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Jeder ist seines Skelettes Schmied
Schätzungen zufolge erleidet jede zweite Frau und jeder fünfte Mann im Laufe seines Lebens einen Knochenbruch durch Osteoporose. Es gibt in Deutschland etwa acht Millionen Patienten, die an Knochenschwund leiden. Nur jeder fünfte wird angemessen behandelt.
Dabei betrifft diese Krankheit keineswegs nur Ältere. Schon in jungen Jahren kann durch Übergewicht, falsche Ernährung oder Bewegungsmangel der Grundstein für spätere Beschwerden gelegt werden.
Dr. Bartl zeigt hier, dass Osteoporose keineswegs eine schicksalhafte Begleiterscheinung des Alterungsprozesses ist, die man hinnehmen muss. Dank Fortschritten in der operativen Frühversorgung sowie dem Einsatz der neuesten Medikamente ist sie heute eine gut behandelbare und im Frühstadium sogar heilbare Erkrankung. So kann der Knochen wieder stabilisiert werden und vor allem Folgefrakturen vermieden werden. Es ist nie zu spät, den Kampf gegen die Osteoporose aufzunehmen und für mehr Mobilität und ein starkes, lebendiges Skelett zu sorgen!
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Seitenzahl: 164
Veröffentlichungsjahr: 2021
Prof. Dr. med. Reiner Bartl
POWER
FÜR DIE
KNOCHEN
Osteoporose vorbeugen,diagnostizieren, behandeln
Übungsteil von Johanna Fellner
Vorwort vonDr. med. Marianne Koch
Impressum
© 2021 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
HINWEISE
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Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.
Es ist zu beachten, dass die Hintergrundinformationen in diesem Buch kein Ersatz für eine professionelle medizinische Beratung eines Arztes sind. Das Buch ist ein allgemein gehaltener Ratgeber.
Projektleitung: Andrei Teusianu
Redaktion: Martin Stiefenhofer
Bildredaktion und Leitung der Fotoproduktion: Sabine Kestler
Korrektorat: Susanne Schneider
Satz/DTP: Matthias Liesendahl
BILDNACHWEIS
Für die Fotoproduktion:
Fotografie: Forster&Martin
Haare/Make up: Nilgün Konya
Model: Johanna Fellner
Für die freundliche Unterstützung der Fotoproduktion danken wir: Yogistar.com
Fotos Seite 1, 2, 3, 4, 5, 6: Prof. Reiner Bartl
Illustrationen/Grafiken: H. Konopatzki/Prof. Reiner Bartl
Adobe Stock: 7 (Natalia Klenova), 8 (Sea Wave), 9 (fahrwasser), 10 (baibaz), 11 (rogerphoto), 12 (FR Design), 13 (Ursula Deja); Gettyimages: 14 (STEEX), 15 (Vesnaandjic), 16 (Fatima Sabri / EyeEm); Istockphoto: 17 (Wavebreakmedia); Liesendahl, Matthias: 18; Mauritius Images: 19 (Science Photo Library/ Sebastian Kaulitzki); Shutterstock: 20 (sasirin pamai), 21 (wavebreakmedia), 22 (Food Collection), 23 (Kristini), 24 (George Rudy)
ISBN 978-3-641-28033-8V002
www.suedwest-verlag.de
Inhalt
Vorwort
Unser Anliegen –bleiben Sie mobil, ein Leben lang
Unsere Knochen – unsichtbar und fundamental wichtig
Osteoporose – ein stiller Dieb mit verheerenden Folgen
Eine teure Volkskrankheit
Osteoporose – heute einfach und gut behandelbar, sogar heilbar
Mit Schwung gegen Osteoporose
Unsere Knochen – Garant für ein mobiles Leben
Die Knochen – mit vielen Aufgaben betraut
Ein architektonisches Meisterwerk
Eine ständige Baustelle
Die Anpassung der Knochenmasse
Krankheit Osteoporose – immer noch unterschätzt
Osteoporose – eine Volkskrankheit
Wie aus heiterem Himmel
Nicht nur eine Frage der Knochenmasse
Risikofaktoren erkennen und eliminieren
Osteoporose ist kein Schicksalsschlag
Nicht beeinflussbare Risiken
Beeinflussbare Risiken
Krankheiten und Osteoporose
Fallneigung und »Stolpersteine«
Diagnose »Osteoporose« –die Knochendichte im Fokus
Wissen ist Macht – auch bei Osteoporose
Die Knochendichtemessung
Die Messmethoden
Welche Knochen sollten gemessen werden?
Regelmäßige Messung ist notwendig
Wer soll zur Knochendichtemessung gehen?
Die Untersuchung mittels DXA
Warnsignal Osteopenie
Osteoporose – die häufigste Knochenkrankheit
Rückenschmerzen und Abnahme der Körpergröße
Untersuchungsbefunde bei Osteoporose
»Knochenmarker« und andere Tests
Sekundäre Osteoporosen
Wann ist eine Knochenbiopsie nötig?
Vorsorge – zehn Tipps für Powerknochen
Gehen Sie es an
Tipp 1: Für kalzium- und proteinreiche Kost sorgen!
Tipp 2: Ausreichende Vitaminzufuhr sicherstellen!
Tipp 3: Auf regelmäßige Bewegung achten!
Tipp 4: Stürze vermeiden!
Tipp 5: Das Rauchen einstellen!
Tipp 6: »Knochenräuber« in der Nahrung eliminieren!
Tipp 7: Auf das ideale Körpergewicht achten!
Tipp 8: Knochenschädigende Medikamente erkennen!
Tipp 9: Knochenschädigende Krankheiten erkennen!
Tipp 10: Fröhlichkeit bewahren!
Rezepte – Powerfood für Powerknochen
Knochenfreundliche Ernährung –aber bitte mit Genuss!
Frisch und knackig
Warme Gerichte
Snacks für zwischendurch
Süßes ohne Reue
Drinks mit viel Kalzium
Training mit Johanna Fellner –Spaß und Power in jedem Alter
»Use them or lose them!«
Übungszeiten und -orte
Aufbau des Trainings
Power für die Knochen – das Trainingsprogramm
Warm-up
Kräftigung
Stretching
Trainingsablauf – Kurzübersicht
Vorbereitung
Trainingszeiten
Zusätzliches Ausdauertraining
Zusätzliches Krafttraining
Warm-up – Übungsteil
Mobilisationsübungen
Übungen zur Aktivierung/ sensomotorisches Training
Balanceübungen
Übungen zum Cardio-Warm-up
Faszienstretch – Übungsteil
Kräftigung – Übungsteil
Stretching – Übungsteil
Mentales Training
Selbstcoaching für mehr Ausgeglichenheit
Behandlung – erst der Patient, dann die Krankheit
Geduld bringt den Erfolg
Die Schmerzspirale durchbrechen
Physikalische Therapie
Medikamentöse Schmerztherapie
Psychische Verarbeitung der Krankheit
Haben Sie Geduld
Medikamente – mit der Lizenz zum Heilen
Wann ist eine Therapie notwendig?
Aktuelle Osteoporosetherapie
Basistherapie
Vitamin D – der Katalysator für unser Powerprogramm
Medikamentöse Therapie
Bisphosphonate
Denosumab
Hormonersatztherapie (HRT, »hormone replacement therapy«)
Selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERMs)
Teriparatid und Parathormon (PTH)
Neue Medikamente
Fazit für die Praxis
Knochenbruch – kein Grund zur Verzweiflung
Osteoporose – wie häufig bricht der Knochen?
Wissenswertes über osteoporotische Frakturen (»low trauma fractures«)
Knochenbruch – was ist zu tun?
Erste Schritte zu neuer Gesundheit
Oberschenkelbrüche (Femurfrakturen)
Wirbelkörperbrüche (vertebrale Frakturen)
Unterarmbrüche (distale Radiusfrakturen)
Oberarmbrüche (proximale Humerusfrakturen)
Weitere Brüche
Reduzierung der Sturzgefahr – der beste Schutz gegen Knochenbrüche
Sonderformen der Osteoporose
Osteoporose bei Kindern
Prämenopausale Osteoporose
Osteoporose in der Schwangerschaft
Senile (Typ II) Osteoporose
Osteoporose bei Männern
Anhang
Management der Osteoporose
Osteoporose richtig diagnostizieren
Osteoporose erfolgreich therapieren
Onlinestudie »OsteoporoseMonitor«
»Das Kreuz mit dem Kreuz« –Die zehn Gebote der Rückenschule
Literatur
Glossar
Register
Impressum
VORWORT
Osteoporose, die Verminderung der Knochenfestigkeit, ist eine der schlimmsten Krankheiten, die vorwiegend – aber nicht nur – ältere Menschen betrifft und die mit starken Schmerzen, mit Gebrechlichkeit und allzu oft mit dem Verlust von Lebensqualität und Pflegebedürftigkeit einhergeht. Tragisch an dieser weitverbreiteten Erkrankung ist die Tatsache, dass man sie gut behandeln und sogar heilen kann, wenn sie rechtzeitig erkannt wird – vor allem aber, dass man sie verhindern kann. Der Autor dieses Buches, Prof. Reiner Bartl, mein Lehrer und Freund, Chef des Osteo-porosezentrums in München, ist ein bekannter Experte auf dem Gebiet der Knochengesundheit. Er ist ein Kenner und Könner, wenn es darum geht, Menschen mit Osteo-porose zu helfen. Er ist aber auch ein großartiger Erklärer dieser komplexen Materie. Was dieses Buch so spannend macht, ist zum einen die Art und Weise, wie er unser Skelett beschreibt: als lebenslange Baustelle, auf der ständig Millionen von Zellen den Knochen abbauen, durch neuen ersetzen und dann wieder mit Kalzium aushärten. Er beschreibt aber auch, was wir tun können – und müssen –, um diesen Auf- und Abbau ein Leben lang durch richtige Ernährung und konsequente körperliche Aktivität erfolgreich zu gestalten. Besonders hat mir gefallen, dass er seine Patienten – und Leser – einbezieht in seine Erklärungen und ihnen als Partner und Mitstreiter Mut macht; auch denen, die bereits unter einer verminderten Knochendichte leiden oder womöglich bereits einen Bruch in ihrer Wirbelsäule oder ihrer Hüfte erlitten haben. Dieser Optimismus, die Zugewandtheit zum Patienten und das große Fachwissen ergeben ein Buch, das ungewöhnlich ist in der Reihe der medizinischen Ratgeber. Als Dreingabe erhalten wir Leser auch noch Trainingsprogramme für jedes Alter, Rezepte für knochenfördernde Ernährung und viele Tipps, die man mit seinen Ärzten diskutieren kann.
Es erwartet Sie also eine Entdeckungsreise in eine faszinierende Welt der Zellen, der Botenstoffe und der erstaunlichen Architektur unseres Skeletts. Ein Abenteuer? Ja, ganz sicher. Eines, das Sie noch lange beschäftigen wird.
Mit allen guten Wünschen!Dr. Marianne Koch
Frau Dr. Marianne Koch und Prof. Reiner Bartl beim Weltosteoporosetag 2008 in der großen Aula der Ludwig-Maximilians-Universität München
UNSER ANLIEGEN – BLEIBEN SIE MOBIL, EIN LEBEN LANG
Unsere Knochen – unsichtbar und fundamental wichtig
Das menschliche Skelett ist ein hoch spezialisierter Teil unseres Bindegewebes und zeichnet sich durch ein kompliziertes Zusammenspiel von etwa 220 form- und funktionsgerechten Einzelknochen aus. Andere Teile des Bindegewebes wie Haut, Zähne und Haare sind im Gegensatz zu unserem Skelett gut sichtbar und werden von den Mitmenschen als Merkmal von Schönheit, Jugendlichkeit, Dynamik, ja sogar als Zeichen erotischer Attraktion wahrgenommen und interpretiert. Ganze Industriezweige – von der Kosmetikindustrie über die Pharmaindustrie bis zur »Schönheitschirurgie« – versprechen vor allem den Frauen mit teuren Produkten (zum Beispiel Kollagen, Hyaluronsäure) und operativen Methoden schöne, glatte, faltenfreie Haut, straffe Brüste, jugendliche Figur, volles Haar, lange Wimpern, weiße Zähne und gesundes Zahnfleisch als Ausdruck anhaltender und perfekter Schönheit. Inzwischen werden auch die Männer mit teuren Versprechungen umworben, in ihr sportliches Erscheinungsbild und ihre erotische Attraktivität zu investieren.
Unser Skelett dagegen ist unsichtbar in den Tiefen des Körpers versteckt und seine Existenz kann allenfalls getastet werden. Das klaglose Funktionieren der Knochen ist für uns in der Regel eine Selbstverständlichkeit. Mit ihrer Pflege kann daher in der Schönheitsindustrie wenig verdient werden. Und doch sind von der Gesundheit unseres Skeletts Körpergröße, Gang, Bewegung und vor allem unsere Körpergestalt abhängig. Denken wir nur an die Verunstaltung, Gebrechen und Behinderung durch einen »Witwenbuckel«, eine Folge multipler Wirbelbrüche. Oder an Hüftfrakturen mit ihren teils drastischen Folgen für unsere Gesundheit. Was nützen uns von der Industrie versprochene Schönheitssignale der Haut, Haare und Zähne, wenn uns Knochenbrüche und Knochenschmerz Mobilität und Lebensqualität rauben? Wir tun also gut daran, auch an die Gesundheit unseres Skeletts zu denken und darein zu investieren. Gesunde, »trainierte« und stabile Knochen danken es uns mit Mobilität – bis ins hohe Alter.
Das menschliche Skelett – ein Meisterstück der Architektur und Garant für unsere Mobilität sowie gleichzeitig Heimat unseres Blut- und Immunsystems. Es umfasst etwa 220 individuelle Knochen, jeder speziell geformt und ständig erneuert und angepasst. Es wiegt ungefähr 10 Kilogramm, beträgt 15 Prozent des Körpergewichts und wird im Leben etwa fünf Mal vollständig umgebaut.
Osteoporose – ein stiller Dieb mit verheerenden Folgen
Osteoporose, auch als Knochenschwund bezeichnet, ist heute neben Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Bluthochdruck und Herzinfarkt ein weltweites Gesundheitsproblem, eine echte »Volkskrankheit«. Die Patienten haben einen dünnen Knochen und leiden an Brüchen (Frakturen). Frauen sind mit 80 Prozent besonders betroffen, aber auch Männer erkranken immer häufiger. Osteoporose hat keine Frühwarnsymptome und bis vor Kurzem wurde sie erst mit Auftreten des ersten Knochenbruchs diagnostiziert – sozusagen ein stiller Dieb, der »auf leisen Sohlen« daherkommt und über viele Jahre unerkannt bleibt, bis Knochenbrüche aus geringsten Anlässen ihn schließlich verraten. Knochenbrüche führen in einen Kreis von chronischen Schmerzen, Verunstaltungen, Wut, Depression, Immobilität bis hin zur sozialen Vereinsamung. Welcher junge Mensch denkt schon daran, vielleicht später an Osteoporose zu erkranken? Junge Menschen sind oft der Meinung, Osteoporose beträfe nur alte Frauen. »Warum soll ich Osteoporose bekommen? Ich habe doch noch nie im Leben Probleme mit meinen Knochen gehabt.« Und das ist genau das Problem. Osteoporose hat ihren Ursprung häufig schon in der Kindheit. Die Knochenmasse in jungen Jahren ist ein wertvolles Kapital, das es über alle Lebensabschnitte hin klug zu verwalten gilt.
Eine teure Volkskrankheit
Man schätzt, dass ungefähr 40 Prozent aller Frauen einmal in ihrem Leben einen durch Knochenschwund bedingten Knochenbruch erleiden. Weltweit verursacht Osteoporose etwa zwei Millionen Oberschenkelbrüche jährlich. Wenn wir 10 000 bis 25 000 Euro pro Operation und Rehabilitation in Deutschland berechnen, so werden uns die immensen Kosten dieser Erkrankung für die Gesellschaft bewusst: etwa fünf Milliarden Euro jährlich. Viele Betroffene sind später pflegebedürftig. Osteoporosebedingte Knochenbrüche sind aber auch lebensbedrohlich: Fast ein Viertel aller älteren Patienten mit Oberschenkelbruch stirbt innerhalb eines Jahres nach dem Bruch.
Osteoporose – heute einfach und gut behandelbar, sogar heilbar
In den letzten Jahren haben moderne diagnostische Methoden und neue Medikamente diese Erkrankung aus ihrem stiefmütterlichen Dasein herausgerissen und neue Hoffnungen geweckt:
Besseres Verständnis des Knochenumbaus
Zuverlässige Methoden zur Messung der Knochendichte
Erkennen der Risikofaktoren für den Knochenschwund
Frühzeitige Maßnahmen zur Verhütung der Osteoporose
Einführung neuer, effektiver Medikamente
Allgemeingültige ärztliche Leitlinien zu Diagnose und Therapie
Die Diagnose »Osteoporose« wird heute mittels einer einfachen, preisgünstigen, standardisierten und extrem strahlungsarmen Messmethode (DXA-Methode) an der Lendenwirbelsäule und Hüfte gestellt. Die Anamnese und körperliche Untersuchung ergänzen die Untersuchung. Ein Röntgenbild, CT oder MRT der Wirbelsäule sowie eine Blutuntersuchung können in besonderen Fällen hilfreich sein und die Diagnose klären. Daraus ergibt sich die Indikation zur medikamentösen Therapie, die sofort danach mittels einer Jahresinfusion oder einer halbjährlichen Spritze unter die Haut begonnen werden kann. Osteoporose ist heute »so überflüssig wie ein Kropf«.
Mit Schwung gegen Osteoporose
Osteoporose zu verhindern und zu besiegen, hängt von zwei Umständen ab:
Die Gesellschaft muss darüber aufgeklärt werden, wie wichtig der Aufbau einer »maximalen Knochenmasse« noch weit vor der Menopause (Ende der Regelblutung in den Wechseljahren) ist – im Idealfall im Jugendalter. Körperliche Aktivität, gesunder Lebensstil und kalziumreiche Kost sind die Basis für gesunde Knochen.
Das Gesundheitssystem akzeptiert die Notwendigkeit, Personen mit Osteoporose-risiko frühzeitig zu erkennen und sie für ein Vorsorgeprogramm zu gewinnen. Dies ist eine wesentlich preiswertere Strategie, als für die enormen Folgekosten der Osteoporose aufzukommen. Angesichts der Zunahme älterer Menschen in unserer Gesellschaft ist dies eine der dringlichsten Aufgaben im Bereich Gesundheit.
Und noch ein Umstand macht uns Mut, an dieses ehrgeizige Ziel zu glauben. Mit der Einführung neuartiger Medikamente können wir bei allen Patienten und Risikogruppen den krankhaften Knochenabbau stoppen, die Knochenmasse erhöhen und das Knochenbruchrisiko senken. Osteoporose ist heute heilbar – vorausgesetzt, dass es noch nicht zu einer schweren, irreparablen Zerstörung des Skeletts mit zahlreichen Knochenbrüchen gekommen ist. Untrainierte Muskulatur, schlaffes Bindegewebe und Wirbeleinbrüche führen über Jahrzehnte zu Verunstaltungen bis hin zum Rundrücken, auch »Witwenbuckel« genannt. Diese Skelettveränderung ist nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein massives gesundheitliches Problem, da vor allem die Atmung und Lungenbelüftung stark beeinträchtigt werden.
Mit unserem Powerprogramm geben wir der Osteoporose keine Chance: Bewegung, Ernährung, Lebensstil, Medikamente – und Fröhlichkeit!
Osteoporose mit all den Verunstaltungen und Beeinträchtigungen muss aber nicht sein! Doch um Osteoporose tatsächlich zu heilen – oder noch besser zu vermeiden –, ist es notwendig, sofort, konsequent und mit Elan damit anzufangen, unsere Muskeln und unser Skelett zu benutzen und zu trainieren. Nehmen wir uns den Aufwand für die Schönheitspflege unserer Haut, Zähne und Haare zum Vorbild. Wirkliche Schönheit unseres Körpers beinhaltet auch trainierte Muskeln und stabile Knochen.
IhreJohanna Fellner und Prof. Dr. med. Reiner Bartl
UNSERE KNOCHEN – GARANT FÜR EIN MOBILES LEBEN
Die Knochen – mit vielen Aufgaben betraut
Neben der Stütz-, Fortbewegungs- und Schutzfunktion haben Knochen noch eine wesentliche Aufgabe: Sie sind die größte Mineralbank des Körpers, 99 Prozent des Kalziums, 85 Prozent des Phosphats und 60 Prozent des Magnesiums sind dort gespeichert. Viele lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Nervenfunktion, Blutgerinnung und Enzymaktivierung hängen von einem exakt eingehaltenen Kalziumwert im Blut ab. Sinkt dieser Kalziumwert im Blut ab, laufen zahlreiche Regulationsprozesse an, um das lebensnotwendige Kalzium umgehend aus den Knochen zu lösen und in das Blut zu verlagern. Umgekehrt werden Kalzium, Phosphat und Magnesium auf Abruf in den Knochen gespeichert. Auf diese Weise werden täglich mehr als 400 Milligramm Kalzium aus den Knochen herausgelöst und pro Jahr 20 Prozent der Knochen abgebaut. Umgekehrt wird die Knochenbilanz durch einbauende Prozesse genau ausgeglichen. Das bedeutet, dass unser Skelett drei- bis viermal in unserem Leben vollkommen erneuert wird. Wird diese Bilanz aber über viele Jahre nicht exakt eingehalten, so haben wir eine negative Kalziumbilanz, die schließlich in ausgedünnten, brüchigen, porösen Knochen, der sogenannten Osteoporose, enden muss.
Das Knochengewebe ist mit dem Knochenmark (blutbildenden System) viel enger verknüpft als bisher angenommen. Beide Funktionssysteme – Blutbildung und Skelett – haben eine gemeinsame Hülle, gemeinsame Vorläuferzellen (Stammzellen) und ein gemeinsames hoch spezialisiertes Gefäßsystem mit einer hohen Durchblutung. Auch das Immunsystem ist Bestandteil des Knochenmarks und überwacht unsere Knochen.
Ein architektonisches Meisterwerk
Die Architektur des Knochens ist vorgegeben durch zwei Eigenschaften: Sie muss widerstandsfähig und elastisch sein. So hat beispielsweise die Hüfte eine Belastung von mehr als 250 Kilogramm Gewicht, also eine Vierteltonne, zu »verkraften«; zudem muss sie aber auch kurze, harte Schläge und Verwindungen, wie zum Beispiel beim Springen und Skifahren, elastisch abfedern und überstehen können. Dies realisiert der Knochen durch eine spezielle Mischung der Baumaterialien, die wir im Bauwesen als Prinzip der Spannbetonbauweise kennen: die »Zwei-Phasen-Komponente«. So besteht der Knochen aus einem elastischen Knochenmaterial, in dem Kollagenmoleküle wie Seile lamellenförmig angeordnet sind. Dazwischen werden Kalzium und Phosphat in kristalliner Form, vergleichbar mit Beton bei der Spannbetonbauweise, eingelagert und verfestigt. Verschiedene Spurenelemente und Riesenmoleküle (»Mukopolysaccharide«) dienen als Leim, der die Proteinseile mit den Mineralkristallen verbindet. Das Kollagen ist für die Elastizität, die kristallinen Mineralien für die Festigkeit und Steifheit des Knochens zuständig. Die richtige Mischung und Reifung der Baukomponenten sind ein komplexes Geheimnis, das viele andere Mineralien, Vitamine, Hormone und Enzyme umfasst und das wir bis heute nur teilweise verstehen.
Mikroskopischer Aufbau des Knochengewebes: Parallele Anordnung der Kollagenseile (blau) mit Einlagerung von KalziumPhosphat-Kristallen (rot) zwischen den Kollagenbündeln. Die Kollagenseile sind verantwortlich für Zugfestigkeit und Elastizität, die Mineralkristalle in den Zwischenräumen für Härte, Druckfestigkeit und Rigidität.
Der kortikale Knochen
Von außen sieht man dem Knochengerüst seine geniale Architektur nicht an, erst im Röntgenbild kann man die beiden Bauprinzipien erkennen. Manche Knochen sind hohl und gleichen einer Röhre, etwa der Oberschenkel- und der Oberarmknochen. Dieser Typ der Knochenstruktur wird auch als »kortikaler« oder »kompakter« Knochen bezeichnet, da er aus einer kompakten äußeren Rinde besteht. Die moderne Architektur setzt dieses Bauprinzip beispielsweise beim Bau von Fernsehtürmen ein. Ein Rohr ist viel belastbarer als ein massiver Stab.
Aufbau des Knochengewebes im Längsschnitt: Knochenrinde (Kompakta) und Knochenbälkchen (Spongiosa). In den Hohlräumen befindet sich das Knochenmark.
Der spongiöse Knochen
Einen anderen Aufbau finden wir in den Wirbelkörpern, dem Becken, der Ferse und dem Oberschenkelhals. Diese Knochen sind nicht hohl, sondern wie ein von fester Hülle umgebener Schwamm (Spongiosa) konstruiert. Wir kennen diese Bauweise im Kran- und Brückenbau, bei denen die Belastung des Hauptträgers durch abstützendes, filigranes Fachwerk abgefangen wird. Auf den ersten Blick wirken die Knochenbälkchen ungeordnet, bei genauer Betrachtung erweisen sie sich jedoch als architektonisches Meisterwerk mit exakter Anpassung an die Belastungslinien (»Trajektionslinien«). Je dichter die Verknüpfungspunkte (Knoten) der Bälkchen ausgebildet sind, desto belastbarer ist der jeweilige Knochen.
Die beiden Bauprinzipien des Femurs sorgen für eine maximale Belastbarkeit – wie die Röhrenbauweise des Fernsehturms und die Fachwerkkonstruktion des Krans.
»Knotenpunkt« mit Verbindung von vier Knochenbälkchen. Die Dichte der »Knoten« und die Lamellierung der Knochenbälkchen korrelieren mit der hohen Belastbarkeit der Knochen.
Ausgewogen und stabil
Die Belastbarkeit des Knochens hängt also nicht so sehr von der Knochendichte, sondern vielmehr von der ausgewogenen Knochenarchitektur ab. Etwa 80 Prozent unserer Knochen sind kortikal und nur 20 Prozent spongiös. Der kompakte, kortikale Knochen ist sehr dicht, bis zu 90 Prozent verkalkt (kalzifiziert) und hat ein sehr niedriges Oberflächen-Volumen-Verhältnis und unterliegt einem sehr langsamen Umbau. Der spongiöse Knochen dagegen hat durch die feingliedrige Anordnung eine viel größere Oberfläche und ist daher einem wesentlich schnelleren Umbau ausgesetzt. Der Knochenschwund (Osteoporose) äußert sich deshalb zuerst an Knochen mit hohem Anteil an Knochenbälkchen und bedeutet häufig Brüche von Wirbelkörper, Handgelenk, Rippe und Oberschenkelhals.
Anatomie des Knochens mit Versorgung durch Gefäße und Nerven über die Außenhaut (Periost). Die zahlreichen längs und quer verlaufenden Kanäle in der Knochenrinde (Havers- und Volkmann-Kanäle) dienen der Versorgung des dynamischen Knochengewebes mit Sauerstoff, Botenstoffen, Vitaminen und Baumaterialien.
Eine ständige Baustelle
Der Knochen ist nicht leblos, er ist vielmehr ein lebendiges Organ mit hoher Durchblutung und Stoffwechselaktivität. Bei der Geburt sind nur wenige Knochenteile fertig angelegt und werden erst nach und nach aus Knorpel zum festen, in Lamellen angelegten Knochen umgebaut. Das Knochenwachstum, im Englischen auch »modelling« genannt, ist erst zur Pubertät mit der Verknöcherung der Wachstumsfugen abgeschlossen: Die endgültige Körpergröße ist erreicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich ab diesem Zeitpunkt am Knochen nichts mehr tut. Er wird vielmehr ständig umgebaut und den wechselnden Bedürfnissen beziehungsweise Einflüssen von Umwelt und Muskelkraft angepasst. Hinzu kommt, dass die alternde Knochensubstanz durch Mineralverlust und Kollagenalterung an Festigkeit und Elastizität verliert – der Knochen bricht leichter. Der Körper tauscht daher in regelmäßigen Abständen die gesamte Knochensubstanz aus. Diese Fähigkeit des Materialaustauschs (»remodelling«) dient jedoch nicht allein der Gesamterneuerung, sondern auch der Reparatur eines gebrochenen, verletzten Knochens. Dabei geht es nicht nur um die Reparatur oder Heilung von Brüchen ganzer Knochen, sondern auch um Tausende mikroskopisch kleiner Brüche der Knochenbälkchen (»Mikrofrakturen«), die neben der Knochendichte das Knochenbruchrisiko bestimmen.
Bautrupp im Dauereinsatz