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Fake Deal statt Kündigung – eine Million für die perfekte Verlobte vom Boss. Kein Problem, oder?
Madison Lazard steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten und begeht deswegen einen Fehler, der sie normalerweise den Job kosten würde.
Doch statt der Kündigung macht ihr Rowan Fairchild, der unnahbare CEO, ein unmoralisches Angebot. Sie soll sechs Monate seine Verlobte spielen – und ihn am Ende vor dem Altar stehen lassen.
Im Gegenzug erhält sie eine Million Dollar und ihre Karriere geht weiter.
Da sie Geld und Job dringend braucht, sagt sie zu.
Was soll schon passieren? Der CEO ist zwar megaheiß, aber auch absolut kaltherzig.
Bis die Umstände den ersten Kuss erfordern und ihre Welt in Flammen aufgeht.
Aber können die auch sein Herz zum Schmelzen bringen?
Für alle, die diese Tropes lieben:
*Fake Relationship*
*Deal*
*Boss*
*Millionaire*
*Forced Proximity*
*Never Date / Marry*
*Last To Know*
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Perfect Fake Love
Von Katie McLane
Buchbeschreibung
Fake Deal statt Kündigung – eine Million für die perfekte Verlobte vom Boss. Kein Problem, oder?
Madison Lazard steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten und begeht deswegen einen Fehler, der sie normalerweise den Job kosten würde.
Doch statt der Kündigung erhält sie von Rowan Fairchild, dem unnahbaren CEO, ein unmoralisches Angebot. Sie soll sechs Monate seine Verlobte spielen – und ihn am Ende vor dem Altar stehen lassen.
Im Gegenzug erhält sie eine Million Dollar und ihre Karriere geht weiter.
Da sie Geld und Job dringend braucht, sagt sie zu.
Was soll schon passieren? Der CEO ist zwar megaheiß, aber auch absolut kaltherzig.
Bis die Umstände den ersten Kuss erfordern und ihre Welt in Flammen aufgeht.
Aber können die auch sein Herz zum Schmelzen bringen?
Über die Autorin
Gestatten? Katie McLane. Buchverrückt, meerverliebt und hoffnungslos romantisch.
Ich lebe mit meiner Familie im Herzen Nordrhein-Westfalens und schreibe Romance für alle Sinne.
Mein Herz schlägt für starke Heldinnen und Männer, die nicht nur für Herzklopfen sorgen.
Meine Liebesromane reichen von sanftem Prickeln über intensive Leidenschaft bis hin zu überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe.
Und sie treffen mit all ihren Emotionen mitten ins Herz – bis zum Happy End.
Liebe Leser:in,
vielleicht hast du schon einmal von dem Problem der E-Book-Piraterie gehört.
Wie man es von den Songs der Lieblingsmusiker kennt, werden auch meine Bücher illegal im Internet angeboten.
Mit dem offiziellen Kauf dieses Buches unterstützt du nicht nur mich als Autorin, sondern aktiv auch den Kampf gegen die unrechtmäßige Verbreitung von Romanen.
Vielen Dank dafür!
(Perfect Fakes 4)
Impressum
1. Auflage, 2025
© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten.
Lektorat: Lektorat Franziska Schenker
Cover: Dream Design – Cover and Art, Renee Rott
Katie McLane
c/o easy-shop
K. Mothes
Schloßstr. 20
06869 Coswig (Anhalt)
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Das Training von künstlichen Intelligenzen jeglicher Art mit diesem und sämtlichen Werken der Autorin ist untersagt, jetzt und in Zukunft.
Außerdem behält die Autorin sich die Nutzung ihrer Inhalte für Text und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
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Hinweis Triggerwarnung
Liebe Leser:innen,
Dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr ganz am Ende eine Triggerwarnung oder ihr schaut unter:
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Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Und nun wünsche ich euch ein aufregendes Leseerlebnis.
Eure Katie
»Madness« - Ruelle
»Gimme« – BANKS
»Dark Paradise« - Lana Del Rey
»Now I’m In It« – HAIM
»Limit to Your Love« - James Blake
»Open« - Rhye
»If You’re Gonna Lie« - FLETCHER
»The Beach« - The Neighbourhood
»The Wheel« - SOHN
»Fools« - Lauren Aquilina
»A Thousand Years« – The Piano Guys
»Naked« - James Arthur
»Smother« - Daughter
»Heal« – Tom Odell
»Power Over Me« - Dermot Kennedy
»Only Love« - Ben Howard
»Baby It’s You (Joris Voorn Remix)« - London Gramma
»Can't Help Falling In Love (Piano Version)« – Kina Grannis
Oder bei Spotify hören unter »Playlist zu ›Perfect Fake Love‹ «
Je höher die Fahrstuhlkabine steigt, desto heftiger hämmert mein Herz und die Übelkeit wächst.
Nur noch wenige Etagen und Schritte, dann werde ich gefeuert.
Nicht weil ich zu spät gekommen bin oder wichtiger Kundschaft Kaffee über den Schoß gekippt habe.
Oh, nein! Wenn, dann erledige ich so etwas in Perfektion.
Ruiniere offiziell das Ansehen eines milliardenschweren Unternehmens.
Und meine Existenz gleich dazu.
Mit einer einzigen verdammten E-Mail!
Falsch formuliert, falsch getimt, an den falschen Journalisten geschickt.
Darin Informationen, die nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
Kein Wunder, dass mein oberster Boss mich höchstpersönlich an die Luft befördern will.
Verzweifelt presse ich die Lider zusammen und fokussiere mich auf das Summen des Aufzugs, atme möglichst ruhig und tief durch.
Ich liebe meinen Job, bin clever und professionell.
Deswegen zähle ich zu den besten PR-Leuten von New York.
Und ich habe nie zuvor einen Fehler begangen, der eine Schlagzeile wert war.
Bis gestern.
Das wars wohl mit meiner Karriere.
Der Lift hält mit einem sanften Ruck in der obersten Büroetage und ich öffne die Augen.
Dann ertönt ein gedämpftes Ping und die Türen gleiten vor mir auseinander.
Ich straffe die Schultern, setze mein Pokerface auf und gehe mit bedachten Schritten auf den Schreibtisch des Assistenten zu.
Er schaut auf und erhebt sich. »Mr. Fairchild erwartet Sie bereits. Folgen Sie mir bitte.«
Eilig läuft er zu der breiten, massiv wirkenden Holztür. Klopft zweimal an, öffnet sie und tritt ein. »Ms. Lazard, Sir.«
Dann wirft er mir einen mitleidigen Blick zu, als hätte ich einen Termin mit dem Teufel selbst, und deutet in den Raum. »Bitte.«
Ich gehe an ihm vorbei, bleibe nach drei Schritten stehen und drücke die gummiweichen Knie durch.
Der CEO von Fairchild Properties steht schräg vor mir, an der durchgängigen Fensterfront hinter seinem Schreibtisch. Das dunkelbraune Haar perfekt gestylt, die Hände in den Hosentaschen, den Blick auf die Skyline des Financial Districts in Manhattan gerichtet.
Und umgeben von einer außergewöhnlichen, fast dunklen Aura, die mir einen leichten Schauder über die Haut jagt.
Mein Verstand reagiert mit Spott.
Tja, dieser Teufel hier trägt weder Hörner noch Prada, sondern Tom Ford.
Offenbar maßgeschneidert, denn der dunkelblaue, sanft schimmernde Stoff schmiegt sich sensationell an die breiten Schultern sowie etliche dezente Muskelwölbungen.
Hinter mir wird die Tür geschlossen, leise und kontrolliert, und ich bleibe in erdrückender Stille zurück.
»Ms. Lazard.« Seine tiefe, männliche Stimme ist glatt, aber schneidend.
Ich zucke zusammen, schlucke. »Mr. Fairchild.«
Er dreht sich um und der Blick aus seinen graublauen Augen trifft mich wie Eiswasser. Kalt, unergründlich und taxierend. »Setzen Sie sich.«
»Danke, ich stehe lieber.«
In seinem Mundwinkel zuckt es. »Wie professionell von Ihnen.«
Der bedrohliche Unterton in Stimme und Bewegung lässt mich frösteln und ich verschränke die Finger vor meinem Schoß, hebe minimal das Kinn.
Sofern er hofft, ich würde vor ihm auf die Knie fallen und betteln, muss ich ihn leider enttäuschen.
»Da Sie mich feuern wollen, sollten wir das direkt erledigen. Ich habe noch ausreichend Würde, auf eine Begründung zu verzichten.«
»Interessant.« Mr. Fairchild umrundet seinen Schreibtisch, gelassen, beinahe lautlos. Und wirkt dabei, wie frisch einem Luxusmodemagazin entstiegen. »Ich hätte Sie für eine Person gehalten, die versucht, sich herauszureden.«
Gott, er spricht, als würde er mich gleichzeitig ausziehen und vernichten wollen.
Wie er wohl küsst? In genau dieser Stimmung?
Mir wird heiß und kalt, ich blinzle erschreckt. »Das wäre dumm. Und das bin ich nicht.«
Sein Blick wandert kurz über mein Gesicht, bleibt an meinen Augen hängen, und er hält auf Armlänge vor mir an. »Sie haben einen gewaltigen Fehler begangen.«
»Das ist mir bewusst, Sir.«
»Und trotzdem werde ich Sie nicht feuern.«
Ich blinzle mehrfach.
Moment. Hat er das gerade wirklich gesagt?
Mein Hirn ist fassungslos.
Dafür übernimmt mein stures, eigensinniges Herz erneut die Kontrolle über meinen Mund. »Wow. Das kommt jetzt unerwartet. Dabei hatte ich schon einen filmreifen Abgang geplant.«
Der Geschäftsführer mit dem unnahbaren, eiskalten Image zeigt weder Belustigung noch Ärger oder sonst etwas.
Nichts.
Nur in seinen Augen regt sich eine Winzigkeit. Eine Mischung aus Kalkül und Arroganz. »Ich habe ein Angebot für Sie.«
Ich hebe eine Braue. »Ist das der Moment, in dem Sie mir eine Umschulung zur Hausmeisterin anbieten?«
Er ignoriert es.
Natürlich.
»Sie spielen sechs Monate lang meine Verlobte. Öffentlich und überzeugend, bis zur Hochzeit im August.« Unvermittelt wendet er sich ab und kehrt zum Fenster zurück.
Als ob damit alles gesagt wäre.
Mir entwischt ein kurzes, ungläubiges Lachen. »Wie bitte? Ihre Verlobte? Etwa für die Presse?«
»Die Medien, meine Tante. Für alle.«
»Und wofür? Einen Netflix-Deal? Um ihr PR-Image zu retten? Oder wollen Sie mich einfach nur zur Strafe öffentlich vorführen?«
Da dreht er sich um, mustert mich. »Wenn ich bis zum Ende des Sommers nicht verheiratet oder zumindest glaubhaft verlobt bin, verliere ich mein Erbe. Das einzige Vermächtnis meiner Mutter. Also brauche ich eine Frau, die mit mir die perfekte Show zum Besten gibt. Und verzweifelt genug ist, es in diesem Ausmaß zu tun.«
Ich öffne den Mund, klappe ihn wieder zu.
In meinem Hirn herrscht nur ungläubiges Rauschen.
»Und was springt für mich dabei heraus?« frage ich schließlich mit heiserer Stimme.
»Eine Million Dollar. Und Sie behalten Ihren Job.«
Perplex starre ich ihn an.
»Plus umgehende und vollständige Rehabilitierung Ihres Rufs. Niemand wird je erfahren, was wirklich vorgefallen ist.«
»Und nach den sechs Monaten?«
»Lassen Sie mich vor dem Altar stehen.«
Mein Herz klopft lauter, schneller, und ich versuche, diese unfassbaren Details zu begreifen.
Stattdessen sehe ich mein mehr als leeres Konto vor mir.
Denke kurz an Marcus und das todsichere Investment.
Den riesigen Schuldenberg, der mich zu zerquetschen droht.
Mein Verstand erwacht zum Leben. »Das ist der absurdeste Vorschlag, den ich je gehört habe.«
»Mag sein.« Er tritt an seinen Schreibtisch, dreht das Handgelenk und schaut auf seine elegante Armbanduhr. »Sie haben bis 12 Uhr Zeit, sich zu entscheiden.«
»Was?«
Wieder trifft mich sein eiskalter Blick. »Dann will ich eine Unterschrift. Oder Ihre Key-Card.«
*
11:06 Uhr.
Noch 54 Minuten, bis ich entweder verlobt oder arbeitslos bin.
Fuck.
Die Fahrstuhltüren öffnen sich und ich eile durch das imposante Art-déco-Foyer auf die Eingangstür mit goldfarbenem Aluminiumrahmen zu. Reiße einen der Flügel auf, trete unter dem passenden Vordach auf den Gehweg hinaus und bleibe wie angewurzelt vor dem Fairchild Tower stehen. Die Henkeltasche in einer Hand, meinen Stolz in der anderen.
Okay, falsch.
Die Selbstachtung muss ich wohl oben gelassen haben, als ich wortlos aus Fairchilds Büro marschiert bin. Irgendwo zwischen seinem Schreibtisch und dem Moment, als er mir die Frist bis 12 Uhr gesetzt hat.
Ich hole zittrig Luft, schiebe den Arm durch die Griffe. Schließe den Kragen meines Wollmantels, ziehe den Gürtel enger. Marschiere zum nahe gelegenen Zebrastreifen und überquere die Broad Street.
Vor dem dortigen Wolkenkratzer gibt es ein paar bequeme Holzbänke sowie Bäume, deren Graniteinfassungen ebenfalls über Sitzplätze verfügen, und um diese Uhrzeit ist kaum ein Mensch anwesend. Schon gar nicht an diesem fiesen, nasskalten Dienstag im Februar.
Also perfekt, um ungestört zu telefonieren.
Entschlossen fische ich mein Smartphone aus der Tasche, rufe Siennas Kontakt auf und tippe auf den grünen Hörer.
Lausche den ersten beiden Freizeichen und dem kaum hörbaren Laut, mit dem die Verbindung zustande kommt.
»Du lebst noch.« Wie üblich gibt es von meiner besten Freundin keinerlei Begrüßung.
»Irgendwie bezweifle ich das gerade.«
»Dafür klingst du aber verdammt lebendig, also sag schon. War es schlimm?«
»Ich habe eine Eine-Million-Dollar-Frage.«
»Bitte sag mir, dass das ein Code für einen heißen Barkeeper ist und nicht für einen Nervenzusammenbruch.«
»Weder noch.«
»Was dann?«
»Du wirst mir das niemals glauben.«
»Versuch’s trotzdem.«
Also klemme ich mir die linke Hand unter den rechten Arm, wandere los und hole tief Luft. »Rowan Fairchild hat mir ein Angebot gemacht. Statt mich zu feuern, werde ich seine Fake-Verlobte. Und bekomme auch noch eine Million Dollar.«
Einen Moment herrscht Stille.
»Sienna?«
»Okay, warte kurz, ich … muss mich setzen … willst du mich verarschen?«
»Nein, kein Scherz.« Ich schnaube. »Der Mann hat weder Sinn noch Zeit für Humor.«
»Das ist krank. Und irgendwie heiß.«
»Wie bitte?«
»Bist du sicher, dass es kein versteckter Fetisch ist?«
Mir entfährt ein Stöhnen. »Sienna, bitte!«
»Sorry. Okay. Fokus.«
Ein leises Tippen tönt durch die Verbindung, vermutlich googelt sie ihn.
Oder Verlobungsverträge.
Vielleicht beides.
»Nur fürs Protokoll. Du wärst sechs Monate die heiße Powerfrau an seiner Seite, erhältst eine Million. Und was sollst du dafür tun? Öffentlich küssen? Händchen halten? Die Hochzeit planen?«
»Keine Ahnung, über die Details hat er nicht gesprochen. Nur dass ich ihn am Ende vor dem Alter stehen lassen soll.« An einer der Fensterscheiben im Erdgeschoss verharre ich, starre auf mein Spiegelbild.
Fuck, mein Gesicht sieht kein bisschen so aus wie das einer glücklichen Fake-Freundin.
Eher wie ein emotionaler Verkehrsunfall.
»Und wofür der ganze Aufriss?«
»Er will sein Erbe nicht verlieren. Irgendwas mit seiner Mutter, keine Ahnung. Ich war zu beschäftigt damit, nicht in Ohnmacht zu fallen.«
»Uuh! Du sollst in einem richtigen Brautkleid vor ihn treten, Nein sagen und einfach verschwinden?« Meine Freundin lacht leise. »Maddy, du bist buchstäblich die perfekte Frau für diesen Job. Wer kann einen solchen PR-reifen Auftritt abziehen, wenn nicht du?«
Mein Magen verkrampft sich. »Das ist nicht nur ein Job. Er will seine Familie täuschen, die Presse, einfach alle.«
»Das kann dir doch egal sein.«
»Außerdem …« Die Erinnerung an unsere Begegnung blitzt in meinem Kopf auf, sein Anblick, die Ausstrahlung.
»Was? Geht es um seinen Sex-Appeal? Weil er wirkt, als könnte er dich mit seinem Blick ausziehen? Sag mir nicht, du bist schon feucht.«
Verzweifelt presse ich die flache Hand gegen meine Stirn, schließe die Augen. »Sienna!«
»Sorry, not sorry.«
Verdammt, was tue ich hier eigentlich?
Ich wende mich ab, laufe langsam wieder zurück und schaue automatisch zu der obersten Etage des Fairchild Towers hinauf.
Dieses Bauwerk aus den 1930er-Jahren ist mit all seinen protzigen Details ein Symbol für Kapital, Macht und Kontrolle. Obwohl es hier im Financial District zu den kleineren Gebäuden gehört.
Und er sitzt dort oben.
Wartet.
Fuck, ich kann ihn beinahe spüren.
»Ich weiß nicht, ob ich dazu fähig bin.« Meine Stimme ist nur noch ein Flüstern.
»Und ob du das bist«, entgegnet sie ruhig. »Stell dir nur eine einzige Frage: Was würde dir das Genick brechen? Mitzumachen? Oder es nicht zu tun?«
Verzweifelt presse ich die Lippen aufeinander.
»Du musst ihn nicht heiraten, Maddy. Du musst nur überleben. Und wenn du es geschickt anstellst, holst du dir viel mehr zurück als nur Geld. Respekt und Einfluss. Vielleicht sogar dein verdammtes Herz.«
»Wie meinst du das?«
Sienna seufzt leise. »Alles, was dich normalerweise ausmacht, liegt gerade ganz hinten in deinem Schrank, fein säuberlich in Luftpolsterfolie verpackt. Ich kann es verstehen, aber das darf auf keinen Fall so bleiben. Also zieh diesen Deal durch und hol dir deine innere Stärke zurück, Süße. Das Feuer. Deine Fähigkeit, für etwas zu brennen, das größer ist als Angst.«
Ihre Worte treffen mich mitten in die Brust, treiben mir Tränen in die Augen, und darunter regt sich etwas.
Hoffnung.
»In dir ist garantiert noch mehr Gefühl, als du zugeben willst. Und wenn du es wagst, wird es dich erlösen statt brechen.«
Ja, verdammt, damit wäre ich endlich wieder frei.
Das, was ich mir momentan am sehnlichsten wünsche.
Und die Vorstellung, dass es in Erfüllung gehen könnte, lässt die Sehnsucht danach förmlich in meiner Brust explodieren.
Also schlucke ich, atme tief durch und nicke. »Okay.«
»Bis wann musst du antworten?«
»12 Uhr, heute Mittag.«
Sie saugt hörbar die Luft ein. »Jetzt gleich?«
»Ja.«
»Okay. Wie auch immer du dich entscheidest – ich stehe hinter dir, bin immer für dich da.«
»Ich weiß. Danke.«
»Sollen wir uns heute Abend auf einen Drink treffen?«
»Keine Ahnung. Ich melde mich später.«
»Sicher. Ich drücke dir die Daumen.«
»Danke, bis dann.« Damit nehme ich das Smartphone vom Ohr, tippe auf den roten Hörer und registriere die Uhrzeit.
Noch 43 Minuten.
Ich lasse das Telefon in meine Handtasche fallen, schlinge die Arme um mich, stemme mich gegen den ekelhaften Wind und mache mich auf den Rückweg.
Siennas Worte hallen in mir nach.
Was würde dir das Genick brechen? Mitzumachen? Oder es nicht zu tun?
Mir entfährt ein trauriges, tonloses Lachen.
In gewisser Weise ist das längst passiert.
Automatisch driften meine Gedanken einige Monate in die Vergangenheit und ich sehe Marcus Vance vor mir, Senior Investmentberater bei Fairchild Properties.
Er hat gelächelt, wie er es immer tut – selbstsicher, charmant, aalglatt – und sich über meinen Schreibtisch gelehnt. »Das ist kein Risiko, Madison, sondern eine Gelegenheit.« Sein schwerer, viel zu süßer Duft ist mir in die Nase gestiegen. »Off-Market. Sauber und exklusiv. Ist ein alter Kontakt von mir.«
Ich hätte misstrauisch sein sollen, doch mein Traum von einem sicheren Fundament für meine Zukunft war stärker. Eine Eigentumswohnung in einer beliebten Gegend.
»Wie viel muss ich anzahlen?«
»Hundertausend, Minimum. Besser mehr. Aber das kannst du persönlich mit ihm besprechen.«
Also habe ich mich mit dem Verkäufer getroffen, einem charismatischen Geschäftsmann, und den Vertrag unterschrieben.
Sämtliche Ersparnisse zusammengekratzt, zusätzlich einen hohen Kredit aufgenommen.
Wenige Wochen später ist die Bombe geplatzt.
Illegale Baugenehmigung, unbewohnbares Gebäude, drohender Abriss.
Der ach so seriöse Verkäufer ist verschwunden.
Genauso wie mein Geld und das von vielen anderen Opfern.
Und Marcus? Der war wieder megabeschäftigt. Konnte weder telefonieren noch E-Mails beantworten. Und ich wollte mir keinesfalls die Blöße geben, ihn vor der Kollegschaft darauf anzusprechen.
Zurück vor dem Firmengebäude mit der hellen Kalksteinfassade kämpfen sich ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken, doch ich sehe nur meinen eigenen Schatten.
Ich habe nichts mehr.
Mein Kollege hingegen läuft weiter durch die Büros, als wäre nie etwas passiert.
Ein Wolf im Designeranzug.
Automatisch denke ich an den CEO, die äußerlichen Parallelen.
Ob er ein ähnlicher Verräter ist?
Erneut lasse ich mir die Details durch den Kopf gehen.
Lege mir zwei, drei Bedingungen zurecht, um mich abzusichern.
Und atme schließlich tief durch.
Wenn ich das Angebot ausschlage, bleibt mir nur eines.
Die bittere Wahrheit.
Und die kann ich mir gerade nicht leisten.
Sie ist zu spät. Dreißig verfickte Sekunden.
Wütend schiebe ich meine Hand zurück in die Hosentasche, knirsche mit den Zähnen und schaue Richtung Norden.
Ich hasse es, wenn Dinge nicht exakt nach Plan verlaufen.
Unvermittelt klopft es und ich drehe mich um. »Ja?«
Madison Lazard tritt ein, stolz und aufrecht. Die Schultern gestrafft und den Blick direkt auf mich gerichtet. Das kastanienbraune Haar fällt ihr in lockeren Wellen über den Rücken und bis in den tiefen Ausschnitt ihres schwarzen Blazers. Dort sind die Wölbungen ihrer vollen Brüste zu erkennen und auch der Rest des Hosenanzugs schmiegt sich so eng an ihren Körper, dass ihre Kurven deutlich zur Geltung kommen. Was weder billig noch aufdringlich wirkt, nur verdammt …
Sie schließt die Tür hinter sich und kommt mit festen Schritten auf mich zu. »Ich nehme das Angebot an.«
Kein Zögern, kein Hauch von Unsicherheit.
Aber da ist etwas in ihren Augen.
Ein Mix aus Trotz und Stolz, der mir gefällt.
Diese Frau hat Rückgrat.
Genau das, was ich brauche.
Ich neige minimal den Kopf. »Gut.«
Ein Stück vor meinem Schreibtisch bleibt sie stehen, stockt und verschränkt die Finger ineinander, dass die Knöchel weiß hervortreten.
Ah! Sie ist also doch nicht so unerschütterlich, wie sie sich darstellt.
»Und wie läuft das jetzt? Gibt es einen Vertrag? Eine PR-Kampagne? Vielleicht ein Handbuch? Oder versenden wir eine Pressemitteilung mit dem Titel: Überraschung, Rowan Fairchild zeigt menschliche Gefühle?«
»Vertrag und Geheimhaltungsverpflichtung liegen bereit. Mit unseren Unterschriften tritt er in Kraft, inklusive aller sofortigen Auswirkungen.«
»Und was genau bedeutet das?«
Ich umrunde den Schreibtisch und halte direkt vor ihr an.
Sie sieht zu mir auf und für den Bruchteil einer Sekunde wirkt sie verletzlich.
Dann ist dieser Ausdruck verschwunden. Ersetzt von der allgegenwärtigen Ironie.
»Ab sofort dutzen wir einander und treten als Paar auf, bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Auf Veranstaltungen, vor der Presse, meiner Familie. Sie werden Fragen stellen, vor allem meine Tante, denn sie wird dich bis ins Detail kennenlernen wollen. Und du beantwortest diese Fragen, als wärst du die Liebe meines Lebens.«
»Aha. Und was ist mit dir?«
Lässig zucke ich mit den Schultern. »Ich bin prinzipiell sehr überzeugend.«
Was nicht ganz der Wahrheit entspricht.
Ich spiele keine Gefühle, ich vermeide sie.
Aber sie wird es glauben.
Wie alle anderen.
»Gibt es eine physische Komponente bei diesem Deal?« Auch wenn es eine bissige Bemerkung ist, mit einem Mal liegt eine gewisse Spannung in der Luft.
Eine Frage, die zu nah an etwas brennt, die ich lieber nicht definiere.
Stattdessen lasse ich den Blick an ihrem verführerisch weiblichen Körper hinabwandern, sehe sie wieder an. »Das liegt ganz bei dir. Ich weiß einen guten unverbindlichen Fick durchaus zu schätzen.«
An ihrem Kiefer zuckt ein Muskel, doch Madison bleibt stumm.
Wendet sich ab, geht zu meinem Schreibtisch und schaut auf die beiden Exemplare des Vertrages, die dort übereinanderliegen. Ihre Finger gleiten über das Papier. »Wird es in diesem Haufen voller Lügen auch nur ein Fünkchen Wahrheit geben?«
Da ich keine Antwort darauf weiß, schweige ich.
Kehre zu meinem Chefsessel zurück und deute auf die andere Seite des Schreibtischs. »Setz dich. Willst du den Text allein lesen oder sollen wir ihn zusammen durchgehen?«
Ohne auf sie zu warten, greife ich nach der oberen Ausfertigung von dem flachen Stapel und lege ihr einen meiner Montblanc-Kugelschreiber hin.
Endlich sinkt sie auf den Besuchersessel, nimmt das verbliebene Dokument zur Hand. »Vertrauliche Vereinbarung zur befristeten Beziehungspartnerschaft. Wow, klingt richtig romantisch.«
»Es ist ein Standardvertrag.«
»Klar. Solche Fake-Deals sind in deinen Kreisen vermutlich vollkommen normal.«
»Keine Ahnung, interessiert mich nicht.«
Eine Weile lang wandert ihr konzentrierter Blick über die Zeilen. »Hm. Ich darf keinerlei Informationen oder Details preisgeben und keine Interviews führen.«
»Ganz genau. Weder innerhalb der sechs Monate noch danach.«
Sie schaut mich an. »Was passiert, wenn ich es doch tue? Meine beste Freundin kennt mich verdammt gut, ihr kann ich so etwas niemals verheimlichen.«
»Ich ergänze sie als Ausnahme. Wie heißt sie?« Mit einem zielsicheren Griff hole ich meinen Füller aus der Innentasche meines Jacketts.
»Sienna Carter.«
»Falls eine von euch plaudert, wirst du sehr arm. Und ich verdammt sauer.«
Ihr verlockender Mund mit der vollen Unterlippe verzieht sich zu einem schmalen freudlosen Grinsen. »Und das will natürlich keiner.«
»Dieser Deal ist kein Spiel.«
»Deshalb schließt du jedes mögliche Risiko von vorneherein aus, schon klar.«
Ich durchbohre sie lediglich mit meinem kalten, kontrollierten Blick. »Du bekommst deine Million. Steuerfrei und in zwei Tranchen. Sofern du bis zum Schluss durchhältst.«
Bis vor den Altar. Mit Blumen, Ringen und perfektem Drama.
Über ihr hübsches Gesicht flackert Unsicherheit. Ein Hauch von Zweifel und Skrupel. »Und wenn ich vorher abspringe?«
»Dann bekommst du nichts.« Ich schaue ihr geradewegs in die karamellfarbenen Augen. »Aber ich glaube nicht, dass du aufgibst.«
Da reckt sie das Kinn. »Ich will den ersten Teil innerhalb einer Woche. Wenigstens 200.000 Dollar.«
In meinem Mundwinkel zuckt es.
Endlich senkt sie die Maske.
»In Ordnung.« Ich ergänze es an entsprechender Stelle. »Was nichts an den anderen Klauseln ändert. Im Zweifel musst du den Betrag zurückzahlen.«
Madison schnaubt, liest weiter.
»Sonst noch etwas?«
»Keine romantischen Bedingungen? Kerzenlicht? Rosen? Ein Safeword?«
Tief in meinem Innern blitzt etwas auf.
Ein Anflug von Begierde, roh und dunkel.
Doch ich verdränge es.
Warte gelassen, bis sie mich ansieht. »Kein Sex. Es sei denn, du beginnst es.«
Ihr Mund verzieht sich höhnisch. »Du bist ja richtig großzügig.«
»Ich bin fair. Und professionell.«
Sie versteht, ich sehe es in ihren Augen. »Das wird niemals passieren.«
Ohne darauf einzugehen, schiebe ich ihr mein Exemplar mit der Anmerkung hin, nehme ihres und ergänze auch da jenes kleine Detail.
Dann greift sie nach dem Stift und unterschreibt. Kein Zögern oder Luftholen.
Folglich signiere ich meine Ausführung des Vertrages, wir tauschen und setzen unsere jeweils zweite Unterschrift auf die Linie.
Madison legt den Stift hin, stößt die Luft aus. »Na dann, Rowan. Ab jetzt bin ich deine offizielle, komplett erfundene Verlobte.«
Ich stehe auf, gehe zu ihr und reiche ihr die Hand.
Sie ergreift sie, erwidert meinen Griff fest, doch in ihren Augen tobt Chaos.
»Willkommen in meinem Leben, Madison.«
*
Am Abend lenke ich meinen Wagen zu den Hudson Yards und ins entsprechende Parkhaus, fahre mit dem Aufzug in die 101. Etage hinauf.
Am Eingang des Peak begrüßt mich die Mitarbeiterin hinter dem Pult mit einem strahlenden Lächeln. »Guten Abend, Mr. Fairchild.«
Ich nicke.
»Mr. Walker erwartet Sie bereits an Ihrem üblichen Tisch.«
»Danke.«
Ich gehe an ihr vorbei und steuere auf die Peak Lounge zu, die sich rechts von der mittig gelegenen Bar befindet.
Die letzte Nische, direkt im spitzen Winkel zwischen Weinkühlschrank und Fensterfront, ist jeden Dienstagabend für meinen besten Freund und mich reserviert. Und falls der gerade in London weilt, komme ich allein her.
Kurz bevor ich ihn erreiche, steht Nate auf und seine lässig-elegante Präsenz füllt sogleich den gesamten Bereich. Von der gewollt zerzausten dunkelblonden Frisur über den offenen Hemdkragen unter dem dunkelgrauen Maßanzug aus der Savile Row bis hin zu den exklusiven Ledersneakern.
»Hey, Mann. Schön, dich zu sehen.« Ich trete auf ihn zu und wir begrüßen einander mit einer festen Männerumarmung.
»Klingt, als hättest du interessante Neuigkeiten.«
»Könnte man so sagen.« Ich deute mit dem Kinn auf die bogenförmige Sitzbank und wir rutschen von beiden Seiten hinter den Tisch, auf dem lediglich eine Miniaturvase mit einer einzelnen Blume steht. »Hast du bereits bestellt?«
»Ja, die Drinks müssten jeden Moment kommen.«
»Bestens. Ich brauche dringend einen.«
»Stress?«
»Nein. Aber ich habe eine Lösung für mein Problem mit Moms Testament gefunden.«
Seine Brauen schießen in die Höhe. »Willst du mich verarschen?«
»Nope.« Ohne dass ich es verhindern kann, verziehen sich meine Mundwinkel zu einem selbstgefälligen Schmunzeln.
»Guten Abend, Mr. Fairchild.« Einer der Kellner tritt an unseren Tisch und serviert uns die üblichen Getränke. Scotch für Nate, einen Smoky Old Fashioned für mich.
»Danke.« Ich nicke dem Mann zu.
»Möchten Sie die Dinner-Karte?« Er schaut von mir zu Nate.
Der schüttelt den Kopf. »Ich nehme den Thunfisch.«
»Und Austern für mich.«
»Darf es etwas Kaviar dazu sein?«
»Ja, Ossetra.«
»Sehr gern.« Er lächelt, dreht sich um und geht.
Ich umfasse das Kristallglas und proste meinem Freund zu. »Cheers!«
»Cheers!«
Meinem Ritual folgend schnuppere ich an dem klassischen Cocktail, nehme die Aromen in mich auf. Trinke einen Schluck, behalte ihn im Mund.
Der erste Eindruck ist kühl, doch darunter kommt die rauchige Note des Islay-Whisky zum Vorschein, entfaltet sich die Tiefe.
Ich lasse den Drink meine Kehle hinabrinnen und genieße das nachhallende Brennen.
»Also dann, Fairchild. Schieß los. Wie willst du es schaffen, an dein Erbe zu kommen?«
»Ich gebe Tante Eleanor, was sie verlangt.«
Für einen Moment verengen sich seine Augen, dann lehnt er sich zurück, nippt an seinem Scotch und hebt eine Braue. »Du verlobst dich? Ich bin beeindruckt. Wusste gar nicht, dass du das Wort Gefühl überhaupt buchstabieren kannst.«
»Es ist ein Deal, mehr nicht.«
»Sorry, mein Fehler. Für einen Moment habe ich fast geglaubt, du wärst ein Mensch.«
Wortlos nippe ich an meinem Drink.
»Erzähl mir davon. Wie genau sieht dein Plan aus?«
In wenigen Sätzen fasse ich es ihm zusammen.
»Und wer ist sie? Warum lässt sie sich überhaupt darauf ein?«
»Madison arbeitet als PR-Managerin bei uns.« Wieder bündle ich die Informationen.
»Demzufolge hast du das perfekte Opfer gefunden.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich weiß lediglich, ihre prekäre Lage für mich zu nutzen.«
»Wie hast du überhaupt davon erfahren?«
»Eliza Montgomery, Director of Corporate Communications. Jegliche Kommunikation mit der Presse geht in CC über ihren Tisch. Sie ist direkt zu mir gekommen, um den Schaden zu begrenzen.«
»Nein, das meine ich nicht. Du sagtest, Madison befindet sich in einer prekären Lage.«
»Um genau zu sein, sitzt sie richtig tief in der Scheiße. Ich habe sofort Informationen bei meinem Fachmann angefordert, weil ich herausfinden wollte, ob mehr dahintersteckt. Sie uns vielleicht sabotieren will.«
»Und?«
»Sie ist auf einen Investment-Betrüger hereingefallen.«
»Ironie des Schicksals, die Kleine könnte einem glatt leidtun.«
»Sie hätte sich besser beraten lassen oder mehrere Meinungen einholen sollen.«
»Vielleicht hat sie einem vermeintlichen Experten vertraut.«
»Wie auch immer.«
»Lässt du deinen Fachmann weitergraben?«
»Warum sollte ich?«
»Wäre es nicht nett, der Polizei ein wenig unter die Arme zu greifen?«
Ich schnaube nur.
»Okay. Zurück zu deiner Fake-Verlobten. Wie geht es nun weiter?«
»Ich habe mir einen ihrer Ringe geben lassen und statte Tiffany gleich noch einen Besuch ab. Donnerstag führe ich sie zum Essen aus, Freitag kommt sie zu mir und ich weihe sie in die Familienstrukturen ein. Samstag steht die erste Charity-Veranstaltung auf dem Plan. Und so geht es die nächsten Wochen weiter.«
»Wow, du lässt ihr keine Zeit zum Atmen.«
»Die habe ich selbst nicht, schon vergessen? Das Ultimatum läuft zum Ende des Sommers ab.«
»Wann müsst ihr das erste Mal zu Eleanor?«
»Keine Ahnung, ich werde sie morgen anrufen und ihr die freudige Nachricht überbringen.«
»Dann denkt euch mal eine tolle Story für die Fragen aller Fragen aus. Wie ihr euch kennengelernt habt, wann, wie und wo du ihr den Antrag gemacht hast. Am besten legst du ihr auch ein Beweisfoto vor.«
»Alles bereits für Samstag in die Wege geleitet.«
»Wann zieht sie bei dir ein?«
»Gar nicht.«
Da lächelt Nate gehässig. »Wenn du dich da mal nicht irrst.«
»Keine Frau kommt länger als ein paar Stunden in meine Wohnung. Wenn überhaupt.«
»Verdammt unglaubwürdig bei einem verlobten Paar.«
»Nicht bei mir.«
»Alter! Willst du deine Tante überzeugen oder nicht?«
»Keine Angst, ich regle das.«
»Mh-hm. Ich bin gespannt. Das wird garantiert amüsant.«
»Fick dich, Walker. Du sollst mich bei der Story unterstützen.«
»Dann muss ich deine Angebetete ebenfalls kennenlernen.«
»Kein Problem.« Ich ziehe das Smartphone hervor, öffne meinen Kalender und scrolle. »Bist du in gut vier Wochen bei der Jahresgala der Horological Society of New York dabei?«
»Versteht sich wohl von selbst.« Mit fast beleidigtem Blick hält er sein linkes Handgelenk hoch, um das er heute seine Urwerk UR-100V Magic T trägt. Ein futuristisches Schweizer Meisterwerk aus Titan mit jagdgrünem Ziffernblatt, sofern man diesen Bereich der Uhr überhaupt so nennen kann.
»Gut, dann treffen wir uns dort.«
»Wäre ein privaterer Rahmen nicht besser?«
»Wir werden uns öfter sehen.«
»Stimmt, du musst sie ja vorführen.«
Ich verziehe das Gesicht. »Der Aspekt, der mir jetzt schon am wenigsten gefällt.«
»Weil du es nicht kontrollieren kannst.«
»Du hast es erfasst.«
»Dann müsst ihr es machen wie alle Schauspieler. Üben, üben, üben.« Er grinst.
»Als ob ich nichts Wichtigeres zu tun hätte.«
»Mach mir nichts vor, immerhin geht es um das Erbe deiner Mutter.«
Wieder nippe ich an meinem Drink und denke an das einzige Mitglied meiner engeren Familie, das mich wirklich geliebt hat.
Bis zu ihrem Tod.
Vor meinem inneren Auge blitzen Bilder aus längst vergangenen Tagen auf. Momentaufnahmen voller Leichtigkeit und Glück, rund um das alte Strandhaus in den Hamptons.
Nate ist mein ältester und einziger wirklicher Freund.
Die Person, die den echten Rowan kennt.
Und er hat, verdammt noch einmal, Recht.
Niemals werde ich das letzte Andenken meiner Mutter aufgeben.
Sondern unternehmen, was auch immer nötig ist, um es zu bekommen.
Egal, was es mir abverlangt.
Und das schwöre ich, bei Gott.
Rowan: 18 Uhr, mein Büro. Zu niemandem ein Wort.
Fassungslos starre ich auf mein Smartphone.
Jesus, was hat er jetzt schon wieder vor?
Reicht es nicht, dass er mich gestern nach Vertragsunterzeichnung bereits mit den ersten Terminen bombardiert hat?
Wenn das so weitergeht, werde ich kaum noch Freizeit haben.
Oder Zeit für Freunde, geschweige denn mich selbst.
Dafür hast du wieder eine Zukunft.
In sechs Monaten, ja.
Ich stoße die Luft aus, reibe mir über die Stirn und tippe ein Okay als Antwort.
Lege das Telefon weg, schaue einen Moment zum Fenster hinaus. Verdränge alles andere und fahre mit meiner Arbeit fort.
Überpünktlich mache ich mich schließlich auf den Weg in die oberste Etage. Zupfe im Fahrstuhl meinen Blazer zurecht und schüttle mein Haar auf.
Und sobald die Türen aufgleiten, setze ich mein Power-Lächeln auf.
Immerhin bin ich die Verlobte von Rowan Fairchild, dem CEO von Fairchild Properties.
Dementsprechend muss ich schnellstmöglich lernen, mich auch so zu verhalten.
Sein Assistent steht zwar hinter dem Schreibtisch, trägt aber schon seinen Mantel. Heute ist seine Miene undurchdringlich, trotz eines angedeuteten Lächelns.
Ob er ahnt, dass etwas vorgeht?
Oder hat Rowan ihn eingeweiht?
Er nickt mir zu. »Mr. Fairchild erwartet Sie, gehen Sie gleich hinein.«
»Danke, Mr. Harrison.«
Ich laufe an ihm vorbei, klopfe kurz an. Trete ein und schließe die schwere Holztür hinter mir.
Wieder steht Rowan vor dem Fenster, wendet sich ab und kommt mir entgegen. »Du bist pünktlich, das solltest du beibehalten.«
Irritiert sehe ich ihn an. »Wann war ich es nicht?«
»Gestern.«
»Das war keine Minute.«
Sein kalter Blick bohrt sich in meinen. »Ich hasse Unpünktlichkeit.«
Also atme ich tief durch und nicke. »Ist notiert.«
»Gut.«
»Warum bin ich hier?«
Er greift in die Brusttasche seines Jacketts, hält mir meinen Lieblingsring hin.
»Danke.« Darauf bedacht, ihn nicht zu berühren, nehme ich ihm das goldene Schmuckstück ab. Ein fast geschlossener Reif mit verschieden großen Rechtecken am jeweiligen Ende, verziert mit einem schwarzen Schmuckstein.
Ich schiebe ihn auf seinen Platz an meinem linken Ringfinger und bemerke, dass das Metall Rowans Wärme gespeichert hat.
»Leg ihn ab.«
»Was? Warum?«
»Ab sofort trägst du nur noch einen Ring.« Er zieht eine kleine türkisfarbene Schachtel aus seiner Hosentasche, hält sie mir hin.
Ich nehme sie, lasse per Knopfdruck den Deckel aufspringen und schnappe überwältigt nach Luft. »What the fuck …«
»Du solltest an deiner Ausdrucksweise arbeiten.« Seine Stimme ist so kalt, dass sie mich mitten in die Brust trifft und meinen Trotz auslöst.
Mit herausforderndem Blick sehe ich ihn an. »Ach ja? Du liebst mich doch so, wie ich bin. Sonst hättest du mir wohl kaum einen Antrag gemacht.«
Keine Regung bei Mr. Iceberg.
Folglich schaue ich wieder auf den Klassiker von Tiffany & Co hinab, der da in dem schwarzen Samtkissen klemmt. Ein goldener Reif mit rundem Diamanten in einer sechszackigen Fassung, der im Licht der Deckenlampen sein eiskaltes Feuer versprüht.
Wie passend.
»Steck ihn an.«
Ein seltsamer Schauer rieselt durch meinen Körper, ich zögere.
»Tu es, Madison. Du wirst ihn bis zur vermeintlichen Hochzeit tragen, also gewöhn dich schnellstmöglich daran.«
»Aber nur, wenn wir zusammen auftreten.«
»Nein, immer.«
Fuck.
Da mir kein Ausweg bleibt, ziehe ich den Ring heraus und gebe Rowan das Kästchen. Schiebe ihn auf meinen linken Ringfinger und atme tief durch. »Passt.«
»Alles andere hätte mich gewundert.« Er steckt das Döschen ein, wendet sich ab und kehrt hinter seinen Schreibtisch zurück. »Morgen Mittag versendet mein Assistent die offizielle Information als interne E-Mail. Die Presse wird Freitag informiert.«
»Okay.«
»Und bring dir für morgen Abend ein hübsches Kleid mit, du kannst dich in meinem Bad umziehen.«
»Wir fahren vorher zu dir?« Mit einem Mal klopft mein Herz schneller.
»Mein hiesiges Bad.«
»Ah. Und wohin gehen wir?«
»Ins Ocean Prime«
»Hm.« Ich nehme mir vor, den Laden später zu googeln. Halte die Hand ein Stückchen hoch und starre auf den Verlobungsring.
Er fühlt sich unecht an, absolut falsch an dieser Stelle.
»Tu wenigstens so, als ob er dir gefällt.«
Verärgert sehe ich ihn an. »Ja, Sir!«
»Gut.« Er nickt Richtung Tür. »Du kannst jetzt gehen.«
»Oh, vielen Dank, Hoheit.« Ich deute einen spöttischen Knicks an.
»Du übertreibst.«
»Dann hör auf, mich so herablassend zu behandeln. Frei nach deinen Worten: Du hast jetzt eine Verlobte, also gewöhn dich schnellstmöglich daran.« Damit wende ich mich ab und stolziere mit durchgedrücktem Rücken hinaus.
Ziehe die Tür leise ins Schloss, obwohl ich sie mit aller Kraft zuwerfen möchte.
Nur, um ihn zu ärgern.
Ihm eine Regung zu entlocken, die nicht auf eiskalter Kontrolle basiert.
Auf dem Weg zum Aufzug drehe ich den Diamanten auf die Innenseite meiner Hand, damit er nicht auffällt, obwohl die meisten Kolleginnen und Kollegen längst weg sind.
Kehre zu meinem Schreibtisch zurück, fahre den Computer herunter und streife meinen Mantel über. Dann schnappe ich mir meine Henkeltasche, schalte das Licht aus und verlasse das Viererbüro.
Auf dem Gehweg vergrabe ich die Hände in den Manteltaschen, ziehe die Schultern hoch und marschiere Richtung Süden, zur Subwaystation South Ferry. Steige in die Linie 1 ein und fahre bis zur Haltestelle 50 Street.
Sienna wohnt dort in der Nähe und im ersten Untergeschoss des Bahnhofs befindet sich eine unserer liebsten Cocktailbars. Doch vorher treffen wir uns in der kleinen Pizzeria schräg darüber.
Die Fahrt dauert fast eine halbe Stunde und ich stehe eingepfercht in dem megavollen Wagen. Umklammere mit der rechten Hand eine Haltestange quer über meinem Kopf und behalte die linke in der Manteltasche, beobachte die Leute misstrauisch.
Jesus, ich fühle mich, als wenn alle mich anstarren.
Weil sie wissen, was ich da am Finger trage und warum.
Jetzt wirst du paranoid.
Ja, gut möglich. Vermutlich brauche ich nach den sechs Monaten eine Psychotherapie.
In Chelsea flaut das Gedränge ein wenig ab und dann wird es für mich Zeit, auszusteigen.
Zusammen mit anderen Menschen in Businesskleidung eile ich die Treppen des entsprechenden Ausgangs hinauf, wende mich auf dem Gehweg nach links und entdecke meine beste Freundin ein Stück weiter vor der Pizzeria.
»Hallo!« Lächelnd breite ich die Arme aus, um sie zu begrüßen, und sie erwidert den sanften Druck.
»Hey, Ms. Fake-Verlobte.«
»Sch!« Hastig löse ich mich von ihr, sehe mich um. »Lass das!«
»Als ob uns hier jemand belauschen würde.« Sie läuft zur Eingangstür der Pizzeria und ich folge ihr hinein, bis zu einem der wenigen freien Tische, im hinteren Bereich.
Dort hängen wir die Mäntel an die nächsten Kleiderhaken, setzen uns einander gegenüber. Und während sie den Blick durch den schmalen Raum schweifen lässt, mustere ich die Fashion-Designerin und Influencerin.
Sie sieht unverschämt gut aus und ist wie immer top gestylt, als käme sie von einem Shooting. Von den eleganten Sneakers über weite Hosen und den oversized Blazer mit dem engen Top darunter, bis hin zu den voluminösen schwarzen Locken, die sie heute in einem lässigen Haarknoten trägt. Dazu den obligatorischen Goldschmuck aus auffälligen Ohrringen sowie mehreren Ketten und Ringen.
Da wendet sie sich wieder mir zu und ich blinzle ertappt. »Weißt du schon, was du essen willst?«
»Oh, ähm, nein.« Hastig greife ich nach der laminierten Liste, suche mir etwas aus und reiche die Karte weiter.
Kurz darauf eilt bereits eine Kellnerin heran, wir bestellen Pizza und Softdrinks.
Und sobald wir wieder allein sind, stützt Sienna sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab, beugt sich vor. »Du hast es also wirklich getan.«
»Ich hatte keine andere Wahl, oder?«
»Nicht wirklich.«
Ich nicke.
»Und ist heute irgendetwas passiert?«
»Er hat mich schon wieder in sein Büro zitiert.«
»Um was zu tun?«
Ohne den Blick von ihr abzuwenden, strecke ich ihr die Hand hin, Innenfläche nach oben. »Das.«
Sie schaut hinab, schnappt nach Luft und ergreift meine Hand. »Holy shit!«
»Mh-hm.«
»Ist der echt?« Mit einem ehrfürchtigen Flüstern sieht sie mich wieder an.
Ich schnaube.
»Tiffany?«
»Ja.«
»Wann macht er es offiziell?«
»Morgen Mittag im Unternehmen, Freitag für die Presse. Und abends beginnt auch direkt das Schaulaufen.«
»Willst du dich etwa beschweren? Dein Boss sieht aus wie ein verdammter Gott und bezahlt dich fürstlich dafür, dass du seine Verlobte spielst. Vermutlich wirst du sechs Monate im Luxus leben und danach bist du frei. Ich begreife noch immer nicht, wie du da nur eine Sekunde zögern konntest.«
»Du hast keine Ahnung! Ja, der Kerl ist heiß. Aber ein emotionaler Eisberg.«
»Na und? Umso besser. Das wird total easy für dich.«
»Das bezweifle ich.« Ich berichte ihr Wort für Wort von gestern und heute.
Wie Rowan sich verhält, ich mich dabei fühle und so weiter.
Währenddessen wird unsere Bestellung serviert und wir fangen an zu essen.
Da hebt sie die linke Hand mit der Gabel, schluckt den Bissen hinunter und schüttelt fassungslos den Kopf. »Fuck, dafür brauche ich eigentlich Popcorn.«
Stöhnend verdrehe ich die Augen.
»Hast du den ersten Teil des Geldes schon bekommen?«
»Nein, ich habe ihm sieben Tage Zeit gelassen. Vermutlich nutzt er die bis zur letzten Minute aus, um so wenig Zinserträge wie möglich zu verlieren.«
»Ich möchte ja zu gern wissen, was genau dahintersteckt, dass er mal eben eine Million aus dem Ärmel schüttelt.«
»Geht mir genauso.«
»Dann frag ihn bei nächster Gelegenheit danach.«
»Das geht mich nichts an.«
»Süße.« Mit ernstem Gesicht beugt sie sich vor. »Du bist seine Verlobte, ihr habt keinerlei Geheimnisse voreinander. Zumindest wird sein Tantchen es so sehen.«
»Hm.«
»Hey, es ist das perfekte Argument, falls er schweigen will. Du hast ihn damit praktisch in der Hand.«
Nachdenklich kaue ich auf meiner Lippe. »Klingt logisch.«
»Ist es. Wie hat er es ausgedrückt? Du sollst so tun, als seist du die Liebe seines Lebens. Also bitte, solche Menschen vertrauen sich alles an.«
»Okay, ich behalte das im Hinterkopf.« Ich schiebe mir den letzten Bissen in den Mund und lege das Besteck auf dem Teller ab.
Kurz darauf ist auch Sienna fertig, wir trinken aus und bezahlen. Werfen unsere Mäntel über, schnappen uns die Handtaschen und verlassen die Pizzeria.
Meine Freundin hakt sich bei mir ein, neigt sich zu mir. »Was ist mit deiner Bank? Hält sie so lange die Füße still?«
»Ja, zum Glück. Ich habe sie gestern Nachmittag kontaktiert. Allerdings hat der zuständige Mitarbeiter verdammt deutlich gemacht, dass es tatsächlich die letzte Frist ist, die sie mir geben.«
»Pah! Was wollen sie denn machen? Bei dir gibt es nichts zu pfänden.«
»Nein.«
»Scheiße. Du solltest wohl froh sein, dass dir dieser blöde Fehler unterlaufen ist und Rowan dir daraufhin das Angebot gemacht hat.«
»Sollte ich?«
»Nicht? Du wärst jetzt echt am Arsch.«
»Vielleicht hätte ich doch noch eine andere Möglichkeit gefunden, das Geld aufzutreiben.«
»Womit? Prostitution?«
Ich schüttle mich, doch in meinem Kopf blitzt ein Gedanke auf.
Was, wenn diese Aktion nichts anderes ist?
Bullshit! Du wirst dafür bezahlt, eine Rolle zu spielen. Nicht, damit er dich ficken kann, wie und wann es ihm gefällt.
Stimmt.
Doch das fiese Gefühl bleibt.
Wir laufen die Treppen zur Subway hinunter und direkt zu der Front aus abgedunkeltem Glas auf der rechten Seite. Die verbirgt das Innere der Cocktailbar und ihr Name – Nothing Really Matters – erscheint auch nirgends.
Hinter der Tür umgibt uns jazzige Soul-Musik, gemischt mit Stimmengewirr, und wir tauchen ein in die schwarz-pinke Atmosphäre, aus der nur die lange Theke an einer Seite des dreieckigen Raums heraussticht.
Die ist, genau wie der Rest des Mobiliars, in schlichtem Schwarz gehalten, aber an der Rückwand entfaltet sich das wahre Highlight. Unzählige Spirituosenflaschen auf einer gläsernen Tribüne, von unten beleuchtet und ansatzweise nach Farben sortiert.
Sienna beugt sich zu mir. »Gehen wir an die Bar?«
»Gern.«
Dort schälen wir uns aus den Mänteln, werfen sie über unsere Barhocker und setzen uns darauf.
Ich wende mich meiner Freundin zu, schlage die Beine übereinander und lasse den Blick schweifen, während Sienna auf die Getränkekarte schaut.
Einer der Barkeeper ist schnell zur Stelle. »Was darf es sein, Ladys?«
Lächelnd klappt sie die Karte zu. »Einen Hibiskus Daiquiri.«
Er nickt und sieht mich an.
»French 75 mit Himbeeren.«
»Kommt sofort.« Damit dreht er sich um und macht sich an die Arbeit.
Meine Freundin hebt eine Braue. »Gin und Champagner? Du willst stilvoll abstürzen, ja?«
»Ich will einfach nur feiern, dass ich nicht gefeuert wurde und meinen Kopf in letzter Sekunde aus der Schuldenschlinge ziehen konnte.«
»Also hast du dich mit den Umständen arrangiert.«
»Nicht wirklich. Die möchte ich gerade am liebsten vergessen.« Trotzdem tastet mein Daumen nach dem Diamanten in meiner Handinnenfläche.
Sie streckt den Arm aus, ergreift meine Hand und drückt sie. »Denk daran, ich bin für dich da. Immer.«
»Ich weiß.« Mit einem dankbaren Lächeln erwidere ich den Druck.
»Und melde mich bei ihm an.«
»Weshalb?«
»Hallo? Wir sind beste Freundinnen, ich muss ihn genauso kennenlernen. Und sei es nur, um im Zweifel passend auf sensationssüchtige Reporterfragen reagieren zu können.«
»Okay, ich rede mit ihm.«
»Apropos reden.« Sie lässt mich los. »Hast du Marcus inzwischen erreicht?«
»Nein, leider nicht.«
»Warum gehst du nicht einfach in sein Büro und zwingst ihn, dir Rede und Antwort zu stehen?«
»Weil er ein Kollege ist und ich ihn nicht unbegründet beschuldigen möchte.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ach, ich weiß nicht. Vielleicht war ich zu naiv für dieses spezielle Geschäft und hätte ihm niemals blind vertrauen dürfen. Vermutlich ist er davon ausgegangen, dass ich mich selbst entsprechend informiere. Davon abgesehen glaube ich nicht, dass er von der Betrugsmasche wusste, sonst hätte er mir dieses Investment keinesfalls vorgeschlagen.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
»Na, wir arbeiten bei derselben Firma. Er würde sofort gefeuert werden.«
Sienna schürzt die Lippen, schüttelt langsam den Kopf. »Sorry, aber mein Bauchgefühl sagt etwas anderes. Das war nie und nimmer nur ein Versehen.«
»Du kennst ihn doch gar nicht.«
»Nein, ich weiß. Deswegen hoffe ich sehr, dass du ihn bald zur Rede stellen kannst.«
»Keine Angst, ich bleibe dran.«
»Gut.«
Der Barkeeper kommt herüber, serviert die Drinks.
Ich nehme meine Champagnerschale und halte sie ihr hin. »Auf meine zurückgewonnene Zukunft und Karriere.«
»Auf sechs ereignisreiche Monate.«
Wir stoßen miteinander an und ich genieße die süße, aromatische Himbeernote mit dem feinperligen Prickeln. Trinke einen weiteren großen Schluck und atme tief durch.
Morgen früh werde ich es vermutlich bereuen, doch heute werde ich feiern, dass sich meine Sorgen in Luft auflösen.
Und dann kümmere ich mich um eine sechsmonatige perfekte PR-Show.
Interne Bekanntgabe.
Ich öffne die E-Mail, die Christopher nach meiner Freigabe vor einigen Stunden versendet hat, und lese den Text zum gefühlt hundertsten Mal.
Wenige neutrale Sätze, in denen mein Assistent in meinem Namen die Belegschaft darüber informiert, dass Madison Lazard, PR, und ich uns verlobt haben. Und dass sie, unter Ankündigung von rechtlichen Konsequenzen, bis zur offiziellen Mitteilung an die Presse am Freitag Stillschweigen zu bewahren haben.
Unwillkürlich atme ich tief durch.
Das Schaulaufen hat begonnen.
Zwar sind mir bisher keine Reaktionen zugetragen worden, aber ich bin sicher, dass die Leute reden. Das tun sie immer.
Es klopft an der Tür und mein Blick wandert hinüber. »Ja?«
Christopher öffnet sie einen Spalt. »Gibt es noch etwas, Mr. Fairschild?«
»Nein, danke. Schönen Feierabend.«
»Ihnen auch, Sir.«
Schon bin ich wieder allein, so habe ich es am liebsten.
Trotzdem schaue ich auf die Uhr, verspüre Unwillen.
Jesus, wo bleibt sie?
Bis zur Tischreservierung um 19:30 Uhr bleibt noch eine gute Stunde, aber der Berufsverkehr Richtung Central Park ist mörderisch.
Deshalb greife ich nach meinem Smartphone, entsperre das Display.
Da klopft es zweimal laut und bevor ich reagieren kann, wird die Tür geöffnet.
»Hallo.« Madison tritt ein, eine riesige Handtasche über der Schulter und schließt sie wieder.
Verärgert starre ich sie an. »Wenn man an meine Tür klopft, wartet man üblicherweise, bis ich hereinbitte.«
»Ich bin deine Verlobte, oder? Für die gilt so etwas nicht.« Sie kommt herüber, legt ihren Mantel über den Besuchersessel. »Wo ist dein Bad?«
Wortlos deute ich mit dem Kinn in die entsprechende Richtung.
»Danke, Darling.« Mit einem übertriebenen Lächeln wendet sie sich ab und stöckelt hinüber, verschwindet in der Nische und hinter der Tür.
Fuck, wie ich diesen Kosenamen hasse!
Vor allem, wenn man ihn genauso überspitzt verwendet wie meine Stiefmutter.
Ich schaudere, presse kurz die Lider zusammen.
Schließe sämtliche Anwendungen, schalte den PC aus und erhebe mich. Stelle mich vors Fenster, schiebe die Hände in die Taschen und schaue auf das Lichtermeer des Financial Districts hinaus. Die dicht gedrängten Wolkenkratzer, die über den älteren Gebäuden dieses historischen Viertels aufragen.