Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens. Backen -  - E-Book

Perfektion. Die Wissenschaft des guten Kochens. Backen E-Book

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Beschreibung

Wussten Sie, dass Cookies, die mit braunem Zucker gebacken werden, weicher und saftiger sind als die mit weißem Zucker? Oder dass Kuchen mit 16 °C kalter und schaumiger Butter perfekt aufgeht? Backen ist Kunst und Wissenschaft zugleich. Hier erfahren Sie, welches Mehl für zarte Kuchen das beste ist, welche Schokolade den verführerischsten Geschmack zaubert, wie Backpulver funktioniert - und warum manchmal auch ein Wodka die Lösung für einen mürben Kuchenteig ist. Freuen Sie sich auf mehr als 100 Rezepte und interessante Tipps zum Backen von Brot, Kuchen, Cupcakes und Co. Die wissenschaftlichen Grundlagen werden einfach und praxisbezogen dargestellt - mit vielen Fotos, Infografiken und Ergebnistabellen. So werden auch Sie zum Meisterbäcker!

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America’s Test KitchenGuy Crosby

übersetzt von Michael Schickenberg

VORWORT ZU BAND DREI DER DEUTSCHEN AUSGABE

Wie werden Kuchen, Torten, Cupcakes und Brote perfekt? Dieser Frage widmet sich der dritte und letzte Teil der Reihe „Perfektion – Die Wissenschaft des guten Kochens“.

Zentrale Erkenntnisse aus „America’s Test Kitchen“ sind in dieser Reihe versammelt. America’s Test Kitchen ist eine 230 Quadratmeter große Laborküche, in der mehr als drei Dutzend Köche, Wissenschaftler und Redakteure mit einem Ziel arbeiten: die ultimativ besten Rezepte für die beliebtesten Gerichte zu entwickeln. Dafür werden in aufwendigen Testreihen und Experimenten Zubereitungsmethoden, Zutatenkombinationen sowie Temperaturen und Backzeiten mehrfach überprüft und optimiert. Die Tester wollen genau verstehen, wie und warum ein Rezept funktioniert. Alle Experimente basieren dabei auf wissenschaftlichen Fakten, die unter der Leitung des Harvard-Dozenten und Lebensmittelchemikers Guy Crosby eingebracht werden.

Die wichtigsten Koch- bzw. Backverfahren werden jeweils in einem Theorie- und einem Praxisteil dargestellt. Jedes „Konzept“ beginnt mit einer Beschreibung der „Wissenschaft dahinter“. Die anschließenden Experimente am Herd zeigen, welche Erkenntnisse die Wissenschaft für die Küche liefert. Anhand der zahlreichen Rezepte können Sie die Erkenntnisse aus den Experimenten selbst anwenden.

Die grundlegenden Erklärungen wie zur Wissenschaft von Zeit und Temperatur sowie die Empfehlungen zur Küchenausstattung finden Sie auch in diesem Band – so sind alle Bände unabhängig voneinander verständlich.

Das Buch wurde für den deutschen Markt gründlich überarbeitet. Zutaten, die in deutschen Supermärkten nur schwer erhältlich sind, wurden ersetzt oder es werden Alternativen angegeben.

INHALT

VORWORT

REZEPTE

EINLEITUNG

DIE WISSENSCHAFT VON ZEIT UND TEMPERATUR

DIE WISSENSCHAFT VON WÄRME UND KÄLTE

DIE WISSENSCHAFT DER SINNE

DIE WISSENSCHAFT VON KÜCHENGERÄTEN UND ZUTATEN

DIE RICHTIGE KÜCHENAUSSTATTUNG

LEBENSMITTELSICHERHEIT

LITERATUR

REGISTER

IMPRESSUM

KONZEPT 3.1 VIEL WASSER LOCKERT DIE BROTKRUME

KONZEPT 3.2IMMER MIT DER RUHE: WARUM ES WICHTIG IST, DASS BROTTEIG RUHT

KONZEPT 3.3 EINE FRAGE DER ZEIT: WIE BROT NOCH AROMATISCHER WIRD

KONZEPT 3.4 MAISBROT, MUFFINS UND CO.: MIT SPATEL STATT MIXER

KONZEPT 3.5 BACKPULVER ODER NATRON? BEIDES!

KONZEPT 3.6 LOCKERES GEBÄCK: AUF DIE BUTTERSCHICHTEN KOMMT ES AN

KONZEPT 3.7 MÜRBER KUCHENTEIG MIT WODKA

KONZEPT 3.8 ZART-LUFTIGES GEBÄCK MIT PROTEINARMEM MEHL

KONZEPT 3.9 SCHAUMIG GESCHLAGENE BUTTER LÄSST KUCHEN AUFGEHEN

KONZEPT 3.10UMGEKEHRTE AUFSCHLAGMETHODE FÜR FLACHE KUCHEN

KONZEPT 3.11 ZUCKER KANN MEHR ALS NUR SÜSSEN – ER VERÄNDERT AUCH DIE TEXTUR

KONZEPT 3.12 SAFTIGE FRÜCHTE: ERST ZUCKER, DANN ZEIT

KONZEPT 3.13 MAXIMALES AROMA MIT ECHTEM KAKAOPULVER

KONZEPT 3.14 CREMIGE EIERDESSERTS UND KUCHEN MIT SANFTER HITZE

KONZEPT 3.15 SO BLEIBT EISCHNEE BESTENS IN FORM

VORWORT

Auch wenn es Katzen sind, denen man nachsagt, neugierig zu sein (und dadurch bisweilen zu Tode zu kommen), so ist es doch der Mensch, der sich durch seine Neugier von allen anderen Säugetieren unterscheidet. Vor 100 Jahren haben die meisten Köche zwar nur über eine begrenzte Zahl von Rezepten und Zutaten verfügt, dafür aber über jede Menge Erfahrung in deren Zubereitung, sodass diese Rezepte stets zuverlässig klappten. Heute stellt sich die Situation anders dar: Viele sind an der Kunst des Kochens zwar brennend interessiert, doch fehlt ihnen die jahrelange Praxis, die einen guten Koch ausmacht.

Wie lässt sich dieses moderne Dilemma lösen? Die Antwort erinnert ein wenig an den Physiker Lawrence Krauss, der den Mysterien unseres Universums nachspürt. Um den Kosmos und unseren Platz darin zu verstehen, sagt er, muss man nach dem Wie und Warum fragen. Hat man diese Fragen gestellt, kann man Experimente entwickeln, die die Theorien entweder bestätigen oder widerlegen.

Allen, die an diesem Buch mitgearbeitet haben, dürfte das sehr bekannt vorkommen. Wir stellen uns tagtäglich Fragen. Schmeckt Fleisch intensiver, wenn man es mit Knochen gart? Warum wird Speiseeis im Gefrierschrank zwar fest, gefriert aber nicht hart? Um solche Fragen zu beantworten, denken wir uns Kochexperimente aus. Ziel ist dabei immer, dass die Rezepte in der heimischen Küche zuverlässig gelingen und das Essen besser schmeckt.

Einige Beispiele: Die These, es sei besser, bei der Zubereitung von Omelettes dem Ei kleine gefrorene Butterstücke hinzuzufügen, haben wir überprüft, indem wir ein 900 Gramm schweres Angelblei auf die fertigen Omelettes gelegt haben. (Das luftigere Omelette konnte das Gewicht nicht halten.) Um zu zeigen, dass man Fleisch nach dem Garen am besten noch etwas ruhen lässt, haben wir einen frisch aus dem Ofen kommenden Braten in Scheiben geschnitten und die ausgetretene Flüssigkeit gemessen: Es waren 10 EL. Bei einem zweiten Braten haben wir mit dem Schneiden 10 Minuten gewartet – prompt reduzierte sich der Flüssigkeitsverlust auf 4 EL. Und spielt es für Brownies wirklich eine Rolle, wie man die Teigzutaten vermengt? Wir haben den Vergleich gemacht und drei Brownie-Teige zubereitet: Für den ersten haben wir die Zutaten nur leicht vermischt, sodass noch einige Mehlschlieren sichtbar geblieben sind. Den zweiten Teig haben wir so gründlich gemischt, dass das Mehl komplett eingerührt war. Für den dritten Teig schließlich haben wir eine Küchenmaschine verwendet. Das Ergebnis: Nur die Brownies aus dem leicht verrührten Teig waren perfekt, alle anderen hatten eine unangenehm zähe Konsistenz.

Das ist sicher alles interessant und unterhaltsam, aber unser eigentliches Ziel ist es, Sie in Ihrer eigenen Küche zu einem besseren Koch zu machen. Den Unterschied zwischen den zwei Stärkeformen Amylose und Amylopektin zu kennen, ist gut und schön, nützlich wird dieses Wissen allerdings erst, wenn man es einsetzen kann, um die Konsistenz von Kartoffelpüree zu verbessern. Hilfreich ist auch zu wissen, wie die Hitze von der Oberfläche eines Bratens ins Innere gelangt, denn so wird klar, dass man große Fleischstücke besser langsam und bei niedriger Temperatur gart. Die äußere Schicht bleibt auf diese Weise saftig, bis das Fleisch ganz bis nach innen durchgegart ist.

An dieser Stelle fällt mir die Geschichte von einem alten Ladenbesitzer in Vermont ein, den ein Kunde fragt, ob er ein besonders begehrtes Produkt bald wieder reinbekäme.

„Nein“, antwortet der Alte.

„Wieso nicht?“, will der Kunde wissen.

„Weil es dann eh gleich wieder ausverkauft ist!“

Auch die Wissenschaft des Kochens folgt oft einer etwas verqueren Logik. Zunächst ergibt etwas gar keinen Sinn, aber wenn man länger darüber nachdenkt, versteht man es plötzlich. Wer mit den wissenschaftlichen Grundlagen vertraut ist, durchschaut nach und nach die Vorgänge beim Kochen und lernt, dieses Wissen zu nutzen. Beim nächsten Mal, wenn Sie den Teig für einen Pie, also einen gedeckten Obstkuchen oder eine würzige Pastete, machen, werden Sie vielleicht wie selbstverständlich die Hälfte des Wassers durch Wodka ersetzen. Dadurch wird der Teig geschmeidig und nach dem Backen schön mürbe. Oder Sie werden Bohnen vor dem Kochen in Salzlake einlegen und geschnittene Früchte zuckern.

Also: Wenn es ums Kochen geht, werden Sie in diesem Buch und den beiden weiteren Bänden „Perfektion – Die Wissenschaft des guten Kochens“ auf die meisten Ihrer Fragen eine Antwort finden, besonders auf jene, die mit Warum beginnen – dem wichtigsten Fragewort überhaupt.

CHRISTOPHER KIMBALLGründer und VerlegerAmerica’s Test Kitchen

REZEPTE

BROT

Pizza Bianca

Brot (fast) ohne Kneten

Oliven-Rosmarin-Brot

Knusprige rustikale Brötchen

Roggenmischbrot

Rosmarin-Focaccia

Vollkornsandwichbrot

Knusprig dünne Pizza „New York Style“

Knusprig dünne Pizza „New York Style“ mit weißer Sauce

Maisbrot

Pikantes Jalapeño-Cheddar-Maisbrot

Heidelbeer-Frühstücksmaisbrot

TARTES UND OBSTKUCHEN

Sommerliche Obsttarte

Sommerliche Obsttartelettes

Apfel-Galette

Sicher gelingender Mürbteig (Boden und Deckel)

Sicher gelingender mürber Kuchenboden (gebacken)

Sicher gelingender Mürbteig für Cremefüllungen

Gedeckter Heidelbeerkuchen

Extradicker gedeckter Apfelkuchen

KLASSISCHE KUCHEN

Perfektes Bananenbrot

Luftiger Gelber Schichtkuchen mit Schoko-Frosting

Chiffon Cake

Mokka-Nuss Chiffon Cake

Chiffon Cake mit Zitrone (und Kokosnuss)

Chiffon Cake mit Orange (und Cranberrys)

Marmorierter Chiffon Cake

Klassischer amerikanischer Rührkuchen

Rührkuchen mit Mandeln

Rührkuchen mit Orangenaroma

Klassischer Rührkuchen aus der Gugelhupfform

Amerikanischer Zitronengugelhupf

Feiner Gelber Schichtkuchen mit Buttercremefrosting

Streuselkuchen „New York Style“

Einfacher Schokokuchen

Zartbitterer Schokomoussekuchen

Zitronenkuchen mit Baiser

Angel Food Cake

KÄSE- UND KÜRBISKUCHEN

Amerikanischer Kürbis-Käsekuchen mit Gewürzen

Kürbis-Bourbon-Käsekuchen mit Pekannussboden

Käsekuchen „New York Style“

Kürbiskuchen

Zitronen-Käsekuchen

Zitronen-Käsekuchen mit Ziegenkäse und Haselnussboden

Käsekuchen mit dreierlei Zitrusfrüchten

GEBÄCK (COOKIES, MUFFINS, HÖRNCHEN & CO.)

Klassische Butterhörnchen

Feine Hefewaffeln

Hefewaffeln mit Heidelbeeren

Perfekte Weizenkleie-Muffins

Heidelbeermuffins

Perfekte Buttermilch-Pancakes

Mehrkorn-Pancakes

Topping aus Äpfeln, Cranberrys und Pekannüssen

Einfache Buttermilch-Biscuits

Weiche Zuckercookies

Weiche Zuckercookies mit Chai-Gewürzen

Weiche Zuckercookies mit Kokos und Limette

Weiche Zuckercookies mit Haselnüssen und brauner Butter

Knusprige Hafercookies

Knusprige Hafercookies mit Kokos

Knusprige Hafercookies mit Mandeln und Orange

Knusprige Hafercookies mit Salz

Blättrige Buttermilchbiscuits

Heidelbeer-Scones

Rindfleisch-Empanadas

Rindfleisch-Empanadas mit Mais und schwarzen Bohnen

Klassische Brownies

Perfektes Shortbread (Extra dicke Butterkekse)

Boston Cream Cupcakes

Glasierte Butterplätzchen

Vollrohrzucker-Cookies

Schoko-Haferflocken-Cookies mit Pekannüssen und Kirschen

Perfekte Chocolate-Chip-Cookies

Saftige Brownies

Schokocupcakes mit Ganache-Füllung

Graham-Cracker

Baisers

Schokoladenbaisers

Baisers mit gerösteten Mandeln

Orangenbaisers

Espressobaisers

DESSERTS

Orangen-Sahnesorbet

Limetten-Sahnesorbet

Zitronen-Sahnesorbet

Himbeer-Sahnesorbet

Honigmelone, Mango und Himbeeren mit Limette und Ingwer

Pfirsich, Brombeeren und Erdbeeren mit Basilikum und Pfeffer

Pfirsich-Crumble

Erdbeerküchlein (Amerikanische Biscuits mit Erdbeerfüllung)

Berry Fool mit Erdbeeren, Himbeeren und Sahne

Crème brûlée

Crème brûlée mit Espresso

Crème brûlée im Voraus zubereiten

Dunkle Mousse au Chocolat

Extradunkle Mousse au Chocolat

Schokolade-Himbeer-Mousse

Vanilleeis

Grand-Marnier-Soufflé mit Raspelschokolade

CREMES, FROSTINGS & MEHR

Selbstgemachte Clotted Cream

Vanillebuttercremefrosting

Kaffeebuttercremefrosting

Schoko-Sahne-Frosting

Schlagsahne

Schokocreme fürs Topping

Schlagsahne mit braunem Zucker

Schlagsahne mit braunem Zucker und Bourbon

Topping mit frischen Erdbeeren

Kandierte Süsskartoffeln

Selbstgemachtes Kürbispüree

EINLEITUNG

Gelingen und Misslingen liegen beim Kochen oft dicht beieinander. Erfolgreiches Kochen hängt davon ab, ob man in der Lage ist, schnell zu reagieren und die richtigen Anpassungen vorzunehmen. Auch wenn es Sie überrascht: Lebenslange Erfahrung ist keine Grundvoraussetzung, um ein guter Koch zu sein (aber natürlich schadet es nicht).

Wissen ist allerdings unerlässlich. Ein guter Hobbykoch versteht die Grundprinzipien des guten Kochens und wendet sie fast instinktiv an.

Aber welche Prinzipien sind das und wie erlernt man sie? Wir befassen uns seit 20 Jahren damit, zu erklären, wie Kochen funktioniert – und warum Rezepte manchmal eben nicht klappen. Dabei haben wir gelernt, dass ohne fundierte Techniken und Wissen gutes Kochen unmöglich ist.

Natürlich spielt Kreativität eine Rolle – bei der Kombination von Zutaten, dem dekorativen Anrichten usw. –, aber gutes Kochen beginnt zunächst mit guter Wissenschaft und Empirie. Man muss die Grundlagen verstehen, die harten Fakten kennen – zum Beispiel, dass Fleisch bei niedriger Gartemperatur saftiger bleibt oder dass salzige Marinaden Fleisch mürber machen als saure Marinaden –, bevor man sich an die Kunst wagen darf.

Aber wie eignet man sich die grundlegenden Kochprinzipien und die wissenschaftlichen Konzepte, auf denen sie beruhen, an? Ein Leben lang Erfahrung sammeln ist eine Möglichkeit. Ein aufmerksamer Koch wird sich seine Fehler merken und aus ihnen lernen, bis er ganz automatisch bei seiner Arbeit auf diese Lehren oder Prinzipien zurückgreift.

Aber genauso gut kann man die Prinzipien gezielt erlernen. Es ist leichter als Sie glauben, die wissenschaftlichen Grundlagen zu verstehen, die jedem Erfolg oder Misserfolg in der Küche zugrunde liegen. Vertrauen Sie uns.

Die Wissenschaft des guten Kochens macht Sie mit 50 grundlegenden Konzepten vertraut, die jeder gute Koch beherrschen sollte. Die wissenschaftlichen Grundlagen werden dabei in einfachen Worten und praxisbezogen dargestellt, damit Sie sie wirklich verstehen und beim Kochen berücksichtigen können. Stellen Sie sich dieses Buch einfach als Bedienungsanleitung für Ihre Küche vor.

Am besten lesen Sie zuerst die folgenden Grundlagenkapitel. Vergessen Sie nicht, einen Blick in den Anhang zu werfen, wo Sie Informationen über Küchenausstattung, Zutaten und Lebensmittelsicherheit finden.

Noch ein letzter Rat: Bleiben Sie neugierig. Machen Sie sich stets bewusst, was Sie beim Kochen gerade tun und warum Sie es tun. Das ist die wichtigste Lektion, die die Wissenschaft Sie lehren kann.

DIE WISSENSCHAFT VON ZEIT UND TEMPERATUR

ZEITANGABEN KÖNNEN TRÜGEN

Zeitangaben sind nützlich fürs Kochen, aber oft wird ihnen zu viel Bedeutung beigemessen. Unsere Rezepte enthalten sowohl Zeitangaben als auch weitere Hinweise, um abschätzen zu können, wann die einzelnen Zubereitungsschritte abgeschlossen sind. Die angegebenen Zeiten sollten Ihnen als grobe Orientierung für die Planung der Mahlzeit dienen (schließlich ist es nicht unerheblich, ob ein Braten eine Stunde braucht oder zwei) und nicht als exakte Anweisung, die es genau zu befolgen gilt. Vertrauen Sie auf Ihre fünf Sinne, um zu entscheiden, ob ein Teilschritt abgeschlossen oder das ganze Rezept fertig ist. Sieht das Essen aus wie beschrieben? Wenn im Rezept steht, dass Sie etwas garen sollen, bis es „fest“ ist, prüfen Sie die Konsistenz mit den Fingern. Genauso, wenn das Rezept sagt, man solle etwas kochen, bis es „aromatisch duftet“. Verlassen Sie sich lieber auf diese sensorischen Hinweise als auf die Zeitangaben.

TEMPERATURGENAUIGKEIT VON BACKÖFEN15 unserer Köche stellten ihre Backöfen daheim auf 175 °C. Die tatsächlich gemessenen Temperaturen lagen zwischen 150 und 200 °C.

Letztere sind deshalb nicht besonders zuverlässig, weil die Eigenschaften der benutzten Gerätschaften und Zutaten variieren können. Die Heizleistung von Grills und Kochfeldern unterscheidet sich von Gerät zu Gerät, und ebenso beeinflussen das Gewicht und der Durchmesser Ihrer Töpfe die Garzeit.

Auch Ihr Backofen ist nicht so zuverlässig, wie Sie vielleicht glauben. Woher wir das wissen? In unserer Versuchsküche haben wir mehr als zwei Dutzend Backöfen, und in jedem von ihnen steht ein Ofenthermometer, damit wir sicher sein können, dass sie noch genau kalibriert sind. Anders formuliert: Erreichen und halten sie wirklich die eingestellte Temperatur? Unserer Erfahrung nach klaffen die eingestellte und die tatsächliche Temperatur eines Ofens nach wenigen Monaten intensiver Nutzung weit auseinander, sodass wir ihn vom Fachmann neu einstellen lassen müssen. In der heimischen Küche geht dieser Prozess sicher langsamer vonstatten, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Ihr Backofen nicht 175 °C heiß ist, selbst wenn die Skala am Drehknopf das anzeigt. Um das zu überprüfen, haben wir 15 unserer Köche ein hoch präzises Ofenthermometer mit nach Hause gegeben, um dort ihre Backöfen zu testen. Sie haben das Gerät auf 175 °C eingestellt und es eine halbe Stunde heizen lassen, dann haben sie die tatsächliche Temperatur gemessen und notiert. Die Messergebnisse haben zwischen 150 und 200 °C geschwankt. Für einen Kuchen, der bei 175 °C gebacken werden soll, kann es einen erheblichen Unterschied machen, ob der Ofen 25 °C heißer oder kälter ist. Es liegt auf der Hand, dass die notwendige Backzeit sich ändert, aber auch auf die Farbe und Konsistenz des Teigs hat eine höhere oder niedrigere Temperatur Auswirkungen. Was fangen wir nun mit diesem Wissen an?

Zunächst sollten Sie nicht davon ausgehen, dass die Temperatur ihres Backofens akkurat stimmt, und das Essen besser schon eine Weile vor Ablauf der angegebenen Garzeit im Auge behalten. Kaufen Sie sich außerdem ein Ofenthermometer (auf Seite 227 finden Sie einige Empfehlungen). Dieser Einkauf könnte die Qualität der Speisen, die Sie in Ihrem Ofen zubereiten, dramatisch verbessern. Sollte Ihr Ofen wirklich deutlich heißer oder kälter sein als die eingestellte Temperatur (sagen wir 25 oder 30 °C), sollten Sie sich überlegen, ob Sie ihn nicht von einem Fachmann neu einstellen lassen.

Eine geringe Abweichung dagegen ist ganz normal. Ein Backofen heizt nämlich nicht einfach hoch, bis er die gewünschte Temperatur erreicht hat und hält diese dann. In den meisten Modellen kennen die Heizelemente nur zwei Zustände: aus und an. Um die gewünschte Temperatur zu halten, werden die Heizelemente entsprechend der vom Hersteller festgelegten Automatik zyklisch ein- und ausgeschaltet; sie heizen den Ofen bis knapp über die Wunschtemperatur und schalten sich dann ab, bis er wieder knapp unter diese abgekühlt ist. So haben unsere Messungen genau im Zentrum eines auf 175 °C vorgeheizten Elektrobackofens ergeben, dass die Temperatur zyklisch zwischen 168 und 183 °C geschwankt hat. Auch in einem Gasbackofen haben wir entsprechende Messungen durchgeführt; hier lag die Schwankung zwischen 173 und 182 °C.

Die simple Schlussfolgerung lautet: Beurteilen Sie Ihren Ofen nicht nach einer einzigen Messung und machen Sie sich keine Sorgen, falls die abgelesenen Temperaturen 5 oder 6 °C zu hoch oder zu niedrig sind – das liegt im Normbereich. Ist Ihr Ofen allerdings immer deutlich, d. h. 15 °C oder mehr, zu heiß oder zu kalt, haben Sie ein Problem.

ENTSCHEIDEND IST IMMER DIE TEMPERATUR

Die spezifischen Eigenschaften der verwendeten Geräte beeinflussen zwar die Garzeit, doch lassen sich diese Variablen nur schwer bestimmen. Woher soll man schließlich wissen, ob die eigene Pfanne schneller heiß wird als die, die wir in unserer Versuchsküche verwenden? Die zweite variable Größe, die Einfluss auf die Garzeit hat, ist dagegen leichter zu fassen.

KALIBRIERUNG EINES DIGITAL-THERMOMETERS

Ein digitales Bratenthermometer ist nur dann sinnvoll, wenn es auch genau misst. Daher sollten Sie die Messgenauigkeit direkt nach dem Kauf prüfen und die Prüfung in regelmäßigen Abständen wiederholen. Dazu gehen Sie folgendermaßen vor:

HERSTELLUNG EINES WASSER-EIS-GEMISCHSFüllen Sie ein Glas oder eine Schüssel mit einer Mischung aus Eis und möglichst kaltem Leitungswasser und lassen Sie das Ganze zwei Minuten stehen, damit die Temperatur sich stabilisiert. Tauchen Sie nun die Sonde des Thermometers in das Gemisch, ohne dass sie die Wände oder den Boden des Gefäßes berührt. Wenn die angezeigte Temperatur nicht 0 °C beträgt, setzen Sie die Kalibriertemperatur mit dem entsprechenden Knopf auf 0 °C. Haben Sie ein analoges Thermometer mit Zeiger, stellen Sie diesen auf die Null-Grad-Position (die Vorgehensweise unterscheidet sich von Modell zu Modell; eventuell müssen Sie mit einer Zange eine kleine Stellschraube auf der Rückseite betätigen).

Die Ausgangstemperatur der Zutaten spielt für viele Rezepte eine wichtige Rolle. Wie entscheidend sich diese Temperatur auf die Garzeit auswirken kann, zeigt das folgende Beispiel:

Grillen Sie zwei große Steaks, wobei Sie das eine direkt aus dem Kühlschrank auf den Grill geben und das andere erst eine Weile zum Anwärmen auf der Arbeitsplatte liegen lassen. Dabei werden Sie feststellen, dass die Garzeiten erheblich voneinander abweichen. Wir haben dieses Experiment mit zwei 900-Gramm-Rindersteaks aus der Keule durchgeführt, von denen jedes knapp 4 cm dick war. Das erste ist direkt aus dem Kühlschrank gekommen; die Temperatur hat etwa 4,5 °C betragen, als es auf den Grill gekommen ist, und es hat 22 Minuten gedauert, bis die gewünschte Kerntemperatur von 49 °C erreicht war. Das zweite Steak wurde in Frischhaltefolie eingeschlagen und eine Stunde in einen Eimer mit Wasser gegeben, bis es 21 °C warm war. Dieses Steak hat auf dem Grill nur 13 Minuten gebraucht, um dieselbe Kerntemperatur zu erreichen. Kalte Lebensmittel brauchen demnach länger zum Garen als jene mit Zimmertemperatur. Verlangt ein Rezept explizit eine gekühlte Zutat oder eine, die Zimmertemperatur hat, so sollten Sie diese Anweisung ernst nehmen.

Die Ausgangstemperatur der Zutaten beeinflusst nicht nur die Garzeit, sondern auch die Beschaffenheit des fertigen Gerichts. Wenn die Butter für Ihren Mürbeteig nicht richtig kalt ist, wird das Ergebnis zäh und ledrig anstatt schön locker und mürbe. Gekühlte Eier lassen sich besser trennen, weil das Eiklar dann dickflüssiger ist. Bitte beherzigen Sie die folgenden Hinweise zur Temperatur von Zutaten:

GARSTUFEN FÜR FLEISCH, GEFLÜGEL UND FISCH

Da die Kerntemperatur von Fleisch (Rind, Schwein und Lamm) durch Ruhenlassen nach dem Garen noch weiter ansteigt (Nachgareffekt), sollte man es aus dem Ofen, vom Grill oder aus der Pfanne nehmen, wenn die Temperatur noch 3 bis 6 °C unter der gewünschten Serviertemperatur liegt. (Genaueres zu diesem Phänomen ist in Buch 1, Konzept 1.4 nachzulesen.) Der Nachgareffekt tritt bei Geflügel und Fisch nicht auf (ihr Fleisch speichert Wärme nicht so gut wie das dichte Muskelgewebe beim Rind, Schwein und Lamm), deshalb sollte man diese tatsächlich bis zur gewünschten Serviertemperatur erhitzen. Der folgenden Tabelle ist zu entnehmen, bei welcher Temperatur man den Garprozess am besten beendet.

LEBENSMITTEL

 

KERNTEMPERATUR

RIND/LAMM

Blutig/rare

46 bis 49 °C (49 bis 52 °C nach dem Ruhen)

 

Rosa/medium rare

49 bis 52 °C (52 bis 54 °C nach dem Ruhen)

 

Halb durch/medium

54 bis 57 °C (57 bis 60 °C nach dem Ruhen)

 

Halb durch/medium well

60 bis 63 °C (63 bis 66 °C nach dem Ruhen)

 

Durch/well-done

66 bis 68 °C (68 bis 71 °C nach dem Ruhen)

SCHWEIN

Halb durch/medium

60 bis 63 °C (63 bis 66 °C nach dem Ruhen)

 

Durch/well done

66 bis 68 °C (68 bis 71 °C nach dem Ruhen)

HÄHNCHEN/PUTE

Helles Fleisch

71 °C

 

Dunkles Fleisch

79 °C

FISCH

Blutig/rare

43 °C (nur Thunfisch)

 

Glasig/medium rare

52 °C (Thunfisch und Lachs)

 

Halb durch/medium

60 °C (Fisch mit weißem Fleisch)

TIPPS ZUR THERMOMETERVERWENDUNG IN DER KÜCHE

Thermometer müssen nicht nur richtig kalibriert sein, man muss auch wissen, wie man sie richtig verwendet. Hier einige Tipps zur Handhabung:

Die Messsonde tief ins Innere des Lebensmittels stecken; auf keinen Fall darf sie irgendwo herausragen.

Die Sonde sollte weder Knochen noch das Kochgeschirr berühren und nicht in Hohlräume ragen (z. B. in einem Truthahn oder Hähnchen) – das verfälscht das Messergebnis.

Um die Temperatur von Steaks, Koteletts und anderen eher dünnen Lebensmitteln zu messen, das Gargut mit einer Zange aus der Pfanne oder vom Grill nehmen und die Sonde seitlich einstechen.

Besser mehrere Messungen vornehmen, besonders bei großen Bratstücken und ganzen Geflügelbraten. Für Letztere empfiehlt es sich, die Temperatur auf beiden Seiten des Brustbeins sowie in beiden Schenkeln zu messen, da je nach Lage im Backofen die eine Seite schneller gart als die andere.

Den Nachgareffekt berücksichtigen, wenn man den Garzeitpunkt bestimmt (siehe Buch 1, Konzept 1.4).

Zimmertemperatur entspricht in der Regel etwa 21 °C.

Gekühlt (aus dem Kühlschrank) sind Zutaten, wenn sie eine Temperatur zwischen 1,5 und 4,5 °C aufweisen. Ist Ihr Kühlschrank wärmer als 4,5 °C, können Lebensmittel verderben. Liegt die Temperatur bei 0 °C oder darunter, gefrieren Ihre Lebensmittel.

Tiefgefroren bedeutet in der Regel –18 bis – 12 °C. Ihr Gefriergerät sollte –18 °C kalt sein.

Mehl und Getreide sollten zum Zeitpunkt der Verarbeitung Zimmertemperatur haben. Wenn Sie Vollkorn- und Maismehl im Gefrierschrank lagern, damit es nicht ranzig wird (was eine gute Idee ist, sollten Sie es nicht innerhalb weniger Monate aufbrauchen), bringen Sie es erst auf Zimmertemperatur, bevor Sie damit backen. Kaltes Mehl lässt den Teig nicht so gut aufgehen, und das Backwerk wird unnötig fest. Um Mehl und Getreide schnell anzuwärmen, verteilen Sie es in einer dünnen Schicht auf einem Backblech und lassen es eine halbe Stunde stehen.

Eier werden stets gekühlt verarbeitet, es sei denn, im Rezept steht ausdrücklich etwas anderes. Sollen sie doch Zimmertemperatur haben und es muss schnell gehen, legen Sie sie fünf Minuten in eine Schüssel mit warmem Wasser (natürlich mit intakter Schale).

Butter ist ebenfalls gekühlt zu verarbeiten, solange nichts anderes angegeben ist. Weiche Butter ist zwischen 16 und 20 °C warm. Versuchen Sie auf keinen Fall, Butter in der Mikrowelle weichzumachen, da sonst unweigerlich ein Teil davon schmilzt. Stellen Sie die Butter stattdessen auf die Arbeitsfläche und lassen Sie sie langsam warm werden (dauert circa eine Stunde). Um die Sache zu beschleunigen, nehmen Sie die Butter aus dem Papier und zerteilen Sie sie in kleinere Stücke. Abgekühlte zerlassene Butter sollte immer noch flüssig und handwarm (29 bis 32 °C) sein.

GARTEMPERATUREN FÜR ANDERE LEBENSMITTEL

Außer für Fleisch, Geflügel und Fisch lässt sich auch für viele andere Lebensmittel der Garpunkt oder der richtige Weiterverarbeitungszeitpunkt mithilfe der Temperatur bestimmen. Die folgende Tabelle listet einige Beispiele auf.

LEBENSMITTEL

GARTEMPERATUR

Öl (zum Frittieren)

160 bis max. 180 °C

Zucker (um ihn zu karamellisieren)

175 °C

Hefeteigbrot (herzhaft, eher leicht)

95 bis 100 °C

Hefeteigbrot (süß, eher schwer)

90 bis 95 °C

Eier (für Eis)

82 °C

Eier (für Englische Creme oder Lemon Curd)

77 bis 82 °C

Gebackene Eier (z. B. Crème brûlée oder Crème caramel)

77 bis 80 °C

Käsekuchen

65 °C

Wasser (zum Brotbacken)

40 °C (in einigen Fällen bis 45 °C)

Fleisch, Geflügel und Fisch sind, wenn nicht anders angegeben, gekühlt zu verarbeiten. Beachten Sie, dass sich ab 4,5 °C in allen verderblichen Lebensmitteln Bakterien vermehren. Dies gilt ganz besonders für Fleisch und Geflügel sowie Fisch. (Mehr zum Thema „Lebensmittelsicherheit“ steht auf Seite 232.)

Um die Temperatur wirklich genau bestimmen zu können, empfehlen wir den Kauf eines digitalen Bratenthermometers. Neben hochwertigen Messern und Töpfen ist ein gutes Thermometer womöglich das wichtigste Utensil in jeder Hobbyküche.

GARZUSTAND PER TEMPERATUR BESTIMMEN

Nicht nur die Ausgangstemperatur der Zutaten ist wichtig, wir messen die Temperatur auch, um zu bestimmen, wann Speisen gar sind. Schneiden Sie Lebensmittel nicht ein, um zu sehen, ob sie „durch“ sind, sondern verwenden Sie lieber ein Bratenthermometer. Auf diese Weise lässt sich kinderleicht prüfen, ob der Festtagsbraten schon auf den Tisch kann (siehe auch Tabelle oben).

DIE WISSENSCHAFT VON WÄRME UND KÄLTE

WAS IST WÄRME UND WAS BEWIRKT SIE?

Was genau passiert eigentlich beim Kochen? Was geschieht, wenn man Lebensmittel über einem heißen Feuer erhitzt? Zunächst ein kurzer Exkurs in die Geschichte des Kochens.

Die Beherrschung des Feuers gehört zu den wichtigsten Entdeckungen in der Evolutionsgeschichte. Es hat den Menschen in die Lage versetzt, Lebensmittel zu garen. Warum war das so entscheidend? Vor der Entdeckung des Feuers haben unsere Urahnen den Großteil ihres Tages damit verbracht, durch hartnäckiges Kauen zähe Pflanzennahrung so zu zerkleinern, dass sie sie schließlich hinunterschlucken und verdauen konnten. In seinem faszinierenden Buch „Feuer fangen – Wie uns das Kochen zum Menschen machte“ (2009) führt der Primatenforscher Richard Wrangham die immense Vergrößerung des menschlichen Gehirns auf die Entdeckung des Feuermachens zurück. Garen habe die Verdauung von hochwertigem – besonders tierischem – Eiweiß erleichtert, was wiederum die Entwicklung des Gehirns begünstigt habe. Gleichzeitig sei durch den Garvorgang die Nahrung leichter kaubar geworden, wodurch der Mensch nicht mehr den ganzen Tag aufs Essen verwenden musste. Die plötzlich frei gewordene Zeit habe man fortan auf andere Tätigkeiten wie Jagen, Erkunden und Bauen verwenden können – kurz, um zu dem Menschen zu werden, der wir heute sind.

WARUM SCHMECKT WARMES ESSEN BESSER?

Dafür gibt es zwei Erklärungen: Erstens haben Forscher herausgefunden, dass unsere Geschmackswahrnehmung von bestimmten mikroskopisch kleinen Proteinen in den Geschmacksknospen verstärkt wird. Diese sogenannten TRPM5-Kanäle sind sehr temperaturempfindlich und bei höheren Temperaturen wesentlich leistungsfähiger als bei niedrigeren. Studien zeigen, dass sich die Kanäle beim Verzehr von Essen, das auf 15 °C oder kälter abgekühlt wurde, so gut wie gar nicht öffnen und so die Geschmackswahrnehmung stark gehemmt bleibt. Erwärmt man das Essen aber auf knapp 37 °C, öffnen sich die Kanäle und die TRPM5-Sensitivität steigt um den Faktor 100. Speisen schmecken so deutlich intensiver.

Zweitens wird unser Schmecken stark vom Geruch des Essens mitbestimmt, den wir als winzige Moleküle einatmen. Je heißer das Essen, desto mehr Energie haben diese Moleküle und desto wahrscheinlicher ist es, dass sie den Weg vom Tisch hinauf in unsere Nase finden.

Was lernen wir daraus? Gerichte, die eigentlich heiß gegessen werden, sollte man immer aufwärmen, und Gerichte zum kalten Verzehr, wie Gazpacho und Kartoffelsalat, sollte man extra kräftig würzen, um den Aromaverlust bei niedrigen Temperaturen auszugleichen.

Auch wenn es einfach zu verstehen ist, wie Kochen uns zu Menschen gemacht hat, wissen nur die wenigsten, was tatsächlich in Lebensmitteln vor sich geht, wenn man sie erhitzt. Wärme ist eine Form von Energie. Der Begriff gibt die Geschwindigkeit von Molekülen in einer Substanz wie Luft oder Wasser an; je höher die Temperatur, desto schneller bewegen sich die Moleküle und desto mehr Energie (= Wärme) enthalten sie.

Bei der Wärmeübertragung von einer Substanz auf eine andere kollidieren schnelle Moleküle mit langsamen und beschleunigen diese. Die Gasmoleküle eines Feuers, die Metallatome einer heißen Pfanne oder die Luftmoleküle eines heißen Backofens stoßen also mit den langsamen Molekülen – besonders Wassermolekülen – des Essens zusammen und bringen sie in Fahrt.

Die Beschleunigung der Moleküle im Essen hat eine ganze Reihe von Reaktionen zur Folge. Durch Gase, die aus dem heißen Essen austreten, oder wärmebedingte chemische Reaktionen kann sich die Farbe des Essens ändern. Von den Molekülen gebundenes Wasser wird freigesetzt, wodurch das Essen Flüssigkeit verliert. Zellwände, die dem rohen Lebensmittel ihre Stabilität geben, lösen sich auf – das Essen wird so weicher. Was im Einzelfall tatsächlich geschieht, hängt vom jeweiligen Lebensmittel, der Intensität der Wärme, der Art der Wärmeübertragung und der Zeit, die die Wärme auf das Essen einwirkt, ab. Wärme sorgt dafür, dass viele Lebensmittel besser schmecken, manchmal jedoch verschlechtert sich der Geschmack, z. B. wenn Fette oxydieren oder Bitterstoffe freigesetzt werden.

Beim Kochen sind mehrere Arten der Wärmezufuhr möglich; die üblichsten – Wärmeleitung (Konduktion), Wärmeströmung (Konvektion) und Wärmestrahlung (Radiation) – sind in Buch 1, Konzept 1.1 näher beschrieben. Die meisten Garverfahren, z. B. Braten, Grillen oder Frittieren, sind eine Kombination aus mehreren Arten der Wärmezufuhr und -übertragung. Ein Braten beispielsweise, der in einem Metallbräter im Backofen gegart wird, wird durch Wärmeleitung erhitzt (Wärme wird im Fleisch von Molekül zu Molekül übertragen), durch Wärmeströmung (die heiße Ofenluft erhitzt den Bräter und dieser wiederum das Fleisch) sowie durch Wärmestrahlung (die Heizelemente strahlen Wärme ab, die vom Essen absorbiert wird).

KÄLTE UND WAS SIE BEWIRKT

Genau wie Wärme Lebensmittel verändern kann, hat auch Kälte eine Wirkung. Viele natürliche Prozesse kommen durch Kälte zum Erliegen. Beispielsweise verhindert eine Lagertemperatur unter 4,5 °C in Pfirsichen die Aktivität bestimmter Enzyme, die während des Reifens das Pektin der Zellwände abbauen. Werden diese Enzyme deaktiviert, bevor die Frucht reif ist, bleibt das Pektin intakt und der Pfirsich bekommt eine mehlige Konsistenz.

Dagegen ist Kälte bei der Lagerung anderer Lebensmitteln sehr anzuraten. Milchprodukte und Fleisch verderben bei Temperaturen über 4,5 °C deutlich schneller. (Daher sollten sie in der kältesten Zone des Kühlschrankes im unteren Fach über dem Gemüsefach bei 2 bis 4 °C gelagert werden.) Diese Lebensmittel enthalten von Natur aus Bakterien, deren Aktivität unterhalb von 4,5 °C gehemmt wird. Ist die Temperatur höher, geraten die Speisen in die „kritische Zone“ (zwischen 4,5 und 60 °C), in der sich die meisten Mikroben rapide vermehren. Das Essen verdirbt dann möglicherweise, und der Verzehr kann gesundheitsschädliche Folgen haben. Übrigens wird auch durch Erhitzen und Garen die Bakterienaktivität häufig zum Stillstand gebracht. (Mehr zum Thema „Lebensmittelsicherheit“ findet sich auf Seite 232.)

TIEFKÜHLEN

Ab 0 °C beginnt die in Lebensmitteln enthaltene Flüssigkeit zu gefrieren, wobei sich Eiskristalle bilden. Diese Kristalle reißen in frischen Lebensmitteln, z. B. Gemüse und Obst, Zellwände und Zellorganellen auf und setzen so Enzyme frei, die vorher eingeschlossen waren. Werden die Lebensmittel später wieder aufgetaut, bewirken diese Enzyme, dass sie mitunter unangenehm schmecken oder braun und matschig werden.

WARUM WIRD SPEISEEIS NICHT HART WIE EIS?

Wieso sind Eiswürfel eigentlich steinhart, während Speiseeis weich ist und sich mit dem Löffel portionieren lässt, selbst wenn beides im selben Gefrierschrank lagert? Zucker – wie jede andere wasserlösliche Substanz – verschiebt den Gefrierpunkt von Wasser. Je mehr Zucker im Wasser ist, desto tiefer sinkt der Gefrierpunkt.

In Gemüse kann man diese Enzyme durch vorheriges Blanchieren, also kurzes Überbrühen, unschädlich machen. Deshalb sieht tiefgefrorener Brokkoli aus dem Supermarkt so saftig grün aus – er wurde während der Herstellung blanchiert. Wer schon einmal zu Hause rohen Brokkoli ohne Blanchieren eingefroren und ihn dann gekocht hat, der kennt den schwefeligen Geschmack, die matschige Konsistenz und die unschöne Farbe.

Im Gegensatz zu Gemüse verträgt Obst leider kein Blanchieren, deshalb versetzen die Hersteller es vor dem Frosten mit Zucker. Dadurch werden die Kristalle nicht so groß und richten weniger Schaden an. Manchmal wird auch Ascorbinsäure beigegeben – sie schaltet die Enzyme aus, die für die unschöne Braunfärbung verantwortlich sind.

GARMETHODEN

Wenn es darum geht, wie eine bestimmte Speise zu garen ist, findet sich in Kochbüchern eine ganze Reihe verschiedener Fachbegriffe.

Auch dieses Buch macht da keine Ausnahme. Im Folgenden werden die Begriffe kurz erklärt.

METHODE

KURZDEFINITION

BESCHREIBUNG

BRATEN IN DER PFANNE (KURZBRATEN)

Garen mit wenig Fett in der Pfanne

Dieses Garverfahren eignet sich am besten für kleinere, relativ dünne Lebensmittel wie Steaks, Koteletts und Schnitzel sowie für Speisen, die aus kleineren Teilen bestehen, z. B. geschnittenes Gemüse, Shrimps oder Muscheln.

BRATEN IM BACKOFEN (LANGZEITBRATEN)

Garen in Kochgeschirr im Backofen

Geeignet für eine breite Palette von Speisen, von großen Rinderbratenstücken über ganze Geflügelbraten bis zu Kartoffelscheiben.

FRITTIEREN

Garen mit einer größeren Menge Fett in Topf oder Pfanne

Das Gargut schwimmt im Fett oder wird teilweise davon umschlossen. Für die erste Methode werden ein großer Topf und 1–2 Liter Fett benötigt. Für die zweite Methode reichen meist eine Pfanne und weniger Fett (etwa 250 ml). Viele Lebensmittel, die sich zum Kurzbraten in der Pfanne eignen, können auch frittiert werden; frittierte Speisen sind oft paniert oder im Teigmantel.

KOCHEN

Garen in siedender Flüssigkeit

Auf Meereshöhe siedet Wasser bei 100 °C; der Siedepunkt sinkt pro 300 Höhenmeter um ca. 1 °C. Ist der Siedepunkt erreicht, wallen große Blasen in der Flüssigkeit auf und durchbrechen in schneller, regelmäßiger Folge die Oberfläche. Diese Garmethode ist günstig für Nudeln, Getreide und Gemüse.

KÖCHELN

Garen in Flüssigkeit knapp unter dem Siedepunkt

Je nach gewünschter Garintensität liegt die Temperatur der Flüssigkeit zwischen 82 und 96 °C. Wenn eine Flüssigkeit köchelt, steigen in unregelmäßigen Abständen vereinzelte kleinere Blasen an die Oberfläche auf. Viele Getreidearten, darunter Reis, gart man am besten köchelnd. Für Brühen, Suppen und Saucen ist Köchelnlassen unabdinglich.

POCHIEREN

Garen in Flüssigkeit deutlich unter dem Siedepunkt im geschlossenen Topf

Pochieren ähnelt dem Köcheln, allerdings ist die Temperatur niedriger (es steigen keine Blasen auf). Man pochiert im Allgemeinen mit Deckel, um die Temperatur möglichst konstant zu halten und das Essen schonend zu garen. Eignet sich besonders für empfindlichen Fisch und Früchte.

DÄMPFEN

Garen über schwach siedender Flüssigkeit im geschlossenen Topf (meist mit Dämpfeinsatz)

Dämpfen ist eine besonders schonende Garmethode. Im Gegensatz zu anderen feuchten Garverfahren bleibt das Aroma der Lebensmittel gut erhalten. Dämpfen ist die Methode erster Wahl für Gemüse, Fisch und empfindliche Speisen wie Klöße.

SCHMOREN

Garen durch Anbraten und anschließendes Zugeben von Flüssigkeit und Köchelnlassen im geschlossenen Topf

Ideal für eher feste Fleischstücke, die eine lange Garzeit benötigen, um zart zu werden, z. B. Rinderschmorbraten.

SCHMORTOPF

Eine Form des Schmorens (Anbraten mit anschließendem Köcheln)

Für einen Schmortopf werden Lebensmittel meist nicht im Ganzen, sondern zerkleinert geschmort.

DIREKTES GRILLEN

Garen auf dem Rost über offenem Feuer

Auch wenn „grillen“ häufig für jede Form von Garen über offenem Feuer verwendet wird, beschränkt sich der Begriff in diesem Buch meist auf das relativ kurze Garen von Steaks, Koteletts, Gemüse, Fisch, Krustentieren etc.

INDIREKTES GRILLEN

Garen auf dem Rost über mäßig starkem Feuer in einem geschlossenen Grill, wobei das Grillgut nicht direkt über der Wärmequelle liegt

Durch den geschlossenen Deckel des Grills ähnelt dieses Garverfahren dem Braten im Backofen, besonders, wenn das Grillgut nicht direkt über dem Feuer liegt und dadurch nur langsam bräunt. Am besten geeignet für große, dicke Fleischstücke, die eine lange Garzeit bei niedriger Temperatur brauchen, z. B. ganze Hähnchen oder Braten.

GRILLEN IM RAUCH

Garen auf dem Rost über schwachem, stark rauchendem Feuer in einem geschlossenen Grill, wobei das Grillgut nicht direkt über der Wärmequelle liegt

Das klassische US-amerikanische Barbecue (BBQ), wenn auch nicht unbedingt im Smoker. Diese Grillmethode funktioniert im Prinzip wie indirektes Grillen, jedoch ist das Feuer kleiner und man verwendet zusätzlich Holz, was dem Grillgut ein rauchiges Aroma verleiht. Am besten geeignet für eher zähes Fleisch (z. B. Rinderbrust oder Rippchen), das lange garen muss, um zart zu werden.

Beim Einfrieren von Fleisch, Geflügel und Fisch ist Flüssigkeitsverlust das größte Problem. Die Eiskristalle beschädigen die Zellstruktur, wodurch Tiefkühlfleisch beim Garen mehr Flüssigkeit verliert als frisches Fleisch. Außerdem wird der Fleischoberfläche beim Einfrieren Wasser entzogen. Um den Flüssigkeitsverlust zu messen, haben wir drei 200-Gramm-Proben Rinderhack (15 % Fettanteil) auf mittlerer bis großer Flamme in einer kleinen Pfanne gebraten. Die erste Probe war frisch, die zweite tiefgefroren und aufgetaut, die dritte zweimal tiefgefroren und aufgetaut. Wir haben die jeweils ausgetretene Flüssigkeit aufgefangen und die Menge bestimmt, dann haben wir das Experiment mit weiteren Fleischproben wiederholt.

Während das frische Hackfleisch im Durchschnitt ¾ TL Flüssigkeit verloren hat, sind beim einmal tiefgefrorenen Fleisch 2 TL und beim zweimal tiefgefrorenen Fleisch sogar 1 EL verloren gegangen. Anders betrachtet: Ein Burger mit 200 g frischem Hackfleisch enthält 1¼ TL mehr Fleischsaft gegenüber einem Burger mit Hack aus der Tiefkühltruhe. Das Ergebnis: Hier ein saftiger, zarter Burger, dort ein Burger, der schmeckt wie trockenes Brot.

Ein weiterer Nachteil des Einfrierens hängt mit der Aufbewahrung im Gefrierschrank zusammen. Idealerweise halten Gefriergeräte konstant eine Temperatur von –18 °C. In Wirklichkeit schwankt diese Temperatur aber oft, besonders, wenn das Gerät häufig geöffnet und geschlossen wird. Jedes Mal erwärmen sich die Lebensmittel ein wenig und kühlen anschließend wieder ab, was die Schädigung durch Eiskristalle verschlimmert. Als sichtbare Folge häufigen Antauens und Wiedereinfrierens bildet sich eine Eiskristallschicht auf dem Lebensmittel, der sogenannte Gefrierbrand.

DIE WISSENSCHAFT DER SINNE

DIE FÜNF GESCHMACKSQUALITÄTEN

Keine Frage, zum Kochen braucht man seine fünf Sinne: sehen, riechen, tasten, schmecken und hören. Sieht das Hähnchen schon knusprig braun aus? Fühlt sich der Kuchenteig fest an? Klumpt die Sauce oder ist sie schön glatt? Riecht der Knoblauch intensiv und aromatisch? Ist das Gericht gut abgeschmeckt?

Bleiben wir zunächst beim Geschmackssinn. In der Schule haben wir gelernt, dass es vier primäre Geschmackswahrnehmungen gibt: süß, sauer, salzig und bitter. In den letzten Jahren hat sich in der Wissenschaft die Auffassung durchgesetzt, dass es noch eine fünfte Geschmacksqualität gibt: umami. Am ehesten lässt sich diese als „fleischig“, „herzhaft“ und „vollmundig“ beschreiben. Der Geschmack wird durch eine natürlich vorkommende Aminosäure hervorgerufen: Glutamat (genauer: Glutaminsäure). Glutamat kommt in freier Form in relativ hoher Konzentration in bestimmten Früchten (z. B. Tomaten), Gemüsen und Käsesorten (besonders Parmesan) vor. Außerdem ist es als Baustein der meisten Proteine in Fleisch und Milchprodukten vorhanden. Auch Pilze erhalten ihren typisch fleischigem Geschmack durch einen hohen Glutamatgehalt. Allgemein eignet sich Umami-Aroma gut, um Speisen würziger und schmackhafter zu machen. (Siehe auch die Tabelle mit den Glutamatwerten verschiedener Lebensmittel in Buch 1 auf Seite 237.)

Im Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat (MNG), der durch das Züchten bestimmter Bakterien auf Zucker bzw. Melasse und Mais gewonnen wird, zeigt sich die ganze Würzkraft der Glutamate. Unsere Versuche beweisen, wie stark MNG das Aroma von Speisen intensivieren kann: Nachdem wir unserer Rindfleisch-Gemüse-Suppe Glutamat (aus dem Supermarkt) hinzugefügt hatten, schwärmten unsere Koster von dem „vollen und superintensiven Rindfleischaroma“. (Mehr über Glutamate und die wichtigen Nukleotide erfahren Sie in Buch 1, Konzept 1.17.)

WIE DER GESCHMACKSSINN FUNKTIONIERT

Die Sinneszellen, mit denen wir Geschmack im Mund wahrnehmen, befinden sich gebündelt in den Geschmacksknospen. Lange Zeit glaubte die Wissenschaft, dass sich diese Knospen auf verschiedene „Geschmackszonen“ der Zunge verteilen, in denen jeweils nur eine Geschmacksrichtung wahrgenommen wird. Mittlerweile weiß man jedoch, dass die Knospen für die verschiedenen Geschmacksqualitäten gleichmäßig über die ganze Zunge und den ganzen Mundraum verteilt sind. Trotzdem haben nicht alle Menschen das gleiche Geschmacksempfinden, was daran liegt, dass es individuell genetisch festgelegt ist, wie viele Geschmacksknospen man hat.

Eine Studie der Universität Florida zeigt, dass manche Menschen bis zu zehnmal mehr Geschmacksknospen haben als andere. Natürlich wirkt sich das auf die Geschmackssensibilität aus – diese „Supergaumen“ nehmen Speisen als süßer, würziger oder bitterer wahr als Menschen mit einer nur durchschnittlichen oder sogar unterdurchschnittlichen Zahl von Geschmacksknospen. Eine zehnmal so hohe Geschmackssensibilität erreichen sie aber trotz zehnfacher Geschmacksknospenzahl nicht. Das liegt an abschwächenden Faktoren wie Geruch, Mundgefühl und anderen Eigenschaften von Lebensmitteln, die den Geschmackssinn stören. Immerhin: Der Unterschied der Wahrnehmungsintensität kann bis zu Faktor drei betragen.

Wenn Sie also das nächste Mal für eine Freundin kochen und sie das Essen viel salziger oder schärfer findet als Sie, seien Sie beruhigt. Sie haben keinen schlechten Gaumen – Ihre Freundin hat wahrscheinlich einfach nur überdurchschnittlich viele Geschmacksknospen.

Natürlich können wir nichts daran ändern, wie unser Gaumen beschaffen ist, aber jeder Koch kann beeinflussen, wie das Aroma seines Gerichts wahrgenommen wird, indem er das Verhältnis zwischen den fünf Geschmacksqualitäten geschickt ausbalanciert. Untersuchungen, wie man bitter schmeckenden Medikamenten einen angenehmeren Geschmack geben könnte, haben beispielsweise ergeben, dass Salz Bitteraromen überdecken kann. Laut einer Forschungsgruppe lässt sich mit Natriumionen der Bittergeschmack von Paracetamol um 50 Prozent senken.

Um zu prüfen, ob Salz die gleiche Wirkung auf bittere Nahrungsmittel hat, haben wir mit mehreren Lebensmitteln, darunter Kaffee und Auberginen, einen Blindtest durchgeführt, wobei die Testpersonen je gesalzene und ungesalzene Proben vorgesetzt bekommen haben. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass die empfundene Bitterkeit von Kaffee durch Zugabe von ¼ TL Salz pro 475 ml um 50 Prozent sank. Auch Auberginen wurden als weniger bitter wahrgenommen.

Dass man Auberginen traditionellerweise salzt, hat also zwei Vorteile. Erstens entzieht das Salz, wie wir in unseren Kochexperimenten zeigen konnten, dem Auberginenfleisch Wasser und sorgt dafür, dass es weniger Fett aufnimmt. Und zweitens überdeckt es die bittere Geschmacksnote des Gemüses. Tatsächlich stellten die meisten unserer Testesser, als wir sie gesalzene und ungesalzene gebratene Auberginen probieren ließen, bei den ungesalzenen eine schwache bittere Note fest, die den gesalzenen fehlte.

Ähnliches gilt für sehr scharfe Gerichte, die man durch Zugabe von Zucker „entschärfen“ kann. So ist uns aufgefallen, als wir an unserem Rezept für Thai-Hähnchen mit Basilikum gearbeitet haben, dass scharfe Chilis mit Zucker deutlich milder geschmeckt haben. Das Phänomen wird durch komplexe Wechselwirkungen im Gehirn hervorgerufen, die unsere Geschmackswahrnehmung regulieren und in diesem Fall für ein Abschwächen von Schmerzempfinden durch Genussempfinden sorgen. Bestimmte Inhaltsstoffe der Chilis (insbesondere Capsaicin) stimulieren die um die Geschmacksknospen angeordneten Endfasern des Trigeminusnervs und signalisieren dem Gehirn so ein unangenehm brennendes Gefühl (trigeminale Wahrnehmung). Gleichzeitig stimuliert Zucker die Geschmacksknospen, sodass diese dem Gehirn ein angenehmes Gefühl signalisieren. Forscher sind der Meinung, dass diese „Genuss-Signale“ so angenehm sind, dass sie den unangenehmen „Schmerz“ der Chilis überlagern. Darüber hinaus entzieht Zucker, wenn er sich in Speichel auflöst, dem Mundraum Wärme und erzeugt so ein leicht kühlendes Gefühl.

Was bedeutet das für die Praxis? Wenn Sie ein Gericht richtig versalzen oder zu viel Zucker oder scharfes Gewürz hineingegeben haben, ist nicht mehr viel zu retten. In weniger schlimmen Fällen kann das zu großzügig eingesetzte Gewürz aber noch abgeschwächt werden, indem man ein Gewürz vom entgegengesetzten Ende der Aromaskala hinzugibt.

Zu wissen, wie der Geschmackssinn funktioniert, erlaubt uns nicht nur, Fehler zu kaschieren, es hilft uns auch, Gerichte so zu würzen, dass sie noch besser schmecken. Im Folgenden finden Sie einige allgemeine Tipps zum Würzen. Behalten Sie dabei aber immer im Hinterkopf, dass sich die Flüssigkeitsmenge eines Gerichts noch ändern könnte. So schmeckt ein genau richtig gewürzter Eintopf, nachdem er ein paar Stunden vor sich hin geköchelt hat, mit großer Wahrscheinlichkeit zu salzig. Am besten würzen Sie während des Garens nur mäßig und schmecken erst unmittelbar vor dem Servieren endgültig ab.

Säure statt Salz Nicht nur mit dem Salzstreuer kann man Suppen, Eintöpfen und Saucen mehr Pepp verleihen – probieren Sie es doch mal mit einem Spritzer Zitronensaft oder Essig. Wie Salz mildert auch Säure Bitternoten ab, indem sie andere Geschmacksnoten deutlicher hervortreten lässt. Schon ein Spritzer kann viel bewirken.

Fleisch mit grobkörnigem Salz würzen Verwenden Sie zum Salzen von Fleisch grobes Salz aus der Mühle anstelle von normalem Tafelsalz. Die größeren Körner verteilen sich leichter und haften besser an der Oberfläche des Fleisches.

Richtig pfeffern Ob schwarzer Pfeffer richtig „beißt“ oder eher mild schmeckt, hängt davon ab, ob man das Fleisch vor oder nach dem Anbraten damit würzt. Um dem Fleisch einen richtig pfefferigen Geschmack zu verleihen, fügt man ihn nach dem Anbraten hinzu, damit die flüchtigen Komponenten nicht durch Hitze zerstört werden. Umgekehrt mildert es die Schärfe von Pfeffer, wenn man vor schon vor dem Anbraten damit würzt.

Kalte Speisen kräftig würzen Durch Kühlen verlieren Speisen oft einen Teil ihres Aromas, deshalb sollte man in diesen Fällen großzügig beim Würzen sein, wenn auch mit Augenmaß. Um nichts zu versalzen, sollte man vor dem Kühlen nur die normale Menge Salz hinzugeben und dann unmittelbar vor dem Servieren noch einmal nachsalzen, bis das Essen die gewünschte Würze hat.

Kräuter zur richtigen Zeit hinzugeben Fügen Sie kräftigere Kräuter wie Thymian, Rosmarin, Oregano, Salbei und Majoran früh während des Garens hinzu; so haben diese Zeit, ihr volles Aroma zu entfalten und so weich zu werden, dass sie die Textur des Gerichts nicht beeinträchtigen. Empfindliche Kräuter wie Petersilie, Koriander, Estragon, Schnittlauch und Basilikum geben Sie erst zum Schluss dazu, damit sie ihr frisches Aroma und die leuchtende Farbe nicht verlieren.

Etwas Umami schadet nicht Haben Sie Sojasauce, Worcestersauce oder Anchovis im Kühlschrank? Dann nutzen Sie doch den hohen Glutamatgehalt dieser Lebensmittel, um Ihrem Essen einen zusätzlichen Schuss Würze zu verleihen. Versuchen Sie es mal mit 1–2 TL Sojasauce im Chili oder ein paar fein gehackten Anchovis zum Schmorhähnchen. (In Buch 1, Konzept 1.17 erfahren Sie mehr über das Kochen mit glutamathaltigen Zutaten.)

KOCHEN FÜR ALLE FÜNF SINNE

Ein guter Koch sorgt nicht nur dafür, dass die fünf Geschmacksqualitäten in seinen Speisen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, sondern kümmert sich auch bewusst um den Duft. In kaltem Essen fällt es unseren Geschmacksknospen schwerer, Geschmack wahrzunehmen, weshalb z. B. kalte Suppen kräftig abgeschmeckt werden müssen. Gleichzeitig duften kalte Suppen so gut wie gar nicht – noch ein Grund, warum man großzügig würzen sollte. Der Duft, der einem in die Nase steigt, intensiviert den Geschmack.

Geruch und Duft spielen also eine wichtige Rolle beim Schmecken. (Doch nicht nur das: Gerüche regen den Appetit an und warnen uns vor verdorbenem Essen.) Ohne die Hilfe des Geruchssinn ist es überraschend schwer, den Unterschied zwischen Erdbeer- und Vanilleeis oder Pasta alla carbonara und Pasta alla vodka zu schmecken.

Nun leuchtet natürlich jedem ein, dass der Geruchs- und Geschmackssinn in der Kochkunst eine zentrale Rolle spielen, aber auch die übrigen drei Sinne sind nicht zu vernachlässigen. Meist schmeckt schön angerichtetes Essen besser – jedenfalls scheinbar. Um das Prinzip zu beweisen, hat Frédéric Brochet, ein Forscher an der Universität von Bordeaux, Weinexperten je ein Glas Rotwein und ein Glas Weißwein zum Kosten gegeben. Mit dem üblichen blumigen Beschreibungsvokabular haben sie detailliert beide Weine und ihre Unterschiede bewertet – zu dumm nur, dass in beiden Gläsern der gleiche Weißwein war, man hatte ihn im zweiten Glas lediglich mit einem geschmacksneutralen Stoff rot eingefärbt.

Auch für Essen lässt sich Ähnliches zeigen. Setzt man Testessern zwei Schälchen Schokopudding aus jeweils einer anderen Schokoladensorte vor, so werden sie vom vollmundigeren und intensiveren Geschmack des dunkleren, d. h. „schokoladigeren“, Puddings schwärmen. Lässt man sie dieselben Proben aber mit verbundenen Augen kosten, fällt das Ergebnis weit weniger eindeutig aus. Die Augen essen also tatsächlich mit.

Wichtiger als das Aussehen ist aber womöglich die Textur. Labberige Pommes frites schmecken nicht halb so köstlich wie goldgelbe, kross gebackene Ofenkartoffeln, knackige grüne Bohnen hat man lieber auf seinem Teller als verkochten Brokkoli. Einige hier vorgestellte Konzepte dienen genau diesem Zweck: Speisen die optimale Textur zu geben.

Die akustische Wahrnehmung spielt für denjenigen, der das Gericht isst, wohl kaum eine Rolle, für denjenigen, der es zubereitet, kann sie aber wichtig sein. Als Beispiel sei nur erwähnt, dass es zischen muss, wenn man Gemüse in die heiße Pfanne gibt – hört man nichts, ist die Pfanne nicht heiß genug.

DIE WISSENSCHAFT VON KÜCHENGERÄTEN UND ZUTATEN

DIE PHYSIK DES KOCHENS

Erhitzen und Abkühlen können den Geschmack, die Konsistenz und das Aussehen von Speisen verändern, aber auch mechanische Vorgänge und Kraft spielen beim Kochen eine Rolle. Das kann die Bewegung einer Messerklinge sein, die eine Zwiebel zerschneidet, oder die Rotation der Mixermesser, um ein Pesto zu pürieren.

KÜCHENWERKZEUGE UND IHRE FUNKTIONMesser sind nicht die einzigen Werkzeuge, mit denen Lebensmittel bearbeitet und physisch verändert werden. Tatsächlich findet sich in jeder Küche eine breite Palette von Utensilien, mit denen sich vermengen, unterheben, verquirlen, rühren, mahlen, pürieren, zerkleinern, kneten und schlagen lässt. Für eine Vielzahl von Anwendungen gibt es spezielle Geräte. Dabei ist es mal der Arm des Koches oder der Köchin, der die Antriebsenergie liefert, mal ist ein Küchenutensil elektrisch betrieben. Hier ein paar Beispiele:

Mit dem Schneebesen oder Mixer wird Luft in kalte Schlagsahne eingerührt, sodass aus einer kleinen Menge Flüssigkeit eine voluminöse, schaumige Masse wird.

Eine Gewürzmühle zermahlt ganze Gewürzteile in feines Pulver, wodurch aromatische Öle freigesetzt werden.

Ein dickes Stück Hühnerbrust wird durch die Bearbeitung mit einem Fleischklopfer zu einem dünnen Schnitzel, das nur eine kurze Garzeit benötigt.

In den Beispielen wird mit einem Werkzeug ein einzelnes Lebensmittel bearbeitet. Viele Werkzeuge dienen allerdings dazu, mehrere Lebensmittel miteinander zu verbinden. Das einfachste Beispiel ist der Holzlöffel, mit dem man Wasser, Mehl und Hefe zu einem Teig zusammenrührt. Das Lernziel lautet: Speisen können auch ohne Erhitzen (oder Abkühlen) modifiziert werden. In diesem Buch lernen Sie, wie Sie das Ergebnis vieler Rezepte z. B. durch die richtige Methode der Zutatenvermengung verbessern können.

Es liegt auf der Hand, dass sich durch Zerkleinern oder Schneiden das Aussehen von Lebensmitteln verändert – sie werden kleiner, dünner, womöglich sogar optisch ansprechender. Aber noch etwas anderes geschieht, wenn eine Messerklinge ein Lebensmittel durchdringt: Zellstrukturen werden beschädigt (ähnlich wie beim Garen und Einfrieren), was zu Veränderungen der Farbe, Konsistenz und des Geschmacks führen kann.

Selbst die Schneiderichtung beim Zerkleinern einer Zwiebel kann den Geschmack beeinflussen. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und acht Zwiebeln jeweils auf zwei verschiedene Arten in Scheiben geschnitten: längs (gewissermaßen Pol zu Pol) und quer (parallel zum Äquator). Dann haben wir die geschnittenen Stücke einem Geruchs- und Geschmackstest unterzogen und festgestellt: Die von Pol zu Pol geschnittenen Stücke haben einen deutlich weniger beißenden Geruch und Geschmack als die anderen aufgewiesen.

Warum ist das so? Der scharfe Geschmack und stechende Geruch von Zwiebeln werden durch sogenannte Thiosulfinate hervorgerufen, die entstehen, wenn das in den Zellen eingeschlossene Enzym Alliinase mit der Aminosäure Isoalliin reagiert, die ebenfalls im Gemüse vorhanden ist. Die Reaktion findet nur statt, wenn die Zellwände der Zwiebeln verletzt und die stark riechenden Verbindungen freigesetzt werden. Schneidet man die Zwiebeln längs (in Ausdehnungsrichtung der Zellen), werden weniger Zellen beschädigt als beim Schneiden quer zu den Zellen, es treten weniger Alliinase-Enzyme aus, und folglich bilden sich weniger Thiosulfinate. (In Buch 2 erfahren Sie mehr darüber, wie man mit dem Messer den Geschmack von Zwiebeln und Knoblauch beeinflusst.)

Auch auf gegarte Speisen kann sich die Art des Schneidens auswirken. In manchen Steaks, besonders aus der Flanke, erkennt man die einzelnen Muskelfasern deutlich als lange Streifen, die über das ganze Stück Fleisch verlaufen. Schneidet man so ein Steak nach dem Grillen im rechten Winkel zur Faserrichtung, verkürzt man die langen Muskelfasern und sorgt so dafür, dass sich das Fleisch leichter kauen lässt.

DAS RICHTIGE WERKZEUG

Ob man das richtige Gerät verwendet hat, um Essen zu erhitzen, abzukühlen, zu zerkleinern, vermengen oder anders zu modifizieren, zeigt sich häufig im Ergebnis. Der Anhang des Buches enthält vertiefende Informationen zur Küchenausstattung; hier zunächst nur einige wichtige allgemeine Ratschläge, die man beherzigen sollte.

TERMINOLOGIE DES SCHNEIDENS

Professionelle Köche verwenden eine Vielzahl von Begriffen, um zu beschreiben, wie Lebensmittel geschnitten werden. Die folgende Tabelle enthält die Begriffe, die in diesem Buch benutzt werden.

SCHNEIDEART

BESCHREIBUNG

Chiffonade

In sehr feine Streifen schneiden. Meistens werden frische Kräuter, besonders Basilikum, so geschnitten.

Fein zerkleinern

In 3–6 mm große Stücke schneiden.

Mittelfein zerkleinern

In 6–13 mm große Stücke schneiden.

Grob zerkleinern

In 13–19 mm große Stücke schneiden.

Quer schneiden

Rechtwinklig zur langen Seite des Lebensmittels schneiden.

Längs schneiden

Der Länge nach (von einem Ende zum anderen) schneiden.

Schräg schneiden

Im Winkel von 45° schneiden. Besonders lange und eher dünne Lebensmittel wie Spargel und Möhren werden so geschnitten.

Würfel

In Würfel mit gleicher Kantenlänge schneiden.

Julienne

In streichholzgroße Stifte schneiden (etwa 5 cm lang und 3 mm dick).

Fein hacken

In höchstens 3 mm große Stücke schneiden.

Scheiben

In flache Stücke schneiden.

Dünne Scheiben

In besonders dünne, höchstens 3 mm dicke Stücke schneiden.

Töpfe und Pfannen können aus einer Vielzahl von metallischen Materialien bestehen, wobei jedes seine Vor- und Nachteile hat. Die Wärmeleitfähigkeit des Metalls bestimmt, wie gut sich das Kochgeschirr zum Anbraten eignet, wie leicht Essen anbrennt und wie gleichmäßig sich die Wärme verteilt. Auch das Gewicht spielt eine Rolle. In einem leichten Edelstahltopf wird Ihr Schmortopf höchstwahrscheinlich am Topfboden anhaften. Je nach Material ist Kochgeschirr einfacher oder weniger einfach zu reinigen.

Im Allgemeinen verwenden wir beschichtete Töpfe und Pfannen nur für empfindliche Speisen, die leicht anhaften, z. B. Fisch oder Eier. Unserer Erfahrung nach bräunen Speisen in beschichtetem Kochgeschirr nicht so gut, und oft bildet sich beim Braten von Fleisch nur wenig oder kein Bratensatz – ein schmerzlicher Verlust für die Sauce. Nehmen Sie also lieber keine beschichtete Pfanne, es sei denn, das Rezept verlangt ausdrücklich eine.

Genauso entscheidend wie das Material des Kochgeschirrs sind seine Form und Größe. Quetschen Sie mal vier Hähnchenbrüste in eine Pfanne mit 25 cm Durchmesser und Sie erhalten herrlich weiches, gedünstetes Fleisch – spendieren Sie ihnen jedoch großzügig Platz in einer 30-cm-Pfanne, bildet sich eine knusprige Kruste. Bei Pfannen wird für die Größe meist der Durchmesser (gemessen an der Oberkante der Pfannenwand) angegeben, bei Töpfen wird dafür eher das Fassungsvermögen herangezogen (2 Liter, 4 Liter etc.). Um auf der sicheren Seite zu sein, benutzen Sie immer genau das im Rezept angegebene Kochgeschirr.

Der Tipp gilt fürs Kochen, aber fast noch mehr fürs Backen. Wenn im Rezept eine 23-cm-Backform verlangt wird, nehmen Sie keine 20-cm-Form. Unserer Erfahrung nach verlängert sich die Backzeit durch diese minimale Abweichung von den Vorgaben deutlich, da der Teig in der kleineren Form logischerweise eine dickere Schicht bildet. Es dauert dann länger, bis die Hitze ganz bis in die Kuchenmitte vorgedrungen ist, womöglich so lange, dass die Unterseite des Kuchens anbrennt. Selbst etwas so vermeintlich Triviales wie der Rand eines Backblechs kann entscheidend sein, ob ein Rezept gelingt oder nicht.

KÜCHENAUSSTATTUNG Die richtige KüchenausstattungSeite 224Umrechnungstabelle für BackformenSeite 229Das beste Material für Töpfe und PfannenSeite 229Antihaftbeschichtete Pfannen – Ja oder nein?Seite 230Grundlagenwissen MesserSeite 231

DIE RICHTIGEN ZUTATEN

Für gutes und erfolgreiches Kochen sind die richtigen Gerätschaften unerlässlich, aber das Gleiche gilt auch für die Zutaten. Hier können schon kleine Abweichungen vom Rezept große Auswirkungen auf das Ergebnis haben. Nimmt man beispielsweise für ein Gericht grobes Salz statt Tafelsalz, reduziert sich der Salzgehalt um die Hälfte. Der Grund ist, dass die Salzkörner des groben Salzes große Zwischenräume lassen und das gemessene Volumen „aufblähen“, wodurch ein Teelöffel grobes Salz eine weit geringere Salzmenge enthält als ein Teelöffel Tafelsalz.

WARENKUNDE MehlSeite 70ButterSeite 92SüßungsmittelSeite 164SchokoladeSeite 182

Größere Abweichungen haben dementsprechend größere Folgen. Ersetzt man in einem Mürbeteigrezept beispielsweise Butter durch pflanzliches Backfett, so ändert sich zwangsläufig die Teigkonsistenz – ganz zu schweigen vom Geschmack. Das liegt erstens an der unterschiedlichen Zusammensetzung – Butter enthält etwa 80 % Fett und 16–18 % Wasser, Backfett hingegen ist reines Fett ohne jeglichen Wasseranteil – und zweitens an der unterschiedlichen Beschaffenheit der Fettkristalle.

Wenn es um das Austauschen von Rezeptzutaten geht, lautet der beste Rat: Tun Sie es besser nicht! Das Ergebnis ist meist nicht vorhersehbar. Das gilt besonders für Backrezepte, wo man die Folgen erst ganz zum Schluss überprüfen kann. Bei herzhaften Gerichten kann man meistens während des Kochens kosten und eventuell noch gegensteuern; es ist daher weniger riskant, Petersilie durch ein anderes Gewürz zu ersetzen, als in einem Puddingrezept Sahne gegen Milch auszutauschen.

Natürlich gibt es Situationen, in denen Ihnen nichts anderes übrigbleibt und Sie auf andere Zutaten zurückgreifen müssen, z. B. wenn das Gericht bereits auf dem Herd steht und Sie plötzlich feststellen, dass Ihnen eine bestimmte Zutat ausgegangen ist.

Für Ihren Einkauf finden Sie über das Buch verteilt Warenkundekapitel, die sich vertiefend mit einzelnen Zutaten wie Mehl, Butter, Zucker oder Schokolade beschäftigen. Sie finden dort darüber hinaus zahlreiche Tipps zur Lagerung und Verwendung.

KONZEPT 3.1VIEL WASSER LOCKERT DIE BROTKRUME

Es grenzt an Ironie, dass ausgerechnet die Zubereitung des Grundnahrungsmittels Brot heutigen Köchen immer wieder Probleme bereitet. Oft umfasst die Zutatenliste für Brot nichts weiter als Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Die eingesetzten Techniken sind so einfach wie die verwendeten Gerätschaften. Selbst die alten Ägypter wussten schon, wie man Brot backt.

DIE WISSENSCHAFT DAHINTER

Beginnen wir mit den Zutaten. Hefe ist ein lebender Organismus, genauer ein einzelliger Pilz. In Brotteig wandelt sie im Mehl vorhandene Zucker und Stärken in Kohlendioxid und Alkohol um. Man spricht hier von „Gärung“ oder „Fermentierung“. Das Brot geht auf diese Weise auf und entwickelt Aroma.

WAS GESCHIEHT BEIM VERMISCHEN VON MEHL UND WASSER?

OHNE WASSER In trockenem Mehl bleiben die Proteinfäden, wie und wo sie sind.

MIT WASSER Vermischt man Mehl mit Wasser, ändert sich die Form der Proteinfäden, sie verbinden sich und bilden Gluten.

Die beiden üblicherweise im Supermarkt erhältlichen Hefesorten sind aktive Trockenhefe und Instant-Trockenhefe. Sie werden aus dem gleichen Ausgangsstoff gewonnen und ähneln sich äußerlich. Der Unterschied liegt in der Herstellung: Aktive Trockenhefe wird bei höherer Temperatur getrocknet, wodurch mehr äußere Hefezellen absterben, Instant-Trockenhefe dagegen wird bei der Trocknung nur mäßig erhitzt. Daraus ergibt sich die unterschiedliche Verwendung: Aktive Trockenhefe muss zunächst in warmem Wasser aktiviert werden, wohingegen man Instanthefe einfach den trockenen Teigzutaten hinzufügen kann. Auch in der Wirksamkeit unterscheiden sie sich, weshalb man die beiden Hefearten nicht einfach austauschen kann – das trifft auch auf frische Hefe zu. Wir bevorzugen Instanthefe.

Hefe ist eine wichtige Brotzutat, aber noch wichtiger ist Mehl, das mit Wasser vermischt werden muss. Das weiße Pulver sieht zwar wenig spektakulär aus, ist aber eine sehr komplexe Substanz, die zum größten Teil aus Stärke und zu einem geringeren Anteil aus Protein besteht (siehe „Warenkunde Mehl“ auf Seite 70). Die richtige Verwendung vorausgesetzt, verleiht es Brot die je nach Sorte gewünschte Textur.

Beim Brotbacken besteht der erste Schritt immer darin, das Mehl mit Wasser und Hefe zu vermengen. Durch das Wasser setzt im Mehl der Prozess der Hydratation ein, was bedeutet, dass die Proteine des Mehls durch den Kontakt mit Wasser beginnen, ihre Form zu ändern. Mehlprotein besteht aus zwei Proteintypen: lose verschlungenem Glutenin und dicht zusammengeknäultem Gliadin (siehe Konzept 3.2). Durch die Hydratation verbinden sich diese Moleküle zu langen, elastischen Strängen, dem sogenannten Gluten. Diese Stränge vernetzen sich zu einem membranartigen Glutengerüst, das aufgequollene Stärkekörnchen und Gasbläschen einschließt und hält. Während der Teig „aufgeht“ und backt, dehnt sich dieses Glutengerüst mehr oder weniger aus und bestimmt damit maßgeblich, wie fest oder weich, fein- oder offenporig das Brot wird.

Ganz zentral beim Brotbacken ist die dem Teig zugefügte Wassermenge: Je mehr Wasser ein Teig enthält, desto stärker und dehnbarer wird das Glutengerüst. Ein stabiles und gleichzeitig flexibles Glutengerüst ist ideal, um die Stärkekörnchen und Gasbläschen aufzunehmen, die während der Teiggärung und des Backens quellen bzw. sich ausdehnen. Im heißen Ofen verdampft das Wasser im Teig, wodurch Hohlräume (Poren) entstehen. Viel Wasser sorgt auch für weicheren Teig, in dem sich Dampfblasen gut ausdehnen können (im Gegensatz zu relativ trockenem Teig, in dem die Blasen kleiner bleiben und schneller zusammenfallen). Will man Brot mit luftiger, offenporiger Krume, muss man dafür sorgen, dass die Gasblasen ihre Form behalten, bis der Teig vollständig aufgegangen und im Ofen fest geworden ist.

DAS EXPERIMENT

Um genauer zu untersuchen, wie sich die Wassermenge im Teig auf den Geschmack und die Textur von Brot auswirkt, haben wir ein einfaches Experiment durchgeführt. Ausgangspunkt war ein einfaches Rezept für rustikales Weißbrot mit einem Hydratationsgrad von etwa 68 Prozent (mehr über Hydratation erfahren Sie im Kasten „Hydratation“ auf Seite 29). Versuchsweise haben wir den Hydratationsgrad erhöht und gesenkt, den Teig also mal mit mehr, mal mit weniger Wasser zubereitet. Um den Versuch möglichst einfach zu halten und unnötige Variablen, die die Ergebnisse verfälschen könnten, auszuschließen, haben wir das Brot ohne Vorteig (siehe Konzept 3.3) gebacken. Zusätzlich zum Originalrezept mit 68 Prozent Hydratation haben wir Brote mit folgenden Hydratationsgraden gebacken: 50, 60, 75 und 80 Prozent.

DAS ERGEBNIS

Schon bei den Broten mit 60 und 75 Prozent Hydratation sieht man deutliche Unterschiede, aber am besten lässt sich die Wirkung von viel oder wenig Wasser an den Broten mit dem höchsten bzw. niedrigsten Hydratationsgrad erkennen. Das Brot mit 50 Prozent Hydratation hatte eine dichte und sehr feinporige Krume. Es ist weder nennenswert aufgegangen, noch in die Breite gelaufen. Ganz anders das Brot mit 80 Prozent Hydratation: Bei diesem war die Krume sehr offenporig und wies große, unregelmäßige Löcher auf; der Laib war flach und breit. Das nach Originalrezept gebackene Brot lag mit seinen Eigenschaften in der Mitte: Es ist gut und hoch aufgegangen, die Poren und Löcher waren von mittlerer Größe. Da die Brotteige jeweils die gleiche Menge Mehl, Hefe und Salz enthielten, haben unsere Testesser keine geschmacklichen Unterschiede festgestellt.

DIE ERKENNTNIS

Das Mengenverhältnis von Wasser zu Mehl ist ein entscheidender Faktor beim Brotbacken. Kommt Mehl mit Wasser in Berührung, ändern die Weizenproteine ihre Form und beginnen, sich zu Glutensträngen zu verbinden. Diese vernetzen sich zu einem Glutengerüst, das dem Teig Struktur gibt und die Textur des späteren Brots bestimmt. Gibt man nur wenig Wasser ans Mehl, bleibt das Glutengerüst schwach ausgebildet. Die Folge: Die Gasblasen werden nicht im Teig gehalten, sondern entweichen. Das Ergebnis ist ein dichter, kompakter Laib, wie er bei unserem Brot mit 50 Prozent Hydratation entstanden ist. Zu viel Wasser allerdings ist auch nicht gut, denn dann wird das Gluten verdünnt und bildet ebenfalls kein gut strukturiertes Gerüst. Auch in diesem Fall geht der Teig kaum auf, sondern fließt in die Breite (wie beim Brot mit 80 Prozent Hydratation).

Je nach Rezept wählen wir für unsere Teige unterschiedliche Hydratationsgrade. Für den Boden unserer Pizza Bianca (siehe Seite 28