Perry Rhodan 1103: Außenseiter der Armada - Detlev G. Winter - E-Book

Perry Rhodan 1103: Außenseiter der Armada E-Book

Detlev G. Winter

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Beschreibung

Er lebt wie ein Geächteter - er ist ein Pseudoarmadist Das Jahr 426 NGZ, der Neuen Galaktischen Zeitrechnung also, die im Jahr 3588 n. Chr. begann, scheint sich zu einem schicksalhaften Jahr für die Menschheit und die übrigen sternfahrenden Völker der Galaxis entwickeln zu wollen. Die Kosmische Hanse - sie wurde von Perry Rhodan als interstellare Handelsmacht mit völkerverbindenden Aufgaben und als Verteidigungsinstrument gegen die destruktiven Machenschaften der Superintelligenz Seth-Apophis begründet und bewährte sich seit nunmehr 426 Jahren bestens - ist überfordert, als die Porleyter-Krise vor den Toren Terranias ihrem Höhepunkt zustrebt. Glücklicherweise gelingt es Perry Rhodan, die überlebenden Vorläufer der Ritter der Tiefe mit Hilfe des Rings der Kosmokraten im letzten Moment zur Einsicht zu bringen und die Krise zu entschärfen. Doch die nächste Bedrohung folgt auf dem Fuß. Schauplatz ist der Frostrubin. Ein Heerwurm von Raumschiffen erscheint in dieser Gegend des Kosmos, die Perry Rhodan auch mit der Galaktischen Flotte anfliegt. Der Heerwurm aus Millionen und Abermillionen von Raumschiffen ist die Endlose Armada. Sie ist nicht nur für Fremde gefährlich, sondern auch für jeden AUSSENSEITER DER ARMADA ...

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Nr. 1103

Außenseiter der Armada

Er lebt wie ein Geächteter – er ist ein Pseudoarmadist

von Detlev G. Winter

Das Jahr 426 NGZ, der Neuen Galaktischen Zeitrechnung also, die im Jahr 3588 n. Chr. begann, scheint sich zu einem schicksalhaften Jahr für die Menschheit und die übrigen sternfahrenden Völker der Galaxis entwickeln zu wollen.

Die Kosmische Hanse – sie wurde von Perry Rhodan als interstellare Handelsmacht mit völkerverbindenden Aufgaben und als Verteidigungsinstrument gegen die destruktiven Machenschaften der Superintelligenz Seth-Apophis begründet und bewährte sich seit nunmehr 426 Jahren bestens – ist überfordert, als die Porleyter-Krise vor den Toren Terranias ihrem Höhepunkt zustrebt.

Glücklicherweise gelingt es Perry Rhodan, die überlebenden Vorläufer der Ritter der Tiefe mit Hilfe des Rings der Kosmokraten im letzten Moment zur Einsicht zu bringen und die Krise zu entschärfen.

Doch die nächste Bedrohung folgt auf dem Fuß. Schauplatz ist der Frostrubin. Ein Heerwurm von Raumschiffen erscheint in dieser Gegend des Kosmos, die Perry Rhodan auch mit der Galaktischen Flotte anfliegt.

Die Hauptpersonen des Romans

Öhna Näjahrs – Ein Pseudoarmadist auf der Flucht.

Ürkan – Näjahrs' robotischer Begleiter.

Farslyina – Eine Frau aus dem Volk der Kolkoks.

Tanwalzen – Kommandant der PRÄSIDENT.

Icho Tolot – Der Haluter wagt einen Ausbruch.

Jercygehl An

1.

Blitzlicht aus der Gegenwart

Das Ziel ist erreicht.

TRIICLE-9 ist gefunden.

Welche großartigen, befriedigenden Gefühle mögen es sein, die jetzt vorherrschen in den Herzen der Armadisten!

Was macht es da für einen Unterschied, dass sich Fremde ebenfalls hier aufhalten, Fremde, die das Objekt offenbar missbraucht haben, zumindest sich dafür interessieren. Sie bilden keine Gefahr. Ihre Flotte ist winzig im Vergleich zu der nicht definierten Anzahl von Schiffen, die den Armadisten insgesamt zur Verfügung stehen. Mit dieser gewaltigen Streitmacht im Rücken, dürfen ihnen die Fremden kein ernstes Problem werden.

TRIICLE-9 ist gefunden.

Eine bedeutendere Nachricht gibt es nicht – zumindest nicht hier, direkt vor Ort: Armadaeinheit 176, Bereich hintere Mitte, Flankenabschnitt 34. Es ist der Bezirk, in dem die Cygriden beheimatet sind. Sie waren es, die das Objekt lokalisierten und identifizierten. Durchaus wahrscheinlich, dass die Neuigkeit bei anderen Einheiten noch nicht überall publik ist. Sie aber, die dem Volk der Entdecker angehören, werden informiert sein. Wie ein Lauffeuer muss sich herumgesprochen haben, welchen bedeutenden kosmischen Sektor sie mit ihren Schiffen tangieren.

Viele Millionen Jahre fahndeten sie danach, Generation um Generation, nichts als dieses eine Ziel vor Augen. Es ist der ausschließliche Sinn ihres Lebens, den sie nun erfüllt sehen.

TRIICLE-9 ...

Das Objekt, nach dem sie alle mit unerschütterlicher, geradezu triebhafter Motivation suchten ...

Für dich hat es keine Bedeutung.

Du bist vom Auftrag dieses riesigen Aufgebots an Raumschiffen nie überzeugt gewesen, du erkennst keinen Lebenszweck darin – im Gegensatz zu allen übrigen Armadisten, zu jedem einzelnen Individuum im Verbund vieler tausend Völker.

Du bist nicht wie sie.

Deine Sorgen und deine Pläne, Gedanken, Handlungen, Taten – sie orientieren sich an völlig anderen Prämissen.

Das Dasein, das du führst, ist geprägt von Verfolgung und Vertreibung, von Ablehnung, Feindschaft und Hass. Du stehst außerhalb jeder denkbaren Gesellschaft, du bist verfemt und verstoßen, gejagt, geächtet und gehetzt.

Du hast die Jahre nicht gezählt. Wie solltest du auch! Dieses erbärmliche Leben währt länger, als du dich zu erinnern vermagst. Die früheste Kindheit und Jugend versinken im Nebel des Vergessens. Selbst deine Eltern kennst du kaum. Schon kurze Zeit nach der Abkapselung von seinem Leib hat er dich ausgesetzt und fortan verleugnet. Von Anbeginn war alle Welt gegen dich.

Nein, dein Ziel heißt nicht TRIICLE-9.

Dein Ziel heißt Überleben.

Dabei bist du dir bewusst, dass du nichts mehr ändern kannst. Morgen wird sein, wie es gestern war und heute ist.

Trotzdem gibst du nicht auf. Dein einsamer, aussichtsloser Kampf dauert an.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ...

2.

Lichter der Erinnerung

Farslyina war da, die gutmütige, geduldige Farslyina. Wie sie es damals versprochen hatte, wartete sie vor dem Schlafstock und verdeckte mit ihrer ganzen wuchtigen Körperfülle den Vorbeikommenden die Sicht. Sie sorgte für Deckung und verschaffte mir Zeit, meine Gedanken zu ordnen, die Sinne zu sammeln und zu schärfen.

Zunächst waren meine Nerven wie taub. Ich spürte meinen eigenen Körper nicht, konnte mich nicht rühren. In meinem Kopf herrschte eine seltsame Leere. Ich nahm einen Schimmer von Licht wahr, aber ich vermochte ihn nicht einzuordnen in die Summe meiner Erfahrungen.

Dann schälte sich, wie aus einem sich langsam verflüchtigenden Nebel, diese Gestalt in das Licht. Sie war meine erste bewusste Wahrnehmung und drängte sich behutsam in den allmählich erwachenden Geist.

Farslyina war da!

Eine Woge der Zuneigung überschwemmte mich, das seltene Gefühl zeitlich begrenzter Sicherheit. Ich hatte Ruhe, zu mir selbst zu finden, bevor der tödliche Strudel armadistischen Wahns mich wieder erfasste und fortriss.

Die gutmütige, geduldige Farslyina!

Sie schützte mich vor ungebetenen, entlarvenden Blicken, bis ich wieder fähig war, mich selbst zu verteidigen. Sie stand mit dem Rücken zu mir, und ich betrachtete, immer wacher werdend, ihre korpulente Statur mit der braunen, von unzähligen Runzeln und Falten durchzogenen Haut. Zwei Meter hoch und mindestens ebenso breit, pendelte ihr Körper wippend hin und her und versperrte in wechselnden Perspektiven den Ausstieg des Schlafstocks so geschickt, dass kein Neugieriger länger als ein paar Sekundenbruchteile hineinsehen oder etwas erkennen konnte.

Ich empfand tiefe Dankbarkeit. Nie zuvor in meinem wechselvollen Leben war ich einem Armadisten begegnet, der sich in ähnlich aufopfernder Weise um mein Wohlergehen gesorgt hatte wie Farslyina.

Ruhig und entspannt lag ich da und wartete völlig bedenkenlos darauf, dass Körper und Geist wieder eine handlungsfähige Einheit bildeten. Wann hatte ich jemals so gelassen sein dürfen!

Während sich in den Spitzen meiner Gliedmaßen ein leichtes Kribbeln einstellte und der Prozess des Erweckens damit programmgemäß fortschritt, wurden auch meine Gedanken immer klarer. Der Emotion folgten nüchterne Überlegungen, die mir dazu verhalfen, die Dankbarkeit gegenüber Farslyina und dem rationalen Ablauf der Geschehnisse zu verknüpfen. Die Vorkommnisse unmittelbar vor dem Einschlafen wurden mir bewusst, drängten sich förmlich auf. Eine ganze Weile gab ich mich der Erinnerung hin.

Müde, erschöpft und abgekämpft hatte ich mich an Bord der Schlafboje geschlichen. Hinter mir lagen unangenehme Ereignisse, die mich viel Lebensmut und ebenso viel körperliche Substanz gekostet hatten. Ich war nur noch von dem einen Wunsch beseelt, eine Schlafetappe einzulegen, um welchen noch so hohen Preis auch immer. Dass ich nicht sofort entlarvt und ausgestoßen wurde, rechnete ich allein dem Umstand zu, dass die Armadisten, die hier ein- und ausgingen, viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren.

Eine viel größere Gefahr für mich bildeten die Armadamonteure und die Stammbesatzung der Boje, denen mein Eindringen längst aufgefallen sein musste. Aber noch unternahmen sie nichts, oder aber sie taten es so geschickt, dass ich es erst merken würde, wenn die Falle zuschnappte.

Trotz aller Zielstrebigkeit war mir überdies völlig unklar, wie ich es bewerkstelligen sollte, einen Schlafstock zu aktivieren, ohne dass ich damit sofort einen Alarm auslöste. Ich gehörte ja nicht zu ihnen, zu diesen hochgewachsenen, breiten Leuten mit der ledernen Haut, den stämmigen Beinen und den vier kurzen, waagerecht aus dem Rumpf wachsenden gelenklosen Ärmchen, deren Schnittpunkt hals- und schulterlos den Übergang zu einem winzigen runden Kopf markierte. Schon der körperliche Unterschied musste Argwohn wecken und die Schlafautomatik irritieren – selbst wenn sie, was auch nicht sicher war, mit meinem Metabolismus zurechtkam.

Vielleicht war es eine Art wütender Trotz, der mich dennoch an meinem Plan festhalten ließ, vielleicht auch eine lebensverachtende Gleichgültigkeit, Stumpfsinn gegenüber den herrschenden Verhältnissen. Ich kannte die Gefahr und wollte sie doch nicht sehen.

In dieser Situation lief mir Farslyina über den Weg. Sie war bis dahin die einzige, die mich mit mehr als einem flüchtigen, uninteressierten Blick zur Kenntnis nahm. Als sie stehen blieb und mich mit ihrem grünen Auge musterte, jagte der Schrecken durch meinen Körper, der Impuls zur Flucht. Aber irgend etwas ließ mich zögern.

»Was suchst du hier, Kleiner?«

Das waren ihre ersten Worte. Sie klangen sanft und gutmütig und schienen zu ihrer – zumindest für meine Begriffe – monströsen Erscheinung nicht recht passen zu wollen. Gegen jegliche Vernunft fasste ich sofort Vertrauen zu ihr, obwohl ich wusste, wie leichtsinnig das war.

»Frieden«, antwortete ich seltsam ruhig. »Ich suche Frieden.«

Abermals musterte sie mich abschätzend, ohne dabei mehr zu bewegen als ihr Auge. Ich verstand nicht, warum sie so beherrscht reagierte. Sie musste doch sehen, was mit mir nicht stimmte, musste mein Manko bemerken! Weshalb ging sie nicht auf mich los und jagte mich fort?

Etwas zog mich in unerklärlicher Art in Farslyinas Bann. Rings um sie und mich war bewegtes Leben, ein ständiges Kommen und Gehen. Aber keiner ihrer Artgenossen beachtete uns –, als stünden wir inmitten einer abgeschirmten Oase, zu der niemand Zutritt fand. Es war eine Szene, wie ich sie noch nie erlebt hatte, und sie machte mich in gleichem Maß unsicher, wie sie mich beruhigte.

»Frieden ...«, wiederholte Farslyina nachdenklich. »Suchen wir das nicht alle?«

Meine Antwort schrieb ich der Verwirrung zu. Möglich, dass sie auch ganz einfach naiv war.

»Euer Ziel ist ein anderes. Ihr sucht TRIICLE-9.«

»Du nicht?«

»Nein.«

Nie würde ich erklären können, warum ich so schonungslos offen und ehrlich zu ihr sprach. Bei anderen Armadisten hätte spätestens diese Auskunft dazu geführt, dass sie über mich hergefallen wären. Farslyina jedoch blieb von einer Gelassenheit, als könnte nichts auf der Welt sie jemals erschüttern.

»Der Weg zum Frieden«, belehrte sie mich geduldig, »auch der zum inneren Frieden – er kann nur über TRIICLE-9 führen. Ist dir das nicht bewusst?«

»Nein.«

»Sehr seltsam.«

Sie schwieg einen Moment, als müsse sie darüber nachdenken, was mich wohl zu einer solch blasphemischen Einstellung veranlasst haben könnte. Dabei war ich so gut wie sicher, dass sie nicht, wie andere, mit Abneigung oder Aggression reagieren würde.

»Ich glaube«, sagte sie schließlich, »ich glaube, ich verstehe dich.«

Gab es einen Grund, daran zu zweifeln? Das Dasein in der Armada hatte mich gelehrt, äußerst vorsichtig und jederzeit misstrauisch zu sein, aber die Sympathie und die Gutmütigkeit, die diese Frau aus dem Volk der Kolkoks mir entgegenbrachte, schienen mir so groß, dass ich keinen Moment auch nur argwöhnte, sie könnte es nicht ehrlich mit mir meinen.

Es stellte sich schnell heraus, dass mein Vertrauen gerechtfertigt war. Sie verriet mir ihren Namen und kramte aus den faltigen Überwürfen ihrer Lederhaut einige Brocken Nahrung hervor, die ich dankbar verzehrte. Weiterhin wurde ich von ihren Artgenossen in Ruhe gelassen, als schützte mich eine geheimnisvolle Aura, die Farslyina um mich erzeugte. Eine, wenn auch unbefriedigende Erklärung für dieses Phänomen bot mir die Kolkok selbst, indem sie mir erklärte, dass sie in ihrer Armadaeinheit eine recht bedeutende Stellung einnehme.

Außerdem, und das war in meiner Situation das Entscheidende, verfügte sie über sehr gute Beziehungen und kannte nicht zuletzt etliche Tricks technischer und psychologischer Art; ein Umstand, der mir bald zugute kommen sollte.

Sie führte mich zu einem Schlafstock und versicherte mir, dass ich nichts zu befürchten hätte. Plötzlich packte mich jedoch die Angst. Warum tat ich das? War es für ein Wesen wie mich nicht eine schier unerträgliche Vorstellung, über viele Jahre hinweg ungeschützt im energetischen Tiefschlaf zu liegen?

Farslyina musste meine aufkeimenden Zweifel bemerkt haben, denn auf ihrem kleinen Schädel bildete sich eine wellenförmig bis zum Armansatz nach unten wandernde Falte, die ich spontan als ein Zeichen des Verständnisses interpretierte.

»Du brauchst dich nicht zu sorgen, Kleiner. Ich kenne mich mit der Programmierung der Schlafstöcke aus. Ich kümmere mich darum, dass deine Etappe erst nach meiner endet. Wenn du erwachst, werde ich da sein.«

Obwohl sie im Grunde genommen nichts als vage Andeutungen zum Besten gab, gelang es ihr erneut, meinen Pessimismus zu verdrängen.

»Vielleicht«, fügte sie vieldeutig hinzu, »kann ich sogar noch mehr für dich tun ...«

Ich vertraute ihr blind. Ich hatte keinerlei Bedenken, mich dem Tiefschlaf hinzugeben, verspürte weder Angst vor einer Entdeckung noch fürchtete ich mich vor der Aufmerksamkeit der Armadamonteure und der Stammbesatzung. In diesen Minuten beseelte mich nur noch der Wunsch, mein unstetes Leben endlich für eine Phase der Erholung zu unterbrechen.

*

Zu jeder Armadaeinheit gehörten Schlafbojen. Es handelte sich um fünf Kilometer lange und anderthalb Kilometer durchmessende Zylinder, deren beide Enden abgerundet waren und in einer Spitze ausliefen. Ich hatte herausgefunden, dass dieses Konstruktionsprinzip im gesamten Bereich der Armada galt, ebenso funktionierte die Herbeiführung des energetischen Tiefschlafs nach einheitlichen Grundlagen und wurde bei jedem Volk mit der gleichen Technik realisiert.

Lediglich bei der architektonischen Gestaltung der Innenräume gab es geringfügige Unterschiede, die sich an den Bedürfnissen des jeweiligen Volkes orientieren. Die Abweichungen bezogen sich auf die Höhe der zahlreichen Decks, auf die Häufigkeit der Kabinen pro Ebene, vor allem aber auf die Beschaffenheit der Schlafstöcke selbst. Es gab sie von geringem Ausmaß ebenso wie mit großzügigem Grundriss, ich kannte Ausführungen, die zum Korridor hin völlig offen waren, und solche, die sich durch ein Schott verriegeln ließen. Mitunter fand man verschiedene Gestaltungsmerkmale sogar an Bord ein und derselben Schlafboje.

Jeder Armadist unterzog sich mehrmals in seinem Leben einem Tiefschlaf. Dies führte unter anderem zu einem zeitlich verschobenen, wechselseitigen Informationsaustausch zwischen den Individuen, der das kollektive Erinnerungsvermögen der Völker als solche förderte und die geistige Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart ständig wach hielt – ganz abgesehen davon, dass natürlich auch der Generationenwechsel erheblich verlangsamt wurde. Wie jede Einrichtung innerhalb der Armada dienten also auch die Schlafbojen auf ihre Weise dem einen Zweck: der Suche nach TRIICLE-9.

Aus dieser Sicht betrachtet, kam es fast einem Frevel gleich, dass ich den Schlafstock aus reinem Eigennutz aktiviert hatte, um mich zu erholen und dem Körper Gelegenheit zur Regeneration zu geben. Wenn die Kolkoks auf mich aufmerksam wurden und womöglich noch herausfanden, dass ich mit TRIICLE-9 nichts zu schaffen haben wollte, würde abermals eine erbarmungslose Jagd nach mir einsetzen.

Je mehr sich mein wiedererweckter Geist regte, desto deutlicher erkannte ich die Gefahr.

Draußen stand zwar Farslyina. Sie hatte ihre Schlafetappe ebenfalls beendet, wiegte ihre Leibesfülle hin und her und behinderte damit ebenso einfach wie geschickt die Sicht. Aber warum tat sie das überhaupt, wenn ich doch die ganzen Jahre unentdeckt geblieben war? Wie hatte sie meinen ungestörten Schlaf bewerkstelligt – und was hatte sich verändert, dass sie jetzt plötzlich diese Vorsichtsmaßnahme für nötig hielt?

Ohne mein Zutun kamen mir die Fragen in den Sinn. Erste Zweifel erwachten. Wie konnte ich jemals ernsthaft glauben, hier in Sicherheit zu sein! Wie leichtfertig, ja töricht, mich in diese Schlafkabine zu begeben, die zum Korridor hin offen und ungeschützt war! Jeder, der vorbeikam, konnte hineinsehen, hatte immer hineinsehen können, jahrelang!

Dennoch war mir bisher nichts geschehen. Ich begriff dabei nur, dass die vertrauenswürdige Farslyina Wort gehalten hatte, wie auch immer. Alles andere – die genauen Umstände, die getroffenen Maßnahmen – blieb mir rätselhaft.

Die Gelassenheit, mit der ich eingeschlafen und aufgewacht war, schwand, ebenso das trügerische Gefühl der Geborgenheit. Ich wurde unruhig. Plötzlich fühlte ich mich von allen Seiten beobachtet. Zu der Einsicht, meine Lage sei kein bisschen bedrohlicher wie zu der Zeit, als ich hergekommen war, musste ich mich förmlich zwingen.