Parker stellt die Strumpfgesichter - Günter Dönges - E-Book

Parker stellt die Strumpfgesichter E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Warum geht es nicht endlich los, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson und kramte in der Konfektschachtel auf ihren Knien. Josuah Parker warf einen Blick auf seinen Chronometer. »Die Vorstellung dürfte in wenigen Minuten beginnen, Mylady«, versuchte er seine Herrin zu beruhigen. Die passionierte Detektivin und Butler Parker saßen in den bequemen Logensesseln eines großen Lichtspieltheaters in der City. Sie besuchten die Premiere eines von der Kritik gefeierten Kriminalfilms. Agatha Simpson, die sonst den heimischen Fernseher vorzog, hatte den Weg ins Kino nicht ohne Grund auf sich genommen: Ein anonymer Gönner hatte ihr Freikarten für die Sondervorstellung vor ausgewähltem Publikum zugeschickt. Und Freuden, die nichts kosten, ließ sich die Lady niemals entgehen. Ein elektronischer Gong ertönte. Langsam verloschen die Lichter im Saal. Auf der Leinwand flimmerte der Vorspann. Doch was dann ablief, stand nicht im Drehbuch... Schlagartig wurde es wieder schwarz auf der Leinwand. Die Musik brach ab. Wie auf Kommando wurden alle Türen gleichzeitig aufgerissen. Mit Strumpfmasken vermummte Gestalten stürmten in den finsteren Saal. Vier von ihnen hielten mit Automaticpistolen das Publikum in Schach. Vier weitere machten sich im Schein von Taschenlampen hastig daran, Brieftaschen, Uhren und Schmuck einzusammeln. »Was Kinobesitzer sich heutzutage alles einfallen lassen, um einen schwachen Film in die Schlagzeilen zu bringen«

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Der exzellente Butler Parker – 9 –

Parker stellt die Strumpfgesichter

Günter Dönges

»Warum geht es nicht endlich los, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson und kramte in der Konfektschachtel auf ihren Knien.

Josuah Parker warf einen Blick auf seinen Chronometer. »Die Vorstellung dürfte in wenigen Minuten beginnen, Mylady«, versuchte er seine Herrin zu beruhigen.

Die passionierte Detektivin und Butler Parker saßen in den bequemen Logensesseln eines großen Lichtspieltheaters in der City. Sie besuchten die Premiere eines von der Kritik gefeierten Kriminalfilms.

Agatha Simpson, die sonst den heimischen Fernseher vorzog, hatte den Weg ins Kino nicht ohne Grund auf sich genommen: Ein anonymer Gönner hatte ihr Freikarten für die Sondervorstellung vor ausgewähltem Publikum zugeschickt. Und Freuden, die nichts kosten, ließ sich die Lady niemals entgehen.

Ein elektronischer Gong ertönte. Langsam verloschen die Lichter im Saal. Auf der Leinwand flimmerte der Vorspann. Doch was dann ablief, stand nicht im Drehbuch...

Schlagartig wurde es wieder schwarz auf der Leinwand. Die Musik brach ab.

Wie auf Kommando wurden alle Türen gleichzeitig aufgerissen. Mit Strumpfmasken vermummte Gestalten stürmten in den finsteren Saal. Vier von ihnen hielten mit Automaticpistolen das Publikum in Schach. Vier weitere machten sich im Schein von Taschenlampen hastig daran, Brieftaschen, Uhren und Schmuck einzusammeln.

»Was Kinobesitzer sich heutzutage alles einfallen lassen, um einen schwachen Film in die Schlagzeilen zu bringen«, wunderte sich die Detektivin. »Der Film, an dessen Drehbuch ich arbeite, wird solche Werbemätzchen nicht nötig haben.«

»Zweifellos wird Myladys filmisches Schaffen für sich selbst sprechen«, bestätigte Parker ebenso höflich wie zweideutig. »Was die momentane Darbietung angeht, sieht meine bescheidene Wenigkeit sich hingegen mit der Frage konfrontiert, ob die Herren tatsächlich im Auftrag der Direktion handeln.«

Als Sekunden später ein Maskierter ihr den perlenbestickten Pompadour vom Handgelenk reißen wollte, war auch Lady Simpson nicht mehr bereit, das Geschehen als ausgefallenen Werbegag eines Kinobesitzers zu akzeptieren.

»Das geht zu weit!« fauchte die resolute Dame und plazierte ihre geballte Faust derart unsanft in der Magengrube des zudringlichen Räubers, daß der Mann japsend ein paar Schritte zurücktaumelte.

Zwar setzte er sofort zu einem Angriff an, doch inzwischen hatte Mylady ihre bedrohliche Körperfülle aus dem Sessel gewuchtet. Der lederne Beutel, der ihren sogenannten Glücksbringer enthielt, rotierte heftig.

Das Pech des Angreifers war es, daß er genau in die Flugbahn des Pompadours lief. Stöhnend ging der Mann in die Knie, als sich der wohlgefüllte Beutel mit der Zärtlichkeit eines Eisbrechers an sein Brustbein schmiegte.

Im ersten Moment meinte der Gangster, ein Pferd hätte ihn getreten, und dieses Gefühl war nicht mal abwegig. Handelte es sich doch bei dem genannten Glücksbringer um ein veritables Hufeisen, das Mylady aus humanitären Gründen jedoch in eine dünne Lage Schaumstoff gewickelt hatte.

Der Räuber stieß gurgelnde Laute aus, vollführte ein paar schwankende Tangoschritte rückwärts und taumelte seinem bewaffneten Komplizen in die Arme. Der wiederum war zu verblüfft, um rechtzeitig den Finger vom Abzug der Pistole zu nehmen. Ein Schuß peitschte durch den Saal. Die Kugel richtete jedoch nur Sachschaden an, als sie sich in das kunstvolle Jugendstil-Ornament der Stuckdecke bohrte.

Augenblicklich verlöschten die Taschenlampen. Die Türen klappten und wurden von außen verriegelt.

»Warum unternehmen Sie denn nichts, um die dreisten Lümmel zu stellen, Mister Parker?« beschwerte sich die Detektivin. »Muß ich denn alles allein machen?«

»Bedauerlicherweise sieht man sich nicht in der Lage, an Mylady vorbei den Gang zu erreichen, ohne Mylady der Gefahr unschicklicher Berührungen auszusetzen«, machte Parker seine Herrin auf den gewichtigen Grund aufmerksam, der ihn am Eingreifen hinderte.

Mürrisch gab Lady Agatha den Weg frei. Postwendend folgte ein Schrei, als sie in der Finsternis einem älteren Herrn auf den Fuß trat, der ebenfalls aufgestanden war. In dem Saal brach Unruhe aus. Frauen kreischten, Männer schrien wütend nach der Polizei – und nach Licht.

Der Butler hatte sich gerade zum Ausgang getastet und wollte sich der Verriegelung widmen, als unvermittelt das Licht aufflammte. Im nächsten Moment wurde die Tür von außen geöffnet.

Der Mann im Nadelstreifenanzug, der, an Parker vorbei, hereinstolperte, befand sich nicht in bester Verfassung. Sein Haar war mit Blut verklebt, sein linkes Auge geschwollen. Die unsicheren Schritte, mit denen er das Podium vor der Leinwand ansteuerte, hätten jeden Polizisten zum sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis veranlaßt.

»Meine Damen und Herren!« rief der Mann mit zitternder Stimme in die brodelnde Menge, die ihn kaum beachtete. »Bitte bewahren Sie Ruhe. Die Polizei ist bereits alarmiert.«

Nach dieser körperlichen und geistigen Anstrengung ließ er sich auf die Stufen des Podiums sinken und betastete vorsichtig die Beule, die sich an seinem Hinterkopf wölbte.

»Ich wünsche, daß Sie mich unverzüglich zu meinem Wagen geleiten, Mister Parker«, drang Agatha Simpsons baritonal gefärbtes Organ durch das aufgeregte Stimmengewirr.

»Darf man Myladys Äußerung so verstehen, daß Mylady davon absehen, in dem vorliegenden Fall ermittelnd tätig zu werden?« erkundigte sich Parker vorsichtshalber.

»Ich möchte mich empfehlen, ehe diese lästigen Schnüffelnasen hier auftauchen, Mister Parker«, bekräftigte Lady Agatha ihren Entschluß. »Ich werde meine Ermittlungen aufnehmen, wenn die Polizisten wieder Kreuzworträtsel lösen, statt die Verbrecher zu fangen.«

*

In diesem Fall war die Polizei jedoch schneller, als die Detektivin für möglich gehalten hätte. Schon auf der Treppe hetzten dem Duo aus Shepherd’s Market die ersten Beamten entgegen.

»Übermäßige Eile dürfte im Moment keine entscheidenden Vorteile mehr bieten, falls der Hinweis erlaubt ist«, spöttelte Parker, doch die Uniformierten rannten an ihm vorbei, als wären die Räuber noch im Saal.

Unbehelligt erreichten Agatha Simpson und ihr Butler den Ausgang. Gerade wollte Parker seine Herrin über die Straße zum Parkhaus geleiten, als eine schwarzglänzende Limousine mit quietschenden Reifen vor den Füßen des Paars stoppte.

Der Butler war keineswegs überrascht, als mit hochrotem Gesicht Chief-Superintendent McWarden aus der Nobelkarosse sprang. Der 55jährige Beamte galt als außerordentlich fähiger Kriminalist und leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich der Bekämpfung des organisierten Verbrechens widmete.

Wie versteinert blieb McWarden vor der gewichtigen Detektivin und ihrem stocksteifen Butler stehen. Seine ohnehin etwas vorstehenden Basedowaugen wagten sich weit aus den Höhlen. Er mußte einige Male nach Luft schnappen, ehe er den ersten Satz herausbrachte.

»Wer – wer hat Sie denn alarmiert, Mylady?« stammelte der Chief-Superintendent fassungslos.

»Das ist mein kleines Geheimnis, McWarden«, neckte Lady Agatha den Mann, der häufig in ihrem Haus zu Gast war und sich dort schon manchen wertvollen Tip geholt hatte. »Aber ich habe nicht vor, mich in die Ermittlungen einzuschalten, falls Sie das beruhigt. Diesen Fall dürfen Sie mal ohne meine Hilfe lösen.«

»Herzlichen Dank für das Entgegenkommen, Mylady«, gab McWarden beleidigt zurück. »Sie tun gerade so, als saßen bei Scotland Yard lauter Dummköpfe.«

»So habe ich es nicht gemeint, mein lieber Mister McWarden«, korrigierte Mylady in liebenswürdigem Tonfall.

McWarden, der unmittelbar dem Innenminister unterstellt war, schien sich aber dennoch angesprochen zu fühlen und setzte an diesem Punkt des kleinen Plauschs ohne Kommentar seinen Weg fort.

»Warum ist der Mann gleich eingeschnappt?« wunderte sich Agatha Simpson. »McWarden versteht keinen Spaß.«

»Soweit sich die Feststellung auf Myladys unnachahmliche Art von Späßen bezieht, dürfte ihr nicht zu widersprechen sein«, pflichtete Parker bei.

»Er muß unter einem Minderwertigkeitsgefühl leiden«, sinnierte die ältere Dame, während sie in Parkers hochbeiniges Monstrum stieg und sich in die Polster fallen ließ.

»Darf man vermuten, daß Mylady einen Minderwertigkeitskomplex zu meinen geruhen?« vergewisserte sich der Butler.

»Nichts anderes, Mister Parker«, behauptete Agatha Simpson. »Jedenfalls ist das der Grund, warum der gute McWarden sich sofort angegriffen fühlt. Wenn ich genauso wäre wie er – ich hätte bestimmt auch so einen Minder ... so einen Perplex.«

»Zu Myladys hervorstechendsten Eigenschaften gehört es, nicht im geringsten von Minderwertigkeitskomplexen angekränkelt zu sein«, stellte der Butler durchaus zutreffend fest.

»Das ist das Geheimnis meines Erfolgs, Mister Parker«, antwortete die Detektivin geschmeichelt. Sie nahm die Bemerkung einfach als Kompliment.

»Darf man möglicherweise davon ausgehen, daß Myladys Ermittlungen bereits in eine bestimmte Richtung weisen?« wechselte Parker das Thema. Er hatte inzwischen sein schwarzes, eckiges Gefährt aus dem Parkhaus gelenkt und fädelte sich in den abendlichen Cityverkehr ein.

»Natürlich habe ich einen konkreten Verdacht«, behauptete Lady Agatha postwendend. »Doch davon später, Mister Parker. Ehe ich mich konkret äußere, möchte ich mein taktisches Konzept bis in die Feinheiten ausarbeiten.«

»Ein gewiß verständlicher Wunsch, Mylady«, bestätigte der Butler höflich, während er das heimische Shepherd’s Market ansteuerte. »Vermutlich haben Mylady aber bereits konkrete Schritte erwogen?«

»Morgen früh werde ich zu den Vernehmungen schreiten«, kündigte die resolute Dame an. »Heute abend muß ich unbedingt noch ein Stündchen an meinem Drehbuch arbeiten. Und eine kleine Meditation habe ich mir auch vorgenommen. Ganz zu schweigen von dem schon erwähnten taktischen Konzept, das der Vollendung harrt. Sie sehen, ich bin ausgelastet, Mister Parker.«

»Bisweilen scheinen Myladys Leistungen ans Übermenschliche zu grenzen«, ergänzte der Butler und hatte dabei vor allem gewisse Fähigkeiten im Sinn, die seine Herrin bei ihrer Diät offenbarte.

Kurz darauf ließ Parker sein hochbeiniges Monstrum in die stille Seitenstraße rollen, an der Agatha Simpson ein zweistöckiges Fachwerkgebäude repräsentativen Zuschnitts bewohnte. Inmitten des hektischen Getriebes der Millionenstadt an der Themse bildete das Areal im Stadtviertel Shepherd’s Market eine liebenswerte Oase der Ruhe.

»Und bringen Sie mir noch ein kleines Stärkungsmittel, Mister Parker«, wünschte Lady Agatha, ehe sie über die geschwungene Freitreppe ins Obergeschoß entschwand. »Die ständigen Londoner Wetterumschwünge richten meinen sensiblen Kreislauf noch zugrunde.«

Parker trug eine Flasche mit erlesenem altem Kognak hinauf und zog sich mit höflicher Verbeugung zurück.

Als Minuten später in Myladys Studio die ersten Schüsse fielen, wußte er sofort, daß seine Herrin zu den gestapelten Videokassetten gegriffen hatte, mit denen er sie täglich versorgen mußte.

Fiel die Abendgestaltung nun unter die Rubrik »Arbeit am Drehbuch«, oder handelte es sich eher um Myladys spezielle Methode von Meditation? Hoffte sie vielleicht, dem Kriminalstreifen Anregungen für ihr taktisches Konzept entnehmen zu können?

Der Butler hatte sich derlei Fragen seit Jahren abgewöhnt. Ihn beschäftigten andere Gedanken, als er würdevollen Schrittes die Küche ansteuerte, um Vorbereitungen für das Frühstück zu treffen.

*

Die Zeiger der pompösen Standuhr in Myladys weitläufiger Wohnhalle rückten auf Mitternacht zu, als Parker die Küche verließ, um noch einen Kontrollgang durchs Haus zu unternehmen. Der Fernseher im Obergeschoß war verstummt. Nur Schnarchgeräusche, die ab und zu die Stille durchbrachen, zeugten von der Anwesenheit der Hausherrin.

Gerade wollte der Butler seine privaten Räume im Souterrain ansteuern, als das Telefon in der Diele schrillte.

»Hier bei Lady Simpson.«

»Mister Parker? Gut, daß ich Sie noch erreiche.« McWardens Stimme klang nervös und abgespannt. »Ich bin eben erst aus diesem verdammten Kino in mein Büro zurückgekehrt.«

»Darf man fragen, ob ihre Ermittlungen vor Ort erfolgversprechend verlaufen sind, Sir?«

»Im Gegenteil, Mister Parker«, gestand der Chief-Superintendent kleinlaut. »Dabei ist das schon der vierte Fall innerhalb weniger Wochen.«

»Kann und muß man Ihre Äußerung so verstehen, daß es sich um eine Serie von Überfällen handelt, für die ein und derselbe Täterkreis in Frage kommt, Sir?«

»Die Vermutung liegt auf der Hand«, bestätigte McWarden und nannte drei Lichtspieltheater, die in den letzten Wochen auf ähnliche Weise heimgesucht worden waren. »Aber bisher gibt es nicht mal eine heiße Spur. Wir können nun rätseln, welches Kino demnächst an die Reihe kommt. Ich dachte, Sie wären vielleicht schon ein Stück weiter, Mister Parker.«

»Darf man erfahren, worauf Sie diese Annahme gründen, Sir?«

»Mir können Sie nichts vormachen, Mister Parker«, schlug der Chief-Superintendent einen vertraulichen Ton an. »Sie ermitteln doch auch in der Sache. Ihrer Herrin glaube ich kein Wort.«

»Meiner Wenigkeit steht es nicht zu, Myladys Äußerungen auch nur im geringsten anzuzweifeln oder zu korrigieren, Sir.«

»Zum Teufel mit Ihrer verdammten Höflichkeit!« McWarden schien gereizt. »Vielleicht wollen Sie auch noch behaupten, Sie wären zufällig am Tatort gewesen?«

»Genauso verhält es sich, Sir«, versicherte Parker würdevoll und gemessen. »Mylady nahm lediglich eine Einladung zur Premiere des vielgerühmten Filmes wahr, falls der Hinweis erlaubt ist.«

»Das können Sie Ihrer Großmutter erzählen«, schrie McWarden ins Telefon. Mit seiner Beherrschung war es vorbei. »Zumindest haben Sie den Polizeifunk abgehört. Und das ist verboten.«

»Ein Umstand, der meiner Wenigkeit durchaus geläufig ist, Sir«, entgegnete der Butler in seiner unbeirrbaren Höflichkeit.

»Wir sprechen uns noch«, fauchte der Yard-Beamte. »Auf den Arm nehmen kann ich mich selbst.«

»Eine solche Leistung würde selbst durchtrainierten Sportlern uneingeschränkten Respekt abnötigen, Sir«, bemerkte Parker, doch McWarden war nicht zu Scherzen aufgelegt. Er stieß kaum verständliche Laute aus, ehe er den Hörer in die Gabel knallte.

*

»Mylady erhoffen sich von der Vernehmung des Kinobesitzers gewisse Hinweise auf die Identität der Räuber?« erkundigte sich Parker. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und chauffierte Agatha Simpson zu dem Kino in der Innenstadt, das sie am Abend zuvor besucht hatten.

»Der Mann nimmt eine wichtige Schlüsselstellung in meinem Ermittlungskonzept ein«, nickte die Detektivin. »Er wurde von den Ganoven niedergeschlagen. Also muß er sie aus der Nähe gesehen haben. Können Sie mir folgen, Mister Parker?«

»Myladys Gedankengänge sind von einer bestechenden Klarheit, falls die Anmerkung erlaubt ist«, ließ der Butler sich vernehmen. »Vermutlich haben Mylady auch bedacht, daß die Herren Räuber maskiert waren.«

»Selbstverständlich habe ich das bedacht, Mister Parker«, schwindelte Agatha Simpson geistesgegenwärtig. »Aber immerhin hat der Kinobesitzer die Lümmel im Hellen gesehen, während es im Saal stockdunkel war.«

»Auch bei Licht dürfte es kaum möglich sein, ein Gesicht hinter einer Strumpfmaske zu erkennen«, gab Parker zu bedenken.

»Wenn Sie gestern einen der dreisten Lümmel gestellt hätten, Mister Parker, hätte ich diesen ermittlungstechnischen Umweg über den Kinobesitzer nicht nötig«, konterte die Detektivin. »Ein kurzes Verhör, und der Bursche hätte mir alles über seinen Auftraggeber verraten.«

»Myladys Vernehmungsmethoden sind in der Tat ohne Beispiel«, erklärte Parker mit einer angedeuteten Verbeugung. Er wollte seine Herrin nicht noch mal darauf hinweisen, wer ihn gehindert hatte, sich einen der Ganoven zu schnappen.

Zu dieser Vormittagsstunde herrschte wenig Verkehr in der City. Parker fand sogar einen Parkplatz unmittelbar vor dem Kino. Gemächlich ließ er sein schwarzes, eckiges Gefährt ausrollen und half seiner Herrin beim Aussteigen.