Perry Rhodan-Extra: Das Antares-Riff - H.G Franzis - E-Book

Perry Rhodan-Extra: Das Antares-Riff E-Book

H.G Franzis

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Beschreibung

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung leiden die Menschen auf der Erde und auf den zahlreichen Planeten der Milchstraße immer noch unter den Nachwirkungen des so genannten Hyperimpedanz-Schocks. Zahlreiche technische Annehmlichkeiten, an die sich die Terraner gewöhnt haben, können auf einmal nicht mehr genutzt werden. Doch seit Perry Rhodan der Menschheit den Zugang zu den Sternen erschloss, haben die Bewohner der Erde immer wieder eine Möglichkeit gefunden, sich gegen alle Schwierigkeiten durchzusetzen. Findige Kontrukteure und tollkühne Piloten wagen erneut den Aufbruch ins All. Sie greifen dabei auf eine Technologie zurück, die als "veraltet" galt. Ausgerechnet ein Sektor der Galaxis wird zum Ziel, der besonders gefährlich ist. Dort toben Hyperstürme, die Raumfahrt zu einem riskanten Abenteuer machen. Trotzdem startet eine Expedition in diese Region - es ist DAS ANTARES-RIFF ...

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EXTRA

Das Antares-Riff

Erneuter Vorstoß ins Universum – mutige Terraner riskieren den Hypersturm

von H. G. Francis

Cover

Vorspann

1.

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Impressum

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung leiden die Menschen auf der Erde und auf den zahlreichen Planeten der Milchstraße immer noch unter den Nachwirkungen des so genannten Hyperimpedanz-Schocks. Zahlreiche technische Annehmlichkeiten, an die sich die Terraner gewöhnt haben, können auf einmal nicht mehr genutzt werden.

Doch seit Perry Rhodan der Menschheit den Zugang zu den Sternen erschloss, haben die Bewohner der Erde immer wieder eine Möglichkeit gefunden, sich gegen alle Schwierigkeiten durchzusetzen. Findige Konstrukteure und tollkühne Piloten wagen erneut den Aufbruch ins All. Sie greifen dabei auf eine Technologie zurück, die als »veraltet« galt.

Ausgerechnet ein Sektor der Galaxis wird zum Ziel, der besonders gefährlich ist. Dort toben Hyperstürme, die Raumfahrt zu einem riskanten Abenteuer machen. Trotzdem startet eine Expedition in diese Region – es ist DAS ANTARES-RIFF ...

1.

Man kann Gott bis in die Tiefen des Universums hinein oder bis ins Innerste eines Atoms suchen, finden wird man ihn nur im Herzen!

Perry Rhodan, 4. August 1999

Auf zweiundvierzig Monitoren konnte Albion Aldograd verfolgen, wie der Junge einen kurzen Anlauf nahm und dann mit einem weiten Satz vom Dach des siebenhundertdreißig Meter hohen Gebäudes sprang. Die langen blonden Haare flatterten um seinen Kopf, während er nahezu ungesichert in den Abgrund stürzte – die Arme balancierend ausgebreitet, das Gesicht von höchster Konzentration gezeichnet. Er trug keinen Antigravgürtel und hielt lediglich einen Haken aus hochverdichtetem, mit Nanopartikeln durchsetztem T-Verkonit in der Hand.

Für ihn und seine Freunde wäre es unicy gewesen, sich anderer Hilfsmittel zu bedienen. Sie gingen das Risiko bewusst ein, und niemand, der anders vorgegangen wäre, hätte Zugang zum Kreis ihrer verschworenen Gemeinschaft bekommen.

Erst vor wenigen Wochen war Albion Aldograd auf ihn und die anderen Jungen und Mädchen aufmerksam geworden. Im Laufe seines Berufslebens als Journalist hatte er ein Gespür für Dinge entwickelt, denen nachzugehen sich lohnte. Er war immer auf der Jagd nach neuen, interessanten Themen. Wie schon so oft war er sich auch dieses Mal sicher, dass er einen Stoff gefunden hatte, an dem auch für TTR kein Weg vorbeiführte. Das Geschehen war so ungewöhnlich und so aufregend, dass die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hatte, darüber informiert zu werden.

Neun Miniaturkameras waren auf den springenden Jungen gerichtet. Jede nahm ihn aus einer anderen Perspektive auf. Daher konnte Albion Aldograd sein Gesicht Format füllend auf einem der Monitore sehen, während die flatternden Haare über einen der anderen wirbelten, die weit geöffneten Augen sich auf einem dritten abzeichneten und die Füße das Bild auf einem weiteren bestimmten.

Jede der Kameras war mit einem Mikrograv versehen, sodass sie flugfähig war und dem Jungen folgen konnte, um jede Phase des »Todessprungs« mit allen Details zu erfassen.

Eine der Kameras erhaschte einen Blick auf das Gesicht der jungen Frau in dem Gleiter, den der Junge sich als Ziel ausgesucht hatte. Gespannt, jedoch mit der innerlichen Gelassenheit, die der Beruf mit sich brachte, beobachtete der Journalist, wie sich die Füße dem Heck des Gleiters näherten. Er war sicher, dass sie dort aufprallen und haften würden.

»Gutes Bild«, flüsterte Aldograd.

Tatsächlich landete der Surfer auf der Maschine. Augenblicklich entspannte sich sein Gesicht, und während er noch um sein Gleichgewicht kämpfte, ging ein strahlendes Lächeln über seine Lippen.

Das aber erlosch, als der Gleiter urplötzlich zur Seite kippte, sodass sich der Junge nicht mehr halten konnte. Er warf sich nach vorn und hangelte verzweifelt mit der Linken nach einem Spoiler, während er den Haken, den er in der rechten Hand hielt, auf die Karosserie zu schlagen versuchte. Das T-Verkonit hätte die dünne Außenhaut des Gleiters zweifellos durchbohrt. Doch der Haken verfehlte den Gleiter, und die linke Hand erreichte den Spoiler nicht.

Zudem verließ die Maschine wider alle Wahrscheinlichkeit die positronisch kontrollierte, vorgeschriebene Bahn, bog in den freien Raum zwischen zwei Hochhäusern ab und jagte gleichzeitig in die Tiefe. Wild um sich schlagend fiel der Surfer in den Abgrund.

Eine der Kameras war auf die anderen Jungen und Mädchen gerichtet. Sie standen auf dem brückenartigen Gebilde, das beide Gebäude dicht unter ihrer Spitze miteinander verband. Von dieser Position aus beobachteten sie die unter ihnen vorbeiziehenden Gleiter, um dann überraschend für die Insassen auf die Maschinen zu springen, möglichst aufrecht darauf zu landen und während des weiteren Fluges darauf stehen zu bleiben.

Albion Aldograd war den Surfern seit Monaten auf den Fersen. Eigentlich seit Anfang dieses Jahres 1336 NGZ. Ständig wechselten sie die Orte für ihre gewagten Aktionen, legten Pausen von manchmal mehr als zwei oder drei Wochen ein, bevor sie ihre Abenteuer fortsetzten. Sie verstanden es, blitzschnell unterzutauchen, sobald ihnen Sicherheitsroboter oder lebende Ordnungshüter zu nahe kamen. Vergeblich hatte er versucht, ein Interview mit ihnen zu führen oder zu filmen. Zumindest mit einem einzigen. Doch immer wieder waren ihm die Surfer ausgewichen. So blieb ihm nur die Möglichkeit, sie mit Hilfe seiner Technik zu beobachten.

Bisher war ihr provokantes Spiel aufgegangen. Die Gleiter bewegten sich auf Flugbahnen, die sowohl von der bordeigenen Positronik als auch von stationären Satelliten aus kontrolliert wurden. Sobald die Beschleunigungsphase abgeschlossen war, flogen alle Maschinen mit vorgegebener Geschwindigkeit, sodass sich für den geübten Surfer genau vorausberechnen ließ, wann und wie schnell sie unter der Brücke hindurchschwebten. Für die Jungen und Mädchen war es ein »icy game«, wie sie es nannten, und je erschrockener die Insassen der Gleiter waren, desto mehr genossen sie den lebensgefährlichen Ritt in siebenhundert Metern Höhe und mit minimaler Sicherung.

Mittlerweile hatte Albion Aldograd dank seiner Beharrlichkeit Bildmaterial gesammelt, das er als geradezu sensationell einstufte und das er der Öffentlichkeit auf jeden Fall zugänglich machen wollte.

Jetzt stand er vor einem Problem. Er musste sich blitzschnell entscheiden. Was nun?, überlegte er. Ein Junge, der unaufhaltsam in die Tiefe stürzt. Und ein Gleiter, der die Technik überlistet und die positronisch kontrollierte Bahn verlässt. Beides sind Themen!

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Journalisten war die Tatsache, dass die Maschine langsamer flog, als der Junge fiel. Er konnte den Stürzenden beobachten. Danach blieb ihm voraussichtlich noch Zeit, sich um den Gleiter zu kümmern.

Er lenkte die Kameras in die Tiefe. Nach nur wenigen Sekunden hatte er das von einem Schock gezeichnete Gesicht des Jungen im Bild. Die Augen waren geweitet, aber blicklos. Angesichts des drohenden Todes hatte der Surfer geistig abgeschaltet. Falls er überhaupt noch etwas sah, dann waren es Bilder, die vor seinem inneren Auge abliefen.

Albion blendete kurz um zu den anderen Surfern auf der Brücke. Sie hatten sich alle auf den Boden geworfen, lagen unmittelbar an der Kante der Brücke und blickten entsetzt in die Tiefe. Keiner von ihnen schien sich je mit dem Gedanken befasst zu haben, sie könnten tatsächlich abstürzen. Sie alle hatten diesen Gedanken verdrängt, so als ob Gleitersurfen ein Trivid-Spiel sei, das man jederzeit abbrechen konnte.

Der Journalist hätte dem Stürzenden etwas mitteilen können. Er hätte die Möglichkeit gehabt, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Er verzichtete darauf, als Journalist war er nur Beobachter, kein Akteur. Nie wäre ihm auch eine Frage über die Lippen gekommen wie »Was fühlst du jetzt?«

Albion war auf Sensationen aus. Unbestritten. Dabei aber schreckte er vor jenen Banalitäten zurück, wie sie vielen seiner Berufskollegen immer wieder unterliefen.

Er verfolgte den Jungen, bis sich kaum zwanzig Meter über dem Boden ein Antigravfeld vor dem Gebäude aufbaute und ihn auffing. Der Stürzende raste in das Feld hinein und wurde ziemlich abrupt abgebremst. Er war zu jung und zu unerfahren, um von dieser automatischen Gebäudesicherung zu wissen. Die Wucht des Aufpralls wirbelte ihn herum, sodass er sich mehrmals überschlug und die Orientierung vollkommen verlor.

Als er auf dem Boden landete, stand er unter einem schweren Schock und war nicht mehr in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Er schrie, erlitt einen Weinkrampf und schien sich nicht mehr daraus lösen zu können.

Die Kameras liefen.

*

Albion war mit dem Ergebnis seiner Arbeit am heutigen Tage zufrieden. Er hatte eine schwere Zeit hinter sich, eine Karriere mit atemberaubenden Höhen und Tiefen. Er hatte bei Terra Network Trivid angefangen, als Inszenator, Journalist und Korrespondent. Rhetorik, Schnitt, Informationsaufbereitung, Grafik, Sound, Kameraführung ... alles syntrongestützt selbstverständlich. Es war wie eine goldene Zeit gewesen. Alles, was er tat, hatte von Anfang an darauf gezielt, einen eigenen Trivid-Sender aufzubauen.

Dabei hatte er Erfolg gehabt und erklomm nach harter, erfolgreicher Arbeit den Thron des Produzenten. Zwei Sender hatten ihm gehört: der Infotainmentsender Albion3D und der auf Nachrichten und Wissenschaft spezialisierte Earth & Space.

Von der Pike auf, pflegte er es seinen Mitarbeitern damals immer wieder zu sagen, von der Pike auf habe ich dieses Metier erobert. Ihr könnt mir nichts vormachen. Also arbeitet ordentlich!

Und dann die Katastrophe: Der 11. September 1331 NGZ hatte den totalen Einbruch in seiner Karriere bedeutet. Die Geschichtswissenschaft nannte es mittlerweile nur noch den Hyperimpedanz-Schock, und die Naturwissenschaftler tüftelten an Neulösungen alter Verfahren herum. Doch für Albion Aldograd war es wie die Begegnung mit seiner ganz persönlichen Nemesis. Buchstäblich über Nacht war jegliche moderne Technik irreparabel ausgefallen. Und er hatte seinen Trivid-Sender EAS selbstverständlich mit den exaltiertesten Entwicklungen ausstaffiert, die es bei maximaler Ausreizung seines finanziellen Gestaltungsspielraums gegeben hatte.

Futsch.

Von einem Augenblick auf den anderen war er nur noch der Besitzer von Schrott. Den Ausfall der gesamten Sendeanlagen seines privaten Trivid-Senders hatte er nicht einmal ansatzweise finanziell oder technisch auffangen können.

Albion Aldograd musste hilflos zusehen, wie sich sein Milliardenvermögen in nichts auflöste und wie die Welt nur um Haaresbreite dem Chaos entkam, das der Hyperimpedanz-Schock bedeutet hatte. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfte er gegen den Untergang von EAS. Am Ende war er wieder das, was er zu Anfang seiner Karriere gewesen war – ein mittelloser Produzent und ein tätiger Journalist.

Die Welt hatte sich gewandelt.

Sie roch wieder neu – und gefährlich. Zumindest für jemanden, der wieder bei null anfangen musste, was im Grunde bedeutete: für alle.

Doch nicht alle hatten so viel verloren wie Aldograd.

Die Landung auf dem Boden der Tatsachen war hart und schmerzhaft. Ihm blieb nichts anderes übrig, als seinen Sender technisch auszuschlachten, wo dies noch möglich war und sinnvoll erschien, sowie alle Verträge mit seinen Mitarbeitern aufzulösen und sämtliche finanziellen Verpflichtungen zu neutralisieren. Als er einen Schlussstrich zog, war er Eigentümer eines riesigen, leeren Gebäudes mitten in Terrania City, für das es derzeit weder Verwendung noch neue Mieter oder Besitzer gab.

Terraner packen an!, hatte sich 1331 zum geflügelten Wort entwickelt und einen weltweiten Motivationsschub bedeutet, auf den am 11. September kein noch so kühner Buchmacher hätte Wetten abschließen mögen. Während die meisten Terraner sich dem direkten, handfesten Wiederaufbau widmeten, hielt Albion Aldograd an seiner Vision fest und begann dort, wo er schon einmal begonnen hatte.

Nachdem er seine Wohnung gekündigt hatte, die in einem anderen Stadtteil lag, richtete er sich in einem der Räume seines Senders ein und beschaffte sich mit den Kontakten, die ihm geblieben waren, Minipositroniken und einfache Kameras, Schneidmaterial und Rechnerzugriffe. Anfangs benutzte er sogar lediglich einen Stift und Schreibfolien, weil nichts anderes verfügbar war. Wenn er sich danach aufmachte, um irgendwo in der Stadt oder ihrer näheren Umgebung zu recherchieren, verschloss er die Eingangstüren, obwohl er nicht zu befürchten brauchte, dass irgendjemand eindrang und Schaden anrichtete.

Später räumte er eine ganze Etage, um Menschen Unterkunft zu gewähren, die im Zuge des totalen Zusammenbruchs der Wirtschaft obdachlos geworden waren. Sie waren ihm dankbar dafür, verhielten sich ruhig und boten ihm ihre Hilfe an, wo immer es ihnen möglich war. Hin und wieder beschäftigte er den einen oder anderen für kleine Aufträge, die er so gut entlohnte, wie er konnte.

Er gab nicht auf. Schon in den ersten Tagen nach dem Hyperimpedanz-Schock war er auf der Suche nach Themen. Stieß er auf eines, das ihm interessant genug erschien, ging er mit einer Sorgfalt und Intensität vor, als könne er es tatsächlich verwerten. Dabei gab es keine Sender mehr, an die er es hätte verkaufen können. Er produzierte auf Vorrat für später, überzeugt davon, dass es irgendwann wieder eine farbige Trivid-Landschaft geben würde. Wochen verstrichen, bis TTR – Terrania-Trivideo – wieder auf Sendung ging. Zunächst versorgte die staatlich gelenkte Anstalt die Bewohner der Stadt für kaum eine Stunde mit Informationen, später wurden mehrere Stunden daraus.

Die Regierung – auf diesem Gebiet vertreten durch Homer G. Adams – nutzte die Möglichkeiten von TTR, um die sich auftürmenden Probleme des Neuaufbaus nach dem Hyperimpedanz-Schock und dem Ausfall aller Syntronik zu bewältigen. Für journalistische Arbeiten der Art, wie Albion Aldograd sie anbot, war kein Platz. Dennoch suchte der ehemalige Herr über die Privatsender Albion3D und EAS die Büros der Redakteure wenigstens einmal in der Woche auf, um sich und seine Arbeiten anzubieten und für ein wenig Unterhaltung beim Sender zu plädieren.

*

»Bei mir rennst du offene Türen ein, Albion«, beteuerte Frisher Kreea mit geradezu beängstigender Gewissheit jedes Mal, wenn Aldograd ihm Material anbot.

Kreea war ein etwa einhundertzwanzigjähriger Redakteur, der seit vielen Jahren schon bei TTR arbeitete. Albion hatte den Eindruck, dass er schon gar nicht mehr anders denken konnte als in den von diesem Sender vorgegebenen Bahnen. Er war klein und zierlich, hatte ein rotes Gesicht mit kräftigen Wangen, einer kleinen Nase und weit auseinander stehenden blauen Augen, die sich – wenn er sich gestresst fühlte – unabhängig von einander bewegten.

Er saß in einem kleinen Büro, das ohne die projektiven Gestaltungselemente eines einfachen Syntrons plötzlich sowohl leer als auch extrem beengend erschien. Alles hier atmete die Hoffnung, es werde irgendwann wieder so werden wie früher, ganz besonders Kreea selbst, eingeklemmt zwischen Schreibfolien und positronischen Geräten, von denen jedoch nur eines eingeschaltet war. Das schüttere, mausgraue Haar war dünn geworden und bedeckte seinen Schädel nur noch wie ein Nebelhauch.

»Wenn es nach mir ginge, würde ich noch heute Unterhaltung bringen. Aber es geht nicht nach mir. Der Staat bedarf des Senders, um das Leben in diesen unsiche... interessanten Zeiten zu begleiten und zu sichern. Wenn all das vorbei ist ... diese schreckliche Sektengeschichte, du weißt schon, Technikfeinde, Untergangspropheten und all das ... dann, ja, vielleicht dann.«

Er hob die Schultern an den Kopf, um seine Hilflosigkeit anzudeuten. Dabei blies er die Wangen auf und verdrehte die Augen.

»Natürlich.«

Albion Aldograd ließ sich nicht täuschen. Er kannte diesen Redakteur schon seit Jahren, und mit niemandem hatte er mehr Schwierigkeiten gehabt als mit ihm. Bedauerlicherweise war Frisher Kreea der Einzige im Sender, der überhaupt für Außenstehende ansprechbar war. Dieser sture und engstirnige Mann verweigerte normalerweise allein schon das Gespräch über Unterhaltung im Trivid.

Dennoch, nahm der Journalist sich vor. Lass ihn sein, wie er will, ich bleibe am Ball. Die Entwicklung spricht für mich. Früher oder später wird Kreea seinen Platz räumen oder sich neuen Anweisungen beugen.

Er war fest davon überzeugt, dass auch einem Sender wie TTR nichts anderes übrig blieb, als seine Sendungen mit mehr und besserer Unterhaltung anzureichern, um überhaupt Zuschauer ansprechen zu können.

Kein Mensch konnte daran interessiert sein, immer nur sachliche Informationen über die Wasser- und Energieversorgung der Stadt, die Verkehrsregelungen, über politische Entwicklungen auf der Erde, erste und weiterführende Schritte ins All, die Pflege von Säuglingen oder Alten, erlaubte und nicht erlaubte Zusätze im Brot, die Möglichkeit, sich selbst Haut pflegende Mittel herzustellen und andere praktische Hinweise zu erhalten.

Die Menschen wollten nicht wissen, wie die Verkehrswege allmählich wieder aufgebaut wurden, sie wollten sie benutzen, sie wollten keine endlosen juristischen Vorträge über das Kleingeschriebene in Mietverträgen hören, sondern sie wollten Wohnungen haben, in denen sich leben ließ. Und sie wollten zuweilen Unterhaltung und Reportagen, die diesen Namen auch verdienten. Irgendwann war Schluss mit dem, was die Journalisten wenig respektvoll unter sich Schul-Trivid nannten.

»Es ist brisantes Material, das förmlich nach Ausstrahlung schreit«, sagte er. »Du solltest es nicht zu weit in die Ecke legen. Vielleicht brauchst du es schon morgen.«

»Ich werde daran denken«, versprach Frisher Kreea und gähnte hinter der vorgehaltenen Hand. Er war gelangweilt und glaubte nicht daran, dass der Sender sein Programm in absehbarer Zeit ändern würde. Unter seiner Ägide würde es jedenfalls nichts geschehen.

Als Albion Aldograd – und viele seiner Freunde und Kollegen – erkannten, wie sich TTR entwickelte, versuchten sie mit vereinten Kräften, einen eigenen Sender aufzubauen. Den privaten Infotainmentsender Albion3D. Dazu war die Genehmigung der Behörden nötig. Tatsächlich erhielt Aldograd eine Lizenz, die allerdings mit einigen Auflagen verbunden war. Gleichzeitig ging eine zweite, staatliche Anstalt auf Sendung – mit einem minimalen Anteil an Unterhaltung und einem geradezu erdrückenden Anteil an Information.

Albion Aldograd fluchte. »Das ist Langeweile pur! Ich verstehe nicht, dass die Menschen sich so etwas gefallen lassen.«

Angesicht der extrem knappen Mittel, die ihm zur Verfügung standen, war er zunächst lediglich in der Lage, für eine Stunde am Tag auf Sendung zu gehen. Seine Reportagen aus der Stadt Terrania kamen gut an. Das Publikum verlangte nach mehr. Schließlich erweiterte er das Programm auf zwei Stunden täglich. Mehr war nicht möglich, da die flankierenden Werbeaufträge aus der Wirtschaft fehlten, mit denen er die Trivid-Anstalt hätte finanzieren können. Er hatte nicht einmal genügend Mittel, um Mitarbeiter einzustellen. Daher war er darauf angewiesen, einige Produktionen an die öffentlichen Sender zu verkaufen. Solange jedoch keine Verträge abgeschlossen wurden, floss auch kein Geld, und seine Situation verbesserte sich nicht.

2.

Wir sind in diese Welt getreten, nicht nur, dass wir sie kennen und erkennen, sondern dass wir ihr positiv entgegengehen.

Perry Rhodan, 27. Dezember 2780

Die Jungen und Mädchen hoch oben auf der Brücke konnten nicht sehen, was geschehen war. Sie wandten sich in stummer Trauer ab und lehnten sich Trost suchend aneinander. Albion verzichtete darauf, ihnen mitzuteilen, dass der Junge der Sturz überlebt hatte. Das war nicht seine Aufgabe, und es hätte seine derzeitige Chance auch zunichte gemacht. Er schickte ihnen ein Holo und stellte sich kurz als Journalisten vor, der nichts als ein paar Antworten haben wollte.

»Ich möchte mit euch reden«, sagte er.

Argwöhnisch wandten sie sich dem Holo zu. Er merkte ihnen an, dass sie sich in die Defensive gedrängt fühlten. Was Wunder! Sie glaubten, einen ihrer Freunde verloren zu haben.

»Was willst du von uns?«, fragte ein brünettes Mädchen. Es war schlank. Seine weiblichen Formen waren noch nicht sehr ausgeprägt.

»Ich würde gerne wissen, ob ihr euch von Anfang an der Gefahren bewusst gewesen seid, die mit dem Gleitersurfen verbunden sind«, antwortete er.

»Keine Sau konnte damit rechnen, dass die Kapsel plötzlich abkippt«, bemerkte einer der Jungen. Er hatte grün gefärbte Haare, die er sich in die Stirn gekämmt hatte. Sie bedeckten nahezu sein ganzes Gesicht. »Gleiter können so was nicht.«

»Wieso reden wir eigentlich mit dem Spießer?«, rief ein Mädchen, das allein neben den anderen stand. Sie hatte geweint. Ihre Augen waren gerötet und die Wangen verschmiert. »Der hat sowieso keine Ahnung, was den Kick ausmacht.«

Die Surfer blickten einander kurz an, waren sich einig und spritzten in wilder Flucht auseinander. Sie flüchteten ins Innere des Gebäudes, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Albion Aldograd lächelte.

Er brauchte keine weiteren Antworten. Ihr Verhalten verriet ihm alles. Sie waren Kinder, die einen besonderen Anreiz wollten, den Kick. Sie wollten aus dem langweiligen Allerlei des täglichen Lebens ausbrechen und in gewisser Hinsicht auch die Erwachsenen provozieren. Sie wollten, was ihnen der Alltag verweigerte – Unterhaltung.

Plötzlich fiel ihm ein, dass er den Gleiter vergessen hatte.

Er war möglicherweise noch wichtiger als die jugendlichen Surfer.