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Wussten Sie, dass ein 1,5-Kilo-Braten nach 3 Stunden bei 120 °C im Backofen perfekt wird? Und dass Pommes bei exakt 165 °C frittiert werden sollten? In "Perfektion – Die Wissenschaft des guten Kochens" wird die Küche ins Labor verlegt mit dem Ziel, das perfekte Rezept für die beliebtesten Gerichte zu entwickeln. Auf wissenschaftlicher Basis basteln die Testköche und Lebensmittelchemiker aufwendige Experimente: Duzende Steaks werden auf unterschiedliche Weise zubereitet, Bratenstücke in Testreihen gegart, Hackfleisch in verschiedenen Varianten produziert. Es geht um Konduktion und Radiation, die Maillard-Reaktion, Aktin und Myosin und die Molekularstruktur von Fleisch. Auch für Laien wird so verständlich, wieso beispielsweise ein Hähnchen im eigenen Saft am besten schmort. Die Theorie wird zur alltagstauglichen Küchenpraxis. Und am Ende steht das bestmögliche Rezept für Ihre Küche. Band 1 widmet sich der perfekten Zubereitung von Fleisch – mit mehr als 150 Rezepten, vielen Fotos und Illustrationen sowie Einblicken in die beste Zubereitung von Fisch und Eiern.
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Seitenzahl: 658
Veröffentlichungsjahr: 2015
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perfektion Band 1: Fleisch
America’s Test KitchenGuy Crosby
Das vorliegende Buch ist Teil einer dreibändigen Reihe, in der zentrale Erkenntnisse aus „America’s Test Kitchen“ versammelt sind. In dieser 230 Quadratmeter großen Küche arbeiten mehr als drei Dutzend Köche, Wissenschaftler und Redakteure mit einem Ziel: die ultimativ besten Rezepte für die beliebtesten Gerichte zu entwickeln. Dafür werden in aufwendigen Testreihen und Experimenten Zubereitungsmethoden, Zutatenkombinationen sowie Temperaturen und Kochzeiten mehrfach überprüft und optimiert. Die Tester wollen genau verstehen, wie und warum ein Rezept funktioniert. Alle Experimente basieren dabei auf wissenschaftlichen Fakten, die unter der Leitung des Harvard-Dozenten und Lebensmittelchemikers Guy Crosby eingebracht werden.
Dieser erste Band widmet sich der perfekten Zubereitung von Fleisch. Auch Experimente mit optimalen Rezepten für Fisch, Meeresfrüchte und Eier kommen vor. Die wichtigsten Zubereitungsmethoden werden mit je einem Theorieund einem Praxisteil dargestellt. Jedes Konzept beginnt mit einer Beschreibung der „Wissenschaft dahinter“. Die anschließenden Experimente am Herd oder Grill zeigen, welche Erkenntnisse die Wissenschaft für die Küche liefert. Anhand der zahlreichen Rezepte können Sie die Erkenntnisse aus den Experimenten selbst anwenden.
Für die deutsche Ausgabe wurden alle Mengenabgaben vom Volumenmaß in Gewichtmaß umgerechnet und alle Zutaten bestmöglich an deutsche Supermärkte angepasst. In einigen Fällen ist es nicht ganz einfach gewesen, ein deutsches Äquivalent zu finden – beispielsweise werden Rinder und Schweine in den USA anders zerlegt als in Deutschland. Dann wurde das passendste hier leicht erhältliche Produkt angegeben mit einem Hinweis auf das amerikanische Original.
Auch wenn es Katzen sind, denen man nachsagt, neugierig zu sein (und dadurch bisweilen zu Tode zu kommen), so ist es doch der Mensch, der sich durch seine Neugier von allen anderen Säugetieren unterscheidet. Vor 100 Jahren die meisten Köche zwar nur über eine begrenzte Zahl von Rezepten und Zutaten, dafür haben sie aber über jede Menge Erfahrung in deren Zubereitung verfügt, sodass diese Rezepte stets zuverlässig klappten. Heute stellt sich die Situation anders dar: Viele sind an der Kunst des Kochens zwar brennend interessiert, doch fehlt ihnen die jahrelange Praxis, die einen guten Koch ausmacht.
Wie lässt sich dieses moderne Dilemma lösen? Die Antwort erinnert ein wenig an den Physiker Lawrence Krauss, der den Mysterien unseres Universums nachspürt. Um den Kosmos und unseren Platz darin zu verstehen, sagt er, muss man nach dem Wie und Warum fragen. Hat man diese Fragen gestellt, kann man Experimente entwickeln, die die Theorien entweder bestätigen oder widerlegen.
Allen, die an diesem Buch mitgearbeitet haben, dürfte das sehr bekannt vorkommen. Wir stellen uns tagtäglich Fragen. Schmeckt Fleisch intensiver, wenn man es mit Knochen gart? Warum wird Speiseeis im Gefrierschrank zwar fest, gefriert aber nicht hart? Um solche Fragen zu beantworten, denken wir uns Kochexperimente aus. Ziel ist dabei immer, dass die Rezepte in der heimischen Küche zuverlässig gelingen und das Essen besser schmeckt.
Einige Beispiele: Die These, es sei besser, bei der Zubereitung von Omelettes dem Ei kleine gefrorene Butterstücke hinzuzufügen, haben wir überprüft, indem wir ein 900 Gramm schweres Angelblei auf die fertigen Omelettes gelegt haben. (Das luftigere Omelette konnte das Gewicht nicht halten.) Um zu zeigen, dass man Fleisch nach dem Garen am besten noch etwas ruhen lässt, haben wir einen frisch aus dem Ofen kommenden Braten in Scheiben geschnitten und die ausgetretene Flüssigkeit gemessen: Es waren 10 EL. Bei einem zweiten Braten haben wir mit dem Schneiden 10 Minuten gewartet – prompt reduzierte sich der Flüssigkeitsverlust auf 4 EL. Und spielt es für Brownies wirklich eine Rolle, wie man die Teigzutaten vermengt? Wir haben den Vergleich gemacht und drei Brownie-Teige zubereitet: Für den ersten haben wir die Zutaten nur leicht vermischt, sodass noch einige Mehlschlieren sichtbar geblieben sind. Den zweiten Teig haben wir so gründlich gemischt, dass das Mehl komplett eingerührt war. Für den dritten Teig schließlich haben wir eine Küchenmaschine verwendet. Das Ergebnis: Nur die Brownies aus dem leicht verrührten Teig waren perfekt, alle anderen hatten eine unangenehm zähe Konsistenz.
Das ist sicher alles interessant und unterhaltsam, aber unser eigentliches Ziel ist es, Sie in Ihrer eigenen Küchen zu einem besseren Koch zu machen. Den Unterschied zwischen den zwei Stärkeformen Amylose und Amylopektin zu kennen, ist gut und schön, nützlich wird dieses Wissen allerdings erst, wenn man es einsetzen kann, um die Konsistenz von Kartoffelpüree zu verbessern. Hilfreich ist auch zu wissen, wie die Hitze von der Oberfläche eines Bratens ins Innere gelangt, denn so wird klar, dass man große Fleischstücke besser langsam und bei niedriger Temperatur gart. Die äußere Schicht bleibt auf diese Weise saftig, bis das Fleisch ganz bis nach innen durchgegart ist.
An dieser Stelle fällt mir die Geschichte von einem alten Ladenbesitzer in Vermont ein, den ein Kunde fragt, ob er ein besonders begehrtes Produkt bald wieder reinbekäme.
„Nein“, antwortet der Alte.
„Wieso nicht?“, will der Kunde wissen.
„Weil es dann eh gleich wieder ausverkauft ist!“
Auch die Wissenschaft des Kochens folgt oft einer etwas verqueren Logik. Zunächst ergibt etwas gar keinen Sinn, aber wenn man länger darüber nachdenkt, versteht man es plötzlich. Wer mit den wissenschaftlichen Grundlagen vertraut ist, durchschaut nach und nach die Vorgänge beim Kochen und lernt, dieses Wissen zu nutzen. Beim nächsten Mal, wenn Sie den Teig für einen Pie, also einen gedeckten Obstkuchen oder eine würzige Pastete, machen, werden Sie vielleicht wie selbstverständlich die Hälfte des Wassers durch Wodka ersetzen. Dadurch wird der Teig geschmeidig und nach dem Backen schön mürbe. Oder Sie werden Bohnen vor dem Kochen in Salzlake einlegen und geschnittene Früchte zuckern.
Also: Wenn es ums Kochen geht, werden Sie in diesem Buch und den beiden weiteren Bänden „Perfektion – Die Wissenschaft des guten Kochens“ auf die meisten Ihrer Fragen eine Antwort finden, besonders auf jene, die mit Warum beginnen – dem wichtigsten Fragewort überhaupt.
CHRISTOPHER KIMBALLGründer und VerlegerAmerica’s Test Kitchen
Karree vom Rind
Rindfleischpfanne mit Zuckerschoten und Paprika
Teriyaki-Rindfleischpfanne mit grünen Bohnen und Shiitakepilzen
Rindfleischpfanne mit Tangerinen, Zwiebeln und Zuckerschoten
Argentinische Steaks vom Grill mit Chimichurri-Sauce
Steak mit Gewürz-Rub vom Grill
Rindfleischfajitas vom Grill
Rinderfilet vom Grill
Dicke Steaks aus dem Ofen und der Pfanne
Rinderfiletbraten
Rinderbraten, sanft gegart
Rinderbraten mit Knoblauch und Rosmarin vom Grill
Beef Brisket vom Grill
Geschmorte Rinderbrust mit Zwiebeln
Für Eilige: Geschmorte Rinderbrust mit Zwiebeln
Klassischer Schmorbraten
Einfacher Schmorbraten
Geschmorte Short Ribs vom Rind
Geschmorte Short Ribs vom Rind mit Bier und Backpflaumen
Daube provençale
Ungarischer Rindergulasch
Porterhouse- oder T-Bone-Steaks vom Grill
Beef Ribs „Texas Style“
Bœuf Stroganoff
Steak-Tacos
Gegrillte Rindfleischspieße mit Zitrone-Rosmarin-Marinade
Klassische American Burger
Klassische Burgersauce
Saftige Burger „Pub Style“
Saftige Burger mit Röstschalotten und Blauschimmelkäse
Saftige Burger mit gebratenen Zwiebeln und Räucherkäse
Durchgebratene Burger
Durchgebratene Bacon-Cheeseburger
Glasierter Rinderhackbraten
Einfache Bolognese-Sauce
Perfekter Rinderschmortopf
Schnelle Rindfleisch-Gemüse-Suppe
Französischer Schmorbraten
Glasierter Schinkenbraten
Schweinebraten mit Ahornsirupglasur
Dicke Schweinekoteletts aus dem Ofen und aus der Pfanne
Schweinebraten mit Pfirsichsauce
Schweinebraten mit Kirschsauce
Pulled Pork vom Grill
Schweinebraten en cocotte mit Äpfeln und Schalotten
Schweinekoteletts im Holzrauch gegrillt
Schweinebraten vom Grill
Spareribs vom Grill „Memphis Style“
Räucherspareribs aus dem Ofen
Schweinebraten vom Grill
Gegrillte Schweinekoteletts
Basis-Gewürz-Rub für Schweinekoteletts
Klassische Spaghetti mit Fleischklößchen für viele Gäste
Schwedische Fleischbällchen
Knusprig panierte Schweineschnitzel aus dem Ofen
Knusprig panierte Schweineschnitzel mit Prosciutto und Asiagokäse
Knusprig panierte Schweineschnitzel, in der Pfanne gebraten
Knusprig panierte Schweineschnitzel mit mexikanischem Gewürz-Rub
Knusprig panierte Schweineschnitzel mit pfeffrigem Gewürz-Rub
Schnitzel Wiener Art
Gegrillter Lammrücken
Gegrillter Lammrücken mit süßer Senfglasur
Langsam gebratene Pute mit Sauce
Hähnchenbrust mit Salbei-Wermut-Sauce
Hähnchenbrust mit süßsaurer Rotweinsauce
Hähnchenbrust mit Zwiebel-Ale-Sauce
Hähnchenbrust mit Orangen-Honig-Glasur
Hähnchenbrust mit Apfel-Ahorn-Glasur
Hähnchenbrust mit Ananas-Zucker-Glasur
Provenzalisches Hähnchen
Provenzalisches Hähnchen mit Safran, Orange und Basilikum
Hähnchen-Paprikasch
Französisches Huhn im Topf
Schnelle Hühnerbrühe
Klassische Hühnersuppe mit Nudeln
Klassische Hühnersuppe mit Risoni und Frühlingsgemüse
Klassische Hühnersuppe mit Muschelnudeln, Tomaten und Zucchini
Putenbraten, in Lake eingelegt
Klassisches Brathuhn
Gesalzene Pute aus dem Ofen
Bratensauce aus Putenklein
Kaltes Picknick-Hähnchen
Knuspriges Brathuhn
Glasiertes Brathuhn
Traditioneller gefüllter Putenbraten
Pute mit Cranberry-Melasse-Glasur
Pute mit Apfel-Ahorn-Glasur
Zitronen-Petersilie-Hühnchenbrust vom Grill
Chipotle-Limetten-Hühnchenbrust vom Grill
Orangen-Estragon-Hühnchenbrust vom Grill
Hühnchenfajitas
Frittiertes Hühnchen extra-knusprig
Frittiertes Hühnchen (einfache Variante)
Knusprig panierte Hühnerschnitzel
Knusprig panierte Hühnerschnitzel (pikante Variante)
Knusprig panierte Hühnerschnitzel mit Parmesan (Milaneser Art)
Hühnchen Kiew
Shrimp-Salat
Shrimp-Salat mit gegrillten roten Paprika und Basilikum
Shrimp-Salat mit Avocado und Orange
Pikanter Shrimp-Salat mit Mais und Chipotles
Shrimp-Salat mit Wasabi und eingelegtem Ingwer
Lachsfilets vom Grill
Fischfilets aus der Pfanne und dem Ofen
Jakobsmuscheln aus der Pfanne
Thunfischsteaks mit Sesamkruste aus der Pfanne
Heilbuttsteaks aus der Pfanne und dem Ofen
Lachs en cocotte mit Lauch und Weißwein
Lachs en cocotte mit Sellerie und Orange
Knoblauch-Shrimps nach spanischer Art
Pikant-saure Pfannenshrimps mit Zuckerschoten und roter Paprika
Pfannenshrimps mit Zucchini, roter Paprika und Erdnüssen „Sichuan Style“
Pochierter Lachs mit Kräuter-Kapern-Vinaigrette
Hart gekochte Eier
Klassischer Eiersalat
Gefüllte Teufelseier
Frittata mit Spargel, Kochschinken und Gruyère
Frittata mit Lauch, Schinken und Ziegenkäse
Crêpes Suzette
Portwein-Kirsch-Glasur
Ahorn-Orangen-Glasur
Olivenvinaigrette
Mandelvinaigrette
Paprika-Haselnuss-Relish mit Thymian
Ingwer-Butter-Sauce
Braune Butter mit Zitrone
Frische Guacamole
Romesco-Sauce
Ingwer-Soja-Sauce mit Frühlingszwiebeln
Avocado-Orangen-Salsa
Cherrytomaten-Basilikum-Vinaigrette
Rotweinsauce mit Pilzen
Knoblauch-Thymian-Sauce
Koriander-Kokosnuss-Sauce
Petersilie-Schalotten-Butter
Schnittlauch-Butter mit Blauschimmelkäse
Fenchel-Apfel-Chutney
Chutney mit grünen Tomaten
Chutney mit roter Paprika
Barbecue-Gewürz-Rub
Grillsauce Western-South-Carolina-Style
Grillsauce Eastern-North-Carolina-Style
Senfsauce Mid-South-Carolina-Style
Schnittlauchbutter
Grillsauce für Beef Ribs „Texas Style“
Gewürz-Rub
Einfache Cranberry-Sauce
Dörrobst-Füllung mit Nüssen
Klassische Steakmarinade
Mole-Steakmarinade
Südostasiatische Steakmarinade
Mojo-Steakmarinade
Honig-Senf-Steakmarinade
Burgersauce „Pub Style“
Gelingen und Misslingen liegen beim Kochen oft dicht beieinander. Erfolgreiches Kochen hängt davon ab, ob man in der Lage ist, schnell zu reagieren und die richtigen Anpassungen vorzunehmen. Auch wenn es Sie überrascht: Lebenslange Erfahrung ist keine Grundvoraussetzung, um ein guter Koch zu sein (aber natürlich schadet es nicht).
Wissen ist allerdings unerlässlich. Ein guter Hobbykoch versteht die Grundprinzipien des guten Kochens und wendet sie fast instinktiv an.
Aber welche Prinzipien sind das und wie erlernt man sie? Wir befassen uns seit 20 Jahren damit, zu erklären, wie Kochen funktioniert – und warum Rezepte manchmal eben nicht klappen. Dabei haben wir gelernt, dass ohne fundierte Techniken und Wissen gutes Kochen unmöglich ist.
Natürlich spielt Kreativität eine Rolle – bei der Kombination von Zutaten, dem dekorativen Anrichten usw. –, aber gutes Kochen beginnt zunächst mit guter Wissenschaft und Empirie. Man muss die Grundlagen verstehen, die harten Fakten kennen – zum Beispiel, dass Fleisch bei niedriger Gartemperatur saftiger bleibt oder dass salzige Marinaden Fleisch mürber machen als saure Marinaden –, bevor man sich an die Kunst wagen darf.
Aber wie eignet man sich die grundlegenden Kochprinzipien und die wissenschaftlichen Konzepte, auf denen sie beruhen, an? Ein Leben lang Erfahrung sammeln ist eine Möglichkeit. Ein aufmerksamer Koch wird sich seine Fehler merken und aus ihnen lernen, bis er ganz automatisch bei seiner Arbeit auf diese Lehren oder Prinzipien zurückgreift.
Aber genauso gut kann man die Prinzipien gezielt erlernen. Es ist leichter als Sie glauben, die wissenschaftlichen Grundlagen zu verstehen, die jedem Erfolg oder Misserfolg in der Küche zugrunde liegen. Vertrauen Sie uns.
Die Wissenschaft des guten Kochens macht Sie mit 50 grundlegenden Konzepten vertraut, die jeder gute Koch beherrschen sollte. Die wissenschaftlichen Grundlagen werden dabei in einfachen Worten und praxisbezogen dargestellt, damit Sie sie wirklich verstehen und beim Kochen berücksichtigen können. Stellen Sie sich dieses Buch einfach als Bedienungsanleitung für Ihre Küche vor.
Am besten lesen Sie zuerst die folgenden Grundlagenkapitel. Vergessen Sie nicht, einen Blick in den Anhang zu werfen, wo Sie Informationen über Küchenausstattung, Zutaten und Lebensmittelsicherheit finden.
Noch ein letzter Rat: Bleiben Sie neugierig. Machen Sie sich stets bewusst, was Sie beim Kochen gerade tun und warum Sie es tun. Das ist die wichtigste Lektion, die die Wissenschaft Sie lehren kann.
Zeitangaben sind nützlich fürs Kochen, aber oft wird ihnen zu viel Bedeutung beigemessen. Unsere Rezepte enthalten sowohl Zeitangaben als auch weitere Hinweise, um abschätzen zu können, wann die einzelnen Zubereitungsschritte abgeschlossen sind. Die angegebenen Zeiten sollten Ihnen als grobe Orientierung für die Planung der Mahlzeit dienen (schließlich ist es nicht unerheblich, ob ein Braten eine Stunde braucht oder zwei) und nicht als exakte Anweisung, die es genau zu befolgen gilt. Vertrauen Sie auf Ihre fünf Sinne, um zu entscheiden, ob ein Teilschritt abgeschlossen oder das ganze Rezept fertig ist. Sieht das Essen aus wie beschrieben? Wenn im Rezept steht, dass Sie etwas garen sollen, bis es „fest“ ist, prüfen Sie die Konsistenz mit den Fingern. Genauso, wenn das Rezept sagt, man solle etwas kochen, bis es „aromatisch duftet“. Verlassen Sie sich lieber auf diese sensorischen Hinweise als auf die Zeitangaben.
TEMPERATURGENAUIGKEIT VON BACKÖFEN15 unserer Köche stellten ihre Backöfen daheim auf 175 °C. Die tatsächlich gemessenen Temperaturen lagen zwischen 150 und 200 °C.
Letztere sind deshalb nicht besonders zuverlässig, weil die Eigenschaften der benutzten Gerätschaften und Zutaten variieren können. Die Heizleistung von Grills und Kochfeldern unterscheidet sich von Gerät zu Gerät, und ebenso beeinflussen das Gewicht und der Durchmesser Ihrer Töpfe die Garzeit.
Auch Ihr Backofen ist nicht so zuverlässig, wie Sie vielleicht glauben. Woher wir das wissen? In unserer Versuchsküche haben wir mehr als zwei Dutzend Backöfen, und in jedem von ihnen steht ein Ofenthermometer, damit wir sicher sein können, dass sie noch genau kalibriert sind. Anders formuliert: Erreichen und halten sie wirklich die eingestellte Temperatur? Unserer Erfahrung nach klaffen die eingestellte und die tatsächliche Temperatur eines Ofens nach wenigen Monaten intensiver Nutzung weit auseinander, sodass wir ihn vom Fachmann neu einstellen lassen müssen. In der heimischen Küche geht dieser Prozess sicher langsamer vonstatten, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Ihr Backofen nicht 175 °C heiß ist, selbst wenn die Skala am Drehknopf das anzeigt. Um das zu überprüfen, haben wir 15 unserer Köche ein hoch präzises Ofenthermometer mit nach Hause gegeben, um dort ihre Backöfen zu testen. Sie haben das Gerät auf 175 °C eingestellt und es eine halbe Stunde heizen lassen, dann haben sie die tatsächliche Temperatur gemessen und notiert. Die Messergebnisse haben zwischen 150 und 200 °C geschwankt. Für einen Kuchen, der bei 175 °C gebacken werden soll, kann es einen erheblichen Unterschied machen, ob der Ofen 25 °C heißer oder kälter ist. Es liegt auf der Hand, dass die notwendige Backzeit sich ändert, aber auch auf die Farbe und Konsistenz des Teigs hat eine höhere oder niedrigere Temperatur Auswirkungen. Was fangen wir nun mit diesem Wissen an?
Zunächst sollten Sie nicht davon ausgehen, dass die Temperatur ihres Backofens akkurat stimmt, und das Essen besser schon eine Weile vor Ablauf der angegebenen Garzeit im Auge behalten. Kaufen Sie sich außerdem ein Ofenthermometer (auf Seite 259 finden Sie einige Empfehlungen). Dieser Einkauf könnte die Qualität der Speisen, die Sie in Ihrem Ofen zubereiten, dramatisch verbessern. Sollte Ihr Ofen wirklich deutlich heißer oder kälter sein als die eingestellte Temperatur (sagen wir 25 oder 30 °C), sollten Sie sich überlegen, ob Sie ihn nicht von einem Fachmann neu einstellen lassen.
Eine geringe Abweichung dagegen ist ganz normal. Ein Backofen heizt nämlich nicht einfach hoch, bis er die gewünschte Temperatur erreicht hat und hält diese dann. In den meisten Modellen kennen die Heizelemente nur zwei Zustände: aus und an. Um die gewünschte Temperatur zu halten, werden die Heizelemente entsprechend der vom Hersteller festgelegten Automatik zyklisch ein- und ausgeschaltet; sie heizen den Ofen bis knapp über die Wunschtemperatur und schalten sich dann ab, bis er wieder knapp unter diese abgekühlt ist. So haben unsere Messungen genau im Zentrum eines auf 175 °C vorgeheizten Elektrobackofens ergeben, dass die Temperatur zyklisch zwischen 168 und 183 °C geschwankt hat . Auch in einem Gasbackofen haben wir entsprechende Messungen durchgeführt; hier lag die Schwankung zwischen 173 und 182 °C.
Die simple Schlussfolgerung lautet: Beurteilen Sie Ihren Ofen nicht nach einer einzigen Messung und machen Sie sich keine Sorgen, falls die abgelesenen Temperaturen 5 oder 6 °C zu hoch oder zu niedrig sind – das liegt im Normbereich. Ist Ihr Ofen allerdings immer deutlich, d. h. 15 °C oder mehr, zu heiß oder zu kalt, haben Sie ein Problem.
Die spezifischen Eigenschaften der verwendeten Geräte beeinflussen zwar die Garzeit, doch lassen sich diese Variablen nur schwer bestimmen. Woher soll man schließlich wissen, ob die eigene Pfanne schneller heiß wird als die, die wir in unserer Versuchsküche verwenden? Die zweite variable Größe, die Einfluss auf die Garzeit hat, ist dagegen leichter zu fassen.
KALIBRIERUNG EINES DIGITAL - THERMOMETERS
Ein digitales Bratenthermometer ist nur dann sinnvoll, wenn es auch genau misst. Daher sollten Sie die Messgenauigkeit direkt nach dem Kauf prüfen und die Prüfung in regelmäßigen Abständen wiederholen. Dazu gehen Sie folgendermaßen vor:
HERSTELLUNG EINES WASSER-EIS-GEMISCHSFüllen Sie ein Glas oder eine Schüssel mit einer Mischung aus Eis und möglichst kaltem Leitungswasser und lassen Sie das Ganze zwei Minuten stehen, damit die Temperatur sich stabilisiert. Tauchen Sie nun die Sonde des Thermometers in das Gemisch, ohne dass sie die Wände oder den Boden des Gefäßes berührt. Wenn die angezeigte Temperatur nicht 0 °C beträgt, setzen Sie die Kalibriertemperatur mit dem entsprechenden Knopf auf 0 °C. Haben Sie ein analoges Thermometer mit Zeiger, stellen Sie diesen auf die Null-Grad-Position (die Vorgehensweise unterscheidet sich von Modell zu Modell; eventuell müssen Sie mit einer Zange eine kleine Stellschraube auf der Rückseite betätigen).
Die Ausgangstemperatur der Zutaten spielt für viele Rezepte eine wichtige Rolle. Wie entscheidend sich diese Temperatur auf die Garzeit auswirken kann, zeigt das folgende Beispiel:
Grillen Sie zwei große Steaks, wobei Sie das eine direkt aus dem Kühlschrank auf den Grill geben und das andere erst eine Weile zum Anwärmen auf der Arbeitsplatte liegen lassen. Dabei werden Sie feststellen, dass die Garzeiten erheblich voneinander abweichen. Wir haben dieses Experiment mit zwei 900-Gramm-Rindersteaks aus der Keule durchgeführt, von denen jedes knapp 4 cm dick war. Das erste ist direkt aus dem Kühlschrank gekommen; die Temperatur hat etwa 4,5 °C betragen, als es auf den Grill gekommen ist, und es hat 22 Minuten gedauert, bis die gewünschte Kerntemperatur von 49 °C erreicht war. Das zweite Steak wurde in Frischhaltefolie eingeschlagen und eine Stunde in einen Eimer mit Wasser gegeben, bis es 21 °C warm war. Dieses Steak hat auf dem Grill nur 13 Minuten gebraucht, um dieselbe Kerntemperatur zu erreichen. Kalte Lebensmittel brauchen demnach länger zum Garen als jene mit Zimmertemperatur. Verlangt ein Rezept explizit eine gekühlte Zutat oder eine, die Zimmertemperatur hat, so sollten Sie diese Anweisung ernst nehmen.
Die Ausgangstemperatur der Zutaten beeinflusst nicht nur die Garzeit, sondern auch die Beschaffenheit des fertigen Gerichts. Wenn die Butter für Ihren Mürbeteig nicht richtig kalt ist, wird das Ergebnis zäh und ledrig anstatt schön locker und mürbe. Gekühlte Eier lassen sich besser trennen, weil das Eiklar dann dickflüssiger ist. Bitte beherzigen Sie die folgenden Hinweise zur Temperatur von Zutaten:
Da die Kerntemperatur von Fleisch (Rind, Schwein und Lamm) durch Ruhenlassen nach dem Garen noch weiter ansteigt (Nachgareffekt), sollte man es aus dem Ofen, vom Grill oder aus der Pfanne nehmen, wenn die Temperatur noch 3 bis 6 °C unter der gewünschten Serviertemperatur liegt. (Genaueres zu diesem Phänomen ist im Konzept 1.4 nachzulesen.) Der Nachgareffekt tritt bei Geflügel und Fisch nicht auf (ihr Fleisch speichert Wärme nicht so gut wie das dichte Muskelgewebe beim Rind, Schwein und Lamm), deshalb sollte man diese tatsächlich bis zur gewünschten Serviertemperatur erhitzen. Der folgenden Tabelle ist zu entnehmen, bei welcher Temperatur man den Garprozess am besten beendet.
TIPPS ZUR THERMOMETERVERWENDUNG IN DER KÜCHEThermometer müssen nicht nur richtig kalibriert sein, man muss auch wissen, wie man sie richtig verwendet. Hier einige Tipps zur Handhabung:
Die Messsonde tief ins Innere des Lebensmittels stecken; auf keinen Fall darf sie irgendwo herausragen.
Die Sonde sollte weder Knochen noch das Kochgeschirr berühren und nicht in Hohlräume ragen (z. B. in einem Truthahn oder Hähnchen) – das verfälscht das Messergebnis.
Um die Temperatur von Steaks, Koteletts und anderen eher dünnen Lebensmitteln zu messen, das Gargut mit einer Zange aus der Pfanne oder vom Grill nehmen und die Sonde seitlich einstechen.
Besser mehrere Messungen vornehmen, besonders bei großen Bratstücken und ganzen Geflügelbraten. Für Letztere empfiehlt es sich, die Temperatur auf beiden Seiten des Brustbeins sowie in beiden Schenkeln zu messen, da je nach Lage im Backofen die eine Seite schneller gart als die andere.
Den Nachgareffekt berücksichtigen, wenn man den Garzeitpunkt bestimmt (siehe Konzept 1.4).
LEBENSMITTEL
KERNTEMPERATUR
RIND/LAMM
Blutig/rare
46 bis 49 °C (49 bis 52 °C nach dem Ruhen)
Rosa/medium rare
49 bis 52 °C (52 bis 54 °C nach dem Ruhen)
Halb durch/medium
54 bis 57 °C (57 bis 60 °C nach dem Ruhen)
Halb durch/medium well
60 bis 63 °C (63 bis 66 °C nach dem Ruhen)
Durch/well-done
66 bis 68 °C (68 bis 71 °C nach dem Ruhen)
SCHWEIN
Halb durch/medium
60 bis 63 °C (63 bis 66 °C nach dem Ruhen)
Durch/well done
66 bis 68 °C (68 bis 71 °C nach dem Ruhen)
HÄHNCHEN/PUTE
Helles Fleisch
71 °C
Dunkles Fleisch
79 °C
FISCH
Blutig/rare
43 °C (nur Thunfisch)
Glasig/medium rare
52 °C (Thunfisch und Lachs)
Halb durch/medium
60 °C (Fisch mit weißem Fleisch)
Zimmertemperatur entspricht in der Regel etwa 21 °C.
Gekühlt (aus dem Kühlschrank) sind Zutaten, wenn sie eine Temperatur zwischen 1,5 und 4,5 °C aufweisen. Ist Ihr Kühlschrank wärmer als 4,5 °C, können Lebensmittel verderben. Liegt die Temperatur bei 0 °C oder darunter, gefrieren Ihre Lebensmittel.
Tiefgefroren bedeutet in der Regel –18 bis – 12 °C. Ihr Gefriergerät sollte –18 °C kalt sein.
Mehl und Getreide sollten zum Zeitpunkt der Verarbeitung Zimmertemperatur haben. Wenn Sie Vollkorn- und Maismehl im Gefrierschrank lagern, damit es nicht ranzig wird (was eine gute Idee ist, sollten Sie es nicht innerhalb weniger Monate aufbrauchen), bringen Sie es erst auf Zimmertemperatur, bevor Sie damit backen. Kaltes Mehl lässt den Teig nicht so gut aufgehen, und das Backwerk wird unnötig fest. Um Mehl und Getreide schnell anzuwärmen, verteilen Sie es in einer dünnen Schicht auf einem Backblech und lassen es eine halbe Stunde stehen.
Eier werden stets gekühlt verarbeitet, es sei denn, im Rezept steht ausdrücklich etwas anderes. Sollen sie doch Zimmertemperatur haben und es muss schnell gehen, legen Sie sie fünf Minuten in eine Schüssel mit warmem Wasser (natürlich mit intakter Schale).
Butter ist ebenfalls gekühlt zu verarbeiten, solange nichts anderes angegeben ist. Weiche Butter ist zwischen 16 und 20 °C warm. Versuchen Sie auf keinen Fall, Butter in der Mikrowelle weichzumachen, da sonst unweigerlich ein Teil davon schmilzt. Stellen Sie die Butter stattdessen auf die Arbeitsfläche und lassen Sie sie langsam warm werden (dauert circa eine Stunde). Um die Sache zu beschleunigen, nehmen Sie die Butter aus dem Papier und zerteilen Sie sie in kleinere Stücke. Abgekühlte zerlassene Butter sollte immer noch flüssig und handwarm (29 bis 32 °C) sein.
Außer für Fleisch, Geflügel und Fisch lässt sich auch für viele andere Lebensmittel der Garpunkt oder der richtige Weiter-verarbeitungszeitpunkt mithilfe der Temperatur bestimmen. Die folgende Tabelle listet einige Beispiele auf.
LEBENSMITTEL
GARTEMPERATUR
Öl (zum Frittieren)
160 bis max. 180 °C
Zucker (um ihn zu karamellisieren)
175 °C
Hefeteigbrot (herzhaft, eher leicht)
95 bis 100 °C
Hefeteigbrot (süß, eher schwer)
90 bis 95 °C
Eier (für Eis)
82 °C
Eier (für Englische Creme oder Lemon Curd)
77 bis 82 °C
Gebackene Eier (z. B. Crème brûlée oder Crème caramel)
77 bis 80 °C
Käsekuchen
65 °C
Wasser (zum Brotbacken)
40 °C (in einigen Fällen bis 45 °C)
Fleisch, Geflügel und Fisch sind, wenn nicht anders angegeben, gekühlt zu verarbeiten. Beachten Sie, dass sich ab 4,5 °C in allen verderblichen Lebensmitteln Bakterien vermehren. Dies gilt ganz besonders für Fleisch und Geflügel sowie Fisch. (Mehr zum Thema „Lebensmittelsicherheit“ steht auf Seite 264.)
Um die Temperatur wirklich genau bestimmen zu können, empfehlen wir den Kauf eines digitalen Bratenthermometers. Neben hochwertigen Messern und Töpfen ist ein gutes Thermometer womöglich das wichtigste Utensil in jeder Hobbyküche.
Nicht nur die Ausgangstemperatur der Zutaten ist wichtig, wir messen die Temperatur auch, um zu bestimmen, wann Speisen gar sind. Schneiden Sie Lebensmittel nicht ein, um zu sehen, ob sie „durch“ sind, sondern verwenden Sie lieber ein Bratenthermometer. Auf diese Weise lässt sich kinderleicht prüfen, ob der Festtagsbraten schon auf den Tisch kann (siehe auch Tabelle oben).
Was genau passiert eigentlich beim Kochen? Was geschieht, wenn man Lebensmittel über einem heißen Feuer erhitzt? Zunächst ein kurzer Exkurs in die Geschichte des Kochens.
Die Beherrschung des Feuers gehört zu den wichtigsten Entdeckungen in der Evolutionsgeschichte. Es hat den Menschen in die Lage versetzt, Lebensmittel zu garen. Warum war das so entscheidend? Vor der Entdeckung des Feuers haben unsere Urahnen den Großteil ihres Tages damit verbracht, durch hartnäckiges Kauen zähe Pflanzennahrung so zu zerkleinern, dass sie sie schließlich hinunterschlucken und verdauen konnten. In seinem faszinierenden Buch „Feuer fangen – Wie uns das Kochen zum Menschen machte“ (2009) führt der Primatenforscher Richard Wrangham die immense Vergrößerung des menschlichen Gehirns auf die Entdeckung des Feuermachens zurück. Garen habe die Verdauung von hochwertigem – besonders tierischem – Eiweiß erleichtert, was wiederum die Entwicklung des Gehirns begünstigt habe. Gleichzeitig sei durch den Garvorgang die Nahrung leichter kaubar geworden, wodurch der Mensch nicht mehr den ganzen Tag aufs Essen verwenden musste. Die plötzlich frei gewordene Zeit habe man fortan auf andere Tätigkeiten wie Jagen, Erkunden und Bauen verwenden können – kurz, um zu dem Menschen zu werden, der wir heute sind.
WARUM SCHMECKT WARMES ESSEN BESSER?
Dafür gibt es zwei Erklärungen: Erstens haben Forscher herausgefunden, dass unsere Geschmackswahrnehmung von bestimmten mikroskopisch kleinen Proteinen in den Geschmacksknospen verstärkt wird. Diese sogenannten TRPM5-Kanäle sind sehr temperaturempfindlich und bei höheren Temperaturen wesentlich leistungsfähiger als bei niedrigeren. Studien zeigen, dass sich die Kanäle beim Verzehr von Essen, das auf 15 °C oder kälter abgekühlt wurde, so gut wie gar nicht öffnen und so die Geschmackswahrnehmung stark gehemmt bleibt. Erwärmt man das Essen aber auf knapp 37 °C, öffnen sich die Kanäle und die TRPM5-Sensitivität steigt um den Faktor 100. Speisen schmecken so deutlich intensiver.
Zweitens wird unser Schmecken stark vom Geruch des Essens mitbestimmt, den wir als winzige Moleküle einatmen. Je heißer das Essen, desto mehr Energie haben diese Moleküle und desto wahrscheinlicher ist es, dass sie den Weg vom Tisch hinauf in unsere Nase finden.
Was lernen wir daraus? Gerichte, die eigentlich heiß gegessen werden, sollte man immer aufwärmen, und Gerichte zum kalten Verzehr, wie Gazpacho und Kartoffelsalat, sollte man extra kräftig würzen, um den Aromaverlust bei niedrigen Temperaturen auszugleichen.
Auch wenn es einfach zu verstehen ist, wie Kochen uns zu Menschen gemacht hat, wissen nur die wenigsten, was tatsächlich in Lebensmitteln vor sich geht, wenn man sie erhitzt. Wärme ist eine Form von Energie. Der Begriff gibt die Geschwindigkeit von Molekülen in einer Substanz wie Luft oder Wasser an; je höher die Temperatur, desto schneller bewegen sich die Moleküle und desto mehr Energie (= Wärme) enthalten sie.
Bei der Wärmeübertragung von einer Substanz auf eine andere kollidieren schnelle Moleküle mit langsamen und beschleunigen diese. Die Gasmoleküle eines Feuers, die Metallatome einer heißen Pfanne oder die Luftmoleküle eines heißen Backofens stoßen also mit den langsamen Molekülen – besonders Wassermolekülen – des Essens zusammen und bringen sie in Fahrt.
Die Beschleunigung der Moleküle im Essen hat eine ganze Reihe von Reaktionen zur Folge. Durch Gase, die aus dem heißen Essen austreten, oder wärmebedingte chemische Reaktionen kann sich die Farbe des Essens ändern. Von den Molekülen gebundenes Wasser wird freigesetzt, wodurch das Essen Flüssigkeit verliert. Zellwände, die dem rohen Lebensmittel ihre Stabilität geben, lösen sich auf – das Essen wird so weicher. Was im Einzelfall tatsächlich geschieht, hängt vom jeweiligen Lebensmittel, der Intensität der Wärme, der Art der Wärmeübertragung und der Zeit, die die Wärme auf das Essen einwirkt, ab. Wärme sorgt dafür, dass viele Lebensmittel besser schmecken, manchmal jedoch verschlechtert sich der Geschmack, z. B. wenn Fette oxydieren oder Bitterstoffe freigesetzt werden.
Beim Kochen sind mehrere Arten der Wärmezufuhr möglich; die üblichsten – Wärmeleitung (Konduktion), Wärmeströmung (Konvektion) und Wärmestrahlung (Radiation) – sind in Konzept 1.1 näher beschrieben. Die meisten Garverfahren, z. B. Braten, Grillen oder Frittieren, sind eine Kombination aus mehreren Arten der Wärmezufuhr und -übertragung. Ein Braten beispielsweise, der in einem Metallbräter im Backofen gegart wird, wird durch Wärmeleitung erhitzt (Wärme wird im Fleisch von Molekül zu Molekül übertragen), durch Wärmeströmung (die heiße Ofenluft erhitzt den Bräter und dieser wiederum das Fleisch) sowie durch Wärmestrahlung (die Heizelemente strahlen Wärme ab, die vom Essen absorbiert wird).
Genau wie Wärme Lebensmittel verändern kann, hat auch Kälte eine Wirkung. Viele natürliche Prozesse kommen durch Kälte zum Erliegen. Beispielsweise verhindert eine Lagertemperatur unter 4,5 °C in Pfirsichen die Aktivität bestimmter Enzyme, die während des Reifens das Pektin der Zellwände abbauen. Werden diese Enzyme deaktiviert, bevor die Frucht reif ist, bleibt das Pektin intakt und der Pfirsich bekommt eine mehlige Konsistenz.
Dagegen ist Kälte bei der Lagerung anderer Lebensmitteln sehr anzuraten. Milchprodukte und Fleisch verderben bei Temperaturen über 4,5 °C deutlich schneller. (Daher sollten sie in der kältesten Zone des Kühlschrankes im unteren Fach über dem Gemüsefach bei 2 bis 4 °C gelagert werden.) Diese Lebensmittel enthalten von Natur aus Bakterien, deren Aktivität unterhalb von 4,5 °C gehemmt wird. Ist die Temperatur höher, geraten die Speisen in die „kritische Zone“ (zwischen 4,5 und 60 °C), in der sich die meisten Mikroben rapide vermehren. Das Essen verdirbt dann möglicherweise, und der Verzehr kann gesundheitsschädliche Folgen haben. Übrigens wird auch durch Erhitzen und Garen die Bakterienaktivität häufig zum Stillstand gebracht. (Mehr zum Thema „Lebensmittelsicherheit“ findet sich auf Seite 264.)
Ab 0 °C beginnt die in Lebensmitteln enthaltene Flüssigkeit zu gefrieren, wobei sich Eiskristalle bilden. Diese Kristalle reißen in frischen Lebensmitteln, z. B. Gemüse und Obst, Zellwände und Zellorganellen auf und setzen so Enzyme frei, die vorher eingeschlossen waren. Werden die Lebensmittel später wieder aufgetaut, bewirken diese Enzyme, dass sie mitunter unangenehm schmecken oder braun und matschig werden.
WARUM WIRD SPEISEEIS NICHT HART WIE EIS?
Wieso sind Eiswürfel eigentlich steinhart, während Speiseeis weich ist und sich mit dem Löffel portionieren lässt, selbst wenn beides im selben Gefrierschrank lagert? Zucker – wie jede andere wasserlösliche Substanz – verschiebt den Gefrierpunkt von Wasser. Je mehr Zucker im Wasser ist, desto tiefer sinkt der Gefrierpunkt.
In Gemüse kann man diese Enzyme durch vorheriges Blanchieren, also kurzes Überbrühen, unschädlich machen. Deshalb sieht tiefgefrorener Brokkoli aus dem Supermarkt so saftig grün aus – er wurde während der Herstellung blanchiert. Wer schon einmal zu Hause rohen Brokkoli ohne Blanchieren eingefroren und ihn dann gekocht hat, der kennt den schwefeligen Geschmack, die matschige Konsistenz und die unschöne Farbe.
Im Gegensatz zu Gemüse verträgt Obst leider kein Blanchieren, deshalb versetzen die Hersteller es vor dem Frosten mit Zucker. Dadurch werden die Kristalle nicht so groß und richten weniger Schaden an. Manchmal wird auch Ascorbinsäure beigegeben – sie schaltet die Enzyme aus, die für die unschöne Braunfärbung verantwortlich sind.
Wenn es darum geht, wie eine bestimmte Speise zu garen ist, findet sich in Kochbüchern eine ganze Reihe verschiedener Fachbegriffe.
Auch dieses Buch macht da keine Ausnahme. Im Folgenden werden die Begriffe kurz erklärt.
METHODE
KURZDEFINITION
BESCHREIBUNG
BRATEN IN DER PFANNE (KURZBRATEN)
Garen mit wenig Fett in der Pfanne
Dieses Garverfahren eignet sich am besten für kleinere, relativ dünne Lebensmittel wie Steaks, Koteletts und Schnitzel sowie für Speisen, die aus kleineren Teilen bestehen, z. B. geschnittenes Gemüse, Shrimps oder Muscheln.
BRATEN IM BACKOFEN (LANGZEITBRATEN)
Garen in Kochgeschirr im Backofen
Geeignet für eine breite Palette von Speisen, von großen Rinderbratenstücken über ganze Geflügelbraten bis zu Kartoffelscheiben.
FRITTIEREN
Garen mit einer größeren Menge Fett in Topf oder Pfanne
Das Gargut schwimmt im Fett oder wird teilweise davon umschlossen. Für die erste Methode werden ein großer Topf und 1–2 Liter Fett benötigt. Für die zweite Methode reichen meist eine Pfanne und weniger Fett (etwa 250 ml). Viele Lebensmittel, die sich zum Kurzbraten in der Pfanne eignen, können auch frittiert werden; frittierte Speisen sind oft paniert oder im Teigmantel.
KOCHEN
Garen in siedender Flüssigkeit
Auf Meereshöhe siedet Wasser bei 100 °C; der Siedepunkt sinkt pro 300 Höhenmeter um ca. 1 °C. Ist der Siedepunkt erreicht, wallen große Blasen in der Flüssigkeit auf und durchbrechen in schneller, regelmäßiger Folge die Oberfläche. Diese Garmethode ist günstig für Nudeln, Getreide und Gemüse.
KÖCHELN
Garen in Flüssigkeit knapp unter dem Siedepunkt
Je nach gewünschter Garintensität liegt die Temperatur der Flüssigkeit zwischen 82 und 96 °C. Wenn eine Flüssigkeit köchelt, steigen in unregelmäßigen Abständen vereinzelte kleinere Blasen an die Oberfläche auf. Viele Getreidearten, darunter Reis, gart man am besten köchelnd. Für Brühen, Suppen und Saucen ist Köchelnlassen unabdinglich.
POCHIEREN
Garen in Flüssigkeit deutlich unter dem Siedepunkt im geschlossenen Topf
Pochieren ähnelt dem Köcheln, allerdings ist die Temperatur niedriger (es steigen keine Blasen auf). Man pochiert im Allgemeinen mit Deckel, um die Temperatur möglichst konstant zu halten und das Essen schonend zu garen. Eignet sich besonders für empfindlichen Fisch und Früchte.
DÄMPFEN
Garen über schwach siedender Flüssigkeit im geschlossenen Topf (meist mit Dämpfeinsatz)
Dämpfen ist eine besonders schonende Garmethode. Im Gegensatz zu anderen feuchten Garverfahren bleibt das Aroma der Lebensmittel gut erhalten. Dämpfen ist die Methode erster Wahl für Gemüse, Fisch und empfindliche Speisen wie Klöße.
SCHMOREN
Garen durch Anbraten und anschließendes Zugeben von Flüssigkeit und Köchelnlassen im geschlossenen Topf
Ideal für eher feste Fleischstücke, die eine lange Garzeit benötigen, um zart zu werden, z. B. Rinderschmorbraten.
SCHMORTOPF
Eine Form des Schmorens (Anbraten mit anschließendem Köcheln)
Für einen Schmortopf werden Lebensmittel meist nicht im Ganzen, sondern zerkleinert geschmort.
DIREKTES GRILLEN
Garen auf dem Rost über offenem Feuer
Auch wenn „grillen“ häufig für jede Form von Garen über offenem Feuer verwendet wird, beschränkt sich der Begriff in diesem Buch meist auf das relativ kurze Garen von Steaks, Koteletts, Gemüse, Fisch, Krustentieren etc.
INDIREKTES GRILLEN
Garen auf dem Rost über mäßig starkem Feuer in einem geschlossenen Grill, wobei das Grillgut nicht direkt über der Wärmequelle liegt
Durch den geschlossenen Deckel des Grills ähnelt dieses Garverfahren dem Braten im Backofen, besonders, wenn das Grillgut nicht direkt über dem Feuer liegt und dadurch nur langsam bräunt. Am besten geeignet für große, dicke Fleischstücke, die eine lange Garzeit bei niedriger Temperatur brauchen, z. B. ganze Hähnchen oder Braten.
GRILLEN IM RAUCH
Garen auf dem Rost über schwachem, stark rauchendem Feuer in einem geschlossenen Grill, wobei das Grillgut nicht direkt über der Wärmequelle liegt
Das klassische US-amerikanische Barbecue (BBQ), wenn auch nicht unbedingt im Smoker. Diese Grillmethode funktioniert im Prinzip wie indirektes Grillen, jedoch ist das Feuer kleiner und man verwendet zusätzlich Holz, was dem Grillgut ein rauchiges Aroma verleiht. Am besten geeignet für eher zähes Fleisch (z. B. Rinderbrust oder Rippchen), das lange garen muss, um zart zu werden.
Beim Einfrieren von Fleisch, Geflügel und Fisch ist Flüssigkeitsverlust das größte Problem. Die Eiskristalle beschädigen die Zellstruktur, wodurch Tiefkühlfleisch beim Garen mehr Flüssigkeit verliert als frisches Fleisch. Außerdem wird der Fleischoberfläche beim Einfrieren Wasser entzogen. Um den Flüssigkeitsverlust zu messen, haben wir drei 200-Gramm-Proben Rinderhack (15 % Fettanteil) auf mittlerer bis großer Flamme in einer kleinen Pfanne gebraten. Die erste Probe war frisch, die zweite tiefgefroren und aufgetaut, die dritte zweimal tiefgefroren und aufgetaut. Wir haben die jeweils ausgetretene Flüssigkeit aufgefangen und die Menge bestimmt, dann haben wir das Experiment mit weiteren Fleischproben wiederholt.
Während das frische Hackfleisch im Durchschnitt ¾ TL Flüssigkeit verloren hat, sind beim einmal tiefgefrorenen Fleisch 2 TL und beim zweimal tiefgefrorenen Fleisch sogar 1 EL verloren gegangen. Anders betrachtet: Ein Burger mit 200 g frischem Hackfleisch enthält 1¼ TL mehr Fleischsaft gegenüber einem Burger mit Hack aus der Tiefkühltruhe. Das Ergebnis: Hier ein saftiger, zarter Burger, dort ein Burger, der schmeckt wie trockenes Brot.
Ein weiterer Nachteil des Einfrierens hängt mit der Aufbewahrung im Gefrierschrank zusammen. Idealerweise halten Gefriergeräte konstant eine Temperatur von –18 °C. In Wirklichkeit schwankt diese Temperatur aber oft, besonders, wenn das Gerät häufig geöffnet und geschlossen wird. Jedes Mal erwärmen sich die Lebensmittel ein wenig und kühlen anschließend wieder ab, was die Schädigung durch Eiskristalle verschlimmert. Als sichtbare Folge häufigen Antauens und Wiedereinfrierens bildet sich eine Eiskristallschicht auf dem Lebensmittel, der sogenannte Gefrierbrand.
Keine Frage, zum Kochen braucht man seine fünf Sinne: sehen, riechen, tasten, schmecken und hören. Sieht das Hähnchen schon knusprig braun aus? Fühlt sich der Kuchenteig fest an? Klumpt die Sauce oder ist sie schön glatt? Riecht der Knoblauch intensiv und aromatisch? Ist das Gericht gut abgeschmeckt?
Bleiben wir zunächst beim Geschmackssinn. In der Schule haben wir gelernt, dass es vier primäre Geschmackswahrnehmungen gibt: süß, sauer, salzig und bitter. In den letzten Jahren hat sich in der Wissenschaft die Auffassung durchgesetzt, dass es noch eine fünfte Geschmacksqualität gibt: umami. Am ehesten lässt sich diese als „fleischig“, „herzhaft“ und „vollmundig“ beschreiben. Der Geschmack wird durch eine natürlich vorkommende Aminosäure hervorgerufen: Glutamat (genauer: Glutaminsäure). Glutamat kommt in freier Form in relativ hoher Konzentration in bestimmten Früchten (z. B. Tomaten), Gemüsen und Käsesorten (besonders Parmesan) vor. Außerdem ist es als Baustein der meisten Proteine in Fleisch und Milchprodukten vorhanden. Auch Pilze erhalten ihren typisch fleischigem Geschmack durch einen hohen Glutamatgehalt. Allgemein eignet sich Umami-Aroma gut, um Speisen würziger und schmackhafter zu machen. (Siehe auch die Tabelle mit den Glutamatwerten verschiedener Lebensmittel auf Seite 237.)
Im Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat (MNG), der durch das Züchten bestimmter Bakterien auf Zucker bzw. Melasse und Mais gewonnen wird, zeigt sich die ganze Würzkraft der Glutamate. Unsere Versuche beweisen, wie stark MNG das Aroma von Speisen intensivieren kann: Nachdem wir unserer Rindfleisch-Gemüse-Suppe Glutamat (aus dem Supermarkt) hinzugefügt hatten, schwärmten unsere Koster von dem „vollen und superintensiven Rindfleischaroma“. (Mehr über Glutamate und die wichtigen Nukleotide erfahren Sie in Konzept 1.17.)
Die Sinneszellen, mit denen wir Geschmack im Mund wahrnehmen, befinden sich gebündelt in den Geschmacksknospen. Lange Zeit glaubte die Wissenschaft, dass sich diese Knospen auf verschiedene „Geschmackszonen“ der Zunge verteilen, in denen jeweils nur eine Geschmacksrichtung wahrgenommen wird. Mittlerweile weiß man jedoch, dass die Knospen für die verschiedenen Geschmacksqualitäten gleichmäßig über die ganze Zunge und den ganzen Mundraum verteilt sind. Trotzdem haben nicht alle Menschen das gleiche Geschmacksempfinden, was daran liegt, dass es individuell genetisch festgelegt ist, wie viele Geschmacksknospen man hat.
Eine Studie der Universität Florida zeigt, dass manche Menschen bis zu zehnmal mehr Geschmacksknospen haben als andere. Natürlich wirkt sich das auf die Geschmackssensibilität aus – diese „Supergaumen“ nehmen Speisen als süßer, würziger oder bitterer wahr als Menschen mit einer nur durchschnittlichen oder sogar unterdurchschnittlichen Zahl von Geschmacksknospen. Eine zehnmal so hohe Geschmackssensibilität erreichen sie aber trotz zehnfacher Geschmacksknospenzahl nicht. Das liegt an abschwächenden Faktoren wie Geruch, Mundgefühl und anderen Eigenschaften von Lebensmitteln, die den Geschmackssinn stören. Immerhin: Der Unterschied der Wahrnehmungsintensität kann bis zu Faktor drei betragen.
Wenn Sie also das nächste Mal für eine Freundin kochen und sie das Essen viel salziger oder schärfer findet als Sie, seien Sie beruhigt. Sie haben keinen schlechten Gaumen – Ihre Freundin hat wahrscheinlich einfach nur überdurchschnittlich viele Geschmacksknospen.
Natürlich können wir nichts daran ändern, wie unser Gaumen beschaffen ist, aber jeder Koch kann beeinflussen, wie das Aroma seines Gerichts wahrgenommen wird, indem er das Verhältnis zwischen den fünf Geschmacksqualitäten geschickt ausbalanciert. Untersuchungen, wie man bitter schmeckenden Medikamenten einen angenehmeren Geschmack geben könnte, haben beispielsweise ergeben, dass Salz Bitteraromen überdecken kann. Laut einer Forschungsgruppe lässt sich mit Natriumionen der Bittergeschmack von Paracetamol um 50 Prozent senken.
Um zu prüfen, ob Salz die gleiche Wirkung auf bittere Nahrungsmittel hat, haben wir mit mehreren Lebensmitteln, darunter Kaffee und Auberginen, einen Blindtest durchgeführt, wobei die Testpersonen je gesalzene und ungesalzene Proben vorgesetzt bekommen haben. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass die empfundene Bitterkeit von Kaffee durch Zugabe von ¼ TL Salz pro 475 ml um 50 Prozent sank. Auch Auberginen wurden als weniger bitter wahrgenommen.
Dass man Auberginen traditionellerweise salzt, hat also zwei Vorteile. Erstens entzieht das Salz, wie wir in unseren Kochexperimenten zeigen konnten, dem Auberginenfleisch Wasser und sorgt dafür, dass es weniger Fett aufnimmt. Und zweitens überdeckt es die bittere Geschmacksnote des Gemüses. Tatsächlich stellten die meisten unserer Testesser, als wir sie gesalzene und ungesalzene gebratene Auberginen probieren ließen, bei den ungesalzenen eine schwache bittere Note fest, die den gesalzenen fehlte.
Ähnliches gilt für sehr scharfe Gerichte, die man durch Zugabe von Zucker „entschärfen“ kann. So ist uns aufgefallen, als wir an unserem Rezept für Thai-Hähnchen mit Basilikum gearbeitet haben, dass scharfe Chilis mit Zucker deutlich milder geschmeckt haben. Das Phänomen wird durch komplexe Wechselwirkungen im Gehirn hervorgerufen, die unsere Geschmackswahrnehmung regulieren und in diesem Fall für ein Abschwächen von Schmerzempfinden durch Genussempfinden sorgen. Bestimmte Inhaltsstoffe der Chilis (insbesondere Capsaicin) stimulieren die um die Geschmacksknospen angeordneten Endfasern des Trigeminusnervs und signalisieren dem Gehirn so ein unangenehm brennendes Gefühl (trigeminale Wahrnehmung). Gleichzeitig stimuliert Zucker die Geschmacksknospen, sodass diese dem Gehirn ein angenehmes Gefühl signalisieren. Forscher sind der Meinung, dass diese „Genuss-Signale“ so angenehm sind, dass sie den unangenehmen „Schmerz“ der Chilis überlagern. Darüber hinaus entzieht Zucker, wenn er sich in Speichel auflöst, dem Mundraum Wärme und erzeugt so ein leicht kühlendes Gefühl.
Was bedeutet das für die Praxis? Wenn Sie ein Gericht richtig versalzen oder zu viel Zucker oder scharfes Gewürz hineingegeben haben, ist nicht mehr viel zu retten. In weniger schlimmen Fällen kann das zu großzügig eingesetzte Gewürz aber noch abgeschwächt werden, indem man ein Gewürz vom entgegengesetzten Ende der Aromaskala hinzugibt.
Zu wissen, wie der Geschmackssinn funktioniert, erlaubt uns nicht nur, Fehler zu kaschieren, es hilft uns auch, Gerichte so zu würzen, dass sie noch besser schmecken. Im Folgenden finden Sie einige allgemeine Tipps zum Würzen. Behalten Sie dabei aber immer im Hinterkopf, dass sich die Flüssigkeitsmenge eines Gerichts noch ändern könnte. So schmeckt ein genau richtig gewürzter Eintopf, nachdem er ein paar Stunden vor sich hin geköchelt hat, mit großer Wahrscheinlichkeit zu salzig. Am besten würzen Sie während des Garens nur mäßig und schmecken erst unmittelbar vor dem Servieren endgültig ab.
Säure statt Salz Nicht nur mit dem Salzstreuer kann man Suppen, Eintöpfen und Saucen mehr Pepp verleihen – probieren Sie es doch mal mit einem Spritzer Zitronensaft oder Essig. Wie Salz mildert auch Säure Bitternoten ab, indem sie andere Geschmacksnoten deutlicher hervortreten lässt. Schon ein Spritzer kann viel bewirken.
Fleisch mit grobkörnigem Salz würzen Verwenden Sie zum Salzen von Fleisch grobes Salz aus der Mühle anstelle von normalem Tafelsalz. Die größeren Körner verteilen sich leichter und haften besser an der Oberfläche des Fleisches.
Richtig pfeffern Ob schwarzer Pfeffer richtig „beißt“ oder eher mild schmeckt, hängt davon ab, ob man das Fleisch vor oder nach dem Anbraten damit würzt. Um dem Fleisch einen richtig pfefferigen Geschmack zu verleihen, fügt man ihn nach dem Anbraten hinzu, damit die flüchtigen Komponenten nicht durch Hitze zerstört werden. Umgekehrt mildert es die Schärfe von Pfeffer, wenn man vor schon vor dem Anbraten damit würzt.
Kalte Speisen kräftig würzen Durch Kühlen verlieren Speisen oft einen Teil ihres Aromas, deshalb sollte man in diesen Fällen großzügig beim Würzen sein, wenn auch mit Augenmaß. Um nichts zu versalzen, sollte man vor dem Kühlen nur die normale Menge Salz hinzugeben und dann unmittelbar vor dem Servieren noch einmal nachsalzen, bis das Essen die gewünschte Würze hat.
Kräuter zur richtigen Zeit hinzugeben Fügen Sie kräftigere Kräuter wie Thymian, Rosmarin, Oregano, Salbei und Majoran früh während des Garens hinzu; so haben diese Zeit, ihr volles Aroma zu entfalten und so weich zu werden, dass sie die Textur des Gerichts nicht beeinträchtigen. Empfindliche Kräuter wie Petersilie, Koriander, Estragon, Schnittlauch und Basilikum geben Sie erst zum Schluss dazu, damit sie ihr frisches Aroma und die leuchtende Farbe nicht verlieren.
Etwas Umami schadet nicht Haben Sie Sojasauce, Worcestersauce oder Anchovis im Kühlschrank? Dann nutzen Sie doch den hohen Glutamatgehalt dieser Lebensmittel, um Ihrem Essen einen zusätzlichen Schuss Würze zu verleihen. Versuchen Sie es mal mit 1–2 TL Sojasauce im Chili oder ein paar fein gehackten Anchovis zum Schmorhähnchen. (In Konzept 1.17 erfahren Sie mehr über das Kochen mit glutamathaltigen Zutaten.)
Ein guter Koch sorgt nicht nur dafür, dass die fünf Geschmacksqualitäten in seinen Speisen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, sondern kümmert sich auch bewusst um den Duft. In kaltem Essen fällt es unseren Geschmacksknospen schwerer, Geschmack wahrzunehmen, weshalb z. B. kalte Suppen kräftig abgeschmeckt werden müssen. Gleichzeitig duften kalte Suppen so gut wie gar nicht – noch ein Grund, warum man großzügig würzen sollte. Der Duft, der einem in die Nase steigt, intensiviert den Geschmack.
Geruch und Duft spielen also eine wichtige Rolle beim Schmecken. (Doch nicht nur das: Gerüche regen den Appetit an und warnen uns vor verdorbenem Essen.) Ohne die Hilfe des Geruchssinn ist es überraschend schwer, den Unterschied zwischen Erdbeer- und Vanilleeis oder Pasta alla carbonara und Pasta alla vodka zu schmecken.
Nun leuchtet natürlich jedem ein, dass der Geruchs- und Geschmackssinn in der Kochkunst eine zentrale Rolle spielen, aber auch die übrigen drei Sinne sind nicht zu vernachlässigen. Meist schmeckt schön angerichtetes Essen besser – jedenfalls scheinbar. Um das Prinzip zu beweisen, hat Frédéric Brochet, ein Forscher an der Universität von Bordeaux, Weinexperten je ein Glas Rotwein und ein Glas Weißwein zum Kosten gegeben. Mit dem üblichen blumigen Beschreibungsvokabular haben sie detailliert beide Weine und ihre Unterschiede bewertet – zu dumm nur, dass in beiden Gläsern der gleiche Weißwein war, man hatte ihn im zweiten Glas lediglich mit einem geschmacksneutralen Stoff rot eingefärbt.
Auch für Essen lässt sich Ähnliches zeigen. Setzt man Testessern zwei Schälchen Schokopudding aus jeweils einer anderen Schokoladensorte vor, so werden sie vom vollmundigeren und intensiveren Geschmack des dunkleren, d. h. „schokoladigeren“, Puddings schwärmen. Lässt man sie dieselben Proben aber mit verbundenen Augen kosten, fällt das Ergebnis weit weniger eindeutig aus. Die Augen essen also tatsächlich mit.
Noch wichtiger als das Aussehen ist aber womöglich die Textur. Ein labberiges Brathähnchen oder ein trockenes, zähes Steak sind nicht halb so köstlich wie ein knuspriges Hähnchen oder ein saftiges, zartes Stück Rindfleisch. Viele der in diesem Buch vorgestellten Konzepte dienen genau diesem Zweck: Speisen die optimale Textur zu geben.
Die akustische Wahrnehmung spielt für denjenigen, der das Gericht isst, wohl kaum eine Rolle, für denjenigen, der es zubereitet, kann sie aber wichtig sein. Als Beispiel sei nur erwähnt, dass es zischen muss, wenn man Gemüse in die heiße Pfanne gibt – hört man nichts, ist die Pfanne nicht heiß genug.
Erhitzen und Abkühlen können den Geschmack, die Konsistenz und das Aussehen von Speisen verändern, aber auch mechanische Vorgänge und Kraft spielen beim Kochen eine Rolle. Das kann die Bewegung einer Messerklinge sein, die eine Zwiebel zerschneidet, oder die Rotation der Mixermesser, um ein Pesto zu pürieren.
KÜCHENWERKZEUGE UND IHRE FUNKTIONMesser sind nicht die einzigen Werkzeuge, mit denen Lebensmittel bearbeitet und physisch verändert werden. Tatsächlich findet sich in jeder Küche eine breite Palette von Utensilien, mit denen sich vermengen, unterheben, verquirlen, rühren, mahlen, pürieren, zerkleinern, kneten und schlagen lässt. Für eine Vielzahl von Anwendungen gibt es spezielle Geräte. Dabei ist es mal der Arm des Koches oder der Köchin, der die Antriebsenergie liefert, mal ist ein Küchenutensil elektrisch betrieben. Hier ein paar Beispiele:
Mit dem Schneebesen oder Mixer wird Luft in kalte Schlagsahne eingerührt, sodass aus einer kleinen Menge Flüssigkeit eine voluminöse schaumige Masse wird.
Eine Gewürzmühle zermahlt ganze Gewürzteile in feines Pulver, wodurch aromatische Öle freigesetzt werden.
Ein dickes Stück Hühnerbrust wird durch die Bearbeitung mit einem Fleischklopfer zu einem dünnen Schnitzel, das nur eine kurze Garzeit benötigt.
In den Beispielen wird mit einem Werkzeug ein einzelnes Lebensmittel bearbeitet. Viele Werkzeuge dienen allerdings dazu, mehrere Lebensmittel miteinander zu verbinden. Das einfachste Beispiel ist der Holzlöffel, mit dem man Wasser, Mehl und Hefe zu einem Teig zusammenrührt. Das Lernziel lautet: Speisen können auch ohne Erhitzen (oder Abkühlen) modifiziert werden. In diesem Buch lernen Sie, wie Sie das Ergebnis vieler Rezepte z. B. durch die richtige Methode der Zutatenvermengung verbessern können.
Es liegt auf der Hand, dass sich durch Zerkleinern oder Schneiden das Aussehen von Lebensmitteln verändert – sie werden kleiner, dünner, womöglich sogar optisch ansprechender. Aber noch etwas anderes geschieht, wenn eine Messerklinge ein Lebensmittel durchdringt: Zellstrukturen werden beschädigt (ähnlich wie beim Garen und Einfrieren), was zu Veränderungen der Farbe, Konsistenz und des Geschmacks führen kann.
Selbst die Schneiderichtung beim Zerkleinern einer Zwiebel kann den Geschmack beeinflussen. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und acht Zwiebeln jeweils auf zwei verschiedene Arten in Scheiben geschnitten: längs (gewissermaßen Pol zu Pol) und quer (parallel zum Äquator). Dann haben wir die geschnittenen Stücke einem Geruchs- und Geschmackstest unterzogen und festgestellt: Die von Pol zu Pol geschnittenen Stücke haben einen deutlich weniger beißenden Geruch und Geschmack als die anderen aufgewiesen.
Warum ist das so? Der scharfe Geschmack und stechende Geruch von Zwiebeln werden durch sogenannte Thiosulfinate hervorgerufen, die entstehen, wenn das in den Zellen eingeschlossene Enzym Alliinase mit der Aminosäure Isoalliin reagiert, die ebenfalls im Gemüse vorhanden ist. Die Reaktion findet nur statt, wenn die Zellwände der Zwiebeln verletzt und die stark riechenden Verbindungen freigesetzt werden. Schneidet man die Zwiebeln längs (in Ausdehnungsrichtung der Zellen), werden weniger Zellen beschädigt als beim Schneiden quer zu den Zellen, es treten weniger Alliinase-Enzyme aus, und folglich bilden sich weniger Thiosulfinate. (In Buch 2 erfahren Sie mehr darüber, wie man mit dem Messer den Geschmack von Zwiebeln und Knoblauch beeinflusst.)
Auch auf gegarte Speisen kann sich die Art des Schneidens auswirken. In manchen Steaks, besonders aus der Flanke, erkennt man die einzelnen Muskelfasern deutlich als lange Streifen, die über das ganze Stück Fleisch verlaufen. Schneidet man so ein Steak nach dem Grillen im rechten Winkel zur Faserrichtung, verkürzt man die langen Muskelfasern und sorgt so dafür, dass sich das Fleisch leichter kauen lässt.
Ob man das richtige Gerät verwendet hat, um Essen zu erhitzen, abzukühlen, zu zerkleinern, vermengen oder anders zu modifizieren, zeigt sich häufig im Ergebnis. Der Anhang des Buches enthält vertiefende Informationen zur Küchenausstattung; hier zunächst nur einige wichtige allgemeine Ratschläge, die man beherzigen sollte.
Professionelle Köche verwenden eine Vielzahl von Begriffen, um zu beschreiben, wie Lebensmittel geschnitten werden. Die folgende Tabelle enthält die Begriffe, die in diesem Buch benutzt werden.
SCHNEIDEART
BESCHREIBUNG
Chiffonade
In sehr feine Streifen schneiden. Meistens werden frische Kräuter, besonders Basilikum, so geschnitten.
Fein zerkleinern
In 3–6 mm große Stücke schneiden.
Mittelfein zerkleinern
In 6–13 mm große Stücke schneiden.
Grob zerkleinern
In 13–19 mm große Stücke schneiden.
Quer schneiden
Rechtwinklig zur langen Seite des Lebensmittels schneiden.
Längs schneiden
Der Länge nach (von einem Ende zum anderen) schneiden.
Schräg schneiden
Im Winkel von 45° schneiden. Besonders lange und eher dünne Lebensmittel wie Spargel und Möhren werden so geschnitten.
Würfel
In Würfel mit gleicher Kantenlänge schneiden.
Julienne
In streichholzgroße Stifte schneiden (etwa 5 cm lang und 3 mm dick).
Fein hacken
In höchstens 3 mm große Stücke schneiden.
Scheiben
In flache Stücke schneiden.
Dünne Scheiben
In besonders dünne, höchstens 3 mm dicke Stücke schneiden.
Töpfe und Pfannen können aus einer Vielzahl von metallischen Materialien bestehen, wobei jedes seine Vor- und Nachteile hat. Die Wärmeleitfähigkeit des Metalls bestimmt, wie gut sich das Kochgeschirr zum Anbraten eignet, wie leicht Essen anbrennt und wie gleichmäßig sich die Wärme verteilt. Auch das Gewicht spielt eine Rolle. In einem leichten Edelstahltopf wird Ihr Schmortopf höchstwahrscheinlich am Topfboden anhaften. Je nach Material ist Kochgeschirr einfacher oder weniger einfach zu reinigen.
Im Allgemeinen verwenden wir beschichtete Töpfe und Pfannen nur für empfindliche Speisen, die leicht anhaften, z. B. Fisch oder Eier. Unserer Erfahrung nach bräunen Speisen in beschichtetem Kochgeschirr nicht so gut, und oft bildet sich beim Braten von Fleisch nur wenig oder kein Bratensatz – ein schmerzlicher Verlust für die Sauce. Nehmen Sie also lieber keine beschichtete Pfanne, es sei denn, das Rezept verlangt ausdrücklich eine.
Genauso entscheidend wie das Material des Kochgeschirrs sind seine Form und Größe. Quetschen Sie mal vier Hähnchenbrüste in eine Pfanne mit 25 cm Durchmesser und Sie erhalten herrlich weiches, gedünstetes Fleisch – spendieren Sie ihnen jedoch großzügig Platz in einer 30-cm-Pfanne, bildet sich eine knusprige Kruste. Bei Pfannen wird für die Größe meist der Durchmesser (gemessen an der Oberkante der Pfannenwand) angegeben, bei Töpfen wird dafür eher das Fassungsvermögen herangezogen (2 Liter, 4 Liter etc.). Um auf der sicheren Seite zu sein, benutzen Sie immer genau das im Rezept angegebene Kochgeschirr.
Der Tipp gilt fürs Kochen, aber fast noch mehr fürs Backen. Wenn im Rezept eine 23-cm-Backform verlangt wird, nehmen Sie keine 20-cm-Form. Unserer Erfahrung nach verlängert sich die Backzeit durch diese minimale Abweichung von den Vorgaben deutlich, da der Teig in der kleineren Form logischerweise eine dickere Schicht bildet. Es dauert dann länger, bis die Hitze ganz bis in die Kuchenmitte vorgedrungen ist, womöglich so lange, dass die Unterseite des Kuchens anbrennt. Selbst etwas so vermeintlich Triviales wie der Rand eines Backblechs kann entscheidend sein, ob ein Rezept gelingt oder nicht.
Für gutes und erfolgreiches Kochen sind die richtigen Gerätschaften unerlässlich, aber das Gleiche gilt auch für die Zutaten. Hier können schon kleine Abweichungen vom Rezept große Auswirkungen auf das Ergebnis haben. Nimmt man beispielsweise für ein Gericht grobes Salz statt Tafelsalz, reduziert sich der Salzgehalt um die Hälfte. Der Grund ist, dass die Salzkörner des groben Salzes große Zwischenräume lassen und das gemessene Volumen „aufblähen“, wodurch ein Teelöffel grobes Salz eine weit geringere Salzmenge enthält als ein Teelöffel Tafelsalz.
Größere Abweichungen haben dementsprechend größere Folgen. Ersetzt man in einem Mürbeteigrezept beispielsweise Butter durch pflanzliches Backfett, so ändert sich zwangsläufig die Teigkonsistenz – ganz zu schweigen vom Geschmack. Das liegt erstens an der unterschiedlichen Zusammensetzung – Butter enthält etwa 80 % Fett und 16–18 % Wasser, Backfett hingegen ist reines Fett ohne jeglichen Wasseranteil – und zweitens an der unterschiedlichen Beschaffenheit der Fettkristalle.
Wenn es um das Austauschen von Rezeptzutaten geht, lautet der beste Rat: Tun Sie es besser nicht! Das Ergebnis ist meist nicht vorhersehbar. Das gilt besonders für Backrezepte, wo man die Folgen erst ganz zum Schluss überprüfen kann. Bei herzhaften Gerichten kann man meistens während des Kochens kosten und eventuell noch gegensteuern; es ist daher weniger riskant, Petersilie durch ein anderes Gewürz zu ersetzen, als in einem Pudding rezept Sahne gegen Milch auszutauschen.
Natürlich gibt es Situationen, in denen Ihnen nichts anderes übrigbleibt und Sie auf andere Zutaten zurückgreifen müssen, z. B. wenn das Gericht bereits auf dem Herd steht und Sie plötzlich feststellen, dass Ihnen eine bestimmte Zutat ausgegangen ist.
Für Ihren Einkauf finden Sie über das Buch verteilt Warenkundekapitel, die sich vertiefend mit einzelnen Zutaten wie Fisch, Rind- und Schweinefleisch beschäftigen. Sie finden dort darüber hinaus zahlreiche Tipps zur Lagerung und Verwendung.
Als der Mensch entdeckte, wie man Feuer macht – und in der Folge, wie man Nahrung gart –, war das zweifellos ein Meilenstein. Erhitzen tötet schädliche Mikroben ab. Die Nahrung wird bekömmlicher, lässt sich leichter kauen und schmeckt besser. Selbst die Nährstoffe einiger Lebensmittel verändern sich durch Wärmezufuhr, sodass unser Körper die enthaltenen Vitamine leichter aufnehmen kann. Es ist jedoch nicht alles gut am Erhitzen. Zu große Wärme kann Speisen austrocknen und zäh machen – besonders dicke Bratenstücken (wie Hochrippe, Pute oder Schinkenbraten) und empfindliche Lebensmittel (wie Eier oder Shrimps). Warum ist das so? Um der Sache auf den Grund zu gehen, beschäftigen wir uns zunächst damit, was beim Erhitzen genau geschieht.
Wärme ist eine Form von Energie, genauer: die Bewegungsenergie von Molekülen in einer Substanz wie Luft oder Wasser. Je schneller sich die Moleküle bewegen, desto mehr Energie speichern sie und desto höher ist die Temperatur. Bei der Übertragung von Wärme kollidieren schnelle Moleküle mit langsameren und beschleunigen diese. Wärme bewegt sich immer von einer heißen Umgebung in eine kalte.
WAS GESCHIEHT BEIM ERWÄRMEN?
Durch WÄRMELEITUNG (KONDUKTION) dringt Wärme von der Oberfläche ins Innere eines Lebensmittels.
WÄRMESTRÖMUNG (KONVEKTION) transportiert Wärme mithilfe von Wasser oder Luft zum Lebensmittel.
WÄRMESTRAHLUNG (RADIATION) überträgt Wärmeenergie durch Wellen, die in der äußeren Schicht des Lebensmittels absorbiert werden; von dort wandert die Wärme per Konduktion weiter nach innen.
Beim Kochen spielen verschiedene Arten der Wärmeübertragung eine Rolle. Wärmeleitung (Konduktion) ist die Übertragung von Wärmeenergie vom heißen Teil eines Lebensmittels zu einem kälteren, mit anderen Worten die Bewegung von Molekülen in ein und derselben Substanz. Zum Beispiel erwärmt sich der kalte Kern eines Rinderbratens, wenn die Moleküle in den Außenschichten schneller werden. Da Wassermoleküle wesentlich kleiner als Fett- oder Eiweißmoleküle sind, können sie sich besonders schnell bewegen und übertragen daher besonders viel Wärme.
Wärmeströmung (Konvektion) bezeichnet den Transport von Wärme mittels einer heißen Flüssigkeit (z. B. Wasser oder Bratfett) oder eines heißen Gases (z. B. die Luft im Backofen) zum Lebensmittel. In beiden Fällen wird die Wärme durch eine entfernte Quelle wie die Herdplatte oder das Heizelement im Backofen erzeugt. Meistens wirken beim Kochen sowohl Wärmeleitung als auch -strömung gleichzeitig. Doch es gibt noch eine dritte Art, wie Wärme übertragen wird: Bei der Wärmeübertragung durch Strahlung (Radiation) sendet eine entfernte Wärmequelle hochenergetische Wellen aus, die von einem Objekt absorbiert werden. Ein gutes Beispiel dafür sind Sonnenstrahlen und ihre Absorption durch die Erdoberfläche. Vor allem beim Grillen und Gratinieren spielt Wärmestrahlung eine Rolle, aber auch in der Mikrowelle. Hier regt die Energie der (Mikro-)Wellen die Moleküle an und beschleunigt diese, wodurch das Essen heiß wird.
Doch egal, ob das Erhitzen nun durch Konduktion, Konvektion oder Radiation geschieht – Speisen garen außen immer schneller als innen. Ist die Temperatur zu hoch, kann die Oberfläche zu heiß werden und austrocknen, ehe die Wärme ganz bis ins Innere vorgedrungen ist. Der Grund ist logisch: Das Wasser der Randschichten verdampft (zur Erinnerung: Wärme versetzt die winzigen Wassermoleküle in Bewegung), weshalb sie Gefahr laufen, stark auszutrocknen. Ein großes Temperaturgefälle zwischen Rand und Innerem verstärkt diesen Effekt. Umgekehrt trägt eine kleine Temperaturdifferenz dazu bei, dass die äußere Schicht feuchter bleibt und das Lebensmittel gleichmäßiger durchgart.
Um die Wirkung von Konvektion und Konduktion zu demonstrieren, haben wir zwei Rinderkarrees (je drei Rippen) im Backofen, das eine bei 230 °C, das andere bei 120 °C, gegart. Vor dem Braten haben wir von beiden Bratenstücken den Großteil des sichtbaren Fetts weggeschnitten und sie gewogen. Dann haben wir an drei Stellen Temperatursonden im Fleisch platziert: eine in der Mitte des Bratenstücks, eine unter der Oberfläche, gut einen halben Zentimeter tief, und die dritte genau zwischen den beiden ersten. Beide Braten wurden so lange gegart, bis die Kerntemperatur – also der Messwert der inneren Sonde – 52 °C betragen hat (Garstufe blutig). Bei 230 °C hat das gut zwei Stunden gedauert, bei 120 °C etwa drei Stunden. Beide Braten haben anschließend 45 Minuten geruht und wurden dann ein zweites Mal gewogen, tranchiert und von unseren Testessern begutachtet. Insgesamt haben wir das Experiment dreimal wiederholt; die Ergebnisse unten stellen den Durchschnitt der drei Durchläufe dar.