Plastic Girls - Tessa Maelle - E-Book
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Tessa Maelle

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Beschreibung

Den Jackpot einer Lotterie zu gewinnen, hatten sie eigentlich nicht erwartet, als die Freundinnen Emma, Ava, Wally und Kim aus einer Laune heraus zusammen ein Los kauften. Sie konnten nicht ahnen, auf welche Weise sich ihr Leben mit dem Gewinn ändern würde. Als Emmas Leiche an Land gespült wird, glaubt die Polizei an einen Unfall. Doch ihre Freundinnen sehen das anders: Emma mied jedes Gewässer, das sich nicht in einem türkisfarbenen Pool befand. Doch Wally, Ava und Kim bleibt keine Zeit zu trauern, denn jemand ist auch hinter ihnen her. Ein mörderisches Katz-und-Maus-Spiel beginnt – und die Freundinnen ahnen nicht, worauf sie sich eingelassen haben.

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Seitenzahl: 240

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Plastic Girls

Tessa Maelle

Alea Libris Verlag

1.Auflage,2025

© Alea Libris Verlag, Wengenäckerstr. 11,

72827 Wannweil

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Judith Heim

Korrektorat: Lisa Heinrich

© Cover- und Umschlaggestaltung: Juliana Fabula | Grafikdesign – www.julianafabula.de/grafikdesign

Unter Verwendung folgender Stockdaten: shutterstock.com: Lukas Gojda | freepik.com

ISBN: 9783988270467

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Alle Figuren dieses Romans sind von der Autorin frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit realen Personen wären reiner Zufall. Auch alle beschriebenen Ereignisse entspringen gänzlich dem Reich ihrer Fantasie.

Wahr ist allerdings, dass Plastikmüll eines der größten Probleme unseres Jahrhunderts darstellt.

Lediglich bei den Methoden zur Plastikbeseitigung hat sich die Autorin die dichterische Freiheit genommen, existierende Forschungsansätze in Richtung ihrer Geschichte zu verbiegen.

Contents

Widmung1234567891011Manuskript – Streifzüge durch das Glück1213Voraussetzungen für Glück 141516Glück – ein Gefühl der Zufriedenheit?171819202122Macht Geld glücklich?2324252627282930313233343536373839Glück ist nur eine Illusion4041424344Glück - eine Frage der Resilienz454647484950Trautes Heim, Glück allein5152535455Glück durch Freunde565758Vom Glück des Teilens59Nachwort

Widmung

Für Wolfgang, der mich immer wieder ans Meer bringt.

1

Siespürtedasharte Holz der Reling auf ihren Hüftknochen prallen. Sie spürte einen flammenden Schmerz an ihrer linken Kniescheibe. Sie spürte, wie sich ein Schrei aus ihrem Mund löste. Dann kippte die Welt aus den Angeln.

Die Kälte traf ihren Körper wie ein eisiger Guss nach einem Saunagang. Alle Muskeln zogen sich auf einen Schlag zusammen und quetschten die Luft aus ihren Lungen. Wasser drang in ihre Nasenlöcher, in ihre Augen und in ihre Ohren. Instinktiv presste sie die Lippen aufeinander. Sie wirbelte umher. Kopfüber, kopfunter.

Luft!

Sie zappelte mit den Beinen und ruderte mit den Armen.

Luft!

Der Druck in ihren Lungen stieg hoch in ihr Gehirn und ließ sie noch verzweifelter strampeln.

Nach oben. Du musst nach oben!

Der Drang zu atmen wurde übermächtig, kroch in ihrem Bewusstsein bis in den hintersten Winkel und implodierte tonlos.

Merkwürdigerweise erleichterte sie die Gewissheit, dass sie genau in dieser Minute sterben würde.

Sterben.

Sie hielt inne.

Lass los, dann hast du es hinter dir. Es geht ganz schnell. Du musst nur loslassen.

Linas Bild stieg in ihr auf: Der erste Blick aus den Augen ihres neugeborenen Babys.

… wie sie da lag, auf meinem Bauch, so weich, so wundersam …

Heiße Entschlossenheit durchströmte schlagartig ihre Adern.

Nein, das kann noch nicht alles gewesen sein.

Zwei kräftige Schwimmzüge und endlich durchbrach sie die Wasseroberfläche. Sie spuckte und prustete, japste nach Luft und spürte, wie sich ihre Lungen wieder mit Sauerstoff füllten. Prompt schlug eine Welle über ihrem Kopf zusammen. Wieder atmete sie Salzwasser ein. Das Salz brannte in ihren Augen und in ihrer Lunge. Erneut kämpfte sie sich zurück an die Oberfläche und schnappte nach Luft. Als die nächste Welle heranrollte, war sie vorbereitet. Sie passte ihre Schwimmbewegungen den Wassermassen an und gelangte über den Kamm. Jetzt hatte sie einen Rhythmus gefunden. Sie schwamm im Kreis und suchte das Boot. Sie konnte kaum etwas erkennen, ihre Augen waren voller Wasser oder voller Tränen – es war ihr egal.

Da. Ein dunkler Schatten. Sie hielt inne. Das Motorboot.

Erneut brach eine Welle über ihrem Kopf zusammen. Verzweifelt versuchte sie, ihr Gesicht über der Wasseroberfläche zu halten.

Das Boot fuhr einfach weiter.

»Bleib hier! Tu das nicht!«, brüllte sie gegen Wind, Gischt und Panik an. »Komm zurück!«

Sie schrie sich die Seele aus dem Leib.

Die einzige Antwort war das Dröhnen des Bootes. Der Motor jaulte noch einmal auf, dann wurde das Brummen leiser und gleichmäßiger. Die schwarze Silhouette an Deck wurde kleiner und kleiner, ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen.

»Bitte! Bi…tte …«

Sie kämpfte sich weiter durch die Wellen, dem rettenden Boot hinterher.

Sie will mich töten, sie will mich ernsthaft töten!

Das hatte sie nicht kommen sehen.

Als sie das Motorboot nur noch schemenhaft ausmachen konnte, gab sie erschöpft auf. Allmählich dämmerte ihr, was geschehen war.

Sie hat mich über Bord gestoßen.

Sie blickte dem Boot hinterher.

Ein schwarzer Umriss.

Ein schwarzer Punkt.

2

»Nein,nein,sogeht das nicht, Claire!« Ben Mantwill schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Die Abdichtung muss bis morgen repariert sein. Wir müssen den Prototypen so schnell wie möglich im offenen Meer testen.«

Er drehte sich zu seiner Assistentin um und sah sie eindringlich an: »Mach ihnen Dampf! Bis morgen!«

Claire zuckte mit den Schultern, klemmte sich ihr Notebook unter den Arm und schritt, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, zur Tür hinaus. Sie war seine Wutausbrüche bereits gewohnt, was aber nicht bedeutete, dass sie sie guthieß. Das ließ sie ihren Chef auch deutlich spüren. Meistens. Heute war er froh, dass sie auf Widerspruch verzichtete und ihn nicht noch weiter auf die Palme brachte.

Ich sollte das Morgen-Meeting auf mittags verschieben, dann hätte ich nur einen halben Tag lang schlechte Laune.

Eine Hiobsbotschaft jagte die andere. Es war zum Verzweifeln. Die Geldgeber saßen ihm im Nacken, und wenn er nicht bald Fortschritte vorweisen konnte … Ben fuhr sich durch die ordentlich nach hinten gekämmten Haare. Jetzt war auch noch der Schwimmkörper seines Plastikkollektors undicht. Er hätte doch besser die teureren Dichtungsringe bestellen sollen. Entnervt zog er sein Jackett aus, zerrte seine Krawatte vom Hals und öffnete den obersten Hemdknopf. Er atmete auf.

So ist es besser.

Er wirkte stets wie aus dem Ei gepellt: gebügeltes Hemd, Anzug – keiner von der Stange – und vor allem glänzende Schuhe. Ben legte viel Wert auf eine gepflegte Erscheinung und trug seinen Anzug wie eine Rüstung, die ihn vor der Mittelmäßigkeit und dem Stallgeruch seiner Herkunft als Arbeiterkind beschützen sollte. Nur sein modischer Bart verriet etwas von einem ungestümeren, wilderen Wesen, etwas, das der Zügelung bedurfte.

»Nur weil ich jetzt für eine Umweltfirma arbeite, muss ich noch lange nicht herumlaufen wie ein Hippie«, lautete seine Devise.

Ben Mantwill war Geschäftsmann durch und durch und witterte ein profitables Geschäft wie ein Bluthund die Spur eines Opfers.

»Das Geschäft der Zukunft liegt in der Beseitigung des Plastikmülls«, hatte er verkündet, als er sein altes Unternehmen, einen Leuchtturm der Verpackungsindustrie, verließ, um die Seiten zu wechseln. »Wir haben viel zu viel davon produziert, jetzt müssen wir es wieder loswerden!«

Mittels der großzügigen, aber überteuerten Kredite zweier befreundeter Banker hatte er sich mit dem Start-up Fische statt Plastik selbstständig gemacht. Seine Idee war, mit einem schwimmenden Plastikkollektor, dem PlasKo 1000, tonnenweise Plastik aus den Ozeanen einzusammeln und zur weiteren Verarbeitung an Land zu bringen. Hier winkten Profite, saftige Profite. Ben war ungeduldiger denn je, seit er seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert hatte. Privat hatte er bis auf ein paar unbedeutende Affären nichts aufzuweisen, sein beruflicher Zenit war überschritten, und die Zeit drängte. In den kommenden fünf Jahren musste er noch einmal tüchtig ranklotzen. Bisher war sein Aktiendepot zu klein, um sich für den Rest seines Lebens zur Ruhe setzen zu können, aber dann … Der Wettbewerb dieser verrückten Frauen kam ihm wie gerufen. »Plastik zu Gold« – das hätte sein Slogan sein können.

3

EineMöweschwebtehoch über dem Friedhof.

Sie wird sich fragen, was all die schwarzen Kreise um das braune Rechteck herum zu bedeuten haben.

Nur vereinzelt zeigten sich graue oder grüne Tupfer in dem dunklen Meer aus Regenschirmen, auf das die Regentropfen prasselten.

Alle sind ganz in Schwarz erschienen.

Kim klammerte sich an Ava.

Alle halten sich an die Regeln.

Kim quetschte Avas Arm heftiger, doch die schien es nicht zu bemerken.

Nur einer hat sich nicht daran gehalten.

Niemanden umzubringen, war das nicht die wichtigste aller Regeln? Kim konnte noch immer nicht fassen, dass ihre Freundin in dieser Holzkiste lag. In dieser Kiste, die gerade vor ihren Augen im Erdboden versank, die sich in geradezu unerträglicher Langsamkeit in die Grube hinabsenkte. Millimeter für Millimeter hinab in die Tiefe.

»Macht doch schneller«, wollte Kim rufen, »ich halte das nicht länger aus!«

Doch ihre Stimme versagte, nur ein Aufweinen entrang sich ihrer Kehle und vermischte sich mit Avas Schluchzern.

Der kleinen persönlichen Verabschiedung in der Kapelle hatten einzig Emmas Tochter und ihre engsten Freundinnen beigewohnt. Eine Trauerrednerin setzte überflüssigerweise noch zu einer Rede am offenen Grab an: »Wir haben uns heute hier versammelt, in tiefer Traurigkeit, um Emma Talbeck, unserer lieben Freundin, Mutter und Kollegin die letzte Ehre zu erweisen. Ihr plötzlicher Tod, mit nur zweiundvierzig Jahren, hat nicht nur ihre Tochter Lina Talbeck, sondern uns alle schockiert und nachdenklich und zutiefst traurig zurückgelassen.«

Plötzlicher Tod … als ob sie einfach aufgehört hätte, zu existieren.

Kim hörte nur noch mit halbem Ohr zu.

Sie ist nicht einfach gestorben.

Dessen war sie sich sicher: Emma war nicht freiwillig im Meer gewesen. Emma hat jegliches Wasser, das sich nicht in einem türkisfarbenen Pool befand, gemieden. Sie hätte sich beim Schwimmen nie zu weit vom Ufer entfernt.

Sie ist nicht von allein ertrunken.

Kim fingerte nach einem Taschentuch.

Aber wer sollte Emmas Tod wollen?

Laut der Polizei in Sydney war es ein Unfall gewesen: Emmas Leiche wurde mit einem Badeanzug bekleidet am Bondi Beach gefunden. Es gab keinen Hinweis auf eine Fremdeinwirkung. Keine Verletzungen, keine Würgemale. Nur ein blauer Fleck an ihrer Hüfte. Ergo war sie schwimmen gegangen und einfach ertrunken. Sie hatte womöglich ihre Kräfte überschätzt. Basta. Die australische Polizei hatte ihre Untersuchung eingestellt und Emmas Leiche zur Überführung nach Berlin freigegeben.

Es wird keine weiteren Ermittlungen geben.

Die Stimme der Trauerrednerin drang wieder zu Kim durch. »Emma war so fröhlich, warmherzig und entschlossen, stets umspielte ein Lächeln ihre Augen. Wir können es noch gar nicht glauben, dass sie so plötzlich aus unserer Mitte gerissen wurde. Emma Talbeck hat mit aller Kraft dafür gekämpft, diese Welt ein kleines Stück besser zu machen. Sie hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben und sie hat uns mit ihren fantastischen Ideen beflügelt, sodass auch wir sie besser machen wollen. Emma Talbeck hat nicht nur ihr Vermögen zu diesem Zweck eingesetzt, sondern auch ihre Energie und Lebensfreude. Ihr Tod erscheint sinnlos, doch das Einzige, das uns bleibt, ist, ihr Andenken zu ehren und ihre Arbeit weiter fortzuführen.«

Bla, bla, bla.

Kims tränenumflorter Blick fiel auf ihre besten Freundinnen Ava und Wally. Was für ein Gegensatz die beiden doch waren.

Wieder gefasst stand Ava Cavelage an ihrer Seite, ganz damenhaft in ihrem eleganten italienischen Designer-Kostüm mit Bleistiftrock, wie immer bedacht auf eine tadellose Erscheinung.

Daneben Wally Freifrau von Boddenstein, sonst ihr aller Sonnenschein, in einem schräggewickelten Berliner Avantgarde-Jumpsuit mit einer verspielten Schleife um die schmale Taille – mit völlig verheulten Augen. Kein bisschen gefasst.

Kim, Wally, Ava und Emma waren seit Jahren Freundinnen und nahmen sich regelmäßig gemeinsam eine Auszeit, die sie sich all die Jahre hindurch trotz eifersüchtiger Liebhaber, ungehaltener Ehemänner, kränkelnder Kleinkinder, eiliger Agenturaufträge und anderer profaner Hindernisse immer wieder aufs Neue erkämpft hatten. Wer hätte gedacht, dass ihr jährlicher Mädelsurlaub schließlich in einem solchen Lotteriegewinn gipfeln würde?

Unser Los war das Gewinnerlos – 90 Millionen Euro.

Zwei Tage und Nächte hatten sie es krachen lassen. Champagner, Kaviar, Shopping …

Kim musste unter ihren Tränen doch kurz lächeln. Pretty Woman war nichts dagegen gewesen. Berge von Einkaufstüten hatten sich in ihren Hotelzimmern gestapelt: Schmuck, Blumen, Kleider, Taschen, Schuhe, Notebooks … ein regelrechter Kaufrausch im Glückstaumel.

Emma war die Erste, die gesagt hatte: »Jetzt reicht es! Mädels, wir müssen etwas Sinnvolles mit dem ganzen Zaster machen!«

»Was denn«, hatte Wally gerufen, »willst du etwa die Welt retten?«

Genau das wollte Emma.

Nicht gleich die ganze Welt, aber etwas Vernünftiges sollte es doch sein. Einige Flaschen Château Petrus später hatten sie sich geeinigt. Sie würden erst einmal mit etwas Praktischem anfangen, mit etwas, dessen Ergebnis man verfolgen, man messen konnte. Jede durfte 12 Millionen auf ihre Privatkonten verteilen, dann riefen sie einen Wettbewerb ins Leben: Unter dem Motto »Plastik zu Gold« stifteten sie demjenigen eine halbe Tonne in Goldbarren als Preisgeld für die Entwicklung einer Methode, die die Weltmeere vom Plastikmüll befreit. Ihre Familien waren nicht sehr glücklich mit ihrer Entscheidung, nach vielen Diskussionen hatten sie aber alle, wenn auch widerstrebend, schlussendlich akzeptiert. Bis auf Lina, Emmas Tochter. Die hatte getobt. Ziemlich lange.

Gieriges, kleines Miststück.

Aber Lina hatte nichts dagegen ausrichten können.

»Damit retten wir schon eine ganze Menge Welt!«, hatte Emma gesagt und sie alle angesteckt mit ihrer guten Laune, ihrem Enthusiasmus, dem Glitzern in ihren Augen.

Und jetzt war Emma tot.

Wally schob sich unter Kims Schirm und drängte sich zwischen sie und Ava: »Ich muss gleich unbedingt mit euch reden. Allein. Ich habe heute früh etwas entdeckt.«

4

Beinahehättesiesie übersehen. Beinahe. Man musste schon genau hinsehen, um sie überhaupt zu entdecken – diese kleinen Löcher in der dünnen Plastiktüte. Doch wer sieht sich freiwillig eine bestialisch stinkende, drei Wochen alte Mülltüte, in der hunderte kleiner Maden durcheinanderkrabbelten, genauer an? Saskia. Denn vor lauter Angst, eines dieser ekligen Viecher könnte herausschlüpfen und über ihre Hand kriechen, konnte sie den Blick auf dem Weg zur Mülltonne vor dem Haus nicht von der Tüte abwenden.

»Vor dem nächsten Urlaub: Abfall leeren!«, notierte sie sich gerade im Geiste, da bemerkte sie die Löcher. Auffällig viele, winzige Löcher.

Kann es sein, dass sich die Maden durch das Plastik gefressen haben?

Saskia schüttelte den Kopf, davon hatte sie noch in keiner Publikation etwas gelesen. Schließlich forschte sie schon länger zum Thema »bio-inspirierte intelligente Umwelttechniken«, und bisher hatte noch niemand auch nur ein Bakterium gefunden, das die Fähigkeit besaß, große Kunststoffmoleküle zu zerlegen.

Wenn ich ein Bakterium entdecke, das Plastik auflöst, bekomme ich den Nobelpreis.

Ihr Herz pochte schneller.

Und erst recht, wenn ich etwas finde, was Plastik ganz und gar auffrisst.

Die Erkenntnis traf sie wie eine Offenbarung.

Gerade noch hatte sie mit angehaltenem Atem die stinkende Abfalltüte in die Höhe gehalten, jetzt jedoch machte sie auf dem Absatz kehrt, um, so schnell es ging, zurück in die Küche zu eilen. Mit Todesverachtung löffelte sie dort so viele Maden wie möglich in eine alte Teedose aus Blech und brachte sie in ihr Labor.

Sie konnte die Maden als »Plodia Interpunctella« bestimmen, als Maden der gemeinen Dörrobstmotte. Jener gewöhnlichen Hausmotte, wie man sie in jeder noch so ordentlichen Speisekammer anzutreffen vermochte – einfach zu züchten und zu erforschen.

Damals, genau an diesem Tag, hatte alles begonnen.

Damals war vor drei Jahren.

Saskia hatte beschlossen, auf eine Universitätskarriere und die Chance auf den Nobelpreis zu verzichten.

Den bekommen sowieso nur Männer.

Heute war Saskia Halten Chefin der Dresdner Biotech-Firma eat more plastic, ihr Sohn Lex Halten ihr Geschäftsführer und sie auf dem besten Weg, eine halbe Tonne schimmerndes Gold zu gewinnen.

5

»Siesindmirnoch etwas schuldig.« Vanessa Degens Stimme bekam einen eisigen Klang. »Ich habe Ihnen diesen Job besorgt, vergessen Sie das nicht.«

Sie legte ihr Handy kurz auf die Tischplatte, ohne weiter auf die flehende Stimme am anderen Ende zu hören und strich sich übers Ohr. Ihr Blick fiel auf zwei Stapel auf ihrem Tisch: Einen dicken, weißen Briefumschlag, aus dem nur die Ecken mehrerer Fotos ragten, und einen Stoß der glänzenden Prospekte ihres Wettbewerbsbeitrags Save the Seas.

Ihr ganzer Stolz: Ein über sechzig Meter langer Katamaran. Seine ausklappbaren Arme sammeln Plastikmüll aus dem Meer ein und Laufbänder bringen den Abfall an Bord, wo ein Häcksler ihn in Kleinteile schreddert. Mittels Plasmavergasung wird das Plastik dann in ein synthetisches Gas verwandelt, das das Schiff antreibt.

Sie nahm das Handy wieder auf. »Genug! Ich will nichts mehr hören. Tun Sie es einfach. Es kann doch nicht so schwer sein, den Stapellauf des Kollektors zu sabotieren. Lassen Sie sich etwas einfallen.«

Vanessa ging um ihren Schreibtisch herum, wischte im Vorbeigehen mit der Fingerspitze ein unsichtbares Staubkorn von der spiegelblanken Fläche. Sie stellte sich vor das Fenster und sah zum Himmel hinauf. Der Wind trieb die Wolken vor sich her, wie ein Wolf eine Herde Schafe. Sie zerrieb das Stäubchen zwischen Daumen und Zeigefinger.

»Das ist keine Frage von Glück haben, niemand wird Sie verdächtigen. Sie dürfen nur keine Spuren hinterlassen. Egal was Sie unternehmen, keine Fingerabdrücke! Und besorgen Sie sich verdammt nochmal ein Alibi. Das werden Sie ja wohl noch hinkriegen.«

Vanessa blickte zurück auf den weißen Briefumschlag.

»Dieser Mistkerl hat es verdient. Und wenn Sie nicht wollen, dass die Fotos in die falschen, oder soll ich besser sagen, in die richtigen Hände geraten, dann tun Sie besser, was ich verlange! Nein … Sie können mich nicht kontaktieren. Das ist ein Prepaid-Handy. Das werfe ich nach unserem Gespräch weg. Ich melde mich.«

6

»IchwillMamasAnteil zurück«, erklärte Lina, so laut, dass die übrigen Trauergäste es nicht überhören konnten.

»Sei still!« Über Avas verweintes Gesicht legte sich eine feine Zornesröte. »Kannst du nicht wenigstens bis nach der Beerdigung warten, du raffgierige, kleine Kröte?«

Sie packte Lina und zog sie mit sich aus dem mit schwarzen Bändern geschmückten Saal des Gasthauses »Zum Grünen Baum«, in dem der Leichenschmaus für Emma stattfand. Die hinterste Ecke des dunklen Flures bewachte ein verstaubter Strauß aus verblichenen Seidenblumen in einer Bodenvase aus Kupfer. Darüber hing ein schiefes Ölgemälde von einem zwischen Sturm und Klippen gefangenen Segelschiff.

Kim folgte ihnen auf dem Fuße.

»Deine Mutter ist gerade unter die Erde gekommen. Shame on you«, fauchte sie, »can’t you fucking wait till tomorrow?«

Seit Kim ihrem Mann Malte nach Sydney gefolgt war, wo er die Bauaufsicht über das neue Hotelcasino übernommen hatte, fluchte sie schon besser auf Englisch als Ava es je auf Deutsch von ihr gehört hatte.

»Macht ihr trotz Mamas Tod weiter mit dem Wettbewerb?« Linas Nasenflügel zitterten merklich.

»Natürlich«, antwortete Ava, »wir –«

»Darling, deine Mutter hätte gewollt, dass wir weitermachen«, fiel ihr Kim ins Wort, »jetzt erst recht!«

»Aber ich will das nicht!« Lina stampfte mit dem Fuß auf. »Das ist mein Geld!«

»Das ist nicht dein Geld«, erwiderte Ava, »das war es nie, es war Emmas Geld.«

»Genau, und sie hat es gestiftet«, ergänzte Kim.

»Es ist mein Erbe.« Trotzig verschränkte Lina die Arme vor der Brust. »Es steht mir zu!«

»Lina, du hast 12 Millionen auf dem Konto, die du mit niemandem teilen musst.« Ava versuchte, gegenüber der Neunzehnjährigen, die gerade ihre Mutter verloren hatte, einen versöhnlichen Ton anzuschlagen.

»Doch. Mit dem Finanzamt«, konterte Lina, »nach der Erbschaftssteuer bleibt mir davon nur noch ein Bruchteil übrig. Ich will den Rest auch.«

»Lina, es gibt eine Unmenge an Verträgen und Verpflichtungen.« In Kims Stimme lag ein deutlicher Hauch von Gereiztheit. »Es geht gar nicht anders. Der Wettbewerb läuft weiter!«

So langsam verlor auch Ava die Geduld mit diesem Gör. »Das Ganze war doch die Idee deiner Mutter.«

Lina funkelte die beiden Frauen noch wütender an. »Dann nehm’ ich mir einen Anwalt, ihr werdet schon noch sehen!«

Sie rauschte von dannen. An der Tür der Gaststätte stieß sie mit Claire Engel zusammen und riss ihr dabei die Tasche von der Schulter. Der Inhalt ergoss sich über das abgewetzte Linoleum.

»Blöde Kuh!«, fluchte Lina. Dann hörte man nur noch, wie eine Tür zugeknallt wurde und ein Auto knirschend den Kiesweg hinunter raste.

»Entschuldigen Sie, Frau Engel.« Ava bückte sich, um Claires Lippenstift aufzusammeln, der ihr vor die Füße gerollt war. Ein knalliges Rot leuchtete durch die transparente Hülle.

Claire schluckte hörbar, ging in die Knie und schob mit einer schnellen Armbewegung einen Briefumschlag, eine silberne Kreole, einen USB-Stick und einen Kompass mit einem muschelförmigen Anhänger zurück in die Tasche. Ihr locker im Nacken zusammengebundener, dunkler Pferdeschwanz fiel ihr über die Schulter, und Ava kam der Gedanke, dass Claire, genau wie sie, eine dieser Brünetten war, denen solch ein Konkubinenrot gut stand.

Hastig erhob sich Claire. Sie zog ihren Lippenstift aus Avas Fingern und murmelte, ohne ihr dabei in die Augen zu sehen: »Danke. Es tut mir sehr leid wegen Frau Talbeck. Mein Beileid.«

Sie nickte Kim zu und drehte sich zur Saaltür, aus der gerade Wally zu ihnen in den Flur trat.

Wally wartete kurz, bis sich die Tür hinter ihr schloss und Claire außer Hörweite war. »Gut, dass ihr hier seid. Ich muss mit euch reden.«

Sie zog ihr Handy aus der Tasche und hielt es den Freundinnen hin. »Emmas Tod war kein Unfall. Diese E-Mail habe ich heute früh in unserem Büro auf Emmas Laptop entdeckt. Jemand hat sie bedroht.«

Kim und Ava steckten die Köpfe zusammen und lasen, was auf dem kleinen Bildschirm stand:

STOPPT DEN WETTBEWERB!

SOFORT!

SONST STIRBT EINE VON EUCH BITCHES.

Darunter ein Totenkopf-Emoji.

7

»WarumhatEmmauns nichts von der Drohung erzählt?«, fragte Kim.

»Den Drohungen«, korrigierte Wally sie, »ich habe noch drei weitere im Papierkorb entdeckt. Alle so oder so ähnlich.«

Wallys Agentur hatte die gesamte Pressearbeit für den Wettbewerb von der Ausschreibung des Wettkampfs bis hin zu ihrem Auftritt in den sozialen Medien übernommen. Die Aufgabe ihrer Freundin und Mitarbeiterin war es gewesen, die Website, Twitter und Instagram mit den neuesten Entwicklungen zu füttern. Versiert spielte sie ihren Followern, von denen es eine Menge gab, immer wieder neue Geschichten und Häppchen vom Wettbewerb wie Fotos, kleine Anekdoten und weitere Tipps zur Plastikvermeidung zu. Schließlich wollten die Freundinnen mit ihrer Ausschreibung nicht nur die Wettbewerber unterstützen, sondern bei allen Menschen das Bewusstsein für eine plastikfreie Umwelt schärfen.

Emma hatte ihnen immer wieder eingebläut: »Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das im Netz für Kreise ziehen kann. Unser Anliegen in die Welt zu tragen, das ist unser eigentliches Ziel, nicht bloß der Wettbewerb.«

Wally hatte eine ganze Weile überlegt, ob sie ihren Freundinnen von den Drohmails erzählen oder das Ganze vorerst für sich behalten sollte. Sie wollte ihnen keine Angst einjagen. Doch wenn es jemand wegen des Wettbewerbs auf Emma abgesehen hatte, dann mussten sie alle auf der Hut sein.

Dann ist er noch da draußen.

Ich wünschte auch, sie hätte uns davon erzählt.

»Das war bestimmt Lina«, vermutete Kim, »so wie sie sich hier aufführt.«

»Blödsinn.« Mit einer knappen Handbewegung winkte Ava ab. »Die beiden hatten ihre Differenzen, doch Lina hätte Emma nach so einer Erpressung nicht mehr ins Gesicht sehen können. Sie ist viel zu dusslig, um sich so zu verstellen.«

»Aber wer verschickt dann solche Drohbriefe?«, fragte Kim zurück.

Die Freundinnen schwiegen ratlos. Ava strich sich über die Stirn, und Kim musterte intensiv das Ölgemälde an der Flurwand, als ob zwischen den sturmumtosten Klippen die Antwort liegen könnte. In die betretene Stille drang nur das dumpfe Gemurmel aus dem Speisesaal und das Gezwitscher einer Amsel vom Parkplatz.

»Vielleicht ein Mörder«, ließ Wally die Bombe platzen.

Ava starrte sie fassungslos an.

Für einen Moment herrschte Totenstille.

»Ich hatte den gleichen Gedanken.« Kim zupfte einen unsichtbaren Fussel von ihrem Ärmel. »Wisst ihr, Emma wäre allein nie so weit rausgeschwommen.«

»Emma hat das Meer gehasst.« Wally nickte und ihr stiegen erneut die Tränen in die Augen.

»Aber die Polizei –«, setzte Ava an.

»Die will nichts davon hören«, unterbrach Kim sie, »ich habe es versucht, aber die wollten nichts von Mord hören. Es war ein Unfall. Basta. Für die ist der Fall abgeschlossen.«

»Wir sollten vorsichtig sein«, setzte Wally eindringlich an, doch sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme belegt klang. »Wenn es Mord war, dann sind wir vielleicht die nächsten auf der Liste.«

Ava erbleichte sichtlich.

Wally tat es leid, ihre Freundinnen ausgerechnet heute auf Emmas Beerdigung damit zu konfrontieren, aber diese Warnung hatte ihr Angst eingejagt. Mehr Angst, als sie zugeben mochte. »Sollten wir hier in Deutschland zur Polizei gehen?«

Irgendwer hatte es auf sie abgesehen, irgendwer da draußen, und womöglich plante er schon den nächsten Schritt. »Wir müssen –«

Bevor Wally weiterreden konnte, riss Mik die Tür auf und stürmte auf Kim zu: »Mum, wo bleibt ihr denn? Lina ist abgehauen, und irgendwer muss sich um die Gäste kümmern. Die sind alle fertig mit Essen und stehen jetzt blöd rum. Komm mit, quatschen könnt ihr später.« Er packte seine Mutter am Arm und zog sie mit sich.

Kim warf ihnen einen entschuldigenden Blick zu.

Nachdenklich folgte Wally Mutter und Sohn in den Speisesaal.

Heute können wir sowieso nichts mehr tun.

Abgestandene, nach Kaffee und Cognac riechende Wärme schlug ihr entgegen. Wie auf Kommando verstummten die pietätvoll leisen Gespräche, und alle Gesichter wandten sich Kim zu. So war es immer, sobald ihre Freundin einen Raum betrat. Hochgewachsen und gertenschlank wie die asiatische Schönheit war, hätte sie genauso gut eine Karriere als Model einschlagen können. Mit ihren vollen Wimpern, ihrer glatten, roten Mähne und ihren langen Beinen war sie gleichermaßen ein Blickfang für Männer und Frauen. Nicht nur hier in Berlin, selbst in der Großmetropole Sydney war ihre Freundin eine auffallende Erscheinung.

Aber auch nach ihrem Sohn Mik, mit seinem feingezeichneten Gesicht, mit der hellen Haut seines Vaters und den schräggestellten Augen seiner Mutter, drehten sich die Leute um. Sein schwarzer Pferdeschwanz, der modisch im Nacken wippte, ließ ihn dynamisch und energievoll erscheinen.

Wally fühlte Avas Hand in ihrem Rücken. Sie war unwillkürlich stehen geblieben, und nun schob Ava sie weiter. Kim dagegen rauschte an allen vorbei an einen Tisch in der Mitte des Raumes, an dem Wally nicht eine Person kannte, und übernahm sofort die gesamte Unterhaltung. Manchmal beneidete Wally Kim um ihre Selbstsicherheit. Sie selbst nickte Mik und seiner Freundin Annabelle zu, die gelangweilt an einem Glas Sekt nippte und ihn vorwurfsvoll ansah.

Eigentlich mochte Wally Annabelle. Sie war ein wenig verschlossen, aber stets höflich und vor allem war sie klug. Man konnte mit ihr über viele Themen reden, sogar auf Deutsch. Ihre Vorfahren waren Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit des Goldrausches in Australien eingewandert, und Annabelle hatte an der Universität angefangen, ihre Deutschkenntnisse aufzupolieren. Wenn Wally sich recht erinnerte, hatte Annabelle gerade ihr Studium beendet und mit ihrer Dissertation angefangen, irgendetwas zum Thema Energiegewinnung oder so.

Auf jeden Fall sind sie ein schönes Paar.

Annabelles lange, rotblond gekräuselte Locken und ihre wasserblauen Augen mit dem dunkelblauen Rand um die Iris bildeten einen charmanten Gegensatz zu Miks dunklem Haarschopf. Wally sah bereits ihre zukünftigen Kinder vor sich: bildschön, mit leicht schrägen, blauen Augen, umrahmt von schwarzem, glänzendem Haar oder schwarze Augen und ein blonder Lockenkopf. Das Beste aus zwei Welten.

Mechanisch folgte sie Ava weiter an einen der übrigen Stehtische und blickte sich im Raum um. Sie entdeckte die drei Wettbewerbskontrahenten unter den Trauergästen. Sie alle waren nach Berlin gereist, um Emma Talbeck die letzte Ehre zu erweisen.

Ben Mantwill, der Geschäftsführer von Fische statt Plastik, imposant wie eh und je, überragte sie alle an Statur, und wie immer war er perfekt gestylt.

Er gibt sich alle Mühe, weltmännisch und souverän zu erscheinen.

Wally kannte diese Art von Männern nur zur Genüge, nach außen gaben sie sich hart und unbeugsam, doch ganz tief im Inneren steckte ein kleiner, verängstigter Junge, der sich nach einer Hand sehnte, die ihm über den Kopf strich. Nur nachts im Bett, im Schutz der Dunkelheit, kam dieser Junge manchmal wieder zum Vorschein.

Claire murmelte Ben etwas ins Ohr. Er nickte mehrmals heftig, blaffte sie dann mit unverhohlener Wut halblaut an. Claires Hand krampfte sich um den Gurt ihrer Tasche, bis ihre Fingerknöchel weiß wurden, dann verließ sie eiligst wieder den Raum. Ben wischte sich über die Augen. Etwas schien ganz und gar nicht zu stimmen.

Wally hatte schon bemerkt, dass Bens Verhalten Claire gegenüber an Respekt zu wünschen ließ. Eines Tages würde er das bereuen. Aus dem einen oder anderen Grund, dessen war sich Wally sicher. Frauen wie Claire ließen sich solche Schikanen auf Dauer nicht gefallen.

An einem Tisch neben der offenen Verandatür stand die Wissenschaftlerin Vanessa Degen zusammen mit der Biologin Saskia Halten und deren im Rollstuhl sitzenden Sohn Lex Halten. Die beiden Frauen waren über den Tisch hinweg leise in ein Gespräch vertieft. Lex Halten blickte gelangweilt in die Runde. Wally hatte nie gefragt, wieso er eigentlich im Rollstuhl saß, und er hatte es nie von sich aus angesprochen. Unsichtbare Grenzen bestimmten alle zwischenmenschlichen Beziehungen, und jeder zog sie an einer anderen Stelle. Lex bemerkte Wallys forschenden Blick, nickte ihr kurz zu, dann zog er sein Handy aus der Tasche und fixierte den Bildschirm.

Eines war klar: Lex schied als Verdächtiger schon mal aus.

Ob einer der anderen etwas mit Emmas Tod zu tun hat?