, den wir auftauen konnten.«

Unweigerlich huscht mir ein Lächeln über die Lippen, als ich seinen Namen höre. Martin hat es geschafft, er lebt und atmet und wird schon bald wieder lachend seine Runden mit mir ziehen. Und doch ist Jeffs Tod ein Shock für mich. Obwohl ich damit gerechnet hatte, kralle ich meine Nägel tief in den Einband meines neuen Erinnerungsschatzes, bis meine Finger schmerzen. Die Knöchel scheinen bereits weiß und bleich hervor. Es hilft mir, die Trauer und Wut zu unterdrücken.

Meine Hände beginnen zu zittern. Jeff … Der starke, unerschütterliche Jeff. Für mich war er immer ein Kämpfer. Ein Ritter in der Gestalt eines jungen, bärtigen Mannes. Ich erinnere mich daran, wie wir gemeinsam Fußball auf dem Sportplatz hinter der Uni spielten, wie wir uns gegenseitig Filmzitate an den Kopf schmissen oder ich ihm beim Bogenschießen nach der Uni zu sah. Ihm hätte ich diesen Kampf, diese Reise viel eher zu getraut - viel eher als mir. Alle sind sie weg. Meine Familie, meine Freunde, einfach weg. Ich bin alleine und hilflos. Tränen fließen erneut über die Wangen, aber das ist mir egal. Dieses Mal lasse ich sie einfach laufen. Soll diese beschissene Welt doch wissen, wie sehr sie mich ankotzt.

Schwer atmend vergrabe ich meinen Kopf in den Händen und möchte nur noch alleine sein. Ich brauche Zeit für mich und gleichzeitig sehne ich mich mehr als nach allem anderen nach Martin.

»Kann ich ihn sehen? Martin?«, flüstere ich kaum hörbar. Ich brauche ihn, seine Nähe, seine Wärme und sein Lachen, das selbst dem traurigsten Tag noch etwas abgewinnen kann.

Ich wische über mein nasses Gesicht und schaue Jane an. Hoffnung keimt in mir auf, als sie mir verständnisvoll zulächelt.

Um uns herum wird es immer lauter; Menschen in Kitteln und Anzügen rücken auf Stühlen hin und her, Geschirr klappert und alle Reden durcheinander. Mit meinem verheulten Gesicht fühle ich mich unwohl in dieser Menge. Bedrückt greife ich zur Serviette und wische auch die letzten Tränen von meinen bestimmt glühend roten Wangen.

»Tut mir leid, er wurde zwar aufgetaut, liegt aber noch im Koma. Wenn du möchtest, kann ich dich heute Abend zu ihm bringen, vielleicht helfen ihm deine Stimme und Anwesenheit, zurückzukehren.«

»Was ist mit den anderen? Wir waren doch so viele?«

»Seit wir euch vor vier Jahren in der Halle entdeckt haben, probieren wir es regelmäßig. Die ersten Versuche sind leider alle missglückt. Dein Freund Martin war der Erste, bei dem es funktionierte. Heute wollen wir Nr. 18 auftauen, eine Marissa Lengfeld. Kennst du sie?«

Ich überlege. »Ja, flüchtig, sie war in einer der Kapseln neben mir. Jedoch hatten wir nie viel miteinander zu tun.« Um ehrlich zu sein, mochte ich sie nie wirklich. Sie gehört zu der Kategorie neunmalklug und ist zudem ein totales Plappermaul. Wie sie für das Experiment ausgewählt werden konnte, frage ich mich immer noch.

»Wieso haben sie uns erst so spät gefunden?«

Jane schaut mich nachdenklich an. »Alles war verschüttet und zerstört. Es war ein Zufall, dass wir bei Bauarbeiten für einen neuen Flügel auf den Bunker stießen. Aber jetzt lass uns hochgehen. Hier wird es zur Essenszeit immer so ungemütlich.«

Ich weiß, was sie meint. In der Mensa ist es mittlerweile so voll und laut geworden, dass ein Gespräch kaum mehr möglich ist. Wir stehen von unserem Tisch auf und bringen die Essenstabletts zur Abgabe.

Das Buch klemmt unter meinem Arm. Obwohl ich mir vornahm, diesen Schatz wie meinen Augapfel zu hüten, sieht es jetzt schon ziemlich lädiert durch meine Tränen und das Herumtragen aus. Jane beäugt es misstrauisch. Ich glaube, sie bereut bereits, es mir überlassen zu haben. Wir gehen gemeinsam zurück in den vierten Stock in ihr Büro.

»Kim, setz dich am besten hin, du wirst jetzt einiges zu verkraften haben. Die Welt hat sich verändert! Unglaublich verändert.«

Sie reicht mir ein Glas Wasser und ich nehme dankend einen Schluck zu mir. Ich werde endlich erfahren, was für ein abgekartetes Spiel hier läuft. Nervös tipple ich auf der Couchlehne und wippe mit dem Knie. Ich versuche, mich zusammenzureißen, ruhig zu bleiben. Das wird schwierig...

Während sie zu erzählen beginnt, umklammere ich das kalte Glas fest mit meinen aufgeregt zittrigen Fingern. Das Wasser schwappt mäßig hin und her.

»Als du eingefroren wurdest, stand der Krieg bereits kurz bevor. Du hattest unglaubliches Glück gehabt, dass du an dem Experiment teilnehmen durftest, ansonsten wäre diese Woche wohl deine letzte gewesen. Kaum, dass ihr sicher eingefroren wart, machte Husania seine Drohungen war. Sie haben das ganze Land mit Atombomben und Raketen zerstört. Diese Stadt traf es besonders hart, fast alle waren sofort tot.«

Mein ganzer Körper bebt und in meinen Ohren beginnt es wieder zu rauschen. Kim, konzentrier dich!

Jane zieht ein hauchdünnes, weißes Tablet, sie nennt es Screenflat, aus einer Schublade hervor und zeigt mir verschiedene Luftaufnahmen, welche nach dem Angriff entstanden sind.

Alles ist grau in grau und von Asche bedeckt. Am Rand sieht man noch die Umrisse eines riesigen Kraters, dort, wo die Bombe einschlug. Auf einem anderen Bild erkenne ich ein paar der Ruinen wieder, Teile der neuen Stadtbibliothek, des Opernhauses und der Universität, sowie eines der hohen Wirtschaftsgebäude. Aber alles liegt in Schutt und Asche. Alles ist tot. Kontaminiert, von der Druckwelle zerstört. Ich frage mich, was dann passiert ist, dass es wieder besiedelt werden konnte. Ich wische mir die Tränen, die mein Gesicht erneut befeuchten, mit meinem Ärmel weg und höre Jane weiter zu. Ich muss jetzt stark sein!

»Nicht nur unser Land gab es nicht mehr. Zahlreiche Staaten der äußeren Bezirke wurden angegriffen. Husania war danach neuer Weltherrscher. Die meisten Städte konnten sich auch nach Jahrzehnten nicht erholen. Während Husania in Saus und Braus lebte, brachen in den anderen Ländern immer wieder kleinere Bürgerkriege aus. Menschen starben, verhungerten und verdursteten, da die Flüsse und Seen radioaktiv verseucht waren. Täglich kam es zu Raubüberfällen und die Gefängnisse erreichten ihre volle Kapazität. Also wurden neue gebaut, mehr und mehr; die meisten in den nördlichen Ländern, da dort, durch die bisherige Minderbevölkerung, der Platz am größten war. Die Gefangenen wurden schiffsweise herüber gebracht. Es gibt noch einige Tagebücher aus dieser Zeit, die mitgebracht worden sind, nur deshalb kennen wir die Geschichten überhaupt. Unsere Kommunikationsreichweite ist heute leider sehr begrenzt, aber dazu komme ich noch.«

Sie macht eine Pause und trinkt etwas. »Ende der achtziger Jahre deines Jahrhunderts kam es zu mehreren Überflutungen der Küstenstädte, da die Polkappen durch die nukleare Veränderung der Erde schneller als zuvor schmolzen. Man suchte nach einer neuen Lösung für Wohnraum. Zwar konnten die zerbombten Gebiete wieder weitestgehend betreten werden, den Wiederaufbau empfanden sie jedoch als zu langfristig, hinderlich und gefährlich. Daher überlegten sie sich etwas Anderes. Sie nutzten die Gefängnisse als neuen Wohnraum, davon gab es schließlich zahlreiche. Man verfrachtete die Insassen hierher, nach Antvasa. Das Land war natürlich eine absolute Katastrophe. «

»Wie hielt man die Gefangenen davon ab, wieder zu flüchten?«, frage ich neugierig.

»Das, meine liebe Kimberley, ist der entscheidende Punkt, der bis zu diesem Tag unser aller Leben bestimmt. Denn über das ganze Land war, so wie es auch heute noch ist, eine riesige Plasmakuppel gelegt worden. Keiner in dieser Kuppel hat jemals etwas anderes als dieses Land gesehen. Niemand!«

Sie macht eine Pause.

Es ist also wahr. Es ist alles wahr. Ich spüre, wie mein Herz aufgeregt gegen den Brustkorb schlägt.

Während Jane erneut ihr Screenflat herauszieht und eine Karte öffnet, blicke ich aus dem Fenster und meine, einen leichten Schimmer am Himmel wahrzunehmen. Eine Kuppel, das war es, was ich heute Morgen als so unbeschreiblich befremdlich empfand.

»Wir wissen mittlerweile, wie das Plasmafeld aufgebaut ist, von innen kann man es jedoch nicht stürzen«, setzt Jane erneut an.

»Hunderte der Gefangenen starben bereits bei dem Versuch, darunter viele Wissenschaftler. Man hielt es damals für menschlicher, die Gefangenen hier einzusperren, anstatt sie umzubringen. Ob das wirklich so menschlich war, bin ich mir nicht sicher. Die Menschen hatten nichts«, sagt sie verächtlich. »Aus den Gefängnissen waren sie an drei Mahlzeiten täglich und warme Räume gewöhnt. Hier gab es nichts als unfruchtbaren Boden und zahlreiche, zerstörte Gebäude. In den Anfangsjahren starb beinahe die Hälfte der Leute; wenn nicht durch die restliche Strahlung, dann durch Hunger und Gewalt. Es heißt, ein junger Mann startete eine Revolte und versuchte, die Menschen neu zu organisieren.«

»Wie hat er es geschafft, das Land wieder zu bewirtschaften? Es war alles verstrahlt, außerdem waren es Verbrecher? Wie konnte er die vereinen, ohne neue Aufstände und Straßenkämpfe anzuzetteln?«, frage ich neugierig, mein Frust ist vorübergehend verschwunden. Ich verstehe das alles nicht.

»So genau kann ich dir das auch nicht beantworten. Die schlimmsten Gesetzesbrecher brachten sich zum Teil gegenseitig um, viele starben von alleine. Das ganze Land fasste schließlich nicht mehr als zweihunderttausend Einwohner. Außerdem nutzte man die natürlichen Begebenheiten der Orte. Man passte sich einfach den Umständen an. Ebenso wurden viele der Häuser bereits zuvor neu belagert und wiederaufgebaut. So wie nach der ersten dunklen Zeit.«

Die dunkle Zeit. Sie war das Geschichtsthema in der Schule. Überall brachen damals Unruhen aus. Leute schlachteten ihre Nachbarn ab oder händigten ihre Familien aus. So muss es auch hier gewesen sein.

»Jedenfalls hat man es geschafft, das Land neu zu erschaffen. Vasarisch wurde als neue Landessprache eingeführt und jeder musste einen Fragebogen ausfüllen, um dann, den eigenen Fähigkeiten entsprechend, den einzelnen Berufen zugeteilt zu werden. So wurde das Land neu organisiert. Die Leute hatten Spaß an ihrer neuen Arbeit und alle halfen mit. Bezahlt wurden sie in Rationsmarken und egal, welche Arbeit man verrichtete, jeder bekam den gleichen Zuschuss«, erzählt sie mir stolz.

»Wo kam das Essen her und wie werden die Leute heute in die Berufe eingeteilt?«

Jane legt sich zurück, ihr Gesicht wirkt angespannt und müde.

»Die ersten Rationen bekamen die Menschen durch die Macher der Kuppel. Sie lieferten alles mit, was man zur Rekreation der Wirtschaft brauchte. Doch dann kam es zu einer schweren Pockenepidemie, fast siebzig Prozent der Kinder starben vor hundertfünfzig Jahren.« Mit hängenden Schultern und trüben Augen sieht sie zu mir auf, ehe sie weiterspricht. »Man hatte schon damals eingeführt, dass alle Kinder ab sechs Jahren von ihren Eltern getrennt hier in der Universitätsstadt auf Internaten aufgezogen werden. Nur so konnten sich die Eltern vernünftig auf ihre Arbeit und den Wiederaufbau konzentrieren. Mit zwölf Jahren entscheiden sich die Schüler für eine Berufsrichtung und werden vor Ort weitergebildet. Im Regelfall bleiben sie ein Leben lang nahe ihrer Ausbildungsstätte. Anders ergibt es schließlich keinen Sinn. Was wollen wir schon hier in der Stadt mit Kohlearbeitern oder Landwirten.«

Ich schüttele den Kopf. Einen Teil meines Lebens bin ich selbst ohne Vater aufgewachsen. Eine Kindheit ganz ohne Eltern muss noch schrecklicher sein.

»Die Kinder werden mit sechs Jahren den Eltern weggenommen? Das ist doch bekloppt!«

Jane wischt meine Antwort mit einer Handbewegung weg.

»Ich sagte doch, es klingt hart. Aber die Kinder hier kommen gut damit zurecht. Das System funktioniert! Außerdem können die Eltern sie während ihres Urlaubes besuchen«, betont sie deutlich. Gleichgültigkeit liegt in ihrer Stimme.

Ich finde das System schrecklich. Gerade so schaffe ich es, mich zusammenzureißen. Meine Hände ballen sich zu Fäusten und ich presse meine Lippen aufeinander, um nichts zu sagen, was ich später bereuen könnte.

»Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen muss? Ansonsten würde ich mich gerne etwas ausruhen«, frage ich kühl, die Hände zu Fäusten geballt.

Doch Jane bleibt ganz ruhig, als bemerke sie meine Anspannung gar nicht, vielleicht ignoriert sie sie aber auch bewusst.

»Nur noch eines, Kimberley. Wie ich eben sagte, starben damals viele Kinder. Das Land stirbt aus! Viele sind unfruchtbar, Teile des Landes sind immer noch leicht verstrahlt oder es ist genetisch bedingt. Daher hat meine Mutter, als sie dieses Land noch führte, das einzig Logische getan. Mittlerweile müssen alle Jugendlichen zwischen fünfzehn und achtzehn Jahren zu einem Gen- und Fruchtbarkeitstest, anschließend wird man mit dem kompatibelsten Partner verheiratet. Eine andere Möglichkeit gibt es leider nicht, um das Leben aufrecht zu erhalten. Nur durch eine korrekte, genetische Übereinstimmung gezielter Paare können wir durch den Paarungsprozess das Land vor dem Aussterben retten.«

»Wehren sich die Leute denn nicht dagegen?« Ich starre sie fassungslos an.

Jane schüttelt den Kopf. »Nein, nicht wirklich. Manche verweigern die Hochzeit, dafür erhalten sie jedoch starke Rationskürzungen, die kaum jemand in Kauf nehmen will. Kim, das Leben hier ist sehr reguliert! Anders geht es nicht. Wir müssen das Land komplett selbst bewirtschaften. Wir wären ohne diese Maßnahmen nie so weit gekommen. Versteh das bitte.«

Sie pausiert kurz, um ein paar bunte Kärtchen aus ihrer Schublade zu ziehen.

»Hier sind ein paar Rationsmarken für dich. Die blauen sind für Lebensmittel, die roten für Kleidung, die orangen für Haushaltsartikel und alles für den täglichen Bedarf. Du kannst dir damit ein paar neue Sachen für dein Zimmer und dich holen. Bewahre sie gut auf.«

Jane gibt mir einen ganzen Stapel der verschiedenen Marken, die ich in meine Hosentasche stecke.

»Ruhe dich etwas aus«, sagt sie im mütterlichen Ton. Ausruhen, dazu kreisen meine Gedanken gerade viel zu sehr umher ...

»Wenn du heute noch zu Martin willst, dann komm bitte um achtzehn Uhr in mein Büro und wir gehen gemeinsam zu ihm. Anschließend halte ich es für sinnvoll, wenn du mit einem unserer Psychologen sprichst.« Hoffentlich ist der etwas einfühlsamer als Jane. Sie wirkte so liebevoll und jetzt reagiert sie nur noch kalt.

Mit dem Buch in der Hand drehe ich mich um und verlasse stumm ihr Büro. Noch eine Sekunde länger bei ihr und ich hätte vermutlich das Büro zerlegt.

Frustriert und wütend auf diese freiheitsraubende Welt und den vermaledeiten Krieg stapfe ich den Flur entlang zu meinem Zimmer. Die Tür schließe ich mit einem lauten Knallen. Ich schmeiße mich auf das von irgendwem frisch gemachte Bett und schließe die Augen.

Wieso konnte ich nicht einfach sterben, wie alle anderen auch?

Ich schlafe unruhig mit dem Buch in der Hand ein.

 

Begegnungen

 

Den Schlaf über begleiten mich zahlreiche Albträume. Ich sehe immer wieder das zerstörte Land vor mir. Meine Mutter, wie sie nach mir schreit, meine Freunde, wie sie tot auf der Asche ihrer Häuser ruhen.

Als ich aufwache, bin ich schweißgebadet. Ich habe mir extra den Wecker gestellt, um pünktlich bei Jane sein zu können. Ich steige unter die Dusche und wasche den Dreck dieses Albtraums von mir, dann ziehe ich mich an und gehe zu ihr. Dieses Mal sitzt sie an ihrem Schreibtisch und tippt etwas auf ihr Screenflat ein.

»Komm rein, ich bin gleich so weit!« Sie hebt ihren Blick und schaut mich freundlich an.

Ich nicke und setze mich auf die Couch, dann steht Jane auch schon auf und bittet mich, ihr zu folgen.

»Martin liegt unten auf der Krankenstation im ersten Stock. Seine Werte sind nach wie vor stabil, dennoch wird er vermutlich noch etwas brauchen, bis er aufwacht. Erschrick dich bitte nicht, wenn du ihn gleich siehst, er wird künstlich ernährt und ist ziemlich blass«, erklärt sie mir.

Ich schlucke und nicke erneut, obwohl ich weiß, dass sie es nicht sehen kann, da sie vor mir geht.

»Wie lange liegt er schon im Koma?«, frage ich mit einem Kloß im Hals.

»Knapp zwei Wochen.«

»Was ist mit Marissa, hat sie es geschafft?«

»Ja, aber sie ist ebenfalls noch nicht erwacht.«

In gewisser Weise habe ich gar nichts dagegen, sie wird vermutlich eh nur nerven, wenn sie aufwacht.

Auf der Krankenstation laufe ich direkt auf Martins Bett zu. Es scheint derselbe Raum zu sein, in dem ich am Vorabend kurz aufgewacht bin.

Jetzt sehe ich auch sie. Neben Martin liegt Marissa. Beide schlafen friedlich. Fast schon wünschte ich, ich könnte ihnen die grausame Realität ersparen. Alle, die sie liebten, sind tot, und sie selbst sind nun in einer Welt gefangen, in die sie nicht hineingehören. In die ich nicht hinein gehöre.

Ich nehme Martins Hand und streichle sie sanft. Ich mag Martin, sehr sogar. Während des Testverfahrens haben wir viel miteinander unternommen. Obwohl ich nie mehr für ihn empfunden habe, ist sein Anblick das Einzige, was mir gerade Halt geben kann. Ich wünsche mir so sehr, dass er aufwacht. Ich brauche ihn, ich brauche ihn jetzt und hier. Er soll mich in den Arm nehmen, mich drücken, mir Halt geben. So, wie er es auch früher getan hat. Er soll jetzt für mich da sein!

Aber er wacht nicht auf, er liegt einfach nur da, ohne zu wissen, dass es unsere Welt nicht mehr gibt.

Während ich ihm sein wildes, blondes Haar vorsichtig aus dem Gesicht streiche, rinnen mir wieder Tränen über die Wangen. Allmählich mutiere ich zur Heulsuse. Ich versuche, mit ihm zu reden, doch ich bringe nur wenige Worte über die Lippen. Also summe ich stattdessen ein Lied, das meine Mutter mir immer vorgesungen hatte, wenn ich krank war.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort gesessen habe. Doch als ich aufstehe, tut mir mein Po vom Stahlrahmen der Bettkante weh. Ich werfe einen letzten Blick auf meinen Freund und wende mich, so gefasst wie möglich, Jane zu.

»Wir können jetzt zum Psychologen«, sage ich monoton. »In welchen Raum muss ich? Den Weg finde ich bestimmt selber.«

Jane lächelt verständnisvoll. Sie merkt, dass ich alledem aus dem Weg gehen möchte, dass ich ihr nicht traue. Ich sehe es in ihren Augen, an der Art, wie sie mich anschaut, mich immerzu beobachtet.

»Gleich hier um die Ecke, Raum 103«, antwortet sie freundlich.

Wie schafft sie es nur, nach unserem Gespräch heute früh so locker zu bleiben?

Ich drehe mich nicht um, als ich die Tür schließe. Mein Magen krampft sich zusammen; ich reibe die Hände und stelle mir vor, es wären immer noch Martins in meinen. Ich schüttele mich heftig, während ich den spärlich beleuchteten Gang hinunterlaufe; Martins Bildnis in den Gedanken.

Vor einer schweren, schwarz gestrichenen Tür bleibe ich stehen und atme tief ein und aus. Als ich die Türnummer und das Schild Therapiezimmer darunter betrachte, versuche ich, mich zu beruhigen. Dann klopfe ich leise an. Eine freundliche, tiefe Männerstimme ruft mir ein »Herein!« entgegen.

 

Der Psychologe ist jünger, als ich erwartet hatte. Und er sieht ziemlich gut aus; seine dunkelblonden, leicht lockigen Haare liegen gewollt wild durcheinander und sein athletischer Körper springt einem durch sein eng anliegendes, rot kariertes Hemd geradezu in die Augen. Er erinnert mich an den Schauspieler, dessen Namen ich immer vergesse.

»Hallo, ich bin Kimberley, aber Sie können mich Kim nennen. Jane meinte, ich solle mit Ihnen reden«, stelle ich mich mit verlegener Stimme vor und strecke ihm meine Hand entgegen.

Er lächelt mir freundschaftlich zu und nimmt sie an. Sein Lächeln wirkt ehrlicher, wirklicher als Janes.

»Hallo, Kim, Jane meinte, dass du noch vorbeischauen wolltest. Setz dich bitte.«

Er zeigt zu einem Platz auf seiner ledernen Couch.

»Mein Name ist James Fonder, es reicht, wenn du mich James nennst. Wir duzen uns hier alle. Vorab, alles, was du mir erzählst, ist selbstverständlich vertraulich«, erklärt er mir und ich setze mich. »Also, Kim, wie fühlst du dich? Diese Zeit ist bestimmt ganz anders als die, die du verlassen hast.«

Ich lehne mich zurück und überlege, wie ich ihm antworten soll. Er scheint sehr nett zu sein. Sein Lächeln wirkt warmherzig und echt. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob er Jane nach unserem Gespräch nicht doch Bericht erstatten wird.

»Bist du nervös?«

Ich schaue auf. Anscheinend schweige ich bereits länger als beabsichtigt.

»Ja, etwas. Ich traue dem Ganzen noch nicht. Ist das verwunderlich?«

Er schüttelt den Kopf.

»Nein, eigentlich nicht. Es ist sogar ziemlich nachvollziehbar.«

»Ich fühle mich verlassen, einsam«, erzähle ich ihm mit gesenktem Blick. »Alle sind verstorben und der einzige Freund, den ich noch habe, liegt im Koma. Außerdem fühle ich mich fremd. Alle starren mich an. Die Leute auf der Krankenstation, die Kantinenfrau und selbst Sie. Blinzeln Sie eigentlich nie?«

Ich meine es ernst. Der Mann hat kein einziges Mal woanders hingeschaut, kein Blinzeln, nichts! Nichts, seit ich in diesem Raum bin und ihm gegenübersitze.

James muss lachen. Ha, jetzt hat er doch einmal weggeschaut. Langsam gewöhne ich mich an seine Art.

»Was erwartest du, Kimberley? Natürlich schauen die Leute dich an. In gewisser Weise bist du die Attraktion des Instituts«

Ich sehe schon die Schlagzeile vor mir:

---KIM, 500 JAHRE AUF EIS, ENDLICH ERWACHT---

Na super …

»Aber lass uns bitte ernst bleiben«, sagt James jetzt zu mir.

»Also, wie fühlst du dich? Erzähl mir mehr über dich!«

Was gibt es da schon groß zu sagen? Mein Leben ist vorbei, ich bin alleine, ich bin praktisch knapp fünfhundert Jahre alt, ohne einen Funken gealtert zu sein. Ich hatte ein tolles Leben, mein Studium hatte gerade erst begonnen und ich gehörte bereits zu den Besten. Ich hatte Freunde oder zumindest Menschen, denen ich vertraute und die mir Halt gaben. Hier ist derzeit niemand, der diese Kriterien für mich erfüllt.

»Was möchten Sie denn hören?«, frage ich ihn. »Ich bin verzweifelt und mir gefällt diese Welt nicht. Ich habe Angst. Angst davor, was passiert, wenn ich es nicht schaffe, meinen Platz in dieser Zeit zu finden. Es ist so viel neu. Wie soll ich mir das alles merken? Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Was darf ich, was darf ich nicht? Was passiert mit denen, die die Regeln brechen? Nehmen sie mir diese Rationsmarken ab? Muss ich dann verhungern? Wie sieht meine Zukunft hier aus? Werde ich in zwei Monaten mit irgendeinem fremden, dicklichen Macho verheiratet sein?«

Ich werde immer wütender, während ich den angesammelten Frust des Tages herauslasse. Meine Stimme wird lauter als beabsichtigt, bis ich James fast anbrülle. Dann muss ich weinen. Die Tränen fließen beinahe wie eine reißende Strömung übers Gesicht. Ich schmecke das Salz auf den Lippen und das Schlucken schmerzt.

James setzt sich direkt neben mich und nimmt mich in den Arm. Ich heule einfach weiter und lasse den ganzen Frust, meine Angst, meinen Hass auf diese beschissene Welt und dieses System und den Krieg mit jeder Träne heraus. Ich hyperventiliere, bekomme kaum noch Luft. Ruhig bleiben, Kim! Japsend schaffe ich es, durchzuatmen.

James’ Wärme tut mir gut. Es ist so beruhigend, dennoch schaffe ich es nicht, aufzuhören. Wir sitzen einfach nur da, schweigend, stumm. Nur mein Gejammer und das Ticken der Uhr an seiner Wand sind zu hören.

Nach zwanzig Minuten habe ich mich weitestgehend entspannt, sodass James mir ein Glas Wasser reichen kann. Der Hals tut höllisch weh, außerdem brummt mein Kopf. Als ich James ansehe, muss ich lachen. Sein fein gebügeltes Hemd ist klitschnass.

»Tut mir leid«, sage ich entschuldigend und zeige auf sein Hemd, meine aber auch meinen Wutanfall.

»Ist nicht schlimm«, erwidert er, »Geht es dir etwas besser?«

»Ja, danke. Ich hoffe, ich habe die anderen Mitarbeiter nicht aufgeschreckt.«

»Ich denke nicht, und wenn, dann sind sie Schlimmeres gewöhnt. Immerhin hast du keine Sachen durch die Gegend geworfen.«

Wir lachen. Ich mag ihn, und vielleicht kann ich ihm sogar vertrauen.

»Wenn du möchtest, kannst du jetzt gehen. Ich würde mich aber freuen, wenn du mich bald wieder besuchst.«

»Ja, das werde ich«, verspreche ich.

»Okay. Das freut mich. Bezüglich deiner Ängste, schau mal in Die Geschichte der Kuppelgesellschaft, dort dürftest du alles zu unseren Regeln und dem Ausbildungssystem erfahren. Ansonsten kannst du mich natürlich auch fragen.«

Zwei Fragen schwirren mir tatsächlich durch den Kopf, aber ich weiß nicht, ob ich sie stellen soll.

»Sind Sie glücklich hier?

---ENDE DER LESEPROBE---