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An einem nebeligen Wintermorgen entdecken Luca Wolf und Emma Reich ein mysteriöses Schiffswrack. Orakel steht an seinem Bug, und weder Emma noch Luca können sich erklären, wie das Schiff auf das brachliegende Blumenfeld gelangt ist, auf dem es sich befindet. Neugierig geworden, klettert Emma hinein – und verschwindet spurlos. Als elf weitere Menschen vermisst werden, tritt Robert Grim, seines Zeichens Spezialist für das Okkulte, auf den Plan. Doch was er über die Oracle herausfindet, lässt selbst ihm die Haare zu Berge stehen …
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Seitenzahl: 759
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das Buch
An einem nebeligen Wintermorgen entdecken Luca Wolf und Emma Reich ein mysteriöses Schiffswrack. Oracle steht an seinem Bug, und weder Emma noch Luca können sich erklären, wie das Schiff auf das brachliegende Blumenfeld gelangt ist, auf dem es sich befindet. Neugierig geworden, klettert Emma hinein – und verschwindet spurlos. Als elf weitere Menschen vermisst werden, tritt Robert Grim, seines Zeichens Spezialist für das Okkulte, auf den Plan. Doch was er über die Oracle herausfindet, lässt selbst ihm die Haare zu Berge stehen …
Der Autor
Thomas Olde Heuvelt wurde 1983 in Nijmegen, Niederlande, geboren. Er studierte Englisch und Amerikanistik an der Radboud Universität Nijmegen und an der University of Ottawa in Kanada, wo er ein halbes Jahr lang lebte. Seine Kurzgeschichte »The Day the World turned upside down« wurde mit dem Hugo Award ausgezeichnet, andere Kurzgeschichten wurden für den Hugo Award und den World Fantasy Award nominiert. Seit ihm mit »Hex« der internationale Durchbruch gelang, ist Thomas Olde Heuvelt in den Niederlanden ein gefeierter Starautor, der mit seinen Romanen regelmäßig die Bestsellerlisten erobert.
THOMASOLDE HEUVELT
Roman
Aus dem Englischenvon Julian Haefs
WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN
Die Originalausgabe ist unter dem Titel
ORAKEL
bei Boekerij, Amsterdam, erschienen.
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Deutsche Erstausgabe 02/2025
Copyright © 2024 by Thomas Olde Heuvelt
Copyright © 2025 der deutschsprachigen Ausgabe und der Übersetzungby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
(Vorstehende Angaben sind zugleichPflichtinformationen nach GPSR)
Alle Rechte vorbehalten.
Redaktion: Sven-Eric Wehmeyer
Umschlaggestaltung: Das Illustrat, München,nach einem Design von Davy van der Elsken
Satz: Schaber Datentechnik, Austria
ISBN 978-3-641-32334-9V002
www.heyne.de
Dieses Buch ist Sally Harding, Marianne Schönbach und Ron Eckel gewidmet, drei starken Leuchtfeuern, die mich durch Riffe und Gezeiten lotsen.
Allemansend
Es lag am Nebel, dass Luca Wolf und Emma Reich das Schiff im Tulpenfeld als Erste entdeckten. Am Nebel und an der Tatsache, dass sie mit dem Fahrrad zur Schule unterwegs waren. Später würde Luca sich fragen, wie viele Autos bereits daran vorbeigekommen sein mochten, deren Insassen in seliger Unwissenheit darüber verblieben, wie knapp sie auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit ihrem Schicksal entronnen waren. »Die Glücklichen« nannte Luca sie bei seinem Verhör. Dabei lag tiefe Bitterkeit in seiner Stimme, denn dank seiner dreizehn Lebensjahre und der vielen Netflix-Serien, die er schaute, hegte er ein starkes Faible für Drama. Danach brach er in Tränen aus und wünschte, Emma und er hätten auch solches Glück gehabt.
Wäre es nach Luca gegangen, hätten sie an jenem Tag gar nicht erst die Räder genommen. Morgens hatte er schlaftrunken aus seinem Zimmerfenster in eine Welt geblickt, die nur aus Umrissen und den Andeutungen weiterer Umrisse bestand. Ein Nimbus aus dichtem Nebel umgab die Laterne am hinteren Ende des Gartens, Regenrinne und Dachziegel waren mit Raureif überzogen.
Er warf sich wieder aufs Bett, öffnete Snapchat, machte ein Selfie, das seinen ganzen Weltschmerz barg, schrieb nehmen wir den Bus? und schickte ein Kuss-Emoji hinterher.
Dramaqueen, schrieb Emma zurück. Ihr Selfie war fertig angezogen und aufbruchbereit, ein echter Hingucker mit ihrer flammend roten Mähne. hab Hockeyunterricht, fügte sie hinzu, was bedeutete, dass sie das Fahrrad nehmen musste. Zwei pinke Herzen federten ihre Aussage ab, aber Luca wusste, dass es sich bloß um Freundschaftsherzen handelte.
Luca Wolfs bescheidener Meinung nach sah Emma Reich stets umwerfend aus. Sie kannten sich seit dem Kindergarten, und obwohl es in der dritten Klasse einen kurzen (und sehr kindlichen) Flirt zwischen ihnen gegeben hatte, war Luca schon vor langer Zeit in der Friendzone gelandet. Er hätte ohnehin nicht als fester Freund getaugt. Sobald sie an die weiterführende Schule kamen, hatten Mädchen nur noch Augen für die Oberstufler. Das war das herbe Los eines jeden dreizehnjährigen Jungen, aber Luca hatte sich damit arrangiert … bis ihm neulich aufgegangen war, dass Emma angefangen hatte, ihm ständig im Kopf umherzugeistern.
Dramaqueen, hätte Emma ganz sicher gesagt.
Seine Mom bestand darauf, dass er Parka und Fäustlinge anzog, weshalb er total bescheuert aussah – »Du siehst aus wie der Zwilling des Michelin-Männchens«, hatte sie gesagt und gelacht –, aber sobald Luca auf sein Cannondale sprang und die Parkstraat entlangstrampelte, war er froh, so dick eingepackt zu sein. Die Kälte biss ihm in die Wangen, die sofort taub wurden. Gut, es war ein typischer holländischer Dezembermorgen, nur ein paar Grad unter null, aber der Herbst war ungewöhnlich mild gewesen. Luca hatte sich noch nicht an die plötzliche Veränderung gewöhnt. Er zog die Kapuze zu und strampelte noch energischer, um nicht mehr so stark zu zittern.
Es war noch ziemlich dunkel, und im Morgennebel sah alles seltsam aus. Bis man sehr nahe herankam, blieben Bäume und Autos undefinierbare Gebilde, zwischen denen trüb und unheimlich die Straßenlaternen schwebten. Wie die Dinge so aus dem Nebel auftauchten, war echt gruselig, dachte Luca.
Emma wartete auf ihrer überdimensionierten Gazelle am Platz vor der Eisdiele, die nur im Sommer geöffnet hatte. Sobald sie ihn sah, steckte sie ihr Telefon weg. »Hey, Luca!«
»Ganz im Ernst, scheiß auf Hockey. Ich bin am Erfrieren.«
»Na, dann los. Dir wird gleich wieder warm. Schicker Parka übrigens.«
»Haha.«
»Nein, wirklich.«
Luca sah, dass sie es tatsächlich so meinte. Ihre großen, mandelförmigen Augen strahlten nichts als Freundlichkeit aus, und sofort spürte er Hitze in seine Wangen steigen. In ihrem langen beigen Mantel mit dem Wollschal, den Lederhandschuhen und der Strickmütze sah Emma alles andere als albern aus. Das Fahrrad hatte sie von ihrer Schwester geerbt, und es vervollständigte das Bild: Sie sah erwachsen aus. Luca schämte sich – erst wegen seines eigenen Mangels an Kultiviertheit, dann wegen der Wirkung, die Emma auf ihn hatte. In Gegenwart ihrer angeborenen Selbstsicherheit verwandelte sich sein Gehirn zu Suppe. Jedes verdammte Mal.
Die Fahrt von Katwijk rüber zum Northgo College, ihrer Schule im benachbarten Noordwijk, dauerte eine halbe Stunde, und bei schönem Wetter fuhren sie immer die Hauptstraße hinunter und dann mitten durch die Dünen. An diesem Morgen glühte der Leuchtturm wie ein Geist hoch im Nebel, und die unsichtbare, kalte Präsenz des Meeres wirkte ein wenig bedrohlich, weshalb sie sich instinktiv für die Route durchs Landesinnere entschieden. Diese führte sie durchs Stadtzentrum, über den Kanal und schließlich an der Rückseite der Dünen entlang. Sobald sie dort angekommen waren, wurde Luca von einer Euphorie ergriffen, die er sich nicht erklären konnte. Sie waren alleine, aber da war noch mehr. Der Nebel schloss sie in diesem kalten, grauweißen Morgen ein, verstärkt durch die ungerührte Stille des Naturschutzgebiets, dessen unsichtbare Grenze ihre Stimmen dämpfte und ein Gefühl inniger Abgeschiedenheit erzeugte, als teilten Emma und er ein großes Geheimnis.
Sie diskutierten über die Serien, die sie gerade schauten – er The Witcher, sie Staffel 2 von Sex Education –, und versuchten einander davon zu überzeugen, dass die eigene Wahl die überlegene war.
»Ich weiß nicht«, sagte Emma, »von The Witcher hab ich nur den Anfang geschaut, aber …«
»Episch! Das Gesicht von dieser riesigen Spinne, haha!«
»Aber das ergibt doch keinen Sinn. In dem Sumpf ist es total ruhig. Das Reh grast friedlich am Ufer. Und dann springt plötzlich diese Spinne aus dem Wasser und der Witcher klammert sich an ihrem Bein fest, mitten in einem wilden Kampf? Wo ist da die Logik?«
»Wen interessiert’s? Der Kampf ist mega!«
»Schon, aber er fängt mit einem billigen Jumpscare an. Ich weiß nicht. Ich les erst mal die Bücher fertig, und dann geb ich der Serie vielleicht noch mal ’ne Chance. Aber ich glaube nicht, dass sie was für mich ist.«
Luca, der die Witcher-Bücher nicht angerührt hatte und die Serie vor allem wegen der Monster schaute (okay, und wegen der Frauen in den Mittelalter-Kämpfen), musste zugeben, dass sie nicht unrecht hatte. War er oberflächlich, weil ihm das nicht selbst aufgefallen war? Aber dafür gleich eine Mädchenserie wie Sex Education zu schauen, wäre doch etwas überkompensiert (auch wenn er heimlich schon neugierig darauf war).
»Ja, gut, ich weiß auch nicht«, sagte er ausdruckslos. »Ich hab die Sex-Education-Bücher gelesen, und ich finde, der Serie fehlt der nötige Tiefgang. Das ist alles etwas unglaubhaft, meinst du nicht?« Emma grinste breit und versuchte ihn zu schubsen. Luca scherte aus und radelte vor ihr her (um Zeit zu haben, sich ungesehen die triefende Nase zu wischen), aber innerlich strahlte er.
Hinter der Space Expo verwandelte der Nebel die Dünen in eine unbekannte Wildnis, in der man sich tagelang verlaufen konnte. Oder für immer. Seine Mom nannte diesen Ort Allemansend – ein Name, der Lucas Vorstellungskraft seit jeher befeuert hatte. Es gab hier in der Gegend eine Menge Orte mit guten Namen – Donnerdüne, Sirenenhügel –, und obwohl das Naturschutzgebiet relativ klein und von Wanderwegen durchzogen war, verliehen diese Namen den Dünen eine Aura von Macht.
Schließlich wandten sie sich von den Dünen ab und erreichten die Straße durch die Tulpenfelder nach Noordwijk. Da Emma anfing, über die Grammatik-Hausaufgaben zu reden, schweifte Lucas Aufmerksamkeit ab. Eine dünne Eisschicht bedeckte den Grund des Straßengrabens auf der linken Seite. Hohe tote Grashalme hingen reglos über die Böschung. Normalerweise hörte man von weit her den Lärm der Traktoren auf den Feldern. Heute war es vollkommen still. Die Stille verstärkte sein Gefühl der Abgeschiedenheit, aber jetzt war Lucas Euphorie verflogen. Stattdessen kroch ihm eine Gänsehaut über den gesamten Rücken.
Er sah etwas im Nebel.
»Oha«, sagte er und bremste.
»Was?«
Luca antwortete nicht, sondern spähte nach links in die Leere. Emma folgte seinem Blick. Der Tag war fast angebrochen, der Nebel hatte einen bleichen Grauton angenommen, wie der Bauch eines toten Fischs. Und in diesem fahlen Licht ragte ein Umriss auf.
Dunkel.
Riesenhaft.
»Sprechen wir über den Jungen«, sagte Diana. So hatte sie sich vorgestellt. Kein Nachname. Kein Arbeitgeber. Keine erkennbare Uniform. Nur ein teurer, maßgeschneiderter Hosenanzug, der so anonym wirkte wie der Neunsitzer mit den getönten Scheiben, der sie nach Den Haag gebracht hatte, oder der neutrale Verhörraum, in dem man ihnen Kaffee brachte – auch auf den Bechern war kein Aufdruck. »Luca Wolf. Wann haben Sie ihn das erste Mal gesehen?«
»Als ich heute Morgen Allemansend erreicht habe«, sagte Wim Hopman, als müsste er einem Kleinkind etwas vollkommen Offensichtliches erklären. »Die Blumenzwiebeln sind alle gepflanzt, also ist auf dem Feld gerade nicht viel zu tun. Muss Viertel vor neun oder so gewesen sein, als ich da vorbeigefahren bin, weil ich einen Termin bei meinem Erbsenzähler in Noordwijk hatte. Plus minus zehn Minuten, aber fragen Sie Ineke, wenn Sie es ganz genau wissen wollen.«
»Es war um Viertel vor neun«, bestätigte Ineke. »Ich sollte das wohl wissen. Ich führe den Hof seit siebenundzwanzig Jahren.«
»Dank sei Gott für so eine gute Ehe«, sagte Van Driel. So hatte er sich vorgestellt. Kein Vorname. Breitschultrig, Kinnbart, Schädel kahl rasiert. Wie er da mit hochgekrempelten Ärmeln hinter dem Verhörtisch stand, war es allzu offensichtlich, dass er den Blick erst auf seine muskulösen, tätowierten Unterarme lenken wollte, ehe man ihn zu seinen humorlosen Augen hinaufhob. Wenn Diana aussah wie die Chefin einer Fondsgesellschaft, dann sah Van Driel aus wie ein Ex-Soldat. Oder ein Auftragskiller.
Ineke mochte für das Haus, die Kinder und den Kalender zuständig sein, aber Wim betrieb die Tulpenzucht und besaß das Land, das – laut den Textnachrichten seines Sohns Yuri – nun vollständig mit hohen schwarzen Zeltbahnen von der Außenwelt abgeschirmt war und sämtliche Online-Nachrichten beherrschte. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, selbst in die Nachrichten zu gucken, da ihr Fahrer auf der Stelle einen Behälter vorgestreckt hatte, in den sie ihre Telefone legen sollten; das war in gesicherten Bereichen offenbar so üblich. Sie hatten den Anweisungen Folge geleistet, ohne weiter darüber nachzudenken. Das war ein Fehler gewesen.
»Deshalb sind Sie an dem Feld vorbeigefahren?«, fragte Diana.
»Jap. Nur konnte man in dem scheiß Nebel kaum die Hand vor Augen sehen. Auf halbem Weg führt ein Damm über den Graben, und da hab ich das Auto entdeckt. Die Scheinwerfer waren an, und der Motor lief. Die Stelle ist so verdammt eng, dass es die ganze Straße versperrt hat. Wahrscheinlich ’n Unfall, dachte ich, weil da auch noch vier Fahrräder auf dem Seitenstreifen waren. Lagen alle auf der Seite. Das wär echt ’ne böse Nummer gewesen – wenn er die alle vier erwischt hätte, mein ich. Da sind morgens fast nur Kinder auf dem Weg zur Schule unterwegs. Aber es war niemand zu sehen. Keine Menschenseele. Und da hab ich mich gefragt, was zum Teufel eigentlich los ist.«
»Und? Was zum Teufel war da los?«, fragte Van Driel und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Die mieseste Scheiße auf Gottes weiter Erde, das war da los. Ich hab nicht darum gebeten, hier zu sein. Oder darum, dass Sie mein gottverdammtes Land besetzen.«
Diana überging seinen Protest. »Wann haben Sie den Jungen entdeckt?«
»Hab ihn gehört, bevor ich ihn gesehen hab«, sagte Wim. »Sobald ich aus dem Wagen gestiegen bin, hab ich ein Stöhnen gehört. Bin in die Richtung gerannt, aber bei dem Nebel war schwer auszumachen, woher es genau kommt. Geräusche sind seltsam im Nebel. Und auch ’n bisschen unheimlich, ich schäm mich nicht, das zuzugeben. Dann hab ich noch was gehört.«
»Was?«
Wim fühlte sich auf einmal unwohl und sah seine Frau an. Ineke wirkte sichtlich aufgewühlt, drückte aber seine Hand und richtete den Blick wieder auf die beiden Fragesteller. »Wissen Sie, wie die Gegend zu ihrem Namen gekommen ist? Wims Vater hatte früher eine Schiffsglocke aus Kupfer an der Eingangstür, die er geläutet hat, um die Knechte zu rufen. Er hatte sie von seinem Vater geerbt, der sie von seinem Vater geerbt hatte. Vor vielen Generationen ist mal ein Hopman auf einem Handelsschiff zur See gefahren, stimmt’s, Wim?«
»Ja. Mutter hat die Glocke immer für uns geläutet, wenn das Essen fertig war. Sie hat an diesem dicken geflochtenen Seil gezogen, an dem der Schwengel hing, mit Fransen und einer Quaste und allem Drum und Dran. Die alten Seeleute haben so was Allemansend genannt. Sie hat so laut geläutet, dass man es weit über die Dünen hören konnte. So hat sich der Name hier in der Gegend gehalten. Das Problem ist nur: Die Glocke ist seit vierzig Jahren verschwunden, trotzdem hab ich sie heute Morgen da im Nebel gehört.«
»Und was haben Sie dann getan?«
»Angehalten und gelauscht, natürlich.« Diesmal wollte Wim Hopman nicht zugeben, dass er mehr als nur ein bisschen Angst gehabt hatte. Denn was er in dem Moment hörte, klang nicht nur wie diese Glocke, es war diese Glocke. Kein Zweifel. Sie ein halbes Leben später so unheilvoll erklingen zu hören, war alles andere als angenehm gewesen. Seine Eltern waren lange fort und die Glocke mit ihnen. Wie konnte ein Klang, der vor vierzig Jahren verstummt war, an einem kalten Wintermorgen plötzlich wieder ertönen … und sich so falsch anfühlen?
Er räusperte sich. »Ich hab erst später begriffen, was dieses Geräusch gemacht haben muss.«
Van Driel musterte ihn ausdruckslos.
»Und da haben Sie Luca Wolf entdeckt«, sagte Diana.
»So ist es. Der Junge ist stolpernd mit mir zusammengestoßen, als hätte ihn der Nebel einfach ausgespuckt. Hab mich zu Tode erschreckt.«
»War er allein?«
»Jap.«
Van Driel stützte sich auf den Tisch und beugte sich vor. Die Adern und Sehnen an seinen Unterarmen traten hervor. »Ganz sicher?«
»Wenn Wim sagt, er hat sonst niemanden gesehen, dann hat er niemanden gesehen«, sagte Ineke. »Behandeln Sie uns nicht, als hätten wir was Falsches getan.« Die Angst war zurück in ihre Stimme gekrochen. Wim war sich nicht sicher, ob die es heraushören konnten, aber er hörte es sehr wohl.
»Natürlich«, sagte Diana. »Wir möchten uns nur ein vollständiges Bild machen.«
Wim sah jedoch, dass Van Driels Augen nun nicht mehr nur humorlos blickten. In ihnen schlummerte jetzt ein gnadenloses Taxieren, das sehr viel bedrohlicher wirkte.
»Später sind andere Leute gekommen«, fuhr Wim fort, nachdem er unter dem Tisch nach Inekes Hand gesucht hatte. Sie war unruhig. »Nur ein paar, wie ich eben schon erzählt hab. Aber als ich angekommen bin, war er als Einziger da.«
Van Driel schien sich ein wenig zu entspannen, und plötzlich begriff Wim Hopman, worum es hier eigentlich ging: Sie mussten wissen, ob es weitere Augenzeugen gab. Sie hatten vor, den ganzen Mist unter den Teppich zu kehren.
»Wie würden Sie den Zustand des Jungen beschreiben?«
»Oh, er war hysterisch. Was glauben Sie denn?«
»Ach du Kacke«, sagte Luca.
Da war ein Schiff auf dem Feld.
Luca erkannte den gigantischen Umriss im Nebel sofort als Bug, obwohl das Schiff auf der Seite lag … aber was er sah, war derart fehl am Platz, dass er einen Moment brauchte, um es zu begreifen.
»Was … wie ist das denn hierhergekommen?«, fragte Emma und klang so fassungslos, wie er sich fühlte. Als er nicht reagierte, fügte sie hinzu: »Siehst du das auch?«
»Ja klar.«
Gestern hatte es noch nicht hier gelegen. Sie waren dieselbe Strecke gefahren, und da war es nicht neblig gewesen. Sie hätten das Ding auf gar keinen Fall übersehen.
Sie legten die Räder am Eingang zum Feld ab und gingen zu Fuß weiter. Dies hier war Blumenland. Ab April würde die ganze Gegend mit prächtigen Reihen bunter Farben erstrahlen und Horden von Tulpentouristen anziehen. Jetzt lag das Feld grau und karg da. Unter der gefrorenen obersten Schicht war die Erde weich, und jeder Schritt fühlte sich an, als könnte man durch die aufgeplatzte Membran einsinken. Die Stille war drückend, der Nebel klamm. Anfangs beschwerte Emma sich noch, dass sie zu spät kommen würden, wenn sie hier noch weiter herumlungerten, aber bald schien auch sie die Schule vollkommen vergessen zu haben.
»Das ergibt doch keinen Sinn«, sagte sie. »Sieht aus, als wäre es angespült worden. Aber wie kann es auf dieser Seite der Dünen gelandet sein?«
»Keine Ahnung.«
»Sieht fast aus wie eine Szene aus Fluch der Karibik …«
Luca hatte an den Nachbau der Amsterdam gedacht, die vor dem Schifffahrtsmuseum vor Anker lag, aber Emmas Vorschlag war besser. Die Amsterdam war nachgemacht. Das hier fühlte sich alt und echt an. Wie nannte man diese Art von Schiff? Galeone? Klipper? Wie dem auch sei, der lange Bugspriet stach hoch über ihnen wie ein Schwert in den Nebel. Drei lange Masten stützten das schräge Deck vom Boden ab; der vorderste direkt vor ihren Füßen, der hinterste fast vierzig Meter entfernt, wo das schmale Deck mit dem Achterkastell verschmolz, das kaum mehr als eine Silhouette war. Geschwungene Dollborde rundeten den massiven Rumpf ab, der fast wie ein Holzpantoffel geformt war. Abblätternde Farbe enthüllte verwitterte schwarze Planken, aber insgesamt wirkte das Schiff zu intakt, um es als Wrack zu bezeichnen. Es schien einfach auf Grund gelaufen zu sein. Als läge es am Strand. Nur lag es eben hier, im Blumenbeet vom schrulligen alten Hopman, weit weg von der nächsten größeren Wasserfläche.
Ein Geräusch erschreckte ihn. Das straffe Netz der Wanten knirschte sanft. Eines der schäbigen, zerrissenen Segel knatterte in einem plötzlichen Windstoß.
»Schau mal«, sagte Emma. Sie ging bis zum Bug und darunter in die Knie. »Siehst du, wie tief es im Boden steckt? Es muss extrem schwer sein. Der Boden ist weich, aber siehst du irgendwo Schleifspuren?«
Nein … und das war wirklich komisch. Nirgendwo Anzeichen von Menschen oder Lastwagen oder Überbleibsel einer Baustelle. Das Schiff lag da, als wäre es vom Himmel gefallen.
Luca leckte sich über die Lippen. »Vor einiger Zeit hab ich ein Meme von einem Konzertflügel gesehen, der einfach auf einem Felsen im Meer aufgetaucht ist. In der Nähe der Küste, mitten in der Gischt. Keiner hat gewusst, wie er da hingekommen ist. Stellt sich raus, es war ein Kunstprojekt, das viral gehen sollte. Irgendwer hatte den Flügel mitten in der Nacht mit einem Heli da abgesetzt. Er sollte etwas symbolisieren.«
»Was denn?«
»Keine Ahnung, war ja Kunst. Das hier sieht halt ähnlich aus. Wir sollen uns fragen, wie es hierhergekommen ist und was es zu bedeuten hat.«
Aber Emma schüttelte den Kopf. »Das ist kein Kunstprojekt, Luca. Man kann einen Flügel vom Himmel ablassen, aber nicht so was.« Sie rümpfte die Nase, und Luca fand, sie hatte noch nie so süß ausgesehen.
»Vielleicht hat ein Sturm es hergeweht?«
Emma schaute ihn ungläubig an. »Ein Sturm.«
Er zitterte und grub sich tiefer in seinen Parka ein. Es hat hier einen Sturm gegeben, dachte er. Ich weiß bloß nicht, was für einen. Oder was er ausgespuckt hat.
Emma erhob sich und verschwand hinter dem Bug.
»Emma, warte!«
Er rannte ihr hinterher, brach aber durch die dünne Eisschicht einer alten Pfütze, die ein Traktorreifen verursacht hatte. Kaltes Wasser lief in seinen Sneaker. Luca fluchte und riss den Fuß aus dem Loch. Als er aufschaute, sah er Emma, die ihn um den geschwungenen Bug herum musterte. Sie hatte einen Lederhandschuh ausgezogen und ihre Hand auf den Rumpf gelegt.
»Fühl mal.«
Er ging zu ihr, streifte auch einen Handschuh ab und kopierte ihre Geste … zog die Hand aber rasch zurück. Der Rumpf war mit Seepocken überzogen, die Oberfläche gefährlich scharfkantig. Vorsichtig streckte er abermals die Hand aus und klopfte gegen ein Stück freiliegende Planke – einmal, zweimal, dreimal.
Drei ist eine magische Zahl, dachte er. Die Leute klopfen immer dreimal an eine Tür, ohne zu wissen, was sie auf der anderen Seite wecken.
Um sicherzugehen, klopfte er noch ein viertes Mal, nur um das Gleichgewicht zu stören.
Es klang weder hohl noch melodiös, wie er erwartet hätte, sondern dumpf, als schluckte der mächtige Rumpf alle Geräusche. Es fühlte sich irgendwie schrecklich an, fast wie Absicht.
»Und guck«, sagte Emma. »Auf dieser Seite ist auch keine Markierung.«
Emma hatte recht.
Sie gingen einmal um das Schiff.
Achtern entdeckten sie ein riesiges Wappen in verblichenem Rot. Das Bild auf den Planken war kaum zu erkennen, aber die großen geschnitzten Buchstaben besagten eindeutig: ORAKEL.
Sie gingen weiter um die Masten herum, als Luca sich mit einem Schlag unwohl fühlte. Wieder bemerkte er, dass weder die üblichen Geräusche der landwirtschaftlichen Maschinen noch der Verkehrslärm von der N206 zu hören waren. Nicht mal das Dröhnen eines Lkw oder das Fauchen eines beschleunigenden Autos. Nur das unregelmäßige Flattern der Segel auf dem Feld. Und da war noch etwas. In den Dünen hatte der Nebel angenehm nach einem frischen Wintermorgen gerochen. Hier war die Luft anders. Luca assoziierte diesen drückenden, salzigen Geruch mit Mülltonnen auf dem Fischmarkt oder dem Geruch am Strand an stürmischen Herbstsonntagen, wenn einem Wind und Gischt ins Gesicht schlugen und wie tote Dinge aus der Brandung rochen.
Das Schiff hatte diesen Geruch mit sich gebracht.
»Wir müssen es melden«, sagte Emma. »Wen ruft man wegen so was an? Die Polizei?«
»Das Fundbüro«, sagte Luca und brachte Emma damit zum Lachen. Sie schien von ihrer Entdeckung kein bisschen verstört zu sein. Das Ganze entfachte bloß ihre Begeisterung, was Luca beneidete. Denn ja, er hatte Angst bekommen – ein bisschen. Und so etwas sollte das Mädchen, das man mochte, natürlich nicht bemerken.
Auf die Gefahr hin, dass sie ihn als Nerd abstempelte, legte er noch eine Schippe drauf. »Vielleicht ist Allemansend einer dieser Orte, an denen Mahlströme Dinge ausspucken. Wie in den alten Seemannsgeschichten, wo manchmal ganze Schiffe verschluckt werden.«
»Ja genau! Davy Jones’ Reich, wo Johnny Depp verrückt wird und glaubt, dass er sein Schiff durch eine endlose Sandwüste ziehen muss. Das war so lustig. Hast du den Film gesehen?«
»Klar, aber solche Strudel gibt’s wirklich. Im Bermuda-Dreieck zum Beispiel haben so was schon viele Leute gesehen. Wenn man einmal in einen reingezogen wird, kommt man nie wieder raus. Aber vielleicht ist es auch …«
… ein Geisterschiff, hatte er sagen wollen, tat es aber nicht. Sie hatten das Schiff einmal umrundet und waren wieder am Bug. Wo Luca wie angewurzelt stehen blieb.
Ins Vorderdeck war, direkt hinter dem Fockmast, eine Luke eingelassen.
Sie stand offen.
Emma stieß ein ersticktes Geräusch aus, drehte sich zu ihm um und grinste ungläubig. »War die vorhin schon da?«
»Vielleicht hätte ich nicht klopfen sollen.« Luca kicherte nervös, aber seine Stimme klang seltsam dumpf im Nebel, und schnell verstummte er wieder.
»Sie muss eben schon da gewesen sein«, sagte Emma und ging an ihm vorbei. »Ich hab nur nicht aufgepasst.«
Luca hatte das Gefühl, dass sie eher sich selbst als ihn davon überzeugen wollte. Um etwas zu erklären, was sie sich nicht erklären konnte. Weil sie keine Luke gesehen hatten. Auf jeden Fall keine geöffnete Luke. Da war er sich sicher.
»Komm, lass uns nachschauen«, sagte Emma.
Sie ging zum unteren Rand des Decks, das etwa anderthalb Meter über dem Boden endete. Eine feste hölzerne Reling rahmte das Deck ein, und wenn man sich daraufstellte, konnte man problemlos die Luke erreichen und hineinsehen. Natürlich wollte er nicht hineinsehen, weder jetzt noch irgendwann sonst, aber noch weniger wollte er, dass Emma ihn für einen Hosenscheißer hielt. Also folgte er ihr.
Emma kletterte grazil und scheinbar mühelos auf die Reling und gab acht, sich nicht mit den Füßen in den Wanten zu verheddern. Schritt für Schritt arbeitete sie sich vor, hielt sich locker mit den Fingern an der vorstehenden Holzleiste fest und spähte durch die geöffnete Luke.
»Oha. Hier drinnen ist es stockfinster.«
Selbst von unten hörte Luca, wie das Schiff ihre Stimme verschluckte. Er zog seine Fäustlinge aus und versuchte widerstrebend, sich auf die nasse, verwitterte Reling zu ziehen. Er verfluchte seine Unbeholfenheit – vor allem, als Emma sich bückte, um ihm zu helfen. Erst ignorierte er sie, aber dann musste er doch ihre Hand ergreifen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
»Danke«, murmelte er, lehnte sich an das Deck und schüttelte die Nässe von den kalten Händen. Seine Finger waren dunkel vor Dreck – vielleicht Algen. »Du bist eben größer als ich …«
Wieder schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln, als hätte sie seine Tollpatschigkeit nicht bemerkt. Das gab Luca den Mut, vorsichtig zu ihr hinaufzusteigen, um selbst zu sehen, was sich jenseits der Luke befand.
Das Innere der Orakel war nicht nur dunkel, es war wirklich stockfinster. Beim Besuch an Bord der Amsterdam hatte er gelernt, dass die Innenräume solcher Schiffe aus mehreren beengten Decks mit niedrigen Decken bestanden, in denen Erwachsene von heute nicht aufrecht stehen konnten. Aber es waren nicht einmal Umrisse zu erkennen. Nur Schwärze.
»Hallo?«, rief Emma.
Keine Antwort, kein Echo. Nur ein dumpfer Nachklang. Luca sah ihre Atemwölkchen ins Schiff streben und verschwinden.
Der feuchte Geruch nach altem Holz war überwältigend, außerdem war der fiese, salzige Gestank hier noch beißender als rings ums Schiff. Was er gerade zur Sprache bringen wollte, als Emma sich mit beiden Händen auf den Rand der Öffnung wuchtete und ein Bein über die Kante nach innen schwang.
»Emma, was zur Hölle …?«
»Ich will mir das ansehen. Bist du nicht neugierig?«
Entgeistert sah er zu, wie sie elegant das zweite Bein über die Kante nachzog und sich auf der anderen Seite herabließ. Ihr Fuß musste in der Dunkelheit Halt gefunden haben, denn Luca hörte ein gedämpftes Bumm. Jetzt schaute sie wie ein perfektes Spiegelbild ihrer selbst von vor zehn Sekunden aus dem Schiff heraus.
»Emma, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
»Ach, komm schon, du hast doch nicht etwa Angst, oder?«, neckte sie ihn. »Unser kleines Geheimnis?«
Da konnte er nicht anders. Er fing an, ihrem Beispiel zu folgen, aber plötzlich machte Emma einen Schritt zurück in den Lagerraum und ließ den Rand der Luke los.
Und er sah den Wandel in ihrem Gesicht.
Irgendwo im Nebel begann eine Glocke zu läuten.
»He, komm zurück!«, rief er mit aufkeimender Panik. »Emma, komm da raus!«
Später bei seiner Befragung sagte Luca, er sei davon überzeugt, dass sie ihn nicht mehr hatte hören können, sobald sie die Orakel betreten hatte und die Glocke erklungen war.
Emma stand keine Armlänge entfernt, aber ihre Miene war vollkommen ausdruckslos geworden. Weißer Atem sickerte aus ihren herabhängenden Mundwinkeln, während sie an ihm vorbeischaute. Durch ihn hindurch.
Dieser Blick, dieser Mund. Sie würden ihn bis an sein Lebensende verfolgen.
»Warte«, murmelte sie. »Ich glaube, irgendwo hier drin sollte es …« Sie drehte sich um und verschwand in der Finsternis.
»Emma! Komm zurück!«
Seine Lippen bebten. Sein Blick blieb starr auf die Öffnung gerichtet. Obwohl er sie nicht mehr sehen konnte, hörte er sie noch. Weiter oben, links vom Einstieg, erklangen gedämpfte Schritte auf Holz. Sie schienen sich zu entfernen. Warum hatte sie diese Richtung eingeschlagen?
Es klang wie Stolpern, als wäre sie mit etwas zusammengestoßen. Ein unterdrückter Fluch. »Das ist echt scheißdunkel hier drin.«
»Emma?«
Nichts. Luca lauschte angespannt. Als ihre Stimme abermals ertönte, kam sie von noch weiter weg, noch tiefer im Schiff. »Luca? He, Luca, ruf mal was. Ich kann die Luke nicht mehr finden.«
»Hier!«, schrie er. »Ich bin hier! Folg einfach meiner Stimme!« Hatte sich da drin gerade etwas bewegt? Vielleicht nur Einbildung. Warum kam sie nicht zurück? Er versuchte zu schlucken, aber ihm saß ein Kloß im Hals. Er schaute sich um. Die Segel auf dem Boden hatten sich nicht gerührt. Die Wanten erstreckten sich wie ein Fischernetz zu seinen Füßen. Etwas weiter weg verschwand das Achterkastell schemenhaft im Nebel. Die Schiffsglocke läutete und läutete, erfüllte seinen Kopf mit ihrem unheimlichen Klang.
Ein Geisterschiff, dachte er schon wieder und versuchte verbissen, sich zusammenzureißen.
»Emma, kannst du mich hören?« Er hämmerte ein paar Mal mit der Faust gegen das Deck. »Emma!«
Als er sie wieder hörte, kamen die Geräusche von viel weiter links, wo der Frachtraum seinem Verständnis nach schon im Bug hätte enden müssen. Trotzdem hörte er Emma durch die Dunkelheit wandeln, bis sie sich außerhalb des Schiffs befinden musste. Noch immer suchte sie nach einem Ausweg. Ein abscheuliches Gefühl von Orientierungslosigkeit grub sich in Lucas Eingeweide. Sein Fuß rutschte langsam von der Reling. Mit zitternden Knien packte er die Umrandung der Luke. Seine Jeans war vom Lehnen an den feuchten Planken mittlerweile durchnässt.
Noch ein letztes Mal ertönte ihre Stimme, schwach und weit weg, und was sie rief, erschütterte ihn bis ins Mark.
»Moment mal, ist hier noch jemand?« Es war das erste Mal, dass er einen Anflug von Angst in ihrer Stimme hörte. »Luca, bist du das?«
Dann wurde es still.
Und blieb still.
»Emma!«
Die Glocke läutete nicht mehr.
Hinter Luca rief eine Stimme: »Heiiilige Makrele! Was ist das denn?«
»Haben Sie verstanden, was Ihnen der Junge erzählen wollte?«, fragte Diana. »Das muss ja eine wilde Geschichte gewesen sein.«
»Ich hab kein Wort verstanden.« Wim Hopman zuckte mit den Schultern. »Aber dann hab ich den verdammten Kahn gesehen und sowieso nicht mehr zugehört.«
Van Driel nickte. »Wann waren Sie zum letzten Mal auf Ihren Feldern, bevor dieses Desaster angefangen hat?«
»Gestern Abend.«
»Welche Uhrzeit?«
»Muss so gegen neun gewesen sein, als ich mit Schaf noch ’ne Runde gegangen bin. Schaf ist unser Schäferhund.«
»Und den haben Sie Schaf genannt?«
»Haben Sie damit ein Problem?«
»Nicht doch. Ist ja Ihr Hund. Da war das Schiff aber noch nicht da?«
»Glauben Sie nicht, ich hätte jemanden angerufen, wenn ich auf einmal den Fliegenden Holländer auf meinem Acker finde?«
»Es war dunkel. Vielleicht konnten Sie nicht so weit sehen.«
Wim schnaubte. »So dunkel auch nicht. Das Licht der Gewächshäuser verschmutzt den Nachthimmel mit orangen Wolken.«
»Und Sie?«
Ineke schüttelte den Kopf. »Ich war gestern Abend nicht mehr draußen. Ich wusste erst, dass etwas nicht stimmt, als Wim mich heute Morgen vom Feld aus angerufen hat.«
»Ihre Söhne sind erwachsen und leben woanders, richtig?«
Das kam wieder von Diana, und Wim fühlte, wie sich Inekes Hand unter dem Tisch verkrampfte. Sie hatten von ihren Kindern gesprochen, nicht von ihren Söhnen. Da war er sich absolut sicher. Und vom Alter war überhaupt keine Rede gewesen. »Woher wissen Sie das?«
»Professionelle Intuition.« Diana entblößte ihre strahlend weißen Zähne zu einem fröhlichen Lächeln. Wim kam es wie das Lächeln eines Haifischs vor.
»Und keiner von Ihnen hat irgendetwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört«, sagte Van Driel – es war keine Frage.
»Jetzt mal im Ernst. Unser Haus steht ziemlich genau in der Mitte von Allemansend. Das Schiff ist keine zweihundert Meter von unserem Schlafzimmerfenster aufgetaucht, und das Gatter zum Feld liegt direkt vor unserem Garten. Wenn da letzte Nacht irgendwer mit schwerem Gerät rumhantiert hätte, hätten wir das wohl gehört. Aber das wissen Sie längst, oder?«
»Inwiefern?« Van Driels gelupfte Augenbraue zeigte eindeutig Geringschätzung. Sie machte Wim Hopman richtig sauer.
»Sie fragen uns, ob wir irgendwas gehört haben, was erklären könnte, wie ein Schiff, das, sagen wir, achtzig Tonnen wiegt, plötzlich auf meinem Grundstück auftaucht. Haben wir aber nicht. Da war niemand auf meinem Land. Wenn doch, hätten die Spuren hinterlassen, aber da sind keine. Tatsache ist also, Sie und Ihre Leute sind genauso ratlos wie ich. Weil Sie eben auch keine Erklärung haben, richtig? Es sei denn, das Schiff ist buchstäblich vom Himmel gefallen.«
»Herr Hopman …«
»Aber was ist mit meinen Rechten? Meine Ernte kann ich mir abschminken bei dem ganzen Zirkus, den Sie da aufgebaut haben, also beantworten Sie vielleicht mal ein paar von meinen Fragen, hmm? Wer seid ihr überhaupt?«
»Wir sammeln Informationen für das Verteidigungsministerium«, sagte Diana. »Und um Ihre Finanzen brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wir haben einen Notfallfonds, aus dem wir Sie entschädigen werden.«
Gehörten die zum AIVD? Nein, der AIVD hatte seine Zentrale gute dreißig Kilometer weit weg in Zoetermeer. Gerade saßen sie in einem unscheinbaren Gebäude in Den Haag, obwohl das für sich genommen natürlich nichts zu bedeuten hatte. In der Parkgarage waren sie an Barrieren vorbeigekommen, aber Wim hatte weder Schilder noch andere Markierungen gesehen. Wenn wirklich das Verteidigungsministerium dahintersteckte, wo um Himmels willen waren er und seine Frau da hineingeraten?
»Ich will mit einem Anwalt sprechen.«
»Das ist nicht nötig. Sie stehen nicht unter Arrest.«
»Dann ziehen meine Frau und ich es vor, jetzt zu gehen, vielen Dank. Ich will nach Hause und nachschauen, was mit meinem Grundstück passiert.«
»Wir bringen Sie zurück, sobald …«
»Jetzt, bitte.«
Greifbare Anspannung senkte sich über den Raum, und niemand schien als Erstes den Mund aufmachen zu wollen. Bis Ineke sich schließlich ein Herz fasste. »Wim, sag ihnen einfach, was sie wissen wollen. Je schneller du das tust, desto schneller ist das hier vorbei.«
»Weise Worte, Frau Hopman«, kommentierte Van Driel.
»Dann geben Sie mir mein Telefon. Ich will Yuri anrufen. Von dem Sie wissen, dass er mein Sohn ist.«
»Nicht jetzt sofort.«
»Wenn ich nicht festgenommen bin, haben Sie nicht das Recht, mir …«
»Jesus, jetzt halten Sie mal die Klappe!« Van Driel schoss so schnell vor, dass der Tisch wackelte und Wim und Ineke zurückschraken. »Sie sind hier kein Gast. Sie sind hier, um dem Interesse der nationalen Sicherheit zu dienen. Schluss mit den Fragen, fangen Sie langsam an, unsere zu beantworten. Und stellen Sie meine Geduld nicht länger auf die Probe. Verstanden?«
Wim Hopman starrte den Mann fassungslos an. Zum ersten Mal fragte er sich, ob man sie überhaupt wieder nach Hause lassen würde. Technisch gesehen hatte man sie nicht festgenommen, aber ihre Mitarbeit erfolgte auch nicht aus freien Stücken. Nachdem sich der Typ im Anzug heute Morgen davon überzeugt hatte, dass sie die Grundbesitzer waren, hatte er schlicht darum gebeten, dass sie in seinen Van stiegen. Die Traube von Polizisten ringsum war zu einschüchternd gewesen, um abzulehnen.
»Hören Sie«, sagte Diana, nachdem sie ihre Finger kurz in Van Driels Gürtel gehakt und er sich widerstrebend zurückgezogen hatte. Wim musste an einen Rottweiler mit seinem Frauchen denken. »Wir möchten genauso dringend wie Sie erfahren, was hier vor sich geht. Und wir möchten die vermissten Personen wiederfinden. Sie können ihnen helfen, indem Sie unsere Fragen beantworten.«
Wim tauschte einen Blick mit Ineke aus, die nervös nickte. Er grunzte – was in seinen Augen fast einem Zugeständnis gleichkam – und bedeutete Diana fortzufahren.
»Wann haben Sie begriffen, dass etwas nicht stimmt?«
»Als die Polizei eingetroffen ist. Das erste Team, meine ich.« Okay, das klang schon ein bisschen spöttisch, wie Wim selbst zugeben musste.
»Warum hat das auf Probleme hingedeutet? Ich verstehe es, bitte Sie aber, es fürs Protokoll darzulegen.«
»Wegen dem Jungen. Er wollte nicht aufhören zu schluchzen, aber als die Polizei gekommen ist, hat er angefangen zu schreien. Er hat richtig losgebrüllt und ist völlig ausgerastet.«
»Was hat er gesagt?«
»War schwer zu verstehen. Es hat etwas gedauert, bis ich überhaupt begriffen hab, dass er Worte geschrien hat. ›Die Luke, die Luke‹, das hab ich verstanden. Und dann hat er immer wieder ›Geh nicht da rein!‹ gerufen.«
»Bis zu dem Zeitpunkt hatten Sie noch niemanden das Wrack betreten sehen?«
»Nein.«
Aber kurz darauf. Wim hatte genug Leute hineinsteigen sehen. Er hatte nur niemanden wieder herauskommen sehen.
»Und was waren Ihre Gedanken dabei?«
»Dass die Leute verdammt noch mal auf den Jungen hätten hören sollen.«
Luca Wolf fuhr zusammen und fiel fast von der Reling, als er unter sich plötzlich Stimmen hörte, aber sowie er sich umdrehte, keimte neue Hoffnung in ihm auf. Da standen Ibby Alaoui und Casper Molhuizen, beides Sportskanonen und zwei Stufen über ihm. So was Ähnliches wie Freunde von den Samstagsspielen des K.v.v. Quick Boys und vom Sommerfußball am Strand.
»Hilfe!« Luca sprang von der Reling, stolperte durch die verhedderte Takelage und rannte über den matschigen Acker zu ihnen. »Emma ist da drin. Emma ist da drin und kommt nicht mehr raus!«
»Emma Reich?«, fragte Ibby, als wäre Luca in letzter Zeit mit diversen Emmas in der Stadt gesehen worden. Sie standen da und starrten das Schiff an.
»Ja, Emma Reich. Sie ist durch die Luke geklettert. Ich glaube, sie hat sich verirrt, ich kann sie nicht mehr sehen!«
»Hey, hey, hey, immer mit der Ruhe, Mann«, sagte Casper. »Hat da jemand sein Boot verloren?«
»Fuck, was weiß ich? Es lag einfach da. Aber Emma …«
»Das ist ja echt abgefahren.« Caspers Miene zeigte amüsierte Ungläubigkeit und genau die Art fehlgeleiteter Angeberei, die Jungs in seinem Alter für ein Markenzeichen zu halten schienen. Er hielt sein Telefon hoch und machte ein Foto. »Und Emma ist da drin? Warum bist du nicht hinter ihr her?«
»Weil ich …«
Er wusste nicht, was er sagen sollte, als Casper schon die Knie aneinanderdrückte. »Hattest die Hose voll, was?«
Luca wusste, dass er selbst nach Emma suchen sollte. Falls sie sich da drin wirklich verirrt hatte, war das seine Chance, ihr zu zeigen, dass er nicht nur mutig war, sondern sie obendrein liebte … aber er hatte tatsächlich die Hose voll. Irgendetwas hatte sich falsch angefühlt. Er konnte den Anblick von Emmas letztem Gesichtsausdruck nicht vergessen. Die leeren Augen. Den erschlafften Mund.
»Ich hab meine Kontaktlinsen nicht drin«, sagte er. »Es ist scheißdunkel da drin. Ich würd mich nur aufs Maul legen.«
»Emma ist echt scharf«, warf Ibby ein, was Lucas Gemüt sofort noch weiter verfinsterte. »Sehen wir uns das mal an.«
Die beiden gingen links und rechts an ihm vorbei, wobei Casper ihn mit der Schulter anrempelte: eine knappe Mitteilung auf Fußballer-Art, wer hier das Sagen hatte. Sie streiften ihre Rucksäcke ab und kletterten auf die Reling. Vielleicht lag es an diesem letzten Kommentar über Emma, dass Luca, der noch nie Kontaktlinsen getragen hatte, sie nicht warnte. Stattdessen zückte er sein Telefon und rief Emma an. Der Anruf kam nicht durch. Es klingelte nicht mal. Auch keine Mailbox … Nur eine Nachricht vom Band, die ihm mitteilte, diese Nummer sei nicht mehr in Betrieb.
Er versuchte es noch mal. Der gleiche Mist. Etwas kribbelte hinter seinen Schläfen.
Casper beugte sich durch die Luke vor und rief: »Hey, Emma?«, dann murmelte er: »Echt verfickt dunkel hier drin.«
»Kannst du sie sehen?«, fragte Luca wider jede Hoffnung.
»Ich kann deine Mutter sehen.« Casper machte eine obszöne Geste mit den Lippen. Ibby kicherte blöd.
Einer nach dem anderen kletterten sie hinein. Sobald Casper durch die Luke verschwunden war, ertönte die Glocke von Neuem. Bis dahin hatte Luca überhaupt nicht darüber nachgedacht, ob es in Ordnung war, die beiden hineinzuschicken, denn selbstverständlich war das Schiff nicht wirklich gefährlich. Emma musste irgendwo zwischen den niedrigen Decken im Bauch des Schiffs umherstolpern und in der Dunkelheit tastend nach …
(Moment mal, ist hier noch jemand? Luca, bist du das?)
… einem Ausgang suchen. Natürlich war sie noch da drin. Wo sollte sie sonst sein? Aber dann fing diese bösartige Glocke wieder zu läuten an, und plötzlich bekam er richtig Schiss.
»Ibby!«
Ein blasses Gesicht drehte sich im Innern der Luke nach ihm um – vielleicht, weil Ibby etwas an seinem Tonfall erschreckt hatte, oder weil er noch etwas anderes gespürt hatte. Dann fanden seine Füße offenbar sicheren Halt, und er ließ den Rand der Luke los. Seine Hände waren das Letzte, was Luca von ihm sah.
Aber er konnte sie immer noch hören. Ihre Schritte. Zwei Paar Schritte, die sich voneinander entfernten.
»Ey, Casper, wo steckst du?«, rief Ibby dumpf von weiter rechts. Dann schärfer: »Casper?«
Casper sagte etwas, aber es war kaum zu verstehen, da es von noch weiter weg und irgendwie noch tiefer im Schiff zu kommen schien. Luca konnte lediglich das Wort »Echokammer« heraushören. Ein fröhlicher Ruf folgte, eine kurze Stille, dann noch mehr Rufe. Aber die ganze Zeit war kein Echo zu hören.
Im nächsten Moment redeten Ibby und Casper gleichzeitig – nur eindeutig nicht miteinander –, und Luca konnte beide nicht verstehen.
Dann wieder Stille.
Luca stand starr da und stierte hinauf zum Schiff, zum schwarzen Quadrat der Luke. Als er abermals eine Stimme hörte, kam sie von Casper, und diesmal schien er direkt hinter der Luke zu stehen. »Ibby, das ist echt uncool, Mann. Mach mal Lärm!«
»Casper!«, schrie Luca. »Ich bin hier. Komm da raus!«
Etwas staute sich in seiner Brust an, etwas Bedrückendes, das wie ein Ballon wuchs und ihm die Luftröhre zudrückte. Er ballte die Fäuste. Von hier unten aus konnte er nicht ins Innere des Schiffs sehen, aber wie es klang, musste Casper in unmittelbarer Nähe sein. Wenn Luca wieder auf die Reling kletterte, konnte er ihn wahrscheinlich sehen. Aber was, wenn nicht? Was, wenn er hineinschaute und nur Finsternis sah?
Das Knirschen eines gespannten Taus. Das weiche, zerlumpte Flattern der Segel im Dreck. Das unablässige Läuten der Glocke. Alles wirkte lebendig.
»Casper!«
»… ein bisschen seekrank, glaub ich«, murmelte eine Stimme, jetzt viel weiter links, aber wie konnte das überhaupt sein? Wie sollte Casper innerhalb eines Herzschlags solch eine Strecke zurückgelegt haben? Und war das überhaupt Casper? Die Stimme klang seltsam, überhaupt nicht nach Casper, aber er musste es gewesen sein, denn Luca hatte ihn deutlich sagen hören: »Ibby ist jetzt bei den Krabben …«
Das war das Letzte, was Luca von ihnen hörte. Die Schiffsglocke läutete noch eine Weile, bis sie schließlich verstummte. Was auch immer passiert ist, jetzt ist es vorbei. Der Gedanke nistete sich wie ein Pilz in Lucas Hirn ein und verbreitete Panik. Er schrie ihre Namen, bekam keine Antwort, versuchte noch einmal, Emma anzurufen, und als er immer noch nicht durchkam, fing er an zu wimmern und auf der Suche nach Hilfe taumelnd zwischen dem Schiff und der Straße hin und her zu laufen. Wann immer er sich entfernte, schien die Orakel im Nebel zu verschwinden, und sofort rannte er zurück, getrieben von der Angst, sie aus den Augen zu verlieren, solange Emma noch irgendwo da drin war.
Emma ist fort. Die Glocke läutet nicht mehr, und Emma ist fort. Die Glocke läutet nicht mehr, und …
Irgendwann tat Luca, was jeder Junge tat, wenn er in Schwierigkeiten steckte: Er rief seinen Dad an.
Die Geschichte, die Alexander Wolf an diesem Morgen am Telefon hörte, war äußerst wirr, aber er kannte seinen Sohn gut genug, um dessen Tonfall zu entnehmen, dass die Sache ernst war. Schlimm, besser gesagt. Was er sich herleiten konnte, war, dass Luca in den Tulpenfeldern von Noordwijk stand und Emma verschwunden war … das klang auf jeden Fall ungut. Daher kam sein Nissan Qashqai exakt dreizehn Minuten später mit quietschenden Reifen in Allemansend zum Stehen und verfehlte nur knapp die vier Fahrräder am Wegesrand. Aus dem Wagen sprang nicht nur Alexander, der sich ein Fußball-Käppi über die ungekämmten Haare gestülpt hatte, sondern auch Emmas Dad Martin Reich.
Die beiden Männer rannten übers Feld und riefen die Namen ihrer Kinder. Erst als Alexander das Schiff aus dem Nebel ragen sah, begann die Geschichte seines Sohnes langsam einen Sinn zu ergeben. Er hatte aber keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn sie fanden Luca, der sich sofort an seinen Vater klammerte und nicht wieder loslassen wollte.
»Ist Emma da drin verschwunden?«, fragte Martin. »Ist sie da reingegangen?«
»Ja, aber du darfst ihr nicht folgen, sie ist nicht mehr rausgekommen, niemand ist rausgekommen, Casper und Ibby waren auch hier und …«
Zu spät, denn Martin Reich rannte bereits davon, den Namen seiner Tochter auf den Lippen. Behände kletterte er auf das Vorderdeck und verschwand ohne Zögern durch die Luke.
Er kam nicht wieder hervor.
Sie hörten ihn schreien, dreimal kurz hintereinander. Und sie hörten die Glocke läuten. Unter dem Ansturm zu vieler Eindrücke folgte Alexander Wolf seinem Instinkt: Hilfe zu leisten. Aber sowie er seinen Sohn losließ und zum Schiff rannte, fing auch Luca zu schreien an, und in seinen Schreien hörte Alexander blanke Panik. Sie erschreckte ihn, allerdings nicht genug, um seine Mission abzubrechen. Er war schon halb auf der Reling (die sich – wie der Sohn, so der Vater – für die Wolfs als deutlich größeres Hindernis entpuppte als für die Reichs), als Luca ihn am Fuß packte und nach unten zog.
Er schrammte sich das Schienbein und landete schmerzhaft auf dem Knöchel, war aber schnell wieder auf den Beinen. Luca klammerte sich an seinen Mantel, wollte ihn fort vom Schiff zerren und murmelte zusammenhangloses Zeug. Bis Alexander schließlich tat, was er noch nie getan hatte: Er ohrfeigte seinen Sohn (sanft), was Luca sofort verstummen ließ.
»Luca«, sagte er und nahm das Gesicht seines Sohnes in beide Hände. »Du musst dich beruhigen. Martin ist da drin und braucht meine Hilfe. Ich werde nach ihm schauen. Warum rufst du nicht …«
»Nein-nein-nein-nein-nein …« Tränen strömten Lucas Wangen hinab, aber Alexander ergriff sein Gesicht noch fester.
»Ruhig, Luca. Ich schaue nur mal nach. Vielleicht haben sie sich eingeklemmt oder sind irgendwo runtergefallen. Du rufst die 112 an und fragst nach der Polizei.« Er sah sich kurz nach dem Schiff um – wie kam das hierher, und wer läutete die ganze Zeit diese verdammte Glocke? – und fügte hinzu: »Sag denen, sie sollen auch die Feuerwehr schicken.«
»Aber Papa, du verstehst das nicht! Wenn du da reingehst, kommst du nicht wieder raus …«
Alexander Wolf starrte seinen Sohn noch ein paar Sekunden lang an, dann riss er sich los. Man konnte ihm keinen Vorwurf machen, das Gesehene rein logisch zu bewerten – Martin Reich hatte das Schiff betreten, also musste er noch da drin sein –, und ebenso konnte man Luca keinen Vorwurf machen, dass er sich nicht deutlicher artikulierte, bedachte man, in was für einem Zustand er sich befand. Während Luca wieder zu schluchzen anfing, kletterte Alexander auf die Reling und leuchtete mit seinem Telefon ins Schiff. »Martin! Emma! Braucht ihr Hilfe?«
Da war niemand. Aber es war so finster, dass sie durchaus irgendwo gestürzt sein konnten. Mit seiner Taschenlampe würde Alexander sich wohl besser zurechtfinden, aber er wusste durchaus, dass er nicht Superman war, und hätte sich über Hilfe gefreut. Als Luca also neben ihm auf der Reling auftauchte, in einem fort »Warte, warte, warte …« schluchzte und hektisch anfing, ein Manila-Tau zu lösen, das von einem Haken am Mast hing, hielt er das für gar keine schlechte Idee. Er streckte die Hand aus, um das Ende zu nehmen, aber sein Sohn wickelte es ihm um die Hüfte, befestigte es mit einem Doppelknoten und warf den Rest auf den Boden.
»Jetzt findest du den Weg zurück«, sagte Luca leise und traurig. Die Todesangst, die Alexander in den Augen seines Sohnes sah, brachte ihn fast dazu, innezuhalten und die Ankunft der Sturmtruppen abzuwarten. Aber noch waren die nicht alarmiert, und hier steckten Leute fest, die seine Hilfe brauchten.
»Aye, aye, Käpt’n«, sagte Alexander und tippte seinem Sohn an die Stirn.
Luca sprang von der Reling und packte das Seil mit beiden Händen. Nachdem sich sein Dad durch die Öffnung gezwängt hatte und verschwunden war, gab er nicht nach, sondern ließ es nur durch seine Hände gleiten.
Es lief weiter. Und weiter.
Manchmal hörte es kurz auf. Manchmal spürte Luca vom anderen Ende ein leichtes Zupfen. Manchmal zerrte er selbst am Seil, weil er nicht wagte, es erschlaffen zu lassen, und spürte sofort Widerstand. Dann glitt es ihm weiter durch die Hände.
Als etwas über die Hälfte abgespult war, hörte es plötzlich auf. Und mit ihm das Läuten der Glocke.
Luca stand allein im Nebel, das erschlaffte Seil in der Hand. Er wagte nicht, daran zu ziehen, denn er wurde von einem einzigen Gedanken heimgesucht: Wohin gehen die Menschen, die das Schiff verschwinden lässt?
Ehe die Hysterie seinen letzten schlüssigen Gedanken fortspülte, tauchte in seinem Kopf das Bild eines gewaltigen Schiffs auf, das unter einem sternlosen Himmel und eilenden Wolken durch rastlose Wellenkämme brach. Hoch spritzte die Gischt gegen die Inschrift ORAKEL an seinem Heck. Sein Dad, Emma, ihr Dad, Casper und Ibby standen mittschiffs an Deck. Einer nach dem anderen gingen sie über Bord. Emma und sein Dad als Letzte. Als sie fiel, flatterten die Enden ihres beigen Mantels. Als er fiel, sah Luca sein Gesicht lila anlaufen, sah blaue Adern seinen Hals hinaufkriechen und ihm den Mund verschließen, ehe auch er auf die Wellen schlug und in die dunkle Tiefe sank …
Klick – die Hysterie übernahm. Luca fing an, das Seil einzuholen, Hand für Hand. Es leistete keinen Widerstand und häufte sich bald auf dem Boden. Die letzten paar Meter erledigte die Gravitation, und das Endstück kam von selbst durch die Luke, glitt über die Reling und fiel ihm dumpf vor die Füße.
Die gürtelförmige Schlaufe war noch da.
Aber keine Spur von seinem Dad.
Als die Polizei eintraf, lichtete sich der Nebel allmählich, und eine Handvoll Schaulustige hatten sich eingefunden. Manche machten Fotos und posteten sie sofort. Einer tätigte einen Videoanruf. Irgendwer tweetete und markierte die Lokalnachrichten. Und Tulpenzüchter Wim Hopman versuchte vergebens, die ganzen Leute dazu zu bringen, sich verdammt noch mal von seinem Grundstück zu verziehen.
Die Polizei – das erste Team, das vor Ort ankam, wie Wim später aussagen sollte – tauchte mit zwei Beamten auf. Sie waren Person sechs und sieben, die verschwanden.
Nummer acht war Bart Dijkstra, dem die Tennishalle ein Stück weiter gehörte und der auf dem Weg zur Arbeit mit dem Auto nicht mehr durchgekommen war. Er und seine Freundin Isa Stam stiegen aus dem Wagen, um festzustellen, was los war. Da die Polizisten nicht wieder herauskamen, drängte Isa Bart dazu, selbst hineinzusteigen und zu schauen, ob sie vielleicht Hilfe brauchten. Er kletterte aufs Vorderdeck und spähte durch die Luke. Wim Hopman kam angerannt und sagte: »Lass das lieber, Bart. Da stimmt irgendwas nicht.«
Dijkstra, ein athletischer Typ und noch keine dreißig, zuckte mit den Schultern. »Ich sollte trotzdem lieber. Da drin sind Leute. Meine Mutter hat mich gut erzogen.«
Und damit war auch er fort.
Wim betrat das Schiff nicht. Es war die Glocke, die ihn davon abhielt. Die Glocke, die vor vierzig Jahren sein Vater geläutet hatte, um die Knechte von den Feldern zu holen, und seine Mutter, um zum Essen zu rufen. Sie läutete wieder. Deshalb folgte Wim nicht dem Tennislehrer, sondern draußen dem Verlauf der Reling, duckte sich unter der Takelage hindurch und schaute nach, woher das Läuten kam.
Natürlich fand er den Ort nicht. Jedes Mal, wenn er dachte, er hätte ihn ausfindig gemacht – der Großmast, die Tür zur Kapitänskajüte –, schien das Geräusch die Position gewechselt zu haben. Es war verwirrend. Und als Isa Barts Namen zuerst rief und schließlich schrie, war Wim die zweite Person an diesem Morgen, der das Wort Geisterschiff durch den Kopf ging.
Die zweite Polizeieinheit war ein richtiger Einsatztrupp mit drei Fahrzeugen und acht Polizisten. Außerdem kamen sie bewaffnet. Sie drängten die Schaulustigen zurück, wobei Wim ihnen sofort half, und drängten dann ihn zurück, wogegen er vehement protestierte. Er schrie immer noch Warnungen heraus, musste aber trotzdem ohnmächtig mitansehen, wie die nächsten drei Polizisten mit gezogenen Pistolen durch die Luke im Schiff verschwanden. Niemand würde erfahren, ob ihre Waffen gegen das, was dort in der Dunkelheit lauerte, etwas bewirkten, denn niemand kam zurück, um davon zu berichten.
Die vierte Polizistin war Yvonne Schrootman – und sie zögerte. Später sagte sie aus, dass etwas am Gesichtsausdruck des Kollegen vor ihr sie abgeschreckt habe. Es waren ihre Panik, ihr Gestikulieren, ihre amtliche Autorität, die die Prozession der Menschen, die an diesem Morgen im Schiff verschwanden, für eine Weile unterbrach.
Kurz darauf sollte der Nebel schließlich komplett verfliegen und den Bewohnern am nahen Stadtrand von Noordwijk freie Sicht auf die Orakel gewähren, die dort so unerklärlich im Feld hinter den Dünen lag. Bald würden auch die ersten Reporter eintreffen. Und in ihrem Schlepptau: Vans ohne Nummernschilder, einer nach dem anderen. Wim Hopman sollte mit wachsender Sorge beobachten, wie die Handvoll Augenzeugen in diesen Vans abtransportiert wurden, ehe es ihm und seiner Frau ähnlich erging.
Aber vor alledem ertönten die Hilfeschreie.
Und das Läuten der Glocke.
Yvonne Schrootman brüllte in die Luke: »Jungs! Wo seid ihr?«
Und Luca Wolf, der bleich und allein auf dem Feld stand, wurde kurz aus seinem Delirium gerissen. Er starrte in den Nebel und dachte: Bei den Krabben.
Bei Tagesanbruch am folgenden Morgen hatte man rings um die Orakel ein mächtiges Festivalzelt errichtet, das innen von Flutlichtscheinwerfern erhellt wurde. Zur selben Zeit hielt fast sechstausend Kilometer weiter westlich ein obsidianschwarzer Dodge Durango vor der Lily Arcade Residence in Atlantic City, New Jersey. Hier an der Ostküste der Vereinigten Staaten zeigte die Uhr noch 11:20 am Vorabend.
Die Frau im Trenchcoat, die vom Beifahrersitz stieg, war nicht älter als Mitte dreißig, wirkte aber befehlsgewohnt. Dem verächtlichen Blick nach zu urteilen, mit dem sie ihre Umgebung maß, handelte es sich nicht um eine Einheimische. Vielleicht hatte sie »Ist Atlantic City schön?« gegoogelt und sah nun die oberste Kundenrezension bei Yelp bestätigt: Nee, immer noch schäbig. Aber auch das wirkte unwahrscheinlich. Sie machte nicht den Eindruck, als würde sie sich ihre Informationen über Yelp suchen. Sie machte den Eindruck, als würde sie ihre Informationen bei einer Einsatzbesprechung bekommen.
Ein massiger Mann stieg von der Rückbank. Er passte kaum in seine Dienstuniform und hatte ein nichtssagendes Gesicht. Wortlos folgte er der Frau über den Platz.
Sie betraten die Lobby und gingen zum Fahrstuhl. Nicht zum öffentlichen, sondern zum zweiten gegenüber dem Empfangsschalter aus Marmor, der direkt in den obersten Stock führte. Der rote Teppich vor dem Aufzug dämpfte das Klackern der Stöckelschuhe. Der entgeisterte Portier starrte die Besucher an, als wollte er etwas sagen, traute sich aber nicht. Wahrscheinlich eine kluge Entscheidung.
Der Riese wedelte mit einer Karte vor dem Sensor herum, und die Tür glitt zur Seite.
»Willkommen zurück, Mr. Al-Nawiri«, flötete der Aufzug mit einer lieblichen Frauenstimme. Keine der beiden Personen sah arabisch aus, trotzdem betraten sie die Kabine. Die Tür glitt hinter ihnen zu, und der Aufzug setzte sich in Bewegung.
Mit einem ebenso lieblichen Dong erreichten sie die Chefetage und traten auf einen angenehm ausgeleuchteten Gang hinaus, dekoriert mit Wandbehängen, Wasserspielen und Topfpflanzen, die den Eindruck der sterilen Perfektion eines Luxushotels auf Instagram erweckten. Die Augen der Überwachungskameras bemerkte man nur, wenn man wusste, dass sie da waren. Die beiden gingen an drei weit auseinanderliegenden Türen vorbei und blieben vor der vierten stehen. Kein Namensschild, sondern nur eine Nummer: 1404.
Die Frau klingelte.
Der Mann, der die Tür öffnete (ohne die Kette zu lösen), mochte einst selbst Autorität ausgestrahlt haben, hatte aber eindeutig bessere Zeiten gesehen. Er war unrasiert, trug einen grauen Bademantel und eine Hornbrille. Graue Haarbüschel umrahmten einen ansonsten kahlen Schädel. Ein unverkennbarer Geruch nach torfigem Whisky ging von ihm aus. Das professionelle Lächeln, das die Frau gerade aufgesetzt hatte, verblasste sofort wieder, stattdessen kniff sie die Lippen zusammen.
»Ja?«
»Sie trinken.«
Der Mann starrte sie an. »Mir hat keiner gesagt, dass heute eine große Intervention auf der Agenda steht. Verzeihung, aber wer sind Sie?« Er spähte an ihr vorbei. »Und wer hat Ihnen die Erlaubnis erteilt, auf diese Etage zu fahren?«
Schande. Wenn es eine Sache gibt, die ihm wichtiger ist als sein Zynismus gegenüber der ganzen Welt, hatte sie das Dossier vorgewarnt, dann ist es seine unverhohlene Missachtung von Autoritäten. Wirklich eine Schande. Zehn Jahre gut bezahlter Ruhestand, und das war aus ihm geworden. Aber sein Ruf war hervorragend, also streckte die Frau im Trenchcoat entschlossen die Hand aus.
»Glennis Sopamena, Geheimdienstabteilung der Militärakademie von West Point. Ich muss Sie bitten, uns zu begleiten. Wir haben eine dringende Angelegenheit zu besprechen.« Sie schaute an ihm hinunter, auf den Bademantel und die nackten, haarigen Waden. Er trug Kaninchenpantoffeln. »Ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen.«
Der Mann starrte sie durch den Türspalt an, schien die Konsequenzen einer Zurückweisung zu überdenken und zu dem Schluss zu kommen, dass sie nicht zum Besten standen. Da hatte er recht. Glennis Sopamena hatte einen festen Händedruck, und als sie ihn losließ, rieb er sich theatralisch das Handgelenk. Sie hingegen entdeckte ein Zucken in seinem rechten Auge, und das war ein gutes Zeichen. Ein sehr gutes.
»West Point, was? Damals waren Veldheimer und Cox deren Apostel. Wo sind Veldheimer und Cox?«
»Im Ruhestand und tot. Ich habe die Akte übernommen.«
»Cox ist tot? Ach, das bricht mir mein armes altes Herz. Brauchen Sie meine Unterschrift für eine Kondolenzpostkarte?«
Die Frau lachte. Es war ein bemerkenswert fröhlicher Klang, aber ihr Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos.
»Ich weiß nicht, warum Sie hier sind. Die haben immer angerufen, wenn sie was wollten. Das letzte Mal ist bestimmt vier oder fünf Jahre her.«
»Hervorragend. Also?«
»Also was?«
»Haben Sie vor, uns die Tür aufzumachen? Ich glaube, Sie sollten sich noch umziehen, und ich rate Ihnen, eine Reisetasche mit dem Nötigsten für drei bis vier Tage zu packen. Die Uhr tickt, und ich würde ungern auf dem Flur warten.«
»Na ja, hören Sie, ich bin ziemlich beschäftigt …«
Sie machte eine lange Pause. »Beschäftigt?«
»So ist es. Viel zu tun.«
»Zum Beispiel?«
»Abendessen auf dem Herd. Ich muss noch die Wäsche aus dem Trockner holen … Ach, und ich war gerade dabei, was zu lesen.«
»Lesen.«
»Auf jeden Fall. Der Duke und ich von Julia Quinn. Kennen Sie das? Der erste Teil der Bridgerton-Reihe. Richtig gut.«
Stille. Dann: »Sie riechen nach Alkohol.«
Seine Kinnlade fiel herab, ehe er sagte: »O … kay …« Dann setzte er das höfliche Lächeln eines netten Opas auf, der beschlossen hat, dieses Jahr an Halloween doch keine Süßigkeiten rauszugeben. »Gut, hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen.« Er machte Anstalten, die Tür zu schließen. »Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich …«
Blitzschnell machte der uniformierte Gorilla, der bis jetzt stumm hinter der Frau gestanden hatte, einen Satz nach vorn und legte die Finger um die Türkante. Die Kette spannte sich und wurde fast aus dem Türrahmen gerissen. Der Mann im Bademantel taumelte entsetzt einen Schritt nach hinten, aber die Frau wirkte keineswegs überrascht. Stattdessen erstrahlte das breite Lächeln auf ihrem Gesicht, das sie von Anfang an hatte aufsetzen wollen. Es war ein Lächeln, das Wasser gefrieren lassen konnte. »Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir Ihnen diese Wohnung zur Verfügung gestellt haben. Meine Vorgänger sind Ihnen dankbar für alles, was Sie in der Vergangenheit für uns getan haben, aber ein Anruf kann diese Abmachung beenden. Sie sind kein freier Mann mehr. Sie sind ein Rekrut, und Rekruten trinken nicht. Ich werde Sie nicht noch einmal bitten. Lassen Sie uns rein, oder Bob sieht sich dazu genötigt, die Tür einzutreten. Ich verspreche Ihnen, das würden Sie bereuen.«
Der Mann hinter der Tür sah den Gorilla an und verschluckte sich fast. »Bob? Ernsthaft?«
Weder Bob noch Glennis reagierten.
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