Perry Rhodan 3227: Welt der tausend Transmitter - Michelle Stern - E-Book

Perry Rhodan 3227: Welt der tausend Transmitter E-Book

Michelle Stern

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. Das erste konnte in der Galaxis Morschaztas lokalisiert werden. Von Morschaztas weist eine Fährte zu einem weiteren Refugium. Die Reise dorthin beginnt auf der WELT DER TAUSEND TRANSMITTER ...

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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Nr. 3227

Welt der tausend Transmitter

Ein Netzwerk von kosmischer Dimension – und ein uraltes Geheimnis

Michelle Stern

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Mythengold

1. Sonnenrot

2. Eisengrau

3. Bühnengelb

4. Wüstenweiß

5. Gartenbeige

6. Schuppengrün

7. Legendenblau

8. Bitterpurpur

9. Konversenschwarz

Epilog: Totenbraun

Leserkontaktseite

Glossar

Risszeichnung Sondereinsatzschiff AURA

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. Das erste konnte in der Galaxis Morschaztas lokalisiert werden. Von Morschaztas weist eine Fährte zu einem weiteren Refugium. Die Reise dorthin beginnt auf der WELT DER TAUSEND TRANSMITTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Galaktiker jagt ein Geheimnis.

Shema Ghessow – Die Deponentin spielt im Team Atlan.

Sichu Dorksteiger – Die Wissenschaftlerin macht eine Entdeckung.

Antanas Lato – Der Dimensiologe wird entdeckt.

Kinur, der Schatten

Prolog

Mythengold

In einer Zeit, längst vergangen, ehe die Sonne geboren ward, da tat sich ein Wunder.

Die Geschichte, von der wir euch berichten, ist die Legende von Asura und Thuan, den Dünnhäutigen, die keine Schuppen hatten wie ihr, unsere höchst verehrten Freunde.

Ihr möget nun denken, Asura und Thuan seien Ganjasen gewesen, doch dies ist ungewiss.

So also präsentieren wir, die Extoscher, die Könige und Königinnen der Sammlungen, das Mythengold der Erzählung.

Asura war jung und neugierig und liebte es, allein zwischen den Planeten zu reisen. Sie streifte gerne auf Monden und Asteroiden umher. Auf einem ihrer Ausflüge fand sie eine Höhle tief im Gestein. Sie trat hinein, und vor ihr öffnete sich ein sonderbarer Ring aus weißem Licht. Seine Form war voll Rätsel. Asura kannte viele künstliche Hilfsmittel, dieses jedoch war ihr fremd. Obwohl der Ring keine feste Substanz hatte, drohte er ihren Schutzanzug zu versengen. Erst war er heiß, dann kalt.

Der Ring sprach zu ihr. Er sagte: »Ich bin das Ferne Tor. Nutze mich, und deine Welt wird größer werden, als du je zu träumen wagtest.«

Asura fürchtete sich und lief davon. Sie wollte vergessen, was ihr widerfahren war, das Erlebnis aber ließ ihr keine Ruhe. So begab es sich, dass sie ihrem Gefährten Thuan von der Höhle erzählte.

Thuan wollte den weißen Ring mit eigenen Augen erschauen. So machten sie sich gemeinsam auf den Weg und traten in die Höhle. Vor ihnen öffnete sich der Ring aus weißem Licht und sprach: »Ich bin das Ferne Tor. Nutzet mich, und eure Welt wird größer werden, als ihr euch je zu erträumen wagtet.«

Auch Thuan erschrak und lief davon, zurück zu seiner Reisekapsel. Zu machtvoll und dröhnend war die Stimme des weißen Rings in seinem Kopf. Auch ihn ließ die Begegnung nicht mehr los. Asura und Thuan sprachen kein Wort darüber zu anderen und auch nicht miteinander.

Lange Zeit ignorierten sie, was sie erlebt hatten. Eines Morgens schauten sie einander an und wussten: Es war so weit. Sie packten ihre Sachen. Sie sagten keinem, was sie vorhatten. Der Ring in der Höhle war ihr Geheimnis.

Ihre Furcht war noch immer groß, doch Asura und Thuan wussten, dass es Reisen gab, die allein getan werden mussten, ohne die Familie oder Freunde. So, wie eine jede allein aus der Gebärschale schlüpft und ein jeder am Ende den Weg des Sternenlichts geht, so wollten sie den neuen Weg gehen, ohne Rückhalt. Sie wussten, dass der größte Fehler einer jeden Reise darin bestand, sie zu unterlassen, denn das hatte sie Em'Em'The gelehrt, der große Weise.

Gehe hinaus, um der schemenhaften

Zukunft ohne Angst und mit

erstarktem Herzen zu begegnen.

Ferdinand Magellan

1.

Sonnenrot

Stehende Sterne.

Eine nahe, rote Sonne, die eingefroren war.

Neun Planeten, die aufgehört hatten, sich zu drehen.

Der Panjase Kinur sah das Unmögliche.

Er lag in einer Mnemokammer, verbunden mit der Hypertronik der GURTHASCHAT. Sein Gehirn arbeitete so angestrengt, dass er meinte, es in seinem Schädel spüren zu können. Die Mnemokammer war eine Kabine, die sich eng an seinen Körper schmiegte. Sie schloss ihn ein, als wollte sie ihn daran hindern, seinen Körper aufzugeben und seine Form zu verändern. Als Pedotransferer hätte Kinur das gekonnt, doch in diesem Moment war es nicht seine Aufgabe.

Kinur, der einst im Ganjavanoum als Wächter gedient hatte, hatte eine andere Mission: Er musste das entschlüsseln, was er auf dem Verwertungshof AMATHUMA erfahren hatte. Dort war er für kurze Zeit mit einem Denkkreis der Thola verbunden gewesen und hatte erfahren, was das Artefakt von Aschvalum an Informationen gespeichert hatte.

Leider war die Zeit im Denkkreis der Thola kurz gewesen, da ein Galaktiker den Thola namens Thassum paralysierte, dessen Körper Kinur übernommen hatte. Die Bilder, die sich in Thassums Gehirn entfaltet hatten wie sich öffnende Gabelien im Licht, waren schattig und rätselhaft. Sie sorgten für den Eindruck, den Kinur nun beim Anblick des Systems hatte, in dem er war.

Die GURTHASCHAT war auf seinen Befehl hin aufgebrochen. Sie hatte ohnehin abreisen müssen, weil die Thola seine Tat, Thassum zu übernehmen, angeprangert hatten. Es machte sich bezahlt, dass Kinur mit Omporon, dem Obligatorischen Mentor der Thola, eine Beziehung geführt hatte. Die Ganja würde von seinem Eingreifen nicht erfahren. Omporon hatte einen Weg gefunden, die Wogen zu glätten und die Thola zu beruhigen.

Semeans Stimme drang durch den kleinen Lautsprecher in sein Ohr. »Und? Irgendeine Veränderung?«

»Nein. Die Sterne stehen. Ich weiß, dass wir in diesem System richtig sind. Aber gleichzeitig kann ich nicht einordnen, wo das ist, was wir suchen. Oder was es ist. Ich weiß nur, dass wir an einem ganz besonderen Ort sind.«

Die Situation war frustrierend. Kinur hatte am Denkkreis der Thola teilgenommen und trotzdem zu wenig erfahren. Erneut versuchte er das, was in seiner Erinnerung war und von der Mnemokammer aufgezeichnet wurde, mit dem System in Einklang zu bringen, in dem sie sich aufhielten.

Die GURTHASCHAT war nach seiner Anweisung ins System eines roten Sterns gereist. Kinur fühlte mit jeder Faser seines Körpers die Bedeutung dieses Orts. Diese Sonne hatte er im Denkkreis wahrgenommen, als eine von mehreren, die ein Rätsel umgab.

In diesem System verbarg sich ein Geheimnis, etwas Besonderes, das im Verborgenen ruhte. Darauf wies auch die Nähe zu Aschvalum hin. Die Tabuwelt lag gerade einmal 33 Lichtjahre entfernt. Für ein Wesen wie das, aus dem die Mentalsubstanz bestand, lag Aschvalum in Spuckweite.

»Neun Planeten«, murmelte Kinur. »Um welchen geht es? Oder geht es um die Sonne?«

Sanus, der erste Planet, war eine Gluthölle, Lhondier ein Wüstenplanet mit nur noch schwacher und langsam verebbender Sauerstoffatmosphäre.

Die dritte Welt, Darazzam, ähnelte Elelschia und war von irgendeinem rückständigen Volk bewohnt, das sich leidlich bemühte, zur Perfektion zu gelangen. Dabei wählten die Wesen dort abstruse, bestenfalls originell zu nennende Wege.

Verwundert bemerkte Kinur, dass er nicht den leisesten Wunsch verspürte, diese fehlerhaften Geschöpfe auf den rechten Weg zu führen. Er wollte wissen, auf welchem Planeten oder Mond das lag, das er im Denkkreis der Thola wahrgenommen hatte. Dieses verheißungsvolle Etwas, umschäumt von Dunkelheit.

Er stellte sich die letzten sechs Welten des Systems vor: einen kalten Gesteinsplaneten, drei große Gasriesen sowie zwei Eiswelten.

Nein.

Seine Sinne schlugen nicht an. In der Erinnerung gab es kein Erkennen, keine Übereinstimmung. Wenn er wenigstens wüsste, wonach er zu suchen hätte!

Semean meldete sich zu Wort. »Vielleicht solltest du eine Pause machen.«

»Stör mich nicht dauernd!«, herrschte er sie an.

Ihre Stimme klang verblüfft. »Du bist seit zwei Schichten in diesem Ding! Ohne Essen und Trinken! Was ist auf der Station dieser Thola mit dir passiert? Seitdem du Thassum als Pedopol genutzt hast, scheinst du wie ausgewechselt.«

»Das ist Unsinn! Noch ein Wort mehr, und ich degradiere dich wegen mangelnder Umsicht.«

Semean schwieg. Sie beide wussten, dass es gerade ihre Umsicht war, die ihr solche Gedanken eingab. Sie sorgte sich aufrichtig um ihn.

In Kinur breitete sich ein ungutes Gefühl aus. Was, wenn sie recht hatte? Thassum war ein Thola gewesen. Ein Exeget. Er hatte Neugier und Wissensdurst gelebt. Für ihn war es wichtig gewesen, die Dinge zu erkunden, Rätsel zu lösen, Geheimnisse zu lüften. Das war genau das, was Kinur mit einem Mal verzweifelt wollte. Sogar noch mehr als Vollkommenheit. Ein deutlicheres Warnsignal konnte es kaum geben. Normalerweise war das Streben nach Perfektion alles für ihn.

»Ich mache eine Pause«, sagte Kinur barsch, als wäre es sein Einfall gewesen. »Wir sollten eine Verbindung zur Hauptwelt dieser ... wie heißen sie noch?«

»Drazilen.«

»Ja, genau. Stell eine Verbindung zu einem Panjasen vor Ort her! Nichts Offizielles. Ich brauche einen, der uns unter dem Radar zuarbeitet. Es ist noch zu früh, um Elelschia zu informieren.«

»Ich gehe die Listen durch. Was soll er für dich tun?«

»Die Augen offen halten. Ich habe mich so in die Lösung dieses Rätsels verbissen, weil ich den Galaktikern zuvorkommen wollte. Auch sie müssen nach diesem Geheimnis suchen. Ich wäre gerne schneller als sie vor Ort gewesen. Dann hätte ich ihnen auflauern und eine Falle stellen können. So aber müssen wir wachsam sein. Vielleicht kommen Fremde an, die auffallen. Ich möchte über jeden ungewöhnlichen Vorfall im System informiert werden.«

»Das kann ich gerne weitergeben.«

Semean war eigentlich Optimiererin, hatte jedoch viele Talente. Sie entwickelte sich mehr und mehr zu seiner rechten Hand.

2.

Eisengrau

»Wir müssen den Knotenpunkt in Morschaztas finden. Erst dann können wir weitersehen.« Das hatte Perry Rhodan gesagt, nachdem Shema Ghessow das erste Mal unter der SEMT-Haube gelegen hatte, um jene Daten zu sichern, die sich in ihrem Gehirn entfaltet hatten. Die Eisenkugel, das geheimnisvolle Artefakt von der Tabuwelt Aschvalum, hatte sein Geheimnis preisgegeben und ihnen die Existenz eines gigantischen Transportnetzwerks enthüllt.

Illustration: Swen Papenbrock

Shema griff nach der Hand von Damar Feyerlant. Der Parabegabte und Freund stand wie Sichu Dorksteiger neben ihr. Shema lag in einem Sitz der mobilen Wissenschaftsstation in der Zentrale der MAGELLAN. Ein Schirmfeld schützte sie vor den Geräuschen ringsum.

Inzwischen schrieb man in der Milchstraße – und darum auch an Bord der galaktischen Raumschiffe – den 30. August 2096 NGZ. Was Perry Rhodan vor zwei Tagen gesagt hatte, galt noch immer, doch es war ihnen gelungen, die Suche erheblich einzuschränken. Sowohl ELCANO, der Bordrechner der MAGELLAN, als auch das Gegenüber der Kapsel RA waren sich einig, dass der Knotenpunkt in Morschaztas nur 33 Lichtjahre von der Welt Aschvalum entfernt lag. Ein Katzensprung für eine Superintelligenz wie ES.

Sie hatten ein System mit einer roten Sonne und neun Planeten erreicht, in dem der Zugang zum Transportnetz der Sextadim-Konverse liegen musste. Als Begriff für diesen Zugangs- und Kontaktpunkt hatte Antanas Lato »Konversen-Relais« eingeführt. Eben dieses Konversen-Relais mussten sie finden.

Während Perry Rhodan, Mirabelle Eden und Atlan eine Expedition auf die Welt Darazzam planten, gingen Shema, Damar und Sichu Dorksteiger einer Theorie nach, die Sichu aufgestellt hatte. Es könnte gelten: Wo sich ein Fragmentrefugium befand, da existierte auch ein Relais.

Aber sicher war das keinesfalls. Deshalb wollten sie die Idee nach Möglichkeit überprüfen. Falls Sichu recht hatte, hatte ES als Standort für die Refugien seiner Fragmente Orte gewählt, die über die Konverse erreicht werden könnten. Allerdings gab es laut ersten Auswertungen der Karte deutlich mehr Relais als Fragmentrefugien. ES hatte lediglich wenige Orte genutzt. Jedenfalls hofften sie das.

Shema glaubte fest daran, dass sich ES in überschaubarem Rahmen geteilt hatte und nicht in Milliarden von Bruchstücken zerfallen war wie einst ESTARTU in dem Universum Tarkan. Dafür kam ihr das Fragment in Morschaztas zu mächtig vor. Es allein sorgte dafür, die Panjasen in eine Art kollektiven Wahn zu treiben und sie dazu zu bringen, der Vollkommenheit nachzujagen wie dem heiligen Gral.

»Bereit?«, fragte Sichu Shema und Damar. Sie hielt die bernsteinfarbenen Augen mit den grünen Sprenkeln darin leicht zusammengekniffen.

»Bereit!«, antworteten beide wie mit einer Stimme.

Shema wechselte in die Hypersenke, die ihr manchmal mehr wie eine Blase vorkam, die sich um sie schloss. Beide Begriffe konnten nur unzureichend abbilden, was wirklich geschah, wenn Shema sich und andere an jenen rätselhaften Ort brachte, in dem weißes Nichts waberte und farbige Schleier lockten.

Shema machte sich auf einen enormen Druck gefasst. Zu ihrer Überraschung blieb er aus. Zwar spürte sie ein unangenehmes Gefühl, doch das war schon alles.

Damar grinste sie an. Triumphierend hob er die Eisenkugel hoch. »Siehst du! So schlimm ist es gar nicht.«

»Du warst nicht dabei, als sich die Informationen der Kugel entfaltet haben«, sagte Shema schaudernd. »Da musste ich rauskriechen. Ich habe einen Tag gebraucht, um wieder einsatzfähig zu sein.«

»Im Moment wirkst du ganz fit. Hier, fang!« Damar warf ihr die Kugel zu, und Shema hatte keine Wahl, als sie aufzufangen, wenn sie nicht riskieren wollte, das wertvolle Artefakt ins weiße Nichts fallen zu lassen.

Sicher umschlossen ihre Hände den schweren Gegenstand. Ein leichter Ruck ging durch ihren Körper, verbunden mit einem eisigen Schauer.

»Ich hasse dich«, behauptete sie.

Sie wussten beide, wie stark ihre Freundschaft war. Das bisschen Geplänkel konnte sie nicht einmal ankratzen. Es war Damars Ring gewesen, der Shema den Ausgang aus der Notlage gezeigt hatte, als sie auf dem Verwertungshof AMATHUMA in der Hypersenke festgesessen hatte. Für Shema war Damars Freundschaft wie eine Naturkonstante: zuverlässig und unerschütterlich.

»Okay«, bestätigte Damar. »Leg los!«

»Womit denn?« Shema hatte während des gesamten vorangegangenen Tages bereits ähnliche Versuche ohne Damar hinter sich gebracht. Bei einem hatte Alschoran sie begleitet, der Kastellan von ES, bei anderen Perry Rhodan und Atlan. »Das Einzige, was ich ›machen‹ kann, ist das.«

Schwarze Dunkelheit schäumte jenseits der mehrschichtigen, farbigen Schleier auf und verdeckte die Sicht auf den Normalraum.

»Wow!«, rief Damar. Er drehte sich im Kreis. »Ziemlich cool! Vielleicht sollten wir unseren nächsten Geburtstag hier drin feiern.«

Sie waren beide am dritten Januar desselben Jahres aus demselben Planeten geboren worden. Womöglich hatte der Zeitpunkt ihrer Zeugung sowie der Aufenthalt ihrer Mütter auf dem Planeten Poltumno mit der Stärke ihrer Paragaben zu tun. Es gab einige Hypothesen im Terranischen Institut für Parabegabte in diese Richtung. Belegt war davon keine.

»Lieber nicht! Ich finde es eher beängstigend.«

Damar ging einige Schritte auf das schwarze Schäumen zu. Er legte sich eine Hand hinters Ohr. »Ich weiß, dass es spricht, aber ich kann es nicht hören. Es ist für dich bestimmt.«

Nervös folgte Shema ihm. Sie mochte es nicht, wenn sich andere in der Hypersenke von ihr entfernten. »Da ist gar nichts für mich bestimmt. Als die Thola die Kugel ausgelesen haben, wurde sie transparent. Nun bleibt sie dunkel.«

»Trotzdem hast du eine besondere Beziehung zu diesem Artefakt«, behauptete Damar. Er konnte fast so stur sein wie sie. Mit einem Unterschied: Für ihn waren die Hyperkristalle immer eine Spur energetisch ergiebiger, als sie tatsächlich sein konnten.

»Selbst wenn«, wich Shema aus. »Ich kann nicht sagen, ob es in der Milchstraße ein Konversen-Relais gibt oder nicht. Mit ein bisschen schwarzem Schaum stelle ich weder Atlan, Perry noch Antanas Lato oder Sichu Dorksteiger zufrieden.«

»Versuchst du es denn?«

Shemas Hände klammerten sich um die Kugel. Atlan hatte sie gebeten, herauszufinden, ob sie sich besser an den Kartenabschnitt mit der Milchstraße erinnern könnte. Ihm war auf der Welt Aschvalum Ras Tschubai begegnet, der wie ein Mann aus Glas aufgetreten war. Von diesem Ras Tschubai wussten sie, dass ein viertes Fragmentrefugium in der Milchstraße lag. Die Erinnerung daran ähnelte für Ras Tschubai einer Explosion. Wenn zwischen den Konversen-Relais und den Fragmentrefugien tatsächlich ein Zusammenhang bestand, war dieses Refugium vermutlich in der Nähe eines Relais. Also wollten alle, dass Shema es fand.

Alle, außer ihr selbst. Aber persönliche Befindlichkeiten spielten für ein so erfahrenes Mitglied des Parakorps wie Shema keine Rolle. Solange ihre Gesundheit und ihr Leben ungefährdet blieben, war es den Versuch wert.

»Ja«, sagte sie. »Ich versuche es wirklich. Aber es passiert nichts außer diesem schwarzen Schäumen.«

Damar kam zu ihr und umschloss ihr die Hände. »Dann zusammen!«

Sie bündelten ihre Parakräfte. Es war so leicht mit Damar, so einfach, wie es für zwei Sänger einfach gewesen wäre, gemeinsam ein Kinderlied zu singen. Shema spürte in die Kugel hinein. Sie wollte sie lesen, das Geheimnis lüften und sich vor allem erinnern. Doch nichts davon geschah. Eine Weile standen sie eng beieinander.

Die farbigen Schleier um Shema und Damar pulsierten, als wollten sie sich gegen das Schwarz hinter ihnen werfen.

Die Kugel blieb unverändert.

Sie lösten sich voneinander.

»Nette Energiedusche«, sagte Damar, der an jedem Scheitern einen positiven Aspekt fand. »Vielleicht ist ELCANO ja auch ohne dich weitergekommen. Immerhin hast du jede Menge Material geliefert, als du vor zwei Tagen unter der Haube gelegen hast.«

»Ja.« Shema zwang sich zu einem Lächeln. »Womöglich gelingt es ihm, einen groben Bereich einzugrenzen.«

Shema änderte ihre Konzentration, und das schwarze Schäumen verschwand. Sie gingen in halber Schrittgeschwindigkeit auf den Normalraum hinter den farbigen Schleiern zu. Sekunden später lag Shema wieder in dem Sitz unter der Haube. Sie war exakt dort herausgekommen, wo sie in die Hypersenke eingetaucht war.

»Und?«, fragte Sichu Dorksteiger neugierig.

»Fehlanzeige«, sagte Shema.

Sichu ließ sich keine Enttäuschung anmerken. »In Ordnung. Ruht euch aus! Ich bin sicher, Atlan und Perry wollen bald starten.«

*