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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits geborgen – oder entführt. Die Fährte führt Perry Rhodan in ein fremdes Universum. Atlan begleitet derweil ein anderes Fragment zurück in die Milchstraße. In der Heimatgalaxis der Menschheit agiert unterdessen der Irreführer, der eine Wiedererstehung von ES verhindern will – er hält sich auf IM KERN DES GASPLANETEN ..
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Seitenzahl: 183
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nr. 3262
Im Kern des Gasplaneten
Er ist der Lordadmiral der USO – und stellt sich einer tödlichen Aufgabe
Michelle Stern
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog: Irreführer
1. In den Schatten
2. Leichen und Geiseln
3. Auf dem Prüfstand
4. Unter dem Radar
5. Inferno
6. Geheimversteck
7. Vorstoß
8. Lordadmiral
9. Erkenntnisse
10. Flucht
11. Gejagte
12. Wiedersehen
Epilog
Journal
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits geborgen – oder entführt. Die Fährte führt Perry Rhodan in ein fremdes Universum. Atlan begleitet derweil ein anderes Fragment zurück in die Milchstraße. In der Heimatgalaxis der Menschheit agiert unterdessen der Irreführer, der eine Wiedererstehung von ES verhindern will – er hält sich auf IM KERN DES GASPLANETEN ...
Ram Wood – Der USO-Spezialist gerät in Kmossens Schatten.
Settoia Taurim – Die Leibwächterin weiß ein schattiges Plätzchen zu schätzen.
Monkey – Der Lordadmiral wirft einen Schatten.
Kmossen
»Der Kosmos ist ein Ort voller Düsternis, aber auch voller Licht.
Dorthin gilt es, Schatten zu bringen.«
Kmossen
Prolog
Irreführer
Dunkelheit umhüllte Kmossen im Inneren seines Schiffs. Er spürte, wie sich die Antennen auf seinem Kopf bewegten und anschwollen, um weiteren Dunst an die Umgebung abzugeben. Je tiefer die Finsternis war, desto besser. Zwar gab es an Bord nur wenig Licht, doch in der Finsternis, die er schuf, fühlte er sich am wohlsten.
Er war Kmossen, der Irreführer und Wegbereiter. Der Schatten in den Schatten und vielleicht auf seine eigene Weise das mächtigste Geschöpf FENERIKS. An Bord von FENERIK wussten nur wenige von ihm und dem, was er tat. Er war das Instrument des Chaoporters, sein Wegbereiter und zugleich mehr als das. Die Saite und der Ton in einem. Was er tat, konnte FENERIKS Wege verändern.
Was er tat, das schuf Fakten. Worauf er sich konzentrierte, veränderte den Lauf des Geschehens.
Kmossens Dunkelheit war auf einen ganz besonderen Unsterblichen gefallen. Ihn wollte er testen, erkunden, sich vertraut machen.
Wie viel Licht gab es in Lordadmiral Monkey?
Und wie viel Schatten war nötig, um dieses Licht auszulöschen?
Es waren Fragen, die Kmossen umtrieben, ebenso wie die Frage, ob sich Lordadmiral Monkey als Eigentum behaupten könnte. Eigentlich verachtete Kmossen die Menschen, doch dieser Oxtorner mit dem Zellaktivator war besonders. Es lohnte sich, ihn zu ergründen und zu vereinnahmen. In Anbetracht der Tatsache, wer er war und welche Machtmittel er hatte, sollte das nicht allzu schwierig werden.
Kmossen hob die dreifingrige Grobhand, in der weitere, dünne Finger verborgen lagen. Sie war von einer Schicht aus schmerzhaft blitzenden Kristallen überzogen, die wie eine zweite Haut daran lagerten und dabei ihre Farbe veränderten. Interessiert spürte Kmossen das Ziehen und Zerren der Kristalle, genoss ihre Fremdheit und die Verheißung, die in ihnen steckte. Wie viel komplexer und nützlicher waren diese Steine als die meisten Lebewesen!
Seine Gedanken flogen weiter, durchstreiften das unangenehme Licht der letzten Tage. Sein Plan, die Akonen nicht nur zu unterwandern, sondern sie auf subtile Weise über eine von ihm manipulierte Priorrätin steuern zu können, war fehlgeschlagen. Die USO hatte dieses Vorhaben vereitelt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit waren bereits weitere Einheiten auf dem Weg nach Omex-7, um die Lage zu erkunden. Sie würden zu spät kommen. Die Falle für Lordadmiral Monkey war längst zugeschnappt.
Kmossen hatte eine Niederlage erlitten, aber zugleich lag vor ihm eine Chance. Es galt aus dem, was da war, das Beste zu machen. Er war vorbereitet. Es gab viel zu gewinnen.
1.
In den Schatten
Er hatte Settoia erschossen. Ram Wood wollte den Kopf schütteln, sich selbst laut einen Lügner nennen, doch er verbot sich jede verdächtige Regung. Er musste kalt wirken, unbeeindruckt wie eine Maschine. Wie Kolossos. Wie Monkey.
Nur wenn er Kmossen, den in den Schatten, von seiner Kaltblütigkeit überzeugte, würde Wood weiterleben. Wenn herauskäme, dass Settoia Taurim dank einer technischen Vorrichtung ihrer Modularen Einsatzrüstung noch lebte, wäre das sein Ende. Er musste selbst davon überzeugt sein, dass er Settoia hingerichtet hatte. Nur dann konnte er glaubwürdig vorspielen, diese Tat begangen zu haben. Nur dann bestand eine Chance für ihn.
Wood machte sich nichts vor. Er kannte seine Aussichten. Für Kmossen, der sich als Proto-Quintarch des Chaoporters FENERIK vorgestellt hatte, war Wood so wichtig wie ein weggeworfenes terranisches Origamifaltblatt zu Füßen eines altarkonidischen Imperators. Schon immer hatte er sensible Antennen dafür gehabt, wann er unerwünscht oder überflüssig war. Diese Situation jedoch bot eine ganz neue Dimension von Gefahr und damit verbundenem Horror.
Falls Wood versagte, war es das. Dann war er so tot wie Adorhee tan Thanor, die akonische Priorrätin, die Kmossen mithilfe seiner Handlanger aus dem Weg geschafft hatte.
Der Gedanke war so düster wie der große Raum, in den es Wood, Monkey und Kolossos nach dem Transmitterdurchgang verschlagen hatte. Der Boden war von einem marmorierten Anthrazit. Dort, wo vier Stabroboter Lordadmiral Monkey festhielten, war er eine Spur heller. Das konnte Zufall sein oder auf Monkeys großes Gewicht hinweisen, das der Gravodruck der Roboter verstärkte. Immerhin brachte der Oxtorner es auf über 750 Kilogramm. Dagegen war Wood ein echtes Leichtgewicht, das 14 Mal in Monkey hineingepasst hätte. Die Wände konnte Wood kaum sehen, so finster waren sie. Er blinzelte und starrte in die Schatten, um weitere Details zu erkennen.
Kleine und wuchtige Maschinen standen weit verteilt. Zwischen ihnen ragten vorgewölbte Paravents auf, deren Zweck unklar blieb. Schwarze Gravuren schmückten sie, möglicherweise Schriftzeichen. Wood sah sie nur ansatzweise in der Düsternis. Er schätzte, dass es sich bei diesem Raum um eine Art Empfangshalle handelte, und er war sicher, eine derartige Umgebung nie zuvor betreten oder gesehen zu haben. Das war weder ein terranisch-technisches Umfeld, noch ein akonisches oder überhaupt galaktisches.
Immerhin entstammte Kmossen einem fremden Sternenvolk. Der menschenähnliche und doch fremdartige Leib des Wesens, das anscheinend Teleskopknochen hatte, legte das nah. Noch vor wenigen Minuten war Kmossen gut zehn Zentimeter größer gewesen als zurzeit. Trotzdem hatte er nichts von seiner bedrohlichen und herrischen Ausstrahlung verloren. Im Gegenteil. Die aufrechte Art, mit der er im Raum stand, und der überhebliche Blick aus den breiten, goldenen Augen, machte deutlich, dass ihm alles in seinem Umkreis untertan war.
Seit ihrer Ankunft hatten sich die vier elfenbeinfarbenen Antennen auf Kmossens Kopf nicht bewegt, von denen je zwei rechts und zwei links des zu einem Wulst verdickten Schädelrands wuchsen. Dieser Schädel war für Wood ebenso beunruhigend wie die goldenen Iriden. Er war trichterförmig und schien jede Gegenwehr, jede Hoffnung auf Entkommen einzusaugen.
Wood ärgerte sich über diesen unsinnigen Gedanken. Er wusste, dass er sich in einer Ausnahmesituation befand und die Nerven behalten musste. Nie zuvor war er direkt mit den Hohen Mächten und ihren Dienern konfrontiert worden. Ein Wesen wie Kmossen war kosmischer und bedrohlicher als jeder Gegner, mit dem Wood es bisher zu tun bekommen hatte. Hinter ihm stand FENERIK und damit ein Chaotarch.
Oder besser: hatte gestanden, denn die Zugehörigkeit zum Chaoporter war neutralisiert worden.
Woods Hand legte sich auf das Multifunktionsgerät am Handgelenk. Er prüfte unauffällig die SERUN-Werte und -Analysen. Der Anzug arbeitete tadellos.
»Dies ist mein Schiff«, sagte Kmossen. Es lag Stolz in den Worten, als wäre das Thema Besitz wichtig für ihn. »Ich würde euch gerne seine Vorzüge zeigen, doch wir haben wenig Zeit. Jeden von euch erwartet eine Prüfung, der er sich allein stellen muss.«
Diese Ankündigung schien den Raum eine weitere Spur düsterer zu machen. Wenn Wood Kmossen richtig verstand, würde er ihn von Monkey trennen und damit isolieren. Ein logisches Vorgehen, doch das verschlechterte Woods ohnehin komplizierte Lage.
Kmossen wandte sich Monkey zu, der reglos im Fesselfeld zwischen den Stabrobotern gefangen war. »Leider habe ich derzeit ein kleines Problem.«
Wood nutzte Kmossens Ablenkung aus und suchte eine Position im Schatten eines nahen Paravents, in dem Kmossen ihn hoffentlich noch weniger beachten würde. Er tippte Befehle in das Multifunktionsgerät. Drei Mal musste er eine Sicherheitsabfrage über sich ergehen lassen. Was er vorhatte, war unüblich, aber nicht unmöglich. Er hatte einiges an technischer Ausstattung bei sich. Eine versiegelte Innentasche seines linken Ärmels öffnete sich, und er spürte, wie der schlafende Mikrosender freigegeben wurde.
»Welches Problem?«, fragte Monkey.
Woods ließ den Sender in seine Hand gleiten.
»Nun«, sagte Kmossen. Kurz lichtete sich die Dunkelheit ein wenig, und der Rumpf des Proto-Quintarchen war zu sehen. Ein System kleinerer und größerer, flach-wabenförmiger Platten oder Schuppen bedeckte den Körper, die wie Knochen wirkten. Trotz ihrer verschiedenen Größen fügten sie sich zu einem perfekten Mosaik. »Ich habe dir bereits gesagt, dass du eine Aufgabe hast, ehe wir das Khanonsystem verlassen. Mein Schiff steckt fest. Es bedarf deiner Hilfe, es zu lösen.«
Erst in diesem Moment bemerkte Wood, dass an einer der Wände fünf Gestalten standen. Sie trugen schwarze Schutzanzüge und verschmolzen mit den Schatten. Ihre dünnen, geradezu knochigen Körper wären Wood vielleicht unter anderen Umständen sympathisch gewesen, weil auch er dürr war. An diesem Ort jedoch, im Schatten Kmossens, lösten sie Furcht in ihm aus. Sie schienen aus der Finsternis selbst geboren. Obwohl sie klein waren und keines einen Meter vierzig überschritt, fühlte sich Wood von ihnen bedroht.
Ihre onyxfarbenen Augen schauten starr hinter den Helmvisieren hervor. Die schmalen, sechsfingrigen Hände lagen locker auf Geräten an den kantigen Hüften, die Strahler oder Waffen sein mochten. Die außen liegenden Daumen, die kürzer waren als die vier gleich langen Mittelfinger, schienen nur darauf zu warten, schießen zu dürfen.
Beiläufig legte Wood eine Hand an seinen Gürtel.
Eine der Gestalten hatte Wood den Kopf zugewandt. Das Wesen beobachtete, was er tat. Oder irrte er sich? Waren diese Augen womöglich nicht an die düsteren Verhältnisse angepasst? Selbst wenn der Fremde ihn überwachte, er würde nichts Verdächtiges sehen. Wood behielt seine Haltung bei.
Illustration: Swen Papenbrock
»Du scheinst viele Helfer zu brauchen«, sagte Monkey so unbeeindruckt, als hinge er nicht hilflos und aufgespannt wie ein Fell zum Gerben in einem Fesselfeld. Da er keine Augen hatte, war es schwer, seinen Gesichtsausdruck zu deuten.
Die beiden Implantate, die ihm die Sehorgane ersetzten, waren in der USO immer wieder ein Anlass zu Spekulationen. Man nannte sie Optikum. Wood wusste nichts über das Ausmaß ihrer technischen Möglichkeiten, nur, dass es hochwertige Geräte mit allerlei technischen Finessen waren.
»Betrachte es als Prüfung«, sagte Kmossen. »Es gibt einiges, über das ich mit dir reden möchte. Die Eröffnungen in Omex-7 waren nur der Anfang. Doch wir reden erst wieder, nachdem du dich bewährt hast.«
»Was soll ich tun?«, fragte Monkey.
»Das wirst du bald erfahren!« Zwei von Kmossens Antennen bewegten sich herrisch, und das knochige Wesen, das Wood gerade noch betrachtet hatte, trat vor.
»Das«, sagte Kmossen beiläufig, »ist einer meiner Kadetten. Sein Name ist Zaguna. Er gehört den Vrochonen an.«
Der Blick Kmossens fiel auf den schwarzen Anzug, den der Vrochone trug. Darauf prangte im Brustbereich ein schwach grün leuchtendes Symbol, das sich von denen auf den Brustteilen der anderen Vrochonen im Raum unterschied. Das fremdartige Zeichen bestand aus wenigen Strichen und Kurven. Zaguna senkte das Haupt mit dem spitzen Helm.
Kmossen stülpte den Mund unter der flachen Nase vor. »Sag uns, mein Kadett und Besitz, wie ist die Lage? Sprich so, dass unsere Gäste dich verstehen.«
Zaguna antwortete sofort auf Interkosmo, wobei seine Stimme eintönig und unterwürfig klang. »Es hat sich nicht viel getan, Herr. Die Position der WERKSTATT im Kern des Gasplaneten ist nach wie vor ungünstig.« Er hob den Arm. Auf dem Handrücken saß ein flaches, ovales Gerät, das in den Handschuh eingearbeitet war.
Ein Holobild baute sich darüber auf. Es zeigte das schematische Innere eines Gasplaneten, versehen mit akonischen Daten. Die Werte waren beunruhigend. In einem solchen Inferno sollte sich kein Schiff länger als nötig aufhalten.
»Im Kern?«, platzte es aus Wood heraus. »Ich dachte, dieses Schiff wäre in der oberen Gashülle.«
Kmossen wandte sich ihm zu, und das war ein unangenehmes Gefühl. »Ja«, sagte der Proto-Quintarch gedehnt, als würde er mit einem sehr langsam denkenden Wesen sprechen. »Meine WERKSTATT steckt im Kern von Hunjom.«
»Es ist sicher ein beeindruckendes Schiff«, sagte Wood rasch. »Von außergewöhnlicher Technik, und ...« Er riss sich zusammen. Man hatte ihm mehr als einmal gesagt, dass er zu viel redete. In diesem Fall war es überlebensfördernd, wenn er gleich auf den Punkt kam. »... und es dürfte für dieses Schiff kein Problem sein, darin zu agieren oder sich zu befreien.«
»Richtig.« Kmossens Antennen bewegten sich sacht von rechts nach links. »Die Kräfte hier unten sind infernalisch, doch selbst minderwertige terranische Schiffe können sich gegen die Anziehungskräfte und Druckverhältnisse eines Gasplaneten durchsetzen, wenn sie dafür gemacht sind. Die WERKSTATT könnte sich befreien und abheben.«
Monkey mischte sich ein. »Aus welchem Grund ist das noch nicht geschehen?«
In Kmossens Körper ging eine Veränderung vor. Er wuchs einige Zentimeter in die Höhe. »Das herauszufinden, überlasse ich euch.«
Woods Gehirn sortierte das Gehörte und Erfahrene neu. Kmossen schien gewaltige Ressourcen zu haben, jedoch keine unbegrenzten. Er hatte bereits offenbart, dass er vom Chaoporter und dem Chaoarchiv abgetrennt war. Schmälerte das seine Macht so, dass er besiegbar wäre?
Ein anderer Gedanke kam Wood, der ihm wichtig erschien. Er fragte sich, wie alt Kmossen sein mochte und ob er restlos von sich eingenommen war. Kmossen schien sich selbst für die Krone der kosmischen Schöpfung zu halten und erwartete ganz offensichtlich, dass sein Angebot, ihm zu dienen, andere in Verzückung versetzte. Als wäre es ein Schlag zum Ritter der Tiefe, wenn man das Knie vor ihm beugte. Gleichzeitig erpresste er sie, indem er Monkey den Zellaktivator genommen hatte und den Lordadmiral dadurch mit dem Tod bedrohte.
Wood schuf sich in seiner Erinnerung einen vorgestellten Raum namens Kmossen, in dem er die gesammelten Informationen an verschiedenen Stellen ablegte. Jedes Detail, und schiene es auf den ersten Blick noch so geringfügig, konnte die eine Information sein, die Wood einen Vorteil verschaffen mochte. Offenbar interessierte sich Kmossen nicht sonderlich für Terraner und ihre Art zu denken. Sie schien ihm fremd zu sein. Das könnte sich nutzen lassen bei dem, was Wood vorhatte. Was, wenn Wood Kmossen imitierte und sich in den Mittelpunkt rückte?
Er trat aus dem Schatten des Paravents und ging auf Monkey im Fesselfeld zu. Dicht vor dem Lordadmiral blieb er stehen. »Ich durchschaue dich, Kmossen!«, behauptete er. »Du hast das geschickt eingefädelt. Mich zu einem gefangenen Monkey geführt. Mich hierher geholt. Mich getäuscht.«
Der Schatten um Kmossen war so dicht, dass Wood ihn kaum erkennen konnte. Nur die Augen schimmerten feucht und golden im Zwielicht. »Ach ja? Was willst du damit sagen?«
»Ich denke, dass du nur ein leidlich passabler Intrigant bist, nicht mehr, aber auch nicht weniger.«
Der Schatten um Kmossen hellte sich eine Nuance auf. War das ein Zeichen von Interesse?
Kmossen trat näher. Der feine Nebel, der ihn umhüllte, kam mit ihm. »So? Glaubst du das? Du bezeichnest den Irreführer als leidlich passablen Intriganten?«
»Du hast mich hereingelegt, um mich in deine Dienste zu locken! Das da ist gar nicht Lordadmiral Monkey, sondern einer deiner Lakaien. Der echte Monkey hätte sich nicht von dir gefangen nehmen lassen. Vermutlich war er nie in der Station. Das war eine einzige, große Täuschung, mehr nicht.«
»Ich habe Lordadmiral Monkey den Zellaktivator höchstselbst entfernt. Ist das nicht Beweis genug?«
Wood aktivierte den Mikrosender mit leichtem Druck von Daumen und Zeigefinger. »Wirklich? Auch das kann eine Täuschung sein. Lass mich die Wunde untersuchen, damit ich sichergehen kann. Wenn ich eine Probe nehme, kann ich erkennen, ob dieses Wesen dort wirklich Monkey ist.«
»Du bist misstrauisch. Das ist nicht die schlechteste Eigenschaft.« Kmossen wedelte nachlässig mit einer Hand und sagte etwas auf Fenejisch, der Sprache des Chaoporters FENERIK. Einer der Stabroboter leuchtete düster auf und verdunkelte sich sofort wieder.
»Du darfst die Wunde testen«, sagte Kmossen gönnerhaft.
Am Transmitter tat sich etwas. Düsteres Licht zeigte Aktivität an. Kmossen wandte sich dorthin.
Wood nutzte den Moment, nahm den Sender und schob ihn mit Schwung in die Wunde im breiten Schulterbereich des Lordadmirals. Er musste einen Aufschrei unterdrücken. Die Muskeln des Oxtorners waren steinhart und die Verletzung bereits dabei, sich zu schließen. Es fühlte sich an, als hätte er den Zeigefinger gegen Stahlplast gerammt, doch der Sender war in dem dünnen Schnitt verschwunden.
Monkey zeigte keine Regung. War er überhaupt noch bei Bewusstsein? Was hatte Kmossen mit ihm gemacht, ehe Wood den Lordadmiral in der Forschungsstation Omex-7 wiedergetroffen hatte?
Aus dem Transmitter trat ont Viu, dem Kmossen Monkeys Zellaktivator nach dem Herausschneiden gegeben hatte. Der Akone mit den blauschwarzen Haaren wirkte mit sich und dem Universum zufrieden.
»Ich habe die Leiche aus dem Weg schaffen lassen«, sagte er knapp. »Die Station untersteht nun Drochinur. Kann ich anderweitig behilflich sein?«
Wood schluckte. Offensichtlich hielt ont Viu Settoia Taurim nach wie vor für tot. Das war gut.
»Ich denke«, sagte Kmossen, »du hast deine eigene Agenda.« Er winkte nachlässig.
Ont Viu nickte knapp und ging an Wood und Monkey vorbei. Er verschwand in den Schatten der Halle. Monkeys Zellaktivator musste er nach wie vor bei sich haben. Kmossen hatte ihm aufgetragen, gut darauf zu achten.
Ein kurzer Blick auf die Anzeige am Multifunktionsarmband zeigte Wood, dass Monkey noch 61 Stunden und 20 Minuten blieben. Sein Leben würde 62 Stunden nach dem Verlust seines Zellaktivators enden, falls er das Gerät nicht zurückbekäme. Das war ein weiteres Problem, um das Wood sich kümmern musste, wenn er den Lordadmiral befreien und hier herausholen wollte.
Er suchte in Monkeys Gesicht nach einer Regung. Ein Zucken um seinen Mund machte Wood aufmerksam. Der Lordadmiral schien doch wach zu sein. Sicher setzte Monkey auf ihn, weil er nicht in einem Fesselfeld war. Er würde den Oxtorner retten. Der Mikrosender war ein erster kleiner Erfolg, um ihn wiederzufinden, wenn Kmossen sie trennte. Nun brauchte Wood nur noch Kolossos zurück.
»Fertig?«, fragte Kmossen. »Hast du dich überzeugt?«
»Ja«, behauptete Wood. »Mein SERUN bestätigt es. Das ist wirklich Monkey.«
»Bestens«, sagte Kmossen. »Dann geh mit Zaguna.«
Wood deutete auf Kolossos, den ein Stabroboter in einem Fesselfeld hielt. »Ohne meinen Roboter?«
Kmossens Antennen bewegten sich wie die Angeln von Tiefseefischen, die auf Beute aus waren. »Nenn mir einen Grund, warum ich dir deinen Roboter wiedergeben sollte.«
»Er ist ungefährlich. Ein Protokollant und Alltagshelfer.« Wood war sicher, dass Kolossos die schwache Offensivbewaffnung in seinen ausklappbaren Ärmchen inzwischen ausgebaut und in einem speziellen Versteck im Korb verstaut hatte. Mit etwas Glück hielt Kmossen den kleinen grünen Kerl für harmlos.
»Und das soll mich überzeugen?«
Wood dachte daran, wie Kmossen Zaguna vorgestellt hatte: als Kadett und als seinen Besitz. Das Thema »Besitz« schien dem Proto-Quintarchen wichtig zu sein. »Du wirst ihn mit mir gehen lassen, weil er mein Eigentum ist. Er kommt mit mir, da er mir gehört.«
»Das verstehe ich. Er darf zu dir zurück.« Kmossen wandte sich an den Vrochonen. »Zaguna ... Bring den dürren Terraner in die Ausrüstungskammer. Ich will erkunden, ob er nützlich ist.«
2.
Leichen und Geiseln
Settoia Taurim blinzelte. Sie nahm die Umgebung verschwommen wahr. Benommen wollte sie sich etwas Kitzelndes aus dem Gesicht streichen – vielleicht ein Haar oder einen Schweißtropfen –, als sie die Erkenntnis durchfuhr, wo sie war und was sich abgespielt hatte.
Der USO-Spezialist Ram Wood hatte sie – vermeintlich – erschossen. Ihre Modulare Tech-Rüstung hatte eine Wunde erzeugt und dafür gesorgt, sie wie tot erscheinen zu lassen. Hierfür war ihr Körper in eine Art Winterschlaf versetzt worden, aus dem er nun erwachte. Zum Glück schien niemand auf sie zu achten.
Settoia lag in der Station Omex-7, einer von elf über das Khanonsystem verteilten Forschungsstationen. Aus zusammengekniffenen Augen erhaschte sie einen Eindruck vom hellen Boden, der Glasfront und dem Gasriesen Hunjom, der in beeindruckender Größe im Zenit stand. Rote und braune Streifen zierten den Planeten.
Der Raum, in den Kmossen Settoia hatte bringen lassen, war ein umgebauter Transmitterraum, in dem mehrere Schirmprojektoren standen. Von diesem Ort aus musste der Proto-Quintarch Omex-7 übernommen haben. Vier Stabroboter verteilten sich in dem organisch geformten Zimmer im 30. Stock der Forschungseinrichtung. Sehnsüchtig dachte Settoia an die unteren Stockwerke. Sie wusste, dass es ebenerdig einen Hangar mit einem kleinen Fuhrpark gab. Dort standen jede Menge Gleiter, Bodenfahrzeuge und sogar ein Atmosphärenschiff, das tauglich war, in den nahen Gasriesen einzudringen.
Settoia wäre gerne mit einem der vielen Gefährte geflohen. Stattdessen lag sie rücklings auf dem Boden und musste fürchten, jeden Augenblick enttarnt und tatsächlich ermordet zu werden.
Von Ram Wood, Monkey und Kmossen war nichts mehr zu sehen. Der Transmitter am Ende des Raums musste sie an einen anderen Ort gebracht haben. Doch ont Viu war noch da. Settoia hörte seine Stimme. Er redete hektisch mit einer anderen Person.
Wie lange war Settoia weggetreten? Es konnten höchstens Minuten gewesen sein.
»Was meinst du damit, sie lassen sich nicht länger hinhalten?«, fragte ont Viu scharf.
»Sie wissen es«, behauptete ein Mann auf Akonisch. »Sie haben ein Sondereinsatzteam des Energiekommandos in der Nähe und warten nur darauf, zuzuschlagen.«