Ostseewind und Robbenküsse - Tina Keller - E-Book

Ostseewind und Robbenküsse E-Book

Tina Keller

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Beschreibung

Sommer, Sonne, Strand und Meer – Svenja sagt begeistert zu, als sie für ein paar Wochen in der Pension ihrer Tante an der Ostsee aushelfen soll. Auch ihre schräge Verwandtschaft hat sich dort eingenistet, sorgt aber wie üblich eher für Chaos, als dass sie eine Hilfe ist. Zu Svenjas Überraschung trifft noch ein ganz besonderer Gast ein: ihr attraktiver Chef Adrian, bei dem fast jede Frau Schnappatmung und Schmetterlinge im Bauch bekommt. Doch leider ist er nicht gerade der geeignete Anwärter für eine sommerliche Romanze. Schließlich kennt Svenja seine Liste mit den 30 Kandidatinnen, die er aktuell dated. Nein, er kommt wirklich überhaupt nicht in Frage! Dumm nur, dass ihr Herz in seiner Gegenwart immer viel zu schnell klopft. Als dann auch noch ihre Mutter auftaucht und sie mit einer dramatischen Lebenslüge konfrontiert, gerät Svenjas Welt vollends ins Wanken. Ein turbulenter Sommer mit viel Spaß, großen Gefühlen, Meeresrauschen und dem Zauber der Ostsee.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Epilog

Ein Jahr später

Impressum

Tina Keller

Ostseewind

und Robbenküsse

Humorvoller Liebesroman

Sommer, Sonne, Strand und Meer – Svenja sagt begeistert zu, als sie für ein paar Wochen in der Pension ihrer Tante an der Ostsee aushelfen soll. Auch ihre schräge Verwandtschaft hat sich dort eingenistet, sorgt aber wie üblich eher für Chaos, als dass sie eine Hilfe ist. Zu Svenjas Überraschung trifft noch ein ganz besonderer Gast ein: ihr attraktiver Chef Adrian, bei dem fast jede Frau Schnappatmung und Schmetterlinge im Bauch bekommt. Doch leider ist er nicht gerade der geeignete Anwärter für eine sommerliche Romanze. Schließlich kennt Svenja seine Liste mit den 30 Kandidatinnen, die er aktuell dated. Nein, er kommt wirklich überhaupt nicht in Frage! Dumm nur, dass ihr Herz in seiner Gegenwart immer viel zu schnell klopft. Als dann auch noch ihre Mutter auftaucht und sie mit einer dramatischen Lebenslüge konfrontiert, gerät Svenjas Welt vollends ins Wanken.

Ein turbulenter Sommer mit viel Spaß, großen Gefühlen, Meeresrauschen und dem Zauber der Ostsee.

Kapitel 1

Mein Kopf raucht. Wahrscheinlich steigt mir schon Dampf aus der Nase, keine Ahnung. Wundern würde es mich nicht bei all dem Stress.

Vor mir liegen etwa tausend Kontoauszüge samt den dazugehörigen Unterlagen, die ich einander zuordnen muss, um sie dann an das Steuerbüro zu übergeben. Auf dem Bildschirm sind mindestens zwanzig Tabs geöffnet – und jeder einzelne beinhaltet eine Aufgabe. Rechnungen schreiben, Briefe verbessern, Diktate tippen, Baubeschreibungen prüfen, Korrektur lesen und und und … Die Liste ist lang. Dazu kommt das nervige Telefon, das gefühlt alle drei Sekunden klingelt und mich jedes Mal aus meiner Arbeit herausreißt.

Kurz gesagt: ein ganz normaler Tag als Büro-Allrounderin in einem Berliner Architekturbüro mit zwölf Angestellten und drei Inhabern.

Das Telefon klingelt zum hundertsten Mal an diesem Morgen, dabei ist es nicht mal 11 Uhr. Ich presse das Mobilteil an mein Ohr.

„Ahrens, Gruner, Jakob“, melde ich mich und spare mir das „Architekturbüro“. Jeder, der hier anruft, weiß doch wohl, wo er anruft und dass das hier ein Architekturbüro ist, oder? Und wenn nicht, dann hat er sich sowieso verwählt.

„Dunker, grüße Sie“, flötet mir eine Stimme ins Ohr, die ich jeden Tag diverse Male höre und die mich allmählich aggresssiv macht.

Dunker, grüße Sie ist Tatjana Dunker, die seit zwei Jahren beharrlich hinter Adrian, einem der Inhaber, herläuft. Ich möchte gar nicht wissen, wie oft sie ihn auf seinem Handy belästigt. Mich belästigt sie jedenfalls viel zu oft. Ich habe echt keinen Nerv, auch noch Adrians Verehrerinnen zu verwalten. Davon gibt es nämlich viele, denn der gute Adrian ist verdammt attraktiv und lässt nichts anbrennen. In der letzten Zeit nimmt es wirklich ein bisschen Überhand mit seinen aufdringlichen Damen. Ich glaube, ich muss mal ein ernstes Wort mit ihm reden, denn ich bin schließlich nicht seine Privatsekretärin.

„Adrian ist nicht da“, schmettere ich ihr den üblichen Satz entgegen.

Wann kapiert sie endlich, dass er kein Interesse an ihr hat? Er lässt sich jedes Mal verleugnen, ruft nie zurück und trifft sich laut seinen Angaben auch nicht mit ihr. Warum gibt sie nicht endlich auf? Wie peinlich ist es denn, einem Mann so dermaßen hinterher zu laufen? Hat die Frau überhaupt keinen Stolz? Am liebsten würde ich ihr all das mal sagen, aber das steht mir nicht zu. Irgendwann werde ich daran ersticken.

Genau in diesem Moment schießt Adrian um die Ecke.

„Moin, Svenja, kannst du mir einen Cappucino nach oben bringen?“, ruft er so laut, dass Dunker, grüße Sie es garantiert hören kann.

Bei jedem anderen würde ich schnippisch erwidern, dass ich nicht als Kellnerin angestellt worden bin und er sich seinen Kaffee gefälligst selbst holen kann. Der Weg in sein Büro führt schließlich an der Küche vorbei. Aber sein Charme lässt offenbar auch mich nicht ganz kalt, denn tatsächlich bringe ich ihm mindestens dreimal am Tag sein favorisiertes Getränk – und das, obwohl ich dazu etliche Treppen hochsteigen muss, denn Adrian ist der einzige der Architekten, der ein eigenes Büro auf der Galerie hat. Alle anderen arbeiten zusammen in einem riesigen Loft. Adrian hat in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung.

„Natürlich nur, wenn du gerade Zeit hast“, schiebt er mit einem Blick auf die Unterlagen, die sich auf meinem Schreibtisch türmen, entschuldigend hinzu.

„Für dich immer“, säusele ich und lächele ihn an.

Auch, wenn ich das nicht so ganz wahrhaben will – irgendetwas löst der Kerl in mir aus mit seinen stahlblauen Augen und dem entwaffnenden Grinsen.

„Oh, da ist Adrian ja“, freut sich Frau Dunker. „Dürfte ich ihn kurz sprechen?“

„Eine Sekunde, ich frage ihn“, erwidere ich und schalte das Telefon um, so dass die Anruferin mich nicht mehr hört.

Adrian sieht mich erwartungsvoll an.

„Es ist mal wieder deine Frau Dunker“, teile ich ihm mit. Adrian hebt sofort beide Arme hoch und schüttelt den Kopf.

„Auf gar keinen Fall“, weist er mich an. „Weder heute noch morgen noch übermorgen. Niemals.“

Ich drücke wieder auf die Taste.

„Herr Ahrens muss sofort los zum nächsten Termin“, lüge ich. „Er hat leider keine Zeit.“

„Aber er hat doch gerade einen Cappuccino bei Ihnen bestellt“, beschwert sich Frau Dunker mit überschnappender Stimme.

„Das habe ich selbst gehört. Also ist er im Büro. Und er braucht ein paar Minuten, um den Cappuccino zu trinken. Diese paar Minuten würden mir reichen. Ich will ihn jetzt sofort sprechen. Wissen Sie eigentlich, wie oft ich es schon versucht habe?“

Ja, das weiß ich nur allzu gut. Himmel, ist diese Frau nervig!

„Er hat mir gesagt, dass er keine Zeit hat“, erkläre ich. „Mehr kann ich leider nicht tun. Ich kann ihm nicht gegen seinen Willen Gespräche durchstellen. Das werden Sie sicher verstehen, Frau Dunker.“

Oh Mann, ich habe wirklich andere Dinge zu tun, als Adrian seine hartnäckigen Verehrerinnen vom Hals zu halten.

„Ja, das verstehe ich“, kommt es enttäuscht aus dem Hörer.

Ich wünschte, sie würde es wirklich mal verstehen und endlich aufgeben. Deutlicher kann ein Mann doch gar nicht zeigen, dass er kein Interesse hat. Muss man sich so sehr erniedrigen und ihm trotzdem hinterherlaufen?

„Tut mir leid“, ringe ich mir ab. „Einen schönen Tag noch und auf Wiederhören.“

Dieses Auf Wiederhören ist nicht ganz ernst gemeint, aber ich weiß, dass wir uns schon sehr bald wieder hören werden. Wie jeden Tag.

„Svenja, du bist wie immer ein Schatz“, strahlt Adrian mich an, als ich ein paar Minuten später mit dem gewünschten Cappuccino auf der Empore auftauche.

„Das ist wirklich total lieb von dir. Eigentlich warte ich seit Jahren auf den Spruch, dass du nicht als Kellnerin angestellt worden bist.“

„Du bist auch der Einzige, der diese Sonderbehandlung erfährt“, erkläre ich und stelle die Tasse vor ihm ab.

„Ich weiß“, entgegnet Adrian und kneift mir ein Auge. „Und ich weiß es sehr zu schätzen. Warum lässt du mir diese Sonderbehandlung eigentlich zuteil werden?“

„Das wüsste ich auch gern“, grinse ich. „Aber welches weibliche Wesen könnte deinem Charme schon widerstehen?“

Adrian ist nicht nur ausgesprochen attraktiv, sondern er hat auch eine Aura, der man sich nur schwer entziehen kann. Wenn er einen Raum betritt, ist es unmöglich, ihn nicht zu bemerken. Seine Präsenz ist unglaublich und darum kann ich seine weiblichen Fans durchaus verstehen. Trotzdem würde ihnen ein bisschen Stolz guttun.

„Das sieht man ja an deinem Fanclub. Apropos: Kannst du Frau Dunker nicht mal klipp und klar sagen, dass du nichts von ihr willst? Sie ruft jeden Tag x-mal hier an und nervt mich echt.“

Adrian lehnt sich in seinem Stuhl zurück und nippt an dem Kaffee. Seine gebräunte Haut passt gut zu seinem weißen Hemd, dessen Ärmel er hochgeschoben hat. Man kann deutlich seine muskulösen Oberarme erkennen. Er ist schon ein echter Hingucker.

„Svenja, glaub mir, das habe ich ihr gesagt“, versichert er. „Aber sie akzeptiert es einfach nicht. Ich kann machen, was ich will. Es nützt nichts. Also lasse ich mich verleugnen und antworte ihr gar nicht mehr.“

Ich runzele die Stirn.

„Was hast du eigentlich mit ihr gemacht, dass sie dir so dermaßen hinterher rennt?“, will ich indiskret wissen.

Adrian grinst von einem Ohr zum anderen.

„Ein Gentleman genießt und schweigt“, erklärt er.

„Was heißt denn das nun wieder?“, frage ich. „Warst du mit ihr im Bett? Oder ist es das, was sie unbedingt will?“

„Beides“, erwidert Adrian. „Ich habe mich – leider, muss ich zugeben – in einem schwachen Moment dazu hinreißen lassen. Aber es war wirklich nur ein einziges Mal, und das ist ewig lange her. Ich habe es längst vergessen. Tatjana offenbar nicht. Sie will unbedingt eine Wiederholung und ist echt hartnäckig.“

„Ein einziges Mal?“, wundere ich mich. „Wann war das denn?“

Adrian zuckt mit den Schultern.

„Weiß ich nicht mehr so genau. Ich schätze, vor zwei oder drei Jahren.“

„Zwei oder drei Jahre – und sie gibt immer noch nicht auf?“, sage ich ungläubig. „Dann musst du sie ja ziemlich beeindruckt haben.“

Adrian lacht. „Zumindest gebe ich mir Mühe.“

„Daran habe ich keinen Zweifel“, bestätige ich.

Ich kann mich noch gut an Tessa erinnern, eine Ingenieurin, die am Telefon extrem ruppig und unfreundlich war. Dann hat sie sich mit Adrian getroffen – und am nächsten Tag schwebte sie förmlich in unser Büro. Sie war überhaupt nicht wiederzuerkennen, strahlte wie ein Honigkuchenpferd und himmelte Adrian unverhohlen an. Sie kicherte die ganze Zeit wie ein Schulmädchen und hatte nichts mehr von der bärbeißigen Frau, als die wir sie kannten. Natürlich machten sich alle Architekten darüber lustig. Es war mehr als offensichtlich, dass sie mit Adrian Sex gehabt hatte. Und der muss verdammt gut gewesen sein. Gewundert haben wir uns allerdings schon, denn Tessa war eher herb und entsprach keinesfalls Adrians sonstigem Schönheitsideal.

„Es tut mir leid, dass du meine Frauen immer abwimmeln musst“, bedauert Adrian. „Ich weiß, dass das eigentlich meine Aufgabe ist. Aber ich schwöre dir: Ich habe keiner die Nummer vom Büro gegeben.“

„Das glaube ich dir“, versichere ich. „Nur ist es keine Schwierigkeit, die Nummer herauszufinden. Und wenn sie dich nicht auf deinem Handy erwischen, rufen sie eben hier an.“

„Obwohl sie sich denken können, dass sie mich hier erst recht nicht erreichen“, entgegnet Adrian. „Wenn ich nicht an mein Handy gehe, warum sollte ich sie dann hier im Büro sprechen wollen?“

„Vielleicht hoffen sie, dass ich sie ohne Rücksprache zu dir durchstelle“, vermute ich.

Das Telefon klingelt erneut. Natürlich. Was anderes hat es ja auch nicht zu tun.

„Architekturbüro Ahrens, Gruner, Jakob, guten Tag“, melde ich mich – diesmal formvollendet, denn schließlich hört mein Vorgesetzter zu.

„Hallo Svenja, hier ist Nina“, vernehme ich die Stimme meiner Tante. „Entschuldige, dass ich dich im Büro anrufe, aber auf deinem Handy kann ich dich nicht erreichen und es ist dringend.“

Ich nicke Adrian zu und laufe die Stufen hinunter.

„Kein Problem“, erwidere ich. „Was gibt es denn?“

Meine Tante besitzt eine wunderschöne Pension an der Ostsee, die sie mit viel Liebe betreibt. Ich war schon ein paar mal dort und jedes Mal völlig hingerissen.

„Du weißt, dass ich dieses Jahr meinen Traum wahrmache und nach Kalifornien fliege“, ruft meine Tante mir ins Gedächtnis.

Ja, das weiß ich. Meine Tante war mit 17 für ein Austauschjahr in Kalifornien und hat seitdem immer davon geträumt, noch einmal dorthin zurückzukehren. Leider hat es nie geklappt. Doch jetzt hat sie einen Partner an ihrer Seite, der auch schon immer nach Los Angeles wollte und ganz begeistert ist, dass er eine Gleichgesinnte gefunden hat. So haben die beiden beschlossen, fünf Wochen lang eine Rundreise durch die USA zu machen. Nina freut sich schon seit Monaten darauf und kann es gar nicht mehr erwarten. In zwei Wochen soll es losgehen.

„Das habe ich nicht vergessen“, versichere ich ihr. „Du bist bestimmt schon ganz aufgeregt und freust dich wie verrückt.“

„Das stimmt“, erwidert Nina. „Aber leider gibt es Probleme. Wiebke, die hier arbeitet, sollte die Pension während meiner Abwesenheit führen. Und was passiert ausgerechnet jetzt?“ Nina seufzt tief auf.

„Ihr Vater hatte einen Unfall und sie ist Hals über Kopf zu ihm nach Bayern gefahren. Er hat sich das Bein gebrochen und Wiebke will in der nächsten Zeit den Haushalt für ihn schmeißen. Ihre Eltern sind schon lange geschieden und ihr Vater hat sonst niemanden, der sich um ihn kümmert. Natürlich verstehe ich, dass sie jetzt bei ihm sein will. Ich mache ihr auch überhaupt keinen Vorwurf. Das Blöde ist, dass ich auf die Schnelle niemanden finde. Alle Arbeitskräfte sind lange im Voraus ausgebucht. Wir haben Hauptsaison. Ich habe sogar schon überlegt, die Reise abzusagen.“

„Das machst du auf gar keinen Fall“, widerspreche ich. „Ich weiß, wie sehr du dich auf diesen Urlaub gefreut hast. Du hast dir das jahrelang gewünscht. Du musst das jetzt einfach machen.“

„Natürlich habe ich mich wahnsinnig gefreut“, bestätigt Nina. „Aber ich kann meine Pension und meine Gäste doch nicht einfach im Stich lassen. Irgendwie muss der Laden laufen. Die Zimmer müssen sauber gemacht werden. Das Frühstück muss eingekauft und serviert werden. Die Gäste müssen empfangen und verabschiedet werden. Es ist im Grunde nicht viel, aber das, was anliegt, muss eben gemacht werden. Darum habe ich in der Verwandtschaft herumgefragt, wer einspringen könnte.“

„Und – hast du jemanden gefunden?“, frage ich neugierig.

„Habe ich“, bestätigt Nina. „Allerdings weiß ich nicht, ob die Drei das wuppen können. Darum dachte ich, ich frage zusätzlich dich. Es ist wirklich nicht so viel Arbeit. Du hättest noch genug Zeit, um Urlaub zu machen. Selbstverständlich vergüte ich dir das entsprechend. Du würdest mir einen riesigen Gefallen tun, Svenja.“

Ich muss nicht lange überlegen. Zufällig habe ich meinen Urlaub in zwei Wochen beantragt, und zwar für drei Wochen. Adrian lässt bestimmt mit sich reden, wenn ich noch weitere zwei Wochen dranhänge. Für diese Fälle haben wir eine Leasingkraft, die jedes Mal zu uns kommt, wenn ich Urlaub habe. Katharina ist bestens eingearbeitet. Da ist es nicht schlimm, wenn ich ein paar Wochen weg bin.

„Klar, ich bin dabei“, erwidere ich begeistert. „Drei Wochen im Paradies ist doch super. Und stell dir vor, ich habe sogar in zwei Wochen Urlaub, den ich bestimmt verlängern kann. Das ist überhaupt kein Problem.“

„Ich habe mich daran erinnert, dass du demnächst Urlaub hast“, sagt Nina erleichtert. „Aber ich wusste nicht, ob du schon irgendetwas gebucht hast.“

„Nein, habe ich nicht“, entgegne ich. „Ich komme liebend gern zu dir. Wer von unserer buckligen Verwandtschaft hat denn zugesagt?“

„Barbara, Burkhard und Dieter“, eröffnet Nina mir und seufzt auf. „Nichts gegen die Drei, wirklich nicht. Ich mag sie furchtbar gern Ich glaube auch, dass sie ihre besonderen Fähigkeiten haben. Aber ...“

Nina macht eine Pause.

„Du hast Angst, dass Barbara die Gäste anschnauzt, Dieter ihnen alles wegfrisst und Burkhard mit jeder weiblichen Person unter 50 herumschäkert“, grinse ich. „Und damit das nicht passiert, soll ich ein wachsames Auge auf die Drei haben.“

„So ungefähr“, lacht Nina. „Du kennst unsere Verwandtschaft ja bestens. Verrückt sind sie alle. Und ich dachte, dass du bei euch im Büro auch viel organisieren und 15 Architekten betreuen musst. Da bin ich mir sicher, dass es dir in meiner Pension ohne jede Mühe gelingt, die Gäste und deine drei Verwandten in Schach zu halten.“

„Das schaffe ich“, bin ich zuversichtlich. „Ich mache das gerne. Und mit Burkhard, Barbara und Dieter werde ich bestimmt viel Spaß haben.“

„Auf jeden Fall“, glaubt auch Nina. „Lustig und liebenswert sind sie ja. Nur manchmal etwas unorganisiert und chaotisch.“

Das kann man so sagen. Ich erinnere mich an Erzählungen ihrer diversen Kreuzfahrten, auf denen offenbar alles schiefgegangen ist, was nur schiefgehen konnte.

„Ich komme total gern“, sage ich beglückt.

Drei Wochen Meer, Strand und Sonne – kann es etwas Schöneres geben?

Ich glaube nicht.

Kapitel 2

Oh Mann, das ist jetzt aber echt viel“, stöhnt Katharina mit rotem Kopf und wischt sich über die schweißnasse Stirn.

„Haben wir morgen noch Zeit, damit du mir einige Dinge noch mal erklären kannst? Ich finde, seit letztem Mal ist es viel komplizierter geworden.“

„Das liegt an dem neuen Betriebssystem“, erkläre ich. „Ich war von Anfang an nicht damit einverstanden, aber irgendjemand hat es den Jungs aufgeschwatzt und jetzt müssen wir uns damit herumärgern.“

„Ich hoffe, dass ich eine würdige Vertretung für dich sein werde“, sagt Katharina und sieht mich zweifelnd an.

„Aber das warst du doch immer“, erwidere ich verwundert. „Warum sollte das diesmal anders sein?“

„Ich weiß nicht“, murmelt Katharina. „Ich fühle mich irgendwie unsicher.“

„Die Jungs haben mir versprochen, dass sie viel von ihrer Korrespondenz selbst machen“, beruhige ich sie. „Sie schreiben ihre Mails selbst und können dich damit ein bisschen entlasten. Ansonsten kannst du mich jederzeit anrufen.“

„Ich will dich aber nicht in deinem Urlaub stören“, wehrt Katharina ab. „Du sollst dich schließlich erholen.“

„Das macht mir gar nichts aus“, entgegne ich. „Ich erhole mich schon. Wenn du Fragen hast und sie dir hier niemand beantworten kann, melde dich ruhig bei mir.“

Katharina atmet auf.

„Vielen Dank, das ist eine große Beruhigung“, sagt sie und lächelt.

Die Tür öffnet sich und Adrian stürmt ins Büro. Heute scheint er ausnahmsweise mal nicht strahlende Laune zu haben, sondern er sieht ziemlich griesgrämig aus. Das ist ungewöhnlich. Nach einem knappen Gruß läuft er die Treppe zu seinem Büro hoch. Ich warte, doch es folgt kein Ruf nach dem obligatorischen Cappuccino. Ob bei ihm alles in Ordnung ist?

„Kannst du kurz auf das Telefon aufpassen?“, bitte ich Katharina. „Ich gehe mal eben zu Adrian.“

„Natürlich“, nickt sie.

Ich laufe in die Küche, bereite einen Cappuccino zu und spurte die Treppe hoch. Wenn Adrian keinen Kaffee trinken will, nehme ich ihn eben selber.

Adrian blickt von seinen Unterlagen hoch. Seine Miene hellt sich auf, als er die Tasse in meiner Hand erblickt.

„Du bist ein Engel“, lobt er mich und das übliche Strahlen erscheint auf seinem Gesicht. „Ich muss gar nichts sagen und du weißt trotzdem, was ich will. So stelle ich mir eine gute Zusammenarbeit vor.“

„Ich weiß doch, dass du am frühen Morgen deinen Kaffee brauchst“, flöte ich.

Ich frage mich tatsächlich, warum ich mich bei ihm so merkwürdig verhalte. Das mache ich bei keinem anderen der Architekten. Ich würde es vehement ablehnen, sie zu bedienen, aber bei Adrian mache ich das seltsamerweise sogar gerne. Irgendwie will ich, dass es ihm gut geht. Warum, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht will ich auch gar nicht darüber nachdenken.

„Ich weise gerade Katharina ein“, verkünde ich. „Ich habe ihr gesagt, dass ihr eure Korrespondenz selbst erledigt, damit sie ein bisschen entlastet ist. Glaubst du, das ist auch für dich machbar?“

Gerade Adrian neigt nämlich dazu, jeden Satz zu diktieren und ihn dann hundertmal zu ändern.

„Das wird sich möglicherweise von selbst erledigen“, erwidert Adrian und streckt sich. „Ich werde wahrscheinlich auch Urlaub machen. Dann ist Katharina mich schon mal los und hat einen Haufen Arbeit weniger. Mir ist klar, dass ich hier der Anstrengendste bin.“

„Bist du“, gebe ich unumwunden zu.

Aber irgendwie ist Adrian auch der Netteste. Er ist immer zu Scherzen aufgelegt und behält auch im größten Stress die Nerven. Dirk die Diva hingegen ist immer sofort hysterisch, wenn nicht alles glatt läuft und macht die ganze Mannschaft verrückt. Auch Markus flippt regelmäßig aus, so dass es sehr wohltuend ist, dass Adrian sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Vor ihm hat auch jeder Respekt. Er hat hier im Büro wirklich eine Sonderstellung.

„Aber du magst mich trotzdem“, stellt Adrian fest und kneift mir ein Auge.

„Natürlich“, erwidere ich. „Du kannst mich in deinen Fanclub aufnehmen. Gibt es eigentlich auch Fanartikel von dir?“

„Klar doch“, grinst Adrian. „Meine Favoritinnen tragen Basecaps und T-Shirts mit einem Bild von mir. Es gibt auch Aufkleber fürs Auto.“

„Das wäre es– du großflächig auf meinem Smart“, schmunzele ich. „Am besten mit deiner Telefonnummer. Wo fährst du denn hin in deinem Urlaub?“

Adrian zuckt mit den Schultern.

„Weiß ich noch nicht. Das entscheide ich ganz spontan. Spontane Ideen sind immer die besten.“

„Das stimmt. Sag mal, warum hast du denn eben so ein böses Gesicht gemacht? Das kenne ich normalerweise gar nicht von dir.“

Adrian stöhnt auf und verdreht die Augen.

„Nein, das kenne ich auch nicht von mir. Aber diesmal … Oh Mann. Das willst du echt nicht wissen, Svenja.“

„Doch“, widerspreche ich. „Sonst würde ich dich ja nicht fragen.“

Adrian nimmt einen großen Schluck von seinem Kaffee. Dann schüttelt er den Kopf.

„Einmal musste es ja so kommen“, murmelt er vor sich hin. „Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis das passieren würde.“

„Du sprichst in Rätseln“, sage ich und setze mich auf einen Stuhl. „Was war los?“

„Naja …“ Adrian windet sich. „Ich lag heute morgen mit Marleen … hieß sie überhaupt Marleen? Oder Madeleine? Ach, ist ja auch egal. Also, jedenfalls lag ich mit Marleen im Bett, als auf einmal eine blonde Frau in mein Zimmer sprang.“

„Wie … in dein Zimmer sprang?“, erwidere ich verwirrt. „Ist sie Superwoman und vom Himmel geflogen?“

„Sowas in der Art“, seufzt Adrian. „Ich habe in meinem Garten hohe Obstbäume stehen und eine passende Leiter. Vivi hat sich diese Leiter geschnappt, vor mein Schlafzimmerfenster gestellt und ist hochgeklettert. Sie wollte mich überraschen. Das ist ihr dann auch irgendwie gelungen.“

„Moment mal – das Fenster war offen und diese Vivi ist in dein Schlafzimmer geklettert, während du mit Marleen im Bett lagst?“, fasse ich zusammen.

Adrian nickt und stößt geräuschvoll die Luft aus.

„Exakt. Vivi hat mir natürlich eine Riesenszene gemacht. Und Marleen auch. Am Ende sind sie nicht nur aufeinander losgegangen, sondern auch auf mich. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätten mich aus dem Fenster geworfen.“

Ich kann mir nur mit Mühe ein Lachen verkneifen, als ich mir die Szene bildlich vorstelle.

„Die beiden haben die ganze Nachbarschaft zusammen geschrien“, beschwert sich Adrian. „Jetzt denkt jeder im Umkreis von mehreren Kilometern, ich würde ein zügelloses Sexleben führen.“

„Tust du doch auch“, feixe ich.

Adrian winkt müde ab.

„Das sieht nur so aus“, behauptet er. „Mit Marleen zum Beispiel ist letzte Nacht gar nichts gelaufen. Als sie mir erzählte, dass sie nur deshalb so viel essen kann, weil sie alles wieder auskotzt, ist mir jegliche Lust vergangen. Das ist doch abartig. Nee, da konnte und wollte ich nicht mehr. Und mit Vivi … da ist auch nur einmal was gelaufen. Also, dieses Geschrei am frühen Morgen habe ich wirklich nicht verdient.“

Ich beiße mir auf die Lippe und enthalte mich jeglichen Kommentares.

„Ich weiß genau, was du jetzt denkst“, seufzt Adrian. „Du denkst: ‚Das geschieht ihm recht, diesem Weiberheld. Warum muss er auch eine Frau nach der anderen flachlegen?‘ Das ist es doch, was du glaubst, oder?“

„Das würde mich wirklich mal interessieren“, gestehe ich. „Warum machst du das? Werden dir die Frauen so schnell langweilig? Oder macht dir das Spiel Spaß, sie zu erobern?“

Adrian zuckt mit den Schultern und rührt nachdenklich in seiner Kaffeetasse herum.

„Es hat wahrscheinlich etwas mit Selbstbestätigung zu tun“, antwortet er überraschend ehrlich.

„Es gibt mir einen Kick, wenn ich bei den Frauen so gut ankomme. Es ist gut für mein Ego. Es schmeichelt mir, dass sie mir hinterherlaufen.“ Er holt tief Luft.

„Das ist eigentlich ganz schön armselig, oder?“

Ich schaue ihn verblüfft an. Ich hätte nicht gedacht, dass er mir gegenüber so offen und ehrlich ist.

„Eigentlich hast du es nicht nötig, dein Selbstbewusstsein von irgendwelchen Frauen abhängig zu machen“, finde ich. „Du bist ein erfolgreicher Architekt, besitzt ein wunderschönes Haus im Grünen, siehst gut aus, hast eine Menge drauf, bist nett und charmant und …“

„Um Gottes Willen, hör auf!“, wehrt Adrian lachend ab. „Sonst werde ich noch ganz verlegen.“

„Kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen“, grinse ich. „Ich habe noch nie erlebt, dass du verlegen geworden bist.“

„Oh doch, das kann ich, glaub mir“, versichert Adrian. „Natürlich gibt es Situationen, die mich verlegen machen.“

Sein Telefon klingelt und er drückt auf die grüne Taste. Dann verdreht er die Augen.

„Nein, ich will nicht mit Frau Dunker sprechen“, blafft er in den Hörer. „Nicht jetzt und auch in Zukunft nicht. Sag ihr, sie soll mich in Ruhe lassen.“

„Aber das kann ich doch nicht machen“, höre ich Katharinas erschrockene Stimme von unten.

„Dann gib sie mir“, sagt Adrian entnervt.

Immerhin hat Frau Dunker nach zwei Jahren endlich geschafft, dass ihr Angebeteter mit ihr spricht.

„Hallo Tatjana“, begrüßt Adrian sie. „Sag mal, willst du es eigentlich nicht verstehen? Die Nacht mit dir ist ewig her und ich habe kein Interesse an einer Wiederholung. Du kannst es dir sparen, jeden Tag anzurufen. Vor allem hier im Büro. Meine Sekretärin hat wichtigere Dinge zu tun, als dich ständig abzuwimmeln. Lass mich endlich in Ruhe.“

Damit drückt er auf die rote Taste und legt den Hörer auf den Glastisch. Ich höre, wie es unten sofort wieder klingelt.

„Nein, Frau Dunker, ich kann Sie nicht zu ihm durchstellen. Er telefoniert gerade“, sagt Katharina verzweifelt. „Ich weiß nicht, wie lange es dauert. Ich glaube, danach hat er ein paar Termine außer Haus.“

Ich schüttele den Kopf. Adrian hat dieser Frau soeben mitgeteilt, dass er kein Interesse an ihr hat – was sowieso klar war – und anstatt endlich Ruhe zu geben, ruft sie in der nächsten Sekunde sofort wieder an. Wie kann man sich selbst nur so erniedrigen?

„Was machst du eigentlich mit den Frauen, dass sie dir so dermaßen hinterherlaufen?“, will ich wissen. „Das würde mich jetzt wirklich mal interessieren.“

Adrian sieht mich an. Der Blick aus seinen stahlblauen Augen geht mir durch und durch. So habe ich ihn noch nie wahrgenommen. Als Mann, meine ich. Natürlich ist mir aufgefallen, dass er ausgesprochen attraktiv ist, aber er ist nun mal mein Vorgesetzter. Ich habe mir schlichtweg nie die Frage gestellt, ob ich ihn anziehend finde oder nicht. Das hat sich von Anfang an verboten. Mit seinem Boss fängt man nichts an, außer in irgendwelchen Kitsch-Romanen, die fernab jeglicher Realität sind.

Adrian räuspert sich.

„Ich gebe mir in einigen Dingen eben Mühe“, erklärt er, den Blick fest auf mich geheftet.

„Ich bin charmant, hofiere sie und … naja, ich strenge mich eben auch in der Horizontalen an. Ich will, dass es meiner Partnerin gefällt und dafür stecke ich gern zurück. Ich möchte, dass mein Gegenüber auf seine Kosten kommt. Offenbar machen das nicht alle Männer, wie ich den Klagen einiger Frauen entnahm.“

Eigentlich will ich sowas gar nicht hören, denn das Sexleben meines Chefs ist mir völlig egal. Oder? Interessiert es mich nicht doch ein klitzekleines bisschen? Doch, ja, irgendwie schon. Ehrlich gesagt habe ich mich schon manchmal gefragt, warum die Frauen Adrian scharenweise hinterherlaufen. Irgendein Geheimnis muss er ja haben.

Ist es das?

---ENDE DER LESEPROBE---