Perry Rhodan 2303: Der Duale Kapitän - Arndt Ellmer - E-Book

Perry Rhodan 2303: Der Duale Kapitän E-Book

Arndt Ellmer

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Beschreibung

Attacke auf das Kolonnen-Fort - ein Assassine schmiedet einen Plan Auf der Erde und den Planeten der Milchstraße ist das Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung angebrochen - dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung. 13 Jahre sind vergangen, seit eine Veränderung der kosmischen Konstanten die Galaxis erschütterte. Seither hat sich die Lage normalisiert: Der interstellare Handel funktioniert wieder, die Technik macht erneut große Fortschritte. Als Perry Rhodan die Vertreter aller galaktischen Völker zu einer Konferenz nach Terra ruft, ahnen weder er noch die Besucher, dass bereits ein neuer Krieg begonnen hat. Dahinter stecken die Chaosmächte. Im Herzen der Liga Freier Terraner kommt es zu einem schrecklichen Blutbad unter den Staatsoberhäuptern. Verantwortlich dafür sind zwergwüchsige Meuchelmörder, die so genannten Chaos-Assassinen. Sie gehören zur Terminalen Kolonne TRAITOR, einem Heerwurm der Chaotarchen, der scheinbar dabei ist, die Galaxien der Lokalen Gruppe zu übernehmen. Rhodan und einige wenige entkommen dem Attentat. Und mittlerweile wissen die Terraner, dass es im Solsystem ein Kolonnen-Fort gibt, eine sechzehn Kilometer lange Raumstation der Chaosmächte. Kommandant dieses Stützpunktes ist niemand anders als DER DUALE KAPITÄN...

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Nr. 2303

Der Duale Kapitän

Attacke auf das Kolonnen-Fort – ein Assassine schmiedet einen Plan

Arndt Ellmer

Auf der Erde und den Planeten der Milchstraße ist das Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung angebrochen – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung. 13 Jahre sind vergangen, seit eine Veränderung der kosmischen Konstanten die Galaxis erschütterte.

Seither hat sich die Lage normalisiert: Der interstellare Handel funktioniert wieder, die Technik macht erneut große Fortschritte. Als Perry Rhodan die Vertreter aller galaktischen Völker zu einer Konferenz nach Terra ruft, ahnen weder er noch die Besucher, dass bereits ein neuer Krieg begonnen hat. Dahinter stecken die Chaosmächte.

Im Herzen der Liga Freier Terraner kommt es zu einem schrecklichen Blutbad unter den Staatsoberhäuptern. Verantwortlich dafür sind zwergwüchsige Meuchelmörder, die sogenannten Chaos-Assassinen. Sie gehören zur Terminalen Kolonne TRAITOR, einem Heerwurm der Chaotarchen, der scheinbar dabei ist, die Galaxien der Lokalen Gruppe zu übernehmen.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terranische Resident lässt das Solsystem absuchen.

Francis Bob Heimann – Der Kommandant der TYLL LEYDEN macht eine schreckliche Entdeckung.

Zon Facter – Die Mikro-Bestie läuft zum Feind über.

Demetrius Luke – Der Siganese begibt sich erneut in tödliche Gefahr.

Zerberoff

1.

Die TYLL LEYDEN gehörte zur neuesten Generation der ENTDECKER, war also eines der leistungsfähigsten Raumschiffe der Menschheit. Langsam, beinahe zaghaft, glitt das Kugelraumschiff durchs Sonnensystem, die Orter und Tasternetze weit ausgespannt.

Das All war düster, so jedenfalls kam es Oberst Bob Heimann vor, als er auf seinen Bildschirm sah. Nicht mehr schwarz, samtig oder diamantgesprenkelt, wie er es früher oft schwärmerisch bezeichnet hatte, sondern düster. Nachdem die Mächte des Chaos auf Terra – in der Solaren Residenz, einem der sichersten Orte des ganzen Sonnensystems – ein Massaker veranstaltet hatten, schien die Welt weitaus bedrohlicher geworden zu sein.

Am 5. Februar 1344 NGZ war der »Fall Mandelbrot« eingetreten. Das Fraktal stand dabei als Symbol für die zufällige, chaotische Entstehung geordneter Formen. Seither herrschte Systemalarm für Sol, die acht Planeten und ihre Bewohner.

Im All ist keiner sicher, hatte Heimanns Vater zu sagen gepflegt, der als Raumjägerpilot bei der einen oder anderen Raumschlacht dabei gewesen war und dann den Dienst quittierte. Bei der Schlacht gegen die Kosmische Fabrik MATERIA war es sogar gegen einen Vertreter der Mächte der Ordnung gegangen.

Bob Heimann starrte auf das Bild, das ihm die Außenkameras auf seinen Monitor überspielten. Für die schematischen Darstellungen der Orterergebnisse waren andere zuständig, er war der Kommandant.

»Bob, die BRIXBIE meldet sich nicht mehr!«, rief Grant plötzlich und durchbrach die lastende Stille in der Hauptleitzentrale der TYLL LEYDEN.

Heimann drehte sich sofort zu ihm um. »Was ist mit der BRIXBIE?«

»Kann ich noch nicht sagen. Ich weiß nur, dass wir jeden Kontakt zu ihr verloren haben.«

Heimann sah in betroffene Gesichter, einige spiegelten sogar die nackte Angst. So weit ist es gekommen, dachte der Kommandant. Wir fürchten uns im eigenen Sonnensystem, wenn der Funkkontakt einmal ausfällt. Wie Kinder im dunklen Keller.

Er räusperte sich und kniff die Augen zusammen. »Kein Grund zur Panik. Es ist etwas ungewöhnlich, aber so etwas kann immer mal wieder passieren. Was sagt die Tastung?«

Susan Vavno saß direkt neben Grant Lazenby. Hektisch fuhren ihre Finger über Sensorflächen. »Hier, mehr habe ich nicht.«

Mitten in der Projektion der Panoramagalerie blinkte plötzlich ein winziger grellroter Punkt.

Der rote Punkt markierte eine Stelle der letzten Ortung. Mit anderen Worten: Seit wenigen Sekunden fehlte die BRIXBIE.

War nicht Grants Schwester an Bord der BRIXBIE? Sie war Triebwerkstechnikerin zweiter Klasse, soweit sich Heimann erinnerte. Ein hübsches Ding, das musste er zugeben.

In der Zentrale sprachen von einem Augenblick auf den anderen alle durcheinander.

»Die BRIXBIE!«, rief Grant, das Gesicht schweißüberströmt.

Heimann sah, dass die Hände des ansonsten behäbigen Funk- und Ortungschefs zitterten. Die Mundwinkel zuckten, die Augen flackerten, Schweiß perlte auf der Stirn. Du wirst jetzt nicht durchdrehen, Grant, dafür sorge ich schon. Davon hat Mary nichts.

»Noch einmal: keine Panik! Schubumkehr, wir halten an. Und jetzt bitte die letzten gesicherten Fakten. Susan? Grant?«

Die 100 Meter durchmessende BRIXBIE und zahlreiche andere Leichte Kreuzer der DIANA-Klasse bildeten das Grobraster der Suchaktion. Als »Kurs-Bojen«, scherzhaft Suchhunde genannt, flogen sie den Geschwadern voraus, und die BRIXBIE war ihr Vorposten.

»Letzter Standort zwei Bogensekunden unterhalb des Schnittpunkts zwischen Ekliptik und galaktischem Äquator«, sagte Susan nach einem kurzen Blick auf das laufende Datenband des Monitors. »Sternbild Zwillinge. Bewegungsrichtung tangential zum Solsystem.«

Seit über fünf Tagen schwärmten die Schiffe aus, fast die gesamte Heimatflotte Sol. Hinter der Neptunbahn hatten sie mit der Suche angefangen, sich über die exzentrische Bahn des zerstörten Pluto in den interstellaren Raum vorgearbeitet, vorbei an den Raumforts und den bewaffneten Asteroiden des äußeren planetaren Verteidigungsrings. Sechs Lichtwochen hatten sie inzwischen durchkämmt und näherten sich langsam den ersten Ausläufern der Oortschen Wolke, die sich bis in eine Entfernung von 0,8 Lichtjahren erstreckte.

»Grant, ich will umgehend eine Standleitung zu allen Vorposten in den umliegenden Quadranten!«, befahl Heimann. »Geht das?«

»Wird soeben veranlasst, Oberst!« Grants Finger flogen nur so über die Sensorflächen, obwohl der Positronikverbund der TYLL LEYDEN die Hauptarbeit leistete. Aber Heimann wusste, dass er seinen Funk- und Ortungschef beschäftigt halten musste.

Wir suchen die Stecknadel im Heuhaufen, überlegte Heimann. Finden werden wir sie kaum, höchstens das, was sie angerichtet hat.

»Steht.«

Heimann nickte. »Heimann an alle Einheiten. Die BRIXBIE meldet sich nicht mehr. Klarmeldung der Suchhunde erbeten. Bereitmachen zur Erhöhung der Alarmstufe.«

Der ihrem Suchgeschwader zugeteilte Bereich hatte sich bislang als leer und vollkommen harmlos erwiesen. Der Ausfall der BRIXBIE – wenn es sich um einen handelte – war das erste und einzige Anzeichen, dass in unmittelbarem Umfeld von Sol etwas nicht stimmte. In fast exakt acht Lichtwochen Entfernung vom mathematischen Rand des Solsystems hatte der Leichte Kreuzer zum letzten Mal seinen Standort gemeldet.

Die Klarmeldungen liefen der Reihe nach ein, wie Grant ihm meldete. Doch es gab keine Spur von der BRIXBIE.

»Alles in Ordnung mit dir?«, hörte Heimann Susan flüstern. Grant nickte mit versteinertem Gesicht.

»Heimann an Geschwader. Die Suchhunde bleiben vor Ort, die Begleitschiffe schließen zu ihnen auf. Zwei konzentrische Kugelschalen um den zuletzt gemeldeten Standort der BRIXBIE bilden. Innere Schale, Radius ein Lichtjahr, sucht die BRIXBIE, äußere Schale sichert das Umfeld. Koordinatensatz folgt.« Heimann gab Grant ein Zeichen.

Dieser schüttelte den Kopf und stand auf. »Jetzt nicht«, wehrte er ab. Er war kreidebleich.

Susan übernahm sofort.

Heimann musterte den Hünen intensiv. »Verdammt, Grant. Was ist mit dir los? Deine Schwester ist ein großes Mädchen, weißt du?«

Lazenby senkte den Blick und flüsterte: »Mein Jüngster sitzt da draußen auf Temple-Assoy, einem der größeren Asteroiden. Ganz in der Nähe der BRIXBIE.«

Der Oberst erstarrte. Er war kein Psychologe, und es gab keine Vorschrift, an die er sich jetzt halten konnte. Heimann hatte das nicht gewusst. In der Personalakte stand es nicht vermerkt, und vom Psychogramm her hatte es keine Einwände gegen den Einsatz des Majors gegeben.

»Soll ich dich …?«

»Nein … nein!«, unterbrach Grant Lazenby hastig. »Geht schon, geht schon. Nicht schwarz sehen, keine Panik. Es ist nur …«

Seine Stimme verlor sich in einem unverständlichen Murmeln. Dann ging er wieder zu seinem Platz, den Susan sofort für ihn räumte. Seine Bewegungen wirkten alt und müde.

Kein Wunder. Was ist das für eine Zeit, in der wir leben?, dachte Heimann. Aber wir werden nicht klein beigeben. Wir werden sie finden.

*

Die Displays der Taster und Orter blieben leer. In Flugrichtung zeigten die Geräte über Lichtwochen hinweg keine künstlichen Himmelskörper an. Vielleicht hielt die BRIXBIE sich bloß nicht mehr im Einsteinraum auf, sondern steckte hinter einem undurchdringlichen Tarnfeld, das der Gegner über sie gestülpt hatte? Denkbar war es.

Die ultimate Tarnung durch Schirmfelder – das schien der Trumpf der Angreifer zu sein. Heimann hatte sich mit den Details des Überfalls auf die Solare Residenz vertraut gemacht. Der Vorgang unterschied sich nicht sonderlich von herkömmlichen Kommandounternehmen dieser Art. Der Unterschied lag in den technischen Hilfsmitteln, welche die Angreifer beim Eindringen in die Solare Residenz benutzt hatten.

Ein bis zwei Dutzend Kämpfer waren es gewesen, Miniaturausgaben von Halutern, so viel stand bisher fest. Sie hatten überlegene Tarnschirme benutzt, die kein Taster der Stahlorchidee entdeckt hatte. Es war ihnen gelungen, zwei Drittel der Teilnehmer an der galaktischen Konferenz zu töten. Allerdings schienen sie nicht mit so viel Widerstand gerechnet zu haben. Ein Teil der Zwerge war tot, die anderen waren im Schutz ihrer Schirmsysteme geflohen.

Durch Heimanns Gedanken geisterten Begriffe wie »Terminale Kolonne von TRAITOR« und »Galaktischer Heerwurm«. Die Chaosmächte schickten sich an, nach der Oberhoheit über Hangay und die Lokale Gruppe zu greifen. In Hangay drohte bekanntlich die Entstehung einer Negasphäre, TRAITOR schien die Vorhut der Chaosmächte zu sein.

Und die Kolonne von TRAITOR sollte sich wesentlich näher an Sol befinden, als die Zehn-Lichtjahre-Ortungskugel rings um ein Sonnensystem es eigentlich zuließ.

Ganz dicht am Solsystem.

Deshalb suchten sich die Schiffsbesatzungen buchstäblich die Finger wund, tasteten und orteten mit allem, was ihre Schiffe an technischem Gerät hergaben. Nicht einmal die »Ultra-Giraffe«, wie das Ortungsgerät genannt wurde, in der ARNO KALUP lieferte einen Anhaltspunkt.

Vielleicht erhalten wir dennoch bald einen Beweis dafür, dachte Francis Bob Heimann. Gleichzeitig wünschte er sich alles, nur das nicht. Laut sagte er: »An alle Einheiten: Gefechtsbereitschaft herstellen! Klarmeldung sofort.«

Was hatte Admiral Shaizeff ihnen im Tagesbefehl vom 6. Februar mitgeteilt? Es wird Krieg geben, einen fürchterlichen Krieg …

*

Rund um den ENTDECKER veränderten die Paratronschirme ihre Farbe von einem hellen zu einem tiefen Blau. Es bedeutete höchste energetische Intensität, was gleichbedeutend mit einem maximalen Schutz des Schiffes war. Ob es in einem Fall wie diesem ausreichte, wagte Heimann zu bezweifeln. Ein Gegner, der selbst auf nahe Distanz nicht zu orten war, konnte überall sein, hundert Kilometer über dem Schiff oder sogar auf der Oberfläche des Kugelriesen.

In der Hauptleitzentrale herrschte längst wieder angespannte Stille. Heimann wusste aus vielen Gesprächen mit der Mannschaft, wo deren Gedanken hauptsächlich weilten; bei den Angehörigen auf Terra und im Solsystem, aber auch bei den Tausenden von Menschen, die in den Raumstationen und Patrouillenschiffen weit draußen Dienst taten.

»Die BRIXBIE ist nach wie vor das einzige Schiff unseres Geschwaders, das sich nicht meldet«, meldete Grant Lazenby heiser.

»Ausweitung des Alarms. Alle verfügbaren Roboter ausschleusen. Untersuchung aller Schiffshüllen!«, befahl der Kommandant der TYLL LEYDEN.

Die geringste Unachtsamkeit konnte ihnen zum Verhängnis werden. Wenn sich da draußen tatsächlich etwas befand wie vor sechs Tagen auf der Oberfläche der Solaren Residenz, würden sie es mit allen Mitteln bekämpfen. Im harmlosesten Fall bedeutete es eine begrenzte Zerstörung der Schiffshülle.

Heimann hoffte, dass es nicht zu Schlimmerem kam.

Das Geschwader absolvierte eine Linearetappe von drei Lichttagen. Wieder orteten die Schiffe, kehrten das winzigste Korn interstellarer Materie um, suchten nach Anzeichen für Unregelmäßigkeiten im Raum-Zeit-Kontinuum, nahmen sogar Strangeness-Messungen vor.

Jeder blaue Balken in den Diagrammen ließ die Männer und Frauen an Bord ein wenig aufatmen, denn er symbolisierte den Weltraum so, wie er sein sollte: leer.

Gleichzeitig gingen ihnen die Worte von Fawn Suzuke nicht aus dem Kopf. Das seltsame Mädchen war die Botin des Nukleus, in dem sich alle Bewusstseine der überlebenden Monochrom-Mutanten zu einer geistigen Entität zusammengefunden hatten. »Der Posten existiert. Nicht in zehn Lichtjahren Entfernung, sondern viel näher. Kurz außerhalb des Systems«, hatte die mysteriöse Botin gesagt.

Heimann wollte das Zahlenverhältnis zwischen Angreifern und Opfern aus der Solaren Residenz lieber nicht auf Divisionsgröße übertragen, um sich ein Bild von der Kampfkraft dieser Zwerge zu machen. Im Notfall war er sogar bereit, entsprechende Informationen des Positronik-Verbunds zu blockieren. Wenn sie in dieser Situation etwas nicht brauchen konnten, war es die Erkenntnis der Aussichtslosigkeit ihres Himmelfahrtskommandos.

Noch immer keine Ortung. Der Kommandant blieb misstrauisch. Keine Sekunde lang ließ er die Datenübertragung aus der ARNO KALUP aus den Augen. Der winzigste Ausschlag der Ultra-Giraffe, und er stoppte das Geschwader sofort.

Heimann nahm mehrere manuelle Eingaben an seinem Terminal vor. Die Geschütze des ENTDECKERS waren ohne Ausnahme geladen, ein Teil der Reserve-Hawks mit Energie geflutet und einsatzbereit.

»Nächste Etappe über vier Lichttage!«, ordnete er an.

Sie tasteten sich vor, immer weiter, waren bereits sieben Lichtwochen vom Solsystem entfernt.

Chaosmächte, dachte der Kommandant. Sie greifen nach Terra.

Schon einmal waren die Chaotarchen gegen Terra zu Felde gezogen: Damals waren Terra und andere Planeten der Milchstraße sogenannte Chronofossilien gewesen, die aktiviert werden mussten, um das Kosmonukleotid TRIICLE-9 an seinen Standort zurückzuführen. Es musste vor fast tausend Jahren gewesen sein, wenn sich Heimann richtig an seinen Geschichtsunterricht erinnerte … Damals hatte der sogenannte Dekalog der Elemente als mächtige Waffe der Chaotarchen gegolten, die ins Feld geführt worden war. Sie hatten es allerdings nicht geschafft.

Und jetzt kamen die Chaosmächte wieder. Sie wollten eine entstehende Negasphäre schützen! Einen Ort, an dem die Naturgesetze keine Gültigkeit mehr besaßen, an dem Willkür und Chaos herrschten und der Geschöpfe jenseits des Verstandes hervorbringen konnte. Was sollten die Menschen gegen diesen Heerwurm des Chaos ausrichten, dieses TRAITOR, wenn sie ihn nicht einmal bemerkten, ehe sie angegriffen wurden?

Grant war sicherlich im Moment nicht der Einzige, der sich überlegte, wohin man seine Familie in Sicherheit bringen könnte. Sogar Heimann selbst dachte gerade daran. Die Angst ist die stärkste Waffe des Feindes. Sie lenkt uns ab, sie macht uns schwach, und sie lässt uns schließlich verlieren. Er wusste das. Und dennoch konnte er nichts dagegen machen. Bislang hatte er sie erfolgreich verdrängen können, aber das mysteriöse Verschwinden der BRIXBIE …

Nein. Er würde keine Angst haben. Er würde dem Chaos den Sieg nicht schenken. Für ihn stand längst fest, dass er auf seinem Platz blieb. Die Vorgabe des obersten Flottenkommandos lautete, Terra und das Solsystem auf keinen Fall preiszugeben, koste es, was es wolle. Und er wollte verdammt sein, wenn es nicht genau das war, was er selbst ebenfalls wünschte. Wir lassen diesmal unsere Heimat nicht im Stich.

»Noch immer nichts«, hörte er Susans leise Meldung.

»Und wir sind bis auf eine Lichtstunde dran«, flüsterte Grant.

Wenn da etwas von der Größe der BRIXBIE gewesen wäre, hätten sie es spätestens jetzt orten müssen.

Heimann wusste, dass sein nächster Befehl praktisch bedeutete, die Hoffnung aufgegeben zu haben. Er gab sich innerlich einen Ruck. »An alle Einheiten: Detailscan! Konfiguriert die Filter so, dass die Taster auch kleinste Gegenstände wahrnehmen.«

Er glaubte nicht, dass es etwas brachte, aber er wollte nichts unversucht lassen.

Auf dem Panoramaschirm flammte übergangslos ein grellrotes Koordinatenkreuz auf, eingebettet in eine Würfelprojektion. Im Schnittpunkt der Koordinatenachsen war der Leichte Kreuzer der DIANA-Klasse zuletzt geortet worden. Dreieinhalb Minuten vorher hatten sie die letzten Daten mit dem Vorpostenschiff ausgetauscht.

Wirklich noch immer nichts?

»Sie haben eine Boje zurückgelassen!«, rief Lazenby plötzlich und deutete auf eine blinkende blaue Markierung. Gleichzeitig tauchten die Daten über den entdeckten Gegenstand in der Projektion auf. »Zwei Meter Durchmess…«

»O Gott!«

Das war nicht Lazenby, sondern einer der Ortungstechniker an einem Detailpanel. »Mercyless« nannten sie ihn, weil er gnadenlos detailbesessen war; seinen richtigen Namen hatte selbst Heimann vergessen. Wahrscheinlich war er nicht einmal in der Positronik gespeichert.

»Mercyless, was ist mit der Datenkontrolle?«, schnaubte Heimann.

Große, blicklose Augen stierten herüber. Mercyless hatte Tränen in den Augen. »Sieh’s dir selbst an, Oberst!«

Schlagartig erschien ein aufbereitetes Bild, daneben blau leuchtende Buchstaben und Zahlenreihen. Messungen und Auswertungen.

Lass es nicht wahr sein!, flehte Heimann.

»Das ist keine Boje«, flüsterte Grant und stand ruckartig auf. Heimann sah, wie Susan ihre Arme um ihn schlang und ihn zurückzog.

»Nicht«, flüsterte sie.

Es war tatsächlich keine Boje.

Es war … ein Würfel. Ein eingedellter, schäbiger Haufen Schrott von vager Würfelform.