Offen lieben - Svenja Sörensen - E-Book

Offen lieben E-Book

Svenja Sörensen

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Beschreibung

Alles, was man über offene Beziehungen wissen muss Offene Beziehungen sind keine echte Liebe. Wer sich sowas wünscht, ist unzufrieden in der Partnerschaft und sucht nach einem Weg raus. Das ist doch Fremdgehen mit Ansage. Die armen Kinder! Seit sie auf ihrem erfolgreichen Instagram-Account über ihre offene Ehe spricht, wird Svenja Sörensen mit allen möglichen Vorurteilen zum Thema konfrontiert. Stimmt alles nicht, zeigt ihre eigene Erfahrung. In diesem Sinne ermutigt sie ihre Leser:innen zu einer offenen Haltung einander und der Beziehung gegenüber, um vermeintlich unumstößliche Wahrheiten über Liebe und Beziehungen kritisch zu hinterfragen und sich darauf zu besinnen, was sich für sie selbst richtig anfühlt. Die eigene Sexualität als Paar oder in Solo-Abenteuern zu erweitern, kann eine enorme Bereicherung bieten, die weder die Verbindlichkeit der Beziehung gefährdet noch die Gefühle füreinander infrage stellt. Eine glückliche Beziehung ist dynamisch und basiert darauf, dass Partner:innen ehrlich ihre Bedürfnisse kommunizieren, um ein erfüllendes Miteinander zu gestalten. 

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Offen lieben

Die Autorin

Svenja Sörensen (*1985) ist Mindset- und Beziehungscoachin. Auf ihrem Instagramaccount (@svenjasoerensen) beleuchtet sie das Phänomen offener Beziehungen als Beziehungsexpertin sowie entlang ihrer persönlichen Erfahrungen als junge Frau, Ehefrau und Mutter in einer offenen Ehe.

Das Buch

Über offene Beziehungen gibt es etliche Vorurteile. Svenja Sörensen lebt in einer solchen und kann die Befürchtungen ausräumen: Die eigene Sexualität als Paar oder in Solo-Abenteuern zu erweitern kann eine enorme Bereicherung sein, die weder die Verbindlichkeit der Beziehung gefährdet noch die Gefühle füreinander infrage stellt. Eine glückliche Beziehung ist dynamisch und basiert darauf, ehrlich die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, um ein erfüllendes Miteinander zu gestalten. Wie das am besten geht und wie einerfolgreicher Weg in eine offene Beziehung aussehen kann, zeigt sie in diesem Buch.

Svenja Sörensen

Offen lieben

Wie offene Beziehungen wirklich gelingen

Ullstein

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© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023Alle Rechte vorbehaltenWir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text undData Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung: Favoritbüro, MünchenAutorinnenfoto: © Matthias Fischer | BilderwerftE-Book powerded by pepyrusISBN 978-3-8437-3038-9

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Einleitung: Meine eigene Geschichte – warum das Öffnen unserer Beziehung diese NICHT gerettet hat

Über Vorurteile, Stigmatisierung und viel Fantasie

»Warum führt ihr überhaupt eine Beziehung, wenn ihr euch nicht reicht?«

»Wer wirklich liebt, will nicht teilen!«

»Offene Beziehungen sind oberflächlich!«

»Das ist doch Fremdgehen mit Ansage!«

»Was ist, wenn sich eine:r verliebt?«

»Die armen Kinder!«

»Du Schlampe!«

»Ich könnte das nicht!«

Selbstbestimmt l(i)eben

Zwischen Norm und Selbstbestimmung – warum Schubladendenken ein Privileg ist

Das Märchen von der Liebe

Neue Beziehung – alte Muster

Selbstsabotage überwinden

Selbstfürsorge – Mach dich zur Priorität Nummer 1 in deiner Beziehung

Eigene Werte und Bedürfnisse erkunden

Nie wieder Pseudoharmonie – miteinander reden und Konflikte lösen

Gewaltfreie Kommunikation

Kommunikation und Verhalten verstehen

Konflikte richtig meistern

Radikale Ehrlichkeit

Umgang mit unterschiedlichen Werten und Bedürfnissen

Bedürfnis- und Erwartungsfalle

Verzeihen

Wie offene Beziehungen wirklich gelingen

Das eigene Warum hinterfragen – gute und weniger gute Motive für eine offene Beziehung

Offene Beziehung ansprechen

Erste Schritte in eine offene Beziehung

Unser erstes Date

Toolbox für den Notfall und Beziehungspflege

Schlussgedanken

Anmerkungen

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Einleitung: Meine eigene Geschichte – warum das Öffnen unserer Beziehung diese NICHT gerettet hat

Vorwort

Die meisten Menschen würden nicht auf die Idee kommen, dass es eine Alternative zu einer monogamen Beziehung geben könnte. Dass wir auch in der Organisation unserer Partnerschaften sehr unterschiedliche Vorstellungen und Bedürfnisse haben – und dass das in Ordnung sein könnte –, ist eine eher neue Denkweise. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis wir auch diesen Bereich unseres Lebens genauer hinterfragen und selbstbestimmter gestalten würden. Das tun wir nun: Beziehungskonzepte, die eine Alternative zur Monogamie darstellen, werden präsenter, auch wenn sie gesellschaftlich gesehen noch lange nicht der Norm entsprechen.

Aus meiner Sicht ist das ein fataler Fehler. Wieso sollten wir etwas so Wichtiges und Lebensveränderndes wie eine Beziehung eingehen, ohne vorher (und auch immer wieder aufs Neue) die Rahmenbedingungen abzuchecken? Die Antwort liegt auf der Hand: weil »wir« das immer so gemacht haben und alles andere – ähnlich wie ein Ehevertrag – als unromantisch gilt.

Doch ist es das wirklich? Was gibt es Romantischeres, als sich in einer Beziehung wahrhaftig auf Augenhöhe zu begegnen, sich miteinander auseinanderzusetzen, sich ehrlich füreinander zu interessieren, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszufinden und diese zu achten? Auf der Grundlage eigener Wünsche und Bedürfnisse Entscheidungen zu treffen und auch ganz bewusst und immer wieder Ja zueinander zu sagen, ohne einander verändern zu wollen. Mit so einer Haltung – sich selbst und dem Beziehungsmenschen gegenüber – können wir individuelle und dynamische Beziehungen gestalten, die sich uns anpassen – nicht umgekehrt.

Die unbewusste Monogamie als One-fits-all-Konzept erspart uns genau diese Auseinandersetzung, weil sie starre Regeln vorgibt und wenig Spielraum für Individualität und Unterschiedlichkeit lässt. Sich ein gesellschaftliches Konstrukt überstülpen zu lassen und sich in der damit einhergehenden Sicherheit zu wiegen hat Vorteile. Aber weil wir Menschen so unterschiedlich sind, bezweifle ich, dass Monogamie das beste Beziehungskonzept für alle ist. Je mehr ich mich persönlich mit alternativen Beziehungsmodellen beschäftigt habe, desto mehr bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass sexuelle Treue kein Maßstab für Beziehungsqualität und Liebe ist. Ich bin aber auch nicht per se gegen monogame Beziehungen. Dieses Buch ist keine »Weg-von-Monogamie«-Anleitung, sondern ein »Hin-zu-Mutmacher«, um selbstbestimmt zu lieben. Wohin genau ihr möchtet, ist dabei natürlich euch selbst überlassen. Monogamie-Bashing ist aus meiner Sicht ebenso fragwürdig, wie Monogamie als einzig wahres Beziehungskonzept darzustellen.

Dieses Buch richtet sich an alle, die dem Thema Offene Beziehung neugierig gegenüberstehen und wissen möchten, wie sie wirklich funktionieren kann. Es richtet sich an diejenigen, die ahnen, dass es neben der Monogamie noch mehr geben könnte, und die ihre Beziehung nicht länger von der gesellschaftlichen Norm bestimmen lassen möchten, ohne sie zu hinterfragen. Dieses Buch richtet sich aber bewusst auch an diejenigen, die unfreiwillig mit dem Thema in Berührung gekommen sind und vielleicht niemanden in ihrem nahen Umfeld haben, mit dem sie darüber sprechen können. Denn alternative Beziehungsmodelle zu leben ist noch sehr schambehaftet.

Ich lade dich ein, dieses Buch von vorne bis hinten zu lesen – und wenn nötig auch querfeldein. Hinterfrage alles, was du liest. Nimm an, was dich inspiriert. Lass Widerstände aufkommen, wenn du sie spürst. Ich wünsche mir, dass ich dich mit diesem Buch auch auf einer persönlichen Ebene erreiche – als Person, die selbst eine offene Beziehung führt und weiß, wie verdammt schwer das manchmal ist.

Du kannst sehr stolz auf dich sein, dieses Buch in den Händen zu halten, weil es bedeutet, dass du dich ernsthaft damit auseinandersetzt, was für eine Beziehung du führen möchtest. Auch wenn sich noch jede Zelle deines Körpers gegen das Neue und Unbekannte sträubt. Egal, ob du dich am Ende für oder gegen eine offene Beziehung entscheidest, wird diese Auseinandersetzung dafür sorgen, dass du die Beziehung zu dir selbst und zu anderen aus neuen Perspektiven beleuchtest, und du für dich selbst herausfindest, was für eine Beziehung zu dir und deinen Bedürfnissen passt.

Einleitung: Meine eigene Geschichte – warum das Öffnen unserer Beziehung diese NICHT gerettet hat

»Was hältst du eigentlich von einer offenen Beziehung?«

Diese Frage zu stellen dauert keine drei Sekunden. Drei Sekunden, die das Potenzial hatten, meine Beziehung und meinen Selbstwert zu zerstören. Mein persönlicher SuperGAU, der mein Leben und meine Beziehung für immer verändern sollte. Im Positiven – nur wusste ich das nicht zu dem Zeitpunkt, als mein Freund (mittlerweile sind wir verheiratet) die Frage stellte. Wir sitzen gemütlich auf dem Sofa, und plötzlich fragt er: »Was hältst du eigentlich von einer offenen Beziehung?« Er schaut mich an, und seine anfängliche Unbekümmertheit ist sofort verflogen. Ich schätze, mein Blick spricht Bände: WTF?!

Ich erinnere mich an diese Situation vor sieben Jahren, als wäre sie gestern gewesen. Hätte Johannes damals gewusst, was für eine Lawine er mit seiner Frage lostritt, hätte er sich vermutlich noch einmal auf die Zunge gebissen. Hat er aber nicht und mich damit heftig getroffen. Entsprechend fiel meine Reaktion aus: »Das ist nicht dein Ernst!« Es folgten Tränen, völlige Verzweiflung, heftige Ablehnung, Schockstarre und Panik. Heute weiß ich: Ich konnte nicht anders, als so zu reagieren. In meinem Mikrokosmos existierte nichts jenseits der Art von Liebe und Beziehung, die ich kannte und nie hinterfragt hatte. Sie war monogam. Darüber hinaus mit anderen Menschen intim werden? Unvorstellbar, gar ekelhaft. Für mein früheres Ich war dieser Standpunkt glasklar. Das Bild, das ich von offenen Beziehungen hatte, war geprägt von meinem monogamen Denken und Vorurteilen, Stigmatisierung und Abwertung. Realistische Vorbilder hatte ich keine, und so waren meine Ideen äußerst vage und ließen viel Raum für bedrohliche Fantasien. Höchstens von Swingerklubs hatte ich mal gehört, aber auch die schienen fernab meiner Realität, und das sollte gefälligst so bleiben. Die Angstbilder in meinem Kopf bildeten eine explosive Kombi mit den Selbstzweifeln, dem starken Gefühl, nicht gut genug zu sein, und alten Verletzungen, die plötzlich wieder wehtaten.

»Wenn das für dich so ein großes Thema ist, dann lassen wir das«, sagte Johannes und versuchte sich in Schadensbegrenzung. Ich konnte erst mal durchatmen. Nach meiner heftigen Reaktion auf Johannes’ Versuch, ein Gespräch über eine Öffnung unserer Beziehung anzustoßen, herrschten zunächst Stillschweigen und Pseudoharmonie. Wir kehrten das Thema unter den Teppich, und doch stand er da: der riesige Elefant im Raum, über den niemand sprach. Monatelang.

Uns war klar, dass wir aus dieser Nummer nicht so einfach rauskommen würden. Denn ganz unabhängig von der Frage nach einer offenen Beziehung mussten wir uns offensichtlich damit auseinandersetzen, ob und wie es mit uns weitergehen könnte. Denn zu dem Zeitpunkt waren wir beide in unserer Beziehung nicht mehr wahrhaftig glücklich. Nach außen versuchten wir das Bild der heilen (monogamen) Beziehung aufrechtzuerhalten. Ja, es gab sie, die schönen Momente, und uns verband auch unglaublich viel Liebe. Doch unsere ungelösten Probleme waren dabei, unser Glück wie ein Schwelbrand zu zerstören. Unsere Unfähigkeit, ehrlich und offen miteinander zu sprechen, für uns als Individuen und unsere individuellen Bedürfnisse und Wünsche einzustehen, Konflikte konstruktiv zu lösen – das alles hätte uns fast das Genick gebrochen. Die Frage nach einer offenen Beziehung war das Zünglein an der Waage.

Mein Mann und ich sind inzwischen seit zehn Jahren ein Paar. Kennengelernt haben wir uns während des Studiums an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Damals war Facebook noch ein großes Ding, und nach seiner Freundschaftsanfrage verabredeten wir uns recht schnell für ein erstes Date. Von da an legten wir eine richtige Lovestory hin. Ich zog schon bald inoffiziell zu ihm in seine kleine Bude auf dem Uni-Campus, wir lebten mit Hochbett auf zehn Quadratmetern und hatten eine richtig tolle Zeit. Von Anfang an fühlte sich unsere Beziehung leicht und unkompliziert an, und wir waren sehr, sehr verliebt.

Diese Harmonie blieb leider nicht auf ewig bestehen. Nach ein paar Jahren wurde es schwierig. Obwohl wir noch immer sehr verliebt waren und uns auch sehr gut verstanden, entwickelte sich unsere Beziehung in die falsche Richtung: Johannes entdecke die Hamburger Clubszene für sich und – ohne zu dramatisch klingen zu wollen – fing an, partytechnisch ein Doppelleben zu führen. Ich konnte der Feierei damals nichts abgewinnen, obwohl Johannes sich das sehr gewünscht hätte. Entweder war ich müde, mochte die Musik nicht oder war eifersüchtig auf seine weiblichen Bekanntschaften. Einige Versuche, gemeinsam um die Häuser zu ziehen, scheiterten. Ich mochte diese Welt nicht. Er liebte sie. Mit der Zeit baute er sich einen neuen Freundeskreis auf, und die Partynächte wurden häufiger und länger. Dann bekam er die ein oder andere Nachricht von Frauen, die ich nicht kannte. Mein Bauchgefühl schlug Alarm, ich hakte hin und wieder nach. Bitte nicht schon wieder! Auch in der Beziehung davor war ich betrogen worden, und meine Angst war riesengroß, dass sich das wiederholen könnte.

Obwohl ich wusste, dass etwas nicht stimmte, und ich ein ungutes Gefühl hatte, gab ich mich mit seinen Antworten auf meine Fragen zufrieden: »Da ist nichts!«, »Mach dir keine Sorgen, das ist die Freundin von xy.« Dieses Gefühl der Erleichterung, wenn die Lüge so viel besser klingt als die Wahrheit, die man eigentlich schon längst kennt. Ich werde es nie vergessen. Er betrog mich in der Zeit mehrfach. Unter der Woche mimten wir das glückliche Paar, fuhren gemeinsam in den Urlaub und schmiedeten Pläne für die Zukunft.

So ignorierte ich mein Bauchgefühl eine ganze Weile und wollte die Wahrheit nicht sehen, bis ich durch einen (un-)glücklichen Zufall auf seinem Laptop eine Nachricht las, die nicht für meine Augen bestimmt war. Welch Ironie des Schicksals, dass ich in dem Moment ausnahmsweise mal keine investigativen Absichten hatte, als ich seinen Laptop öffnete, sondern eigentlich nur etwas auf Netflix schauen wollte. Die Nachricht war eindeutig, und meine Kehle schnürte sich augenblicklich zu. Ich konnte kaum atmen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Johannes war für ein paar Tage im Urlaub, und ich konfrontierte ihn sofort per WhatsApp mit dem, was ich gelesen hatte. Der Name der Absenderin war mir nicht fremd. »Da ist nichts«, hatte er mehrfach beteuert. Es war – wie ich im Nachhinein erfuhr – mit ihr tatsächlich »nur« ein Kuss, aber ich hatte die Schnauze voll. Was zur Hölle machen wir eigentlich gerade, fragte ich mich. Als Johannes von seinem Kurztrip nach Hause kam, setzte ich ihm ein Ultimatum: »Entweder du erzählst mir jetzt die ganze Wahrheit, oder es ist vorbei.« Sein Blick sprach Bände, und sein Lügenkonstrukt brach vor unser beider Augen zusammen. »Was willst du wissen?«, fragte er und schaute mich unsicher und irgendwie auch erleichtert an. »Alles«, antwortete ich ruhig.

Ich kann mir vorstellen, wie das klingt: Ach siehst du, er ist fremdgegangen, und dann haben sie die Beziehung geöffnet, um sie zu retten. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass das Öffnen der Beziehung NICHT unsere Beziehung gerettet hat. Das hätte es nicht gekonnt. Ich bin davon überzeugt, dass die Öffnung eine Beziehung nie retten kann, wenn das Fundament nicht stimmt. Vielmehr wirkt eine offene Beziehung wie ein Brennglas für all das, was nicht funktioniert. Die finale Entscheidung, unsere Beziehung zu öffnen, war für uns auch nicht die Konsequenz oder Folge der aufgeflogenen Affären meines Mannes. Die Entscheidung, unsere Beziehung zu öffnen, trafen wir erst Monate später.

Was unsere Beziehung letzten Endes gerettet hat, waren zwei Dinge. Erstens: der Entschluss, uns trotz der Vergangenheit füreinander zu entscheiden. Zweitens: die Bereitschaft, in unser Beziehungsfundament zu investieren und aus vergangenen Fehlern zu lernen. Ich nenne das gerne »Hausaufgaben machen«, wozu bei uns natürlich auch die Bewältigung des Fremdgehens gehörte. Wir nahmen uns mehr Zeit füreinander und planten gemeinsame Erlebnisse. Wir stritten und versöhnten uns. Wir etablierten eine Entschuldigungskultur. Wir begegneten uns auf Augenhöhe, indem wir uns als Individuen mit teils unterschiedlichen Bedürfnissen und Wünschen achteten. Wir reflektierten, was wir in unserer Beziehung bisher richtig gut gemacht hatten – das war zum Beispiel unser sehr liebevoller Umgang miteinander und dass wir immer schon ein ehrliches Interesse daran hatten, uns gegenseitig zu unterstützen. Wir redeten endlich auch über unangenehme Dinge. Über Frust und Ärger, über unerfüllte Bedürfnisse und Wünsche. Wir waren ehrlich. Bedingungslos ehrlich. Radikale Ehrlichkeit statt Pseudoharmonie. Das war neu.

Mit Ehrlichkeit in Beziehungen ist das so eine Sache: Ehrlichkeit ist den meisten von uns sehr wichtig, stimmt’s? Aber Ehrlichkeit wird eigentlich nur dann gern gesehen, wenn sie positive Konsequenzen für uns hat. Ernsthaft … Ich hätte Johannes die Hölle heiß gemacht, wenn er mir damals – bevor der ganze Betrug passierte – ehrlich von seinem Bedürfnis erzählt hätte, mit anderen Mädels anzubandeln. Ich hätte dieses Bedürfnis mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit als nicht normal bewertet und vielleicht sogar ihn als Menschen oder unsere Beziehung komplett infrage gestellt. Natürlich legitimiert das den Betrug nicht, aber ich bin Teil dieser Beziehungsdynamik gewesen, ob ich will oder nicht. Es ging nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen. Und das taten wir beide. Wir waren uns nach dem Gespräch so nah wie noch nie. Rückwirkend war alles, genau so, wie es passierte, für uns unglaublich wertvoll. Nachdem die Affären meines Mannes aufgeflogen waren, konnte ich eine selbstbestimmte Entscheidung treffen, dass ich die Beziehung weiterführen wollte – aber unter anderen Bedingungen.