Pferdeflüsterer-Mädchen, Band 5: Die zweite Chance - Gina Mayer - E-Book

Pferdeflüsterer-Mädchen, Band 5: Die zweite Chance E-Book

Gina Mayer

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Beschreibung

Auf den Klippen am Meer steht ein alter Hof – die Ocean Ranch. Hier lernt Ruby die Sprache der Pferde. Ruby versteht die Welt nicht mehr. Wieso darf die arrogante Grace, die Pferdeflüstern für Zeitverschwendung hält, plötzlich am Reitunterricht teilnehmen? Und haben etwa alle vergessen, dass dieses Mädchen beinahe ein Pferdeleben auf dem Gewissen gehabt hätte? Als der Ranchbesitzer von Ruby verlangt, Grace noch eine Chance zu geben, platzt ihr fast der Kragen. Aber dann verschwindet Graces Pferd spurlos und Grace braucht mehr als nur eine zweite Chance: Sie braucht eine Freundin, die ihr hilft … Die neue Pferdeflüsterer-Reihe von Bestseller-Autorin Gina Mayer für Kinder ab 8 Jahren Entdecke alle Abenteuer der Reihe: Band 1: Rubys Entscheidung Band 2: Ein großer Traum Band 3: Das verbotene Turnier Band 4: Das kleine Wunder

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Als Ravensburger E-Book erschienen 2022Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag© 2022 Ravensburger VerlagText © Gina MayerVermittelt durch die Literaturagentur Arteaga, BerlinIllustrationen © Florentine PrechtelCoverzeichnungen: Florentine PrechtelUmschlaggestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg, unter Verwendung von Bildern folgender Fotografen bei Shutterstock:© www.MartinaBurianova.cz (Pferd);© Andrey_Arkusha (Mädchen);© Klagyivik Viktor (Landschaft, Berge);© ValekStudio (Textur 1, Lichter);© Paladin 12 (Textur 2)Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.ISBN 978-3-473-51145-7ravensburger.com

Ein knallpinkes Fahrrad im Fahrradständer. Das war das Erste, was Ruby ins Auge fiel, als sie auf den Hof der Ocean Ranch radelte.

Sie stieg ab und schloss einen Moment lang die Augen. Nun war es also so weit. Sie wusste ja schon seit Wochen, dass der Tag kommen würde. Und trotzdem hatte sie immer noch gehofft, dass ihr das Ganze irgendwie erspart bleiben würde.

Als Ruby die Augen wieder öffnete, sah sie Simon auf den Hof fahren. Auch er bemerkte das pinke Rad sofort. Es war ja auch nicht zu übersehen.

„Oh nein!“ Sein sommersprossiges Gesicht verdüsterte sich.

„Oh doch.“ Jetzt kam Amir über den Hof auf sie zu. Rubys Stimmung hellte sich sofort ein bisschen auf, wie immer, wenn sie ihren Freund sah. Amir wirkte allerdings ziemlich missmutig. „Sie ist da.“

„Wo steckt sie denn?“ Ruby sah sich suchend um.

Der Hof, der zwischen dem alten Steinhaus, der kleinen Reithalle und dem Pferdestall lag, war leer, wenn man mal von der Handvoll Hühner und Pfau Luzifer absah, die vor der Scheune herumpickten.

„Im Stall.“ Amir deutete mit dem Kinn auf das lang gezogene Gebäude mit Solardach. Sein schwarzes Haar schimmerte im Sonnenlicht leicht bläulich. „Sir Prince wurde heute Morgen gebracht. Er steht in einer Box im Stall. Patrice will, dass er sich erst mal an die neue Umgebung gewöhnt.“

„Verstehe.“ Ruby senkte die Stimme zu einem Wispern, obwohl man sie im Stall bestimmt nicht hören konnte. „Dann reiten wir jetzt aus, okay? Ich hab wirklich null Bock …“ Weiter kam sie nicht.

„Hi, ihr drei!“, gellte nämlich eine laute Stimme über den Hof.

Luzifer machte vor Schreck einen Satz in die Höhe und die Hühner gackerten empört.

Ein blondes Mädchen in rosa Reithosen war soeben aus dem Stall getreten und winkte ihnen zu. Es war Grace Delaney, die ab sofort auch in der Ocean Ranch reiten würde.

Grace ging mit Ruby und Simon in eine Klasse und bis vor Kurzem hatte sie jede Gelegenheit genutzt, die Ocean Ranch schlechtzumachen. Aber vor einigen Wochen hatte Hegarty’s – das Gestüt, in dem sie bisher trainiert hatte – Konkurs angemeldet. Und danach hatte Grace ihr Pferd Sir Prince ausgerechnet hierhergebracht.

„Nicht so laut!“, zischte Simon. „Hier wird nicht rumgeschrien!“

„Sorry!“ Grace schlug sich erschrocken eine Hand vor den Mund, während sie zu ihnen rüberrannte.

„Das hab ich vergessen“, flüsterte sie übertrieben leise, nachdem sie sie erreicht hatte.

Die Ocean Ranch war nämlich kein gewöhnlicher Reiterhof. Die meisten Tiere, die hier lebten, hatten eine harte Vergangenheit hinter sich. Patrice, dem die Ranch zusammen mit seiner Freundin Kelly gehörte, war ein Pferdeflüsterer. Er kaufte Pferde auf, die traumatisiert oder misshandelt worden waren oder aus nicht nachvollziehbaren Gründen eingeschläfert werden sollten. Und wenn ihm ein paar zerrupfte Hühner oder eine dreibeinige Katze über den Weg liefen, gab er auch diesen Tieren eine neue Heimat.

Die Pferde brachte Patrice mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen dazu, das Vertrauen in die Menschen zurückzugewinnen. Einige behielt er, andere verkaufte er danach weiter – wobei er sorgsam darauf achtete, dass die Tiere in gute Hände kamen.

Ruby, Simon und den Kindern, die schon länger in der Ocean Ranch ritten, war es bereits in Fleisch und Blut übergegangen, dass man auf dem Gelände nicht rumbrüllte. Aber Grace war ja neu hier.

Ruby konnte es einfach nicht fassen, dass Patrice sie und ihr Pferd aufgenommen hatte. Er wusste doch genau, wie Grace drauf war. Rubys Mitschülerin hielt überhaupt nichts von Natural Horsemanship – wie das Pferdeflüstern offiziell genannt wurde – und ein respektvoller Umgang mit Pferden lag ihr total fern. Ihr kam es nur darauf an, Turniere zu gewinnen.

„Sir Prince findet es super hier.“ Grace schien gar nicht zu merken, dass Ruby und ihre Freunde keine Lust hatten, mit ihr zu reden. „Patrice sagt, dass er schon in ein paar Tagen zu den anderen auf die Koppel darf.“

„Wow“, sagte Ruby. „Willst du ihn wirklich auf eine echte Pferdeweide lassen? Bist du dir da sicher? Da wächst Gras! Und was ist, wenn Sir Prince über einen Erdhügel stolpert und sich ein Bein verstaucht?“

Bei Hegarty’s hatten die wertvollen Turnierpferde immer in Einzelpaddocks gestanden und waren nur zum Training und für die Wettkämpfe aus den Boxen geholt worden. Für Pferde war diese Einzelhaltung nicht gut, sie waren schließlich Herdentiere und brauchten die Nähe zu ihren Artgenossen.

Graces Lächeln verschwand so schnell, als hätte jemand es ausgeknipst. Verdrossen starrten ihre großen dunklen Augen an Ruby vorbei, während sie an der Innenseite ihrer Wange kaute. Grace sah superhübsch aus, das musste man ihr lassen.

„Ich weiß ja, dass hier andere Regeln gelten“, sagte sie mürrisch. „Aber für mich ist das okay.“

Ruby hatte sich fest vorgenommen, Grace einfach zu ignorieren, aber jetzt schaffte sie es nicht, ein verächtliches Schnauben zu unterdrücken. Als sie vor einem knappen Jahr mit ihrer Mutter nach Bickerick gezogen war, waren sie kurze Zeit befreundet gewesen. Doch dann hatte Ruby mitbekommen, wie mies Grace ihre Stute Fantasy behandelt hatte, nur weil diese bei einem Turnier nicht richtig durchgestartet war. Ruby hatte dafür gesorgt, dass Fantasy auf die Ocean Ranch gekommen war – und das hatte Grace ihr schwer übel genommen.

„Sollen wir dann mal los?“, fragte Simon. „Ich hab meiner Mum versprochen, dass ich um fünf wieder zu Hause bin.“

„Kommst du auch mit?“, fragte Ruby Amir.

„Ja“, sagte Grace an seiner Stelle, obwohl es absolut klar war, dass die Frage nicht an sie gerichtet war. „Super gerne. Und Sir Prince wird der Ausritt auch guttun.“ Sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte zurück zum Stall, bevor jemand irgendetwas sagen konnte.

„Mist!“, murmelte Ruby.

Von den Klippen wehte ein sanfter Sommerwind herab und brachte die Oberfläche des Meeres zum Kräuseln wie zerknitterte Seide. Über dem Wasser schossen Möwen hin und her und stießen gellende Freudenschreie aus.

Simon und Amir galoppierten auf ihren Pferden bereits auf das Ende der Bucht zu. Sie entfernten sich immer weiter von Ruby und Grace, die auf Fantasy und Sir Prince über den weißen Sand trabten.

Seit sie losgeritten waren, redete Grace ununterbrochen auf Ruby ein. Ruby hatte das Gefühl, dass Grace nicht ein einziges Mal Luft geholt hatte. Es war wirklich erstaunlich, dass sie nicht schon längst ohnmächtig geworden war.

Gerade erzählte Grace von den Reitstunden, die sie ab sofort bei der Trainerin Miyu Tanaka nehmen wollte.

„Ich kann es kaum erwarten, wieder mit ihr zu arbeiten“, erklärte sie. „Miyu ist einfach die Beste. Die Trainer, die ich nach ihr hatte, waren allesamt totale Luschen.“

Ruby schaute sehnsüchtig zu Simon und Amir. Warum ließen ihre Freunde sie mit dieser Quasselstrippe allein? Sie wussten doch genau, wie nervig Grace war.

Ruby verlagerte ihr Gewicht nach vorn und gab die Zügel nach. Ihre Stute Fantasy griff den Impuls sofort auf und fiel vom Trab in den Galopp. Vermutlich wollte auch sie nichts wie weg von Grace.

„Hey, willst du mich etwa abhängen?“, rief Grace und brachte Sir Prince ebenfalls in den Galopp.

Der sandfarbene Wallach war ein ganzes Stück größer und viel kräftiger als Fantasy. Es bereitete ihm leider überhaupt keine Mühe, an der Schimmelstute dranzubleiben. Und Grace schaffte es, sogar beim Galoppieren weiterzureden.

„In Oktober starte ich in Manchester“, gellte ihre helle Stimme zu Ruby herüber. „Das Junior Horse Jumping ist das Turnier für Nachwuchsspringerinnen. Wenn ich mich da durchsetze, hab ich die Juniormeisterschaften so gut wie in der Tasche.“

Man konnte sich leider nicht die Ohren zuhalten, wenn man auf einem galoppierenden Pferd saß. Aber zumindest hatten Amir und Simon Rubys Fluchtversuch inzwischen bemerkt. Sie brachten ihre Pferde zum Stehen und warteten, bis Ruby und Grace sie eingeholt hatten.

Amir warf Ruby einen entschuldigenden Blick zu, den sie mit einer Grimasse erwiderte. Beim Losreiten war ihre Laune schon am Nullpunkt gewesen, nun befand sie sich irgendwo in arktischen Tiefen.

„Sollen wir noch rüber in die kleine Bucht?“, fragte Amir.

„Ich muss zurück“, sagte Simon nach einem Blick auf die Uhr.

„Ich auch“, sagte Ruby, obwohl sie am Nachmittag nichts mehr vorhatte und gerne noch ein Stück geritten wäre. Aber nicht mit dieser Nervensäge im Nacken.

„Super Idee!“ Grace warf Amir ein strahlendes Lächeln zu. „Ich bin dabei.“

Ruby konnte ein Gefühl der Schadenfreude nicht unterdrücken. Amir konnte Grace auch nicht ausstehen. Grace war dagegen total verknallt in ihn, das war nicht zu übersehen.

„Ich … äh …“ Hilflos blickte Amir zu Ruby.

Wenn sie jetzt einlenkte und doch noch mitkam, würde er mit Sicherheit wieder vorausreiten und Ruby könnte sich allein mit Grace herumschlagen.

Nein danke, dachte Ruby. Und zuckte bedauernd mit den Schultern.

„Der arme Kerl“, sagte Simon mitleidig, während sie Amir und Grace dabei zusahen, wie sie auf ihren Pferden über den Strand preschten. Sie konnten ihre Gesichter nicht sehen, aber Ruby war sich sicher, dass Grace quasselte und Amir die Lippen zusammenpresste.

„Wir Armen“, korrigierte Ruby ihn. „Die werden wir nie mehr los.“

Weil Simon echt in Eile war, übernahm Ruby das Absatteln der Pferde. Sie hatte Fantasy und die hellbraune Dottie, deren Fell über und über mit schwarzen Punkten überzogen war, gerade an der Stange neben dem Stall festgebunden, als Bruno um die Ecke marschierte.

Der kleine Falabella-Wallach trug ein Geschirr, an dem eine Führvorrichtung befestigt war, und an der hielt sich Brunos Besitzerin Emily fest.

Das zehnjährige Mädchen war vor ein paar Jahren erblindet, deshalb wurde Bruno von Patrice gerade zum Blindenpferd ausgebildet. Irgendwann einmal würde der Falabella in der Lage sein, Emily wie ein Blindenhund durch die Stadt zu führen. Aber im Moment stand das Pferd noch ganz am Anfang seiner Ausbildung und Emily durfte eigentlich nicht allein mit ihm spazieren gehen.

„Alles okay, Emily?“, rief Ruby ihrer Freundin zu.

Emily drehte das Gesicht in ihre Richtung. Ihre schönen hellgrünen Augen sahen Ruby an, ohne sie wahrzunehmen.

„Ruby?“, fragte sie zurück.

Bevor Ruby antworten konnte, ertönte lautes Gebell und jetzt stürmte Arthur um die Ecke, der große Schäferhund von Patrice und Kelly. Wenn er so auf einen zusetzte, sah er echt furchterregend aus, dabei war Arthur der harmloseste Hund aller Zeiten. Ursprünglich hätte er ein Polizeihund werden sollen, aber dort hatten sie ihn ausgemustert, weil er einfach nicht scharf werden wollte.

Nun hatte Arthur Bruno erreicht und leckte ihm über die Schnauze. Der Falabella schnaubte erfreut. Arthur und er hatten fast die gleiche Größe und waren die besten Freunde. Ruby hatte manchmal den Verdacht, dass Bruno sich eher für einen Hund hielt als für ein Pferd.

„Emily!“ Nun tauchte auch Patrice an der Hausecke auf. Wie immer, wenn er sich schnell bewegte, hinkte er leicht. Nach seinem Reitunfall hatte er nämlich sein rechtes Bein verloren und trug jetzt eine Prothese. „Du solltest vor der Reithalle auf mich warten. Kann man sich denn gar nicht auf dich verlassen?“

Der Pferdeflüsterer hatte einen unverkennbaren französischen Akzent. Patrice stammte aus dem französischsprachigen Teil Kanadas, Kelly und er lebten erst seit ein paar Jahren in England. Er funkelte Emily ärgerlich an, was diese natürlich nicht sehen konnte. Aber Patrices scharfer Ton entging ihr nicht.

„Sorry“, sagte sie schuldbewusst. „Wir sind nur ein kleines Stück weitergegangen.“

„Das kannst du nicht bringen“, schimpfte Patrice. „Wir hatten eine klare Abmachung.“

„Sorry“, sagte sie erneut. „Kommt nicht wieder vor, Ehrenwort.“

Patrice seufzte schwer. Es war nicht das erste Mal, dass Emily sich nicht an die Regeln hielt. Sie war felsenfest davon überzeugt, dass sie Bruno auch jetzt schon perfekt im Griff hatte. Ruby konnte sie gut verstehen, sie selbst war leider ähnlich dickköpfig wie ihre Freundin.„Ist ja nichts passiert“, sprang sie Emily bei. „Wie ist das Training denn gelaufen?“