Philoktet - Sophokles - E-Book

Philoktet E-Book

- Sophokles

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Beschreibung

Philoktet gilt als bester Bogenschütze der Griechen. Ohne ihn, so verheißen es die Götter, ist die Schlacht um Troja verloren. Ungünstig nur, dass Odysseus den Krieger vor Jahren auf einer Insel ausgesetzt hat und dieser entsprechend schlecht auf die Griechen zu sprechen ist. Als Odysseus versucht, den sturen Philoktet mit einer Lüge zur Mitfahrt nach Troja zu bewegen, kochen Konflikte hoch, die die wesentlichen Fragen unseres Zusammenlebens berühren.

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Sophokles

Philoktet

Aus dem Altgriechischen übersetzt und herausgegeben von Kurt Steinmann

Mit einem Nachwort von Markus Janka

Diogenes

Personen

ODYSSEUS, Sohn des Laërtes

NEOPTOLEMOS, Sohn des Achilleus

CHORaus Schiffsleuten des Neoptolemos

PHILOKTET, Sohn des Poias

SPÄHER, ein als Kaufmann verkleideter Schiffsgefährte des Neoptolemos

HERAKLES

 

Stumme Rollen:

Ein Begleiter des Neoptolemos

Ein Begleiter des ›Kaufmanns‹

Zwei Begleiter des Odysseus

 

Verteilung der Sprechrollen auf die drei Schauspieler:

1. Schauspieler: Philoktet

2. Schauspieler: Neoptolemos

3. Schauspieler: Odysseus, ›Kaufmann‹, Herakles

Zeit der Handlung

Kurz vor Ende des Troianischen Kriegs

Auf‌führung

Athen, Dionysien 409 v. Chr.

Prolog (1–134)

Szene: Gelände in der Nähe des Meeresstrandes auf der unbewohnten Insel Lemnos. Im Hintergrund eine Höhle mit einem vorderen und hinteren Eingang, zu der ein Pfad hinauf‌führt.

Odysseus und Neoptolemos (mit einem Begleiter, s.V. 45) kommen vom Strand herauf und bleiben in einiger Entfernung von der Bühne stehen.

ODYSSEUS

Die raue Küste ist dies hier des rings umströmten Lands

von Lemnos, unbetreten und auch nicht bewohnt von Sterblichen,

wo ich, du Sohn des Besten der Hellenen,

Kind des Achilleus, Neoptolemos,

5den Melier, Sohn des Poias, einst hab ausgesetzt –

beauf‌tragt so zu handeln von den Herrschenden –

da er von einem schwärenden Geschwür troff an dem Fuß,

als uns kein Weihguss und kein Räucheropfer

in ungestörter Ruhe zu vollziehen möglich war, vielmehr

10erfüllte er mit wilden Jammerrufen ständig das gesamte Heereslager

durch sein Geschrei und Brüllen. Doch wozu ist’s nötig, noch davon

zu reden? Denn für lange Reden ist für uns jetzt nicht die rechte Zeit,

damit er nicht noch merkt mein Kommen,

und ich den ganzen schlauen Plan vermassele, mit dem ich ihn sogleich zu fangen denke.

15Doch jetzt ist’s deine Sache, mitzuhelfen mir bei dem, was noch zu tun,

und auszuspähen, wo hier eine Felsenhöhle mit zwiefachem Eingang ist,

so, dass bei Kälte sich auf beiden Seiten ein besonnter Platz

zum Sitzen findet, und ein Luftzug in der Sommerglut

den Schlaf durch eine beiderseits durchbrochene Behausung schickt.

20Ein wenig unterhalb, zur Linken, könntest du vielleicht,

um draus zu trinken, eine Quelle sehn, falls sie noch fließt.

Da geh mir schweigend hin und gib ein Zeichen, ob er noch

an eben dieser Stelle wohnt, ob anderswo,

damit dann du den Rest, was noch zu sagen ist, vernimmst,

25und ich es dir erkläre und der Plan gemeinsam von uns beiden werde umgesetzt.

NEOPTOLEMOS

Ist zur Höhle aufgestiegen

Odysseus, Herr, der Auf‌trag, den du nennst, erfordert keinen langen Weg:

Ich glaube nämlich eine Höhle, wie du sie beschrieben hast, zu sehn.

ODYSSEUS

Wo? Über oder unter dir? Denn eine klare Vorstellung besitz ich nicht.

NEOPTOLEMOS

Hier, oben, und kein Hall von einem Tritt.

ODYSSEUS

30Sieh nach, ob er nicht drinnen haust und schläft!

NEOPTOLEMOS

Ich sehe die Behausung leer, ganz menschenlos.

ODYSSEUS

Und ist kein Hausrat drin, der diese wohnlich macht?

NEOPTOLEMOS

Doch, eine festgedrückte Schütte Blätter, wie von einem, der drauf ruht.

ODYSSEUS

Sonst alles kahl? Und ist nichts weiter unterm Dach?

NEOPTOLEMOS

35Aus rohem Holz ein Becher, eines Stümpers

›Kunstwerk‹, und dabei, hier, diese Feuersteine.

ODYSSEUS

Sein sind die Kostbarkeiten, die du mir da nennst!

NEOPTOLEMOS

Iuh! Iuh! Da trocknen außerdem noch Lumpen,

vom Eiter ganz durchtränkt aus einer schlimmen Wunde.

ODYSSEUS

40Der Mann haust hier an diesen Plätzen, das ist klar,

und ist nicht weit entfernt hier irgendwo. Wie sollte denn ein Mann, der krankt

am Bein durch altes Leiden, weit zu Fuß noch gehn?

Nein, er ist wohl zur Nahrungssuche fortgegangen, oder, wenn

er irgendwo hier eines kennt, zu finden ein schmerzstillend Kraut.

Odysseus (mit dem Begleiter) ist inzwischen näher an die Höhle und Neoptolemos herangekommen.

45Drum schick den Mann hier (Neoptolemos’ Diener) aus zum Spähen,

dass jener mich nicht unversehens überfällt. Denn lieber möchte er

wohl meiner habhaft werden als der Griechen insgesamt.

NEOPTOLEMOS

Gibt dem Begleiter ein Zeichen, den Spähgang anzutreten

Nun denn, er geht, der Pfad wird überwacht.

Du aber, wenn du etwas wünschst, setz deine Rede fort!

ODYSSEUS

50Achilleus’ Sohn, du musst bei dem, wofür du hergekommen bist,

dich würdig zeigen deiner angestammten Art, nicht nur mit deinem Leib,

vielmehr, wenn etwas Unerhörtes du, wovon bislang du nichts

gehört, vernimmst, mir Hilfe leisten; denn als Helfer bist du hier.

NEOPTOLEMOS

54aWas denn gebietest du?

ODYSSEUS

54b   Du sollst die Seele Philoktets

55mit Reden täuschend hintergehn.

Wenn er dich fragt, wer und woher du bist,

so sage: des Achilleus Sohn – dabei braucht’s kein Vertuschen;

doch dann erzähle, dass du heimwärts segeln willst, nachdem

das Schiffsheer der Achaier du verlassen hast, da großen Hass du fasstest gegen sie,

60die dich mit Bitten hatten aufgefordert, von zu Haus zu kommen,

weil einzig so sie Aussicht hatten, Troia zu erobern,

doch dich der Rüstung des Achilleus nicht für würdig hielten,

sie dir zu geben, als du angekommen und rechtsgültig Anspruch drauf erhobst, nein,

Odysseus schanzten sie sie zu; dabei magst du, soviel du willst,

65schlimmste Lästerworte fallen lassen gegen mich.

Denn damit wirst du mich in keiner Weise kränken, aber lehnst

du mein Ersuchen ab, so wirst du allen Griechen Leid zufügen.

Denn wenn wir seinen Bogen nicht in unsre Hand bekommen,

nie wirst du dann das Land des Dardanos zerstören.

70Wieso zwar nicht für mich, jedoch für dich der Umgang

mit diesem Mann vertrauensvoll und sicher ist, erfahre nun:

Du bist nach Troia hingesegelt, niemandem durch Eid verpf‌lichtet,

noch unter Zwang, noch an der ersten Fahrt beteiligt,

wogegen ich von alle diesem nichts bestreiten kann,

75sodass, wenn er, Gebieter seines Bogens, mich bemerken wird,

ich gleich verloren bin und dich als dein Begleiter mit in das Verderben reiß.

Nein, grade dies gilt’s listig anzuzetteln, wie zum Dieb

du seiner unbezwungnen Waffen wirst.

Ich weiß genau, mein Sohn, du bist von deinem Wesen her nicht so geschaffen,

80solch arge Dinge auszusprechen und sie listig durchzuführen.

Jedoch – denn süß ist der Besitz des Siegs –

gewinn es über dich! Ein andermal dann wieder zeigen wir als ehrlich uns.

Doch jetzt verschreib dich mir für eines Tages kurze Spanne

zu unverschämter Tat, und dann für deines Lebens Rest

85sollst aller Sterblichen Gewissenhaftester du heißen!

NEOPTOLEMOS

Ich hass es, Worte, die zu hören mich schon schmerzt,

Sohn des Laërtes, auch noch umzusetzen in die Tat.

Denn meine Wesensart ist’s, nichts mit übler Hinterlist zu tun,

ich selber nicht noch, wie man sagt, der mich gezeugt.

90Doch bereit bin ich, den Mann gewaltsam wegzuführen,

nur nicht mit Tücke. Denn nicht wird er – mit einem Fuß nur – uns,

so viele!, mit Gewalt in seine Hand bekommen.

Indes, da ich als Helfer dir bin mitgeschickt, scheu ich davor zurück,

dass ich Verräter werd genannt. Doch lieber will ich, Herr, mit Anstand handeln und

95mein Ziel verfehlen als erfolgreich sein auf schnöde Art.

ODYSSEUS

Sohn eines edlen Vaters, auch ich selbst war einst, als jung ich war,

träg mit der Zunge, aber schneidig mit der Faust.

Jetzt aber, da die Sache ich geprüft, erkenne ich, dass bei den Sterblichen

die Zunge, nicht die Taten, alles lenkt.

NEOPTOLEMOS

100Was denn befiehlst du andres mir, als dass ich lügen soll?

ODYSSEUS

Ich trag dir auf, mit List den Philoktet zu fangen.

NEOPTOLEMOS

Warum ist’s zwingend, eher ihn mit List nach Troia hinzubringen als mit Überzeugen?

ODYSSEUS

Nie lässt er überzeugen sich; und mit Gewalt fängst du ihn nicht.

NEOPTOLEMOS

Vertraut er so gewaltig denn auf seine Körperkraft?

ODYSSEUS

105Er hat die Pfeile, unentrinnbar und den Tod aussendend.

NEOPTOLEMOS

Noch nicht einmal sich ihm zu nähern darf man also wagen?

ODYSSEUS

Nein, nur wenn man mit List ihn hat gefangen, wie ich sage.

NEOPTOLEMOS

Hältst du es also nicht für schändlich, wenn man lügt?

ODYSSEUS

Nein, wenn die Lüge denn die Rettung bringt.

NEOPTOLEMOS

110Mit welcher Miene wird’s dann einer wagen, solches auszusprechen?

ODYSSEUS

Strebst irgendwas du an zu deinem Vorteil, ist zu zögern fehl am Platz.

NEOPTOLEMOS

Doch welchen Vorteil bringt es mir, dass er nach Troia kommt?

ODYSSEUS

Es bringt sein Bogen Troia einzig und allein zu Fall.

NEOPTOLEMOS

Nicht also ich bin’s, der’s zerstören wird, wie ihr gesagt?

ODYSSEUS

115Nicht ohne Bogen du und nicht der Bogen ohne dich.

NEOPTOLEMOS

Dann gilt es wohl, den Bogen zu erbeuten, wenn’s sich so verhält.

ODYSSEUS

Ja, denn wenn du dies tust, trägst zwiefach Gaben du davon.

NEOPTOLEMOS

Welch beide? Denn wenn ich dies weiß, so würd ich wohl der Tat mich nicht entziehn.

ODYSSEUS

Gewitzt und zugleich tapfer würdest du – derselbe Mann – genannt.

NEOPTOLEMOS

120So sei’s! Ich werd es tun, geb jeden Skrupel auf.

ODYSSEUS

Und denkst du auch an das, was ich dir angeraten hab?

NEOPTOLEMOS

Des sei gewiss, da ich doch einmal habe zugesagt!

ODYSSEUS

So bleibe du denn und erwart ihn hier,

ich gehe fort, damit man nicht bemerkt, dass ich zugegen bin,

125und schick den Späher weg zurück zum Schiff.

Und wenn den Eindruck ich gewinne, dass ihr Zeit

vergeudet, werd ich wiederum hierher zurück ihn schicken,

denselben Mann, nachdem ich listig ihn nach eines Kaufmanns Art

verkleidet hab, dass nicht zutage tritt, wer er denn ist.

130Wenn jener, Sohn, in schlauer Rede sich ergeht,

dann pick heraus aus seinen Worten, was dir nützt!

Ich geh zum Schiff und überlass dir dies.

Und möge Hermes, der Geleiter, listig unser Führer sein,

und Athene Nike, Stadtbeschirmerin, die stets mich schützt.

Odysseus und der Späher gehen ab in Richtung Ankerplatz. Neoptolemos bleibt beim Eingang zur Höhle. Der Chor, bestehend aus der Schiffsmannschaft des Neoptolemos, zieht in die Orchestra ein und beginnt sein Lied (Parodos). Er verlässt die Orchestra bis zum Ende des Dramas nicht mehr.

Parodos (135–218): Einzugslied des Chores

CHOR

135Str. 1Was soll, was soll ich, Herr, ein Fremder in fremdem Land,

verhehlen oder was sagen zum Mann voller Argwohn?

Erklär’s mir!

Denn es überragt das Können das Können von andern

und seine Einsicht die andrer, in dessen Hand

140das göttliche, von Zeus verliehene Zepter geführt wird.

Auf dich, o Kind, ist all diese Macht

gekommen aus uralten Zeiten; darum sage mir an:

womit soll ich dir dienen?

NEOPTOLEMOS

Jetzt – denn vielleicht willst du die Stelle am äußersten Inselrand

145dir ansehn, wo er sein Lager hat –

schau guten Mutes dich um! Doch wenn er kommt

der entsetzliche Wanderer, hier aus seiner Behausung,

so rücke jeweils, wenn einen Wink ich dir gebe, heran

und versuche zu helfen, wie es die Lage grade erfordert!

CHOR

150G.-Str. 1Du nennst die Sorge, Herr, die mir längst zu Herzen geht,

dass mein Auge drüber wacht, was dir entscheidend Vorteil bringt.

Jetzt aber sag mir,

in welchen Räumen er ansässig ist

und wo er nun verbleibt! Denn für mich ist dieses

155unabdingbar zu erfahren,

damit er mich nicht unversehens überfällt von irgendwo.

Wo ist sein Verbleib, und wo sein Sitz? Wo setzt er hin seine Schritte,

drinnen in der Höhle oder draußen?

NEOPTOLEMOS

Sein ›Haus‹ nun siehst du hier, das einen Doppeleingang hat,

160sein Lager auf felsigem Grund.

CHOR

Und wohin hat er sich selbst, der Arme, entfernt?

NEOPTOLEMOS

Ich bin mir sicher, dass aus Nahrungsnot

er mühevoll sich fortschleppt irgendwo hier in der Näh.

Denn auf diese Art beschafft er sich Nahrung,

165so heißt es, dass er Tiere erlegt

mit gefiederten Pfeilen, der Mühselige mühsam,

und dass sich ihm keiner

als Heiler naht seiner Leiden.

CHOR

Str.2Er tut mir leid, wenn ich daran denke, wie er,

170ohne dass ein Mensch ihn umsorgt

und ohne dass er ins Auge eines Vertrauten blickt,

der Unglückliche, immer allein,

an wilder Krankheit krankt,

und ratlos ist bei jedem beliebigen

175Mangel, der herantritt an ihn. Wie hält er nur, der Unselige, wie hält er stand?

O Walten der Götter!

O unglückliche Geschlechter der Menschen,

denen versagt ist ein maßvolles Los!

 

180G.-Str. 2Dieser Mann, der wohl hinter keinem

aus hochgeborenen Häusern zurücksteht,

von allem ausgeschlossen im Leben

liegt er allein, abgesondert von andern,

unter scheckigen oder zottigen

185Tieren, in seinen Schmerzen und ebenso

seinem Hunger mitleiderregend, mit drückenden Qualen, die unheilbar, um die niemand sich kümmert.

Und sie, die ihren Mund nicht halten kann,

Echo, lässt aus der Ferne auf sein bitteres

190Jammern hin ihre Klagen erschallen.

NEOPTOLEMOS

Nichts davon ist für mich unerklärlich;

denn von Göttern geschickt – wenn denn auch ich etwas Einsicht habe –

sind sowohl jene Leiden über ihn

von der grausam gesinnten Chryse gekommen

195als auch die, mit denen jetzt er sich abplagt ohne Betreuer:

Nicht denkbar, dass nicht einer der Götter seine Qualen bewirkt hat,

damit dieser nicht früher auf Troia

richte der Götter unbezwingliche Pfeile,

eh diese Zeit heraufkäm, in der, wie es heißt,

200es durch diese zu fallen bestimmt sei.

Man hört einen Schmerzensschrei.

CHOR

Str. 3Halt dich still, Sohn!

NEOPTOLEMOS

   Was ist?

CHOR

       Es erklang ein Geräusch,

wie es eigen ist einem Mann, der sich abquält,

wohl entweder hier – oder dort in der Gegend.

Erneut ein Schmerzensschrei, nun deutlicher.

205Es trifft, es trifft mich eindeutig

ein Laut von einem, der sich den Pfad unter dem Zwang der Not

heranschleicht, und nicht entgeht mir,

was die laute, fernher kommende Stimme

eines gepeinigten Mannes sehr deutlich bekundet.

 

G.-Str.3Komm, fasse, Kind …

NEOPTOLEMOS

210   Sage, was!

CHOR

       … neue Gedanken!

Denn seinem Wohnsitz nicht fern, nein, in der Nähe schon ist der Mann,

und nicht klingt es bei ihm wie Schalmeienton,

wie beim Feld beschreitenden Hirten,

215nein, wohl strauchelnd unter dem Zwang des Schmerzes,

stößt er einen weithin schallenden Schrei aus,

oder auch, wenn er auf den Ankerplatz blickt, der kein Schiff

gastlich birgt; denn er schreit laut, ganz entsetzlich.

Philoktet erscheint unvermittelt im erhöhten Eingang der Höhle, mit dem Bogen bewehrt. Sein Aussehen ist verwildert, seine Kleidung zerfetzt, seine Fußwunde mit Lumpen umwickelt. Sein Anblick weckt Entsetzen.

Erstes Epeisodion (219–675)

PHILOKTET

Oh! Fremde!

220Wer seid ihr denn, die ihr mit eures Schiffes Rudern

an diesem Land habt angelegt, das schlecht zum Ankern ist und unbewohnt?