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Profi-Schwimmerin – das ist Linnas größter Traum. Doch was, wenn sie nicht nur ein sportliches, sondern ein magisches Talent besitzt?
Als Linna zufällig den Übergang zu Olympia Magica entdeckt, einer geheimen Schule für magische Sportarten, kann sie ihr Glück kaum fassen. Hier trainieren Athletinnen und Athleten in unglaublichen Disziplinen: Wellenzähmen, Sternenschießen, Flossenschwimmen – und Wahrheitstauchen, bei dem verborgene Wahrheiten ans Licht gebracht werden. Nicht zu glauben! Sollte etwa auch in ihr ein magisches Sporttalent schlummern? Während einer Probewoche am Internat muss Linna sich beweisen, doch als wäre das nicht schon nervaufreibend genug, kommen sie und ihre neuen Freunde Kajam und Margot auch noch den illegalen und höchst unsportlichen Plänen zweier Mitschüler auf die Spur. Da hört Linna plötzlich Stimmen aus dem See! Ist sie etwa eine Wahrheitstaucherin? Und kann sie nicht nur die Aufnahme nach Olympia Magica schaffen, sondern auch das falsche Spiel ihrer Mitschüler aufdecken?
Der erste Band der neuen "Olympia Magica"-Reihe. Der zweite Band erscheint vsl. im Herbst 26.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Linnas Traum vom Profisport scheint zum Greifen nah, als sie das geheime Sportinternat Olympia Magica entdeckt. Als begeisterte Schwimmerin stürzt sie sich sofort ins Training, doch die Probezeit ist hart: Ihr bleibt nur eine Woche, um ihr magisches Talent zu beweisen! Neben ihren aufkeimenden Selbstzweifeln hat sie außerdem das ungute Gefühl, dass zwei ihrer Mitschüler mit unfairen Mitteln spielen. Gemeinsam mit ihren neuen Freunden Kajam und Margot kommt Linna einem gefährlichen Geheimnis auf die Spur. Und plötzlich steht alles auf dem Spiel. Kann Linna die Wahrheit aufdecken, ohne ihren Platz im Internat zu gefährden?
© privat
Anne Bodinka, Jahrgang 1997, studierte Sportwissenschaft und Pädagogik an der Universität Würzburg. Während sie ihrer Liebe zum Sport für einen Master an der Universität Göttingen nachgeht, war auch der Wunsch, eigene Bücher zu veröffentlichen, seit jeher ein treuer Wegbegleiter. In ihrer Freizeit spielt sie Basketball oder probiert sich in Sportarten wie Akrobatik und Schwimmen aus. Außerdem spielt sie leidenschaftlich gerne Gitarre und Klavier, singt oder näht.
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Anne Bodinka
PLANET!
Für Miriam
Linna holte tief Luft, drückte sich kräftig vom Beckenrand ab und tauchte. Sie musste gar nicht viel tun, um voranzukommen. Wie ein Fisch glitt sie durch das Wasser und beobachtete die Schatten, die auf dem Fliesenboden tanzten.
Das gesamte Training über hatte Linna nicht ein einziges Mal an ihre Auseinandersetzung mit Ingrid gedacht, aber als ein kurzer Pfiff ertönte und das Ende der Einheit ankündigte, kamen die Erinnerungen zurück. Doch niemals würde sie sich das Schwimmen schlechtreden lassen. Von niemandem, nicht einmal von ihrer Stiefmutter.
»Ich verstehe ja, dass es dir Spaß bereitet«, hatte Ingrid mit mitleidiger Miene gesagt, als Linna sie gebeten hatte, sie zum Training zu fahren, »aber damit kann man doch kein Geld verdienen, nicht einmal, wenn man bei Olympia mitmacht.«
Allein beim Gedanken an die Worte ihrer Stiefmutter fühlte Linna, wie ihre Brust eng wurde. Hätte sie doch nur nicht verraten, dass sie sich für ihre Zukunft nichts besser vorstellen konnte, als zusammen mit den großen Schwimmtalenten an Wettkämpfen teilzunehmen. Der Traum vom Profisport begleitete sie tagtäglich, aber es fühlte sich oft an, als drohe er wie eine tosende Welle an den Klippen zu zerschellen.
Ein letztes Mal stieß sich Linna vom Rand ab und genoss das Gefühl des Wassers auf ihrer Haut. Nur gedämpft klang die Stimme ihres Trainers zu ihr durch. »Alle aus dem Wasser.«
Linna tauchte und überwand die letzten Meter viel zu schnell. Sie kletterte aus dem Becken, während die meisten Mädchen und Jungen sich bereits um Herrn Kastner scharten.
Auf dem Weg zu den anderen zupfte sie ihren klitschnassen Badeanzug zurecht, der unangenehm zwickte. Im letzten Jahr war sie ganze zehn Zentimeter gewachsen und der Badeanzug, den sie vor ein paar Monaten von ihrem Taschengeld gekauft hatte, war bereits wieder zu knapp. Mit ihren zwölf Jahren war sie schon einen Meter siebzig groß und überragte alle in der sechsten Klasse um mindestens einen Kopf. »Wo willst du denn noch hinwachsen?«, hatte ihr Vater lachend gefragt, als sie sich letzte Woche den Kopf an einer Dachschräge gestoßen hatte. Linna hatte sich die schmerzende Stelle gerieben und die Schultern gezuckt. Wenn sie das nur wüsste.
Herr Kastner wartete, bis sich auch der letzte Junge zu der Gruppe dazugesellt hatte. »Ihr habt heute super Leistungen erbracht«, lobte der Trainer mit gewohnt strenger Miene. Unter seinem übergroßen T-Shirt und der weiten Jogginghose ließ sich seine Statur nur erahnen, doch an seinen sehnigen Armen konnte man sehen, wie trainiert er war.
»Ben, dein Beinschlag schaut jetzt schon viel besser aus. Damit schwimmt es sich schneller, oder?« Ein Junge aus Linnas Parallelklasse nickte. »Aruni, du hast dich heute noch mal verbessert. Die 50 Sekunden bekommen wir noch geknackt. Und Linna«, sagte Herr Kastner und sah über die Köpfe der anderen hinweg zu ihr, »top Leistung. 47 Sekunden über 50 Meter Freistil sind überragend für deine Altersklasse.«
Einige drehten sich erstaunt zu Linna um.
»Voll krass, das ist besser als Charlotte vom Goethe-Gymnasium«, sagte ein Mädchen.
»Und die war bei den letzten Wettkämpfen immer auf Platz eins«, wandte eine andere Trainingskameradin ein. »So gut wäre ich auch gerne.«
In Linnas Bauch breitete sich ein Kribbeln aus und sie konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl. 47 Sekunden! Das hatte sie noch nie zuvor geschafft!
Herr Kastner klemmte sich die Zeittabelle unter die Achsel. »Ich sag ja: In meinem Team sind nur Gewinner. Und jetzt ab unter die Dusche mit euch. Denkt das nächste Mal an die Zettel für das Trainingslager.«
Das gute Gefühl verschwand augenblicklich. Das Trainingslager. Sie hatte Ingrid immer noch nicht darauf angesprochen. Wieso auch? »Du solltest dich mehr auf die Schule konzentrieren« war alles, was Ingrid dazu sagen würde.
Auf dem Weg zur Dusche starrte Linna auf ihre Füße. Während sie das warme Wasser auf sich einprasseln ließ, schwirrten ihr Ingrids Worte erneut durch den Kopf. »Sie meint es nur gut«, hatte ihr Vater letztens gesagt. Doch obwohl Linna das wusste, bohrte sich der Frust wie ein Glassplitter in ihr Herz.
Als sie ihre Sporttasche schulterte, warf sie noch einen kurzen Blick in den großen Seitenspiegel. Im grellen Licht der Umkleide starrte ein blasses, schlankes Mädchen mit rotbraunen Haaren zurück. Das hatte sie von ihrer leiblichen Mutter geerbt, hatte zumindest ihr Vater erzählt. Ein nachdenklicher Ausdruck lag auf Linnas schmalem Gesicht. Sie strich eine der nassen Haarsträhnen hinter die abstehenden Ohren und wandte sich ab.
Als sie das Schwimmbad verließ, hatte sich die Dunkelheit draußen breitgemacht und ein frischer Wind fuhr Linna durch die Kleider. Im flimmernden Licht der Straßenlaternen sah sie den roten Peugeot stehen, der an der Bushaltestelle wartete.
Ingrid hantierte an ihrer Bluse herum, als Linna die Autotür öffnete. »Die anderen sind schon längst weggefahren«, sagte Ingrid und sah endlich auf. »Beim nächsten Mal beeilst du dich bitte ein bisschen.«
Mit einem tiefen Atemzug setzte sich Linna auf den Beifahrersitz und schnallte sich an. Im Hintergrund lief so leise Klassikradio, dass es bei laufendem Motor kaum zu hören war.
Ingrid schwieg während der Fahrt, wie immer, wenn sie nicht gut auf Linna zu sprechen war. Sie schien ebenfalls noch immer an das Gespräch von vorhin zu denken. Linna betrachtete ihre schlaksigen Beine, während sie überlegte, ob sie das Schwimmthema heute noch einmal ansprechen sollte. Früher oder später musste sie es sowieso. Also fasste sie all ihren Mut zusammen.
»Ingrid?«, fragte sie vorsichtig.
»Mh«, brummte diese.
Linna knetete ihre Hände im Schoß. »In zwei Wochen ist Trainingslager. Alle gehen mit und es gibt da einen Zettel … Könntest du den für mich unterschreiben?« Die Worte waren so schnell aus ihrem Mund gepurzelt, dass sie sich beinahe verhaspelt hätte.
Ingrid spitzte die Lippen. »Schon wieder Trainingslager? Meinst du nicht, das wird langsam ein wenig zu viel?« Sie räusperte sich. »Ich freue mich wirklich, dass du so ambitioniert bist, Linna, aber wie wäre es, wenn du auch ein wenig Zeit in deine schulischen Leistungen investierst?«
Linna spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. War ja klar, dass Ingrid wieder damit anfing. Wenn es ums Schwimmen ging, fragte sie am liebsten ihren Vater, doch ausgerechnet diese Woche war er geschäftlich unterwegs.
»Ich mache genug für die Schule«, entgegnete Linna, »und Schwimmen macht mir eben Spaß.«
»Es geht im Leben nicht immer nur um das, was Spaß macht, sondern auch darum, was das Beste für dich ist.«
»Aber Schwimmen ist das Beste für mich«, entfuhr es Linna.
Ihr stiegen die Zornestränen in die Augen und sie war froh, dass Ingrid sich auf die Straße konzentrieren musste. Hastig drehte sie sich zur Seite und wischte die Tränen fort, die ihre Wange hinunterliefen.
Sie wollte nichts anderes als schwimmen! Am liebsten würde sie jeden Tag zum Training gehen, um stundenlang im Wasser zu sein. Wieso versuchte Ingrid, ihr das schlechtzureden, was ihr am meisten Spaß machte?
»Lass uns später noch mal darüber sprechen«, sagte Ingrid, die Linnas Tränen bemerkt haben musste. Sie fuhr auf eine Ampel zu, die von Orange auf Rot sprang. »Ich will dir das Schwimmen doch gar nicht verbieten, Linna. Aber du musst verstehen, dass nur die wenigsten im Erwachsenenalter davon leben können. Du redest ja den ganzen Tag von nichts anderem.« Sie bremste scharf, sodass es Linna in ihren Gurt drückte. »Dein Vater sagt immer, Träume soll man verfolgen, aber in ein paar Jahren wirst du mir danken, dass ich dich dazu überredet habe, weniger Sport zu machen und mehr für die Schule zu ler–«
»Nein.«
Verdattert wandte Ingrid den Kopf zu ihr. Noch nie hatte Linna sie unterbrochen, geschweige denn, das Wort gegen sie erhoben. »Was sagst du da?«
Linna atmete zittrig aus. »Nein!«, wiederholte sie.
Später wusste Linna nicht mehr, was in sie gefahren war, doch sie schnallte sich ab und griff nach ihrer Sporttasche. Die Ampel sprang gerade wieder auf Orange. Bevor Ingrid realisierte, was Linna vorhatte, zog sie am Türgriff und sprang auf die Straße.
»Linna!«, hörte sie Ingrid noch rufen, aber sie bahnte sich schon einen Weg durch die stehenden Fahrzeuge und blickte nicht mehr zurück. Autos hupten, doch Linna hatte den Gehsteig erreicht, bevor sie anfuhren. Dann rannte sie los.
Blind vor Tränen achtete sie kaum darauf, wo ihre Beine sie hinführten. Erst, als sie langsamer wurde, merkte sie, dass sie den Weg zum Schul- und Sportzentrum gelaufen war.
Linna wischte sich mit dem Handrücken über die nasse Wange. Auf keinen Fall würde sie nach Hause zurückkehren.
Ich werde mich verstecken, dachte sie. Aber wo sollte sie hin?
Ihr Blick blieb an den dunklen Fenstern der Schule hängen, doch sie schob den Gedanken gleich wieder beiseite. Auf dem kalten Boden der Aula ließ es sich bestimmt nicht gut übernachten. Ein weicher Untergrund wäre gut, dachte sie. Wie eine Matte vielleicht.
Da kam ihr eine Idee. Kurzerhand drückte sie die Tür zur Dreifachturnhalle auf, in der das Turntraining noch in vollem Gange war. Doch die große Halle war nicht Linnas Ziel. Sie schlüpfte durch die Tür am Ende des Ganges und lief eine Etage tiefer, in Richtung der kleineren Turnhallen.
Im Treppenhaus kam es ihr seltsam still vor. Still und dunkel. Obwohl sie die Stufen schon unzählige Male hoch- und runtergelaufen war, wirkte alles fremd und die Angst streckte ihre Finger nach ihr aus. Beinahe hätte Linna den Lichtschalter betätigt, nur im letzten Moment konnte sie sich davon abhalten. Sie durfte keine Aufmerksamkeit erregen.
Sie kramte in ihrer Sporttasche und ertastete etwas Kleines, das fast die Form eines Lippenstifts hatte. Die Taschenlampe war so winzig, dass man sie an einen Schlüsselbund hängen konnte. Mit einem Knipsen ging sie an. Es war ein Geschenk ihres Vaters gewesen. »In manchen Situationen kann man eine Taschenlampe sehr gut gebrauchen, wenn einen die Dunkelheit zu überwältigen droht«, hatte er damals gesagt. Linna glaubte, dass sie ihren Respekt vor der Schwärze der Nacht von ihm hatte. Er schlief niemals ohne Licht.
Bei den Turnhallen angekommen, zog sie vorsichtig eine der Türen auf und spähte hinein. Der Lichtstrahl ihrer Taschenlampe erleuchtete den Parkettboden. Die Luft war rein.
Mit einem leisen Klacken schloss sie die Tür hinter sich. Sie zog die weichste Matte, die sie finden konnte, aus dem Geräteraum und hievte sie in eine der Turnhallenecken. Dann machte sie es sich gemütlich.
Der Mond schien sanft durch die schmalen Fenster und malte die Schatten der Bäume auf den Boden. Linna musste sich einreden, dass es nicht die Finger von Monstern waren, die nach ihr greifen wollten. Ab und an ertönte ein leises Pfeifen und ein kühler Luftzug streifte ihre Beine, sodass sie ihre wärmende Jacke darüberlegte.
Plötzlich gab ihr Magen ein lautes Knurren von sich. Durch die Aufregung hatte sie gar nicht bemerkt, wie hungrig sie war! Für gewöhnlich würde sie um diese Zeit mehrere Käsebrote und einen von Ingrids leckeren Salaten verdrücken. Seit Kurzem war Linna nach dem Training derart hungrig, dass sie angefangen hatte, von ihrem Taschengeld zusätzliches Essen zu kaufen. Sehnsüchtig dachte sie an die Salzbrezeln und Nüsse, die sie unter ihrem Bett versteckt hatte. Immerhin fand sie in ihrer Schwimmtasche noch einen zerdrückten Müsliriegel, den sie langsam kaute, während sie dem Pfeifen des Windes lauschte.
Doch war da noch ein anderes Geräusch?
Tick, tack, tick, tack.
Das Ticken der Uhr über der Eingangstür schien immer lauter zu werden. Die schwarzen Zeiger zeigten kurz vor neun Uhr an.
Tick, tack, tick, tack.
Sei kein Angsthase, sagte sie sich und versuchte, die Augen zu schließen. Doch zu ihrer Angst gesellte sich noch etwas, das sie vom Schlafen abhielt. Das schlechte Gewissen durchflutete sie kalt wie Eiswasser. Vor ihrem geistigen Auge spielte sich ab, wie sie aus dem Auto gestiegen und weggerannt war. Sicher war Ingrid außer sich vor Wut. Würde sie die Polizei rufen, wenn Linna nicht bald nach Hause kam?
Sie zog die Knie an ihre Brust. Ja, Ingrid würde sich den ganzen Abend aufregen. Zurück wollte Linna dennoch nicht. Sie konnte nicht, nicht nach allem, was heute passiert war.
Wieder schloss sie die Augen. Bis sie etwas aufschrecken ließ.
Schritte. Ganz nah. Dann Stimmen vor der Turnhallentür.
Hastig knipste sie ihre Taschenlampe aus und presste sich gegen die Wand. Gerade noch rechtzeitig, bevor jemand die Tür aufdrückte.
»… eine Menge zu organisieren«, erklang eine männliche Stimme, »aber es wird alles klappen, da bin ich mir sicher. Bis zu den Magischen Spielen sind es noch drei Jahre.«
»Drei Jahre sind überhaupt nichts«, wandte eine Frauenstimme besorgt ein. »Die Spiele kommen viel schneller, als mir lieb ist. Verdammt! Immer diese elendige Finsternis in der Turnhalle.«
Trotz Fluchen ging das Licht nicht an. Linna konnte nur schemenhafte Umrisse erkennen. Drei Personen, die zielstrebig über den Parkettboden liefen, als gäbe es nichts Normaleres, als spätabends durch eine dunkle Schulturnhalle zu spazieren. Linna wagte kaum, Luft zu holen. Für den Bruchteil einer Sekunde bildete sie sich ein, eine der Gestalten drehe den Kopf zu ihr. Ihr Herz geriet ins Stolpern. Doch niemand blieb stehen.
Die Polizei ist es sicher nicht, dachte Linna. Nicht einmal eine Stunde war vergangen, seitdem sie weggelaufen war. Doch wer waren die Personen dann? Was machten sie nach Sonnenuntergang hier und über welche Spiele sprachen sie?
Magische Spiele. Linna musste sich verhört haben.
Sie verschwanden im Geräteraum, der noch immer sperrangelweit offen stand. Linna war nicht mehr an die Schlaufe herangekommen, nachdem sie die Matte herausgezerrt hatte.
Eine weitere Männerstimme meldete sich zu Wort. »Wenn es erst einmal so weit ist, werden alle bereit sein, ihr werdet sehen. Ladies first.«
Etwas quietschte. Dann hörte es sich an, als würde jemand etwas beiseiteschieben. Ein Knarzen.
»Wir sehen uns morgen«, sagte die Frauenstimme noch, bevor ein weiteres Knarzen ertönte. Kurz herrschte Stille.
Dann fragte einer der Männer: »Wie geht es eigentlich dem kranken Drachen? Hat er immer noch Schnupfen?«
Linna pulte sich in den Ohren, um sicherzustellen, dass sie richtig gehört hatte.
»Niest noch ordentlich«, erwiderte der andere, »aber nächste Woche ist er sicherlich wieder fit.«
Wieder waren Schritte und knarrende Geräusche zu hören. Ein letztes metallenes Scheppern, dann war es still.
Linna lauschte angespannt, aber nichts regte sich. Sie war sich sicher, dass die Erwachsenen den Geräteraum nicht verlassen hatten. Doch wohin sollten sie dann verschwunden sein?
Linna wartete vorsichtshalber noch ein paar Sekunden, bevor sie ihre Taschenlampe anknipste und aufstand. Mit mulmigem Gefühl im Bauch schlich sie in den Geräteraum, in dem es nach Schweiß und altem Leder roch. Linna konnte die Vorstellung nicht abstreifen, dass sich die drei Gestalten noch irgendwo in den Schatten befanden und nur darauf warteten, dass sie ihnen in die Falle lief. Doch nichts davon passierte.
Der Geräteraum war leer. Selbst, als sie in jede Ecke hineinleuchtete, konnte sie nichts außer abgewetzten Medizinbällen, einem Mattenwagen und zahlreichen Geräteschränken erkennen, die wie immer abgeschlossen waren.
Doch Moment.
Linna ließ den Lichtkegel ihrer Taschenlampe über die Fassade der Schränke gleiten. An einigen Stellen bröselte bereits der Lack ab, aber das war es nicht, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Eine der Türen war nur angelehnt. Vorsichtig zog sie am Griff. Ein Quietschen ertönte – genau das gleiche, das sie eben gehört hatte. Unschlüssig betrachtete sie den Schrank. Er war groß genug, dass ein Erwachsener hineinpassen könnte, und doch: Wieso sollten sie in einen Schrank gestiegen sein? Es sah nicht gerade wie eine Durchgangstür aus. Stattdessen befanden sich jede Menge Hüpfseile und bunte Reifen darin, auf einer Ablage darüber abgenutzte Handbälle.
Ihr Blick fiel auf die Hütchen, die auf dem Boden des Geräteschranks standen und die sie manchmal im Sportunterricht nutzten. Linna wusste aus Erfahrung, dass ein ganzer Stapel davon ganz schön schwer sein konnte. Das Scharren vorhin … War es möglich, dass die Erwachsenen den Inhalt des Schranks verschoben hatten?
Linna überlegte einen Augenblick lang, bevor sie die Hütchen wegschob. Tatsächlich. Das kratzende Geräusch kam ihr nur zu bekannt vor.
Hastig rückte sie auch noch die Reifen und ein Säckchen mit neongelben Leibchen beiseite. Die Wand dahinter sah normal aus, aber die Fugen waren nicht ganz geschlossen, als hätte man die Wand nicht richtig befestigt. Linna kletterte in den Schrank und drückte mit der flachen Hand gegen das kühle Metall. Es gab nach und rutschte leicht zur Seite.
Eine Schiebetür! Linna klemmte ihre Finger in den geöffneten Spalt und drückte sie auf. Dahinter konnte sie nicht viel erkennen, es war genauso dunkel wie in der Turnhalle. Sie leuchtete mit der Taschenlampe umher. Auf den ersten Blick kam ihr nichts ungewöhnlich vor. Also nahm sie ihren Mut zusammen und schlüpfte durch die Tür.
