On Stage - Nils Zeizinger - E-Book

On Stage E-Book

Nils Zeizinger

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Beschreibung

Ob Firmenrede, Vortrag oder Präsentation – wer vor Publikum steht, sollte eine gute Show abliefern. Doch für viele Menschen ist öffentliches Reden kein Vergnügen und Entertainment auf der Bühne der blanke Horror. Wie eine gute Performance gelingen kann, ohne sich zu verstellen, zeigt auf kurzweilige und ganz praktische Weise »On Stage«. Das Buch liefert die wichtigsten Tipps für eine rundum gelungene Show: • Wie finde ich die richtigen Worte für meinen Text? • Was tun bei Lampenfieber oder einem Blackout? • Wie setze ich meine Stimme richtig ein? • Wohin mit meinen Händen? • Wie reagiere ich auf technische Pannen oder fiese Fragen?

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Nils Zeizinger

ON STAGE

Wie du jede Rede rockst – von der Präsentation zur Performance

Campus ▪ Frankfurt/New York

Über das Buch

Ob Firmenrede, Vortrag oder Präsentation – wer vor Publikum steht, sollte eine gute Show abliefern. Doch für viele Menschen ist öffentliches Reden kein Vergnügen und Entertainment auf der Bühne der blanke Horror. Wie eine gute Performance gelingen kann, ohne sich zu verstellen, zeigt auf kurzweilige und ganz praktische Weise »On Stage«. Das Buch liefert die wichtigsten Tipps für eine rundum gelungene Show:• Wie finde ich die richtigen Worte für meinen Text?• Was tun bei Lampenfieber oder einem Blackout? • Wie setze ich meine Stimme richtig ein? • Wohin mit meinen Händen? • Wie reagiere ich auf technische Pannen oder fiese Fragen?

ICH WIDME DIESES BUCH MEINEM OPA, WOLFGANG REICH. DEINE ENERGIE, DEINE INTEGRITÄT UND DEINE UNBEZWINGBARE LEBENSFREUDE SIND MEINE GRADMESSER.

INHALT

INTRO

DREI TIPPS ZUM START

ÄHM!?

WOHIN MIT MEINEN HÄNDEN?

WAS TUN BEI EINEM BLACKOUT?

1. MEDIZIN GEGEN LAMPENFIEBER

DU BIST NICHT ALLEIN

WIE BEKOMMEN LAMPEN FIEBER?

GEGENMITTEL

MEIN FREUND, DAS LAMPENFIEBER

2. VON DER IDEE ZUM TEXT

INSPIRATION

SO KANN ICH NICHT ARBEITEN!

STIL UND STYLE

3. SELF- UND SOUNDCHECK

SPIEGLEIN, SPIEGLEIN

EIN GITARRIST OHNE GITARRE

BÜHNE UND SOUND

EYE OF THE TIGER

4. STIMME, KÖRPER UND RAUM NUTZEN

ORALVERKEHR

MIMIK, GESTIK, PLASTIK

ÄUSSERLICHKEITEN

POWERPOINT, FLIPCHART UND CO.

5. KOMPLIKATIONEN

HUSTEN, WIR HABEN EIN PROBLEM

MIT ANLAUF INS FETTNÄPFCHEN

EINE ODE AN DAS SELBSTVERTRAUEN

6. AUF FRAGEN, KRITIK UND BULLSHIT REAGIEREN

GEBEN UND NEHMEN

FAQ

MIT VERLAUB, SIE SIND EIN ARSCHLOCH!

OUTRO

ZUGABE

PEACE OUT

ZUM WEITERLESEN

ONLINE

QUELLENNACHWEIS

WEITERE ZITATE

ÜBER DEN AUTOR

INTRO

Die ersten Worte sind entscheidend – bei einem Date, einem Vortrag und einem Buch. Wie also beginnen? Dieser Druck! Ich gebe die Verantwortung besser ab – wenn einer den Einstieg versaut, dann lieber Freddie Mercury als ich: »Ich bin auf der Bühne so kraftvoll, als hätte ich ein Monster erschaffen. Ich bin so extrovertiert, wenn ich performe. Aber innerlich bin ich ein ganz anderer Mensch.« Danke, Freddie – damit kann man doch arbeiten!

13. Juli 1985, London, Wembley-Stadion: das Monster in Aktion. Die britische Rockband Queen stürmt die Bühne, um Abertausende Fans mit einem 20-minütigen Hit-Medley von »Bohemian Rhapsody« bis »We Are The Champions« in Ekstase zu versetzen. Weltweit schauen knapp zwei Milliarden Menschen zu. Freddie Mercury peitscht das Publikum bereits vor dem ersten Ton auf – energiegeladen, vor Selbstbewusstsein strotzend und offenbar dennoch locker und gut gelaunt. Was folgt, ist einer der denkwürdigsten Auftritte in der Geschichte der Rockmusik. Kritiker und Fans sind sich einig: Die beeindruckende Performance von Queen bei dem Wohltätigkeitskonzert »Live Aid« ist nicht zuletzt dem grandiosen Entertainer mit der Bombast-Stimme zu verdanken.

Doch Freddie Mercury wurde nicht als Ausnahmekünstler geboren. Streng genommen wurde er gar nicht geboren, sondern geschaffen. Geboren wurde Farrokh Bulsara in Sansibar, der nach einer erzwungenen Umsiedlung nach England in die Fußstapfen seines Vaters treten und Buchhalter werden sollte. Es kam anders. Farrokh ging nach London, studierte Kunst und wurde Musiker. Um seine introvertierte Ader zu verdecken, schuf er ein Alter Ego, eine Kunstfigur für die Bühne: Freddie Mercury. Er trieb die Identifikation mit seiner neuen Rolle so weit, dass er nur noch mit »Freddie« angesprochen werden wollte und selbst in seinem Ausweis den Namen »Frederick Mercury« eintragen ließ.

Natürlich gibt es Menschen, die mit besonderem Charisma oder außergewöhnlichen Talenten gesegnet sind, doch wir sollten nie vergessen: Selbst die größte Rock-Ikone kommt nicht als Rampensau zur Welt. Hinter den meisten schillernden Stars steckt viel glanzlose Arbeit. Oder wie es Howard Carpendale ausdrückte, der mit Schlagern 25 Millionen Tonträger verkauft hat: »Über Nacht berühmt wird man nur dann, wenn man über Tag hart gearbeitet hat.« Häng deshalb auch nicht dem Mythos vom »geborenen Redner« nach – er gehört ebenfalls ins Fabelreich. Du musst kein Naturtalent sein, um richtig gut oder gar einer der Besten deines Fachs zu werden.

Das vorliegende Buch richtet sich nicht primär an Rockstars und solche, die es werden wollen. Es ist für alle Menschen gedacht, die on stage »performen« – sei es im privaten oder beruflichen Kontext. Es ist für alle Menschen, die auf den großen und kleinen Bühnen dieser Welt Reden, Vorträge und Präsentationen halten. Dabei spielt es keine Rolle, ob du regelmäßig vor Kunden, Geschäftspartnern und Kollegen sprichst oder nur hin und wieder bei Familienfeiern das Wort ergreifst. Raum für Entwicklung gibt es immer. Zudem dürfen sich alle Künstler1 angesprochen fühlen, die mit ihrer Stimme »arbeiten« – wie Kabarettisten, Poetry Slammer oder Vokalisten.

»On Stage« ist ein Praxisbuch. Seitenlange theoretische Abhandlungen wirst du vergeblich suchen. Hier geht es um ganz konkrete Tipps, wie du dich auf einen Auftritt vorbereitest und ihn bestmöglich absolvierst. Du benötigst keinerlei Vorkenntnisse – weder in Sachen Rhetorik noch in Sachen Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll.

Was haben wir vor? Hier ein kurzer Überblick:

Für viele Menschen ist öffentliches Reden kein Vergnügen, sondern eher ein notwendiges Übel, eine Zumutung oder die reinste Horrorvorstellung. Du darfst vor und auf der Bühne durchaus eine gewisse Anspannung empfinden, es sollte allerdings keine Angst oder Panik sein. Deshalb »verschreibe« ich dir in KAPITEL 1 zunächst sehr wirksame »MEDIZIN GEGEN LAMPENFIEBER«.

In KAPITEL 2 »VON DER IDEE ZUM TEXT« widmen wir uns der Grundlage deiner Performance – dem Text. Ich möchte dir die wichtigsten Dos & Don’ts beim Schreiben vorstellen, die einerseits helfen, grundlegende Fehler zu vermeiden, andererseits die Basis für einen runden, klaren und starken Text sind. Zudem geht es um die Fragen: Wie fängst du an? Wie kommst du zu Ideen? Welche Arbeitsbedingungen solltest du dir schaffen?

Wenn der Text steht, geht es an die Vorbereitung des Auftritts. Musiker proben vor einem Gig ihre Songs wieder und wieder. Was tust du? Wie machst du dich fit für die Show? In KAPITEL 3 »SELF- UND SOUNDCHECK« findest du viele Tipps, wie du bereits lange vor dem eigentlichen Auftritt die Weichen für eine gelungene Performance stellst. Und die Vorbereitung endet erst, wenn du die Bühne betrittst. Denn vorher solltest du pünktlich zum Veranstaltungsort kommen, das Mikrofon testen, Laptop und Beamer einrichten, vom Catering naschen, das richtige Energielevel finden und vieles mehr. Daher widmen wir uns im dritten Kapitel auch den letzten Stunden und Minuten vor dem Auftritt.

In KAPITEL 4 geht es darum, wie du optimal »STIMME, KÖRPER UND RAUM NUTZEN« kannst. Worauf ist beim Einsatz der Stimme, der Augen und der Hände zu achten? Wie viel Bewegung ist auf der Bühne erlaubt und gefordert? Welches Outfit ist angemessen, welches ist »hilfreich«? Zudem unternehmen wir einen kleinen Exkurs in die Welt von PowerPoint, Flipcharts und Co.

Doch was ist, wenn auf der Bühne etwas schiefgeht? Ursachen gibt es viele – von mangelhafter Vorbereitung über eine fiese Erkältung bis hin zu technischen Pannen. In KAPITEL 5 reden wir über mögliche »KOMPLIKATIONEN« und darüber, wie man sie in den Griff bekommt.

»Der Schlüssel zu einer guten Performance ist Vorbereitung.«

Richtig unangenehm wird es, wenn es Gegenwind aus dem Publikum gibt. In KAPITEL 6 zeige ich dir anhand vieler praktischer Beispiele, wie du »AUF FRAGEN, KRITIK UND BULLSHIT REAGIEREN« kannst.

Ich möchte dir die wichtigsten Werkzeuge an die Hand geben, die du für das öffentliche Reden brauchst. Wenn du die Tipps beherzigst, wird aus dir zwar immer noch kein Freddie Mercury, aber du wirst deine Performance auf ein neues Level heben und dein Publikum begeistern.

Die Präsentation der Quartalszahlen bei einem Firmenevent und ein Gig bei »Rock am Ring« wirken auf einen flüchtigen Blick sehr verschieden. Sie sind es aber nicht! Die Grundsituation ist die gleiche, die Herausforderung ebenso und eine Grundregel eint ohnehin beide Situationen: Der Schlüssel zu einer guten Performance ist Vorbereitung. Und rocken sollten nicht nur die Rocker! Jeder, der die Aufmerksamkeit und Zeit eines Publikums in Anspruch nimmt, sollte sich als Entertainer verstehen, eine gute Show bieten, unterhalten und mitreißen.

Wenn du dich nun fragst, was gerade mich berechtigt, ein solches Buch zu schreiben, antworte ich kurz und knapp: 20 Jahre Bühnenerfahrung. Das geschriebene und gesprochene Wort begleitet mich schon mein Leben lang in meiner Arbeit als Texter, Sprecher, Moderator, Kommunikationsberater, Medientrainer, Trauredner und Musiker. Bei Hunderten von Auftritten habe ich kleine Tricks und große Erfahrungen gesammelt, die ich auf diesem Wege weitergeben möchte. Fangen wir also direkt an!

DREI TIPPS ZUM START

ÄHM!?

Ähm, ganz gleich, wie gut deine äh Stimme, wie ähm stimmig dein Text oder wie stimmungsvoll deine äh Performance ist – »äh« und »ähm« sind Stimmungskiller. Wir wollen diese Füllwörter nicht lesen und wir hören sie auch nicht gern. Sie unterbrechen den Sprachfluss und schwächen die Botschaft. Sie vermitteln Nervosität und Unsicherheit. Sie sorgen bei deinem Publikum für Desinteresse oder Antipathie. Wir nutzen Füllwörter natürlich unbewusst. Deshalb fällt den meisten ihr inflationärer Einsatz gar nicht auf. Andere haben sich mit ihren »Ähms« längst abgefunden und meinen, sie bräuchten diese, um nachzudenken und den Anschluss zu finden. Da widerspreche ich mit einem entschiedenen: Äh, nein! Du brauchst vielleicht eine kurze Pause, aber sicher kein Füllwort.

Es gibt einen einfachen Trick: Schließe den Mund, wenn du eine Sprechpause machst. Schließe den Mund am Satzende und bei jeder anderen natürlichen Pause des Satzes. Warum? Versuch mal, »ähm« mit geschlossenem Mund zu sagen. Es wird dir nicht gelingen. Ist der Mund geschlossen, erzeugst du eine natürliche Pause. Die klingt besser als jedes Füllwort und gibt dir dennoch einen Moment für den nächsten Einstieg.

WOHIN MIT MEINEN HÄNDEN?

Behalte die Kontrolle – über deinen Text, deine Stimme und deinen Körper! Was machst du während eines Vortrags mit deinen Händen? Das hängt zunächst davon ab, ob du ein Mikrofon, ein Manuskript oder einen Klicker für deine Präsentation in der Hand hast. Die meisten Menschen fühlen sich auf der Bühne weniger verloren, wenn sie sich buchstäblich an etwas festhalten können. Im besten Fall gilt allerdings: Sprich frei – auch mit den Händen.

Erfordern die Gegebenheiten eine Mikrofonierung, sind das Clipmikro oder das Headset die erste Wahl. Auf ein Manuskript verzichtest du bestenfalls, ebenso wie auf den Klicker. Deine Performance ist wirkungsvoller, wenn du mit deiner Körpersprache das Gesagte akzentuiert unterstützt.

Sind beide Hände frei, ist deine Grundposition die folgende: Du umfasst mit den Fingern der rechten Hand den Daumen deiner linken Hand. Dann legst du die Finger der linken Hand über dem Handrücken der rechten Hand ab. Positioniere deine »verschränkten« Hände ungefähr auf Gürtelhöhe. Diese Handhaltung strahlt Ruhe und Sicherheit aus. Ein weiterer Vorteil: Du kannst dich an deinem Daumen »festhalten« und diesen sogar unbemerkt kneten, wenn du Anspannung abbauen musst. Aus dieser Grundposition heraus setzt du deine Hände mit gezielten Gesten ein. Verstärke deine Botschaften, betone prägnante Stellen, sorge für Aufmerksamkeit – und kehre immer wieder in die Grundposition zurück.

WAS TUN BEI EINEM BLACKOUT?

Du bist gut vorbereitet, du bist gut drauf, du bist mittendrin – und plötzlich verlierst du den Faden. Du weißt nicht, wie es weitergeht. Horror! Nichts wird so gefürchtet wie der berühmt-berüchtigte Blackout. Was tun?

Das Wichtigste: Fall nicht aus der Rolle, bleib ruhig und professionell! Dein Körper reagiert unmittelbar mit erhöhtem Puls – steuere dagegen! Atme ein-, zweimal tief in den Bauch. Es denkt in deinem Kopf automatisch: »Verdammt, was ist der nächste Satz? Was mache ich jetzt? Ich bin verloren!« Denk aktiv dagegen: »Bleib ruhig, bleib souverän.«

Manchmal reicht das schon, um den Anschluss wiederzufinden. Wenn nicht, suche den Anschluss in den Tiefen deines Hirns oder im Manuskript. Das kann zwar einige Sekunden dauern, aber dafür hat jedes Publikum der Welt Verständnis. Versuche, die Blockade zu lösen, indem du deine Körperhaltung und deinen Stand veränderst.

Die Irritation deines Publikums wächst mit der Länge der Pause. Nach fünf Sekunden fällst du auf, nach zehn Sekunden musst du spätestens wieder sprechen. Floskeln wie »Einen kleinen Moment bitte« oder »Geben Sie mir eine Sekunde« sind eine Option – aber nicht die beste.

Suche nicht krampfhaft nach dem einen, dem nächsten Wort in deinem Text. Wenn du inhaltlich weißt, was du sagen möchtest, formuliere um! Es kann auch ratsam sein, im Vortrag zum nächsten Abschnitt zu springen; vorausgesetzt, du hast den Einstieg parat und lässt nichts Wesentliches aus. Lässt es die Textstelle zu, kannst du dich auch ans Publikum wenden: »Gibt es bis hierhin Fragen? Hat damit schon jemand Erfahrungen gemacht?« Auf diese Weise gewinnst du wertvolle Sekunden.

Trifft dich der Blackout mitten im Satz, kommt hier Trick 17: Mach ein nachdenkliches Gesicht (Das dürfte dir in diesem Moment nicht so schwerfallen!), nimm eine andere Position ein und sprich die magischen Worte: »Lassen Sie es mich anders sagen …« Nun fährst du mit einer neuen Formulierung oder einem neuen Gedanken fort.

Wenn du Haltung bewahrst, fällt dein Aussetzer in den meisten Fällen gar nicht auf. Vielleicht ist es eine künstlerische Pause?! Vielleicht ist es kein zerebraler Stromausfall, sondern ein genialer Geistesblitz, der deine Gedanken unterbrochen hat! Entscheidend ist, wie du mit dem Texthänger umgehst. Peinlich wird es nur, wenn du hektisch wirst.

1. MEDIZIN GEGEN LAMPENFIEBER

Wir gehen gleich dahin, wo es wehtut: LAMPENFIEBER! Du kannst dir Unmengen theoretisches Wissen aneignen, dich wochenlang intensiv auf einen Auftritt vorbereiten – aber was nützt all das, wenn du dich schlussendlich nicht auf die Bühne traust? Das ist der Worst Case. Nicht ganz so dramatisch, aber immer noch ärgerlich ist es, wenn das Lampenfieber deine Performance beeinträchtigt. Du sprichst schneller, atmest gehetzt, deine Stimme wird höher, du wirkst fahrig oder es kommt zum Blackout. Last but really not least: Es nervt einfach, wenn das Lampenfieber dir den Spaß an einem bestenfalls freudigen, im Regelfall mindestens gewinnbringenden Ereignis nimmt.

Ein wenig Aufregung ist völlig normal und fördert die Konzentration. Problematisch wird es allerdings, wenn die Angst die Oberhand gewinnt und droht, dich zu verschlingen. Besiege deine Dämonen! Oder lerne zumindest, mit ihnen zu leben.

DU BIST NICHT ALLEIN

Entspann dich! Du musst dich nicht ärgern oder dafür schämen, dass du nicht so kool bist, wie andere wirken. Denn meist trügt der Schein. Das beste Beispiel: Rockstars strahlen Selbstbewusstsein und Gelassenheit aus, doch auch sie leiden unter Lampenfieber. Paul McCartney hätte in den Anfangstagen bei den Beatles fast hingeschmissen, weil er vor Gigs regelmäßig mit den Nerven am Ende war. Barbara Streisand betrat mehr als 20 Jahre keine Bühne, nachdem sie bei einem Konzert einen Texthänger hatte.

Selbst Ozzy Osbourne, der Fürst der Finsternis mit 50 Jahren Bühnenerfahrung, gesteht in seiner Autobiografie: »Zu sagen, dass ich Nervenflattern vor einer Show habe, ist genauso wie zu sagen, dass es nur ein bisschen wehtut, wenn man von einer Atombombe getroffen wird.« Auch den King of Pop, Michael Jackson, trieben sehr »bürgerliche« Gedanken um: »Ich bin wie jeder andere. Ich blute, wenn ich mich schneide, und ich schäme mich schnell.« Johnny Cash, Eddie van Halen, Annie Lenox, Noel Gallagher, Robbie Williams, Lady Gaga – die Liste mit Stars, die sich öffentlich zu ihrem Lampenfieber bekannt haben, ließe sich endlos fortsetzen.

Lampenfieber ist ein typisches Bühnenphänomen – für Laien wie für Profis. Laut Expertenschätzungen kennen rund 80 Prozent aller Menschen die Angst vor einem Auftritt. Meist wächst das Lampenfieber, wenn wir uns im Zentrum der Aufmerksamkeit wähnen. Alle starren mich an! Ich bin ausgeliefert! Auch wenn viele Ausnahmen die Regel bestätigen: Bei Bands haben die Vokalisten häufig mehr mit Lampenfieber zu kämpfen als die Instrumentalisten, da der Fokus des Publikums die meiste Zeit auf sie gerichtet ist. Was ein Sänger – oder in meinem Fall Rapper – macht, kriegen alle mit.

Phil Collins kennt beide Seiten: Er war bei Genesis erst Drummer und ist eher notgedrungen zum Sänger geworden, als Peter Gabriel 1975 aus der Band ausgestiegen ist. Seine Reaktion auf den möglichen Rollenwechsel soll ungefähr so ausgesehen haben: »Bist du verrückt? Ich bin der Drummer. Ich will nicht vorne stehen und mit dem Hintern wackeln. Zwischen mir und dem Publikum ist ein Sicherheitsabstand – mein Schlagzeug – und das ist gut so.« Die Erklärung für seine ablehnende Haltung liefert er gleich mit: »[…] vor Publikum aufzutreten und nur ein Mikrofon vor sich zu haben, anstatt wie sonst eine Reihe Becken, das kostet Überwindung.« Wenn du alleine auf der Bühne stehst, zum Beispiel im Rahmen eines Vortrags, weißt du, wovon Phil Collins spricht – die Augen des Publikums richten sich automatisch auf dich.

WIE BEKOMMEN LAMPEN FIEBER?

Oder anders gefragt: Was ist Lampenfieber? Für Showlegende Dieter Thomas Heck ist es »nichts anderes als Achtung vor dem Publikum«. Für mich war es bei meinen ersten Gigs vor allem ein staubtrockener Mund. Ich musste ununterbrochen Wasser trinken. Was bedeutete, dass ich auch ununterbrochen auf die Toilette rennen musste. War super! Eine Flasche Wasser habe ich auch heute noch bei jedem Auftritt dabei – einfach um sicherzugehen, dass ich auf der Bühne versorgt bin. Viel Reden oder Singen trocknet die Kehle zwangsläufig aus, deshalb ist stilles Wasser auf der Bühne ein Muss. Am besten im Glas oder in einer Flasche ohne Schraubverschluss, damit man nicht beide Hände benutzen muss. Aus diesem Grund habe ich mir auch irgendwann einen Mikrofonständer zugelegt, bei dem ich die Höhe einhändig mit einem Griff einstellen kann. Aber das nur am Rande.

KÖRPERLICHE REAKTIONEN

Lampenfieber ruft bei jedem Menschen unterschiedliche körperliche Reaktionen hervor. Weit verbreitet sind neben dem trockenen Mund: Herzrasen, Schweißhände, Bauchschmerzen, weiche Knie, Appetitlosigkeit und Verdauungsstörungen. Manche müssen heulen, andere müssen sich übergeben. Den meisten wird heiß. Viele sind unruhig und wollen am liebsten losrennen – oder besser gesagt: flüchten. Im Extremfall steigert sich das Lampenfieber zu einer Panikattacke. Spätestens an diesem Punkt solltest du dich nicht nur einer nahestehenden Person anvertrauen, sondern auch deinem Hausarzt oder einem Psychologen. Suche professionelle Hilfe, wenn dein Lampenfieber ein krankhaftes Ausmaß annimmt, das dich fertigmacht.

Im »Normalfall« ist Lampenfieber zwar ziemlich ätzend, aber doch irgendwie beherrschbar. Auch wenn ich zugebe, dass der Grat schmal sein kann. Was würdest du beispielsweise einem Musiker entgegnen, der dir anvertraut: »Ich bin nicht dazu geschaffen, Konzerte zu geben. Das Publikum verschüchtert mich. Ich fühle mich von seinem Atem gewürgt, paralysiert von ihren Blicken.« Du könntest den armen Kerl in den Arm nehmen und sagen: »Frédéric Chopin, wir zwei sollten mal reden.«

Um das Feuerwerk an Zitaten zum Thema »Lampenfieber« mit einem Klassiker abzuschließen und damit reichlich plump zu den physiologischen Hintergründen überzuleiten, hier noch ein Bonmot von Mark Twain: »Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert vom Moment der Geburt an – bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten.«

Tatsächlich beginnt das Lampenfieber in deinem Gehirn, denn von dort aus wird das Signal gesendet: Gefahr! Dein Körper schaltet in den Stressmodus. Die Nebennieren schütten Adrenalin aus, der Blutdruck steigt, die großen Muskelgruppen werden stärker durchblutet, der Herzschlag und die Atmung beschleunigt. Das Adrenalin regt auch den Fettabbau an, um Energie bereitzustellen. Dein Körper ist bereit! Wahrscheinlich so bereit, wie er schon vor 100 000 Jahren im Angesicht eines Säbelzahntigers gewesen wäre: Fight or flight! Da du aber weder kämpfen noch fliehen kannst, wirst du zappelig oder starr vor Angst.

DAUERSTRESS

Viele Menschen spüren diese Anspannung nicht nur unmittelbar, bevor es auf die Bühne geht. Häufig sind schon die Stunden oder Nächte davor unruhig bis schlaflos. Wenn du bereits vor deinem Wecker wach wirst und dazu neigst, dich im Halbschlaf mit düsteren Gedanken runterzuziehen, steh auf! Sobald das Licht an ist, das kalte Wasser in deinem Gesicht oder der warme Kaffee in deinem Bauch ihre Arbeit getan haben, sieht die Welt schon freundlicher aus.

Richtig problematisch wird es, wenn das Lampenfieber zum Dauerzustand wird. An deutschen Musikhochschulen sind die hochtalentierten Instrumentalisten und Sänger extremem Druck ausgesetzt, denn auf einen offenen Platz kommen oftmals mehr als hundert Bewerber. Zusammenbrüche sind hier an der Tagesordnung. Viele leiden unter chronischen Kopf- oder Rückenschmerzen, Übelkeit oder starkem Nasenbluten. Von der psychischen Belastung ganz zu schweigen. Wenn du dich angesprochen fühlst, gibt es Handlungsbedarf!

Auch hinter den Opernkulissen herrscht der pure Stress: Die Musiker ähneln Sportlern im Wettkampf, die jeden Tag Spitzenleistungen bringen müssen – mit dem Unterschied, dass sie mit 30 noch nicht ans Karriereende denken können. Manche versuchen, sich mit Alkohol oder Tabletten »freizuspielen«; andere beruhigen sich mit Valium oder den berühmten rosa Pillen. Betablocker hemmen das Adrenalin und senken damit die Herzfrequenz und den Blutdruck. Sie machen locker, aber auch gleichgültig. Kein Adrenalinkick, kein Glücksgefühl nach der Show.

KEINE MACHT DEN DROGEN

Ich folge nicht nur meinem pädagogischen Auftrag (den ich mir jetzt einfach mal zugestehe), sondern auch meiner festen inneren Überzeugung, wenn ich dir sage: Opfere nicht deine Gesundheit! Ich rate dir eindringlich von jeglichem »Doping« ab – sei es zur Beruhigung, zum Aufputschen oder zur Anregung deiner Kreativität. Auch wenn Ernest Hemingway »Der alte Mann und das Meer« ohne Alkohol vielleicht nicht hätte schreiben können, auch wenn es das Sgt. Pepper-Album der Beatles ohne LSD nie gegeben hätte, auch wenn viele Rockstars von Jimi Hendrix und Jim Morrison bis Kurt Cobain und Amy Winehouse nicht als Vorbild taugen – bleiben wir in der Realität: Drogen sind Bullshit! Sie stören und zerstören.

Ich bin kein Hardliner. Vor Gigs mit der Band gönne ich mir im gemütlichen Kreis auch manchmal ein Bier oder an guten Tagen drei Cuba Libre. Das ist dann allerdings der Partymodus. Der darf auch mal sein. Allerdings nur, wenn man immer noch funktioniert. Im beruflichen Kontext – bei Vorträgen, Moderationen, Traureden – verbiete ich mir jegliche »Genuss- oder Betäubungsmittel«. Das ist dann der seriöse Modus.

Heute bin ich vor Auftritten, egal welcher Art, meistens entspannt – was sicher ein bisschen Typsache ist. Aber ich habe mir im Laufe der Zeit auch einige Tricks abgeschaut und Strategien entwickelt, die für mich gut funktionieren und die mir helfen, ruhig, optimistisch und voller Vorfreude eine Bühne zu betreten.

GEGENMITTEL

»Wenn man Lampenfieber hat, geht es nie weg. Aber dann frage ich mich: Ist die Angst der Schlüssel zu einer magischen Leistung?«, sagte und fragte einst Stevie Nicks. Ich gebe nur ungern Widerworte – vor allem Damen, aber im ersten Punkt muss ich der Frontfrau der US-amerikanischen Rockband Fleetwood Mac widersprechen. Meine Erfahrung ist eine andere. Und ich lege mich fest, dass es keine hoffnungslosen Fälle gibt! Selbst wenn das Lampenfieber nicht ganz verschwindet, kannst du zumindest die Temperatur deutlich senken. Du musst nur – Achtung, ich überstrapaziere die Metapher – die richtige Medizin finden.

Wir starten mit zwei praktischen Beispielen aus dem Show-Business, von denen eines zur Nachahmung empfohlen ist. Du darfst raten, welches von beiden es ist. Nummer 1: Heinz Erhardt. Der Legende nach trug der Spaßbomber der Nation auf der Bühne eine Brille aus Fensterglas, um die Zuschauer nur verschwommen zu sehen. Nummer 2: Frank Sinatra. Um seine Aufregung zu 100 Prozent in Energie für die Performance zu verwandeln, begann er seine Shows mit einer schnellen Nummer. Interessanter Ansatz – auch wenn das getragene Intro damit flachfällt. Aber entscheide selbst! Wer gewinnt? Heinz oder Frank? Ist das spannend …!

BEWEGUNG

Ich löse auf: Frank Sinatra gewinnt, denn jeder Muskeleinsatz baut Adrenalin ab. Mach dich locker! Lass Dampf ab! Zu viel Adrenalin verspannt und verkrampft die Muskeln. Mister Moon River legt schwungvoll los, um seine überschüssige Energie konstruktiv zu nutzen. Beginne auch du mit Power und nimm dein Publikum mit. »Recklinghausen, seid ihr am Start!?«

Vor dem Auftritt ist Bewegung ebenfalls ein bewährtes Rezept. Tob dich aus! Wie wäre es mit Tai-Chi? Yoga? Krafttraining oder Atemübungen? Keine Sorge: Es muss gar nicht in Sport ausarten. Lauf auf der Stelle, mach ein paar Kniebeugen oder wippe im Sitzen. Das geht alles auch auf engstem Raum. Und einen engsten Raum findest du immer. Ich habe bereits die Böden Dutzender öffentlicher Herrentoiletten »geküsst«, als ich mich dort mit Liegestützen für Gigs fit gemacht habe. Aber ich habe mir danach immer die Hände gewaschen. Also sagen wir, in neun von zehn Fällen. Okay, acht von zehn.

ATEMÜBUNGEN

Ein bewährtes Mittel gegen Stress sind Atemübungen. Die Kurzfassung: Mach langsam einige tiefe Atemzüge und pruste die Anspannung aus dem Körper. Leg dabei die Hand auf den Bauch, um sicherzugehen, dass sich dieser hebt und senkt. Denn Entspannung tritt nur ein, wenn du tief in den Bauch atmest. Halte die Luft nach dem Einatmen immer für einen Moment an. Du kannst auch deine Stimme einsetzen, indem du auf die Laute »sch« oder »tz« ausatmest.

GUTE VORBEREITUNG

Energie abbauen ist ein Weg. Aber im besten Fall kommt es gar nicht erst zu einer Überspannung, die Bewegung oder Atemübungen notwendig macht. Bei mir steht und fällt die Aufregung mit der Vorbereitung: Wenn ich gut vorbereitet bin, ist alles easy. Habe ich allerdings das Gefühl, der Text sitzt nicht 100-prozentig, ich habe den Ablauf nicht parat oder es gibt andere Unwägbarkeiten, die Fragen aufwerfen, steigt meine Nervosität. Auf das Thema »Vorbereitung« kommen wir in Kapitel 3 (Self- und Soundcheck) noch ausführlich zu sprechen. Da du allerdings keinen wichtigeren Tipp in diesem Buch findest, sage ich es an dieser Stelle gerne ein erstes Mal mit Nachdruck: Bereite dich sorgfältig vor! Je tiefer du im Thema steckst, je häufiger du die Inhalte wiederholt hast und je präziser deine Vorstellung des bevorstehenden Auftritts ist, desto sicherer bist du, desto weniger Lampenfieber hast du und desto besser wird die Show. So einfach ist das. Auch wenn es der vermeintlichen Rockerweisheit »Wer probt, hat Angst« widerspricht.

Ich rate allerdings davon ab, sich bis zur letztmöglichen Sekunde »verrückt zu machen«. Es ist keine gute Idee, den Text unmittelbar vor dem Auftritt noch mal durchzugehen. Irgendetwas wird dir entfallen – denn du bist noch nicht voll konzentriert, wahrscheinlich läuft im Hintergrund Musik oder andere Dinge lenken dich ab. Musst du bis zuletzt schwitzen, hast du deinen Job vorher nicht richtig gemacht. Spätestens wenn du zum Auftrittsort fährst, sollte deine inhaltliche Vorbereitung abgeschlossen sein. Kurz bevor du auf die Bühne gehst, legst du dir im Kopf nur die ersten zwei, drei Sätze zurecht. Wenn die sitzen, fließt der Rest hinterher.

ÄUSSERE UND INNERE ABLÄUFE

Manchen Menschen helfen Rituale gegen Lampenfieber. Gewohnheiten oder Abläufe, die sie vor jedem Auftritt routinemäßig abspulen. Immer Spaghetti, immer die gleichen Socken oder immer die gleichen Handgriffe vor der Show. Das gibt Sicherheit und das Gefühl: »Heute ist es nicht anders als sonst. Es hat immer geklappt, deshalb klappt es auch heute.«

Lampenfieber ist Kopfsache. Tu mir einen Gefallen: Schließe für einen Moment deine Augen und stell dir Folgendes vor: Es ist heiß! 40 Grad. Es war ein langer Tag. Und plötzlich stehst du inmitten eines erfrischenden Sommerregens. Die kühlen Tropfen prasseln auf dein Gesicht, deine Schultern, deine Brust, deinen Rücken. Ahhh! Spürst du, wie sich dein Puls senkt und du ruhiger wirst? Ich nicht. Aber einigen Menschen helfen Gedankenspiele wie diese. Wenn du dazugehörst: Glückwunsch, du hast ein leicht verträgliches Gegenmittel für dein Lampenfieber gefunden!

Warum es helfen soll, sich sein Publikum nackt vorzustellen, habe ich nie begriffen. Dazu bin ich auf der Bühne weder in der Stimmung noch in der Lage. Und wenn es klappen würde, hätte ich die Augen sicher nicht auf Texthöhe. Also keine gute Idee. Hilfreicher ist ein zärtlicher Gedanke an den Partner, die Kinder oder die Eltern: »Ich bin nicht allein. Ich habe einen Zufluchtsort. Mich erwarten offene Arme, egal was passiert. Es gibt Wichtigeres als diesen Auftritt. Und weißt du was – sie glauben an mich! Deshalb gehe ich jetzt einfach da raus und gebe alles!« Eine wirksame Strategie! Wenn deine Liebsten im Publikum sitzen, können sie auch während der Show dein Anker sein – da reicht meist schon ein aufbauender Blick.

POSITIVES DENKEN

Egal, was du denkst, denke positiv! Die negativen Gedanken kommen von selbst, die positiven musst du aktiv dagegendenken. Erinnere dich an vorherige Auftritte, die gut gelaufen sind. Stell dir vor, es ist alles schon vorbei – und du hast gerockt! Freu dich auf das Glücksgefühl, die Erleichterung, den Stolz. Du hast dich gut vorbereitet, vertrau dir. Optimismus und eine Prise Gleichgültigkeit helfen. Gib einfach dein Bestes – und das jedes Mal! Egal, was dann passiert, du hast dir nichts vorzuwerfen. Mich tröstet dieser Gedanke. Und hier noch einer für das Phrasenschwein: Alle Menschen machen Fehler. Sie werden ihnen vergeben.

Wenn du nicht anders kannst, als den Auftritt und die möglichen Fettnäpfchen wieder und wieder im Kopf durchzugehen, ziehe daraus den richtigen Schluss: »Egal, was kommt, ich werde es überleben.« Nimm dich und deinen Auftritt nicht zu ernst. Alle zehn Sekunden verhungert ein Kind auf dieser Welt – nur mal so als Rahmung. Außerdem weißt du, so gut wie ich: Wenn es erst mal losgeht und läuft, fühlt es sich gut an! Meistens spürt man das Lampenfieber nur die ersten paar Sekunden oder Minuten des Auftritts. Danach kommt (bestenfalls) der Flow.

AKZEPTANZ

Besser wirst du ganz von selbst: »Reden lernt man nur durch Reden«, und Cicero muss es wissen. Mit der Routine wächst die Sicherheit und das Lampenfieber schrumpft. Falls du die Ausnahme bist, sollte also wie bei der Sängerin Adele nichts gegen deine Aufregung helfen, hilft immer noch das: Akzeptiere dein Lampenfieber. Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen oder sich darüber zu ärgern. Sei kritisch mit dir und deiner Leistung, gerne auch brutal ehrlich – aber bitte nicht brutal! Und das Beispiel Adele zeigt: Grammys kann man auch mit Lampenfieber gewinnen.

Man sieht dir den Stress meist nicht an. Wenn du nicht als zitterndes und sabberndes Wrack auf die Bühne taumelst, kannst du dich entspannen. Von dem, was du fühlst, sehen die Zuschauer nur ein Achtel – das sagen wenigstens die »Experten«. Einigen wir uns darauf, dass man deine Gedanken und den Schweiß an deinen Handinnenflächen definitiv nicht sieht. Was du fühlst, ist nur ein Signal deines Körpers: Du bist bereit für große Taten!

Bevor wir zu den positiven Aspekten des Lampenfiebers kommen, zum Abschluss noch zwei praktische Tipps: Gegen Achselschweiß ist statt einer Entfernung der Schweißdrüsen weiterhin die Damenbinde unter den Armen die erste Wahl. Bei Schweißhänden hilft ein Tuch in der Hosentasche, mit dem du wenigstens vor dem nächsten Handschlag etwas Nässe loswerden kannst.

MEIN FREUND, DAS LAMPENFIEBER

Was wäre ein Schauspieler ohne Lampenfieber? »Nur halb so gut«, meint Mario Adorf. Das Adrenalin macht dich hellwach und konzentriert. Du spürst keinen Hunger, keine Schmerzen. Dein Reaktionsvermögen ist verbessert, dein Herz pumpt auf vollen Touren. Es kann losgehen! Du brauchst dieses Energielevel für Höchstleistungen. Der Adrenalinschub ist eine gesunde Reaktion des Körpers und vielleicht wirklich »der Schlüssel zu einer magischen Leistung«. Deshalb schimpfe nicht auf dein Lampenfieber – es will nur spielen.

Als eine Art biologisches Warnsystem bewahrt uns das Adrenalin in jedem Fall vor hoffnungsloser Selbstüberschätzung. By the way: Es gibt keine kleinen Jobs! Jeder Auftritt verdient die gleiche Konzentration und Professionalität – ob du vor zehn oder zehntausend Menschen auftrittst. Allein dafür, dass das Lampenfieber uns Demut lehrt, sollten wir ihm dankbar sein.

Zudem gibt es nichts Schlimmeres, als mit zu wenig Adrenalin im Blut, also unterspannt, auf die Bühne zu kommen. Es fehlt der Biss und Spaß macht es auch nicht. In der richtigen Dosis ist Adrenalin der beste Stoff – denn so fühlt sich Vorfreude an, Lust, kindliche Begeisterung. Für Elton John ist es der »perfekte Cocktail aus Besorgnis und Aufregung«: »Genauso sollte sich ein Performer fühlen, bevor er auf die Bühne geht. Es war befreiend und herausfordernd und erfüllend, weil es anders war als alles, was ich bisher gemacht hatte.«

FAZIT KAPITEL 1: Für acht von zehn Menschen gehört Lampenfieber auf der Bühne dazu. Es ist im Grunde ein sehr gewöhnliches Gefühl, auch wenn du es als außergewöhnlich erlebst. Finde deine Gegenmittel, um das Lampenfieber zu drosseln. Gib dir Zeit. Steh zu deinen Schwächen und lach über deine Fehler. So lebst du länger und entspannter. Der ganze Bumms sollte schließlich Spaß machen! Bauch rein, Brust raus – und dann genieß den Moment.

Fazit

Schnapp sie dir, Tiger!

2. VON DER IDEE ZUM TEXT