Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Viele Menschen werden von den dynamischen Veränderungen und aktuellen Bedingungen am Arbeitsplatz schlichtweg überrollt. Dieses Buch möchte Ihnen Erfahrungen und Impulse für ein modernes und Werte orientiertes Management mitgeben. Neben neuen und überarbeiteten Ansätzen zum Führen von Mitarbeitern werden u.a. auch die Implikationen unserer Megatrends wie demographische Entwicklung - Stichwort "Generation Y" und „Big Data“ betrachtet. Als eine mögliche Lösungsoption werden die Anforderungen an den Einsatz eines Interim Managers und seine strategische Ausrichtung her diskutiert. Die Artikel sind mit Blick auf eine möglichst breite Abdeckung von aktuellen Fragestellungen sowie einem Gleichgewicht der sichten aus Führung/Organisation und Technologie ausgewählt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 186
Veröffentlichungsjahr: 2014
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Schon unserer Großeltern wussten: „Obacht bei der Berufswahl!“, macht doch die Arbeit einen Großteil der Lebenszeit aus.
Fragt man heute wirklich einmal konkret nach, wem aktuell der eigene Job Erfüllung und Spaß bringt, schaut man meist in ziemlich ungläubige oder leere Gesichter, abgesehen von denen, die quasi ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Und das ist kein Wunder, denn viele Menschen werden von den Veränderungen und Bedingungen am Arbeitsplatz schlichtweg überrollt. Wesentliche gesellschaftliche und technologische Veränderungen finden gerade zeitgleich statt.
Während die Generation Y mit neuen Schlüsselkenntnissen und teilweise auch sehr konservativen Wertvorstellungen nach Sicherheit und Sinn den Arbeitsmarkt erobert, ist die Vermessung von Prozessen und Leistungen sowie die ständige Verfügbarkeit von integrierten Cloud-Services und Vernetzung von Prozessdaten (Big Data) gerade erst am Anfang Ihrer Entwicklung. Zu dem weiter bestehenden Druck zum Outsourcing und damit verbundenem Herunterfahren der Belegschaften auf eine „Retained Organisation“ kommt auch noch die Wirkung der Demographie hinzu. Beide Trends lassen den Grad der Herausforderungen und die Arbeitsverdichtung am Arbeitsplatz weiter steigen.
Wir als Herausgeber denken, dass sich vor dem Hintergrund dieser Gesamtsituation der Einzelne auf die Elemente konzentrieren sollte, die sich wirklich verändern lassen. Analog zu den Vineyard Management Consulting-Büchern der letzten Jahre, beleuchten die Autoren unterschiedlichste Aspekte zu veränderten Arbeitsbedingungen und Führungsmodellen.
An dieser Stelle gilt unser herzlicher Dank allen Autoren für ihre Beiträge und ihren Einsatz, da ohne sie dieses Buch nicht in diesem Umfang und dieser Form möglich gewesen wäre.
Während der erste Artikel Management-Tools und Mindsets für erfolgreiche Veränderungen betrachten, stellt der zweite Artikel vor, wo die Chancen für Unternehmen im Interim Management liegen. Der dritte Beitrag kommt verstärkt aus einer technologischen Sicht und leitet daraus die nächsten tiefgreifenden Veränderungen einer veränderten Arbeitswelt ab.
Wie Personalabteilungen aufgestellt sein sollten, um mit Personalrisiken vor dem Hintergrund der genannten Trends zeitnah und wirkungsvoll umgehen zu können, diskutiert ein weiterer Artikel und stellt hierzu einen ganzheitlichen Ansatz basierend auf der Rolle des HR Business Partners vor.
Darauffolgend beschäftigt sich ein Beitrag mit der Frage, wie sich Organisationen effektiv auf typische interkulturelle Herausforderungen der Zusammenarbeit vorbereiten können.
Abschließend wird diskutiert, ob sich Menschen unter den aktuellen und zukünftigen Rahmenbedingungen wirklich managen lassen. Zentraler Aspekt ist dabei, wie am besten Potentiale von Mitarbeitern genutzt werden können – u.a. auch durch eine Rückbesinnung auf werteorientierte Führungsmodelle.
Den Abschluss bildet ein Beitrag, wie heutzutage Anreizsysteme mit Blick auf die Demographie und die Altersstruktur im Unternehmen gezielt genutzt werden können, um Mitarbeiter aktiv zu gewinnen, zu belohnen, zu motivieren, wertzuschätzen und zu binden.
Mit den Anregungen dieser Beiträge – und natürlich auch gerne zusammen mit der Unterstützung der hier erscheinenden Autoren und Kontakte – wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer zukünftigen Veränderungsvorhaben... und nicht zuletzt: viel Spaß und viele neue Ideen bei der Lektüre.
Alle Informationen in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autoren noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.
In diesem Buch werden eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet. Auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen.
I. Navigation im Nebel: Leadership x.0 – Warum Führung neue Tools & Mindsets braucht
1 Grummeln im Bauch
2 VUCA, Y & What’s App – die Ursachen des Unbehagens
3 Adieu, Autorität – und andere Paradigmenwechsel
4 Kommunikation: Sprechen Sie VUCA?
5 Führung: eine Navigationshilfe nach x.0
II. Interim Management
1 Ursprung und Entwicklung
2 Was ist Interim Management?
3 Welchen Nutzen bietet Interim Management?
4 Die Herausforderungen der Arbeitswelt verändern sich
III. Die Neue Welt der Arbeit
1 Die Welt im Wandel
2 Die Zukunft der Arbeit: Mobile First – Cloud First
3 Resümee und Ausblick
IV. HR Risk Management: Wie Personaler HR Risiken besser erkennen, steuern und managen können
1 Stärkere strategische Ausrichtung der Personalarbeit gefordert
2 Wie steht es um die strategische Ausrichtung der Personalarbeit und das systematisch betriebene HR Risk Management?
3 Was kann getan werden, um in der Personalarbeit strategisch besser und risikoadäquater ausgerichtet zu sein?
4 Welche Rolle spielen Personaler als HR Risk Manager im HR Risk Managementprozess?
5 Wie sehen die Elemente des Regelkreislaufs eines HR-prozessorientierten Risk Managements aus?
6 Auf welche Unterstützung können HR Risk Manager hoffen?
7 Zusammenfassung und Fazit
V. Die Globalisierung besser nutzen durch interkulturelle Kompetenz
1 Einleitung
3 In medias res
4 Eine alte Bekannte: die Globalisierung
5 Herausforderungen für Führungskräfte und deren Mitarbeiter
6 Der Mensch im Mittelpunkt
7 Wie kann ich als Führungskraft meinen Mitarbeiter unterstützen?
8 Status Quo
9 Nehmen wir einmal an…
10 Globalisierung als Chance
11 Ein kleines Experiment
12 Führen, fördern, managen
VI. Zwischen Anpassungsdruck und Verweigerung - oder: Kann man Menschen
managen?
1 Szenario 2.0 - Die Realität
2 Wohlstandsverwahrlosung in Unternehmen - Hintergründe und Beispiele aus der Praxis
3 Sinnhaftigkeit, Wertschätzung und Resonanz - Erkenntnisse und Ziele
4 Einfach und wirksam: Zurück zu den Wurzeln - Methoden und Vorschläge
5 Individuelle Potenzial-Entfaltung durch stimmiges Gesamtkonzept - Fazit
VII. Anreizsysteme: Anwerben, Motivieren, Wertschätzen, Belohnen, Binden – richtig eingesetzt, ein elementarer Bestandteil einer HR Strategie und des Projektgeschäfts 105
1 People Management und Anreizsysteme
2 Fachkräftemangel – Motivation für den Einsatz von Anreizsystemen
3 Anreizsysteme – Incentives
4 Grenzen der Anreizsysteme
5 Erfolgsfaktoren der Anreizsysteme
6 Neue Trends für Anreizsysteme
7 Anreizsysteme – Die Lehren
VIII. Über die Autoren
Jede Menge Jugendstudien gelesen, tausend top-aktuelle Trendreports inhaliert, milde gelächelt über moderne Leadership-Ansätze. Arbeitswelt ändert sich. Danke, verstanden. Been there, done that.
Und dann dieser Moment, in dem das coole Management-Hirn ins Schwitzen kommt, weil erstmals auch der Bauch Alarm schlägt. „Ich weiß nicht warum, aber die guten Jungen bleiben uns einfach nicht“, sagen mehrere Teilnehmer einer Führungskräfte-Schulung zum Thema „Generation Y“ in einem großen österreichischen Infrastruktur-Unternehmen. „Unsere überformalisierten, extrem hierarchischen, oft zu Tode administrierten Prozesse stoßen nicht einmal mehr auf Kritik bei den Nachwuchskräften – die finden sie einfach nur lächerlich und verweigern schlicht, ihre gute Ideen in solchen Abläufen zerreiben zu lassen“, spürt die Marketingleiterin eines weltweit tätigen Bautechnik-Pioniers. „Wie soll ich denn noch Werte und Ziele vermitteln, wenn ich nicht einmal weiß, ob uns das Headquarter im nächsten Quartal nicht die lokale Niederlassung zusperrt?“, klagt der General Manager eines internationalen Pharmakonzerns im Beratungstermin zur Vorbereitung der Weihnachtsrede.
Die Liste solcher Aha-Erlebnisse, wie sie die Autorinnen in ihrer Beratungstätigkeit der letzten Jahre sammeln konnten, ließe sich lange fortsetzen. Vor allem aber lässt sich die Phänomenologie der diffusen Führungs-Zweifel auf eine klare Formel bringen:
Leadership x.0 steht für Führung als offenes System. Es steht für die Forderung, tradierte Modelle der Motivation, Kommunikation und organisationalen Strukturierung zugunsten situativer Adaption und kontinuierlicher Weiterentwicklung hinter sich zu lassen. Und freudig damit zu leben, dass Führung zur Lifelong Learning Task geworden ist.
Als Unterstützung bei der Selbst-(Hin-)Führung zu Leadership x.0 kann dienen, die Ursachen des veränderten Organisations-Geschehens zu überblicken und in den Treibern des Wandels nicht nur den Komfort-Verlust, sondern auch ihre positiven Potenziale zu erkennen.
Volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig – oder, den englischen Begriffen volatility, uncertainty, complexity und ambiguity folgend, VUCA. So ist die Business-Welt charakterisiert, seit sich Globalisierung mit Wirtschaftskrisen und Technologie-Sprünge mit Kultur-Konflikten zu einem explosiven Cocktail mischen. Die praktischen Auswirkungen prägen das Erleben im aktuellen Management-Alltag:
Komplexität auf Speed.
Hier immer stärker fordernde Markt- und Stakeholder-Umfelder, dort zunehmende finanzielle und regulatorische Einschränkungen – und das alles permanent im Fluss. Das ist wie Jonglieren, Hochseil und Löwenkäfig gleichzeitig im 24/7 Business-Zirkus.
Zielen ohne Fernrohr.
Die Unvorhersehbarkeit vieler Entwicklungen und die weltweite Verzahnung von Effekt und Wirkung erzeugt belastende Dynamik. Die Urteilsfähigkeit steht bei so viel Instabilität vor harten Proben, Entscheiden wird zur „experimentellen Challenge“ (Leadership 3.0, 2011).
Agieren auf offener Bühne.
Verstecken und Durchtauchen ist nicht mehr. Fehler werden gnadenlos aufgedeckt. In atemberaubendem Tempo und vor globalem Publikum. Achim Feige (Good Business, 2010) beschreibt es treffend: „Die Welt hat eine Dichte erlangt, in der die Tat gnadenlos zum Täter zurückkehrt.“
Wackeliger Wissensstand.
In den 90er-Jahren, so schätzten Informatiker für die Redaktion des „Spiegel“, verdoppelte sich die Menge alles Wissens auf dieser Welt etwa alle fünf Jahre. Heute sind wir ein paar exponentielle Beschleunigungen weiter. „Wissen hat das Verfallsdatum von Südfrüchten“, sagt der deutsche Psychiater Fritz B. Simon (brandeins, 2011) und propagiert „Entlernen“, um nicht vom Alten blockiert und vom Neuen überrollt zu werden.
Schon diese Veränderungen im Management-Alltag fordern neben gezielter Selbstführung im VUCA-Umfeld vor allem ganzheitliche Selbstfürsorge von Leadern, die bestehen wollen. Es gibt aber noch weitere Einflüsse, die mit etlichen Führungs-Traditionen kurzen Prozess gemacht haben.
So wirkt sich etwa der technologische Fortschritt aus, Stichworte Digitalisierung und Virtualisierung. Worldwide Web und digitale Applikationen sind Grundvoraussetzung für den rasanten Fortschritt in der Globalisierung unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehens. Die neuen Kanäle und Funktionalitäten haben aber auch unsere Business-Biotope gehörig aufgemischt. Effekte zeigen sich am deutlichsten in folgenden Bereichen:
Markt & Mitbewerb:
Nicht nur die Musikindustrie kann ein Lied davon singen, wie schnell ein Geschäftsmodell in Schwierigkeiten kommt, wenn die „Objekte ihre physikalischen Beschränkungen verlieren“, wie Marketing-Professor Ralf T. Kreutzer von der Berlin School of Economics and Law postuliert (Digitaler Darwinismus, 2013). Der Vorteil der digitalen Revolution: Neue Player, die mit der modernen Marktlandschaft umgehen können, sind schnell stark im Spiel. Der Nachteil ist das „Bubble-Risiko“: Die Krise der New Economy zu Beginn der 2000er-Jahre hat vorgeführt, wie etwas zu rasch zu groß Gewordenes wieder abstürzt. Und wie ist es heute zu interpretieren, wenn ein virtueller Gigant wie Facebook mit seinen rund 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Börsenwert hat als BMW und Daimler Benz zusammen? Welche Schlüsse sollen daraus für die Weiterentwicklung der eigenen Unternehmensstrategie gezogen werden? Da ist – siehe VUCA – die Urteilsfähigkeit gefordert.
Organisationale Prozesse und Strukturen:
„Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch …“ – fast jeder kennt sie, die ausgefeilten CRM-Taktiken eines großen Online-Versandanbieters. Sie stehen beispielhaft für den Imperativ, „Big Data“ nicht nur zu sammeln, sondern mit Data Mining und Data Analytics zu einer quasi auf den einzelnen Kunden heruntergebrochenen Personalisierung und Individualisierung von Ansprache, Angebot und Anliegens-Behandlung zu kommen. Die CRM-Spezialisten von Ogilvy (The Future of Loyalty, 2014) weisen auf die großen Potenziale digitalisierten Beziehungsmanagements hin. Halbherzigkeiten in diesem Handlungsfeld erteilen sie jedoch eine ganz klare Absage: Programme, die Kundendaten generieren, aber dann nicht nützen, sind, so die BeraterInnen, nichts als ein „teures Spielzeug“.
Der zweite zentrale Aspekt der virtualisierten Organisation betrifft Kooperations- und Führungs-Strukturen, also die unternehmensinternen Teile des Beziehungsmanagements. Auf der Haben-Seite der modernen Möglichkeiten stehen globale Vernetzung, Flexibilität und Unmittelbarkeit sowie theoretisch grenzenloses Wissens- und Fähigkeiten-Management. Der regionale Verkaufsleitungen, die ihre jeweiligen Teammitglieder in -zig fernen Ländern koordinieren und führen, werden damit ebenso möglich wie die affiliierten Innovationspartner am anderen Ende der Welt oder progressive Teleworking-Modelle für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (beziehungsweise für die Einsparung von Office-Quadratmetern). Allerdings ist diese Form des Arbeitens, Führens und Geführt-Werdens dem sozialen Wesen Mensch noch keinesfalls in Fleisch und Blut übergegangen. Im Gegenteil. Laut einer Studie der Hay Group Unternehmensberatung (Führung virtueller Teams, 2013) sind nur 34 % der befragten MitarbeiterInnen globaler Unternehmen damit zufrieden, wie in ihren Organisationen mit Virtualisierung umgegangen wird. Eine Deloitte-Untersuchung (Flexible Working, 2012) ortet die wichtigsten Probleme:
Und selbst die hoch affine, junge Workforce eines international führenden Anbieters von Finanzinformationen gab im Rahmen ein internen Forschungsprojektes (ThomsonReuters Österreich, 2011) zu Protokoll, dass der virtuelle Austausch zwar für die aufgabenbezogene Kommunikation, nicht jedoch für informellen Dialog und das soziale Miteinander – somit also auch für die Führungsarbeit – geeignet sei.
Kommunikation & Reputation:
Selbst wenn viele traditionell sozialisierte Führungskräfte noch nach dem Prinzip agieren, „Was ich nicht seh‘, das ist nicht da“ (Leadership 3.0, 2011) – What’sApp, Facebook, Instagram & Co. haben der Art, wie wir mit- und übereinander sprechen, ihren Stempel aufgedrückt. Am häufigsten nennen Manager die durch digitale und soziale Medien gestiegene Geschwindigkeit und die erforderliche Individualisierung der Kommunikation als negative Nebeneffekte (Digitaler Darwinismus, 2013). Die kulturverändernde Prägung reicht aber weit tiefer: Rating, Voting, Gaming, Chatting – das alles ist Einfluss hinter einer unmittelbaren, auch unmittelbar wertenden, spielerisch streitbaren Kommunikation, die noch vor wenigen Jahren im geschäftlichen Dialog undenkbar gewesen wäre. Heute erreicht dieser Stil die Vorstands-Etagen. Und weil das mitten in die Selbstwahrnehmung der Top-Player trifft, verstört dieser Kulturwandel manche Führungskraft mehr als die Tatsache, dass Digital & Social die gelernten Gepflogenheiten zentraler Unternehmensfunktionen über den Haufen wirft.
Der dritte wesentliche Change-Faktor erklärt sich aus dem Generationen-Mix am Arbeitsmarkt. Inklusive der allerletzten Traditionalisten, die mit geradezu militärischer Disziplin aus dem Nachkriegs-Chaos führten, und der allerersten Millenials, die früher übers Tablet wischen als sprechen konnten, sind momentan bis zu fünf verschiedene Generationen in einer Organisation vertreten. Aber selbst, wenn man die ganz Alten und die ganz Jungen weglässt, ergibt sich noch ein gehöriger Culture Clash zwischen den Werten und Treibern der Baby Boomer (1946 – 1964 geboren) und den zwischen 1981 und 2000 geborenen Generation-Y-Vertretern.
In einer früheren Publikation (Leadership 3.0, 2011) haben sich die Autorinnen dieses Beitrags sehr ausführlich mit der unterschiedlichen Sozialisierung der Generationen und den dadurch entstehenden Verwerfungen eines demografisch getrieben und in Umwälzung befindlichen Arbeitsmarktes auseinander gesetzt. Der folgende Überblick zeigt die wichtigsten Differenzen auf:
Quelle: Leadership 3.0, 2011
Die direkte Gegenüberstellung veranschaulicht die große Herausforderung bei der Mitarbeiterführung: Das Segment der Generation X ist zu klein für eine kontinuierliche Generationen-Ablöse. Daher muss der Personalbedarf einerseits aus den zu „Golden Agers“ gewordenen Baby Boomern gedeckt werden, und andererseits eben aus den Jungen, die allen Schätzungen nach rund um 2020 weltweit bereits die Hälfte aller Erwerbstätigen stellen. Wobei die älteren ArbeitnehmerInnen primär dem Personalmanagement – Weiterbildung, Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung, Diversity & Inclusion – neue Aufgaben liefern, die Jungen hingegen zur strukturellen Neuaufstellung auch noch radikalen Kulturwechsel bei Motivation und Kommunikation verlangen.
Bei der Bewertung der Newcomer am Arbeitsmarkt gilt es jedoch immer, zu differenzieren: Es gibt selbst in hoch entwickelten Gesellschaften einen beträchtlichen „No Future“-Anteil unter jungen Menschen, nennenswert große Gruppen schrammen am funktionalen Analphabetismus entlang, nicht alle sind um teures Geld gut ausgebildete, weltveränderungswillige, mobile und innovative Multimedia-Zampanos. Allerdings sind es genau diese High Potentials, an denen Unternehmen hauptsächlich Interesse haben. Darum boomen die Versuche, ihre Motive und Werthaltungen zu erkunden. Und gipfeln in fallweise recht unterhaltsamen Experimenten, diese so auf Individualität und persönliche Einzigartigkeit gepolten Menschen in Kategorien zu pressen. So clusterte etwa die deutsche Medienfabrik Embrace beispielsweise kürzlich für ihre Veröffentlichung „Karriere trifft Sinn“ (zitiert in Wirtschaftsblatt, Juni 2014) nach 1980 geborene Arbeitskräfte in die Typen „Karriere-Kai“, „Sucher-Simon“, „Familien-Franzi“, „Alles-Anna“ und „Helfer-Hannes“.
Die jungen Generationen geben sich aber ohnehin längst nicht mehr damit zufrieden, von anderen, meist viel Älteren, analysiert und charakterisiert zu werden. Y-AutorInnen wie Philipp Riederle (Wer wir sind und was wir wollen, 2013), Thorsten Reiter (Blog „That’s Y“, seit 2012) oder Kerstin Bund (Glück schlägt Geld, 2014) wehren sich zu Recht gegen Diagnosen, Ypsilons und Millenials wären verwöhnt, faul und flatterhaft. Andererseits bestätigen sie die seriösen soziologischen und psychografischen Befunde: Arbeit muss Sinn machen, Freude gehört dazu, das Leben passiert auch im Job und nicht nur davor oder danach, zeitlich-örtliche Grenzenlosigkeit im Agieren und Kommunizieren ist selbstverständlich, und gegen gesunde Egozentrik soll bitte keiner was sagen.
Eine interessante Stellung in diesem Generationen-Biotop nehmen die VertreterInnen der X-Fraktion ein: Zwar zahlenmäßig klein, besetzen sie heute eine große Zahl mittlerer und oberer Führungspositionen, sind also stark verantwortlich für die strukturelle und kulturelle Steuerung des Generationen-Übergangs. Eine große, generationen-spezifische Studie von Ernst & Young (2013) weist ihnen zudem im Vergleich zu Baby Boomern und Ypsilons die beste Ausstattung an Leadership-Fähigkeiten aus, um mit den Herausforderungen des Wandels umzugehen.
Eine vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung beauftragte und von Christiane Funken, Professorin für Mediensoziologie und Geschlechterforschung an der Technischen Universität zu Berlin, durchgeführte Untersuchung (Generation 35+ - Aufstieg oder Ausstieg, 2013) kommt hinsichtlich der X-Führungskräfte zu einem interessanten Befund. Funken und ihr Team teilen die X-Bosse in drei Gruppen:
Die
„Kulturkritischen“
sind macht-, status- und aufstiegsgetrieben in der Art der Baby Boomer, empfinden herkömmliche Konzern-Kulturen aber als manifeste Behinderungen ihres Bestrebens, Dinge zum Besseren zu verändern. Sie erkennen das Gap zwischen der Behauptung einer partizipativ-kreativen Unternehmenskultur und den erdrückenden Tatsachen hierarchisch-zentralistischer Organisationen, die von ihren Mitarbeitern hauptsächlich eines wollen: angepasste Erfüllungs-Hilfe. Diese kulturkritischen X-Manager leisten zwar ambitionierte Arbeit, denken ihren Exit aber schon mit – am liebsten einen Ausstieg in Richtung kleinerer Strukturen, also in die Selbständigkeit oder in Familien- bzw. eigentümergeführte Unternehmen, die als echter und authentischer empfunden werden.
Die
„Dynamischen“
wiederum nehmen das volatile Wirtschaftsgeschehen eher im Stil der Ypsilons. Karriere wird nicht langfristig geplant. Stattdessen ist man flexibel und veränderungsbereit, mit nach allen Richtungen offenen Augen für Chancen inund außerhalb des Unternehmens. Karriere passiert sozusagen „on the go“, mal in der Linie, mal im Projekt, mal hier, mal dort. Hauptsache: kein Stillstand. Loyalität: Nebensache.
Und schließlich sind da noch die
„Entschleuniger“:
Dass sie Führungspositionen besetzen, liegt selten daran, dass sie sie haben wollten. Meist resultiert ihr bisheriger Aufstieg aus hohen fachlichen Fähigkeiten und Förderung durch andere. Das typische „Rattenrennen“ typischer Konzern-Karrieristen ist ihnen ebenso zuwider wie von Quartalsergebnissen getriebener Pseudo-Aktivismus und Personalentwicklung, die nur den starren Blick nach oben kennt. Ihr Ausweg: Sie verweigern Organisationen die Bereitstellung ihrer durchaus wertvollen Ressourcen (etwa Fachkenntnis oder ganzheitlich-nachhaltige Orientierung) für höhere Ebenen – indem sie bewusst auf weiteren Aufstieg verzichten.
Fazit: Die ManagerInnen der Generation X tragen sowohl die karriere-konservativen Anteile der Baby Boomer als auch die organisations- und kultur-kritischen Facetten der Ypsilons in sich. Sie könnten also einerseits ausreichend verständnisvoll und andererseits unzufrieden genug sein, um den Veränderungsprozess in verträglicher Dynamik auf die Reise zu bringen.
In der von VUCA, Y und What’sApp geprägten, neuen Unternehmenswelt müssen sich Führungskräfte am Aufbruch zu Leadership x.0 von einigen gut gelernten Gepflogenheiten verabschieden. Manche Paradigmenwechsel lassen sich rational bearbeiten, einige jedoch haben Potenzial zur Erschütterung der eigenen Selbstwahrnehmung, was – wie die Beratungserfahrung der Autorinnen dieses Beitrags lehrt – oft größere und zudem schwieriger verort- bzw. besprechbare Probleme im Change Management verursacht als die strukturellen Anforderungen einer zeitgemäß justierten Organisation.
Die heißesten Eisen der kulturellen Veränderung:
Adieu, Autorität.
Formale Führung und allein auf Organigrammen basierende Positionsmacht-Ansprüche sind passé angesichts einer nachfolgenden Workforce, die Autorität nicht einfach so anerkennt, sondern buchstäblich „verleiht“: kraft Fachkompetenz, Charisma, Integrität und Glaubwürdigkeit – nachhaltig gezeigt und wiederholt bewiesen.
Leb wohl, Loyalität.
Die Jobwechsel-Bereitschaft ist bei VertreterInnen der Generation Y knapp doppelt so hoch wie bei Baby Boomern (The New Employee-Employer Equation, The Concourse Group and Age Wave, 2004). Auch jüngere Befunde wie der von Monika Hamori, Professorin für Personalmanagement an der IE Business School Madrid (zitiert in: Harvard Business Manager, Dezember 2011) bestätigen: Anders als ihre Väter und Mütter hat die junge Arbeitskräfte-Generation keine Angst vor einem Jobwechsel. Ihre Loyalität ist rein geschäftsmäßig. Unternehmen sollten sich also wenig Hoffnung machen, alte Zustände konservieren zu können. Selbst bei bester Führung werden Ypsilons und Millenials weit höhere Aufgaben an Fluktuations- und Wissensmanagement stellen als ihre X- und Baby-Boomer-Vorgänger.
Vorgaben vorleben.
Job Description, halbjährliches Mitarbeitergespräch, Zielvorgabe, Evaluierung, Bewertung, Dankeschön, Auf Wiedersehen bis zum nächsten Mal? Das geht nicht mehr mit den nachdrängenden Generationen am Arbeitsmarkt. Sie wollen Führungspersonen zum Anfassen und Austauschen, zum Fragen und Hinterfragen, als Role Model und als Reibebaum. Ihrer Vorbildwirkung sollten sich Leader also mehr denn je bewusst sein.
Schönes Scheitern.
„Failure is no option“, das war mal. Nicht nur die VUCA-Welt, sondern auch das Selbstverständnis der Ypsilons verlangen nach Experimentierbereitschaft. Die prototypischen jungen MitarbeiterInnen wollen keine dürren Targets, sondern Chancen und anspruchsvolle Aufgaben. In denen man sie auch mal – gut abgesichert – scheitern lässt. Aus Management-Sicht bedeutet das: Es lebe der Plan B.
Ausgewogene Augenhöhe.
Unternehmensführungen müssen neuen Mitarbeiter-Generationen buchstäblich entgegen kommen. Und sich auch mal nahe kommen lassen. Das jedoch mit Betonung auf „auch mal“: Gefragt ist die feinfühlige Balance zwischen Distanz und Nähe. Allzu kontrollierende Bosse werden nicht geschätzt, allzu hemdsärmelige nicht respektiert, allzu abgehobene nicht ernst genommen.
Killer Kaskaden-Sprech.
Ähnlich anspruchsvoll wie die Nähe-Distanz-Balance ist das Bedürfnis nach authentischem Dialog. Es wird nicht mehr in hierarchischen Befehlsketten gedacht – weder beim Empfangen noch beim Senden von Information. Praktisch bedeutet das: Führungskräfte dürfen sich nicht mehr darauf verlassen, dass Junioren in Meetings ehrfürchtig still sitzen. Sie müssen sich danach richten, dass ihre Projekt-Youngsters nicht nur vom Stellvertreter oder der Stellvertreterin, sondern auch vom Topmanagement selbst hören wollen, warum welche Entscheidung getroffen wurde beziehungsweise sinnvoll ist. Und sie müssen auch noch damit zurechtkommen, dass der Rückzug auf Floskeln in solchen Dialogen keine valide Option mehr darstellt.
Geld und Leben.
Dass Werte und Ethik als Arbeitsplatz-Angebote gesucht werden, heißt nicht, dass materielle Anerkennung und monetäre Benefits als Motivatoren aus der Mode kommen. Es heißt nur, dass auch noch was Zusätzliches gefragt ist – nämlich coole materielle Extras (etwa die neuesten Tablets und Smartphones als Arbeitsausstattung) plus immaterielle Benefits. Beispielsweise die Möglichkeit zum Aufbau eines Sozialprojektes, die Einbindung in informelle Zirkel oder die Erlaubnis, ein persönliches Interesse auch im Rahmen des Arbeitsumfeldes weiterzuverfolgen und anerkannt zu finden.
Task statt Head.