Peace, Love & Om - Katja Wolf - E-Book

Peace, Love & Om E-Book

Katja Wolf

4,0

Beschreibung

»Peace, Love and Om« erzählt von Menschen, die sich getraut haben, ihren festen Wohnsitz aufzugeben, um unterwegs zu Hause zu sein. Da gibt es den 50-jährigen trockenen Alkoholiker, der durch das Vanlife neuen Lebensmut schöpft, den jungen Mann, der nach einer Trennung durch die Welt reist und Kindern Handballtraining gibt, oder die 25-jährige Studentin, die gemeinsam mit ihrem Esel reist. Inspirierende Geschichten, die ans Herz gehen und Mut machen.

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Katja Wolf & Florian Schörner

PEACELOVE& OM

InspirierendeGeschichtenvon Menschen,die den Aussteigertraumleben

Bildnachweis: Lotta Lubkoll, Rolf Grotegut, Viktoria Schmidt, Lucien Lemke, Cornelia Haufe, Josephin Hoppe, Jason Sante, Benjamin Beiersdorf, Michaela Schmitt, Marie Schuldes, Viktoria Schmidt, Verena Pätzold, Victoria Lommatzsch, Sören Bente, Lisa Rudolph, Bastian Siebert, Philipp-Alexander Schubert, Diana Knigge, Miriam Sanmukri, Sarah Gerber, Finn Petersen, Martin Berger, Pernilla Kannapinn, Sandra Lanfranco, Lisa und Benjamin Gutschke, Tobias Hluchnik, Imke Liebau, Kerstin Thiel, Christoph Polder, Max Dreher, Nadine Hexels, Achim Geiselhart, Alexander Oettl, Tereza Rychtaříková, Davide Bertoli, Daniel Schneiders, Katja Wolf

Originalausgabe

1. Auflage 2022

Verlag Komplett-Media GmbH

2022, München

www.komplett-media.de

ISBN: 978-3-8312-0602-5eISBN 978-3-8312-7115-3

Auch als E-Book erhältlich

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Lektorat: Redaktionsbüro Diana Napolitano, Augsburg

Korrektorat: Katharina Theml, Büro Z, Wiesbaden

Umschlaggestaltung: Favorit Büro, München

Layout: Favorit Büro, München

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

Druck & Bindung: Impress GmbH, Mönchengladbach

Gedruckt in der EU

Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrecht zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.

Inhalt

Vorwort Katja

Vorwort Florian

Mit dem Esel durch Europa

Krebs als Chance

Was ist Heimat?

Der Weg zu dir beginnt bei dir selbst

Vom großen Haus in den lila Lastwagen

Unterwegs mit dem Kultobjekt

Raus aus der Sucht, rein ins Leben

Mit dem Rettungswagen aus der Depression

Von Alaska bis Feuerland

Chancen ergreifen, Grenzen überwinden

Halt bekommst du, wenn du alles loslässt

Familienleben auf kleinstem Raum

Im »Mädchen-Auto« zur neuen Berufung

Seit 25 Jahren mobil

Vom sicheren Lehrerjob ins unsichere Vanlife

Dem Liebeskummer davongefahren

Die Müllkünstler aus Portugal

Eso-Tante mit Ghettofaust

Wenn die Auszeit niemals endet

Weltreise im Gedenken an die große Liebe

Prinzessin on tour

Mit dem Rollstuhl durch die Welt

Über alle Ängste hinweg

Plötzlich verliebt

Scheidung – die Chance auf ein neues Leben

Den Stress einfach abgeschafft

Reise ins Ungewisse

Hinter der Maske liegt das wahre Ich

Alles begann mit einem Kassensturz

Der härteste Kampf seines Lebens

Eine Reise, die wieder zusammenführte

Vom Luxusleben zurück zur Einfachheit

Auf Pferdekutschen immer Richtung Osten

Links zu den Vanlifern

»Eines Tageswirst du aufwachenund keine Zeit mehrhaben für die Dinge,die du immer wolltest.Tu sie jetzt!«

PAULO COELHO

Vorwort Katja

Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir 2017 ausmalen können, dass du heute ein Buch über meine Arbeit in den Händen hältst.

Die letzten fünf Jahre waren eine unglaublich intensive Zeit für mich. Und doch fing alles sehr trostlos an. Mobbing, Burn-out und die absolute Überforderung, als alleinerziehende Mutter finanziell irgendwie auf die Beine oder zumindest über die Runden zu kommen.

Nach fünf Jahren Fernseh-Business ertrug ich diese immer gleichen trashigen Formate im privaten TV nicht mehr und verließ die Firma, ohne genau zu wissen, wie es weitergehen sollte. Ich wollte endlich ein selbstbestimmtes und nachhaltiges Leben führen und Inspiration erfahren und verbreiten. Der erste Schritt in diese Richtung war mein YouTube-Kanal »Peace Love & Om«, mit dem ich 2017 startete. Auf diesem Kanal verbinde ich die Themen Vanlife, Reisen und Nachhaltigkeit und porträtiere Menschen, denen es ähnlich geht wie mir. Menschen, die mehr aus ihrem Leben machen wollen, als 40 Jahre lang 40 Stunden die Woche im ewig gleichen Trott dahinzufristen. Diese Entscheidung zu treffen und auf mein Bauchgefühl zu hören waren ein entscheidender Wendepunkt in meinem Leben, nach dem sich alles zum Guten wendete.

Aber wie kam es genau dazu? Mit dem Vanlife-Lifestyle hatte ich schon etwas Erfahrung. Unser VW T3 »Hilde« war fünf Jahre unsere treue Begleiterin beim »Ausreißen«. Wobei, so treu war sie nicht immer. Das letzte Bild einer jeden Urlaubsreise war »Hilde auf dem ADAC-Abschlepper«. Gefühlt zumindest. Deswegen kauften wir uns irgendwann auch aus Platzgründen ein klassisches Wohnmobil.

Im Sommer 2017 waren meine neunjährige Tochter und ich sechs Wochen unterwegs, die ganzen Sommerferien quasi. Wir entdeckten Tarifa, den südlichsten Zipfel des spanischen Festlands. Dort sollte sich mein Leben für immer verändern. Am Strand von Valdevaqueros standen unzählige Camper. Manche Menschen lebten fest darin, andere waren nur zum Urlaubmachen da. Es war spannend zu sehen, wie viele unterschiedliche Charaktere sich an diesem einen Ort zusammenfanden. Einige hatten ihr eigenes Online-Business, für das sie keinen festen Wohnsitz brauchten, andere hatten Gelegenheitsjobs, und wieder andere gaben Unterricht im Kitesurfen oder Yoga. Aber alle hatten eines gemeinsam: Sie waren glücklich. Zumindest schien es so. Mich packte diese Energie, und ich wollte unbedingt auch anderen Menschen zeigen, wie es ist, so zu leben. Die ganze Welt sollte sehen, dass wir nicht 40 Stunden jede Woche arbeiten und eine überteuerte Wohnung oder ein Haus besitzen müssen, in dem wir kaum sind, weil wir arbeiten müssen, um es zu bezahlen. Es geht auch anders: kleiner und langsamer. Man kann auch mit weniger glücklich sein.

Ich interviewte Davide aus Italien und stellte das Video online. Das Feedback war überwältigend und zeigte mir, dass ich nicht allein war mit meinen Gedanken. Seitdem habe ich wundervolle und inspirierende Menschen kennengelernt und ihre Geschichten auf YouTube veröffentlicht. Einen kleinen Teil davon findest du hier auf den kommenden Seiten. Der QR-Code zu jeder Geschichte bringt dich direkt zum Video auf meinem Kanal.

Wenn du dein Leben in eine andere Richtung lenken, neue Sachen erleben und dich auf die Suche nach dir selbst begeben möchtest, kann ich dir nur einen Tipp geben:

Think outside the box!

Überlege, wie wichtig dir »vermeintliche« Sicherheit ist. Für sein Alter vorsorgen geht auch, ohne ins deutsche Rentensystem eingezahlt zu haben. Es gibt mehr als nur einen Weg. Finde den, der sich für dich stimmig und authentisch anfühlt.

Und dann: Go for it!

Vanlife ist natürlich kein Allheilmittel gegen Burn-out, und es macht dich auch nicht automatisch glücklicher, aber es gibt dir die Chance, dein Leben noch mal neu zu betrachten und deine Prioritäten neu zu ordnen. Und vielleicht gibt es dir einen Schubser in die richtige Richtung.

Geld ist natürlich wichtig, um sich seine Träume und sein Leben zu finanzieren. Aber am Ende deines Lebens kannst du nichts davon mitnehmen. Deine Seele jedoch wird voller Erfahrungen und schöner Erinnerungen sein.

Ich wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen und Sammeln von Inspiration.

Vorwort Florian

Einer der Menschen, die wir in diesem Buch porträtieren, hat die Karriereleiter als Hamsterrad bezeichnet. Eine zutiefst erschreckende Beschreibung, da sie bedauerlicherweise oft zutrifft.

Viele von uns sind tatsächlich in diesem Hamsterrad gefangen. Wir strampeln immer weiter, um ein unklares Ziel zu erreichen, und kommen doch nicht voran. Es gibt viele Hoffnungen und Versprechungen, die uns in diesem ewigen Kreislauf halten. Mehr Geld, aber wir haben keine Zeit, um es sinnvoll zu nutzen. Eine größere und noch teurere Wohnung, die meistens leer steht, weil wir mehr Zeit bei der Arbeit als zu Hause verbringen. Der neue High-End-Fernseher, der uns den ganzen Abend über berieselt, weil wir eine Ablenkung vom stressigen Alltag benötigen. Was es auch ist: Es kann die Zeit nicht aufwiegen, die wir dafür verbrauchen.

Es klingt so leicht, einfach aus diesem Hamsterrad auszusteigen, etwas Neues zu erfahren und die eigenen Wünsche zu verwirklichen. Es erfordert aber viel Mut, die vermeintliche Sicherheit aufzugeben. In diesem Buch porträtieren wir Menschen, die den Aussteigertraum gewagt und neue Wege gefunden haben. Um dein Leben glücklicher und erfüllter zu gestalten, musst du aber nicht gleich alle Zelte abbrechen und ins Vanlife starten. Meist reichen kleinere Veränderungen. Die Geschichten sollen dir einen Ansporn geben, dass du diese Veränderungen angehst und dir etwas zutraust. Denn: Auch die Menschen in diesem Buch hatten zuerst Ängste und Bedenken, bevor sie den Schritt in ein neues Leben gemacht haben.

Inzwischen sind sie alle bei einem nachhaltigeren und bewussteren Lebensstil angekommen. Das ist nicht nur im ökologischen und sozialen Sinne gemeint, sie achten auch besser auf sich selbst. Durch die neu gewonnene Freiheit der Gedanken schätzen sie Kleinigkeiten wieder mehr. Wann hast du das letzte Mal einer Biene zugesehen, wie sie von Blüte zu Blüte fliegt? Das ist ein Bild voll Ruhe und Harmonie. Und gleichzeitig strahlt es große Energie aus. In unserer Welt der Dauerbeschallung zwischen Arbeit, Handy und der nächsten Netflix-Serie übersehen wird diese kleinen Wunder der Natur, die uns so viel Frieden und Kraft geben können.

In unserer Gesellschaft bekommen wir mit einem Tastendruck fast alles. Das Geschirr wird gewaschen. Die Bestellung im Internet ist am nächsten Tag da. Aber wie schön ist es, sich dieser vollkommenen Ruhe hinzugeben und zum Beispiel mal wieder etwas mit den eigenen Händen herzustellen. Wenn dieses Buch fertig ist, werden meine Lebenspartnerin und ich einen Van umbauen. Es wird kein Vollausbau, wie in diesem Buch beschrieben. Aber es reicht, um Ausflüge und kleinere Reisen zu machen. Es gibt uns die Möglichkeit, für kurze Zeit aus dem Alltag aussteigen zu können, wann immer wir es wollen.

Es sind die Menschen, die mich überzeugt haben, diesen lang gehegten Wunsch umzusetzen. Es ist die junge Frau, die mit ihrem Esel reist. Der Mann mit der Krebserkrankung, der seit der Diagnose ganz neue Wege geht. Menschen, die Alkoholsucht und Depression besiegt haben. Und die älteren Paare, die nicht bis zur Rente warten, sondern jetzt etwas erleben wollen.

Es sind Geschichten, die dazu inspirieren, aus dem Hamsterrad auszusteigen und sofort loszufahren. Und wenn du das machen willst, dann mach es! Nur du selbst kannst dich neu erfinden!

Mit dem Esel durch Europa

Manchmal ist dereinzige Weg, normal zubleiben, ein bisschenverrückt zu werden.

Das Leben im Auto ist so vielseitig wie das Leben selbst. Es gibt Konstellationen, die du wahrscheinlich kennst oder dir zumindest denken kannst. Menschen, die allein auf der Suche nach sich selbst durch die Welt reisen. Ebenso abenteuerlustige Paare, die sich an malerischen Küsten in Portugal fotografieren. Oder Familien mit Kindern, die in einem engen Wohnmobil am Mittelmeer das Homeschooling meistern. Das Vanlife besteht aber auch aus überraschenden und äußerst ungewöhnlichen Zusammenstellungen, die du vermutlich nicht erwartest oder für möglich hältst.

Dazu gehört die Geschichte der lebenslustigen Lotta, die ihre eigene, unkonventionelle Richtung einschlägt. Sie hat ihre langen, blonden Haare zu zwei Zöpfen geflochten und ein einnehmend fröhliches Lachen. Herrlich unverbaut, sehr findig und kreativ. Ihr Begleiter ist kein Mensch oder Hund, wie bei vielen anderen Aussteigern, sondern ein Esel. Jonny mit seinen großen, langen Ohren, der singt wie ein jammerndes Kind. Neugierig, frech und wahnsinnig kuschelig. Er verhält sich oft wie ein Mensch und will überall dabei sein. Zusammen mit ihrem verschmusten Langohr im Schlepptau wirkt Lotta, als wäre sie den Astrid-Lindgren-Geschichten über Pippi Langstrumpf entsprungen.

So kurios diese Geschichte bisher klingt, sie hat einen traurigen Hintergrund. Lotta erlebte einen erschütternden Schicksalsschlag, der ihr eine lehrreiche Botschaft mit auf den Weg gab. Sie war 22 Jahre alt. Ihr Leben verlief glücklich. Doch plötzlich wurde sie aus dieser heilen Welt gerissen, und von heute auf morgen änderte sich alles. Ihr Vater wurde schwer krank. Magenkrebs. Unheilbar. Den beiden blieb nicht mehr viel gemeinsame Zeit. Gerade einmal sechs Monate. Sie verbrachte jede freie Minute mit ihm. Sein Lächeln noch mal sehen, seine Stimme hören und die Berührung seiner Hände spüren.

»Ich habe die Zeit mit meinem Papa plötzlich sehr geschätzt, jede Minute so gut es ging genossen und mich um ihn gekümmert, bis er gestorben ist.« Es war ein emotionales halbes Jahr, aber auch eine lehrreiches. So nah mit dem Tod konfrontiert, stellte sich Lotta die Frage nach dem Sinn des Lebens. Ihr wurde bewusst, dass das Leben endlich ist und schnell vorbei sein kann. »Ich bin nicht ewig da«, sagte sie sich damals und zog aus diesem Satz eine wichtige Botschaft: Wir müssen unsere Träume verwirklichen, bevor es zu spät ist!

Auch ihr Vater hatte immer eine große Sehnsucht gehabt. Schon als sie ein kleines Kind war, hatte er mit strahlenden Augen davon erzählt: Wenn er in Rente gehe, würde er mit einem Zirkuswagen und einem Traktor ums Mittelmeer fahren. Doch sein Traum blieb unerfüllt. Aber sie, Lotta, sie konnte ihren eigenen Wunsch noch ausleben. Sie nämlich träumte davon, mit einem Esel wandern zu gehen. Ja, das klang verrückt. Aber das war doch im Endeffekt egal. Es war das, was ihr Herz wollte.

»Wenn es mir wirklich wichtig ist, dann sollte ich es vielleicht doch besser jetzt machen. Jetzt oder nie!«, dachte sie sich damals. Ihr Herzenswunsch begleitete sie bereits, seit sie mit etwa zehn Jahren den Film »Shrek« gesehen hatte. Der heimliche Star der computeranimierten Komödie ist ein Esel – liebenswert, wahnsinnig lustig und ein Plappermaul. Sie fand ihn süß, und zugleich tat er ihr leid, weil er von den anderen nie so richtig ernst genommen wurde. Noch heute ist ihr die riesige Begeisterung über das tollkühne Langohr anzusehen.

Sie hatte sich also entschieden: Lotta mit den langen Zöpfen suchte einen felligen Seelenverwandten, um mit ihm eine lange Wanderung immer Richtung Süden über die Alpen zu machen – ihr heimliches Traumziel war das Meer. Alles, was sie dafür benötigte, war ein bisschen Mut.

»Das Schwerste ist, einmal dieses Ding ins Rollen zu bringen. Aber wenn ich den ersten Schritt in eine Richtung gemacht habe zu dem, was ich wirklich machen will, dann kommt meistens das eine zum anderen.«

Aber wie findet man eigentlich einen Esel? Lotta versuchte es über eBay Kleinanzeigen und wurde tatsächlich bei Berlin fündig. Dort angekommen, stellte sich jedoch heraus, dass das Tier zu jung war, um Gepäck während einer Wanderung zu tragen. Bevor sie zurückfuhr, durchstöberte sie zusammen mit der Familie des jungen Esels erneut die Anzeigen und stieß zufällig auf den grau-weißen Jonny. Als sie das Foto von ihm sah, spürte sie sofort ein Kribbeln im Bauch. Sie konnte nicht warten, wollte gleich zu ihm und fuhr aufgewühlt los.

Als sie ihn auf seiner Weide erblickte, war es Liebe auf den ersten Blick. Sie wusste, dass diese Begegnung der Wendepunkt in ihrem Leben sein würde. Von der ersten Sekunde an war ein Band zwischen ihnen. Er ging treuherzig mit ihr mit, sie durfte ihn knuddeln und mit ihm kuscheln. Er freute sich offenbar, dass sie sich intensiv mit ihm beschäftigte, und das machte wiederum Lotta glücklich. Es war ein warmherziges Kennenlernen, und schon eine Woche später war der Esel bei ihr am Starnberger See.

Vorab hatte sie über das Online-Portal zusätzlich nach einem Stall gesucht – mit einer etwas seltsam klingenden Anzeige: »Suche Unterstellplatz für meinen Esel, den ich mir noch kaufen werde.« Weil sie in München lebte, benötigte sie einen geeigneten Platz auf dem Land. Sie fand aber nicht nur einen Stall, in dem Jonny bis heute mit acht Artgenossen lebt, sondern erhielt auch noch wertvolle Hilfe der vielen Eselbesitzer. Sie gaben ihr Tipps zum Kauf und richtigen Alter, zur Statur, Gesundheit und Haltung. Lotta hatte zwar als Kind auf Pferden voltigiert, mit Eseln kannte sie sich aber nicht aus. Um bestmöglich auf ihre neue Verantwortung vorbereitet zu sein, eignete sie sich alles Weitere durch Lehrbücher an.

Nach der Theorie folgte die Praxis. Acht Monate lang unternahmen die beiden zusammen kleinere Wandertouren, um das gegenseitige Vertrauen aufzubauen und den Esel ans Gepäck zu gewöhnen. Für Lotta war klar, dass Jonny ein gleichwertiger Begleiter werden sollte und kein gewöhnlicher Packesel, der ihre Sachen tragen muss. Esel können bis zu 20 Prozent ihres eigenen Körpergewichts tragen, ohne dass sie später Probleme mit dem Rücken bekommen. »Dann dachte ich mir: Damit es fair ist, trage ich auch 20 Prozent meines Körpergewichts.«

Nach der Eingewöhnungszeit war es endlich so weit: Die 25-jährige Lotta kündigte ihren Job und zog mit dem 16-jährigen Jonny los. Von München aus ging es über die Alpen bis nach Italien ans Mittelmeer. Und das lief sehr, wirklich sehr gemächlich ab. Mit einem Esel kommt man nicht schnell von A nach B, das ist einfach nicht möglich. Jonny trottete gemütlich vor sich hin, futterte hie und da ein bisschen Gras und ließ sich von anderen Tieren oder Autos ablenken. Dadurch waren sie nur halb so schnell, wie Lotta eigentlich hätte sein können. Sie wusste nie, wie weit sie an einem Tag kommen würden. Mit einem Auto sind zehn Kilometer ruckzuck zurückgelegt, für die beiden war es eine komplette Tagestour – die perfekte Entschleunigung.

Für die temperamentvolle Lotta ging es diesmal nicht um Tempo, sie wollte langsam und minimalistisch leben und die Zeit mit ihrem Esel genießen. Drei Monate hatte sie eingeplant, um an ihr Ziel zu kommen. Am Ende benötigten die beiden exakt 80 Tage für die 600 Kilometer.

Der Weg ans Mittelmeer war für Lotta auch eine Reise in ihr Inneres, um den Tod ihres Vaters zu verarbeiten. Sie konnte allein sein und weinen, die Trauer zu- und loslassen. Außerdem spürte sie wieder eine starke Energie und Freude, wenn sie mit Jonny auf einer Wiese in der Sonne saß und ihr Blick über die weite Landschaft schweifte. Ihr Vater hatte sein eigenes Abenteuer nicht mehr erleben dürfen, auf ihrer Reise war er aber auf besondere Weise dabei. Lotta glaubt, dass er als schützende Energie, eine Art Schutzengel über sie und ihren tierischen Freund wacht.

Kurz vor dem Ziel kam es zu einem sonderbaren Moment. Einer Situation, die sich jeder Logik entzieht. Einem wundersamen Treffen, das ihr viel Kraft für die Zukunft geben sollte. Sie war nur noch ein paar hundert Meter vom Meer entfernt, als plötzlich an einem Feldweg ein Mann mit seinem Auto neben ihr stehen blieb. Er ging vorsichtig, ohne ein Wort zu sagen, auf sie zu und nahm sie in den Arm. Lotta ließ es einfach zu, weil sie tief in sich das Gefühl hatte, dass es richtig war. Dennoch war es auch eine verwirrende Erfahrung. Sie standen Arm in Arm am Wegesrand, während Jonny daneben graste. Nach einiger Zeit drehte sich der Unbekannte wieder um, stieg ins Auto und fuhr davon. Lotta ging noch immer etwas verwirrt weiter, als ihr plötzlich die Tränen in die Augen schossen. Jetzt spürte sie es ganz fest: Es hatte sich angefühlt wie damals, als ihr Vater sie als Kind umarmt hatte.

»Was auch immer diese Begegnung war, ich möchte glauben, dass mein Papa diese Umarmung geschickt hat, weil ich meinen Traum wahr gemacht habe und wir nun tatsächlich am Meer angekommen sind.«

Durch den Tod ihres Vaters hatte Lotta zudem eine panische Angst vor der Dunkelheit entwickelt. Zu Hause in ihrer Wohnung traute sie sich nachts nicht einmal mehr, durch den dunklen Gang ins Bad zu gehen. Auf der Reise musste sie sich dieser Furcht nun endgültig stellen, und Jonny wurde in diesen Momenten zur großen Stütze. Meistens durften die beiden auf dem Feld eines Bauern schlafen. Lotta hatte einen Zaun dabei, mit dem sie für Jonny eine kleine Weide absteckte. Sie selbst lag allein im Zelt, während die unheimliche Dämmerung anbrach. Doch als die Panik gerade wieder in ihr aufsteigen wollte, hörte sie draußen ihren Esel seelenruhig Gras und Heu mampfen. Das beruhigte sie, und mit jedem Tag schlief sie besser.

Lottas und Jonnys Geschichte wärmt das Herz. So erging es auch vielen Menschen auf ihrer Reise, denn das ungewöhnliche Paar fiel natürlich auf und wurde schnell zum Gesprächsstoff. Zügig verbreitete sich die Nachricht, dass eine junge Deutsche mit einem Esel ans Mittelmeer wanderte. Sogar regionale Zeitungen in Italien berichteten über dieses Ereignis. In allen Städten und Dörfern wurde sie begeistert empfangen. Das Universum belohnte ihren mutigen Entschluss, und alles fügte sich zum Guten. Die Menschen brachten ihnen Eis, Äpfel und frisch gebackenen Kuchen, nur um ihren struppigen Gefährten streicheln oder ein Foto mit ihm machen zu dürfen.

Lotta musste allerdings auch den ein oder anderen kniffligen Moment meistern, auf den sie gern verzichtet hätte. Geduld war vor der Reise eigentlich nicht ihre Stärke. Doch Jonny ließ ihr keine Wahl, und sie musste lernen, die Dinge einfach laufen zu lassen. Ihr Esel konnte nämlich ganz schön stur sein. Schon am zweiten Tag wollte das eigenwillige Kerlchen nicht mehr weiterlaufen. Die beiden wurden von zwei Freunden und deren Eseln auf den ersten Kilometern begleitet. Als diese umdrehten und nach Hause gingen, blieb Jonny stehen und bewegte sich keinen Zentimeter mehr weiter. Er verstand nicht, warum sich die Gruppe aufteilte, und blickte Lotta verständnislos an. Als seine Gefährtin vorsichtig am Führstrick zog, stemmte er die Vorderbeine in den Boden. Es war nichts zu machen. Immer wieder musste sie ihm gut zureden, bis er endlich zwar ein paar zögerliche Schritte machte, sie aber viel zu langsam vorankamen.

Am Ende des Tages, nach etwa fünf bis sechs Stunden, waren die beiden gerade einmal fünf Kilometer weit gekommen. Lotta war ernüchtert, verzweifelt und sauer. »Dafür habe ich jetzt meinen Job gekündigt? Na toll«, schimpfte sie damals. War das wirklich die ganze Mühe wert?

Aber schon am nächsten Tag war alles wieder in Ordnung, und der Esel wanderte stillschweigend weiter, als wäre nie etwas gewesen. Bei dieser Szene denken wir alle wohl gleich, dass das eben typisch für einen sturen Esel sei. Doch Lotta hält nichts von diesem Vorurteil. Sie ist sich sicher, dass diese Tiere viel mehr können, als jeder denkt. Ihr Jonny sei weder stur noch dumm, er habe einfach seinen eigenen Kopf. »Er bleibt nicht stehen, weil er mich ärgern möchte, sondern weil er gerade Angst oder Respekt vor irgendetwas hat. Oder weil ein Hase über ein Feld läuft und er sich das anschauen möchte.« Inzwischen vertraut ihr der Esel blind und folgt ihr arglos über jedes Hindernis.

Wenn man die beiden zusammen sieht, erkennt man sofort das starke Band zwischen ihnen. Lotta geht zärtlich mit Jonny um und spricht ihn liebevoll mit »du Maus« an. Der Esel ist äußerst neugierig und manchmal frech – auf eine liebevolle, neckische Art. Wenn Lotta eine Kiste ausräumt, steckt er seine Nase tief hinein, um genau zuzuschauen. »Deswegen nehme ich ihn so gern mit. Ich habe das Gefühl, er ist wirklich gern dabei. Er ist neugierig, er will überall dabei sein und alles wissen.«

Seine Neugier macht auch vor fremden Häusern nicht halt. Als Lotta von einer Familie zum Frühstück eingeladen worden war, klopfte es an der Terrassentür. Es war ihr putziger Begleiter, der seine Nase gegen die Scheibe stupste, weil er nicht allein im Garten bleiben wollte. »Manchmal habe ich schon das Gefühl, er denkt, er sei ein Mensch. Er will überall mit. Er checkt dann nicht, dass er da als Esel vielleicht nicht rein darf.« Doch die Familie ließ ihn tatsächlich hinein. Jonny durfte das ganze Haus erkunden und sogar vom Frühstückstisch naschen – wie der kleine Onkel bei Pippi Langstrumpf.

Lotta kann sich ein Leben ohne ihren Jonny nicht mehr vorstellen. Die beiden wurden beste Freunde und wollten sich nach der Wanderung ans Mittelmeer nie wieder trennen. Den Esel im Stall abstellen und nur ab und zu besuchen? Das war undenkbar. Lotta wollte mit ihm auch zukünftig Ausflüge machen und verreisen. Sie hatte damals jedoch nur ein kleines Auto, das keinen Hänger ziehen konnte. Die beiden mussten also immer vom Stall aus loslaufen und konnten im Alltag nur die nähere Umgebung erkunden. Die Eselnärrin wünschte sich aber, auch mal ein verlängertes Wochenende woanders mit ihm zu verbringen, mit dem Auto zu einem schönen Wanderweg zu fahren und dort mit einem Zelt unterwegs zu sein. Deswegen entschied sie sich für einen Van, den sie in ein Hippie-Mobil mit Bett für sich und einer Transportbox für ihren Esel verwandelte. Den Ford Transit baute sie selbst aus, ihr Partner Stefan und ihr Onkel halfen bei dem ein oder anderen Feinschliff. Vor allem bei Jonnys Bereich musste sie kreativ und erfinderisch sein.

Wenn man durch die Hecktüren schaut, nimmt das Bett zunächst die komplette Breite ein. Der Trick dabei: Lotta kann es ganz unkompliziert halbieren, sodass die Hälfte des Vans zur Transportbox wird. Die linke Bettseite ist fest am Boden verbaut. Die rechte Seite der Holzplatte, die als Bettgestell dient, kann nach oben geklappt werden. Auf diese Weise wirkt sie wie eine Trennwand zwischen Box und Bett. Anschließend hat Jonny auf der rechten Seite seinen Bereich, wie in einem Pferdeanhänger. Im Boden ist eine Wanne eingelassen, die mit rutschfesten Matten ausgelegt ist. In der Vorrichtung ist ein Abfluss, falls es mal zu einem Missgeschick kommen sollte. Lotta hat den Bereich sorgsam ausgestattet, damit es Jonny bequem hat. Auf einer Sicherheitsstange kann er sich absetzen. Die Wände sind mit Isomatten gepolstert, und zwischen Fahrerkabine und Eselbox ist ein Gitter, durch das sich die beiden sehen können. Von der Decke baumelt ein Netz mit Heu, damit Jonny auch während der Fahrt seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Essen, nachgehen kann. Die rollende Wohnung inklusive Stall ist mit Holz verkleidet, sodass sich der Esel wie in seinem heimischen Stall fühlt. Polaroid-Fotos an den Wänden zeigen das außergewöhnliche Paar auf seinen Reisen.

Die Küche ist zwischen Fahrerkabine und Bett. Wie es viele Eltern mit Kindern machen, weist auch hier ein Schild außen an der Seitentür auf den wichtigen Fahrgast hin: »Please slow down, Donkey on Board« steht da (»Bitte langsamer fahren, Esel an Bord«). Auf dem Dach befindet sich sogar eine kleine Terrasse aus Holzbrettern, um beim Frühstück den Ausblick zu genießen.

Was außerdem sehr überraschend ist: Im gesamten Auto riecht es nicht nach Esel. Lotta führt das darauf zurück, dass Jonny ja nur Gras, Heu und Wasser frisst. Wenn er frisch geäpfelt hat, dann riecht es natürlich. Aber meist hat sich der Geruch schon nach zwei Minuten wieder aufgelöst.

»Es riecht so wenig, dass ich teilweise abends vergessen habe, die Box auszumisten, und dann mit dem Eselhaufen unter dem Bett geschlafen und nichts gemerkt habe.«

Mit diesem so liebevoll ausgebauten Van fuhren die beiden in kurzen Etappen nach Spanien und überwinterten in Portugal. Nachts schlief Jonny draußen auf einer abgesteckten Weide. Das Vorzelt des Autos diente ihm als kleiner Stall, in dem er sich unterstellen konnte. Meist spielte er den Wachesel, legte sich direkt vor die Tür und rollte sich dort wie ein Hund ein. Am Morgen lief dann immer ein herrliches Schauspiel ab, dass die innige Verbindung der beiden zeigt.

Esel schlafen grundsätzlich nicht sehr lange, weswegen ihr tierischer Freund jeden Morgen schon sehr früh vor dem Fahrzeug stand. Aufgeregt wartete er, bis Lotta endlich wach wurde. Sobald ihr Gesicht zum Vorschein kam und sie ihm ein fröhliches »Guten Morgen« entgegenrief, stimmte der Esel seinen kindlichen Gesang an: Ein sehr langgezogenes »I-hhhh«, dabei streckte er ein Ohr in die Höhe und wechselte anschließend in mehrere, etwas gejammerte »As«. In jedem Ton steckt die pure Freude über ihr Wiedersehen nach der Nacht.

Man sieht beiden an, dass sie unzertrennlich sind. Der Weg des einen ist auch der Weg des anderen. Alles, was Lotta macht, will auch Jonny machen. Sogar die Körperpflege. Am Heck des Wagens gibt es eine Vorrichtung für eine Dusche. Doch als Lotta sich in der staubigen, spanischen Wüste waschen wollte, wälzte sich Jonny gleichzeitig kräftig im Sand. Esel duschen eben anders. Jedes Mal stieg eine riesige Staubwolke auf und hüllte sie wieder ein. Ihr Begleiter hatte dadurch zwar ein weiches Fell wie sonst nie – nur Lotta wurde nicht wirklich sauber.

Ihre Reisen finanziert sich die energiegeladene Lotta mit verschiedenen Jobs. Sie ist ausgebildete Schauspielerin und hat nach ihrer Wanderung mit Jonny den Bestseller »Wandern, Glück und lange Ohren« geschrieben. Über ihre Reisen hält sie Vorträge, und sie schreibt inzwischen an ihrem zweiten Buch, in dem es übers Reisen mit Van und Esel geht. Außerdem bietet sie als Erlebnispädagogin in den Ferien ein Programm für Schulkinder an. Unter dem Motto »Macht euch schmutzig« geht sie mit den Kids in den Wald. Dort schnitzen sie, bauen ein Waldlager und ein Floß, lernen spielerisch die Natur kennen, wachsen über sich hinaus – und natürlich dürfen alle auch mit Jonny einen Ausflug machen.

Sobald die beiden aber wieder ihre Ruhe haben, zieht es sie in die Ferne. An das mühsame Reisen im Auto musste sich Lotta jedoch erst gewöhnen. Als sie mit Jonny allein nach Portugal fuhr, wollte sie bereits nach der ersten Woche aufgeben und wieder umdrehen. Beinahe jeden Tag gab es ein anderes Problem, sie fuhr sich fest oder übernachtete aus Versehen auf einem Übungsgelände des französischen Militärs. Es war wie verhext, es war entmutigend.

»Es ist nicht immer alles cool. Es kann auch ultra-anstrengend sein. Manchmal bin ich echt am Ende mit meiner Kraft und frage mich: Was machst du hier eigentlich?«

Sie macht genau das Richtige, wie ihr in Spanien klar wurde. Mit Freunden erstellte sie eine Pro- und Kontra-Liste über das Leben im Auto. Die Seite mit den Punkten, die gegen diese Lebensweise sprachen, war deutlich länger. Sie mussten alle lachen aufgrund dieser absurden Situation, weil sie ja alle vor ihrem Camper saßen. »Die Pros beim Vanlife sind halt so überwiegend, dass wir sagen: Mit den Kontras können wir leben.«

Viele Menschen setzen ihre Träume nicht um, weil sie abwegig klingen oder weil sie sich lieber unter dem Mantel der Normalität verstecken. Bloß nicht auffallen. Lotta zeigt uns, dass es auf dieser Welt keine verrückten Ideen gibt. Wenn wir über den eigenen Tellerrand blicken, können wir das auch sehen. Es gibt viele Menschen, die eine vermeintlich absurde Idee umgesetzt haben und glücklich geworden sind. So unglaublich unsere Träume am Anfang auch klingen mögen, es lohnt sich, sie zu leben. Wenn wir nur fest daran glauben, ist alles möglich, dann können wir auch die ungewöhnlichsten Vorhaben verwirklichen. Wie Lotta werden wir an unsere Grenzen stoßen. Immer wieder wird der Gedanke kommen, ob wir doch lieber aufgeben wollen. Wenn wir unser Ziel aber fest im Auge behalten, kann es unser Leben auf besondere Weise verändern und erfüllen.

https://www.youtube.com/watch?v=ypdgbV1yKmM

Krebs als Chance

Oft muss es erstschlechter werden,bevor es besserwerden kann.

Rolf stand mit Anfang 50 mitten im Leben. Nach dem Studium war er freier Fotograf, baute Anfang der 90er eine kleine Pizza-Kette auf und eröffnete 2001 einen der ersten Coffeeshops in Deutschland. Es gab Immobilien, eine Heirat, eine Scheidung, Tauchurlaube, einen Oldtimer, eine wunderbare kleine Familie mit Willi dem Hund und alles, was man sich so wünscht. Rolf war einer, der es geschafft hatte. Zumindest könnte man das behaupten, wenn man nur an der Oberfläche kratzt.

Doch 2015 bekam Rolf die völlig überraschende Diagnose: Prostatakrebs. Sehr weit fortgeschritten. Akuter Handlungsbedarf. Die Ärzte erklärten ihm, dass sie erst nach einer Operation sicher sein würden, wie es mit ihm weitergehen werde. Alles ging damals sehr schnell. Einer der renommiertesten Experten des Landes operierte Rolf sechs Stunden lang. Dabei wurden ein Tumor unterhalb der Blase sowie seine Lymphknoten entfernt. Der Krebs hatte zum Glück noch nicht gestreut, und sämtliche relevanten Nerven konnten gerettet werden. Allerdings hatten ein paar Zellen überlebt und wieder angefangen zu wachsen. Bei Nerven erhaltenden Operationen besteht ein Restrisiko dieser Art. Ein Restrisiko, mit dem Rolf zu leben lernen musste. Anfangs war das natürlich schwer. So eine Hiobsbotschaft muss man erst einmal verkraften. Heute ist Rolf aber sogar dankbar für die Chance, die der Krebs ihm eröffnete. Immer wieder muss er über den Satz eines Bekannten nachdenken, dem ihm dieser vor einigen Jahren einmal sagte: »Oft muss etwas erst schlechter werden, bevor es besser werden kann.« Da steckt viel Wahrheit drin. Im Grunde ist das der Kern von Rolfs Geschichte.

Eigentlich war Rolf schon vor seiner Diagnose nicht mehr ganz im Reinen mit sich. Wäre er nicht krank geworden, hätte er wahrscheinlich immer so weiter gemacht. Es gab ja an sich keinen Grund, sein Leben zu hinterfragen oder radikal zu ändern. Er war Unternehmer mit Leidenschaft, so dachte er zumindest damals. Sein Leben war von Hektik und Lärm geprägt. In seinem Bielefelder Café gingen rund um die Uhr Gäste ein und aus – über 1000 jeden Tag. Eine Bestellung nach der anderen, ein ständiges Rotieren. Und zwischendurch kurze Gespräche, meist völlig belanglos. Zum Verschnaufen blieb nicht viel Zeit. Ruhe und Selbstfürsorge? Fehlanzeige. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwammen. Aber schon damals hatte er insgeheim einen großen Traum: Einmal im Leben mit dem Camper weit wegzufahren, keine Verpflichtungen zu haben, einfach frei zu sein und nicht zu wissen, wie der morgige Tag, die nächste Woche oder das nächste Jahr aussehen werden. Bereits während des Studiums träumte er das erste Mal von dieser Erfahrung. Er malte sich aus, was das für ein friedliches und ruhiges Leben sein müsste. Doch die Arbeit und der hektische Alltag hielten ihn fest in seiner Welt. Bis zu seiner Diagnose. Der Krebs sollte nun vielmehr ein Neustart als das Ende sein. Ein Wink des Schicksals, diesen unerfüllten Traum nun endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Er entschloss sich, eine Pause von zwei Jahren einzulegen und währenddessen nicht zu arbeiten. Rolf übergab sein Café an eine Geschäftspartnerin und kaufte sich einen schwarzen VW T6. Dann brach er Richtung Schottland auf. Zukunft ungewiss.

Wenn Rolf von seinem Bulli erzählt, leuchten seine Augen. »Schick und wendig« nennt er es. Ein Bett findet man auf den ersten Blick nicht, es ist im Aufstelldach versteckt. Er klappt dafür ein Brett mit Matratze nach unten in das Fahrzeug, um zu seinem Schlafplatz zu klettern. Leise waren seine Nächte selten, durch die dünnen Wände drang jedes Geräusch herein. Menschen, die redeten, oder ein Fuchs, der im Gebüsch raschelte. Auch die Kälte kroch in den ungeschützten Bereich, sodass er den dicken Schlafsack bis zum Kopf hochzog. Weil er sozusagen draußen schlief, suchte er sich seine Stellplätze genau aus: »Ich bin mental Wildcamper, habe aber zu viel Schiss, also fahre ich auf den Campingplatz.« Der Rest des Vans ist bescheiden: ein Gasherd, ein Kühlschrank und eine Dusche. Viel mehr gibt es nicht. Diese minimalistische Einrichtung ist genau das, was Rolf will und braucht für sein Seelenheil. Ein bisschen Luxus gönnte er sich als gelernter Barista trotzdem: eine mobile Espressomaschine, mit der er sogar eine 1-a-Crema hinbekommt. Sein kleines Heiligtum fern jeder Zivilisation.

Auf seiner Reise zu mehr Gelassenheit begleiteten ihn zunächst viele Fragen: Wie schwer wird es mir fallen, nicht mehr zu arbeiten? Komme ich mit der Einsamkeit klar? Und vor allem – werde ich wieder völlig gesund?

Der Übergang in sein neues Leben benötigte etwas Zeit. Allein sein – das gab es für Rolf früher nicht. In seinem Café war ständig etwas los. Die Angestellten liefen eilig hin und her. Schnell bildete sich immer wieder eine lange Schlange am Tresen, und jeder musste höflich bedient werden. Im Hintergrund zischte die Kaffeemaschine unaufhörlich. Anfangs glich die Zeit im Bulli also eher einem kalten Entzug, den er zwischen Schweiß und Frust aushalten musste, um fernab der Heimat die nötige Distanz zu finden. Eines schönen Tages gelang ihm dann endlich der Durchbruch. Mitten in der traumhaften Landschaft der schottischen Highlands konnte er plötzlich wieder durchatmen. Es war, als hätte er eine Sucht besiegt, alte Gewohnheiten abgelegt und völlig neu Sehen gelernt. Pur, ehrlich, ohne Reize und Beeinflussungen von außen. Um ihn herum war es ruhiger geworden, und auch er selbst wurde ruhiger. Kleinigkeiten wie Sonnenuntergänge, die er früher nicht wahrgenommen hatte, waren nun wichtig. Endlich gab es auch diese Gespräche unter Zeitdruck zwischen Tür und Angel nicht mehr.

»Ich will keinen Small Talk mehr. Dafür ist mir die Zeit zu schade. Dafür bin ich zu alt.« Sechs Wochen lang spürte er die beruhigende Kraft der Stille auf den hohen schottischen Bergen, wanderte an glitzernden Seen entlang und blickte über sattgrüne Wiesen in die grenzenlose Weite. Was er teilweise zwei, drei Tage lang nicht sah, waren Menschen. Er konnte sich ganz auf sich selbst konzentrieren. Eine geradezu spirituelle Erfahrung.

Ohne den Krebs hätte er diesen Moment der Erkenntnis vielleicht nie gehabt. Er weiß jetzt: Wenn wir später nicht irgendwann das Gefühl haben möchten, etwas im Leben verpasst oder sogar zeitweilig das Leben eines anderen gelebt zu haben, dann müssen wir uns alle paar Jahre mal bewegen, nachsehen und neu positionieren. Für ihn war die Zeit als Barista zwar über mehr als 15 Jahre genau das richtige Ding. Doch während der Job sich kaum veränderte, veränderte sich Rolf. Auf seiner Reise ist ihm klar geworden, dass er zwar in seinem Bulli andere Länder bereist hat, aber dass die eigentliche Reise in seinem Kopf stattfand. Nach seinem Ausstieg und der neu gewonnenen Freiheit hat er oft betont, dass der Schlag vor den Bug eigentlich das Beste war, was ihm mit knapp 50 Jahren passieren konnte.

Inzwischen ist Rolf ganz bei sich angekommen, auch wieder in Deutschland. Die Hektik ist aus seinem Leben gewichen. Nach diesen zwei Jahren Auszeit ist er endgültig aus seinem alten Leben ausgebrochen. Er verkaufte sein Haus und die komplette Einrichtung. Stattdessen zog er in eine kleinere Wohnung, die seinen neuen Ansprüchen genügt. Das eingenommene Geld legte er gewinnbringend an und kann gut davon leben. Teilhaber seines alten Cafés ist er geblieben, zurück in das Geschäft will er aber nicht. Der stressige Alltag fehlt ihm keine Spur. »Ich brauche nicht mehr viel. Ich bin frei von Verpflichtungen. Das will ich nie wieder aufgeben.« Sein neues Leben kann er jetzt unabhängig gestalten: Ein halbes Jahr lang geht er auf Reisen, den Rest der Zeit verbringt er in Deutschland in seiner Wohnung. Das Einzige, das ihn stört, ist die Tatenlosigkeit. »Nichts zu tun ist nach wie vor schwierig.« Um eine Beschäftigung zu haben, schreibt er einen Roman, lernt nähen und malt.

Der Prostatakrebs ist noch da, aber er wächst sehr langsam. Dennoch muss er sich regelmäßigen Bluttests unterziehen und sich mit ihren wechselnden Ergebnissen herumschlagen. Er gilt nicht als geheilt und ist gezwungen, in einer seltsamen Ungewissheit zu leben. Deshalb plant er nur in einem Zeithorizont von zwei oder drei Jahren. Aber er hat es geschafft, sich weder vom Krebs noch von der Hektik des Alltags regieren zu lassen.

Viele Menschen, die sich einmal mit ihrem eigenen Tod auseinandergesetzt haben, stellen fest, dass sich die Prioritäten im Leben plötzlich drastisch verschieben. Man sieht vieles gelassener und fängt an, seine Umwelt und auch sich selbst erheblich bewusster wahrzunehmen. Zeit bekommt einen anderen Stellenwert. Rolfs schreckliche Krankheit hatte also dennoch ihr Gutes. Sie hat ihm ermöglicht, etwas zu verstehen, das die meisten Menschen erst zu spät begreifen: »Verdammt, ich werde sterben!« Sicher nicht heute oder nächstes Jahr. Vielleicht nicht in zehn Jahren, aber es wird passieren. Daher sollten wir nichts, was uns wichtig ist, auf später verschieben, weil es ein Später vielleicht nicht mehr geben wird.

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Was ist Heimat?

Heimat ist kein Ort,Heimat ist ein Gefühl.

Wir leben in einer schnelllebigen Welt. Die Gesellschaft hat klare Vorgaben für uns. Gerade, wenn wir jung sind: Schule, Studium oder Ausbildung und dann ohne Pause ab in den Beruf. Wir hechten von einer Station zur nächsten. In der Schule müssen wir gute Noten sammeln, für Bachelor und Master gehen wir auf Punktejagd, um später den bestmöglichen Job zu ergattern. Aber wann sollen wir uns eine Auszeit nehmen, wann sollen wir uns als Mensch weiterentwickeln? In unserem Bildungs- und Arbeitssystem ist dafür eigentlich kein Platz. Viki bekam das am eigenen Leib zu spüren. Sie war eine Getriebene, bis sie aus dem System ausgestiegen ist.

Als Viki vier Jahre alt war, kam ihre Familie aus Kasachstan nach Deutschland. Sie hatte sich an die genannten Vorgaben schnell angepasst und durchlief mit großen Schritten die schulische Laufbahn. Sie erfüllte strikt die Erwartungen anderer. Ihre eigenen Träume und die Möglichkeit auf Selbstverwirklichung rückten in diesem System zunehmend in den Hintergrund. Es war nicht möglich, während des Studiums ein Auslandssemester einzulegen. Zeit und Geld fehlten, finanzielle Unterstützung gab es nicht.

Nach dem Master-Abschluss startete sie direkt in ihren Traumberuf als Architektin. Sie war glücklich darüber, aber eine Verschnaufpause hatte sie bis zu diesem Moment nicht einlegen können. Viele ihre Freundinnen waren dagegen nach der Schule für einige Zeit im Ausland, hatten die Welt bereist und gefeiert, bevor es mit dem nächsten Lebensabschnitt weiterging. Als ihre Bekannten noch in der Uni saßen, stürzte sich Viki bereits ins Arbeitsleben.

Diese Beispiele gaben ihr das Gefühl, etwas in ihrer Jugend verpasst zu haben. In ihr wuchs das Bewusstsein, diese Erlebnisse mit einer eigenen Reise nachholen zu wollen. Den Hauptgrund für ihren Ausstieg lieferte allerdings ihre Hündin. Mit 17 hatte sie Cleo bekommen, die beiden waren beste Freundinnen geworden. Doch Viki saß täglich zwölf bis 14 Stunden bei der Arbeit und war untröstlich. Warum hatte sie überhaupt eine Hündin, wenn sie so wenig Zeit mit ihr verbrachte? Diese Frage nagte an ihr, dafür war ihr Cleo viel zu wichtig. Auf einer Reise könnten sie mehr Zeit miteinander verbringen. Aber wann war der richtige Zeitpunkt? In zwei Jahren oder lieber früher oder doch später? Nein, dieses Planen in eine ungewisse Zukunft hinein, das war nicht der richtige Weg. Wenn sie es jetzt aufschieben würde, würde sie es auch in Zukunft aufschieben und irgendwann vielleicht gar nicht mehr machen. »Wann, wenn nicht jetzt?«, sagte sie sich schlussendlich.

Für Viki stand fest: Sie wollte jetzt aus ihrer klaren Ordnung ausbrechen, mehr Zeit mit ihrer Cleo verbringen und all die verpassten Erfahrungen nachholen. Sie kündigte ihren Job, verkaufte fast alle Sachen, zog aus ihrem WG-Zimmer aus und verwandelte einen Transporter in ein neues gemütliches Zuhause. Als sie das erste Mal den Motor startete, durchfuhr ihren Körper ein warmes Gefühl. Ihr Traum, für den sie so hart und unerbittlich geschuftet hatte, wurde spürbare Realität. Ihr neues Leben lag auf der Straße vor ihr.

Ihr erster Trip führte sie quer durch Europa. Auf den ersten Etappen hatte sie immer wieder mal Freunde dabei. Als sie dann in Norwegen den Polarkreis passierte, war nur noch ihre Hündin bei ihr. In der atemberaubenden Atmosphäre zwischen steilen Bergen, tiefen Fjorden und den nächtlichen Nordlichtern war sie vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben ganz allein. Ein neues, aber auch sehr angenehmes Gefühl. Sie nahm sich selbst besser wahr und merkte, dass sie sich selbst genug war. Es brauchte keine Bestätigung von anderen, keine Erwartungen und Aufgaben von außen. Einfach nur zu sein reichte völlig aus. Sie war ganz bei sich. So lernte sie, langsamer zu leben und ihrem eigenen Weg zu folgen. Nach den faszinierenden Eindrücken in Skandinavien fuhr sie in den Süden, um in wärmeren Gefilden zu überwintern.

Anschließend kam Viki zurück nach Deutschland, um hier zu arbeiten und Geld für die nächste Reise, ihre Wunschreise, zu verdienen. Sie träumte schon lange von einem Roadtrip zu ihren Wurzeln. Die Route sollte nach Kasachstan, Russland und in weitere Länder in Zentralasien führen. Seit sie im Alter von vier Jahren nach Deutschland gekommen war, war sie nicht mehr dort gewesen. Sie war konservativ erzogen worden, und es erforderte viel Mut, eine so lange Fahrt durch unbekanntes Terrain zu machen. Aber Viki wollte endlich herausfinden, wo ihre Heimat ist. Es war eine Reise zu ihrem eigenen Ich. Sie fühlte sich in Deutschland nie als Deutsche, hier war sie immer nur »die Russin«. Doch weil sie hier aufgewachsen ist und besser Deutsch als Russisch spricht, ist sie in der Heimat ihrer Eltern eben auch nur »die Deutsche«. Irgendwie hatte sie stets das Gefühl, nirgends wirklich dazuzugehören. Lange war sie auf der Suche nach etwas, das sie »ihr Zuhause« nennen konnte. Daher kamen vielleicht auch das Architekturstudium und die Leidenschaft für den Wohnungsbau. Auf ihrer Reise erkannte sie schließlich, dass Heimat für sie kein fester Ort ist.

»Heute definiere ich das Wort anders: Zuhause ist überall dort, wo ich bin, wo ich die Menschen, die ich liebe, lieben kann.« Sie fühlt sich erst richtig zu Hause, wenn sie unterwegs ist. Was perfekt zu ihrer Leidenschaft fürs Reisen passt, weil sie dadurch nie Heimweh hat, sie nichts von einem Leben im Auto abhält und sie immer wieder glücklich zum nächsten Abenteuer aufbrechen kann.

Eine der großen Herausforderungen dabei ist es, mit seinen eigenen Gefühlen klarzukommen. Es passieren so viele Dinge, die man nicht einfach runterschlucken kann, sondern die Emotionen sind sofort da, die negativen wie die positiven. Auf so kleinem Raum in einem fremden Land kann man sich nicht vor sich selbst verstecken. Viki musste erst erkennen, dass eine Panne nicht gleich ein Grund für schlechte Stimmung ist und das Glück nicht von äußeren Ereignissen definiert ist. Ausschlaggebend für diesen Sinneswandel war eine Autopanne in Tadschikistan.

Sie hatte sich wie vermutlich viele über die Panne geärgert und war so versunken in dem Problem, dass sie ganz vergaß, sich über die Reise zu freuen. Ein Gedanke änderte jedoch alles: »Ich bin so privilegiert, in Tadschikistan eine Panne zu haben.« Statt im negativen Ereignis aufzugehen, begann sie, Dankbarkeit zu empfinden für die Möglichkeit, frei von irgendwelchen Zwängen die Welt bereisen sowie fordernde und erfüllende Erlebnisse erfahren zu können. Sie lernte, Stolpersteine zu akzeptieren und aus ihnen zu lernen.

Das andere emotionale Extrem im positiven Sinne fühlte sie dagegen an schönen Orten und mit guten Freunden. Ihren Körper und Geist durchströmten dann pure Freude und große Energie. »Ich mag das Extreme eigentlich sehr gern. Aber es ist eine Herausforderung für einen selbst. Man kann daran wachsen, man kann daran aber auch kaputtgehen.«

Bei ihrer neuen Lebensweise musste Viki auch Ängste überwinden. Nachts noch einmal raus zu müssen, wenn sie allein auf weiter Flur in der Wildnis parkte, blieb die ganze Zeit über eine Herausforderung. Sie selbst bezeichnet sich als Angsthasen. Aber ihr Traum war größer, als sich von irgendwelchen scheinbar unüberwindbaren Widrigkeiten davon abhalten zu lassen. Mit der Zeit wurde sie selbstbewusster und schärfte die Sinne für sich und ihre Umgebung.

Viki vollzog aber nicht nur eine innerliche Veränderung, sondern auch eine äußerliche. Zu Beginn der Reise hatte sie noch einen strengen, blondierten Bob – passend für eine Architektin im Blazer. Mittlerweile färbt sie ihre Haare nicht mehr und trägt sie offen mit langer Hippie-Welle. Ob die junge Frau noch in ihr altes Leben passen würde, konnte sie inzwischen testen. Weil sie sich einen größeren Bus ausbaute, blieb sie für zwei Wochen im Haus ihrer Eltern. So richtig angekommen ist sie dort nicht. »Wenn man so lange nicht zu Hause gelebt hat, ist es doch schwierig, wieder einzuziehen.« Für Viki ist deswegen klar: Sie wird auch künftig in einem Van leben – diese ungezwungene Art will sie nicht mehr aufgeben.

Das Leben im Van finanziert sie sich auf unterschiedliche Weise. Ihre Ansprüche sind nicht hoch. Sie zahlt keine Miete, ihr ganzes Geld fließt in Lebensmittel und das Auto. Für ihre erste Europareise griff sie auf ihr Erspartes zurück. Unterwegs begann sie erste Jobs im journalistischen Bereich und lebt mittlerweile von einem Reiseblog mit Online-Shop.

Von vielen Seiten bekommt Viki zu hören, dass sie so stark, unabhängig und mutig sei, weil sie ihre großen Reisen allein unternehme. Aber was soll sie denn sonst tun? Unsere Wünsche werden nicht von selbst wahr. Wir müssen aktiv werden und selbst unsere Träume verwirklichen. Völlig egal, was es auch sein mag: die Welt im Van zu bereisen, ein Instrument oder eine Sprache zu lernen. Viki spürte damals ganz deutlich, dass es jetzt Zeit für diese Reise war, um bei sich selbst anzukommen und ein Zuhause zu finden. Viele Menschen suchen diesen einen Ort, an den sie gehören. An den sie sich zurückziehen können. Den sie Heimat nennen können. Es muss aber kein fester Ort sein, kein Land, keine Stadt, kein Haus. Heimat ist vielmehr ein Gefühl, das wir überall hin mitnehmen können. Heimat ist dort, wo wir uns wohlfühlen. Wo wir mit unseren Freunden zusammen sind. Wo wir einfach nur wir selbst sein können.

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Der Weg zu dir beginnt bei dir selbst

Ich bin endlich zu demMann geworden, derich immer schon war.

Lucien hat nie in seinen Körper gepasst. Er kam als Frau, als eine Kathrin, auf die Welt. Doch er fühlte sich zu keiner Zeit wohl mit den weiblichen Geschlechtsmerkmalen, die ihm bei der Geburt zugewiesen wurden. Ihm war früh klar, dass er kein Mädchen oder später eine Frau war. »Mein Körper hat sich nie richtig angefühlt.« Doch er lebte viele Jahre mit dieser falschen Identität. Es war eine Zeit voller Zorn, Selbstzweifel und Aggressivität – bis Lucien eine Reise zu seinem wahren Ich machte.

Sein Leben war ein Spießrutenlauf. Schon als Jugendlicher versteckte er seinen Körper, so gut es ging. Niemand sollte seine weiblichen Geschlechtsmerkmale sehen. »Es war nie so, dass man mich als Frau erkannt hat. Dafür habe ich auch gesorgt.« Lucien hatte einen kahl rasierten Kopf und finstere Gesichtszüge. Er fühlte sich wohler damit, es war aber auch ein anstrengendes Versteckspiel. Beziehungen und Freundschaften vergrößerten die Herausforderungen um ein Vielfaches. Umso enger ein Verhältnis wurde, desto schwerer wurde das Verstecken. Ständig musste er sich outen und sich anderen erklären.

Lucien ist heute ein offener und positiver Mensch. Er strahlt – und das ist nicht nur eine Floskel: Er hat tatsächlich einen andauernden glücklichen Gesichtsausdruck. Seine Freude ist ansteckend. Er ist ruhig, man fühlt sich in seiner Nähe geborgen. Er macht viele Scherze und strahlt ein angenehmes Selbstbewusstsein aus. Doch bei seinen Erzählungen über sein altes Leben wirkt er etwas zurückhaltend. Es ist ihm anzumerken, dass er dieses frühere Ich gern vergessen würde. »Ich bin als Frau geboren worden, war ein unerträgliches Geschöpf und sehr aggressiv.« Man kann diese Aussage gar nicht glauben, wenn man den sympathischen Lucien vor sich sieht. Von der damaligen Aggression ist heute nichts mehr zu spüren.

Doch die Verbitterung bestimmte viele Jahre lang sein Leben und sorgte schließlich auch für die große Veränderung. Ein Moment der ungezügelten Aggressivität wurde zum Schlüsselmoment. In einem Wutanfall zerstörte er die Wohnung einer Ex-Freundin in nur wenigen Minuten, bis die Polizei kam und ihn abführte. Es war keine Situation, auf die er stolz ist. Sie zeigt, wie verzweifelt er damals war und wie viel Zorn sich in ihm aufgestaut hatte. Seine pure Zerstörungswut löste unendlich viele Emotionen aus. Er stand am Abgrund. So konnte es nicht weitergehen. So würde er nie glücklich werden. Er musste endlich er selbst werden! Zeit für einen Neustart. Er begann sein Leben von vorn: als Mann.

Seine Adoptiveltern – seine leibliche Mutter hatte ihn nach der Geburt im Krankenhaus abgegeben – hatten sich liebevoll um ihn gekümmert. Schon als er ein Jugendlicher war, redeten sie offen mit ihm über seine Situation und schlugen sogar eine operative Geschlechtsangleichung vor. Als Teenager kam dieser tiefgehende Schritt für ihn aber noch nicht infrage. »Ich denke, du musst selbst dafür bereit sein und nicht die anderen. Sonst kann das auch nach hinten losgehen.«

Mit 30 Jahren, kurz nach diesem schrecklichen Wutanfall, war er bereit. Ihm war klar, dass er etwas ändern musste, um nicht für immer allein und wütend zu bleiben. Er holte sich psychologische Hilfe und krempelte sein Leben komplett um. Es war die beste Entscheidung, die er je getroffen hatte. Die Hormonbehandlungen veränderten Lucien nicht nur äußerlich, der größere Wandel ging in seinem Inneren vonstatten. Schlagartig fühlte er sich wohl und glücklich in seinem Körper. Endlich war er angekommen! Seine Aggressivität und Wut fielen wie eine große Last, die ihn über Jahre hinweg erdrückt hatte, von seinen Schultern. Er wurde ruhiger, einfühlsamer und friedlicher. Heute geht er gewalttätigen Auseinandersetzungen lieber aus dem Weg und zieht sich zurück.

Lucien hatte den entscheidenden Schritt zu seiner wahren Identität gemacht. Aber damit sollte sein Weg in eine neue Zukunft nicht enden. Das Glücksgefühl trieb ihn weiter an. Die Selbstfindung war noch nicht beendet. Es gab da draußen noch so viel mehr, das er entdecken wollte – jetzt, wo er es mit seinem wahren Ich kennenlernen konnte. Er setzte die Veränderung fort, um gänzlich seine Erfüllung zu finden, noch selbstbestimmter und unabhängiger zu leben.

Und diese Zukunft sollte in einem Auto liegen. Der Start in dieses Leben begann wie bei vielen anderen mit YouTube-Videos und einer Überraschung. Er sah sich die Filme am Computer an und staunte über diese Menschen: Sie hatten zwar nur beengte Fahrzeuge, reisten aber durch die ganze Welt, wirkten glücklich, zufrieden und befreit. Diese Bilder entzündeten eine kleine Flamme, die später zu einem großen Feuer werden sollte. »Ich dachte mir, das ist genau das, was du brauchst, weil es mich eigentlich nie lange irgendwo hält.«

Er ist schon immer gern ausgebrochen, das liegt in seinem Naturell. Viele Geschichten zeugen von dieser Abenteuerlust. Bereits in jungen Jahren war er ein Freigeist, in regelmäßigen Abständen trieb es ihn in die Ferne. Wenn ihn am Abend das Fernweh packte, wanderte er am nächsten Morgen einfach mit dem Nötigsten im Rucksack los. Ein Beispiel: Er marschierte von seinem damaligen Zuhause in Mühlheim in Nordrhein-Westfalen bis nach Garmisch-Partenkirchen und dort hinauf zur Zugspitze. Er legte dabei rund 650 Kilometer zu Fuß zurück. Während der Tour rannte Lucien mit seiner einnehmenden Art überall offene Türen ein. Die Menschen waren begeistert von ihm und seiner Geschichte, sodass ihm sogar ein besonderes Kunststück gelang. Er war mit 95 Cent in der Hosentasche gestartet. Als er wieder zu Hause ankam, hatte er immer noch genau diese 95 Cent dabei. Bei einem Bankautomaten war er während der gesamten Wanderung kein einziges Mal. Das war nur durch die enorme Hilfsbereitschaft der Menschen möglich. Sie ließen ihn im Garten oder auf einer Weide zelten und versorgten ihn mit Essen. Als es in einer Nacht bitterkalt wurde, brachte ihm ein Mann sogar eine kleine Heizung und einen heißen Tee ins Zelt.

Lucien wirkt sehr ruhig und besonnen, seine Entscheidungen fällt er aber, wie wir erkennen können, impulsiv aus dem Bauch heraus. So war es auch mit seiner Wohnung, die er kurzerhand kündigte, dann erst einen Bulli ausbaute und hineinzog. Er setzte sich damit in gewisser Weise unter Druck, den brauchte er aber vermutlich auch.

»Nicht denken, einfach machen. Das ist einfach so. Wenn man drüber nachdenkt, ist das Ding gleich durch. Wenn man es aber umsetzt, dann kommt etwas, das kippt ein bisschen Farbe in dein Leben, und plötzlich ist deine ganze Welt bunt.« Und seine Tage wurden wahrlich bunt. Der handwerklich begabte Lucien baute einen orangefarbenen Bulli in einer rekordverdächtigen Zeit von nur sieben Tagen liebevoll aus. Er achtete dabei auf jedes Detail und schnitzte an vielen Stellen kleine handgemachte Verzierungen ins Holz. Als Bretter verwertete er die Küche aus seiner alten Wohnung. Hinzu kamen viele Geschenke von Nachbarn und Freunden. Seinen Van taufte er »Rantanplan«.

Obwohl sein Fahrzeug nach dem naiven und schläfrigen Hund aus den Lucky-Luke-Comics benannt ist, war Lucien nie lange an einem Ort und freundete sich mit zahlreichen neuen Menschen an. In der Vanlife-Community ist er bestens vernetzt. Weil viele von seinem Ausbau und der schnellen Umsetzung begeistert waren, half er bei der Gestaltung einiger anderer Autos. Außerdem übernimmt er dort, wo er gerade mit seinem Bulli hält, Garten- oder Holzarbeiten. Mit diesen Jobs kann er sein Leben auf Achse kombinieren und finanzieren. Deswegen ist für ihn auch klar, dass die Arbeit einem möglichen Leben im Auto nicht im Wege steht. »Ich denke, man kann mit so einigen Berufen unterwegs arbeiten. Es liegt an dir, Aufträge zu kriegen. Ich finde meine Jobs ja auch einfach so, oder sie finden mich.«

Eine Arbeit im vergangenen Jahr war eine spektakuläre Hilfsaktion. Zusammen mit vielen anderen Ehrenamtlichen unterstützte er nach dem verheerenden Hochwasser im Westen Deutschlands die notleidenden Menschen. Er beseitigte in der Eifel die Schäden, die die Flut angerichtet hatte, und packte beim Wiederaufbau der Häuser mit an. Dass Lucien bei diesem Einsatz nicht lange zögerte und vor Ort war, passt in das Bild des äußerst hilfsbereiten Menschen. Jeder kann zu ihm kommen, wenn er oder sie zum Beispiel Unterstützung beim Vanausbau benötigt. Seine Einstellung spiegelt den Kreislauf des Lebens wider, es ist ein Geben und Nehmen. Er selbst war während seiner Wanderung zur Zugspitze auf eine riesige Hilfsbereitschaft gestoßen, jetzt kann er davon wieder etwas zurückgeben.

»Wer bin ich, woher komme ich und wohin werde ich gehen?« Das sind gewaltige Fragen, wenn wir unsere eigene Identität suchen. Als Jugendliche sind wir ständig damit konfrontiert, uns selbst zu definieren und unseren Platz zu finden. Für viele ist die Suche auch nach den Teenager-Jahren noch nicht beendet. Lucien, im falschen Körper aufgewachsen, entdeckte sein wahres Ich erst, als er der Mann wurde, der er eigentlich schon immer war. Unsere Identität finden wir nicht in Äußerlichkeiten, auch nicht in den Vorgaben der Gesellschaft, der Medien oder sozialen Netzwerke. Die Wahrheit über uns liegt in uns selbst.

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Vom großen Haus in den lila Lastwagen

Das Leben sollte so sein, dass mankeinen Urlaub davon braucht.

Einfach mal raus aus dem eintönigen Alltag. Den ganzen Ballast loswerden. Die Welt entdecken, fremden Menschen begegnen und in andere Kulturen eintauchen. Das ist der Antrieb von Conny und Thomas. Sie leben ganz nach dem Motto: »Wir haben jeder 24 Stunden am Tag. Die Frage ist nur, für was wir sie nutzen.«

Die beiden hatten schon immer eine große Sehnsucht nach dem Unerwarteten und der Ferne, dem Abenteuer und dem ungezwungenen Leben. Wenn sie etwas erleben wollten, dann haben sie es einfach gemacht. Die Freigeister ließen sich nie von irgendwelchen Hindernissen aufhalten, stattdessen zogen sie daraus einen Ansporn für etwas Neues. Sie fackelten nicht lange, wenn sie ihren Weg gehen und die versteckten Ecken dieser Welt entdecken wollten. Trotz ihres Tatendrangs mussten sie auf ihren großen Traum 20 Jahre lang warten.

Conny und Thomas wirken, als würden sie sich jeden Tag neu ineinander verlieben. Thomas, 57 Jahre alt, fast zwei Meter groß und mit langen Dreadlocks, die er sich später auf einer Reise abrasieren wird, hält die 50-jährige Conny zärtlich im Arm. Sie strahlen eine tiefe Ruhe und Gelassenheit aus, sind ganz bei sich selbst angekommen. Das Paar hat schon mit dem Vanlife angefangen, als es dieses Wort wahrscheinlich noch gar nicht gab.

1996 standen sie plötzlich vor einem ihrer ersten Hindernisse. Wegen einer Umschulung suchten sie in Köln eine passende und bezahlbare Wohnung. Vergeblich. Es war zum Verzweifeln, auf dem Markt gab es nichts, das für sie geeignet war. Doch wütend darüber zu sein brachte sie nicht weiter. Sie haderten nicht mit dieser Situation, sondern machten aus der Not eine Tugend. Wenn dieser Weg versperrt war, dann würde es einen anderen geben, den sie einschlagen sollten. Conny und Thomas erkannten ihn darin, einen kompletten Neustart im Ausland zu wagen.

Die beiden verwarfen ihre eigentlichen Pläne, lösten kurzentschlossen ihre alte Wohnung auf und machten ihr gesamtes Hab und Gut zu Geld. Davon kauften sie sich ihr erstes eigenes Wohnmobil, kündigten ihre Jobs und starteten eine Reise ins Ungewisse. Sie blieben einige Zeit in Frankreich und Spanien, um sich schließlich in Portugal an der reizvollen Algarve niederzulassen. Dort angekommen, war ihnen sofort klar: Das war das Leben, das sie auch künftig führen wollten. Die Region am Atlantischen Ozean wurde ihre neue Heimat.

Ihr erster Sohn Jacob kam dort zur Welt, ihr Glück war perfekt. Thomas war als Handwerker tätig, Conny unterrichtete als gelernte Erzieherin an einer deutschen Schule. Um sich das Leben an diesem Sehnsuchtsort finanzieren zu können, mussten die beiden allerdings auf vieles verzichten. »Wir waren leider nie am Meer, weil wir immer gearbeitet haben, um das Geld zu verdienen, damit wir am Meer wohnen können.« Zusätzlich stagnierte die Wirtschaft in Portugal, und die Verdienstmöglichkeiten waren schlechter als in Deutschland. Diese Einschränkungen sorgten dafür, dass sie sich neu ausrichteten. Die Familie kehrte schon nach zwei Jahren zurück in ihre alte Heimat, in der etwas später ihr zweites Kind Joshua geboren wurde.

Das Fernweh hatte die Eltern aber gepackt. Zusammen mit ihren Söhnen tourten sie in den folgenden Jahren mit dem Wohnmobil fast durch ganz Europa. Es war so ein bisschen Freiheit, ein bisschen unbeschwertes Leben. Sie waren allerdings auf die Schulferien beschränkt, um sich ausleben zu können. Es blieb ihnen also nur eine kurze Zeit im Jahr, um die Welt zu entdecken. Zu wenig Zeit, um noch mehr ferne Länder zu besuchen. Eine große Wehmut stieg in den beiden auf. Das Leben zog nur so an ihnen vorbei. Wochenende, Ferien – immer waren sie mit ihrem Wohnmobil unterwegs. Dazwischen arbeiteten sie auf den nächsten Urlaub hin. Für Conny im Nachhinein eine unsägliche Situation. »Das Leben sollte eigentlich so sein, dass man keinen Urlaub davon braucht.«

Die beiden denken das nicht nur, sie handeln auch danach. Sie haben ihr Leben sozusagen in einen durchgehenden Urlaub verwandelt. Als die Kinder erwachsen waren und ihre eigenen Wege gingen, in ihre eigenen Wohnungen zogen und eine Ausbildung beziehungsweise einen Beruf ergriffen, konnten die Eltern ihren alten Traum vom endlosen Reisen wieder hervorholen. 20 Jahre lang hatten sie darauf gewartet, und jetzt tauschten sie ihr Haus in einen lila Lastwagen.