Perfect Gentlemen - Ein One-Night-Stand ist nicht genug - Lexi Blake - E-Book
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Perfect Gentlemen - Ein One-Night-Stand ist nicht genug E-Book

Lexi Blake

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Beschreibung

Gabriel Bond muss nicht nur seinen besten Freund beerdigen, sondern auch das Chaos beseitigen, das dieser hinterlassen hat - darunter eine Firma, die in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Um all dem für eine kurze Weile zu entfliehen, sucht er Vergessen in den Armen einer Fremden - die sich am nächsten Tag als eine seiner neuen Angestellten entpuppt ...

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungProlog1234567891011121314151617EpilogDie AutorinnenImpressum

SHAYLA BLACK LEXI BLAKE

Perfect Gentlemen

Ein One-Night-Stand ist nicht genug

Roman

Ins Deutsche übertragen von Nele Quegwer und Sophie Wölbling

Zu diesem Buch

SIE SIND DIE PERFECT GENTLEMEN: DIE EINFLUSSREICHSTEN UND BEGEHRTESTEN MÄNNER AMERIKAS …

Dass sein bester Freund Maddox bei einem Flugzeugabsturz tödlich verunglückt, erwischt Gabriel Bond eiskalt. Neben der Trauer, die er zu bewältigen hat, muss er als Alleinerbe nun auch noch die Geschicke von Mads Firma lenken. Als er auf die attraktive Everly trifft, findet er bei ihr die Zerstreuung, die er nach den letzten Tagen sucht. Sie verbringen ein heißes Wochenende miteinander, ohne ihre Namen zu verraten. Doch schon am Montag danach stehen sie sich plötzlich als CEO und Chefin der IT-Sicherheit wieder gegenüber. Die Leidenschaft, die sie füreinander empfinden, versuchen sie so gut es geht zu verdrängen – was ihnen schwerer fällt, als sie zugeben wollen. Doch dann stellt sich heraus, dass Mads Tod kein Unfall war. Gabriel gerät aufgrund seiner Position und eines kompromittierenden Videos unter Mordverdacht und muss alles daransetzen, seine Unschuld zu beweisen. Zusammen gehen er und Everly auf die Suche nach dem wahren Mörder und geraten in einen Strudel aus wilder Leidenschaft und tödlicher Gefahr …

Für den, der dieser Geschichte wahrlich Form und Gestalt verliehen hat.

Wir sind überzeugt, ohne dich hätten wir das nicht geschafft, unser lieber Freund aus Neuseeland.

Daher widmen wir diesen Roman dem wunderbaren Kim Crawford …

Prolog

Creighton Academy

vor zweiundzwanzig Jahren

Gabriel Bond hätte seinen besten Freund am liebsten umgebracht. Er wusste auch schon, wie er das anstellen würde – indem er Maddox einfach mit diesem verfluchten Camcorder erschlug.

»Ist Ihnen klar, was für einen Ärger Sie sich eingehandelt haben, Mr Bond?«. Der überpenible Beratungslehrer Mr Ogilvie lehnte sich in seinem Stuhl zurück und zog seine buschigen, grauen Augenbrauen missbilligend in die Höhe.

Gabe hatte seinen Nachnamen schon immer gehasst, weil ihn niemand an der abgehobenen Creighton Academy je anders anredete als mit »Mr Bond«. So klang er wie ein dämlicher Geheimagent. Aktuell waren sie an der Stelle in dem James-Bond-Film angelangt, an der sich der Boden auftat und er in einen Bottich mit menschenfressenden Haien fiel, während der Bösewicht einen Monolog hielt. Gabe war sich ziemlich sicher, dass er lieber geradewegs in den Schlund des Weißen Hais schwimmen und sich bei lebendigem Leib verspeisen lassen würde, als sich hier den Marsch blasen zu lassen.

Er hätte wissen müssen, dass nichts Gutes dabei rauskommen konnte, ein Mitglied des gegnerischen Debattierclubs zu vögeln. Zumal es keine Studentin der Murray Heights Academy for Young Women – einer reinen Mädchenschule – war, sondern deren Fachbereichssponsorin. Verflucht, sie hatte höchstens wie zwanzig ausgesehen und war körperlich in Topform. Und sie hatte die prachtvollsten Brüste, die er je in seinem jungen Leben gesehen hatte.

Roman Calder trat neben ihn. »Ich glaube nicht, dass mein Mandant irgendwelche Fragen beantworten sollte.«

Manchmal nahm Roman seine Position als Präsident von Creightons Ortsverband der zukünftigen Anwälte Amerikas bei Weitem zu ernst.

»Mr Calder, Sie stecken genauso in Schwierigkeiten wie Mr Bond. Alle von Ihnen. Es handelt sich hier um ein schweres Vergehen. Während Mr Bond Schande über unsere Akademie gebracht hat, hat der Rest von Ihnen ebenfalls gegen die Regeln verstoßen. Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, sich in eine Kneipe zu schleichen? Ich bin gespannt, was Ihre Eltern dazu sagen werden.«

Sein Vater würde höchstwahrscheinlich mit ihm abklatschen und einen Seufzer der Erleichterung von sich geben, weil er endlich die Bestätigung dafür hatte, dass sein einziger Sohn weder asexuell noch schwul war. Seine Mutter würde die Augen verdrehen und wieder an ihrem stets präsenten »Kaffee«-Becher nippen, der verdächtig nach Alkohol roch. Sorgen machen würde sich lediglich seine kleine Schwester.

Schuld an dieser ganzen Sache war allein Mad. Mad, der Anstifter. Mad, der Vollpfosten, der den One-Night-Stand seines besten Freundes gefilmt hatte, ohne ihn vorher um Erlaubnis zu fragen. Arschloch! Gabe spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg, doch er hatte schon genug über die Welt gelernt, um zu wissen, wann er sich durchquatschen musste.

Ja, auch das hatte Mad ihm beigebracht.

»Mr Ogilvie, ich verstehe nicht, was meine Freunde hier sollen. Vielleicht waren sie nach der Ausgangssperre draußen, aber es ist kein Geheimnis, dass das nahezu jeder Student von Zeit zu Zeit macht.« Noch etwas, das Gabe gelernt hatte, war, wann er sich selbst ans Messer liefern musste. Gott, er würde seine Freunde vermissen. Er machte sich keine Illusionen darüber, was geschehen würde, wenn er wegen seines bescheuerten Schwanzes von der Schule flog. Seine Eltern würden ihn auf eine andere Privatschule zur Vorbereitung auf das College schicken und er müsste wieder ganz von vorne anfangen. »Bitte, wenn Sie sie gehen lassen, gestehe ich alles.«

»Märtyrer«, stieß Mad unter Husten hervor. Er konnte so ein Armleuchter sein.

Ganz langsam hob Gabe hinter dem Rücken die Hand und zeigte seinem Kumpel den Mittelfinger.

Connor Sparks trat vor. »Nein, Gabe. Mitgefangen, mitgehangen.« Er runzelte die Stirn. »Wie gern würde ich gegen Exeter spielen. Wird hart, die Meisterschaft zu verpassen.«

Daxton Spencer folgte Connors Beispiel und schüttelte den Kopf. »Ja, ich glaube, die ganze Schule wird schwer enttäuscht sein. Ohne unseren Kapitän verlieren wir mit Sicherheit.«

Gerissene Burschen. Gabe unterdrückte ein Lächeln und konnte nichts gegen einen aufglimmenden Hoffnungsschimmer tun. Creighton nahm das Lacrosse und die Meisterschaft sehr ernst. Sie brachten der Schule Geld und Prestige, was beides sehr viel wert war.

Der Beratungslehrer, der es in Gabes Augen schon immer auf sie abgesehen hatte, lehnte sich vor. »Wenn Sie auch nur für eine Sekunde glauben, dass der Sport Sie vor Ihrer verdienten Strafe bewahren wird, sind Sie auf dem Holzweg. In diesem Haus herrschen Regeln, und die befolge ich. Ich habe das Beweisvideo gesehen. Es ist widerlich. Pervers. Was ist bloß los mit euch Jungs?«

Dax und Connor blickten in die Runde, dann sahen sie einander an und zuckten mit den Achseln.

Mad grinste, wie als stillschweigendes Geständnis, dass die Liste ihrer Vergehen lang und erlesen war.

»Finden Sie das etwa lustig? Ein Schulverweis ist die einzige akzeptable Konsequenz aus diesem Schlamassel. Diese Schule soll Gentlemen hervorbringen, und ihr sechs habt bewiesen, dass ihr alles andere als das seid. Und Sie, Mr Hayes …«, Ogilvie wandte sich an Zachary Hayes, den stillsten der sechs.

Ihr nachdenklicher Kumpel tat nie etwas, ohne vorher die möglichen Folgen zu erwägen. Zack runzelte die Stirn.

Gabe spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. Gott, er würde Zack doch nicht von der Schule werfen? Zack, den verflixten Jahrgangssprecher, der die Abschlussrede halten würde. Den mit der rosigsten Zukunft.

»Ich bin enttäuscht von Ihnen«, fuhr der Beratungslehrer fort. »Ich wusste, dass Sie sich Ärger einhandeln, wenn Sie sich mit dieser Bande einlassen. Ich meine, Sie gewarnt zu haben.«

Alle Augen richteten sich wieder auf Zack. Mit seinem dunklen Haar, den eisblauen Augen und seiner verschlossenen Miene erweckte er oft den Eindruck, er würde sich für nichts und niemanden interessieren. Tatsächlich hatte sich Gabe erst nach zwei Monaten in Creighton das erste Mal mit ihm unterhalten. Mad war es gewesen, der den stillen Jungen in ihre Gruppe geholt hatte. Schon bald hatte Gabe gemerkt, dass Zack klug und witzig war … und manchmal einen Weg aus der Klemme fand. Seit fünf Jahren kämpften die sechs jetzt schon gegen den Rest der Welt. Eigentlich passten sie gar nicht zusammen. Connor und Dax waren natürlich schnell Kameraden geworden, da sie beide Sportler waren. Roman und Zack waren eindeutig die ehrgeizigen Typen. Und er war irgendwie der Nerd gewesen, der von Maddox Crawford, dem unausstehlichsten, hinterhältigsten reichen Jungen der Schule unter die Fittiche genommen wurde.

Sie waren wie Brüder, und er durfte einfach nicht derjenige sein, der alles vermasselte. In einem Jahr würden sie ihren Abschluss machen, und sie hatten Pläne, gemeinsam nach Yale zu gehen. Sie hatten Connor Nachhilfe in Trigonometrie gegeben und dafür gesorgt, dass er ein A bekam, damit sie in Zukunft nicht getrennt würden. Einer für alle und alle für einen, und all das.

Vielleicht war sein Traum kurz davor, wie eine Seifenblase zu zerplatzen, aber er hatte nicht vor, seine Freunde auch um ihren zu bringen. Sie hatten einen Pakt geschlossen.

»Es ist meine Schuld. Ich habe sie erpresst, mitzukommen.« Er war bereit, jede Lüge aufzutischen, wenn sie bloß funktionierte.

»Alter, das war schwach.« Dax verdrehte die Augen. »Als würde das irgendjemand glauben. Hören Sie, Mr Ogilvie, Sie wissen doch, wie die Presse ist. Bereit, alles möglichst Anzügliche über uns reiche Jungs zu schreiben, nur um Geld zu machen. Wollen Sie wirklich, dass das People-Magazin einen Artikel herausbringt, der maßlos übertrieben über Creightons super-privilegierte Schüler berichtet, die über die Stränge schlagen und mit Frauen ins Bett gehen, deren Einverständnis dazu zweifelhaft ist?«

Gabe starrte seinen Freund an. Was sollte das denn jetzt? »Ihr Einverständnis war überhaupt nicht zweifelhaft, du Arschloch.«

»Das wird die Presse nicht scheren«, erklärte Roman und wandte sich dann an den Berater. »Dieser Skandal wird auch auf die Schule kein gutes Licht werfen.«

»Ich fälle meine Entscheidungen nicht mit Rücksicht auf die Presse, sondern nur hinsichtlich der Regeln dieser Schule. Und im Übrigen beabsichtige ich, heute Nachmittag mit meinem Kollegen von der Murray Heights zu sprechen. Miss Jones wird heute noch entlassen werden. Ich bezweifle nicht, dass sie ebenfalls die entsprechenden Behörden einschalten werden. Keine Schule, die auch nur das Geringste auf sich hält, wird eine Sexualstraftäterin weiterhin auf dem Campus arbeiten lassen.«

Mist. Er hatte eine nette, erstaunlich gelenkige junge Dame in die Scheiße geritten. Verdammt, er hatte sie angebaggert. Sie hatte lediglich einem jungen Kerl zu etwas Spaß verholfen. Warum sollte sie für ihre gute Tat bestraft werden?

Gabe fuhr sich durch die Haare. Was für ein Scheißtag. Er hatte alles verloren und musste wieder zu dem Eigenbrötler werden, der er gewesen war, ehe Mad ihn beiseite genommen und ihm gezeigt hatte, wie man seinen Mann steht. »Bitte, tun Sie das nicht.«

»Das kann er gar nicht, und zwar aus zwei Gründen: Erstens tritt die Volljährigkeit im Staat New York mit siebzehn ein, also war die sexuelle Handlung mit Miss Jones nicht illegal, und daher ist sie auch keine Sexualstraftäterin. Zweitens kann ich mich nicht erinnern, dass man von der Schule verwiesen werden kann, weil man Geschlechtsverkehr mit einer anderen erwachsenen Person hatte, die ihr Einverständnis erteilt hat. Wenn das so wäre, Mr Ogilvie, müsste der Großteil der Abschlussklasse einen Schulverweis bekommen, insbesondere, wenn sie mal Augustine Spencer begegnet sind.«

»Na, hör mal! Du sprichst hier von meiner Schwester!«, regte sich Dax auf.

»Was denn? Sie ist sehr offenherzig. Ich meine das im positivsten Sinn«, versicherte Roman. »Aber zurück zum Thema. Ogilvie könnte Ms Jones wahrscheinlich feuern lassen … aber er hat keinen Beweis, dass der Vorfall jemals stattgefunden hat.«

»Natürlich habe ich einen Beweis. Ich habe das Band gesehen.«

Mit der Gewandtheit eines jungen Mannes, der schon viel Zeit in Scheinprozessen verbracht und sie alle gewonnen hat, drehte Roman sich um. »Mr Bond, haben Sie eine Freigabe unterzeichnet oder Mr Crawford in irgendeiner Weise die Erlaubnis erteilt, Sie beim Koitus mit der reizenden Ms Jones zu filmen?«

Er warf Mad einen bösen Blick zu. »Nein, verdammt noch mal. Was denkst du denn? Wenn ich davon gewusst hätte, hätte ich dem Arschloch eins auf die Nuss gegeben.«

Ogilvies buschige Augenbrauen zogen sich angesichts seiner Ausdrucksweise noch weiter in die Höhe, und Gabe fiel wieder ein, wo er sich befand. »Ich meine, ich hatte nicht die geringste Ahnung und hätte lautstark protestiert, wenn ich gewusst hätte, dass die Begegnung aufgezeichnet wird.«

Hinterher hatte Gabe ihm eine reingehauen. Er hatte Mad die Nase gebrochen, aber Mad schien das lediglich als eine weitere Geschichte zu betrachten, die er eines Tages bei ein paar Bier zum Besten geben konnte. Er hatte es mit einem Achselzucken abgetan, wie alles andere – mit der gleichgültigen Nonchalance eines Mannes, der genau wusste, dass am Ende des gelben Ziegelsteinwegs der vorbereitenden Schule ein milliardenschwerer Treuhandfonds auf ihn wartete.

»Möglicherweise habe ich vergessen zu fragen.« Mad lächelte unschuldig. »Ihr wisst doch, Kunst entschuldigt sich nicht.«

Und Mad genauso wenig.

Triumphierend klatschte Roman in die Hände. »Ich wette, wir werden feststellen, dass Ms Jones davon ebenfalls nichts wusste. In diesem Staat dürfen ohne Zustimmung eines der Beteiligten weder Audio- noch Videoaufnahmen als Beweis in einem Zivilprozess verwendet werden. Sie können sie wegen moralischem Fehlverhalten feuern, aber um vor Gericht zu bestehen, brauchen Sie dieses Band. Da für diese Aufnahme kein Einverständnis vorlag und sich der Vorfall nicht unter dem Blick der Öffentlichkeit zugetragen hat, ist das Band gegenstandslos, und die Anwälte der Murray Heights werden der Schulleitung höchstwahrscheinlich nahelegen, die Schule in keinen Prozess zu verwickeln, den sie nicht gewinnen kann. Ich fürchte also, Sie haben kein Band.«

Ogilvies Gesicht färbte sich rötlich. »Hören Sie mal zu, Sie kleiner Klugscheißer, das hier ist keine Gerichtsverhandlung. Ich brauche keine Erlaubnis. Sie sind alle von der Schule verwiesen, daran gibt es nichts zu rütteln. Diese Schule bringt nicht nur Gentlemen hervor, sondern perfekte Gentlemen. Wissen Sie, wie lange ich Sie schon loswerden will, Maddox Crawford? Auf diesen Tag warte ich schon, seit Sie durch diese Tür gekommen sind, Sie verwöhnter Kotzbrocken. Ich breche Ihnen das Rückgrat – und Ihren Freunden auch, und sei es nur, damit Sie sich mies fühlen.«

»Ist es, weil ich Ihnen in Ihrem ersten Jahr hier diesen Streich mit dem Auto gespielt habe? Langsam müssen Sie doch mal daüber hinwegkommen.« Mad verdrehte die Augen.

Natürlich war das alles hier auf eine Dummheit von Mad zurückzuführen.

Was sollte Gabe bloß ohne die anderen machen? Er konnte es sich einfach nicht vorstellen. Sogar die Sommerferien hasste er. Er verbrachte sie immer bei seinen Eltern in den Hamptons und hockte dort herum wie Falschgeld, weil er einfach nicht dorthin passte. Das Einzige, worauf er sich zu Hause freute, war, seine kleine Schwester Sara zu sehen. Außer zu ihr, hatte er immer bloß zu diesen fünf Jungs gepasst. Sie alle waren auf die eine oder andere Art Außenseiter. Gabe lernte zu viel. Zack war introvertiert. Roman steckte seinen Kopf zu tief in Gesetzestexte. Der Vater von Dax war irgendein hohes Tier bei der Navy und seine Mutter ein Promi aus New Orleans. Connor war ein Stipendiat, der nichts in der Tasche hatte. Und Mad war für die meisten eine Arschgeige … wenn auch komischerweise eine liebenswerte. An keinen anderen Menschen hatte Gabe in seinem Leben mehr gehangen als an diesen, und er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie er ohne sie überleben sollte.

Sie alle hielten inne und blickten einander an, als versuchten sie zu begreifen, dass es mit ihrem Kokon in dieser Privatschule aus und vorbei war.

Ogilvie holte tief Luft. »Gut. Jetzt verstehen Sie, wie es in der Welt läuft, Jungs. Wer sich mit den falschen Leuten abgibt, wird mit ihnen untergehen. Sie können alle packen und gehen. Heute Nachmittag spreche ich mit Ihren Eltern. Und, Crawford, ich mache drei Kreuze, dass ich Sie los bin.«

Diesmal hatte Mad keinen markigen Spruch parat. Er war wie versteinert, sein Blick leer.

Wie war es nur so weit gekommen? Sie waren keine schlechten Kerle. Sie waren füreinander da. Sie hatten doch bloß einen trinken gehen wollen, und Emily Jones hatte so verdammt hübsch ausgesehen, dass Gabe nicht lange überlegt hatte.

Gabe wollte sich gerade zum Gehen umdrehen, als Zack endlich den Mund aufmachte. Seine Stimme klang tief und war von einer Autorität erfüllt, die keiner von ihnen zuvor bei ihm gehört hatte.

»Ich weiß, wie es in der Welt läuft, Mr Ogilvie.« Zack stand auf und zog seine Krawatte gerade. »Sagt Ihnen das Brighton Endowment irgendetwas?«

Der Beratungslehrer schnaubte abfällig. »Natürlich. Das ist eine jährliche Zuwendung von drei Millionen Dollar. Es ist für diese Schule von größter Bedeutung.«

»Allerdings. Wussten Sie auch, dass mein Vater sehr gut mit den Geldgebern dieser Zuwendung befreundet ist? Sie hören auf ihn. Für William Markovic bin ich sogar fast so etwas wie ein Sohn. Wenn Sie das hier durchziehen, werde ich ein ausführliches Gespräch mit Mr Markovic führen, und diese Schule wird nächstes Jahr um drei Millionen Dollar ärmer sein – ebenso wie in allen folgenden Jahren. Und ich werde dafür sorgen, dass der Rest des Personals und des Lehrkörpers genau erfährt, warum. Dann dürften Sie sich demnächst auch ohne Job wiederfinden.«

»Dazu haben Sie nicht die Macht«, brauste Ogilvie auf.

»Meinen Sie? Mein Vater war jahrelang Botschafter in Russland. Er ist eng mit den letzten drei Präsidenten befreundet, einschließlich des derzeitigen Oberbefehlshabers. Mein Vater will von mir nur eine einzige Sache. Und jeder, der ihm mal begegnet ist, weiß, dass er bekommt, was er will. Meine Zukunft ist bereits abgesteckt. Wenn ich es richtig anstelle – die erforderlichen Noten bekomme, Jahrgangssprecher bleibe, auf das entsprechende College gehe –, dann erfülle ich die Ansprüche, die an mich gestellt werden. Wenn Sie mich von diesem Weg abbringen, kriege ich einen Tritt in den Hintern, bei dem Ihnen Hören und Sehen vergehen würde. Aber für Sie würde es noch übler ausgehen. Ich habe vor Kurzem meine Zulassungstests für die Uni zurückbekommen, mit einem perfekten Ergebnis. Ich gehe nach Yale, und nach dem Abschluss warten schon Skull & Bones auf mich, denn sie wissen, was sich die Freunde meines Vaters bereits ausgerechnet haben: dass ich eines Tages Präsident der Vereinigten Staaten sein werde. Sie können sich also jetzt entscheiden, ob Sie mein Freund oder mein Feind sein wollen.«

Ogilvie sagte lange gar nichts, dann fluchte er leise, ohne Zack in die Augen zu blicken.

»Ich freue mich, dass wir uns verstehen. Sie sind nur ein kleiner Beratungslehrer, also werde ich meine Zeit nicht mehr hier vergeuden, sondern einen Termin mit dem Dekan vereinbaren. Er nimmt meine Anrufe entgegen, wissen Sie. So schnell werden Sie uns nicht los. Ich werde auch dafür sorgen, dass die reizende Ms Jones keine Nachteile erleidet. Da mein Freund hier so klug war, ein Kondom zu benutzen, erwarte ich keine weiteren Verwicklungen. Ich gehe außerdem davon aus, dass Dax und Connor das Richtige getan und jenes Band zerstört haben.«

Connor hielt zur Bestätigung den Daumen hoch. »Wir haben es heute früh verbrannt, aber das wollten wir erst später erwähnen.« Weil sie dazu in Ogilvies Büro hatten einbrechen müssen.

»Verdammte Scheiße«, fluchte Mad. »Das war doch so ein heißer Streifen.«

Zack seufzte. »Irgendwann gehst du mal zu weit, Mad, und ich kann nur hoffen, dass wir dir dann auch aus der Patsche helfen können. Dieses Mal haben wir nichts verbrochen, außer jung und dumm zu sein. Ms Jones ist Single, und da Gabe schon mittags einen fünf-Uhr-Bartschatten und außerdem einen erstaunlich großen Schwanz hat, kann ich gut verstehen, dass sie ihn für älter gehalten hat. Der Einzige, der etwas Kriminelles getan hat, war dieser Vollidiot da.« Er zeigte auf Mad.

»Ach ja?« Mad warf den Kopf zurück, um seine Haare aus den Augen zu schütteln. »Ich dachte einfach nur, es wäre eine schöne Darbietung, die man für die Nachwelt festhalten sollte.«

Kopfschüttelnd fuhr Zack fort. »Gentlemen, wir sind hier fertig. Ich glaube, es ist Zeit fürs Mittagessen, und die Cafeteria hat wahrscheinlich irgendein Wunderwerk aus Gelatine gezaubert. Gehen wir.«

Zack ging zur Tür, und Gabe blickte ihm mit offenem Mund nach. Wo in aller Welt war diese selbstbewusste, überzeugende Rede hergekommen?

»Die Sache ist noch nicht vorbei«, wetterte der Beratungslehrer.

Zack warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Doch, ist sie. Ich führe ein überraschend beschissenes Leben, aber dies ist eine der wenigen Gelegenheiten, in denen ich Macht habe, und von der werde ich Gebrauch machen.«

Sie folgten Zack hinaus, und Mad schleifte Gabe geradezu hinter sich her. Ogilvie hinderte sie nicht daran. Der Kelch ging an ihnen vorüber.

»Leute, so einfach kann das doch gar nicht sein«, sagte Gabe, als sie ins Sonnenlicht traten. Plötzlich waren sie von Klassenkameraden umringt, die auf sie zeigten und sich über den Skandal ausließen.

»Alter, hast du wirklich diese Blondine gevögelt?«, fragte einer.

»Ich kann nicht glauben, dass ihr in eine Bar gekommen seid«, stellte ein anderer fest.

Zack legte Gabe eine Hand auf den Arm, während die anderen anfingen, High fives entgegenzunehmen dafür, dass sie es dem Mann gezeigt hatten – und der Schnecke –, obwohl Gabe sicher war, dass sie zwei verschiedene Sachen meinten. »Doch, so einfach ist das. Denk nicht mehr dran. Du hast gegen ein paar Regeln verstoßen, aber niemandem dabei wirklich geschadet. Alles wird gut. Ogilvie muss kapieren, dass es hier keine Gentlemen gibt.«

»Das stimmt nicht, Bond war ein echter Gentleman und hat die Lady zuerst kommen lassen«, schnaubte Maddox. »Ich glaube, ich sollte uns T-Shirts machen lassen, auf denen ›Perfect Gentlemen of Creighton‹ steht. Das würde dem alten Miesepeter gefallen …«

Gabe betete, dass sich dieser dämliche Spitzname nicht halten würde. »Ich bring dich um, Mad.«

Mad legte einen Arm um ihn. »Nichts als leere Versprechungen.«

1

New York City

Gegenwart

Gabe starrte auf die Urne und fragte sich, was bloß so entsetzlich schiefgelaufen war. Eben noch war das Leben zumindest annähernd normal gewesen. Also, normal verkorkst. Und im nächsten Moment stand er in einer Kirche, umhüllt von einer Atmosphäre aus düsterem Schock und dem aufdringlichen Duft von Lilien, mit mindestens siebenhundert Menschen im Rücken. »Mad, du Hurensohn. Wie konntest du so von uns gehen?«

Er sprach leise, denn schließlich hätte sich die Klatschpresse die Finger nach einer Story geleckt, wie Maddox Crawfords bester Freund dessen Namen fluchte, ehe er zur letzten Ruhe gebettet wurde.

Verdammt, Mad hätte die Vorstellung von ewiger Ruhe und Frieden gehasst. Das verdammte Arschloch hatte niemals geruht. Ständig war er dabei, den nächsten Plan auszuhecken und Chaos zu stiften.

Und er hatte Probleme hinterlassen, an die Gabe nicht einmal denken wollte. Aber das würde er müssen, spätestens in sechs Monaten, wenn seine Schwester ihr Baby bekam.

Er starrte auf diese sündhaft teure Urne und dachte darüber nach, sie vor Wut zu zerschmettern. Es würde Mad nur recht geschehen, von einem Handstaubsauger aufgesaugt zu werden.

Er wandte sich ab und erhaschte einen Blick auf seine Schwester. Sara saß in den auf Hochglanz polierten Bänken der Kirche von St. Ignatius Loyola diskret in der Mitte, weil sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. In ihrem schwarzen Etuikleid von Prada, das lohfarbene Haar zu einem adretten Dutt hochgesteckt, sah sie zu recht aus, als gehöre sie dorthin, inmitten der marmornen Pracht der Kirche in der Upper East Side. Sara war in Manhattan geboren und aufgewachsen. Anders als ihr großer Bruder war sie nie ins Internat geschickt worden. Selbst im Angesicht der Trauer, benahm sie sich wie eine Lady.

Ihre Augen mochten gerötet sein, doch sie blickte starr geradeaus, ihre Schultern waren zurückgenommen und ihr Kopf hoch erhoben. Und sie war schwanger mit dem Baby von Maddox Crawford. Dieser Scheißkerl hatte seine Versprechen nicht gehalten – keins davon.

Ich werde mich um sie kümmern, Gabe. Mach dir keine Sorgen. Ich liebe sie. Es ist verrückt, aber zum ersten Mal in meinem Leben bin ich verliebt. Du bist mein bester Freund auf der ganzen Welt. Ich weiß, ich war oft ein Armleuchter, aber ich habe mich immer um dich gekümmert. Jetzt werde ich mich auch um sie kümmern.

Er war ein Idiot gewesen, Sara mit Mad ausgehen zu lassen. Es hätte ihm eigentlich klar sein müssen, dass das Arschloch sie verführen und dann abservieren würde. Letztendlich war er seiner üblichen Verhaltensweise treu geblieben, anstatt Sara. Himmel, alles an ihrer Beziehung war absolut vorhersagbar gewesen – bis auf Mads Aktion, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, aber alles andere … Scheiße, er hätte das Drehbuch schreiben können.

»Hey, ich glaube, die wollen jetzt mit dem Gottesdienst anfangen«, sagte eine gedämpfte Stimme.

Gabe drehte sich um, und vor ihm stand Roman Calder in seinem üblichen Dreiteiler, die er, wie Gabe wusste, zweimal im Jahr bei einem Londoner Schneider kaufte. Er unternahm die Reise von DC nach UK unter dem Vorwand diplomatischer Belange, aber in Wahrheit ging es um diese Anzüge. Und jetzt, wo Roman da war, wollte Gabe nur eins wissen. »Kommt er?«

Roman seufzte, und sein Gesicht fiel leicht in sich zusammen. »Du weißt doch, wie viel er zu tun hat. Er hat mich geschickt. Aber mich habt ihr für ein paar Tage, ich bleibe noch für eine Spendenaktion hier.«

Eigentlich hätte Gabe mit dieser Antwort rechnen müssen. Mad war eine schrecklich kontroverse Person gewesen und galt als Paradebeispiel des bösen, reichen Bengels. Wenn er nicht gerade eine kleine Firma um ihre Gewinne betrog, bestieg er irgendein Supermodel.

Gabe wünschte, er wäre bei jenen Frauen geblieben und hätte seine Schwester in Ruhe gelassen. »Sag ihm, dass wir ihn vermisst haben.«

Er drehte sich um und ging das Mittelschiff entlang. Es gab keine Familienbank. Mad war der Letzte seiner Linie gewesen, nachdem sein Vater vor zwei Jahren an einem Herzinfarkt gestorben war. Was Gabe merkwürdig vorkam, denn er war sich sicher gewesen, dass Benedict Crawford gar kein Herz besessen hatte.

»Du musst ihm das nachsehen. Du weißt, dass er am Boden zerstört ist. Er hat es während einer Pressekonferenz erfahren«, sagte Roman halblaut. »So ein Arsch von einem Reporter hat es nach seiner Rede über das Einwanderungsreformgesetz angesprochen. Es traf ihn völlig unvorbereitet.«

Gabe hatte die Nachrichtenbeiträge gesehen. Zum Teufel, jeder im Land hatte gesehen, wie der Präsident der Vereinigten Staaten sich mitten in einer Fragestunde mit der Presse einfach umgedreht hatte und weggegangen war. »Sag Zack, er soll sich keine Gedanken machen. Wir alle verstehen das. Er trägt eine große Verantwortung.«

Roman folgte ihm in die zweite Reihe, wo Dax Plätze für sie reserviert hatte. »Du musst verstehen, wie die Presse seine Anwesenheit interpretieren würde. Nach Mads Lebenswandel in den letzten Monaten, konnte ich ihm nicht dazu raten. Es ist schrecklich für ihn, nicht hier sein zu können.«

Gabe wusste genau, wie die letzten zwei Monate verlaufen waren. Nachdem Mad Sara sitzengelassen hatte, war er ein bisschen durchgedreht, hatte gesoffen wie ein Loch und mit Models und Schauspielerinnen ordentlich einen draufgemacht. Aber Gabe kannte ihn, im Gegensatz zu anderen, gut genug, um einen Verdacht zu hegen: Mad hatte jemanden geschützt. Er wusste nur nicht, wen. Er tippte darauf, dass er, nachdem er Sara den Laufpass gegeben hatte, eine neue Geliebte gefunden und all die anderen Frauen benutzt hatte, um die Aufmerksamkeit der Klatschpresse von seinem neuen Objekt der Begierde abzulenken. Das war Mads Vorgehensweise. Wenn die Presse hinter ihm her war, hatte er immer auf diese Lockvogel-Taktik gebaut. Gabe sollte es vermutlich auf sich beruhen lassen, aber er wollte die Identität dieser Frau herausfinden. Er wollte wissen, ob Mads neue Geliebte auch nur die geringste Ahnung hatte, welche Schmerzen sie Sara zugefügt hatte, indem sie ihr Mad ausgespannt hatte.

»Ich hasse es, überhaupt hier sein zu müssen.« Dax stand auf und streckte die Hand aus. Wie jeder in der Kirche blickte er düster drein.

Gabe gab ihm die Hand, musterte seinen alten Freund und fragte sich, wo bloß die Zeit geblieben war. Es war schwer zu glauben, dass sie alle zusammen Jugendliche gewesen waren, deren größte Probleme Mathearbeiten waren und wie sie sich rüber in die Mädchenschule schleichen konnten, um rumzumachen. So viele seiner Kindheitserinnerungen teilte er mit den anderen Männern in dieser Kirchenbank. Und dem in dieser verfluchten Urne. »Bruder, es ist schön, dich zu sehen. Ich dachte, du wärst irgendwo im Pazifik.«

»Ich bin sofort heimgekommen, als ich es gehört habe. Ich hatte noch Urlaub.« Dax’ Blick schweifte zu der Stelle, wo Mads Sarg stand. »Wozu der Sarg? Er liegt doch gar nicht drin. Soweit ich das verstanden habe, war kaum genug von ihm übrig, um es einzuäschern.«

Gabe drohte sich der Magen umzudrehen. Er wollte nicht darüber nachdenken, wie Mad gestorben war. Sicher, in seinen dunkelsten Momenten hatte er selbst daran gedacht, das Arschloch umzubringen, aber verdammt, er hatte den Kerl auch geliebt.

Lass die nie mitkriegen, dass du schwitzt, Gabe. Das ist das Geheimnis bei diesen Schlägertypen. Du gehst vorbei und zeigst denen den Stinkefinger. Wenn sie echt Ärger machen, bringst du sie zu Fall, und zwar so, dass sie nicht wieder aufstehen. Dann holst du zum großen Schlag aus. So machen das die harten Kerle, Mann.

Diese Lektion hatte Gabe von ihm gelernt. Damals hatte Mad von den tyrannischen Schülern in den oberen Klassen gesprochen, aber Gabe hatte seinen Ratschlag mit in die Geschäftswelt genommen. Wenn er jemanden zu Fall bringen wollte, sorgte er dafür, dass dieser nicht wieder aufstehen konnte. Nie wieder.

»Der Sarg ist nur Show. Anscheinend brauchen die Leute etwas Substanzielles, worauf sie während des Gottesdienstes starren können. Das hat zumindest der Bestattungsunternehmer gesagt.« Gabe seufzte. »Das Foto zählt nicht, und die Urne ist zu klein.«

Vor dem leeren Sarg stand ein großes Bild von Maddox. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug von Brooks Brothers und grinste dämlich in die Kamera. Andererseits hatte er immer so ausgesehen.

Ob sein Baby dieses Grinsen wohl erben würde? Mads unstillbaren Lebenshunger?

Verflucht sollst du sein, dass du uns verlassen hast. Und dafür, was du meiner Schwester angetan hast, aber verdammt noch mal, ich wünschte, du wärst hier.

Er saß in der Bank, und sein Gehirn lief auf Hochtouren. Er hatte fünf Tage zuvor von Mads Tod erfahren, und es war immer noch nicht richtig zu ihm durchgedrungen. Er rechnete immer noch damit, sich umzudrehen und Mad mit diesem beknackten Grinsen im Gesicht und einem Drink in der Hand auf ihn zukommen zu sehen. Jemand so Lebendiges wie Maddox Crawford konnte man sich einfach nicht tot vorstellen.

»Hallo«, sagte eine vertraute Stimme. Gabe drehte sich um und erblickte Connor, bekleidet mit einem durchgeknöpften Hemd und gebügelten Hosen. Ein ganz normaler Typ, bis auf die Tatsache, dass er, wie Gabe wusste, beim Geheimdienst war. Die CIA hatte Connor vor langer Zeit angeworben, und jede Illusion von Normalität, die er vorschützte, war nichts als eine Maske. »Tut mir leid, dass ich zu spät komme.«

Gabe stand auf und reichte ihm die Hand. Connor ergriff sie. »Ich freue mich, dich zu sehen.«

Es war mindestens ein Jahr her, seit sie das letzte Mal im selben Raum gewesen waren. Sie hielten den Kontakt über E-Mails und das eine oder andere Telefonat, bei denen Connor nie erwähnte, in welchem Land er gerade war. »Ich mich auch.«

»Weißt du irgendwas über seinen Tod?«, raunte Gabe. »Hast du dir den Fall angesehen?«

Alle rückten näher zusammen. Connor handelte mit Geheimnissen. Natürlich würde er behaupten, er sei lediglich Analyst, aber es konnte gar nicht anders sein, als dass er Agent war. Obwohl sie seit vielen Jahren befreundet waren, hatte Connor sich verändert, war distanzierter geworden, kühler. Tödlicher. Nein, Gabe kaufte Connor nicht ab, dass er bloß vor dem Bildschirm saß. Connor machte sich selbst die Hände schmutzig.

»Ich weiß gar nichts, Jungs«, sagte er und runzelte entschuldigend die Stirn. »Tut mir leid.«

Roman schüttelte den Kopf. »Das ist nicht Angelegenheit der CIA. Die Luftfahrtbehörde kümmert sich darum, die FAA. Glaubt mir, ich habe die schon gelöchert deswegen. Und Zack auch.«

»Ich habe meine Kontakte angerufen«, sagte Connor. »Die sagen, die Ermittlungen sind noch in einem frühen Stadium. Sie haben den Flugschreiber und untersuchen das Wrack gründlich. In der Gegend, wo er abgestürzt ist, wurden Höhenwinde gemeldet. Die momentane Theorie ist, dass das Flugzeug auf ein Sturmtief traf und der Pilot die Kontrolle verloren hat.«

Von dieser Theorie hatte Gabe gehört. Es war schwer zu glauben, dass ein Sturm Maddox Crawford in die Knie gezwungen haben sollte, wo er doch selbst eine Naturgewalt gewesen war. Mad hätte von einem wütenden Ehemann – oder Bruder – erschossen werden müssen.

»Ich sorge dafür, dass ihr alle den Schlussbericht erhaltet, versprochen«, raunte Roman. Er deutete mit dem Kopf Richtung Mittelschiff. »Ist das nicht …? Wie heißt sie doch gleich? Tavia?«

Gabe blickte auf. Eine umwerfende Blondine mit hammermäßigen Wangenknochen lief eilig auf den Sarg zu. Mad hatte Tavia Gordon als seinen PR-Guru engagiert – und gut bezahlt. Und er hatte sie auf Trab gehalten. Soweit Gabe das beurteilen konnte, hatte Tavia jede wache Minute damit zugebracht, die Feuer zu löschen, die Mad so oft gelegt hatte. Obwohl sie für seinen Geschmack etwas zu groß und der Mode entsprechend dünn war, hatte sie ein zartes, aristokratisches Gesicht. Unbestreitbar war sie eine eisige Schönheit.

Mehr als einmal hatte er sich gefragt, ob Mad Sara wegen Tavia abserviert hatte. Denn es musste eine Frau geben. Das war bei Mad immer so gewesen. Hatte sein Kumpel seine Playboy-Allüren vorgespielt, um die Paparazzi auf eine falsche Fährte, fort von seiner ergebenen PR-Dienerin/Geliebten, zu locken, damit sie ihr nicht die Tür einrannten? Er fragte sich, ob Mad versucht hatte, Sara zu schützen, aber angesichts der grausamen Art, mit der er sie aus seinem Leben ausgeschlossen hatte … zähneknirschend bremste Gabe sich. Er durfte sich da jetzt nicht hineinsteigern, denn das hieße, sehr schlecht von einem Toten zu denken.

Als Tavia an ihrem Platz angelangt war, zog sie ein Taschentuch aus ihrer Gucci-Tasche. Bis jetzt hatte er sie immer nur makellos gesehen, aber heute waren ihre Augen etwas verquollen, ihre Nase rot.

Der Pastor trat vor den Sarg, und die gewaltige Orgel stimmte ein Trauerlied an. Die Mander-Orgel, eine der berühmtesten Nordamerikas, spielte nun für Maddox Crawford. Das hätte ihm gefallen.

»Hey, sollten wir Sara nicht herholen?«, fragte Roman mit einem Blick nach hinten. »Sieht aus, als wäre sie allein.«

Allein war sie keineswegs. Streng genommen jedenfalls nicht, aber er hatte nicht vor, ihre Schwangerschaft gegenüber irgendjemandem zu erwähnen. Noch nicht. »Nein, wir haben beschlossen, getrennt zu sitzen. Die Regenbogenpresse ignoriert sie meistens. Daran möchte ich ungern etwas ändern.«

Ihn würden sie nicht ignorieren. Er hatte versucht, sich bedeckt zu halten, aber Mads Tod würde die verdammten Klatschblätter wahrscheinlich in einen Blutrausch versetzen. Der Letzte der Crawfords hat seine gerechte Strafe bekommen und markierte das Ende einer Ära.

Gott, wann war er bloß so verdammt alt geworden?

Dax machte es sich bequem. »Warum hier? Ich hätte nie gedacht, dass Mad ein kirchliches Begräbnis haben würde. Ich dachte immer, wenn er mal geht, würden wir eine Wikinger-Bestattung im Pool irgendeines protzigen Hotels in Vegas zelebrieren. Ernsthaft, ich habe schon nachgelesen, wie man diese Poolnudeln zusammenbindet, um ein angemessenes Floß für seine Leiche zu bauen. Damals dachte ich daran, ihn um die Ecke zu bringen. Es war kurz nachdem er diese Nutten bestellt hatte und mir dann die Rechnung für beide aufgebrummt hat.«

Für einen kurzen Moment zogen sich Connors Mundwinkel nach oben. »Das klingt nach einem gebührenden Abschied. Wenn Mad eins hasste, dann vorhersehbar zu sein. Oder wir hätten eine irische Totenwache veranstaltet. Aber ich kann nicht glauben, dass er dieses Glanz und Gloria in einem Hause Gottes wollte.«

Aber auch nur, weil die anderen nicht gewusst hatten, dass Mad all die Aufmerksamkeit von Reportern und der TMZ-Website, die Promi-News verbreitete, insgeheim geliebt hatte. Er hatte gelacht, als die Paparazzi ihn durch die Park Avenue gejagt hatten. Bei dem Mann hatte es keinen Skandal gegeben, der ihm nicht einen gewissen Kick verschafft hatte. Außerdem hatte er auch eine große Schwäche für Geschichte. Sozusagen.

Gabe schnaubte. »Hier fand Jackie Os Beerdigung statt. Ihr wisst doch, dass er immer fand, er hätte als einer der Kennedys geboren werden sollen. Da das nicht der Fall war, beschloss er, sie wenigstens mit einem größeren Spektakel zu überbieten.«

Roman stöhnte auf. »Dieser Dämlack.«

Connor holte tief Luft, offenbar, um ein Lachen zu unterdrücken. »Hat sich schon immer für ein Mitglied des amerikanischen Königshauses gehalten, der Blödmann. Und? Hältst du eine lange Rede?«

»Nein. Da Mad diese ganze Fete selbst vor seinem Tod geplant hat, hat er das außer Haus erledigen lassen. Sein Anwalt hat einen Broadway-Star angeheuert, um den Brief vorzulesen, den er der Welt hinterlassen hat. Ist das zu glauben? Der Arsch hat seine eigene Grabrede geschrieben und einen Tony-Preisträger engagiert, um sie vorzutragen.«

Roman blickte die Bank hinunter und unterdrückte ein Lachen. »Ich dachte mir doch gleich, dass ich diesen Typ kenne. Gott, Mad war so ein Vollidiot. Ich vermisse ihn jetzt schon.«

»Der Pfarrer sagt ein paar Worte, und eigentlich sollte ich Christina Aguilera überreden, danach einen bewegenden Choral zu singen. Nun ja, daraus ist nichts geworden. Offenbar hat sie ein Leben und eine Karriere. Mad wird sich also mit der neuen Diva der Met zufrieden geben müssen. Sie war verfügbar – aber nicht billig. Seinen Wunsch nach einer Burlesque-Tänzerin und einer Bar mit Freigetränken im Altarraum habe ich geflissentlich ignoriert.« Gabe verdrehte die Augen und fragte erst gar nicht, was Mad sich dabei gedacht hatte. Schockieren um jeden Preis … »Die gute Nachricht ist, es gibt keine Kondolenzreihe, und keiner von uns muss eine Rede halten. Wir können uns bedeckt halten.«

»Vielleicht wusste er, was wir sagen würden, wenn wir ein Mikrofon und die Gelegenheit bekommen«, murmelte Connor.

Jemand zischte ihnen zu, still zu sein, und sie mussten allesamt grinsen. Es war gut zu wissen, dass sie sich auch nach über zwanzig Jahren noch Ärger einhandeln konnten.

Gabe seufzte, als sein Blick wieder auf die Urne fiel. Im Einhandeln von Ärger waren sie immer gut gewesen. Und jetzt hatte Gabe eine letzte Gelegenheit, Mads Schlamassel zu bereinigen.

Eine Stunde später setzte Gabe seine Schwester in eine Limousine. Die Menge lichtete sich allmählich. Er nahm die vielen Menschen nur verschwommen wahr. Gabe hatte den Kopf eingezogen und gehofft, nicht allzu viel reden zu müssen. Er hatte festgestellt, dass Beerdigungen ihm mächtig auf die Nerven gingen. Gerade, wenn er eigentlich allein sein wollte, um zu trauern und nachzudenken, sah er sich von anderen umringt. Einen Haufen Leute, die Mad nicht wirklich nah gestanden hatten, brauchte er nicht zu trösten. Sondern diejenige, die ihm am allernächsten gestanden hatte.

Das hatte er zumindest gedacht. Aber seine Schwester war erschöpft und kämpfte gegen morgendliche Übelkeit an, die bis weit in den Nachmittag andauerte, also ließ er sie gehen.

»Bist du sicher, dass es dir gut gehen wird am Meer? Tut mir leid, dass ich die Stadt für ein paar Wochen nicht verlassen kann. Es gibt zu viel zu tun. Am Montag treffe ich mich mit Mads Anwalt und brauche das Wochenende, um mich darauf vorzubereiten. Zumindest muss ich mich mit dieser Stiftung auseinandersetzen und mit demjenigen, dem er die Firma hinterlassen hat.«

Sara nickte. Ihr Auftreten wirkte ganz ruhig, aber ihm entging nicht, wie ihre Hände das Taschentuch in ihrem Schoß umklammerten. »Wir kommen schon zurecht. In den Hamptons ist nicht viel los zu dieser Jahreszeit. Ich bleibe eine Weile dort, um über alles nachzudenken. Wenn die Presse sich beruhigt hat, kann ich zurückkommen und das Baby auf die Welt bringen. Wenn jemand fragt, sage ich, ich hätte eine Liebelei gehabt, als ich im Juni geschäftlich in Paris war.« Ihr Blick schweifte in die Ferne. »Ich dachte wirklich, wenn er Zeit zum Nachdenken hätte und zu vermissen, was uns verbunden hat, würde er zurückkommen. Das wird nun niemals passieren.«

»Sara, ich weiß, du hast ihn geliebt, aber er war eben nur ein Mann. Und nicht immer ein guter.«

Tavia Gordon zog seinen Blick auf sich, als sie aus dem Gebäude geeilt kam. Flüchtig fragte er sich, wie sie mit diesen hohen Absätzen überhaupt so schnell rennen konnte. Kopfschüttelnd trat er zwischen Sara und Tavia, um seiner Schwester die Sicht zu versperren. Er wollte nicht, dass sie noch mehr verletzt wurde, indem sie Mads mögliche Geliebte von Angesicht zu Angesicht sah.

Sara runzelte die Stirn. Der kühle Wind ließ die wenigen losen Ringellocken ihres goldenen Haars tanzen. »Alles in Ordnung?«

»Bestens. Fahr ruhig. Pass auf dich auf. Ich ruf dich nach meinem Treffen mit dem Anwalt an.« Er musste herausfinden, wie groß das Durcheinander war. Crawford Industries sollte an Mads Erben gehen. Gabe beabsichtigte, das Testament anzufechten, um die Zukunft seiner Nichte oder seines Neffen zu sichern.

Sie nickte. Als Gabe die Tür schloss, wandte sie sich dem Fahrer zu. Dann bog die Limousine auf die Eighty-fourth Street. Während das Auto im Verkehr verschwand, fiel ihm eine andere Frau ins Auge.

Sie stach aus der Menge hervor. Klein und kurvenreich, mit einer üppigen rotblonden Mähne, war sie wie ein Kobold unter den Supermodel-Elfen. Jede andere Frau, die die Straße entlanglief, wirkte auf ihn abgemagert und modisch gekünstelt, aber der kleine Rotschopf war offenbar keine Anhängerin der Schönheitschirurgie. Nein, diese Brüste waren echt.

Gabe konnte seine verdammten Augen gar nicht mehr von ihnen losreißen. Sie waren nicht riesig, aber eine hübsche Handvoll, schätzte er. Sie würden weich sein. Das sah er daran, wie sie sich bewegten. Sie trug ein schwarzes Kleid mit kleinen weißen Tupfen und einen Tiffany-blauen Gürtel, der ihre Taille einschnürte und ihre Figur betonte, die einer Sanduhr glich. Er schätzte ihr Alter auf etwa fünfundzwanzig, vielleicht ein, zwei Jahre älter, aber irgendetwas an ihr – vielleicht ihre helle Haut und das rötliche Haar – zog ihn an.

»Hey, ich dachte schon, ich hätte dich verloren.« Ein junger Mann mit einem modischen Anzug holte sie ein und nahm sie bei der Hand.

War sie in der Kirche gewesen? Nein. Dann wäre sie ihm sicher aufgefallen. Außerdem hatte ihre Kleidung die falsche Qualität. Sie war zwar hübsch, aber von der Stange und nicht teuer. Ihre Schuhe waren gut gearbeitet, aber keine Designer-Modelle, und ihre Handtasche sah ein bisschen aus wie ein Leinensack. Er bezweifelte, dass sie eine der Markenfanatikerinnen war, die von Mads Beerdigung kamen.

Als die beiden an ihm vorbeiliefen, sah sie lächelnd zu dem Mann auf, und ihre ungenierte Zuneigung versetzte Gabe einen Schlag in die Magengrube. Wie lang war es her, dass ihn eine Frau angesehen und mit ihrer offensichtlichen Freude seine Welt zum Leuchten gebracht hatte? Wenn das überhaupt je vorgekommen war. Die Frauen, mit denen er ausging, hatten ihre Augen immer auf ein Ziel gerichtet: in der Welt vorwärtszukommen. Egal, wie nett sie wirkten, sie waren ehrgeizige Frauen auf Beutezug, immer auf der Suche nach mehr Geld, mehr Macht, einer besseren gesellschaftlichen Stellung. Sie wollten nicht ihn, sondern das Leben, das er ihnen bieten konnte. Was bedeutete, dass die Frauen, mit denen er ausging, nicht seine Hand hielten, wenn sie die Straße entlanggingen. Sie schenkten ihm auch kein strahlendes Lächeln voll unverhohlener Sinnlichkeit. Und ganz bestimmt hatten sie keine weichen, echten Brüste, die bei jedem Schritt sanft auf und ab hüpften.

Gabe blickte dem Paar hinterher, das den Bürgersteig entlanglief und hinter der nächsten Ecke verschwand. Er sog zischend Luft ein. Einen umwerfenden Hintern hatte sie auch. Allein der Anblick ihrer Kurven erhitzte seinen ganzen Körper. Er konnte sich nicht erinnern, wann das zum letzten Mal passiert war.

Sex war zur Routine geworden, etwas, das er machte, weil er es brauchte. Aber als er das Mädchen mit den rotblonden Haaren betrachtete, wurde ihm klar, wie lange es her war, dass er eine Frau einfach begehrte, weil sie bei ihm einen Schalter umlegte. Da er sie nicht bei der Beerdigung gesehen hatte, musste er davon ausgehen, dass sie bloß eins von vielen hübschen Mädchen war, das einen Herbstnachmittag in Manhattan genoss.

Er starrte auf die Stelle, wo sie gestanden hatte. Wenn sie nicht mit einem anderen Mann Händchen gehalten hätte, wäre er ihr eventuell wie ein Trottel hinterhergelaufen. Vielleicht war es gut, dass sie nicht zu haben war, schließlich hatte er etwas zu erledigen.

Seufzend stieg Gabe wieder die Treppe hinauf. Die anderen warteten in einer Bar in der Straße. Ein Großteil der Freunde und Kollegen von Mad kamen für ein paar Stunden zusammen, um zu trinken, sich Geschichten zu erzählen und zu vergessen, dass Mad für immer gegangen war. Er betrat erneut die Kirche und war überwältigt von der Stille. So ruhig war es auf einmal, dass er seine Schritte auf dem Steinboden hören konnte.

Die Kathedrale mit ihren Marmorbögen und Bronzetüren war wunderschön, aber auf ihn wirkte sie kalt. Hübsch und leer, ohne Menschen darin, die sie belebten. Ein bisschen so, wie sein Leben geworden war. Materiell gesehen hatte er alles, was ein Mann sich nur wünschen konnte, doch er fragte sich allmählich, ob irgendetwas davon die viele Arbeit wert war. Er war abgestumpft. Bei dem Mädchen eben auf der Straße hatte er zum ersten Mal seit Monaten etwas anderes gefühlt als Ärger, Angst und Sorge.

Egal, was zwischen Mad und Sara vorgefallen war, die Trauer um seinen Freund lastete schwer auf ihm – um den Mann, den er mehr als sein halbes Leben lang gekannt hatte, und um alles, das noch hätte kommen sollen.

Verdammt, er wünschte, die allerletzten Worte, die sie gewechselt hatten, wären nicht im Zorn gewesen. Er musste immer daran denken, dass er seinem besten Freund bei ihrer letzten Begegnung gesagt hatte, dass er ihn am liebsten tot sehen würde.

Und noch in derselben Nacht war er es gewesen.

Gabe ging in Richtung der Sakristei, um nach dem Pfarrer zu suchen, der den Gottesdienst gehalten hatte. Die Tradition verlangte es, dass die Familie des Verstorbenen der Kirche etwas »spendete«. Von Mads Familie war niemand mehr übrig, und er hatte Gabe die Anweisungen für sein Begräbnis für den Fall, dass ihm etwas passierte, in einem Brief mitgeteilt. So sauer Gabe auch auf den Kerl war, es hatte eine Zeit gegeben, in der sie sich näher gestanden hatten als Brüder. Diese Pflicht oblag also ihm, weshalb Gabe einen Scheck über zehntausend Dollar für den Pfarrer in der Tasche hatte. Wenn er den Mann doch bloß finden würde.

Als er einen Schritt weiter ging und in das Mittelschiff blickte, stutzte er, denn er war keineswegs allein, wie er geglaubt hatte. Ein Mann mit einem dunklen Anzug stand mit gesenktem Kopf vor Maddox’ Urne. Seine Schultern bewegten sich, und er drehte sich leicht zu Gabe um, sodass dieser das kantige Kinn und die Stirn des Mannes sehen konnte.

Ein merkwürdiges Gefühl der Erleichterung überkam Gabe. Er war doch gekommen. Obwohl ihm anderes gesagt worden war, hatte er irgendwie damit gerechnet, dass all seine Freunde hier sein würden, um den Verlust von einem der Ihren zu betrauern.

»Mr President, Ihr Personenschutz ist miserabel. Ich hätte mich ohne Weiteres an Sie heranschleichen können.«

Der Präsident der Vereinigten Staaten richtete sich auf, drehte sich jedoch nicht um. »Ich glaube, das dürfte Ihnen nicht so leicht fallen. Mein Personenschutz ist überraschend wachsam.«

Und da erst bemerkte Gabe die roten Lichtpunkte auf seiner Brust. Er sah sich im Altarraum um und entdeckte die Scharfschützen. In der Tat, er könnte innerhalb von etwa zwei Komma drei Sekunden tot sein. »Verdammt, Zack. Könntest du denen sagen, wer ich bin und dass sie nicht schießen sollen?«

Zack drehte sich um und lächelte, was man bei ihm selten sah. Der stille Mann war kühl und verschlossen, seit vor zwei Jahren seine Frau kaltblütig ermordet worden war. Anders konnte Gabe es nicht nennen. Joy Hayes war während einer Wahlkampfveranstaltung ausgeschaltet worden. Er selbst hatte mit Dax und Mad in der Menge gestanden. Manchmal hörte er noch den Schuss und die darauffolgenden Schreie. Und er sah immer noch Zacks Gesicht vor sich, als ihm klar wurde, dass er Joy verloren hatte. Manchmal, wenn er die Augen schloss, sah er Zack vor sich, wie er seine tote Frau an seine Brust drückte, während der Secret Service alles Menschenmögliche tat, um ihn wegzuzerren. Drei Tage später gewann er die Wahl haushoch.

»Gentlemen, das ist Gabriel Bond. Ich bezweifle, dass er hier ist, um mir etwas anzutun. Bitte legen Sie nicht einen meiner ältesten Freunde um.« Zack schritt durch das Mittelschiff, und sein Lächeln erstarb. Er streckte die Hand aus. »Wir haben heute schon genug verloren.«

»Das ganz sicher.« Gabe nahm Zacks Hand, zog ihn aber an sich in eine Umarmung unter Männern. »Verdammt, es tut gut, dich zu sehen.«

Zack wich zurück, und seine Augen wirkten müde, als er Gabe eine Hand auf die Schulter legte. »Gleichfalls. Du weißt gar nicht, wie gut. Wie kommst du zurecht? Ich weiß, dass ihr beiden nicht gut aufeinander zu sprechen wart, als er starb, aber es muss hart für dich sein. Du hast Mad am nächsten gestanden.«

Gabe dachte darüber nach, zu lügen, aber er konnte es nicht. »Es ist verdammt hart. Ich kann einfach nicht glauben, dass er wirklich tot ist. Als ich die Nachricht bekam, habe ich in den Spiegel geschaut. Und weißt du, was ich da gesehen habe? Einen Mann, der gelernt hat, wie man einen Schlips richtig bindet, weil Maddox Crawford es ihm beigebracht hat. Mein erstes Mädchen habe ich geküsst, weil Mad die Sache eingefädelt hat.«

Zack nickte. »Und ich fand meine ersten wahren Freunde, weil Mad im Unterricht neben mir gesessen und beim Algebra-Test bei mir abgeschrieben hat. Da saß ich zum ersten Mal beim Mittagessen an eurem Tisch. Er meinte, dass er mich gebrauchen könne, also könnten wir ebenso gut Freunde werden. Das behauptete er zumindest. Später habe ich herausgefunden, dass das Arschloch ein Mathegenie war und überhaupt nicht abgeschrieben hat.«

»Ich bin auf dem College hinter seine Taktik gekommen. Er dachte sich einen Grund aus, weshalb wir miteinander abhängen sollten, bis die Gruppe gefestigt war. Mad hat uns um sich geschart. Er wollte eine Familie, und weil seine sich einen Dreck um ihn scherte, schuf er sich selbst eine. Es ist interessant, dass er sich Außenseiter ausgesucht hat. Ich vermute, dass er sich immer als einen von uns gesehen hat, auch nachdem wir beliebt geworden waren. Vielleicht weil er wusste, dass er auf uns zählen konnte.«

Gabe brauchte verdammt noch mal einen Drink. Oder zwölf. Gott, er musste sich mit seiner Meute zusammensetzen, damit er nicht vergaß, dass er irgendwo hingehörte.

»Besteht eine Chance, dass du deine Scharfschützen loswirst und mit uns einen trinken gehst?«, fragte er. »Wir treffen uns in dieser Bar hier in der Straße. Wir alle. Ich, Roman, Connor und Dax. Die Jungs würden sich freuen, dich zu sehen.«

Gabe erwähnte nicht, dass er Zack brauchte, dass er es brauchte, dass die Clique zusammen war, auch wenn sie nie wieder vollzählig sein würde. Wie hatte das bloß passieren können? Er hatte gedacht, jeder von ihnen würde auf die Hochzeit der anderen gehen. Dax war nach Vegas durchgebrannt, um zu heiraten, und keiner von ihnen war dort gewesen. Trotzdem hatten sie zwei Jahre später eine verdammt geile Scheidungsparty für ihn geschmissen. Zack war der Einzige von ihnen gewesen, der angemessen mit Glanz und Gloria geheiratet hatte, bevor seine Ehe ein schreckliches Ende genommen hatte.

Und jetzt war Mad plötzlich nach seinem tragischen, unerwarteten Tod seinem Schöpfer gegenübergetreten. Sie brauchten etwas Aufbauendes.

Zacks Grinsen war wieder da. »Roman wird alles andere als froh sein, mich zu sehen, eher total bestürzt, aber ich denke, wenn wir uns von hinten reinschleichen, müsste es für eine Stunde gehen. Vielleicht auch zwei. Ich habe ein bisschen Zeit, ehe ich zurück in DC sein muss. Was meinen Sie, Thomas?« Er blickte nach links.

Gabe folgte seiner Blickrichtung und sah einen großen Afroamerikaner im schwarzen Anzug. Er war mindestens eins fünfundneunzig groß und gebaut wie ein Linebacker beim American Football. Selbst drinnen trug er eine verspiegelte Sonnenbrille und sah aus wie der knallharte Typ, der er wahrscheinlich war. »Ich meine, Sie haben den Verstand verloren, Mr President.« Er lächelte, und gleichmäßige, weiße Zähne kamen zum Vorschein. »Aber Sie wissen ja, dass ich Herausforderungen liebe. Geben Sie mir fünf Minuten, um die Lage zu sondieren, dann kann’s losgehen. Ich habe Sie hier reingeschmuggelt, ohne dass die Presse es mitbekommen hat. Ich kriege Sie auch dort rein.« Er holte ein Handy aus seiner Tasche und drückte einen Knopf. »Der Professor hat Durst, Jungs. Wir sorgen dafür, dass der Boss was zu trinken bekommt.«

Zack seufzte. »Der Secret Service liebt mich. Ich hoffe, diese Bar hat ein Hinterzimmer.«

»Wenn nicht, machen wir eins, Mr President.« Der Gedanke, dass sein Jugendfreund der mächtigste Mann der freien Welt war, war immer noch surreal.

Zack schüttelte den Kopf. »Bitte nenn mich nicht so, Gabe. Lass mich eine oder zwei Stunden so tun, als wäre ich einfach nur Zack.«

Gabe wusste genau, was Zack brauchte. »Also, wenn du dich wie einer von uns fühlen willst, kein Problem. Wir rufen dir nur zu gerne die Zeiten in Erinnerung, als du der Streber vom Dienst warst, Scooter.«

Zack stöhnte, aber immerhin wurden seine Augen von etwas anderem als Trostlosigkeit erfüllt. »So sollst du mich auch nicht nennen. Schlimm genug, dass mein Anrufzeichen beim Secret Service »Der Professor« ist. An diesen verdammten Scooter-Vorfall brauche ich nun wirklich nicht erinnert zu werden.«

Aber der Scooter-Vorfall war so lustig gewesen. »Ich kann nichts versprechen.«

Everly Parker sah sich in der piekfeinen Bar um und fühlte sich fehl am Platz. Die Leute hier waren nicht ihr Fall, obwohl sie mit einigen davon zusammenarbeitete. Sie war keine große Kneipengängerin. Sie sah nicht ständig auf die Uhr und wartete darauf, dass es fünf Uhr war, damit sie endlich in ihrer Stammkneipe aufschlagen konnte. Nein, sie war eher der Typ Mädchen, der lange arbeitete und dann zu einem spannenden Buch und einem heißen Bad nach Hause ging. Aber heute Abend wollte sie jemand anders sein – irgendwer, der nicht vor einer Stunde seinen Mentor und Freund zu Grabe getragen hatte und sich nun der Möglichkeit gegenüber sah, nicht nur den Job, sondern auch das Dach über dem Kopf zu verlieren.

»Hey, willst du dich etwa die ganze Nacht an dem einen Drink festhalten?«, Scott Wilcox lehnte sich vor und zwinkerte ihr zu. Er war bei seiner dritten Margarita. »Ich bin nämlich dafür, dass du ein paar Gläser Wein runterkippst und meine Wingfrau spielst. Harry aus der Buchhaltung ist hier, und ich schwör dir, ich sterbe, wenn ich nicht bald mit diesem Bild von einem Mann ausgehe. Er ist der einzige wirklich schnuckelige Kerl auf der Arbeit. Er sollte mir gehören.«

Everly lächelte. Nachdem sie letztes Jahr bei Crawford angefangen hatte, war sie Scott während ihrer Einweisung begegnet. Anfangs hatte sie seine spielerische Art als Anmache aufgefasst. Aber dann hatte er sie dazu gebracht, mit ihm Kaffee trinken zu gehen und sich dafür entschuldigt, dass er bei ihr einen falschen Eindruck erweckt hatte. Er hatte zugegeben, dass er nicht er selbst gewesen war, weil er vor kurzem eine schwere Trennung von seinem Freund durchgemacht hatte. Scott maskierte manchmal seine düstere Stimmung mit einem unbekümmerten Gesicht. Sie war froh, dass er endlich seine verlorene Liebe hinter sich ließ, um sich wieder an die Datingfront zu wagen, noch dazu mit einem so heißen Typen.

Wenn sie ehrlich war, war Everly sich nicht sicher, ob sie an die wahre Liebe glaubte. Anziehung und Zuneigung, ja, aber Liebe? Ihr Vater hatte sich an dieser Vorstellung böse die Finger verbrannt. Den Schock und den Kummer darüber, dass seine Frau ihn verlassen hatte, hatte er mit ins Grab genommen. Ihre Mutter hatte immer so distanziert gewirkt, als hätte sie nur ihr Leben gefristet bis zu dem Moment, als sie sie im Stich ließ, weil sie sich nach etwas anderem sehnte.

Sie schüttelte den Kopf. »Scott, ich weiß nicht einmal, was eine Wingfrau überhaupt machen muss.«

Er lehnte sich zurück und dachte kurz darüber nach. »Nun, als Erstes solltest du da rübergehen und mich in den höchsten Tönen loben. Erzähl ihm, wie perfekt ich bin, was für ein toller Kerl ich sein kann. Wenn das nicht funktioniert, tust du ihm eben heimlich K. o.-Tropfen ins Getränk, damit ich ihn mir zu Willen machen kann.«

Sie verdrehte die Augen. Manchmal hatte Scott eine blühende Fantasie. »Ja, klar. Kein Problem.«

»War ein Versuch«, sagte er mit einem langen Seufzer, während seine Augen in den hinteren Teil des Raums abschweiften.

Everly folgte seinem Blick. Eine Kellnerin in einem Smoking balancierte etwas, das wie eine Käseplatte aussah, an einem großen, schwarzen Mann vorbei, der einen unauffälligen Anzug und eine Pilotenbrille trug. Er bewachte eine Tür, die vermutlich in einen VIP-Bereich führte.

»Sieh dir das an! Ich hab ein Gerücht gehört«, flüsterte Scott ihr ins Ohr. »Als du auf der Toilette warst, war Marty aus der Sachbearbeitung kurz hier und hat mir was total Verrücktes erzählt.«

»Dem darfst du nichts glauben. Er ist eine schreckliche Klatschbase.«

»Willst du jetzt die Exklusivstory oder nicht?«

Sie hatte ein bisschen Angst, dass die nächste große Exklusivstory nach der von Scott die Schlagzeile »Gutmütiger Arbeitgeber stirbt – Wonder Girl gefeuert« tragen würde. Sie war wie ein Komet durch die Etagen geschossen und bald würde sie mit einem Riesenschlag auf dem Boden landen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn der neue Chef herausfand, dass es sich bei seiner Leiterin der IT-Sicherheitsabteilung um eine Hackerin handelte, die zu jung für diese Position war und der keiner außer Maddox Crawford zutraute, dass sie dem Job gewachsen war. Maddox war ihr Held gewesen, ihr Mentor in dieser verrückten Unternehmenswelt. Und auch ein erstaunlicher Freund.

Zuerst war sie von seinem Tod derart erschüttert gewesen, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Aber jetzt, fast eine Woche später, hatte ihr Gehirn angefangen, Überstunden zu machen, und sie hatte Fragen – die ihr anscheinend niemand beantworten wollte.

Maddox Crawford war ein erfahrener Pilot gewesen. War sein Tod wirklich ein Unfall gewesen?

Nach jener mysteriösen, unerklärlichen E-Mail zu urteilen, die sie vergangene Nacht erhalten hatte, nicht.

»Na schön. Was ist die Exklusivstory?« Everly beschloss, ihren eigenen Ratschlag nicht zu befolgen. Sie würde sich jeden Klatsch anhören, der sie von ihren Problemen ablenkte. Sie brauchte ein gutes Wochenende, bevor sie sich dem stellte, was der Montagmorgen bringen würde.

Sie nahm einen kräftigen Schluck von dem Sauvignon blanc, den sie bestellt hatte. Scott hatte recht. Sie musste ein bisschen leben, bevor der Hammer auf sie niederkam. Wenn es so ablief, wie sie befürchtete, dann konnte sie sich glücklich schätzen, wenn sie sich nächsten Monat noch Wein aus dem Tetrapack leisten konnte.

»Du weißt doch, dass der Große Crawford ein paar sehr einflussreiche Freunde hatte, oder?«

Sie las nicht so viele Klatschblätter wie alle anderen. Sie machte sogar einen großen Bogen um diesen Schund. Warum sich auf die Probleme der Promis fixieren, wo sie doch so viele eigene hatte? Davon abgesehen, war das, was in den Zeitungen über Leute wie Maddox stand, mehr Fiktion als die Wahrheit. Sie waren immer auf der Suche nach einer guten Story, und das echte Leben war nun mal eher langweilig. Der Maddox, den sie gekannt hatte, hatte hart gearbeitet – zwölf Stunden am Tag, oft sechs Tage in der Woche. Er hatte sich um seine Angestellten gekümmert. Sie wettete, darüber hatte nie jemand berichtet. »Er kannte viele Leute. Wie viele Männer in seiner Position.«

»Aber er kannte eine sehr einflussreiche Person«, flüsterte Scott.

Sie war sich nicht sicher, worauf er anspielte. »Das bezweifle ich nicht. Er war ein hohes Tier, Scott. Es ist nicht überraschend, dass er Schlüsselfiguren kannte.«

Scott schnaubte vor offensichtlichem Frust. »Verdammt, weißt du denn nicht, wen ich meine? Zachary Hayes, den Präsidenten dieser unserer Vereinigten Staaten, den heißesten Typ, der je im Weißen Haus gesessen hat. Es heißt, sie waren als Teenager befreundet. Wie ich gehört habe, ist der Präsident ein sentimentaler Mensch. Ich glaube, dass er heimlich auf Crawfords Beerdigung war und sich in diesem Moment sogar irgendwo hier in dieser Bar befindet.«

Maddox hatte ihr irgendwann mal erzählt, dass er mit dem derzeitigen Präsidenten auf dieselbe Privatschule gegangen war und sie damals eng befreundet gewesen waren. Die beiden hatten zu einem kleinen Freundeskreis gehört, der sich die Perfect Gentlemen nannte. Everly war sich nicht sicher, ob der Name ironisch gemeint war, aber da Maddox nicht gerade für seine Höflichkeit berühmt war, vermutete sie es. Die Gerüchte über ihren Übermut damals lieferten Stoff für Legenden … und diese waren in einigen Kampagnen gegen Hayes aufgetaucht, die wirklich unterste Schublade gewesen waren.

Sie stieß einen entnervten Seufzer aus. »Ja, klar, der Präsident der Vereinigten Staaten ist hier. Ganz bestimmt.«

Scott warf einen übertriebenen Blick nach hinten in Richtung des VIP-Raums. »Hast du nicht die auffallend vielen Männer in schwarzen Anzügen gesehen, die da rumstehen?«

»Scott, es ist ein Leichenschmaus. Die meisten hier in dieser Bar kommen direkt von der Beerdigung. Ist es da so überraschend, dass sie dunkle Anzüge tragen?«

»Und die Sonnenbrillen?«, konterte Scott. »Wie viele Menschen kennst du, außer durchgeknallten, furchteinflößenden FBI-Agenten, die abends in einer vollen Kneipe eine Sonnenbrille tragen?«

Sie drehte sich um und erhaschte einen Blick auf zwei Hünen, die am Eingang zum Hinterzimmer standen. Als eine Frau auf sie zu gestolpert kam, wiesen sie sie sanft, aber bestimmt ab. Everly sah Metall aufblitzen. Vielleicht lag Scott doch nicht so verkehrt. »Ach du Scheiße, ich hab eine SIG Sauer gesehen.«

Scott hob die Augenbrauen. »Eine was?«