Palästinensische Märchen - Ulrich Seeger - E-Book

Palästinensische Märchen E-Book

Ulrich Seeger

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Beschreibung

Das Buch enthält Märchen von Bauern aus den Dörfern um Ramallah, die der Herausgeber selbst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem Tonband gesammelt hat.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 288

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Ulrich Seeger Palästinensische Märchen

Palästinensische Märchen

gesammelt, übersetzt und herausgegeben von Ulrich Seeger

© 2023 Ulrich Seeger http://seeger.uni-hd.de/

Umschlagfoto von Susanne Biel

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung Impressumservice, An der Strusbek 10,

22926 Ahrensburg, Deutschland.

ISBN 978-3-347-93572-3 (Softcover)

ISBN 978-3-347-93573-0 (Hardcover)

ISBN 978-3-347-93574-7 (E-Book)

Inhalt

Cover

Halbe Titelseite

Titelblatt

Urheberrechte

Einleitung

1. Aschenbrödel

2. Die drei Söhne

3. Die List der Männer übertrumpft die List der Frauen

4. Von einer Alten, die verschlagener als der Teufel ist

5. Der große Held und Abu Saksūka

6. Der Bauer, die Schlange und der Fuchs

7. Der Bauer und die Dämonen

8. Geschenkte Aprikosen

9. Der Verstand, der Wohlstand, das Glück und die gute Tat

10. Der Schlechte und der Gute

11. Sie ist seine Tochter

12. Die eiserne Ziege

13. Der kleine Schakal

14. Das Pferd, das einen Esel zur Welt brachte

15. Der kluge Knabe

16. Schakal und Maus halten alle Fäden in der Hand

17. Die Struwwelliese

18. Das Linsengericht

19. Der Fuchs ohne Schwanz

20. Dschuḥa, der Esel und die Peperoni

21. Dschuḥa und seine Stiefmutter

22. Der verstoßene Bruder

23. Die Gluckhenne

24. Die Zunge und die Lunge

25. Der Schädel, das Mädchen, der König und der Wesir

26. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein

27. Dirbakka

28. Der Listenreiche

29. Zum Teufel mit Buṭrus und seinen Zicklein

30. Blinde Eule

31. Die Geschichte des dritten Mḥammad

32. Der Holzsammler und die Hexe

33. Liebe auf den ersten Blick

34. Die zwei Löffel

35. Die Abenteuer des tüchtigen Mḥammad

36. Die drei Dämonen und der Mardawān

37. Der verfressene Esel

38. Der Sohn des P&ügers und die Königstochter

39. Dschbēna, die Doumpalme und der Bär

40. Die Hyäne und die sieben Geißlein

41. Die Streiche des schlauen Fuchses

42. Ich habe den Chef umgebracht

43. Da ist er, er ist zurückgekommen

44. Der Gute und der Böse

45. Verbotene Früchte

Zusammenfassungen

Palästinensische Märchen

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

1. Aschenbrödel

45. Verbotene Früchte

Palästinensische Märchen

Cover

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Back Cover

Einleitung

Im Jahre 1998 reiste ich für ein Jahr in ein Dorf in der Nähe von Ramallah im Westjordanland. Mein Ziel war es, Material zu sammeln für eine Beschreibung der arabischen Dialekte der Dörfer um Ramallah. Ich hatte Semitistik studiert und wollte über dieses Thema meine Doktorarbeit schreiben. Während des einjährigen Aufenthalts besuchte ich über 100 Dörfer und konnte in vielen davon mit meinem Kassettenrecorder Tonaufnahmen von meist älteren Sprechern und Sprecherinnen machen. Oft erzählten sie mir Märchen oder Fabeln. Vor dem Siegeszug des Fernsehens war es üblich, dass sich die Männer und mitunter auch Frauen abends zusammensetzten und sich gegenseitig Geschichten erzählten. Als ich die Gegend bereiste, war diese Tradition bereits ausgestorben, aber einige Alte kannten noch die Geschichten von früher.

Als ich 1999 aus dem Westjordanland zurückkam, wurde ich an der Universität Heidelberg zunächst mit anderen Aufgaben betraut. Erst im Jahre 2009 erschien endlich eine Auswahl von 118 Aufnahmen beim Verlag Harrassowitz unter dem Titel „Der Arabische Dialekt der Dörfer um Ramallah. Teil 1: Texte“. Der Band enthielt die Tonaufnahmen auf den linken Seiten in phonemischer Transkription und auf den rechten Seiten in möglichst wörtlicher deutscher Übersetzung. Das Buch war für arabische Linguisten bestimmt. Die deutsche Übersetzung diente allein als Verständnishilfe für den in Lautschrift wiedergegebenen arabischen Text auf der gegenüberliegenden Seite. Sie war deshalb oft in nicht besonders gutem Deutsch.

Einige der Geschichten sind aber so schön, dass sie es verdienen, in gutem Deutsch nacherzählt und veröffentlicht zu werden. Also machte ich mich im Jahre 2022 daran, die besten Geschichten noch einmal zu bearbeiten. Dabei nahm ich mir zuweilen gewisse Freiheiten bis hin zur Nacherzählung, doch stets habe ich den lakonischen Erzählstil beibehalten. Bei einigen Erzählern war eine Bearbeitung allerdings gar nicht nötig und ich konnte sehr nahe am Originaltext bleiben. Das Resultat sind die in diesem Band abgedruckten 45 Geschichten. Da es sich bei ihnen meist, aber nicht ausschließlich, um Märchen handelt, finde ich den Namen „Palästinensische Märchen“ gerechtfertigt.

Bei uns herrscht das Vorurteil, dass Märchen etwas für Kinder seien. Dem ist aber ganz und gar nicht so. Im Gegenteil, die hier versammelten Geschichten sind meist für erwachsene Ohren bestimmt. Man hüte sich also, diesen Band Kindern in die Hand zu geben. Allein die Geschichten 12 „Die eiserne Ziege“, 13 „Der kleine Schakal“ und 40 „Die Hyäne und die sieben Geißlein“ können Sie unbesorgt auch Ihren Kindern vorlesen.

Bei der Umschrift von arabischen Namen bin ich so vorgegangen, dass ein des Arabischen Kundiger sehr genau weiß, wie der Name auszusprechen ist, ein Unkundiger den Namen aber auch nicht gänzlich falsch artikulieren wird. Ein Strich über einem Vokal soll bedeuten, dass der Vokal lang auszusprechen ist. Vokale ohne Strich darüber sind folglich kurz. Punkte unter einem Konsonanten oder sonstige unbekannte Zeichen möge der des Arabischen nicht mächtige Leser einfach ignorieren und so lesen, als stünden sie nicht da. Dann ist er so nah wie möglich an der richtigen Aussprache.

Pia Biundo danke ich für das sorgfältige Korrekturlesen.

Ulrich Seeger

1. Aschenbrödel

Vor langer Zeit war einmal ein König, der eine Tochter hatte. Dieser König betrachtete die Untertanen, sah, dass es Arm und Reich gibt, dass es welche gibt, die elegante Kleidung tragen und welche, deren Kleidung abgerissen ist. Eines Tages rief er das Mädchen zu sich, seine Tochter, und fragte sie: „Tochter, was ist deine Meinung über dieses Volk, warum gibt es in diesem Volk Arme und Reiche?“ Sie antwortete ihm: „Vater, in diesem Volk ist ein jeder arm durch seine Frau und reich durch seine Frau.“ Er erwiderte ihr: „Beim allmächtigen Gott, der Reiche ist es durch seine Frau und der Arme ist es durch seine Frau?“

Der König verkündete, dass er dieses Mädchen mit einem Armen verheiraten wolle. Er sagte zu ihr: „Ich will sehen, ob du ihn reich machst oder ob er so arm bleibt, wie er ist.“ Er befahl die Ausrufer zu sich und sagte zu ihnen: „Ruft in der Gegend aus, dass der König seine Tochter verheiraten möchte.“ Daraufhin gingen die Leute unten am Schloss vorbei, während der König auf dem Balkon saß und Ausschau nach einem Armen hielt — er entdeckte keinen. Es war nämlich so, dass der, der keinen Anzug besaß, sich einen Anzug ausleihen ging, wer kein gutes Hemd besaß, erborgte ein Hemd. Jedenfalls, die Leute gingen vorbei, nicht einer war heruntergekommen, keiner wirkte arm. Der König sprach zu seiner Garde: „Forscht in der Umgebung nach einem Armen.“ Sie erkundigten sich und sprachen zu ihm: „Mein Herr, es gibt einen, den nennt man Aschenbrödel, dieser Aschenbrödel sitzt nur rum, ein armer Mann ohne irgendeine Beschäftigung. Er sitzt in einem Backofen, bekommt von den Frauen, die backen, mal einen Bissen, mal einen ganzen Fladen Brot. Sein Leben verbringt er im Backofen, schläft sogar darin.“ Er sagte: „Schafft ihn bei.“ Nachdem sie ihn beigebracht hatten, sagte er: „Das ist der, den ich wollte.“ Er ließ einen Scheich kommen, gab Aschenbrödel die Hand seiner Tochter und sagte zu ihm: „Geh mit Gott.“ Nun, dieser Mann wusste überhaupt nicht, was Heirat ist, er nahm das Mädchen — es war gerade die kalte Jahreszeit —, er nahm sie und sie gingen zum Backofen. Sie war aber eine Königstochter, lebt denn eine Königstochter solch ein Leben in einem Backofen? In den Backofen wird am Abend Mist als Heizmaterial gelegt, Rauch steigt von ihm auf. Sie starb fast vor Kälte, sie sah nichts mehr wegen des Rauches, sie ging nach draußen, setzte sich am Eingang des Backofens nieder.

Sie sagte: „Was steckt da nur für ein fester Glaube dahinter? Will der etwa weiter im Backofen leben, das alles ertragen, völlig untätig, gelegentlich einen Bissen von den Frauen?“ Sie schnitt eine Rute von dem Feld nebenan ab und begann auf ihn einzuschlagen. Er fragte sie: „Was hast du?“ Sie antwortete ihm: „Was soll ich haben? Willst du etwa in diesem Backofen bleiben? Hast du nicht ein kleines Stück Land, damit wir uns eine Hütte bauen?“ Er erwiderte: „Hab ich.“ Einst hatte einer Mitleid mit ihm gehabt und es ihm geschenkt. Sie machten sich auf und er ging hinter ihr her zu diesem Stückchen Land am Dorfrand. Sie lud ihm Steine auf, sie sammelten Steine zu einem großen Haufen. Als sie einen Haufen Steine aufgesammelt hatte, sagte sie zu ihm: „Weißt du, wie man Mäuerchen baut und Hütten?“ Er antwortete ihr: „Werd ich bauen.“ Er baute eine Mauer und eine Hütte, und sie überdachten sie mit Holz. Sie schliefen in ihr ohne Matte auf der Erde, besser als der Rauch des Backofens. Eines Tages sagte sie zu ihm: „Guter Mann, kennst du nicht Ramallah?“ Er antwortete ihr: „Kenne ich.“ Sie sagte zu ihm: „Geh, arbeite auf dem Gemüsemarkt, schleppe mal dort eine Kiste, mal da eine Kiste und bringe uns für die Hälfte von deinem Verdienst Brot und die andere Hälfte bringe als Bargeld.“

Zuvor war er völlig untätig gewesen, dabei hatte er eine Gesundheit wie Eisen. Er verdingte sich bei einem und schleppte, schleppte, schleppte, er erarbeitete sich zehn Groschen. Für fünf kaufte er Brot und noch etwas dazu und fünf waren für sie. Nach ungefähr einem Monat hatte sie sich zwei Lira zurückgelegt. Sie kaufte davon eine Matte und eine Matratze und eine Decke, sie richteten sich häuslich ein. Eines Tages sah ihn einer schleppen, sagte zu ihm: „Willst du bei mir arbeiten? Statt dass du zehn Groschen am Tag verdienst, gebe ich dir monatlich zehn Lira.“ Er antwortete ihm: „Ich muss erst die Frau um Rat fragen“ — dabei wusste er immer noch nicht, was eine Ehefrau ist, er war nur dem Namen nach verheiratet. Er fragte sie um Rat, sagte: „Was hältst du davon, dass ich bei dem arbeite und wir zehn Lira im Monat bekommen?“

Sie antwortete: „Wenn er dir fünf sofort gibt und am Ende des Monats nochmal fünf, arbeite bei ihm.“ Er ging zu ihm zurück, fragte: „Gibst du mir gleich fünf und am Ende des Monats nochmal fünf?“ Er antwortete: „Nimm, mein Freund, hier sind die zehn im Voraus, aber arbeite!“ Er arbeitete bei ihm zwei, drei Monate.

Da sah ihn ein Händler, der mit Karawanen Waren aus Syrien brachte. Er fragte ihn: „Was hältst du davon, Aschenbrödel“ — er wurde nämlich immer noch Aschenbrödel genannt, der Spitzname war ihm geblieben —, „was hältst du davon, du arbeitest bei mir und bekommst dafür dreißig Lira, hier bekommst du nur zehn, eine Reise dauert fünfzehn Tage hin und fünfzehn Tage zurück, also einen Monat, ich gebe dir dafür dreißig.“ Er antwortete ihm: „Ich werde die Frau um Rat fragen.“ Er fragte sie: „Ich will einen Monat weggehen und dreißig Lira verdienen, soll ich mit dem Mann mitgehen?“ Sie antwortete ihm: „Wenn er dir die Hälfte im Voraus gibt, geh mit ihm.“ Er sagte zu ihm: „Mein Freund, ich will der Frau fünfzehn Lira dalassen, den Unterhalt.“ Er antwortete ihm: „Da sind die dreißig.“ Er machte sich auf und zog mit der Karawane los. Auf halber Strecke stießen sie auf eine andere Karawane, die in umgekehrter Richtung unterwegs war. Sie trafen sich bei einem Brunnen, der von einem Dämon bewacht war. Wer in diesen Brunnen hinabstieg, verlor sein Leben. Sie sagten zueinander: „Was meint ihr, dieser Mann, Aschenbrödel, hat keine Ahnung und weiß von nichts, wir lassen ihn in den Brunnen hinunter und Wasser für uns schöpfen. Aber wir wollen vorher für ihn zweihundert Lira als Entschädigung für seine Frau sammeln. Wenn er wieder herauskommt, hat er Glück gehabt und er behält die zweihundert Lira. Wenn er umkommt, sagen wir seiner Frau, dass er gestorben ist, und bringen ihr das Geld.“ Jede Karawane gab ihm hundert Lira, er tat sie in ein Tuch und sie sagten zu ihm: „Steig hinunter, Aschenbrödel, schöpfe uns Wasser, wir wollen die Kamele und die Pferde tränken.“ Er stieg in den Brunnen hinab, er wusste nicht, dass er von einem Dämon bewacht wird. Unten angekommen sah er ein Mädchen auf dem Boden liegen, das hatte sich der Dämon hingelegt und schlief mit seinem Kopf auf ihren Knien. Sie fragte ihn: „Was führt dich hierher?“ Er antwortete: „Ich bin gekommen, um die Kamele zu tränken.“ Sie sagte zu ihm: „Du hast großes Glück, der Dämon schläft, fülle deinen Eimer.“ Er schöpfte einen Eimer nach dem anderen, seine Begleiter zogen das Wasser hoch, tränkten die zwei Karawanen und füllten ihre Schläuche. Als er gehen wollte, sagte das Mädchen zu ihm: „Nimm dir doch ein paar Granatäpfel aus dieser Kiste.“ Er ließ sich nicht zweimal bitten und nahm zehn Granatäpfel heraus. Das waren aber in Wirklichkeit die Juwelen des Dämons. Als man ihn wieder hochgezogen hatte, sagten seine Begleiter: „Dieser Mensch ist nur durch großes Glück in dem Brunnen nicht gestorben.“ Sie sagten zu ihm: „Mein Freund, das Geld gehört dir, für deine Familie, wenn du es mit dir führen willst, tu das, du kannst es auch der anderen Karawane, die an deinem Dorf vorbeikommt mitgeben, tu, wie du es für richtig hältst.“ Er antwortete: „Ich will es meiner Frau schicken, damit sie davon ihren Unterhalt bestreitet, bis ich zurückkomme.“ Er wickelte es in ein Tuch, das Geld und die Granatäpfel, und sagte zum Karawanenführer: „Das sei dir anvertraut. Frag nach dem Haus von Aschenbrödel und gib es seiner Frau.“ Jener sah nur das Tuch und wusste nicht, was alles darinnen ist. Der Karawanenführer machte sich mit seiner Karawane auf den Weg und kam schließlich in das Dorf, fragte nach dem Haus von Aschenbrödel und man wies ihm den Weg. Er sagte zu seiner Frau: „Schwester, das hat mir dein Mann anvertraut, er gab es uns für dich mit, nimm.“

Nachdem er gegangen war, schaute sie sich den Inhalt des Tuchs an. Sie — eine Königstochter! — erkannte sofort, dass die Granatäpfel Juwelen sind. Sie schnitt einen in der Mitte durch, mit welchen Kostbarkeiten war er gefüllt! Sie tauschte drei, vier gegen Geld ein, sagte: „Nun ist das, was ich zu meinem Vater gesagt habe, wahr geworden.“ Hatte sie ihm nicht gesagt, dass der Reichtum auf die Frau und die Armut auf die Frau zurückgeht? Sie sagte: „Ich will nun ein Schloss für ihn bauen. Ich will denselben Baumeister, der das Schloss des Königs gebaut hat.“ Man brachte ihn zu ihr. „Ich will ein Schloss wie das Schloss des Königs, ich will, dass es in weniger als zwanzig Tagen fertig ist, ich will keinen Monat warten.“ Sie wollte es vollenden, bevor ihr Mann zurückkommt. Sie legten sich wahrhaftig ins Zeug, wenn ein Stockwerk fertig war, kamen gleich die Gipser und Plattenleger. Nach zwanzig Tagen übergab ihr der Baumeister das fertige Schloss. Sie richtete es ein wie das Schloss ihres Vaters, kannte sie doch die Möbel dort, genauso richtete sie ihr Schloss ein. Sie engagierte einen Wächter und stellte ihn an die Tür. Wenn einer vom Dorf vorbeikam und sagte: „He! Das ist die Frau von Aschenbrödel“, befahl sie dem Wächter: „Hol ihn her.“ Er brachte ihn herbei und es setzte Prügel, bis derjenige fragt: „Frau, was soll ich sagen?“, woraufhin der Wächter ihm sagt: „Sein Name ist nicht Aschenbrödel, sondern Ali Bey!“ „Ali Bey, Ali Bey“, das ganze Dorf redete von nichts anderem mehr. Aschenbrödel wusste nichts davon.

Kehren wir zu ihm zurück und berichten, wie es ihm weiter ergangen ist. Nachdem seine Karawane ihre Waren in Syrien verkauft hatte, machten sie sich mit neuen Waren auf den Heimweg. Am Stadtausgang fiel ihnen ein, dass sie etwas vergessen hatten, sie sagten zu Aschenbrödel: „Bleib du hier bei den Kamelen, bis wir wieder zurückkommen.“ Er blieb zurück, und — o merkwürdiger Zufall — er befand sich bei einem Schloss, beim Schloss des Königs dieser Gegend. Es war heiß, er ging unter dieses Schloss in den Schatten, blieb im Schatten stehen. Die Frau des Königs hatte eine Dienerin, die ihr wusch, die Dienerin brachte die Wäsche zum Trocknen auf das Dach des Palastes. Der kleine Sohn des Königs folgte ihr unbemerkt, schaute vom Dach herunter, bekam das Übergewicht und fiel nach unten. Aschenbrödel schaute nach oben, da kam der Junge angeflogen, er sagte: „He! Gott hat mir einen Knaben geschenkt, unser Herr hat mir einen Knaben geschenkt.“ Er breitete sein Gewand aus, der Knabe fiel hinein und blieb unversehrt. Derweil suchte die Frau des Königs nach dem Knaben „Wo ist der Junge? Wo ist der Junge?“ Sie lief hinauf auf das Dach und stritt mit der Dienerin: „Der Junge ist dir gefolgt!“ — „Nein, er ist mir nicht gefolgt.“ Sie schauten nach unten, da war er im Schoß dieses Mannes, und der spielte mit ihm. „Dieses Kind!“ Sie riefen nach dem König, der König kam, seine Soldaten gingen im Laufschritt hinunter, der königliche Wächter fragte Aschenbrödel: „Guter Mann, woher hast du diesen Knaben?“ Er antwortete: „Gott hat ihn mir gegeben, er kam von oben zu mir.“ „Guter Mann, das ist der Sohn des Königs.“ Sie nahmen Aschenbrödel mit und stellten zwei, drei von den Wächtern bei den Kamelen auf, bis seine Kameraden zurückkamen. Diese wunderten sich, dass Aschenbrödel nicht mehr da war, dachten: „Der hat bestimmt ein Verbrechen begangen. Wenn wir auf ihn warten oder nach ihm fragen, wird der König vermutlich unsere Köpfe abschneiden, machen wir uns besser aus dem Staub.“ Sie flüchteten und ließen Aschenbrödel zurück. Die Wächter erzählten dem König was geschehen war: „Das ist der Mann, der deinen Sohn rettete, der ihn au*ng.“ Darauf antwortete der: „Seid meine Zeugen, dass ich ihm meine Tochter zur Frau geben werde.“ Da holte er einen Scheich, gab Aschenbrödel seine Tochter mit Gottes Segen und schenkte ihm einen Anzug, zuvor hatte er nur abgerissene Kleidung getragen, er trug nun einen Anzug und eine Krawatte und der König verfügte: „Der soll mein Thronfolger sein.“ Der Knabe war sein einziges Kind.

Aschenbrödel ließ sich in dem Schloss nieder, zog seine Abwesenheit in die Länge, nach einem weiteren Monat sagte er zum König: „Mein Herr, ich habe Heimweh nach meinem Dorf, ich will zu meiner Frau zurück.“ Erstaunt fragte der: „Guter Mann, du bist verheiratet? Haben wir dich nicht verheiratet?“ Er erwiderte ihm: „Ich habe noch eine, ich möchte zu ihr zurückkehren.“ Er sagte zu ihm: „Es sei dir gewährt, woher bist du?“ Er antwortete ihm: „Aus Palästina, aus der Gegend von Ramallah.“ Dieser König ließ für seine Tochter dreißig Kisten Gold aufladen und gab ihr dreißig Berittene mit für ihre Reise mit Aschenbrödel. Er gab der Tochter ein Kamel mit einer Kamelsänfte und setzte jenen auf ein Pferd und sagte „Lebt wohl!“

Sie machten sich auf die Reise und kamen auf halbem Weg an den Brunnen. Aschenbrödel wusste immer noch nicht, dass der Wächter des Brunnens ein Dämon ist. Er machte sich daran hinabzusteigen, dachte bei sich: „Was weiß ich, was es damit auf sich hat, jedenfalls gab sie mir Granatäpfel.“ Seine Begleiter riefen: „Emir! Emir! Wir steigen hinunter!“ Er antwortete ihnen: „Nein, nein, nein, ich will hinuntersteigen.“ „Mann, der König schneidet uns die Köpfe ab.“ Er antwortete: „Nein, es bleibt dabei, ich will hinuntersteigen.“ Sie ließen ihn in den Brunnen hinab, er fand das Mädchen, und den Dämon wie zuvor schlafend auf ihren Knien. Sie erkannte ihn und sprach: „Guter Mann, damals, vor zwei Monaten, kamst du während er schlief, und auch dieses Mal kommst du während er schläft, wieviel anderen hat dieser Dämon doch die Köpfe abgeschnitten! Du hast großes Glück, mach schnell, tränke deine Pferde bevor er aufwacht! Sonst lässt er dich denen nachfolgen, die dahingegangen sind.“ Er tränkte die Pferde, sie fragte ihn: „Was möchtest du noch? Nimm dir nochmal zehn Stück und geh.“ Er antwortete ihr: „Nein, was tötet diesen Dämon? Ich bringe ihn um!“ Aschenbrödel spielte sich als Held auf. Sie erwiderte ihm: „Schau, es steht geschrieben, dass ihn nur sein eigenes Schwert tötet, und das Schwert ist an der Decke des Brunnens, du kannst es nicht erreichen.“ Er antwortete ihr: „Doch, ich werde es erreichen, ich lasse die Begleiter mich hochziehen, bis ich das Schwert erreiche, und dann lassen sie mich wieder hinunter, ich steige hinab und töte ihn, ich werde das ins Werk setzen.“ Er rüttelte an dem Seil und rief nach oben: „Zieht mich hoch, zieht mich hoch!“ Sie zogen ihn nach oben, bis er bei dem Schwert ankam. „Anhalten, anhalten!“ Er nahm das Schwert, entschlossen, mit Gottes Macht die Menschheit von diesem Dämon zu befreien, und ließ sich wieder hinab. Das Mädchen sagte: „Der erste Hieb muss sitzen.“ Er schlug zu — hau ruck! — trennte ihm mit einem Schlag den Kopf vom Hals. Sie stieß einen Freudentriller aus, der Dämon war tot.

Sie sagte zu ihm: „Gut, nun geh, und Gott möge deinen Weg ebnen.“ Er antwortete ihr: „Kommt nicht in Frage! Ich gehe nur, wenn ich dich mit mir nehme.“ „Guter Mann! Wie stellst du dir das vor? Ich bin eine Königstochter.“ Er erwiderte ihr: „Du gehst mit mir, ich habe oben dreißig Kisten Gold.“ Da zählte das Mädchen die Kisten des Dämons und es waren vierzig. Sie schafften die vierzig Kisten hinauf, und als er schließlich mit dem Mädchen nach oben kam, befahl er den Begleitern: „Lasst euch hier nieder, wartet auf mich. Ich will zurückgehen, vierzig Pferde bringen, und wir wollen das Gold aufladen.“ Er kehrte zu seinem Schwiegervater, dem König zurück, sagte zu ihm: „Wir brauchen vierzig Pferde.“ Er gab ihm vierzig Pferde mit vierzig Männern, um für ihn das Gold heimzubringen, sie luden das Gold auf und zogen davon. Nach ungefähr einer, zwei Wochen erreichten sie seine Heimat, er kam zu dem Ort, wo die Hütte gewesen war. „He! Wo ist das Haus von Aschenbrödel?“ Als er den Wächter nach dem Haus von Aschenbrödel fragte, ergriff ihn dieser und wollte ihn auspeitschen, um ihn zu lehren, nicht Aschenbrödel, sondern Ali Bey zu sagen. Da kam seine Frau und befahl: „Lass ihn los.“ Er trat hinter ihr ein und fragte sie: „Gute Frau, ich habe zwei Königstöchter mitgebracht, die eine hat dreißig Kisten und die andere vierzig Kisten Gold, sollen wir sie eintreten lassen oder zu ihren Familien zurückschicken?“ Sie antwortete ihm: „Nein, nein, vierzig und dreißig sind siebzig Kisten, und da sollen wir sie zurückschicken? Mein Vater hat keine siebzig Kisten Gold, bringe sie her, herzlich willkommen.“ Er führte sie hinein, sie empfing sie mit freundlicher Miene und behandelte sie in allen Ehren. Dieser Mann hatte weder Ahnung von Frauen noch vom Heiraten noch vom Hochzeiten, sie fragte ihn: „Hast du eine von ihnen zur Frau gemacht?“ Er antwortete ihr: „Nein“ — heilige Einfalt! Sie sprach zu ihm: „Komm!“ In der ersten Nacht vollzog er die Ehe mit ihr, in der zweiten Nacht sagte sie ihm: „Geh bei dieser zweiten Königstochter ein, die dritte ist dann jene.“ Er vollzog die Ehe mit den Dreien, machte die drei zu seinen Frauen. Und er lebte in tausend Annehmlichkeiten. Nachdem er früher nur ein einfaches Hemd getragen hatte, begann er nun Anzüge und feinste Wäsche zu tragen. Es ging ihm rundum gut.

Der König aber sah ein, dass seine Tochter Recht gehabt hatte und der Reichtum eines Mannes oder seine Armut von der Frau herrührt. Er stattete seine Tochter ebenfalls mit dreißig Kisten Gold aus und es wurde ein großes Hochzeitsfest gefeiert. Und dieses Fest für Aschenbrödel, der nun Ali Bey hieß, dauerte einen ganzen Monat. Und wir waren dabei und haben von ihrem Mahl gegessen, und Heil deinem Bart und ihren Bärten.

2. Die drei Söhne

Es war einmal — meine ehrwürdigen Hörer, ohne Erwähnung des Propheten wird die Rede nicht gelingen, ihm gilt unser Gebet und unsere Segenswünsche, o Gott, segne unseren Herrn Muḥammad — es war einmal ein König, der hatte drei Söhne. Dieser König liebte den jüngsten Sohn besonders. Es ist immer so, dass der jüngste Sohn von seinem Vater mehr geliebt wird. Als diese Söhne groß geworden waren, sagten sie zu ihrem kleinen Bruder: „Bruder, sag unserem Vater, dass wir heiraten wollen, er soll uns verheiraten.“ Da sagte der Kleine, während sie miteinander scherzten: „Vater, wir möchten heiraten.“ Er antwortete ihm: „Einverstanden, mein Sohn. Aber das ist ein Einfall von deinen Brüdern, nicht dein eigener Einfall. Wir wollen den Großen ausstatten und ihm sagen: ,Geh in irgendein Land‘, auf dass er sich eine Braut suche und heirate“ — immerhin war er ein Königssohn. Er gab ihm eine Satteltasche voll Gold und ein Pferd mit. Der bestieg das Pferd und sagte: „Gott sei mit mir“, wandte sich gen Osten und machte sich auf den Weg. Er reiste, um sich eine Königstochter zu suchen, er wollte nicht die Tochter von irgendeinem aus dem Volke. Er reiste, sagen wir einmal, in den Osten von Jordanien, kam dort in eine Herberge, stellte das Pferd unter, verwahrte das Gold in der Herberge und machte sich auf in die Stadt. Wie er so auf dem Weg war, sagte er: „Wahrlich, ich will mir die Haare schneiden lassen.“ Er wandte sich zu einem Friseur und ließ sich die Haare schneiden. Der Friseur hatte seinen Laden gegenüber von einem Schloss, dem Königsschloss.

Wie er da auf dem Frisierstuhl saß, schaute er auf das Schloss und entdeckte Köpfe, Köpfe von Menschen, die außen an der Brüstung aufgehängt waren, er fragte den Friseur: „Bruder, was hat es mit diesen aufgehängten Köpfen für eine Bewandtnis?“ Der antwortete ihm: „Mann, verschone uns mit diesem Thema, diese Köpfe bringen uns vielleicht in Schwierigkeiten. Zu diesem Königsschloss kommen Männer, die um die Hand der Tochter anhalten, der Königstochter. Der König sagt zu ihnen: ,Wenn sie mit dir spricht, wirst du sie heiraten, wenn sie nicht mit dir spricht, wird man am Morgen deinen Kopf abschneiden und ihn aufhängen.‘“ Er antwortete: „Bei Gott! Mein Kopf ist nicht mehr wert als diese Köpfe, wahrhaftig, ich muss um ihre Hand anhalten.“

„Mann, sag das nicht, du bist fremd hier.“ „Nein, wahrhaftig, ich muss um ihre Hand anhalten.“ Nachdem der Friseur ihm die Haare geschnitten, ihn herausgeputzt und mit Parfüm besprüht hatte, machte sich dieser Mann auf zum Schloss. Die Wächter entdeckten ihn: „Guter Mann, lass ab von deinem Tun!“ Er antwortete ihnen: „Mein Kopf ist nicht mehr wert als diese Köpfe.“ Sie brachten ihn zum König, einer sagte zu ihm: „König, der hier ist gekommen, um die Hand deiner Tochter zu erbitten.“ Er, der König, sagte zu ihm: „Unsere Forderung ist die, mein Freund, wenn sie sich mit dir unterhält, kannst du sie haben, wenn sie sich nicht mit dir unterhält, wirst du am Morgen geköpft.“ Er antwortete ihm: „Einverstanden.“ Sie gingen zu ihr. Wie er mit dem Mädchen alleine war, sprach er sie an, scherzte mit ihr, da ein Wort und dort ein Wort, damit sie endlich antwortet, sie sprach kein Wort. Am Morgen — möge euer Morgen schön sein! — nahmen sie ihn und brachten ihn zum Scharfrichter: „Schneid dem da den Kopf ab! Das Mädchen hat sich nicht mit ihm unterhalten.“

Der Scharfrichter fragte ihn: „Woher kommst du?“ Er antwortete: „Ich bin der Sohn des Königs Soundso.“ Der Scharfrichter dachte bei sich: „Großer Gott, unser König und der sind in Freundschaft verbunden, wenn sie morgen nach seinem Sohn forschen, wird er ihn von unserem König zurückfordern, dann wird er kommen und mich fragen: ,Wo ist der Junge?‘ Wahrhaftig, ich muss ihn sicher unterbringen.“ Er versteckte ihn und hängte an seiner Stelle einen anderen Kopf auf und sagte zu seinem König: „Wir haben seinen Kopf abgeschnitten.“ Der Scharfrichter teilte sein Essen mit dem Königssohn. Er ernährte ihn ein ganzes Jahr lang.

Der älteste Sohn blieb ein Jahr fort, kehrte nicht in die Heimat zu seiner Familie zurück. Nun kam der zweite an die Reihe, der zweitälteste Sohn, sein Vater sagte zu ihm: „Mein Söhnchen, ich denke mir, dein Bruder hat geheiratet, es hat ihm dort gefallen und er ist bei seinen Schwiegerleuten geblieben. Gott sei mit dir, entweder du machst es wie dein Bruder oder du kommst zu uns zurück.“ „So Gott will, Vater, kehre ich zu dir zurück.“ Er gab auch diesem zweiten ein Pferd und eine Satteltasche Gold, und der machte sich auf den Weg. Sein Weg führte ihn auf den Weg seines Bruders, auch er stellte das Pferd in die Herberge, er schaute sich prüfend um und sah das Pferd seines Bruders, sagte: „Bei Gott, mein Bruder ist in dieser Gegend.“ Er ging aus der Herbergspforte hinaus auf die Straße, sein Weg führte ihn zum Friseur, auch der zweite sagte: „Wahrhaftig, ich will mir die Haare schneiden lassen, will mir Kopf und Bart scheren lassen und mich ein wenig bei diesem Friseur ausruhen. Ich werde ihn nach den Verhältnissen im Land befragen und dann weitergehen.“ Nun, nachdem er sich die Haare hatte schneiden lassen und alles zum Besten bestellt war, schaute er sich um, sein Blick fiel auf die Köpfe, er fragte den Friseur: „Bruder, ich habe eine Frage zu diesen aufgehängten Köpfen, was hat es damit für eine Bewandtnis?“ Er antwortete ihm: „Guter Mann, wahrhaftig, vor einem Jahr kam einer, der sah dir ähnlich, ich habe ihm gesagt, er soll nicht zum Schloss des Königs gehen, denn jeder, der dessen Tochter nicht zum Sprechen bringt, wird geköpft. Er ging trotzdem — und du bist jetzt der zweite, ich gebe dir den guten Rat: Geh nicht! Wenn du zu ihr gehst und sie nicht mit dir spricht, schneiden sie dir am nächsten Morgen den Kopf ab. Such dir eine Ministertochter oder eine Generalstochter, lass die Finger von dieser Königstochter.“ Er antwortete: „Nein, bei Gott, ich muss zu ihr gehen, ich bin nicht besser als mein Bruder und diese aufgehängten Köpfe.“ Er machte sich auf den Weg und ging hin, auch diesem zweiten geschah, was seinem Bruder geschehen war, sie sprach nicht mit ihm. Sie brachten ihn zum Scharfrichter, als ihn der Scharfrichter sah, befragte er ihn, und es stellte sich heraus, dass er tatsächlich der Bruder von jenem war, Sohn desselben Königs. „Bei Gott, das ist der Bruder, was soll ich nun mit ihm machen? Ich will sie getrennt voneinander verbergen, sie getrennt halten.“ Er brachte diesen in einem Zimmer unter und jenen in einem anderen, schnitt ihm nicht den Kopf ab.

Ein Jahr verging, da ging der König zum Jüngsten, sagte zu ihm: „Mein Lieber, du bist jetzt an der Reihe, entweder gehst du und kommst wieder zurück oder du gehst und kommst nicht zurück, wie deine Brüder, offensichtlich haben sie sich verheiratet und die Gegend lieb gewonnen.“ Er antwortete ihm: „Bei Gott, mein Vater, auch wenn ich irgendwo hinter den sieben Weltmeeren ankomme, so werde ich doch, so Gott will, zu dir zurückkommen, ob ich heirate oder nicht, ich kehre auf jeden Fall zu dir zurück.“ „Gott ebne dir den Weg, mögest du heil ankommen.“ Er lud ihm Satteltaschen mit Gold auf ein Pferd, und der machte sich auf und ging den Weg seiner Brüder. Er kam in dieselbe Stadt, stellte das Pferd unter und ging zum Friseur. Nachdem ihn der Friseur unterrichtet hatte, machte er sich wie seine Brüder auf und wollte zum Königsschloss gehen. Auf dem Weg traf er mit einem Mann zusammen, der hatte eine Kiste dabei und sprach ihn an: „Mein Bruder, ich bin ein Mann völlig ohne Einkommen und möchte dir diese Kiste für zehn Lira verkaufen, ich brauche zehn Lira.“ „Guter Mann, ich will dir diese zehn Lira gerne geben, aber ich will die Kiste nicht, nimm, hier sind sogar zwanzig, aber lass mich mit der Kiste in Ruhe. Ich bin unterwegs zu einem König, soll ich da mit einer Kiste auf den Schultern ankommen?“ Der Mann jedoch bestand darauf: „Bei Gott, ich nehme die zehn Lira nur, wenn du die Kiste nimmst, wenn nicht, nehme ich sie nicht.“ Da er dem Mann helfen wollte, gab er nach: „Gib die Kiste her.“ Er ging mit der Kiste von dannen. Nachdem er außer Sichtweite war, dachte er bei sich: „Warum soll ich diese verfluchte Kiste herumtragen?“ Er warf sie zu Boden, die Kiste zerbrach und ein Vogel flog aus ihr