Prinzipien der Philosophie - René Descartes - E-Book

Prinzipien der Philosophie E-Book

Rene Descartes

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Beschreibung

In den Principia philosophiae ("Grundlagen der Philosophie") aus dem Jahr 1644 behandelt Descartes nicht nur die direkten emotionalen Reflexe, z. B. Angst, sondern auch die spontanen Gefühlsregungen, z. B. Liebe oder Hass.

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Prinzipien der Philosophie

René Descartes

Inhalt:

René Descartes – Biografie und Bibliografie

Prinzipien der Philosophie

Erster Theil. Ueber die Prinzipien der menschlichen Erkenntniss.

Untersuchungen über die Grundlagen der Philosophie, in welchen das Dasein Gottes und der Unterschied der menschlichen Seele von ihrem Körper bewiesen wird.

Zweiter Theil. Ueber die Prinzipien der körperlichen Dinge.

Dritter Theil. Von der sichtbaren Welt.

Vierter Theil. Ueber die Erde.

Prinzipien der Philosophie, R. Descartes

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849609498

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

RenéDescartes– Biografie und Bibliografie

Der Begründer der neuern dogmatisch-rationalistischen Philosophie und der scharfsinnigste Denker der Franzosen, geb. 31. März 1596 zu La Haye in Touraine als Sohn eines Parlamentsrats, gest. 11. Febr. 1650 in Stockholm, zeigte früh eine ungemeine Lebhaftigkeit des Geistes, kam im achten Jahr ins Jesuitenkollegium zu La Flèche, wo er bis 1612 blieb, und lebte während der nächsten Jahre, besonders mit mathematischen Studien beschäftigt, zumeist in Paris. Um Erfahrungen in der Welt zu sammeln, nahm er, 21 Jahre alt, Kriegsdienste und machte unter Moritz von Oranien und Tilly Kriegszüge in Holland und Deutschland mit, focht in der Schlacht am Weißen Berg (8. Nov. 1620) unter Buquoy gegen die Böhmen und unter demselben Heerführer in Ungarn gegen die Türken, beschäftigte sich aber im stillen eifrigst mit wissenschaftlichen Arbeiten und trug sich bereits damals mit dem Vorsatz, der Forschung neue, unanfechtbare Grundlagen zu schaffen. Nachdem er 1621 seinen Abschied genommen, brachte er die nächsten Jahre teils auf Reisen, zumeist in Deutschland und Italien, teils in Paris zu und ging, um völlige Muße zur Ausarbeitung seines Systems zu finden, 1629 nach Holland, wo er 20 Jahre in Verborgenheit an 13 verschiedenen Orten verweilte und nur in regem wissenschaftlichen Verkehr mit der Prinzessin Elisabeth von der Pfalz, Tochter des Königs Friedrich von Böhmen und der Elisabeth von England, stand. Während dieser Zeit verfasste er die meisten und bedeutendsten seiner Werke, von denen er jedoch solche, durch die er mit der Geistlichkeit in Konflikt kommen konnte, wie die Schrift »De mundo«, lange zurückhielt. Er fand bald Anhänger und erbitterte Gegner und wurde von der gelehrten Königin Christine (1649) nach Schweden eingeladen, um ihr Lehrer in der Philosophie zu sein. Diesen Ruf nahm er an, erlag aber dem ungewohnten nordischen Klima. Seine Leiche wurde 1661 nach Paris gebracht und in der Kirche Ste. – Geneviève du Mont beigesetzt.

Obwohl D. durch seine mathematischen und physikalischen Entdeckungen einer der Väter der neuern Physik geworden ist, galt ihm doch nicht, wie seinem Zeitgenossen Bacon, die äußere, sondern die innere Erfahrung als der Ausgangspunkt unsers Wissens. Die Ergebnisse der sinnlichen Erfahrung sind dem Zweifel unterworfen; man kann überhaupt an allem zweifeln, nur nicht daran, dass wir zweifeln, d. h., da Zweifeln ein Denken ist, daran, dass wir denken. Mit meinem Denken ist aber meine Existenz gegeben:

Ich denke, also bin ich (cogito, ergo sum), ich bin also denkendes Wesen; ob auch noch als körperliches etc., bleibt vorläufig dahingestellt. Unter meinen Vorstellungen findet sich nun eine, die ich ihrer ganzen Beschaffenheit nach nicht selbst gebildet haben kann, die mir vielmehr gegeben sein muss, da sie eine vollere Realität in sich trägt, als ich in mir selbst habe, wonach die Existenz des Gebers so notwendig gewiss ist wie meine eigne. Das ist die Idee Gottes, eines vollkommensten Wesens, eines unbeschränkten Seins, die dem Gefühl der Beschränktheit meines eignen Seins gerade entgegengesetzt ist, daher von Gott selbst in mir verursacht sein muss. Sie ist mir ebenso eingeboren wie die Vorstellung, die ich von mir selbst habe. Den ursprünglich von Anselmus von Canterbury vorgebrachten ontologischen Beweis bildet D. so um, dass er sagt: Gott ist das schlechthin vollkommenste Wesen; zu den Vollkommenheiten gehört auch die Existenz, also hat Gott Existenz. Ein andrer Beweis für das Dasein Gottes bei D. ist der: mein eignes Dasein ist nur zu erklären durch die Annahme der Existenz Gottes; denn wäre ich durch mich selbst, so würde ich mir alle Vollkommenheiten gegeben haben, bin ich aber durch andre, Eltern, Voreltern etc., so muss es doch, da ein regressus in infinitum nicht anzunehmen ist eine erste Ursache, d. h. Gott, geben. Unter Gottes Eigenschaften, d. h. Vollkommenheiten, findet sich nun die Wahrhaftigkeit, aus der sich mit Bestimmtheit ergibt, dass alles, was ich klar und deutlich erkenne, wahr sei. Wäre das nicht der Fall, so müsste mich Gott selbst täuschen wollen, was seinem Begriff widerspricht. Die Vorstellung der äußern Welt und der Natur ist nun nicht nur in meinem Geiste vorhanden und zwar so, dass, wenn ich auch wollte, ich mich ihrer nicht entschlagen könnte, sondern sie ist auch eine klare und deutliche, so dass die ausgedehnte Welt wirklich existiert. Dieses Ausgedehnte heißt Körper oder Materie. Bei sorgfältiger Reflexion über den Begriff des Körpers finden wir, dass die Natur der Materie nicht in sinnenfälligen Eigenschaften besteht, da jede solche Eigenschaft von dem Körper hinweg gedacht werden kann, sondern lediglich in der Ausdehnung. Der Körper hat Ausdehnung, die Seele aber keine, daher besteht zwischen beiden ein diametraler Unterschied, der zur Folge hat, dass, während der Körper zerstört werden kann, die Seele unverwüstlich, d. h. unsterblich ist. Im eigentlichen Sinne darf nur Gott Substanz heißen, d. h. das, was so existiert. dass es keines andern Dinges zum Existieren bedarf; im abgeleiteten Sinne kann man auch von körperlicher und denkender Substanz reden, die beide keines andern Dinges als Gottes zur Existenz bedürfen. Der Materie kommen nur Ausdehnung und Modi der Ausdehnung zu, keine Kräfte; Druck und Stoß genügen, um die Erscheinungen in der Natur zu erklären. Die letzten Bestandteile der Materie sind kleinste Körperchen, verschieden an Gestalt und Größe (corpuscula), deren Teilung, da sie ausgedehnt sind, durch Gott immer noch denkbar ist. Materie und Bewegung bleiben in ihrer Quantität unverändert; das Quantum der Bewegung im Körper kann die Seele nicht vermehren oder vermindern, nur die Richtung der Bewegung kann sie verändern. Den Tieren kommt keine denkende Seele zu, alles in ihnen geschieht ausschließlich nach mechanischen Gesetzen, so dass sie D. als belebte Maschinen ohne jedes Gefühl, also auch ohne jeden Schmerz ansah. Im Menschen kommen die ausgedehnte Substanz, Körper, und die denkende Seele, deren Sitz in der Zirbeldrüse, als dem einzigen unpaarigen Organ im Gehirn, sein soll, zusammen; sie würden aber, als vollständig voneinander verschieden, gar nicht in Beziehung zueinander stehen können, wenn nicht Gott die angemessene Übereinstimmung zwischen ihnen herstellte, immer schaffend und vermittelnd (concursus oder assistentia Dei), eine Behauptung, die D.' Schüler Geulincx auf die Hypothese des Okkasionalismus leitete. Ethische Ansichten hat D. nur beiläufig in seinen Schriften, namentlich in dem Buch »De passionibus« und in seinen Briefen, besonders in dem »De summo bono« an die Königin Christine, geäußert. Er schließt sich in der Ethik meist an die Stoiker und Aristoteles an: Glückseligkeit ist das Ziel; sie geht hervor aus dem konsequenten guten Willen oder der Tugend. – D. vollzog eine entscheidende Tat, indem er als erste Bedingung von Philosophie aussprach, dass sie alle gegebene Erkenntnis, jede Voraussetzung von sich zu weisen habe (Kartesianischer Zweifel), um aus dem schlechthin Gewissen durch Denken die Welt der Wahrheit völlig neu sich aufzubauen. Von dem festen Punkte, den ihm das Selbstbewusstsein gewährt, ausgehend, hat er auf die weitere Entwickelung der Philosophie großen Einfluss ausgeübt. Obwohl er der Metaphysik volles Recht einräumte, hat er doch auf dem Gebiete der Natur den Mechanismus viel strenger durchgeführt als der etwas früher lebende Francis Bacon, so dass sich spätere Materialisten auf ihn berufen konnten. Sein System erregte lebhaften Widerspruch bei Philosophen, insbes. aber bei Theologen. Hobbes, Gassendi, Huet, Daniel Voetius u. a. traten als D.' Gegner auf, verfolgten ihn z. T. fanatisch, klagten ihn des Skeptizismus und Atheismus an und erwirkten sogar in manchen Ländern, wie in Italien 1643, in Holland durch die Dordrechter Synode 1656, Verbote gegen seine Philosophie als eine gefährliche. Dagegen fand D. Anhänger in Holland und Frankreich, besonders unter den Jansenisten von Port-Royal und den Mitgliedern der Congrégation de l'Oratoire. Vornehmlich suchten De la Forge, Arnauld, Pascal, Malebranche, Geulincx u. a. sein System weiter zu entwickeln. Die Logik von Port-Royal: »L'art de penser«, von Arnauld und Nicole unter Benutzung einer Abhandlung von Pascal 1662 herausgegeben, ist im ganzen cartesianisch.

Um die physiologische und psychologische Anthropologie hat sich D. trotz mehrerer Irrtümer manche Verdienste erworben; doch größerer und dauernderer Ruhm gebührt ihm als Mathematiker. Er erfand die Methode der unbestimmten Koeffizienten, gab eine Regel, um die Anzahl der positiven und der negativen Wurzeln einer algebraischen Gleichung aus dem Vorzeichen der Koeffizienten der Gleichung zu erkennen und entwickelte eine auf eine ausgedehnte Klasse von Kurven anwendbare Methode zum Ziehen von Tangenten; sein Hauptverdienst ist aber die Begründung der analytischen Geometrie, die es ermöglicht, die Eigenschaften jeder ebenen Kurve durch eine Gleichung zwischen zwei veränderlichen Größen, den Koordinaten, auszudrücken. Zwar besaß Fermat diese Koordinatenmethode auch schon, aber D. hat sie zuerst durch eine zusammenhängende Darstellung in seiner »Géometrie« (1637, mit Kommentar von Schooten, Leid. 1649; deutsch von Schlesinger, Berl. 1894) der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Auch seine »Dioptrique« (1639), die zuerst das von Snellius entdeckte Gesetz der Brechung der Lichtstrahlen beim Übergang aus einem Mittel in ein andres darlegte und die großen Entdeckungen von Newton und Leibniz vorbereitete, ist ein bleibendes Denkmal seines großen Verdienstes um die exakten Wissenschaften. Die nach ihm benannten Kartesianischen Teufel sind eine Spielerei. In seinen kosmogonischen Versuchen wollte er, ähnlich wie Demokrit und dessen atomistische Nachfolger, die Bewegung der Himmelskörper, d. h. also die Schwerkraft, durch Wirbel erklären, die in Strömungen des das Weltall erfüllenden Äthers bestehen sollten, eine Theorie, die von Leibniz aufgenommen und verbessert wurde.

D.' Hauptschriften sind: »Discours de la méthode pour bien conduire la raison et chercher la vérité dans les sciences« (zugleich mit seinen Abhandlungen über die Dioptrik, die Meteore und die Geometrie, Leid. 1637; lat. 1641); »Meditationes de prima philosophia etc.« (Amsterd. 1641; hrsg. von Barach, Wien 1862); »Principia philosophiae« (Amsterd. 1641); »Traité des passions« (das. 1650; lat., das. 1656); »Traité de l'homme et de la formation du foetus« (das. 1668, lat. 1677).Wertvoll ist auch die Sammlung seiner Briefe (Frankf. a. M. 1692). Eine Ausgabe seiner sämtlichen Werke in lateinischer Sprache erschien zuerst Amsterdam 1670–1683 u. daselbst 1692–1701: in französischer Sprache herausgegeben von V. Cousin (Par. 1824–26, 11 Bde.) und von Aimé-Martin in 1 Band (Par. 1881). Eine neue Gesamtausgabe besorgten Adam und Tanwery (bisher 6 Bde., Par. 1897–1903).Von Foucher de Careil sind »Œuvres inédites de D.« (Par. 1859 bis 1860) und »D., la princesse Elisabeth et la reine Christine, d'après des lettres inédites« (1879) veröffentlicht worden.Deutsche Übersetzungen von philosophischen Hauptschriften des D. haben K. Fischer (Mannh. 1863) und v. Kirchmann (Berl. 1870 u. ö.) veranstaltet. Sein Leben beschrieben Tepelius (Nürnb.1674), Bayle (Amsterd. 1681) und Baillet (Par. 1691). Vgl. Millet, D., sa vie, ses travaux, ses découvertes avant 1637 (Münch. 1867); Derselbe, D. etc. depuis 1637 (das. 1871); Bouillier, Histoire et critique du Cartésianisme (das. 1842); Derselbe, Histoire de la philosophie cartésienne (3.Aufl., das. 1868); Hock, Cartesius und seine Gegner (Wien 1835); Heinze, Die Sittenlehre des D. (Leipz. 1872); Koch, Die Psychologie D.' (Münch. 1881); Liard, Descartes (Par. 1882); Meincke, D.' Beweise vom Dasein Gottes (Heidelb. 1883); v. Stein, Über den Zusammenhang Boileaus mit D. (in der »Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik«, 1885); Natorp, D.' Erkenntnistheorie (Marb. 1882); v. Hertling, D.' Beziehungen zur Scholastik (Münch. 1899).

Prinzipien der Philosophie

Erster Theil. Ueber die Prinzipien der menschlichen Erkenntniss.

1. Da wir als Kinder auf die Welt kommen und über sinnliche Gegenstände urtheilen, bevor wir den vollen Gebrauch unserer Vernunft erlangt haben, so werden wir durch viele Vorurtheile an der Erkenntnis der Wahrheit gehindert und es scheint kein anderes Mittel dagegen zu geben, als einmal im Leben sich zu entschliessen, an Allem zu zweifeln, wo der geringste Verdacht einer Ungewissheit angetroffen wird.

2. Es ist sogar nützlich, schon das Zweifelhafte für falsch zu nehmen, um desto sicherer das zu finden, was ganz sicher und am leichtesten erkennbar ist.

3. Dieses einstweilige Zweifeln ist aber auf die Erforschung der Wahrheit zu beschränken. Denn im thätigen Leben würde oft die Gelegenheit zum Handeln vorübergehen, ehe wir uns aus den Zweifeln befreit hätten, und hier muss man oft das blos Wahrscheinliche hinnehmen und manchmal selbst unter gleich wahrscheinlichen Dingen eine Wahl treffen.

4. Da wir hier aber blos auf die Erforschung der Wahrheit ausgehen, werden wir zunächst zweifeln, ob die sinnlichen oder bildlich vorgestellten Dinge bestehen. Denn erstens betreffen wir die Sinne bisweilen auf dem Irrthum, und die Klugheit fordert, niemals denen viel zu trauen, die uns auch nur einmal getäuscht haben. Sodann glauben wir alle Tage im Traume Vieles wahrzunehmen oder vorzustellen, was nirgends ist, und es zeigt sich gegen diese Zweifel kein sicheres Zeichen, an dem der Traum von dem Wachen zu unterscheiden wäre.

5. Wir werden auch das Uebrige bezweifeln, was wir bisher für das Gewisseste gehalten haben; selbst die mathematischen Beweise und die Sätze, welche wir bisher für selbstverständlich angesehen haben. Denn theils haben wir gesellen, dass Manche in Solchem geirrt und das, was uns falsch schien, für ganz gewiss und selbstverständlich angenommen haben; theils haben wir gehört, dass es einen allmächtigen Gott giebt, der uns geschaffen hat, und wir wissen nicht, ob er uns vielleicht nicht so hat schaffen wollen, dass wir immer und selbst in dem, was uns ganz offenbar scheint, getäuscht werden. Denn dies ist ebenso gut möglich, als die Täuschung in einzelnen Fällen, deren Vorkommen wir bereits bemerkt haben. Setzen wir aber, dass nicht der allmächtige Gott, sondern wir selbst oder irgend ein Anderer uns geschaffen habe, so wird es, je weniger mächtig wir den Urheber unseres Daseins annehmen, um so wahrscheinlicher, dass wir unvollkommen sind und immer getäuscht werden.

6. Mag nun unser Urheber sein, wer er wolle, und mag er so mächtig und so trügerisch sein, als man wolle, so haben wir doch die Macht in uns, dem nicht ganz Gewissen und Ausgemittelten unsere Zustimmung zu versagen und so uns vor jedem Irrthum zu verwahren.

7. Indem wir so Alles nur irgend Zweifelhafte zurückweisen und für falsch gelten lassen, können wir leicht annehmen, dass es keinen Gott, keinen Himmel, keinen Körper giebt; dass wir selbst weder Hände noch Fusse, überhaupt keinen Körper haben; aber wir können nicht annehmen, dass wir, die wir solches denken, nichts sind; denn es ist ein Widerspruch, dass das, was denkt, in dem Zeitpunkt, wo es denkt, nicht bestehe. Deshalb ist die Erkenntniss: »Ich denke, also bin ich,« von allen die erste und gewisseste, welche bei einem ordnungs-mässigen Philosophiren hervortritt.

8. Auch ist dies der beste Weg, um die Natur der Seele und ihren Unterschied vom Körper zu erkennen. Denn wenn man prüft, wer wir sind, die wir alles von uns Verschiedene für falsch halten, so sehen wir deutlich, dass weder die Ausdehnung noch die Gestalt noch die Ortsbewegung noch Aehnliches, was man dem Körper zuschreibt, zu unserer Natur gehört, sondern nur das Denken. Dies wird deshalb eher und sicherer als die körperlichen Gegenstände erkannt; denn man begreift es schon, während man über alles Andere noch zweifelt.

9. Unter Denken verstehe ich Alles, was mit Bewusstsein in uns geschieht, insofern wir uns dessen bewusst sind. Deshalb gehört nicht blos das Einsehen, Wollen, Bildlich-Vorstellen, sondern auch das Wahrnehmen hier zum Denken. Denn wenn ich sage: »Ich sehe, oder ich wandle, deshalb bin ich,« und ich dies von dem Sehen oder Wandeln, was mit dem Körper erfolgt, verstehe, so ist der Schluss nicht durchaus sicher; denn ich kann meinen, dass ich sehe oder wandele, obgleich ich die Augen nicht öffne und mich nicht von der Stelle bewege, wie dies in den Träumen oft vorkommt; ja, es könnte geschehen, ohne dass ich überhaupt einen Körper hätte. Verstehe ich es aber von der Wahrnehmung selbst oder von dem Wissen meines Sehens oder Wandeins, so ist die Folgerung ganz sicher, weil es dann auf die Seele bezogen wird, welche allein wahrnimmt oder denkt, dass sie sieht oder wandelt.

10. Ich erkläre hier viele andere Ausdrücke, deren ich mich schon bedient habe oder in dem Folgenden bedienen werde, nicht näher, weil sie an sich genügend bekannt sind. Ich habe oft bemerkt, dass Philosophen fehlerhafter Weise das Einfachste und an sich Bekannte durch logische Definitionen zu erklären suchten, obgleich sie es damit nur dunkler machten. Wenn ich deshalb hier gesagt habe, der Satz: »Ich denke, also bin ich,« sei von allen der erste und gewisseste, welcher bei einem ordnungsmässigen Philosophiren hervortrete, so habe ich damit nicht bestreiten wollen, dass man vorher wissen müsse, was »Denken«, was »Dasein«, was »Gewissheit« sei; ebenso, dass es unmöglich sei, dass das, was denkt, nicht bestehe, und Aehnliches; sondern ich habe nur ihre Aufzählung nicht für nöthig erachtet, weil es die einfachsten Begriffe sind, und sie für sich allein nicht die Erkenntniss eines bestehenden Dinges gewähren.

11. Um aber einzusehen, dass wir unsere Seele nicht blos früher und gewisser, sondern auch klarer als den Körper erkennen, ist festzuhalten, wie nach natürlichem Licht es offenbar ist, dass das Nichts keine Zustände oder Eigenschaften hat. Wo wir mithin solche antreffen, da muss auch ein Gegenstand oder eine Substanz, der sie angehören, bestellen. Ferner ist ebenso offenbar, dass wir diese Substanz um so klarer erkennen, je mehr wir dergleichen Zustände in dem Gegenstande oder in der Substanz antreffen. Nur ist offenbar, dass wir deren mehr in unserer Seele als in irgend einer anderen Sache antreffen, weil es unmöglich ist, dass wir etwas Anderes erkennen, ohne dass uns dies nicht auch viel sicherer zur Erkenntniss unserer Seele führte. Wenn ich z.B. annehme, dass die Erde ist, weil ich sie Fühle oder sehe, so muss ich danach noch viel mehr annehmen, dass meine Seele besteht. Denn es ist möglich, dass ich meine, die Erde zu berühren, obgleich keine Erde besteht; aber es ist unmöglich, dass ich dies meine, und meine Seele, die dies meint, nicht sei. Dasselbe gilt von allem Anderen.

12. Wenn dies Personen, die nicht ordnungsmässig philosophiren, nicht so erscheint, so kommt es davon, dass sie die Seele niemals genau von dem Körper unterschieden haben; und wenn sie auch ihr eigenes Dasein für gewisser als alles Andere erachteten, so bemerkten sie doch nicht, dass unter dem eigenen Dasein hier nur die Seele allein zu verstehen ist; vielmehr verstanden sie darunter blos ihren Körper, den sie mit ihren Augen Bähen und mit ihren Händen betasteten, und dem sie das Wahrnehmungsvermögen fälschlich zuschrieben. So wurden sie von der Erkenntniss der Natur der Seele abgeführt.

13. Wenn nun die Seele, die zwar sich selbst erkannt hat, über alles Andere aber noch zweifelt, rings umherschaut, um ihre Kenntnisse auszudehnen, so findet sie zwar zunächst in sich die Vorstellungen von vielen Dingen; aber so lange sie nur diese Vorstellungen betrachtet, ohne zu behaupten oder zu leugnen, dass etwas ihnen Aehnliches ausserhalb ihrer bestehe, kann sie nicht irren. Sie findet auch gewisse gemeinsame Begriffe und bildet daraus mancherlei Beweise, welche sie für wahr hält, so lange sie darauf Acht hat. So bat sie z.B. die Vorstellungen der Gestalten und Zahlen in sich, und unter anderen gemeinsamen Begriffen den, dass Gleiches zu Gleichem hinzugethan, Gleiches ergiebt; auch wird aus solchen leicht bewiesen, dass die drei Winkel eines Dreiecks gleich zwei rechten sind u.s.w. Hiernach hält die Seele dies und Aehnliches für wahr, so lange sie auf die Vordersätze achtet, aus denen sie dies abgeleitet hat. Da man indess nicht immer darauf Acht haben kann, und man sich später besinnt, dass man nicht sicher ist, ob man nicht mit einer solchen Natur erschaffen worden, dass man selbst in dem anscheinend Unzweifelhaftesten sich irrt, so erscheint auch hier der Zweifel für berechtigt, und jede gewisse Erkenntniss unmöglich, so lange man den Urheber seines Daseins nicht kennt.

14. Wenn die Seele dann unter ihren verschiedenen Vorstellungen die eines allweisen, allmächtigen und höchst vollkommenen Wesens betrachtet, welche bei Weitem die vornehmste ist, so erkennt sie darin dessen Dasein nicht blos als möglich oder zufällig, wie bei den Vorstellungen anderer Dinge, die sie bestimmt auffasst, sondern als durchaus nothwendig und ewig. So wie z.B. die Seele in der Vorstellung eines Dreiecks es als nothwendig darin enthalten erkennt, dass seine drei Winkel gleich zwei rechten sind, und deshalb überzeugt ist, dass ein Dreieck drei Winkel hat, die zwei rechten gleich sind, so muss sie lediglich daraus, dass sie einsieht, in der Vorstellung eines höchst vollkommenen Wesens sei das nothwendige und ewige Dasein enthalten, folgern, dass das höchst vollkommene Wesen bestehe.

15. Sie wird um so mehr davon überzeugt sein, wenn sie beachtet, dass in keiner anderen von ihren Vorstellungen dieses nothwendige Dasein in dieser Weise enthalten ist; denn sie wird daraus ersehen, dass diese Vorstellung eines höchst vollkommenen Wesens nicht von ihr gebildet ist und keine chimärische, sondern eine wahre und unveränderliche Natur darstellt, welche bestehen muss, da das nothwendige Dasein in ihr enthalten ist.

16. Dies wird, sage ich, unsere Seele leicht annehmen, wenn sie sich vorher von allen Vorurtheilen losgemacht hat. Wir sind jedoch gewöhnt, bei allen anderen Dingen das Wesen von dem Dasein zu unterscheiden, auch mancherlei Vorstellungen von Dingen, die niemals sind oder waren, beliebig zu bilden, und daher kommt es leicht, dass, wenn wir nicht ganz in der Betrachtung des höchst vollkommenen Wesens uns vertiefen, nun zweifeln, ob dessen Vorstellung nicht zu denen gehöre, die wir willkürlich bilden, oder bei denen wenigstens das Dasein nicht zu ihrem Wesen gehört.

17. Wenn wir die Vorstellungen in uns weiter betrachten, so sehen wir, dass sie, als blosse Weisen zu denken, nicht sehr verschieden von einander sind, wohl aber insofern die eine diese, die andere jene Sache vorstellt, und dass, je mehr gegenständliche Vollkommenheit sie in sich enthalten, um so vollkommener ihre Ursachen sein müssen. Wenn z.B. Jemand die Vorstellung einer sehr künstlichen Maschine hat, so kann man mit Recht nach der Ursache fragen, woher er sie hat; ob er irgendwo eine solche von einem Anderen gefertigte Maschine gesehen hat, oder ob er die mechanischen Wissenschaften so genau erlernt hat, und seine erfinderische Kraft so gross ist, dass er diese nirgends gesehene Maschine bei sich selbst habe ausdenken können? Denn das ganze Kunstwerk, was in seiner Vorstellung nur gegenständlich oder wie in einem Bilde enthalten ist, muss in dessen Ursache, sei sie, welche sie wolle, nicht blos gegenständlich oder vorgestellt, sondern wenigstens in der ersten und vornehmsten Ursache in gleichem oder überwiegendem Maasse wirklich vorhanden sein.

18. Deshalb können wir, da wir die Vorstellung Gottes oder eines höchsten Wesens in uns haben, mit Recht fragen, woher wir sie haben. Wir werden in dieser Vorstellung eine solche Unermesslichkeit finden, dass wir uns überzeugen, sie könne uns nur von einem Gegenstände eingeflösst sein, welcher wirklich alle Vollkommenheiten in sich vereinigt, d.h. nur von dem wirklich daseienden Gott. Denn es ist nach dem natürlichen Licht offenbar, dass aus Nichts nicht Etwas werden kann, und dass das Vollkommene nicht von einem Unvollkommeneren als seine wirkende und vollständige Ursache hervorgebracht werden kann, und dass in uns keine Vorstellung oder kein Bild einer Sache sein kann, von dem nicht irgendwo in oder ausser uns ein Urbild besteht, was alle seine Vollkommenheiten wirklich enthält. Da wir nun jene höchsten Vollkommenheiten, deren Vorstellung wir haben, auf keine Weise in uns antreffen, so folgern wir daraus mit Recht, dass sie in einem von uns verschiedenen Wesen, nämlich in Gott sein müssen oder mindestens einmal gewesen sein müssen, woraus klar folgt, dass sie auch noch bestehen.

19. Dies ist denen, welche gewohnt sind, die Vorstellung Gottes zu betrachten und auf seine höchsten Vollkommenheiten zu achten, ganz gewiss und offenbar. Denn wenn wir auch diese Vollkommenheiten nicht begreifen, weil es die Natur des Unendlichen ist, dass es von uns, die wir endlich sind, nicht begriffen wird, so können wir sie doch klarer und deutlicher als die körperlichen Dinge einsehen, weil sie unser Denken mehr erfüllen, einfacher sind und durch keine Beschränkungen verdunkelt werden.

20. Da indess nicht Jedermann dies bemerkt, und da wir, gleich denen, welche die Vorstellung einer künstlichen Maschine zwar besitzen, aber meist nicht wissen, woher sie sie haben, uns auch nicht entsinnen, dass uns die Vorstellung Gottes einmal von Gott gekommen sei, indem wir sie immer gehabt haben, so ist noch zu untersuchen, von wem wir selbst sind, die wir die Vorstellung eines höchst vollkommenen Gottes in uns haben. Denn nach dem natürlichen Licht kann offenbar ein Ding, was etwas Vollkommeneres weiss, als es selbst ist, nicht von sich kommen; denn sonst hätte es sich selbst alle die Vollkommenheiten zugetheilt, deren Vorstellung es in sich hat, und deshalb kann es auch nur von Jemand kommen, der alle jene Vollkommenheiten in sich trägt, d.h. der Gott ist.

21. Nichts kann die Kraft dieses Beweises erschüttern, sobald wir auf die Natur der Zeit oder die Dauer der Dinge Acht haben; denn deren Theile sind nicht von einander abhängig noch jemals zugleich. Deshalb folgt aus unserem Dasein in diesem Augenblick nicht unser Dasein in der nächst folgenden Zeit, wenn nicht eine Ursache, nämlich die, welche uns hervorgebracht hat, uns fortwährend gleichsam wieder hervorbringt, d.h. erhält. Denn es ist leicht einzusehen, dass diese uns erhaltende Kraft nicht in uns selbst sein kann, und dass der, welcher so mächtig ist, dass er uns, die wir von ihm verschieden sind, erhält, um so mehr auch sich selbst erhält, oder vielmehr, dass er der Erhaltung von Niemand bedarf und deshalb Gott ist.

22. Dieser Beweis vom Dasein Gottes aus seiner Vorstellung hat den grossen Vorzug, dass wir, soweit die Schwäche unserer Natur es zulässt, erkennen, wer er ist. Denn wenn wir auf diese uns angeborene Vorstellung blicken, so finden wir, dass er ewig, allwissend, allmächtig, die Quelle aller Güte und Wahrheit und der Schöpfer aller Dinge ist, und dass er endlich Alles in sich hat, was wir klar als eine unendliche oder durch keine Unvollkommenheit beschränkte Vollkommenheit erkennen.

23. Denn es giebt allerdings Vieles, worin wir einige Vollkommenheit bemerken, aber doch auch einige Unvollkommenheit oder Beschränkung antreffen, und was deshalb Gott nicht zukommen kann. So enthält die körperliche Natur in Folge der in der räumlichen Ausdehnung eingeschlossenen Theilbarkeit die Unvollkommenheit, theilbar zu sein, und deshalb ist es gewiss, dass Gott kein Körper ist. Ebenso ist unser Wahrnehmen zwar eine Vollkommenheit; allein in allem Wahrnehmen ist auch ein Leiden, und Leiden heisst von Etwas abhängen, und deshalb kann in Gott kein Wahrnehmen, sondern nur das Einsehen und Wollen angenommen werden; ebenso, dass er nicht wie wir gleichsam durch getrennte Handlungen einsieht, will und handelt, sondern durch eine, immer dieselbe und höchst einfache Handlung. Unter »Alles« verstehe ich alle Dinge; denn Gott will nicht die Bosheit der Sünde; denn sie ist kein Ding.

24. Da also Gott allein von Allem, was ist oder sein kann, die wahre Ursache ist, so folgen wir offenbar dem richtigsten Weg Im Philosophiren, wenn wir versuchen , aus der Kenntniss Gottes selbst die Erklärung der von ihm geschaffenen Dinge abzuleiten, da wir so die vollkommenste Kenntniss, nämlich die Kenntniss der Wirkung aus der Kenntniss der Ursachen gewinnen. Um damit hierbei sicher und ohne Gefahr des Irrthums zu beginnen, wollen wir die Vorsicht gebrauchen und uns immer gegenwärtig halten, dass Gott der unendliche Schöpfer aller Dinge ist, und wir durchaus endlich sind.

25. Wenn daher Gott uns etwas von sich oder anderen Dingen offenbaren sollte, was die natürlichen Kräfte unseres Verstandes überschreitet, wie dies bei den Mysterien der Fleischwerdung und der Dreieinigkeit der Fall ist, so werden wir, obgleich wir sie nicht klar einsehen, doch uns nicht weigern, sie zu glauben, und wir werden uns durchaus nicht wundern, dass Vieles theils in seiner eigenen unermesslichen Natur, theils in den von ihm geschaffenen Dingen unsere Fassungskraft überschreitet.

26. Wir werden deshalb uns nicht mit Streitigkeiten über das Unendliche ermüden; denn bei unserer eigenen Endlichkeit wäre es verkehrt, wenn wir versuchten, etwas darüber zu bestimmen und so es gleichsam endlich und begreiflich zu machen. Wir werden uns deshalb nicht mit der Antwort auf die Frage mühen, ob die Hälfte einer unendlichen Linie ebenfalls unendlich sei, oder ob die unendliche Zahl gleich oder ungleich sei und Aehnliches; denn nur der, welcher seine Seele für unendlich hält, kann meinen, hierüber nachdenken zu müssen. Wir werden dagegen Alles, bei dessen Betrachtung man kein Ende finden kann, zwar nicht als unendlich behaupten, aber als endlos ansehen. So kann man sich keinen Raum so gross vorstellen, dass eine Vergrösserung desselben unmöglich wäre, und man wird deshalb die Grösse der möglichen Dinge als eine endlose bezeichnen. Ebenso wird man die Grösse für ohne Ende theilbar halten, weil kein Körper in so viel Theile getheilt werden kann, dass diese Theile nicht immer noch weiter theilbar wären. Ebenso wird man die Zahl der Sterne für nicht-beschränkt annehmen, weil man sich keine so grosse Zahl derselben vorstellen kann, dass Gott nicht noch mehr hätte erschaffen können. Dasselbe gilt für das Uebrige.

27. Wir nennen diese Dinge endlos statt unendlich, um das Wort »unendlich« nur für Gott aufzubewahren, weil wir in ihm allein in jeder Hinsicht nicht blos keine Grenzen finden, sondern auch bejahend erkennen, dass er keine hat, bei anderen Dingen aber nicht so bejahend ihre Grenzenlosigkeit erkennen, sondern nur zugestehen, dass wir die hier etwa vorhandenen Grenzen nicht finden können.

28. Deshalb werden wir aus dem Zwecke, welchen Gott oder die Natur bei Herstellung der natürlichen Dinge sich vorgesetzt hat, keine Gründe in Betreff dieser entnehmen können. Denn wir können uns nicht anmassen, seine Absichten dabei zu wissen, sondern wir werden ihn nur als die wirkende Ursache aller Dinge betrachten und sehen, welche Schlüsse uns das von ihm empfangene natürliche Licht gestattet aus demjenigen seiner Attribute, von denen wir nach seinem Willen einige Kenntniss haben, in Betreff seiner in den Sinn fallenden Wirksamkeit zu ziehen. Wir werden jedoch dabei eingedenk bleiben, dass wir, wie erwähnt, diesem natürlichen Lichte nur so lange vertrauen, als nicht das Entgegengesetzte von Gott selbst offenbart ist.

29. Das erste Attribut Gottes, was hier in Betracht kommt, ist seine höchste Wahrhaftigkeit, und dass er uns das natürliche Licht gegeben. Er kann uns deshalb nicht betrügen noch die eigentliche und bejahende Ursache der zieht, in das Nichts zurückgeführt werden. Ferner, dass der Körper im Allgemeinen eine Substanz ist und deshalb nicht untergehen kann, und dass der menschliche Körper in seinem Unterschiede von den übrigen Körpern nur aus einer gewissen Gestaltung und Verbindung der Glieder und anderen solchen Accidenzen gebildet ist, dass aber die menschliche Seele nicht so aus Accidenzen besteht, sondern eine reine Substanz ist. Denn wenn auch alle ihre Accidenzen wechseln, so dass sie Anderes als früher vorstellt, Anderes will und Anderes wahrnimmt, so wird dadurch die Seele doch keine andere. Dagegen wird der menschliche Körper, ein anderer, sobald die Gestalt einiger seiner Theile sich ändert. Hieraus folgt, dass der Körper sehr leicht untergeht, die Seele aber ihrer Natur nach unsterblich ist.

In der dritten Untersuchung habe ich meinen Hauptgrund für Gottes Dasein in der genügenden Ausführlichkeit, wie ich glaube, entwickelt. Da ich indess, um den Geist der Leser möglichst von den Sinnen abzuwenden, keine den körperlichen Dingen entlehnte Vergleiche dabei benutzen wollte, so sind vielleicht manche Dunkelheiten geblieben, welche indess, wie ich hoffe, später in den Antworten auf die Einwürfe völlig gehoben werden sollen. So wird unter Anderem von der Vorstellung des vollkommensten Wesens in uns gesagt, wie sie so viel gegenständliche Realität habe, dass sie nothwendig von einer vollkommenen Ursache herrühren müsse, und dies wird dort durch den Vergleich mit einer sehr vollkommenen Maschine erläutert, deren Vorstellung in der Seele eines Künstlers ist. Denn so wie das gegenständliche Kunstwerk in dieser Vorstellung eine Ursache haben muss, nämlich die Wissenschaft dieses Künstlers oder eines Anderen, von dem er sie überkommen hat, so muss die in uns befindliche Vorstellung Gottes Gott selbst zur Ursache haben.

In der vierten Untersuchung wird bewiesen, dass Alles, was man klar und deutlich erkennt, wahr ist. Zugleich wird erklärt, worin der Grund der Unwahrheit liegt; man muss dies wissen, um das Vorgehende zu befestigen und das Folgende zu verstehen. Hierbei handelt es sich aber, wie ich bemerken muss, in keiner Weise um die Sünde oder um den Irrthum in Ausübung des Guten oder Bösen, sondern nur um den Irrthum, der bei der Beurtheilung des Wahren und Falschen vorkommt. Es handelt sich hier nicht um das, was den Glauben und die Einrichtung des Lebens betrifft, sondern nur um die spekulativen, mit der blossen Hülfe des natürlichen Lichtes erkannten Wahrheiten.

In der fünften Untersuchung wird die körperliche Natur im Allgemeinen erklärt und ausserdem das Dasein Gottes aus einem neuen Grunde bewiesen. Auch hier mögen wieder einige Schwierigkeiten sich finden, welche bei der Beantwortung der Einwendungen gehoben werden sollen. Endlich wird da gezeigt, wie selbst die Gewissheit der geometrischen Beweise von der Erkenntniss Gottes abhängig ist.

In der sechsten

Untersuchungen über die Grundlagen der Philosophie, in welchen das Dasein Gottes und der Unterschied der menschlichen Seele von ihrem Körper bewiesen wird.

Erste Untersuchung.

Ueber das, was in Zweifel gezogen werden kann.

Ich hatte schon vor mehreren Jahren bemerkt, wie viel Falsches ich in meiner Jugend für wahr gehalten hatte, und wie zweifelhaft Alles war, was ich darauf erbaut hatte. Ich meinte deshalb, dass im Leben einmal Alles bis auf den Grund umgestossen und von den ersten Fundamenten ab neu begonnen werden müsste, wenn ich irgend etwas Festes und Bleibendes in den Wissenschaften aufstellen wollte. Es schien dies jedoch ein ungeheures Unternehmen, und ich wartete das Alter ab, was so reif sein würde, dass ihm ein geschickteres zur Erwerbung der Wissenschaften nicht mehr nachkommen könne.

In Folge dessen habe ich so lange gezögert, dass ich zuletzt die Schuld trüge, wenn ich die zum Handeln noch übrige Zeit im Zaudern verbringen wollte. Zur passenden Zeit habe ich deshalb heute meine Seele von allen Sorgen losgemacht, mir eine ungestörte Müsse bereitet und ich trete in die Einsamkeit, um endlich ernst und frei zu dieser allgemeinen Ausrottung meiner bisherigen Meinungen zu schreiten. Dazu wird indess nicht nöthig sein, dass ich sie alle als falsch aufzeige, denn dies würde ich vielleicht nie vollbringen können; vielmehr räth die Vernunft, dass ich meine Zustimmung ebenso sorgfältig bei dem nicht ganz Gewissen und Unzweifelhaften zurückzuhalten habe wie bei dem offenbar Falschen, und deshalb genügt es, Alles zu verwerfen, wo ich irgend einen Grund zum Zweifel antreffen werde. Auch braucht deshalb nicht das Einzelne durchgegangen zu werden, was eine Arbeit ohne Ende sein würde; vielmehr werde ich, da mit der Untergrabung der Grundlagen alles darauf Errichtete von selbst zusammenstürzt, gleich zu diesen Grundlagen mich wenden, auf die Alles sich stützt, was ich bisher für wahr gehalten habe.

Alles nämlich, was mir bisher am sichersten für wahr gegolten hat, habe ich von den Sinnen oder durch die Sinne empfangen; aber ich habe bemerkt, dass diese mitunter täuschen, und die Klugheit fordert, Denen niemals ganz zu trauen, die auch nur einmal uns getäuscht haben. – Allein wenn auch die Sinne in Bezug auf Kleines und Entferntes bisweilen uns täuschen, so ist doch vielleicht das meiste derart, dass man daran nicht zweifeln kann, obgleich es aus den Sinnen geschöpft ist, z.B. dass ich hier bin, am Kamin, mit einem Winterrock angethan, sitze, dieses Papier mit der Hand berühre, und Aehnliches. Mit welchem Grunde könnte man bestreiten, dass diese Hände, dieser ganze Körper der meinige sei? Ich müsste mich denn, ich weiss nicht welchen Wahnsinnigen, gleichstellen, deren Gehirn durch die steten Dünste schwarzer Galle so geschwächt ist, dass sie hartnäckig behaupten, Könige zu sein, während sie bettelarm sind, oder in Purpur gekleidet zu sein, während sie nackt sind, oder einen thönernen Kopf zu haben, oder nur ein Kürbis zu sein, oder ganz aus Glas zusammengeblasen zu sein. Dies sind jedoch Wahnsinnige, und ich selbst würde als ein solcher gelten, wenn ich die von ihnen entlehnten Beispiele auf mich übertragen wollte. –

Dies klingt sehr schön; aber bin ich nicht ein Mensch, der des Nachts zu schlafen pflegt und Alles dies im Traume erfährt? Ja mitunter noch Unwahrscheinlicheres als das, was Jenen im Wachen begegnet? Wie oft kommt es nicht vor, dass der nächtliche Traum mir sagt, ich sei hier, mit dem Rock bekleidet, sitze am Kamin, während ich doch mit abgelegten Kleidern im Bette liege! – Aber jetzt schaue ich sicher mit wachen Augen auf das Papier; das Haupt, das ich bewege, ist nicht eingeschläfert; ich strecke wissentlich und absichtlich diese Hand aus und fühle, dass dies so bestimmt einem Träumenden nicht begegnen könnte. – Aber entsinne ich mich nicht, dass ich von ähnlichen Gedanken auch schon im Traume getäuscht worden bin? – Indem ich dies aufmerksamer bedenke, bemerke ich deutlich, dass das Wachen durch kein sicheres Kennzeichen von dem Traume unterschieden werden kann, so dass ich erschrecke, und dieses Staunen mich beinahe in der Meinung bestärkt, dass ich träume. –

Wohlan denn; mögen wir träumen, und jenes Einzelne keine Wahrheit haben, dass wir die Augen öffnen, den Kopf bewegen, die Hände ausstrecken; ja wir haben vielleicht gar keine solchen Hände und keinen solchen Körper; dennoch muss anerkannt werden, dass man während der Buhe gleichsam gemalte Bilder gesehen habe, die nur nach der Aehnlichkeit mit wirklichen Dingen erdacht werden konnten. Deshalb muss wenigstens das Allgemeine davon, die Augen, das Haupt, die Hunde und der ganze Körper nicht als eingebildete, sondern als wirkliche Dinge bestehen. Denn selbst die Maler können, wenn sie Sirenen und Satyrisken in den ungewöhnlichsten Gestalten zu bilden suchen, diesen keine durchaus neue Natur beilegen, sondern sie mischen nur die Glieder verschiedener Geschöpfe.

Ja, selbst wenn sie etwas durchaus Neues, noch nie Gesehenes sich ausdenken, was mithin rein erdacht und unwahr ist, müssen doch wenigstens die Färben wirkliche sein, mit denen sie jenes darstellen. Wenn daher selbst diese Allgemeinheiten, wie die Augen, der Kopf, die Hände und Aehnliches nur Einbildungen sein sollten, so muss man doch aus dem angeführten Grunde zugestehen, dass nothwendig wenigstens gewisse andere, noch einfachere und noch allgemeinere Dinge wirklich seien. Dazu scheinen die Natur der Körper überhaupt und deren Ausdehnung zu gehören; ebenso die Gestalt der ausgedehnten Gegenstände und die Quantität oder die Grösse derselben und die Zahl; ebenso der Ort, wo sie sind, und die Zeit, während sie sind, und Aehnliches. Deshalb kann man hieraus wohl mit Recht folgern, dass zwar die Physik, die Astronomie, die Medizin und alle anderen Wissenschaften, welche von der Beobachtung der zusammengesetzten Körper abhängen, zweifelhaft sind; dass aber die Arithmetik, die Geometrie und andere solche, welche nur die einfachsten und allgemeinsten Gegenstände behandeln und sich darum wenig kümmern, ob diese in Wirklichkeit bestehen oder nicht, etwas Gewisses und unzweifelhaftes enthalten. Denn ich mag schlafen oder wachen, so machen zwei und drei immer fünf, ein Viereck hat nie mehr als vier Seiten, und es scheint unmöglich, dass so offenbare Wahrheiten in den Verdacht der Falschheit kommen können.

Dennoch haftet in meiner Seele eine alte Ueberzeugung, dass es einen Gott giebt, der Alles kann, und der mich so, wie ich bin, geschaffen hat. Woher will ich nun wissen, dass, wenn weder die Erde noch der Himmel noch ein ausgedehntes Ding noch eine Gestalt noch ein Ort beständen, Gott es unmöglich wäre, zu bewirken dass dennoch Alles dies, so wie jetzt, mir da zu sein schiene? Auch kann, so wie Andere nach meiner Ansicht sich sogar in dem irren, was sie auf das vollkommenste zu wissen meinen, auch ich mich irren, wenn ich zwei und drei zusammenrechne oder die Seiten eines Vierecks zähle, oder sonst etwas, was man sich als noch leichter ausdenken könnte. – Aber vielleicht hat Gott mich nicht so täuschen wollen, denn er heisst ja der Allgütige? – Allein wenn es seiner Güte widersprochen hätte, mich zu schaffen, dass ich immer getäuscht würde, so würde es sich mit ihr ebensowenig vertragen, dass ich bisweilen getäuscht würde, und doch kann man dies nicht bestreiten. – Vielleicht giebt es Menschen, die lieber einen allmächtigen Gott leugnen, als alle anderen Dinge für ungewiss halten. Wir wollen diesen nicht entgegentreten und zugeben, dass all diese Angaben über Gott erdichtet seien. Mögen sie nun annehmen, dass ich durch das Schicksal oder durch Zufall oder durch die fortlaufende Kette der Dinge oder sonst das geworden bin, was ich bin; so ist doch, wenn mein Dasein wegen der in dem Getäuschtwerden und Irren enthaltenen Unvollkommenheit nicht von einem allmächtigen Schöpfer abgeleitet werden kann, es um so wahrscheinlicher, dass ich unvollkommen bin und immer getäuscht werde.

Auf diese Beweisgründe habe ich keine Antwort, vielmehr bin ich nunmehr genöthigt, anzuerkennen, dass Alles, was ich früher für wahr hielt, in Zweifel gezogen werden kann, und zwar nicht aus Uebereilung oder Leichtsinn, sondern aus triftigen und wohlerwogenen Gründen. Ich habe deshalb meine Zustimmung ebenso hiervon, wie von dem offenbar Falschen, künftig mit Sorgfalt abzuhalten, wenn ich überhaupt etwas Gewisses erreichen will. Aber es genügt noch nicht, dies bemerkt zu haben; ich muss auch sorgen, es festzuhalten. Denn die gewohnten Meinungen kehren immer wieder und nehmen meinen Glauben selbst gegen meinen Willen in Beschlag, gleich als wäre er durch lange Uebung und vertrauliche Bande an sie gefesselt. Ich werde nie davon loskommen, ihnen beizustimmen und zu vertrauen, so lange ich die Dinge so nehme, wie sie sind, nämlich zwar als einigermassen zweifelhaft, wie gezeigt worden, aber doch von solcher Wahrscheinlichkeit, dass es vernünftiger ist, sie zu glauben, als zu bestreiten, ich werde deshalb vielleicht nicht richtig verfahren, wenn ich, in gerade entgegengesetzter Absicht, mich selbst täusche und jenes Alles eine Zeitlang für durchaus unwahr und eingebildet setze, bis durch Ausgleichung des Gewichts der Vorurtheile auf beiden Seiten keine üble Gewohnheit mehr mein Urtheil von der wahren Erkenntniss der Dinge abwendet. Denn ich weiss, dass daraus inmittelst keine Gefahr und kein Irrthum hervorgehen wird, und dass ich mich dem Misstrauen nicht zu stark hingeben kann, da es sich hier nicht um die Ausführung, sondern nur um die Erkenntniss der Dinge handelt.

Ich will also annehmen, dass nicht der allgütige Gott die Quelle der Wahrheit ist, sondern dass ein boshafter Geist, der zugleich höchst mächtig und listig ist, all seine Klugheit anwendet, um mich zu täuschen; ich will annehmen, dass der Himmel, die Luft, die Erde, die Farben, die Gestalten, die Töne und alles Aeusserliche nur das Spiel von Träumen ist, wodurch er meiner Leichtgläubigkeit Fallen stellt; ich werde von mir selbst annehmen, dass ich keine Hände habe, keine Augen, kein Fleisch, kein Blut, keine Sinne, sondern dass ich mir nur den Besitz derselben fälschlich einbilde; ich werde hartnäckig in dieser Meinung verharren und so, wenn es mir auch nicht möglich ist, etwas Wahres zu erkennen, wenigstens nach meinen Kräften es erreichen, dass ich dem Unwahren nicht zustimme, und mit festem Willen mich vorsehen, um nicht von jenem Betrüger trotz seiner Macht und List hintergangen zu werden. Aber dieses Unternehmen ist mühevoll, und eine gewisse Trägheit lässt mich in das gewohnte Leben zurückfallen. Wie ein Gefangener, der zufällig im Traume einer eingebildeten Freiheit genoss, bei dem späteren Argwohn, dass er nur träume, sich fürchtet, aufzuwachen, und deshalb den schmeichlerischen Täuschungen sich lange hingiebt, so falle ich von selbst in die alten Meinungen zurück und scheue das Erwachen, damit nicht der lieblichen Ruhe ein arbeitsvolles Erwachen folge, was, statt in hellem Licht, in der unvertilgbaren Finsterniss der angeregten Schwierigkeiten verbracht werden muss.

Zweite Untersuchung.

Ueber die Natur der menschlichen Seele, und dass sie uns bekannter ist als ihr Körper.

Die gestrige Untersuchung hat mich in so viel Zweifel gestürzt, dass ich sie nicht mehr vergessen kann, noch weiss, wie ich sie lösen soll. Gleich als wäre ich unversehens in einen tiefen Strudel gestürzt, bin ich so verstört, dass ich weder auf dem Grunde Fuss fassen, noch zur Oberfläche mich erheben kann. Dennoch will ich ausharren und nochmals den gestern eingeschlagenen Weg betreten, indem ich Alles fern halte, was dem geringsten Zweifel unterliegt, gleich als hätte ich es für ganz falsch erkannt, und ich will fortfahren, bis ich etwas Gewisses erreiche, wäre es auch nichts Anderes als die Gewissheit, dass es nichts Gewisses giebt. Archimedes verlangte nur einen festen und unbeweglichen Punkt, um die ganze Erde von der Stelle zu heben; und ich kann auf Grosses hoffen, wenn ich nur Etwas, wäre es auch noch so klein, fände, was gewiss und unerschütterlich wäre.

Es gilt mir daher Alles, was ich sehe, für falsch; ich lasse nichts von dem gelten, was das trügerische Gedächtniss mir von dem Früheren vorführt; ich habe gar keine Sinne; mein Körper, meine Gestalt, Grösse, Bewegung, Ort sind Chimären. Was bleibt da Wahres? Vielleicht das Eine, dass es nichts Gewisses giebt.

Aber woher weiss ich, dass es Nichts giebt, was, im Unterschied von allem bisher Aufgezählten, nicht den mindesten Anlass zum Zweifeln giebt? Ist es nicht ein Gott, oder wie sonst ich den nennen will, der mir diesen Gedanken einflösst? – Weshalb soll ich aber dies glauben, da ich vielleicht selbst der Urheber desselben sein kann? – Bin ich selbst also wenigstens nicht Etwas? – Aber ich habe schon geleugnet, dass ich irgend einen Sinn, irgend einen Körper habe. Doch ich stocke; denn was folgt daraus? Bin ich denn so an den Körper und die Sinne geknüpft, dass ich ohne sie nicht sein kann? – Aber ich habe mich überredet, dass es nichts in der Welt giebt, keinen Himmel, keine Erde, keine Seelen, keine Körper; weshalb also nicht auch, dass ich selbst nicht bin? – Gewiss aber war ich, wenn ich mich überredet habe. – Aber es giebt einen, ich weiss nicht welchen höchst mächtigen und listigen Betrüger, der absichtlich mich immer täuscht. – Aber unzweifelhaft bin ich auch dann, wenn er mich täuscht; und mag er mich täuschen, so viel er vermag, nimmer wird er es erreichen, dass ich nicht bin, so lange ich denke, dass ich Etwas bin. Alles in Allem reiflich erwogen, muss zuletzt der Satz anerkannt werden: »Ich bin, ich bestelle, so oft von mir Etwas ausgesagt oder vorgestellt wird.«

Aber noch erkenne ich nicht genügend, wer ich denn Jener bin der ich bin, und ich muss mich vorsehen, damit ich nicht etwa voreilig etwas Anderes statt meiner aufnehme und so selbst in jenem Gedanken auf Abwege gerathe welchen ich als den gewissesten und offenbarsten von allen behaupte. Ich werde deshalb nochmals überlegen wofür ich mich früher gehalten habe, ehe ich auf diesen Gedanken gerieth. Davon will ich dann Alles abziehen, was durch beizubringende Gründe im Geringsten erschüttert werden kann, so dass zuletzt nur genau das übrig bleibt, was gewiss und unerschütterlich ist.