Perry Rhodan 2929: Welt der Pilze - Michelle Stern - E-Book

Perry Rhodan 2929: Welt der Pilze E-Book

Michelle Stern

0,0

Beschreibung

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben. Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet meist zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als "nichtmenschlich" bezeichnet hätte. Besucher aus anderen Galaxien erreichen derzeit die Milchstraße – sie suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten. Gegenwärtig hält sich Rhodan zudem im Goldenen Reich der Thoogondu auf. Von ihrer Galaxis Sevcooris aus wollen diese eine Beziehung zur Milchstraße aufbauen. In der Milchstraße sind mittlerweile die Gemeni aktiv geworden. Ihre Raumschiffe werden als "Spross" bezeichnet, sowohl die Schiffe als auch ihre Besatzung scheinen pflanzlichen Ursprungs zu sein. Dann stürzt der Spross KYLLDIN ab – es entbrennt ein tödliches Duell auf der WELT DER PILZE ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 163

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 2929

Welt der Pilze

Reginald Bull auf dem Höllenplaneten – ein Spross liegt im Sterben

Michelle Stern

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Assan-Assoul

1. Unurdenfraß

2. Jülziishsorgen

3. Pilzrätsel

4. Sprosstheorien

5. Vitalwelt

6. Halutergene

7. Dakkardepot

8. Mentalsog

Leserkontaktseite

Glossar

Clubnachrichten

Impressum

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet meist zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als »nichtmenschlich« bezeichnet hätte.

Besucher aus anderen Galaxien erreichen derzeit die Milchstraße – sie suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten. Gegenwärtig hält sich Rhodan zudem im Goldenen Reich der Thoogondu auf. Von ihrer Galaxis Sevcooris aus wollen diese eine Beziehung zur Milchstraße aufbauen.

In der Milchstraße sind mittlerweile die Gemeni aktiv geworden. Ihre Raumschiffe werden als »Spross« bezeichnet, sowohl die Schiffe als auch ihre Besatzung scheinen pflanzlichen Ursprungs zu sein.

Dann stürzt der Spross KYLLDIN ab – es entbrennt ein tödliches Duell auf der WELT DER PILZE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Liga-Kommissar kämpft gegen die Höllenwelt.

Toio Zindher – Die Vitaltelepathin wird mit der Umfassenden konfrontiert.

Kylldin – Die Obhüterin der KYLLDIN setzt sich für ihre Großmutter ein.

Assan-Assoul

Assan-Assoul

Du hast gekämpft, bist am Ende deiner Kraft, doch du hast nicht aufgegeben. Nun kommen sie zu dir, stellen sich im Halbkreis hinter dich, legen ihre Hände auf deine Schultern. Ihre Finger sinken in deine Muskeln. Sie drücken dich tiefer in die Sitzfläche des Stuhls.

Vier Para-Paladine sind es, gesendet vom Maghan. Sie verbinden ihre Psi-Kräfte mit dir, schließen sie mit deiner zusammen. Gemeinsam bildet ihr einen mentalen Block, der deine Gabe verstärkt. Was ihrer ist, wird dein sein.

Was sie dir geben, ist besser als Adrenalin. Die Müdigkeit fällt von dir ab. Jede Zelle ist durchflutet von Energie. Wohlige Wärme durchströmt dich. Du lächelst, während dein Geist erneut nach dem Spross KYLLDIN sucht. Nun bist du es, der unterstützt wird.

Du streckst deinen Geist aus, greifst in die Strukturen ein, willst die Abläufe im biologischen Körper des Raumschiffs stören – und schreckst zurück!

1.

Unurdenfraß

Der Wald aus Pilzen, meterhohen Sträuchern und Büschen wimmelte vor Leben. Trotz der säurehaltigen Atmosphäre und der großen Entfernung des Planeten zur blauen Sonne hatte die Evolution einen Weg gefunden. Unzählige Biosignale blinkten im Display des Falthelms.

Reginald Bull versuchte jene drei Signale herauszufiltern, denen er folgte: dem seiner Frau, des Arkonidengelehrten Essanyan da Tabernal und der kleinen Mehandor Saphira. Unurden hatten die drei aus der Höhle verschleppt, in der Bull geglaubt hatte, sicher zu sein. Ein Irrtum.

»Verdammter Mist!«, schimpfte Bull, als der SERUN vor der Datenflut kapitulierte.

Auf Sumurdh gab es Milliarden Lebensformen. Die meisten waren Pilze jeder erdenklichen Art und Größe, von denen einige Sorten ein beängstigend aggressives Verhalten zeigten. Hinzu kamen die laufvogelartigen Unurden und zahlreiche andere Bewohner. Diese ganze elende Welt hatte sich offenbar gegen Bull verschworen. Jede einzelne Kreatur schien genau einen Zweck zu haben: seine Suche zu erschweren!

»Ich finde dich!«

Bull sagte es laut, immer wieder, wie ein Mantra. Ein Scheitern kam nicht infrage. Er musste seine Frau finden!

Nachdem ihr SERUN komplett ausgefallen war, hatte Bull die Spur vorübergehend verloren, doch sein Einsatzanzug fand Hinweise. Biologische Impulse, Gespinstfetzen von den Tüchern, die Saphira und da Tabernal trugen, Haare und Hautschuppen.

Mit knapp dreißig Stundenkilometern folgte Bull der Richtung, in die er den Unurden auf der Spur gewesen war. Flog er zu schnell, übersah er womöglich Hinweise.

Er atmete stoßweise und viel zu hektisch. Die Sorge um Toio engte Bulls Brust ein, als schrumpfte die Panzerung um seinen Oberkörper zusammen.

»Ich finde dich!«

Vor ihm wurden die Staub- und Nebelbänke dichter. Die Anzugscheinwerfer schnitten helle Kegel ins Schwarz. Inzwischen war es Nacht auf dieser Seite von Sumurdh. Sterne sah er keine. Sie lagen jenseits der lichtschluckenden Aufwirbelungen, die über der Unglücksstelle der abgestürzten KYLLDIN eine weitläufige Glocke gebildet hatten.

Obwohl der Spross dank seines Schirms eine Menge Energie beim Aufprall abgeleitet hatte, würde Sumurdh eine Wunde bleiben. Ihre Folgen konnten sich Jahrzehnte hinziehen und im Absturzbereich die Flora und Fauna nachhaltig verändern. Welche Wunde Toios Tod dagegen in Bulls Leben reißen würde, darüber wollte er nicht einmal nachdenken.

»Ich finde ...«

Ein Wert blinkte auf. Der SERUN bekam ein Signal!

Toio!

Bull änderte die Richtung, beschleunigte. Knapp vierzig Meter weiter vorn zeigte ihm das gefilterte Bild die warmen Körper von dreißig bis vierzig Unurden. Sie hatten sich am Waldrand versammelt, bildeten einen Kreis. Was lag in ihrer Mitte?

Horrorszenarien ließen Bull den Schweiß ausbrechen. Er stellte sich vor, wie Toio, Saphira und da Tabernal im Kreis der Unurden lagen und lange Schnäbel in ihr Fleisch hackten.

»Beruhig dich!«, mahnte er sich. In Panik zu geraten, half niemanden. Es lenkte vom Wesentlichen ab. Die Unurden hatten die drei mitgenommen – und hätten sie ihre Beute fressen wollen, hätten sie das früher tun können. Die Entführung musste einen anderen Grund haben.

Trotzdem raste Bull im Schutz von Deflektor und aktiviertem Prallschirm mitten in den Pulk aus Unurden hinein. Falls die Biester es sich anders überlegt hatten, würde er ihnen den Rachen stopfen. Niemand vergriff sich an seiner Frau!

Es krachte. Vogelleiber wirbelten durcheinander, bunte Federn rissen aus, trudelten durch den Nebel. Die Unurden stießen hohe, klagende Schreie aus. Irritiert suchten sie nach dem unsichtbaren Gegner, sprangen von einem Bein auf das andere. Orangerote Schnäbel hackten ins Nichts.

Bull bremste ab und blieb in ihrer Mitte schweben. Verblüfft senkte er den SERUN per Antigrav. Der Einsatzanzug trug ihn sicher zum Boden. Gelbe, fleischige Pilzbänke waren aus Löchern in der Erde hervorgequollen. Sie erinnerten Bull an fleckige Matratzen. Einige Unurden schlugen ihre Schnäbel hinein, fraßen gierig von der gelb-weißen Masse, ohne auf das Chaos und die Aufregung zu achten. Sie wirkten ausgehungert, als hätten sie seit Jahren nichts bekommen.

Wie passte das zusammen? Warum jagten die Unurden die Überlebenden des Wracks, wenn sie eigentlich Pilzfresser waren? Pilze gab es auf Sumurdh wie Sterne im All!

Aus dem Augenwinkel sah Bull den Wert, der erneut aufblinkte: ein kurzes Lebenszeichen von Toios SERUN. Sie war ganz in der Nähe!

Bull startete und flog weiter. Die Unurden blieben hinter ihm zurück.

Unter ihm veränderte sich der Boden. Am Waldrand war die Erde von grünen Moosflächen bedeckt, nun wurde das Grün grau. Eine eigenartige, fleischige Masse löste die Pflanzen ab. Es war wohl wieder ein Pilzgeflecht. Es war flach, wie die meisten Gebiete, die Bull bisher auf Sumurdh gesehen hatte. Lediglich das Moos an den Waldrändern schob sich auf, bildete Hügel.

Bull erinnerte sich, dass er bei der Ankunft auf Sumurdh runde Flächen bemerkt hatte, die ihn an Augen hatten denken lassen. Das musste eine dieser Flächen sein. Sie durchmaß mehrere Hundert Meter. Zur Mitte hin wurde sie dunkler.

Feine Löcher durchzogen das Grau wie Poren. Aus manchen stiegen gelbliche Sporenwolken, die an Bulls Prallschirm abglitten. Ihr Wabern hatte etwas Beunruhigendes an sich. Die Bewegungen waren fremdartig, glichen denen einer Qualle, die ihre Muskeln zusammenzog.

Knapp dreihundert Meter voraus sollte Toio sein, doch da war nichts als das leere Zentrum des Auges. Laut der Positronikanalyse handelte es sich bei der grauen Substanz um kleinere, miteinander verflochtene Pilzschwämme – um was auch sonst?

Bull erreichte die angegebene Position. Er blieb in der Luft über der Stelle schweben. Sein Magen krampfte zusammen. Von seiner Frau fehlte jede Spur.

»Wo steckst du, verflucht? SERUN, Position prüfen! Genauer lokalisieren!«

»Dein Einsatzpartner befindet sich einundzwanzig Meter unter dir.«

»Unter mir? Dann ist der Boden durchlässig?«

»Richtig. Du würdest bei einer Landung hineinsinken.«

Ein dreidimensionaler Geländeplan entfaltete sich über dem integrierten Gerät an Bulls Handgelenk und zeigte, wie der Untergrund beschaffen war. Genau unter ihm erstreckte sich eine Grube, angefüllt mit nachgiebigem Material, das weich wie Brei sein musste. Drei Körper sanken darin in verschiedenen Höhen nach unten. Der von Toio war am tiefsten.

Bull zögerte nicht, er drehte sich in der Luft und beschleunigte. Wie ein Geschoss katapultierte er in die graue Masse, die ihm kaum Widerstand bot. Es fühlte sich an, als würde er in schlammiges Wasser springen.

Immer mit dem Kopf durch die Wand! Wer hatte das zu ihm gesagt, vor ewigen Zeiten? General Lesly Pounder, Perry, Gucky? Manchmal war es ein Segen, dickköpfig zu sein. Das konturnahe Prallfeld drängte jedes Hindernis beiseite.

Bull flog an Essanyan da Tabernal und Saphira vorbei. Er hatte kaum Zeit, nach dem kleinen Mehandormädchen zu sehen. Schon jagte er weiter, war bei zehn Metern, bei fünfzehn – bei zwanzig.

Vor ihm kam Toio zum Stillstand. Etwas hatte ihren Weg nach unten aufgehalten. Sie lag auf einem Körper, der sich wie ein Teppich unter ihr ausbreitete. Bull erkannte, was es war: ein Pilz. Er reichte Hunderte Meter in alle Richtungen. Wie groß der Fruchtkörper tatsächlich war, erfasste der SERUN nicht. Offenbar diente die Oberfläche als eine Art Unterlage, vergleichbar einem Esstisch. Dünne Stränge schoben sich daraus hervor, bereit, ihre Nahrung zu Brei aufzulösen, um sie verdaulich zu machen.

»Toio! Halt durch!« Endlich erreichte Bull Toio, desaktivierte den Prallschirm, griff nach ihr und stieß auf weiche Pilzhyphen, die sich wie eine Decke um Toios Einsatzanzug gelegt hatten.

Bull riss sie auseinander, befreite seine Frau aus der Umklammerung und zog sie zu sich. Sofort nahm er sie in seinen Schutzschirm.

»Toio!« Sie antwortete nicht. War sie bewusstlos? »Sag doch was!«

Der SERUN zeigte Körperwärme an. Bull war über alle Maßen erleichtert. Er war rechtzeitig gekommen! Sie lebte. Nun musste er Toio aus dieser Grube schaffen.

Mehrere Bündel tentakelartiger Stränge schossen aus dem grau-weißen Körper unter ihnen. Sie schlangen sich um Bulls Waden, versuchten, ihn nach unten zu ziehen. Dünne Säurefäden liefen aus dem Inneren, perlten am Anzug ab.

Bull hielt Toio fest, presste sie an sich. Er würde sie nicht loslassen.

»Hoch!« Der Befehl verstärkte die Mentalsteuerung des Anzugs. Der SERUN stieg in die Höhe. Die Pilzhyphen spannten sich, wurden länger. Sie rissen mit einem hässlichen Ratschen entzwei.

»Nein!« Toio klammerte sich an ihn. »Du tust ihr weh!«

Sie schossen nach oben wie ein Korken aus einer Sektflasche, prallten gegen eine feste Decke.

Toio stöhnte in seinen Armen. »Was ist passiert?«, fragte sie.

Bull schaute hoch, wo die graue Pilzsubstanz verkrustet war und sie wie in einem Grab einschloss. »Das wüsste ich auch gerne. Alles in Ordnung?«

Sie blinzelte, wirkte desorientiert. »Reg? Warum haben wir angehalten?«

»Da ist eine Wand. Die Decke über uns hat sich verhärtet. Kannst du dich an mir festhalten, damit ich einen Ausgang suchen kann?«

»Ja.« Toio schlang die Arme um ihn. Dank der Kraftverstärkung hielt Bull sie spielend mit der Linken, damit Toio nicht ihr ganzes Gewicht tragen musste. Er tastete mit der Rechten die Decke ab. Probehalber schlug er zu. Das Material gab ein wenig nach, spannte sich. Er hieb erneut mit der Faust dagegen.

Der Gedanke, dass da Tabernal und die kleine Saphira vielleicht in diesem Moment unten beim hungrigen Pilz ankamen – und das ohne Schutzanzug oder Schutzschirm! –, trieb Bull zusätzlich an. Ein drittes Mal hämmerte er auf den Widerstand ein. Winzige Risse bildeten sich, wurden breiter.

»Was hast du vorhin gemeint? Wem habe ich wehgetan?«

»Ihr. Du hast ihr wehgetan. Sie ist in meinem Kopf.«

Bull schauderte. »Du meinst diesen Riesenpilz unter uns?«

»Die Dunkle Königin. Sie befiehlt den Unurden.«

»Ist sie telepathisch begabt?«

»Ja, vermutlich. Aber da ist noch mehr. Eine körperliche Komponente, die in Gehirne kriecht. Es ist, wie ich sagte: Sie ist in meinem Kopf.«

*

Toio hielt sich an Reginald fest. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Ihre Gedanken wollten abgleiten, sich in Irrsinn verlieren. Sie musste vergiftet sein. Allerdings ging es ihr dafür erstaunlich gut. Es gab Momente, in denen sie sich beinahe normal fühlte.

Vorsichtig bewegte Toio die Beine, suchte nach einem Halt im undurchsichtigen Brei. Die Bewegung kostete mehr Kraft, als sie erwartet hatte. Irrte sie sich, oder wurde das flüssige Grau um sie her fester? Die wabernde Masse härtete aus. Dabei vergrößerte sie sich, wuchs Toio und Reginald entgegen. Bald würden sie festsitzen wie in getrocknetem Beton.

»Beeil dich!«

Reginald hieb auf die Decke ein. Beim fünften Schlag brach sie auf. Bruchstücke regneten über ihre Helme, prallten am Schirm ab. Ihr Mann kommentierte mit keinem Wort, was Toio über die Pilzmutter gesagt hatte, darüber, dass sie in ihrem Kopf war.

Toio schluckte. Sie durfte nicht darüber nachdenken, dass sich in diesem Moment winzige Sporen und Hyphen durch die Areale ihres Gehirns schoben, versuchten, sich dort einzunisten. Die eigene Vitalaura kam ihr grau und fremd vor.

Sie stießen durch die Decke. Reginald hielt sie fest, schenkte ihr Sicherheit und Zuversicht wie damals, als Shinae zur Welt gekommen war. Toio schloss die Augen. Er war bei ihr. Sie würden eine Lösung finden.

Hunger, Hunger, Hunger!

Das Wissen war wie ein Befehl. Toio zuckte zusammen. Sie musste zur Dunklen Königin zurück! »Lass mich los!«

»Was?« Reginald klang verdutzt. »Wir sind mitten in der Luft!«

»Ich meine ... Du musst landen! Bring mich nach da drüben, zum Waldrand! Du musst die anderen holen!«

»Ich kann dich nicht allein lassen! Du hast selbst gesagt, dass dieser Pilz in deinem Kopf ist!«

»Das musst du. Oder willst du, dass Saphira und da Tabernal sterben?«

Sie erreichten den Waldrand. Grün-schwarzes Moos wucherte in breiten Bänken. Es löste die graue Ebene ab. Reginald landete mit einem Fluch. »Na schön. Du bleibst hier! Ich beeile mich!«

Toio nickte gehorsam. Sie hätte ihm sagen können, dass sie gar nicht vorhatte, auf ihn zu warten, aber das brauchte er nicht zu wissen.

Er setzte sie ab, nahm ihre Hand, drückte sie so fest, dass es schmerzte. Seine wasserblauen Augen schauten besorgt. »Pass auf dich auf.«

»Klar.«

Als Reginald wieder in die Luft stieg, drehte Toio sich um und ging los. Es gab einen weiteren Zugang zum Mutterpilz, keine zwanzig Meter entfernt.

Assan-Assoul

Du hast die Augen geschlossen, fühlst die pulsierende Kraft in dir. Ein Medoroboter ist an deiner Seite, putscht deinen Körper mit einem Cocktail unterschiedlicher Wachmacher auf.

»Warum?«, fragst du. Es klingt schroff.

Eigentlich bist du immer höflich, lachst viel, bewahrst die Fassung. Doch im Moment bist du wütend! »Was ist los mit dem Spross? Wieso wehrt sich dieses Drecksding immer noch? Es sollte längst vorbei sein!«

Einer der anderen Para-Paladine spricht. Seine Stimme ist verzerrt. Wie die anderen trägt er einen Kampfanzug. Das Visier ist verspiegelt, sodass du nicht erkennst, wer es ist. Misstraut dir der Maghan so sehr? Oder stimmt es wirklich, dass Vetris-Molaud eine solche Abwehr zum Schutz der Para-Paladine befohlen hat? »Die Antwort kann ich dir geben. Ich habe Aufnahmen auf dem Weg in den Spross gemacht. Schaut euch das an!«

Du öffnest die Augen, betrachtest die Bilder. Es durchläuft dich heiß und kalt. Das ist es! Endlich verstehst du. Deswegen wehrt sich die KYLLDIN noch immer. Deswegen widersetzt sie sich dir, Stunde für Stunde.

»Interessant«, sagt ein zweiter Para-Paladin. »Was tun wir dagegen?«

Das ist die Frage. Was kannst du tun, um die Situation zu verändern? Nichts. Jedenfalls nicht Neues. Dir bleibt nur eines: weiterzumachen!

2.

Jülziishsorgen

In der Zentrale der RIBALD CORELLO herrschte angespannte Stille. Duyyun Veyt lehnte sich im Sessel der Hauptstation zurück. Er beobachtete im Holo die VOHRATA, die in sicherem Abstand zur RIBALD CORELLO im System stand. Das Flaggschiff Vetris-Molauds war ganz bestimmt nicht zufällig da und schleuste Sonden und Beiboote aus.

Seit einigen Stunden warteten Veyt und seine Crew unentdeckt im Ortungsschutz auf ein Lebenszeichen Reginald Bulls und Jamira Onars. Vergebens.

Dass sie tot waren, glaubte Veyt keine Sekunde. Sie hatten ihre SERUNS, und wenn jemand Erfahrung in brenzligen Situationen hatte, dann Reginald Bull. Veyt musste vor allem eines tun: die Nerven behalten!

Er wandte sich an die Ortung. Am karottenroten Haarzopf erkannte er Nadja Dismal. Die Cheforterin hatte die Augen zusammengekniffen und saß leicht nach vorne geneigt da, als wollte sie gerade aufstehen. Er kannte das, so saß sie oft.

»Wie laufen die Auswertungen, Dismal?«, fragte Veyt.

»Wir haben etwas. Falls die Tefroder vermuten, dass wir ihnen gefolgt sind, machen sie aus ihren Nachrichten kein Geheimnis.«

Veyt berührte den Vokoder an seiner Brust, aus dem seine Stimme kam, wenn er mit Humanoiden sprach. »Worum geht es?«

»Utratash. Das ist eine Operation der Tefroder. Sie hat mit Assan-Assoul zu tun.«

»Geht es genauer? Da drückt sich ja die Grüngepunktete Kreatur der Rätsel klarer aus!«

»Nun ... Utratash ist ein lemurisches Wort. Es bezeichnet einen speziellen Gärtner, der das Unkraut jätet.«

Veyt unterdrückte einen fragenden Laut. Er neigte den tellerförmigen Kopf. »Was kann das bedeuten?«

Dismal hob hilflos die Schultern an. »Wir wissen es nicht. Mehr haben wir nicht herausgefunden. Möglich wäre, dass Vetris-Molaud den ganzen Spross als Unkraut sieht, das es zu jäten gilt. Immerhin hat er den Spross abstürzen lassen.

Jedenfalls scheint Assan-Assoul an Bord zu sein und dort etwas zu tun. Sicher nicht zum Vorteil der Gemeni.«

Veyt lehnte sich vor, als wollte er Dismals Körperhaltung imitieren. »Vetris-Molaud wäre nicht er selbst, wenn er nicht versuchen würde, die Physiotrone zu bergen! Solche Schätze muss ein Machtmensch wie er in seinen Besitz bringen wollen. Vielleicht hat Assan-Assouls Auftrag damit zu tun.« Er wartete auf einen ungebetenen Kommentar von der Seite, doch der blieb aus.

Korin Anderlei hatte sich in ihr Quartier zurückgezogen. Wenigstens etwas. Die korpulente Frau, der es einen Riesenspaß zu machen schien, ihn aus der Fassung zu bringen, war ein Störfaktor.

Viel mehr regte sich Veyt derzeit über den Tamaron auf. Vetris-Molaud hatte großspurig behauptet, den Spross KYLLDIN telemetrisch untersuchen zu wollen – und nun lag der Spross als Wrack auf einer Höllenwelt! So viel zum Thema »Untersuchungen«. Wenn Veyt nur daran dachte, hatte er das Gefühl, sein dünner Hals würde auf die doppelte Größe anschwellen. Er hatte selten einen dreisteren Lügner getroffen. Diesem Tefroder war nichts heilig.

»War es das?«, fragte Veyt.

»Nein.« Dismal wich seinem Blick aus. »Es gibt noch etwas. Eine Nachricht über Reginald Bull.«

Veyt machte eine kreisende Bewegung mit der Hand, bei der die Rüschen am Ärmel der Uniform zitterten. »Weiter!«

»Er befand sich an Bord. Offenbar wollte er den Spross zusammen mit einigen Arkoniden und Mehandor per Space-Jet verlassen. Doch die Tefroder haben das untersagt. Sie haben die Gruppe aus dem Schiff gewiesen.«

Veyt blieb einen Moment wie eingefroren sitzen. Er hatte das Gefühl, die violetten Muster in seinem Gesicht zögen sich vor Schreck zusammen. »Aus dem Schiff verwiesen? In diese Albtraumwelt da unten? Ist das sicher?«

»Ja. Jedenfalls, wenn wir davon ausgehen, dass Vetris-Molaud die Nachricht nicht bewusst gesendet hat, damit wir sie abhören. Als Köder, der uns verleiten soll, Reginald Bull zu kontaktieren.«

»Der Köder muss keine Lüge sein.« Veyt schaute sich dank des Augenpaares im Hinterkopf in der ganzen Zentrale um. Er sah die Anspannung der Besatzung, von der Wissenschaftsabteilung bis zum Waffenmeister. Wie er machten die anderen sich Sorgen. Kaum jemand an den zahlreichen Stationen hatte eine gleichgültige oder gelassene Miene. Dafür wussten sie zu genau, was für ein Höllenplanet Sumurdh war. Inzwischen hatten sie massenhaft Daten.