Penthesilea - Heinrich von Kleist - E-Book + Hörbuch

Penthesilea E-Book

Heinrich Von Kleist

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Beschreibung

Die Amazonen greifen in den Trojanischen Krieg ein. Sie von Königin Penthesilea angeführt. Zur Überraschung der bisherigen Kriegsgegner entscheiden sich die Amazonen für keine der beiden Seiten. Sie wissen nicht, dass die Kultur der Amazonen regelmäßig ausgewählte Jungfrauen aussendet, um im Kampf eine Anzahl Männer zu erbeuten. Die Jünglinge sollen für den Fortbestand des Frauenstaates sorgen. Obwohl individuelle Liebe in diesem Ritus nicht vorgesehen ist, sucht Penthesilea im Kampfgeschehen intuitiv die Nähe zu dem Griechen Achilles, der sich gleichermaßen von ihr angezogen fühlt. Kampf und Liebe der beiden Hauptcharaktere bestimmen fortan den Klassiker »Penthesilea«. Das Drama »Penthesilea« von Heinrich von Kleist erschien 1808. Das Stück ist geprägt von der Verschränkung kriegerischer und erotischer Bilder, vom häufigem Wechsel zwischen dem Zartem und dem Brutalen. Mit dieser Ausrichtung des Dramas nimmt Kleist in »Penthesilea« eine zentrale Entwicklungstendenz des modernen Theaters und Films vorweg. Auch seine Auslegung der Liebe als Kampf der Geschlechter ist hoch aktuell.

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Penthesilea

TitelseitePersonenErster Auftritt.Zweiter Auftritt.Dritter AuftrittVierter Auftritt.Fünfter Auftritt.Sechster Auftritt.Siebenter Auftritt.Achter Auftritt.Neunter Auftritt.Zehnter Auftritt.Eilfter Auftritt.Zwölfter Auftritt.Dreizehnter Auftritt.Vierzehnter Auftritt.Fünfzehnter Auftritt.Sechzehnter Auftritt.Siebenzehnter Auftritt.Achtzehnter Auftritt.Neunzehnter Auftritt.Zwanzigster Auftritt.Einundzwanzigster Auftritt.Zweiundzwanzigster Auftritt.Dreiundzwanzigster Auftritt.Vierundzwanzigster Auftritt.Impressum

Heinrich von Kleist

Penthesilea

Erstmals erschienen 1808

Personen

Penthesilea, Königinn der Amazonen.

Prothoe,MeroeundAsteria, Fürstinnen der Amazonen.

Die Ober-Priesterinnen der Diana

Achilles,Odysseus,DiomedesundAntilochus, Könige des Griechenvolks.

GriechenundAmazonen

Szene: Schlachtfeld bei Troja.

Erster Auftritt.

OdysseusundDiomedes(von der einen Seite)Antilochus(von der andern)Gefolge(treten auf)

Antilochus.Seyd mir gegrüßt, ihr Könige! Wie geht's,Seit wir zuletzt bei Troja uns gesehn?

Odysseus.Schlecht, Antiloch. Du siehst auf diesen Feldern,Der Griechen und der Amazonen Heer,Wie zwei erboste Wölfe sich umkämpfen:Beim Jupiter! sie wissen nicht warum?Wenn Mars entrüstet, oder Delius,Den Stecken nicht ergreift, der WolkenrüttlerMit Donnerkeilen nicht dazwischen wettert:Todt sinken die Verbißnen heut noch nieder,Des einen Zahn im Schlund des anderen.Schafft einen Helm mit Wasser!

Antilochus.                                         Element!Was wollen diese Amazonen uns?

Odysseus.Wir zogen aus, auf des Atriden Rath,Mit der gesammten Schaar der Myrmidonen,Achill und ich; Penthesilea, hieß es,Sei in den scyth'schen Wäldern aufgestanden,Und führ' ein Heer, bedeckt mit Schlangenhäuten.Von Amazonen, heißer Kampflust voll,Durch der Gebirge Windungen heran,Den Priamus in Troja zu entsetzen.Am Ufer des Skamandros hören wir,Deiphobus auch, der Priamide, seiAus Ilium mit einer Schaar gezogen;Die Königinn, die ihm mit Hülfe naht,Nach Freundesart zu grüßen. Wir verschlingenDie Straße jetzt, uns zwischen dieser GegnerHeillosem Bündniß wehrend aufzupflanzen;Die ganze Nacht durch windet sich der Zug.Doch, bei des Morgens erster Dämmerröthe,Welch ein Erstaunen faßt' uns, Antiloch,Da wir, in einem weiten Thal vor uns,Mit des Deiphobus Iliern im KampfDie Amazonen sehn! Penthesilea,Wie Sturmwind ein zerrissenes Gewölk,Weht der Trojaner Reihen vor sich her,Als gält es über'n Hellespont hinaus,Hinweg vom Rund der Erde sie zu blasen.

Antilochus.Seltsam, bei unserm Gott!

Odysseus.                                 Wir sammeln uns,Der Trojer Flucht, die wetternd auf uns ein,Gleich einem Anfall keilt, zu widerstehen,Und dicht zur Mauer drängen wir die Spieße.Auf diesen Anblick stutzt der Priamide;Und wir, im kurzen Rath beschließen, gleich,Die Amazonenfürstinn zu begrüßen:Sie auch hat ihren Siegeslauf gehemmt.War je ein Rath einfältiger und besser?Hätt' ihn Athenä, wenn ich sie befragt,In's Ohr verständiger mir flüstern können?Sie muß, beim Hades! diese Jungfrau, doch,Die wie vom Himmel plötzlich, kampfgerüstet,In unsern Streit fällt, sich darin zu mischen,Sie muß zu Einer der Parthein sich schlagen;Und uns die Freundinn müssen wir sie glauben,Da sie sich Teukrischen die Feindinn zeigt.

Antilochus.Was sonst, beim Styx! Nichts anders giebt's.

Odysseus.                                                               Nun gut.Wir finden sie, die Heldinn Scythiens,Achill und ich – in kriegerischer FeierAn ihrer Jungfraun Spitze aufgepflanzt,Geschürzt, der Helmbusch wallt ihr von der Scheitel,Und seine Gold- und Purpurtroddeln regend,Zerstampft ihr Zelter unter ihr den Grund.Gedankenvoll, auf einen Augenblick,Sieht sie in unsre Schaar, von Ausdruck leer,Als ob in Stein gehau'n wir vor ihr stünden;Hier diese flache Hand, versichr' ich dich,Ist ausdrucksvoller als ihr Angesicht:Bis jetzt ihr Aug auf den Peliden trifft:Und Glut ihr plötzlich, bis zum Hals hinab,Das Antlitz färbt, als schlüge rings um ihrDie Welt in helle Flammenlohe auf.Sie schwingt, mit einer zuckenden Bewegung,– Und einen finstern Blick wirft sie auf ihn –Vom Rücken sich des Pferds herab, und fragt,Die Zügel einer Dien'rinn überliefernd,Was uns, in solchem Prachtzug, zu ihr führe.Ich jetzt, wie wir Argiver hoch erfreut,Auf eine Feindinn des Dardanervolks zu stoßen;Was für ein Haß den Priamiden längstEntbrannt sei in der Griechen Brust, wie nützlich,So ihr, wie uns, ein Bündniß würde sein;Und was der Augenblick noch sonst mir beut:Doch mit Erstaunen, in dem Fluß der Rede,Bemerk' ich, daß sie mich nicht hört. Sie wendet,Mit einem Ausdruck der Verwunderung,Gleich einem sechzehnjähr'gen Mädchen plötzlich,Das von olymp'schen Spielen wiederkehrt,Zu einer Freundinn, ihr zur Seite sich,Und ruft: solch einem Mann, o Prothoe, istOtrere, meine Mutter, nie begegnet!Die Freundinn, auf dies Wort betreten, schweigt,Achill und ich, wir sehn uns lächelnd an,Sie ruht, sie selbst, mit trunk'nem Blick schon wiederAuf des Äginers schimmernde Gestalt:Bis jen' ihr schüchtern naht, und sie erinnert,Daß sie mir noch die Antwort schuldig sei.Drauf mit der Wangen Roth, war's Wuth, war's Schaam,Die Rüstung wieder bis zum Gurt sich färbend,Verwirrt und stolz und wild zugleich: sie seiPenthesilea, kehrt sie sich zu mir,Der Amazonen Königinn, und werdeAus Köchern mir die Antwort übersenden!

Antilochus.So, Wort für Wort, der Bote, den du sandtest;Doch keiner in dem ganzen Griechenlager,Der ihn begriff.

Odysseus.                 Hierauf unwissend jetzt,Was wir von diesem Auftritt denken sollen,In grimmiger Beschämung gehn wir heim,Und sehn die Teukrischen, die unsre SchmachVon fern her, die hohnlächelnden, errathen,Wie im Triumph sich sammeln. Sie beschließenIm Wahn, sie seien die Begünstigten,Und nur ein Irrthum, der sich lösen müsse,Sei an dem Zorn der Amazone Schuld,Schnell ihr, durch einen Herold, Herz und Hand,Die sie verschmäht, von neuem anzutragen.Doch eh' der Bote, den sie senden wollen,Den Staub noch von der Rüstung abgeschüttelt,Stürzt die Kenthaurinn, mit verhängtem Zügel,Auf sie und uns schon, Griech' und Trojer, ein,Mit eines Waldstroms wüthendem ErgußDie Einen, wie die Andern, niederbrausend.

Antilochus.Ganz unerhört, ihr Danaer!

Odysseus.                                   Jetzt hebtEin Kampf an, wie er, seit die Furien walten,Noch nicht gekämpft ward auf der Erde RückenSo viel ich weiß, giebt es in der NaturKraft blos und ihren Widerstand, nichts Drittes.Was Glut des Feuers löscht, lös't Wasser siedendZu Dampf nicht auf und umgekehrt. Doch hierZeigt ein ergrimmter Feind von beiden sich,Bei dessen Eintritt nicht das Feuer weiß,Ob's mit dem Wasser rieseln soll, das WasserOb's mit dem Feuer himmelan soll lecken.Der Trojer wirft, gedrängt von Amazonen,Sich hinter eines Griechen Schild, der GriecheBefreit ihn von der Jungfrau, die ihn drängte,Und Griech' und Trojer müssen jetzt sich fast,Dem Raub der Helena zu Trotz, vereinen,Um dem gemeinen Feinde zu begegnen.(Ein Grieche bringt ihm Wasser.)Dank! Meine Zunge lechzt.

Diomedes.                                   Seit jenem TageGrollt über dieser Ebne unverrücktDie Schlacht, mit immer reger Wuth, wie einGewitter, zwischen waldgekrönter Felsen GipfelnGeklemmt. Als ich mit den Ätoliern gesternErschien, der unsern Reihen zu verstärken,Schlug sie mit Donnerkrachen eben ein,Als wollte sie den ganzen GriechenstammBis auf den Grund, die Wüthende, zerspalten.Der Krone ganze Blüthe liegt, Ariston,Astyanax, von Sturm herabgerüttelt,Menandros, auf dem Schlachtfeld da, den Lorbeer,Mit ihren jungen, schönen Leibern groß,Für diese kühne Tochter Ares, düngend.Mehr der Gefangnen siegreich nahm sie schon,Als sie uns Augen, sie zu missen, Arme,Sie wieder zu befrein, uns übrig ließ.

Antilochus.Und Niemand kann, was sie uns will ergründen?

Diomedes.Kein Mensch, das eben ist's: wohin wir spähendAuch des Gedankens Senkblei fallen lassen.– oft, aus der sonderbaren Wuth zu schließen,Mit welcher sie, im Kampfgewühl, den SohnDer Thetis sucht, scheint's uns, als ob ein HaßPersönlich wider ihn die Brust ihr füllte.So folgt, so hungerheiß, die Wölfinn nicht,Durch Wälder, die der Schnee bedeckt, der Beute,Die sich ihr Auge grimmig auserkohr,Als sie, durch unsre Schlachtreihn, dem Achill.Doch jüngst, in einem Augenblick, da schonSein Leben war in ihre Macht gegeben,Gab sie es lächelnd, ein Geschenk, ihm wieder:Er stieg zum Orkus, wenn sie ihn nicht hielt.

Antilochus.Wie? Wenn ihn wer? Die Königinn?

Diomedes.                                                   Sie selbst!Denn als sie, um die Abenddämmrung gestern,Im Kampf, Penthesilea und Achill,Einander trafen, stürmt Deiphobus her,Und auf der Jungfrau Seite hingestellt,Der Teukrische, trifft er dem PeleïdenMit einem tück'schen Schlag die Rüstung prasselnd,Daß rings der Ormen Wipfel wiederhallten.Die Königinn, entfärbt, läßt zwei MinutenDie Arme sinken: und die Locken dannEntrüstet um entflammte Wangen schüttelnd,Hebt sie vom Pferdes-Rücken hoch sich auf,Und senkt, wie aus dem Firmament geholt,Das Schwerdt ihm wetterstrahlend in den Hals,Daß er zu Füssen hin, der Unberufne,Dem Sohn, dem göttlichen, der Thetis rollt.Er jetzt, zum Dank, will ihr, der Peleïde,Ein Gleiches thun; doch sie bis auf den HalsGebückt, den mähnumflossenen, des Schecken,Der, in dem Goldzaum beißend, sich herumwirft,Weicht seinem Mordhieb aus, und schießt die Zügel,Und sieht sich um, und lächelt, und ist fort.

Antilochus.Ganz wunderbar!

Odysseus.                     Was bringst du uns von Troja?

Antilochus.Mich sendet Agamemnon her, und fragt dich,Ob Klugheit nicht, bei so gewandeltenVerhältnissen, den Rückzug dir gebiete.Uns gelt' es Iliums Mauern einzustürzen,Nicht einer freien Fürstinn Heereszug,Nach einem uns gleichgült'gen Ziel, zu stören.Falls du daher Gewißheit dir verschafft,Daß nicht mit Hülfe der DardanerburgPenthesilea naht, woll' er, daß ihrSogleich, um welchen Preis gleichviel, euch wiederIn die argivische Verschanzung werft.Verfolgt sie euch, so werd' er, der Atride,Dann an des Heeres Spitze selber sehn,Wozu sich diese räthselhafte SphinxIm Angesicht von Troja wird entscheiden.

Odysseus.Beim Jupiter! Der Meinung bin ich auch.Meint ihr, daß der Laertiade sichIn diesem sinnentblößten Kampf gefällt?Schafft den Peliden weg von diesem Platze!Denn wie die Dogg' entkoppelt, mit GeheulIn das Geweih des Hirsches fällt: der Jäger,Erfüllt von Sorge, lockt und ruft sie ab;Jedoch verbissen in des Prachtthiers Nacken,Tanzt sie durch Berge neben ihm, und Ströme,Fern in des Waldes Nacht hinein: so er,Der Rasende, seit in der Forst des KriegesDieß Wild sich von so seltner Art, ihm zeigte.Durchbort mit einem Pfeilschuß, ihn zu fesseln,Die Schenkel ihm: er weicht, so schwört er, eherVon dieser Amazone Ferse nicht,Bis er bei ihren seidnen Haaren sieVon dem gefleckten Tiegerpferd gerissen.Versuch's, o Antiloch, wenn's dir beliebtUnd sieh', was deine rednerische Kunst,Wenn seine Lippe schäumt, bei ihm vermag.

Diomedes.Laßt uns vereint, ihr Könige, noch einmalVernunft keilförmig, mit Gelassenheit,Auf seine rasende Entschließung setzen.Du wirst, erfindungsreicher Larissäer,Den Riß schon, den er beut, zu finden wissen.Weicht er dir nicht, wohlan, so will ich ihnMit zwei Ätoliern auf den Rücken nehmen,Und einem Klotz gleich, weil der Sinn ihm fehlt,In dem Argiverlager niederwerfen.

Ulysses.Folgt mir!

Antilochus.                Nun? Wer auch eilt uns dort heran?

Diomedes.Es ist Adrast. So bleich und so verstöhrt.

Zweiter Auftritt.

DieVorigen. EinHauptmann. (tritt auf)

Odysseus.Was bringst du?

Diomedes.                 Botschaft?

Der Hauptmann.                         Euch die ödeste,Die euer Ohr noch je vernahm.

Diomedes.                                          Wie?

Odysseus.                                                    Rede!

Der Hauptmann.Achill – ist in der Amazonen Händen,Und Pergams Mauern fallen jezt nicht um.

Diomedes.Ihr Götter. ihr olympischen!

Odysseus.                                     Unglücksbote!

Antilochus.Wann trug, wo, das Entsetzliche sich zu?

Der Hauptmann.Ein neuer Anfall, heiß, wie Wetterstrahl,Schmolz, dieser wutherfüllten Mavorstöchter,Rings der Ätolier wackre Reihen hin,Auf uns, wie Wassersturz, hernieder sie,Die unbesiegten Myrmidonier, gießend.Vergebens drängen wir dem FluchtgewogEntgegen uns: in wilder ÜberschwemmungReißt's uns vom Kampfplatz strudelnd mit sich fort:Und eher nicht vermögen wir den Fuß,Als fern von dem Peliden fest zu setzen.Erst jetzo wickelt er, umstarrt von Spießen,Sich aus der Nacht des Kampfes los, er rolltVon eines Hügels Spitze scheu herab,Auf uns kehrt glücklich sich sein Lauf, wir sendenAufjauchzend ihm den Rettungsgruß schon zu:Doch es erstirbt der Laut im Busen uns,Da plötzlich jetzt sein Viergespann zurückVor einem Abgrund stutzt, und hoch aus WolkenIn grause Tiefe bäumend niederschaut.Vergebens jetzt, in der er Meister ist,Des Isthmus ganze vielgeübte Kunst:Das Roßgeschwader wendet, das erschrockne,Die Häupter rückwärts in die Geißelhiebe,Und im verworrenen Geschirre fallend,Zum Chaos, Pferd' und Wagen, eingestürzt,Liegt unser Göttersohn, mit seinem Fuhrwerk,Wie in der Schlinge eingefangen da.

Antilochus.Der Rasende! Wohin treibt ihn – ?

Der Hauptmann.                                     Es stürztAutomedon, des Fahrzeugs rüst'ger Lenker,In die Verwirrung hurtig sich der Rosse:Er hilft dem Viergekoppel wieder auf.Doch eh' er noch aus allen Knoten ringsDie Schenkel, die verwickelten, gelös't,Sprengt schon die Königinn, mit einem SchwarmSiegreicher Amazonen, ins Geklüft,Jedweden Weg zur Rettung ihm versperrend.

Antilochus.Ihr Himmlischen!

Der Hauptmann.         Sie hemmt, Staub rings umqualmt sie,Des Zelters flücht'gen Lauf, und hoch zum GipfelDas Angesicht, das funkelnde, gekehrt,Mißt sie, auf einen Augenblick, die Wand:Der Helmbusch selbst, als ob er sich entsetzte,Reißt bei der Scheitel sie von hinten nieder.Drauf plötzlich jetzt legt sie die Zügel weg:Man sieht, gleich einer Schwindelnden, sie hastigDie Stirn, von einer Lockenfluth umwallt,In ihre beiden kleinen Hände drücken.Bestürzt, bei diesem sonderbaren Anblick,Umwimmeln alle Jungfraun sie, mit heißEindringlicher Gebährde sie beschwörend;Die Eine, die zunächst verwandt ihr scheint,Schlingt ihren Arm um sie, indeß die AndreEntschloßner noch, des Pferdes Zügel greift:Man will den Fortschritt mit Gewalt ihr wehren,Doch sie –

Diomedes. Wie? wagt sie es?

Antilochus.                             Nein, sprich!

Der Hauptmann.                                           Ihr hörts.Umsonst sind die Versuche, sie zu halten,Sie drängt mit sanfter Macht von beiden SeitenDie Fraun hinweg, und im unruhigen TrabeAn dem Geklüfte auf und nieder streifend,Sucht sie, ob nicht ein schmaler Pfad sich bieteFür einen Wunsch, der keine Flügel hat;Drauf jetzt, gleich einer Rasenden, sieht manEmpor sie an des Felsens Wände klimmen,Jetzt hier, in glühender Begier, jetzt dort,Unsinn'ger Hoffnung voll, auf diesem WegeDie Beute, die im Garn liegt, zu erhaschen.Jetzt hat sie jeden sanftern Riß versucht,Den sich im Fels der Regen ausgewaschen;Der Absturz ist, sie sieht es, unersteiglich;Doch, wie beraubt des Urtheils, kehrt sie um,Und fängt, als wär's von vorn, zu klettern an.Und schwingt, die Unverdrossene, sich wirklichAuf Pfaden, die des Wandrers Fußtritt scheut,Schwingt sich des Gipfels höchstem Rande näherUm einer Orme Höh; und da sie jetzt auf einemGranitblock steht, von nicht mehr FlächenraumAls eine Gemse sich zu halten braucht;Von ragendem Geklüfte rings geschreckt,Den Schritt nicht vorwärts mehr, nicht rückwärts wagt;Der Weiber Angstgeschrei durchkreischt die Luft:Stürzt sie urplötzlich, Roß und Reuterinn,Von los sich lösendem Gestein umprasselt,Als ob sie in den Orkus führe, schmetterndBis an des Felsens tiefsten Fuß zurück,Und bricht den Hals sich nicht und lernt auch nichts:Sie rafft sich bloß zu neuem Klimmen auf.

Antilochus.Seht die Hyäne, die blind-wüthende!

Odysseus.Nun? Und Automedon?

Der Hauptmann.                   Er endlich schwingt,Das Fahrzeug steht, die Rosse auch, geordnet –Hephästos hätt' in so viel Zeit fast neuDen ganzen erznen Wagen schmieden können –Er schwingt dem Sitz sich zu, und greift die Zügel:Ein Stein fällt uns Argivern von der Brust.Doch eben jezt, da er die Pferde wendet,Erspähn die Amazonen einen Pfad,Dem Gipfel sanfthin zugeführt, und rufen,Das Thal rings mit Geschrei des Jubels füllend,Die Königinn dahin, die sinnberaubte,Die immer noch des Felsens Sturz versucht.Sie, auf dies Wort, das Roß zurücke werfend,Rasch einen Blick den Pfad schickt sie hinan;Und dem gestreckten Parder gleich, folgt sieDem Blick auch auf dem Fuß: er, der Pelide,Entwich zwar mit den Rossen, rückwärts strebend;Doch in den Gründen bald verschwand er mir,Und was aus ihm geworden, weiß ich nicht.

Antilochus.Verloren ist er!

Diomedes.                 Auf! Was thun wir, Freunde?

Odysseus.Was unser Herz, ihr Könige, gebeut!Auf! laßt uns ihn der Königinn entreißen!Gilt's einen Kampf um ihn auf Tod und Leben:Den Kampf bei den Atriden fecht' ich aus.

Odysseus, Diomedes, Antilochus (ab.)

Dritter Auftritt

DerHauptmann