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Ein verständlicher Überblick über die faszinierenden Anwendungsmöglichkeiten der Quantenphysik von einem unserer besten Wissenschaftserklärer
Quantenphysik, die Theorie des Lichts und der Materie, ist ein zentrales Teilgebiet der Physik, das große Faszination ausübt. Für die meisten von uns klingt es allerdings sehr abstrakt und rätselhaft, wenn wir an Phänomene wie Schrödingers Katze oder Teleportation denken. Aber ohne Quantenphysik gäbe es kaum ein modernes Gerät wie Computer, Solarzelle, Laser, Kernspintomograf oder Smartphone. Auch bei abhörsicherer Kommunikation spielt sie eine Rolle. Die Physiker Harald Lesch und Cecilia Scorza-Lesch geben anlässlich des 100. Jahrestags der ersten Beschreibung der Quantenphysik einen kurzen und verständlichen Überblick über die physikalischen Grundlagen, vor allem aber zeigen sie, wo auf Quantenphysik basierende Technologien im Alltag zum Einsatz kommen. Ein spannender Beitrag zum Quantenjahr 2025.
Dies ist die erweiterte und aktualisierte Ausgabe des Buchs »Quantenmechanik für die Westentasche« aus dem Jahr 2007.
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2025
Ein verständlicher Überblick über die faszinierenden Anwendungsmöglichkeiten der Quantenphysik von einem unserer besten Wissenschaftserklärer
Quantenphysik, die Theorie des Lichts und der Materie, ist ein zentrales Teilgebiet der Physik, das große Faszination ausübt. Für die meisten von uns klingt es allerdings sehr abstrakt und rätselhaft, wenn wir an Phänomene wie Schrödingers Katze oder Teleportation denken. Aber ohne Quantenphysik gäbe es kaum ein modernes Gerät wie Computer, Solarzelle, Laser, Kernspintomograph oder Smartphone. Auch bei abhörsicherer Kommunikation spielt sie eine Rolle. Die Physiker Harald Lesch, allseits bekannt aus Leschs Kosmos, und Cecilia Scorza-Lesch geben anlässlich des 100. Jahrestags der ersten Beschreibung der Quantenphysik einen kurzen und verständlichen Überblick über die physikalischen Grundlagen, vor allem aber zeigen sie, wo auf Quantenphysik basierende Technologien im Alltag zum Einsatz kommen. Ein spannender Beitrag zum Quantenjahr 2025.
Dies ist die erweiterte und aktualisierte Ausgabe des Buches Quantenmechanik für die Westentasche aus dem Jahr 2007.
Cecilia Scorza-Lesch ist promovierte Astrophysikerin und Koordinatorin der Öffentlichkeitsarbeit der Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie erhielt u. a. den Hans-Ludwig-Neumann-Preis für Didaktik der Astronomischen Gesellschaft, den Scientix-Preis der EU und den Kepler-Preis für Physikunterricht. Zusammen mit Harald Lesch und Kollegen initiierte sie das Projekt »Der Klimawandel: Verstehen und Handeln«, das seit 2018 mit großem Erfolg an deutschsprachigen Schulen läuft. Sie war außerdem Co-Autorin des Buches Die Entdeckung der Milchstraße.
Harald Lesch ist Professor für Theoretische Astrophysik am Institut für Astronomie und Astrophysik der Ludwig-Maximilians-Universität München und einer der bekanntesten Naturwissenschaftler in Deutschland. Seit vielen Jahren vermittelt er einer breiten Öffentlichkeit spannendes populärwissenschaftliches Wissen. Durch die Sendereihe alpha-Centauri bekannt geworden, moderiert er heute u. a. Leschs Kosmos im ZDF. Er hat, allein oder mit Co-Autoren, eine Vielzahl erfolgreicher Bücher veröffentlicht, zuletzt Was hat das Universum mit mir zu tun?, Wenn nicht jetzt, wann dann?, Denkt mit! und Die Entdeckung der Milchstraße.
www.cbertelsmann.de
Harald Lesch
Cecilia Scorza-Lesch
Eine Reise in die Quantenwelt von der Photosynthese bis zur Kryptographie
Das vorliegende Buch ist eine erweiterte und aktualisierte Neuausgabe des Buches Quantenmechanik für die Westentasche von Harald Lesch und dem Quot-Team, erschienen 2007 im Piper Verlag, München.
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Copyright © 2025 C.Bertelsmann
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Lektorat: Eckard Schuster, München
Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt
Umschlagabbildung: © shutterstock/Ekaterina Pulenko
Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg
ISBN 978-3-641-33741-4V003
www.cbertelsmann.de
Vorwort: 100 Jahre Quantenmechanik
Physik – die Suche nach den Ursachen
Physik als Werkzeug der Lebensbewältigung
Physik – ein Wettbewerb des Zweifels und des Irrtums
Die Physik vor der Quantenmechanik
Was ist Quantenmechanik?
Die drei Gebote der Quantenmechanik
Erste Schlussfolgerungen
Die Sonne
Photosynthese – wie kommt das Licht in die Pflanze?
Das Auge – warum die Welt nicht dunkel ist
Medizinische Bildgebung I – Vom Röntgen zur Computertomographie
Die Entdeckung des Wilhelm Conrad Röntgen
Medizinische Anwendung der Röntgentechnik
Computertomographie
Die Atmung – ein Beweis für Quantenmechanik?
Medizinische Bildgebung II – Kernspin- und Positronen-Emissions-Tomographie
Kernspintomographie
Positronen-Emissions-Tomographie
Magnetismus
Radioaktivität – der Zerfall der Materie
Fusionsreaktoren
Atomuhren – Quantenmechanik am Puls der Zeit
Das quantenmechanische Geheimnis der Festkörper
Laser – Quantenlicht
Verwandlung von Licht in Strom – die Solarzelle
Ein quantenmechanisches Universum – die kosmische Hintergrundstrahlung
Das Smartphone
Die zweite Quantenrevolution
Quantensensoren
Quantenkryptographie
Quantencomputer
Literatur
Abbildungsnachweis
Register
Wir feiern 2025 die Entdeckung und Entwicklung einer der berühmtesten, erfolgreichsten und einflussreichsten Theorien der Naturwissenschaften – der Quantenmechanik. 100 Jahre nach ihrer ersten mathematischen Formulierung im Jahr 1925 bildet sie inzwischen das Fundament für unser physikalisches Verständnis des Aufbaus der Materie, ihrer elementaren Bausteine und ihrer Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung. Dank der Erkenntnisse der Quantenmechanik sind wir in der äußerst bemerkenswerten Lage, die Materie ganz nach unseren Vorstellungen zu verändern. Damit haben wir unseren Heimatplaneten wie kaum eine andere Spezies verwandelt. Es ist also nicht überraschend, dass sich die Erkenntnisse der Quantenmechanik wie keine andere naturwissenschaftliche Theorie auf viele Bereiche in Kultur, Wissenschaft, Technologie und Kunst auswirken.
Ganz konkret erklärt die Quantenmechanik beispielsweise, wie und warum die Sonne strahlt, was die Materie zusammenhält, und auch, wie manche Moleküle zur Klimaerwärmung beitragen und andere nicht. Sie liefert ein sehr präzises Bild der Struktur der Materie, ihrer kleinsten Bausteine, von deren Wechselwirkungen, die große Unterschiede hervorrufen und für uns so wichtige Eigenschaften entstehen lassen. Das quantenmechanische Verständnis hat bahnbrechende technische Entwicklungen in der Materialforschung hervorgebracht, die unsere moderne Welt nachhaltig bestimmen und verändern. LEDs als energiesparende Leuchtmittel, äußerst leistungsfähige Computerchips, die Herzstücke modernster digitaler Technologien, die Magnetresonanztomographie als bedeutendes Instrument der medizinischen Bildgebung und darüber hinaus vieles mehr sollen gefeiert werden im Jahr 100 der quantenmechanischen Revolution. Denn diese Umwälzung wird weitergehen, sie wird unsere Kommunikation und Mobilität genauso verändern wie die Kontrolle und Steuerung der globalen Datennetze, die wir so dringend brauchen, um die Zukunft auf der Erde gut werden zu lassen. Die Quantenmechanik als den »Heiligen Gral« der Physik zumindest ansatzweise zu verstehen, ihre grundlegenden Prinzipien kennenzulernen und ihre kaum vorstellbaren Erfolge in Erkenntnis und technischer Anwendung zu beschreiben, das ist der Inhalt unseres Büchleins.
Die Physik untersucht mit wissenschaftlichen Methoden theoretisch und experimentell mögliche Ursachen und Wirkungen, die sich in der Natur zeigen. Sie sucht also nach den objektiven, tatsächlichen Ursachen, die sich durch technische Messapparate nachweisen lassen. Mit anderen Worten: Es wird der Zusammenhang von Ursache und Wirkung gesucht, die unabhängig von uns Menschen sind. Subjektive Eigenschaften wie persönliche Haltungen, Meinungen, Hoffnungen, Visionen oder Träume oder gesellschaftliche Traditionen wie Politik, Religionen oder Ideologien spielen in der konkreten Ausführung der Wissenschaft Physik keine Rolle. Fortgang und Fortschritt der Physik messen sich ausschließlich an der Zahl und Qualität der bestätigten Vorhersagen ihrer theoretischen Vorstellungen vom Zusammenhang der vermuteten Ursache und der zu messenden Wirkung. Je genauer eine Vorhersage durch Experiment und Beobachtung überprüft und bestätigt werden kann, desto tiefer ist das Verständnis von der kausalen Verbindung von Ursache und Wirkung.
Von großer Bedeutung für das Verständnis des Zusammenhanges von Ursache und Wirkung ist dabei die seit dem 19. Jahrhundert bekannte Tatsache einer höchsten Geschwindigkeit, mit der sich eine verursachte Wirkung beziehungsweise eine wirksame Ursache ausbreiten kann. Dies ist die Lichtgeschwindigkeitc. Sie beträgt etwa 300 000 Kilometer pro Sekunde und kann nicht überschritten werden. Signale können sich innerhalb einer Zeit t höchstens um die Distanz c mal t ausbreiten. Damit ist eine Länge bestimmt, in der innerhalb einer Zeitspanne überhaupt eine Ursache eine Wirkung erzeugen kann. Zum Beispiel erfahren wir von den Helligkeitsschwankungen der Sonne, die 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist, erst nach rund acht Minuten.
Die zunächst rein theoretische Spekulation einer maximalen Wirkungstransportgeschwindigkeit stammt aus der Speziellen Relativitätstheorie, die Albert Einstein (1879 – 1955) im Jahre 1905 veröffentlichte. Sie wurde experimentell ausnahmslos auf allen Ebenen des experimentellen Nachweises bestätigt. Sie ist eine Tatsache.
Gleiches gilt für eine weitere Grenze der physikalisch nachweisbaren Wirklichkeit. Sie wurde bereits fünf Jahre vor der Speziellen Relativitätstheorie vorgeschlagen. Es geht um die kleinste Wirkung im Universum. Max Planck (1858 – 1947) veröffentlichte im Jahre 1900 einen Fachartikel über den Ursprung der Wärmestrahlung aller Objekte im Universum und deren Verteilung, also das Spektrum der abgegebenen Strahlung. Nach rein mathematischen Gesichtspunkten verlangte Planck nach einer kleinsten Wirkung, die nicht unterschritten werden kann – das später nach ihm benannte Wirkungsquantum, abgekürzt h, mit dem außerordentlich kleinen Wert 6,6260 10 –34 Joulesekunden. Jede Abgabe und Aufnahme von Strahlungsenergie kann nur in solchen »Paketen« von h mal der Strahlungsfrequenz existieren, so Planck. Diese sehr spektakuläre Forderung wurde zunächst rein theoretisch, nach mathematischen Gesichtspunkten, formuliert, als Spekulation. Sie erwies sich unter den schärfsten experimentellen Nachweisbedingungen als richtig. Sie wurde immer bestätigt. Sie ist eine Tatsache, eine Naturkonstante.
Mit diesen experimentell bestätigten, tatsächlichen Grenzen ist die physikalische Wirklichkeit (man beachte, dass die Wirkung im Wort Wirklichkeit versteckt ist) abgegrenzt. Es können nur Wirkungen erfasst werden, deren Ursachen innerhalb einer gewissen Zeit überhaupt wirksam werden konnten und die eine gewisse minimale Energie besitzen. Und genau damit, mit der physikalischen Wirklichkeit innerhalb der kausal möglichen Vorgänge dieser Welt, beschäftigt sich die Physik. Etwas flapsig formuliert: Die Physik beantwortet die »vorletzten« Fragen danach, wie die Welt ist. Sie hat keine Antwort auf die Frage, warum die Welt ist.
Dabei ist sie allerdings der Antwort auf die Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält, so nahe gekommen wie keine andere Naturwissenschaft. Sie kennt die Zusammenhänge von Raum, Zeit, Materie und Energie in der Wirklichkeit. Dies wiederum versetzt sie in die Lage, Materie und Energie in Raum und Zeit immer perfekter, effektiver und effizienter zu nutzen. Deshalb hat die Nutzung ihrer Ergebnisse und Erkenntnisse im Laufe der Geschichte eine immer größere Bedeutung für die Entwicklung der Menschheit.
Im Grunde betreiben Menschen Physik, seit sie versuchen, die Natur zu verstehen, um sich vor den Gefahren und Widrigkeiten in ihrer natürlichen Umwelt zu schützen. Die Natur ist derjenige Teil der Welt, dessen Zustandekommen, Erscheinungsformen und Wirken unabhängig von Eingriffen des Menschen sind, die sich also schon immer von selbst machen. Die Natur war schon vor den Menschen da, zugleich sind Menschen als Ergebnis der biologischen Evolution des Lebens auf der Erde Teil der Natur. Menschen sind deshalb auf die natürlichen Lebensbedingungen unbedingt angewiesen, die Natur liefert Nahrung, Wasser und die Luft zum Atmen. Aber die Natur stellt auch Risiken für Lebewesen dar: Stürme, Vulkanausbrüche, Feuersbrünste, aber auch aggressive Krankheitserreger, Viren und Bakterien können uns Menschen das Leben nehmen.
Deshalb war und ist das möglichst tiefe Verständnis der Natur im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig für uns Menschen. Regelmäßige natürliche Abläufe wie Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, Ebbe und Flut, die Mondphasen oder die wiederkehrenden Jahreszeiten veranlassten Menschen zu allen Zeiten zu ersten Modellvorstellungen, teils religiös gedeutet anhand von Göttern und Mythen, teils ganz pragmatisch anhand von vermuteten Kräften und Wirkungen. Aus letzteren Modellen entwickelte sich die Physik als die Lehre von den Wirkungen in der Natur. Zwar waren einige physikalische Gesetze schon im Altertum bekannt, aber niemand konnte ahnen, dass sich die Physik zu einem so erfolgreichen, konsistenten und weitreichenden Denk- und Erklärungssystem entwickeln ließ, wie dies in den letzten 400 Jahren geschehen ist.
Als Beispiel für ein erstes physikalisches Gesetz sei hier die Auftriebskraft von Wasser genannt. Ein Stein von 100 Kilogramm, in einen See geworfen, sinkt sofort zum Boden des Sees. Ein Holzboot von 100 Kilogramm schwimmt dagegen. Nicht das Gewicht entscheidet, sondern das Volumen, in dem das Gewicht verteilt ist. Der griechische Gelehrte Archimedes entdeckte dieses Gesetz vor 2200 Jahren. Die wirklichen Gründe hinter diesem Phänomen des Auftriebs wurden aber erst viele Jahrhunderte später gefunden, als es gelang, den Aufbau der Materie komplett auf die Eigenschaften von Atomen, Molekülen und Kristallen zurückzuführen. Deshalb wissen wir heute einfach, warum ein Stein so viel dichter ist als ein Holzbrett gleicher Masse.
Heute hat Physik die Aufgabe, durch wissenschaftliche Methoden zur Erkenntnis der Natur zu gelangen. Erfasst werden Vorgänge in Raum und Zeit, die objektiver Beobachtung und Messung zugänglich sind. Das eigentliche Ziel der Physik ist es, die Vielzahl der Prozesse und die Vielfalt der Eigenschaften der Natur auf der Grundlage einiger weniger, möglichst allgemeiner, in mathematischer Sprache formulierter Grundgesetze qualitativ und quantitativ richtig zu beschreiben.
Einerseits zeigen die Erkenntnisse der Physik die unüberwindlichen Grenzen der menschlichen Einflussnahme auf die Natur. Gegen diese tatsächlichen Gesetze der Natur kann niemand verstoßen. Die durch zahllose Experimente und Beobachtungen nachgewiesenen grundlegenden Gesetze der Natur sind, soweit es die physikalische Wirklichkeit betrifft, Tatsachen.
Auf der anderen Seite zeigt die Erforschung der Naturgesetze, was im Rahmen der Naturgesetze möglich ist, und damit wird die Physik zu einem mächtigen Werkzeug der Lebensgestaltung, insbesondere zur Basis der modernen Technik in allen Facetten. Unser Leben wird seit rund drei Jahrhunderten immer stärker von physikalischen Erkenntnissen geprägt, indem die Grundlagenforschung die Physik unter möglichst natürlichen Rahmen- und Randbedingungen untersucht und die Ingenieurwissenschaften diese Ergebnisse unter technischen Zwangsbedingungen anwenden und nutzen.
Eine kurze Reise durch die Geschichte mag dies verdeutlichen: Die Entwicklung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert begründete und befruchtete die Thermodynamik oder Wärmelehre. Im 19. Jahrhundert waren es die elektrischen und magnetischen Effekte, die Optik, der Elektromotor und die Entdeckung der elektromagnetischen Strahlung, die die Elektrodynamik hervorbrachten. Im 20. und 21. Jahrhundert ist es der Aufbau der Materie in Atomen, Atomkernen, Molekülen, Kristallen und anderen Materiezuständen, die sich technologisch global nutzen lassen als digitale Technologie. Immer wurden physikalische Grundtatsachen durch Ingenieurwissenschaften in Technologie »gegossen«. Die globale Mobilität (Flugzeuge, Fahrzeuge, Schiffe) und die Kommunikationsfähigkeit (Computer, Digitaltechnologie, Internet) moderner Gesellschaften basieren letztlich auf grundlegenden physikalischen Erkenntnissen über die Struktur der Materie und ihre Wechselwirkung mit Licht.
Wenn man das alles so liest, dann kann man sich schon mal fragen: Was ist das Geheimnis des Erfolges der Physik?
Wie vollzieht sich die Physik als Wissenschaft? Hier folgen wir den Vorstellungen des Philosophen Sir Karl Popper (1902 – 1994) Gemäß seinem kritischen Rationalismus erfolgt der Erkenntnisgewinn in der Physik nach folgendem Schema: Ein physikalisches Phänomen erweist sich als »fragwürdig«, stellt also ein ungelöstes Problem dar, das auf eine rationale Lösung wartet. Zunächst wird das Phänomen durch eine vorläufige Theorie oder Hypothese erklärt. Beispiel hierfür sind die berühmten Relativitätstheorien oder die Theorie vom Aufbau der Materie, also der zu feiernden Quantenmechanik.
Die Gültigkeit solcher wissenschaftlichen Theorien wird überprüft, indem man empirisch nachprüfbare Vorhersagen aus der Theorie ableitet und mit den Ergebnissen von entsprechenden Beobachtungen, Messungen und Experimenten vergleicht. Wenn die Vorhersagen mit den Versuchsergebnissen übereinstimmen, darf die Theorie vorläufig als bestätigt gelten. Im anderen Fall ist die Theorie falsifiziert und muss gegebenenfalls durch eine neue Theorie ersetzt werden. Karl Popper formulierte dies alles in einer These: »Jede empirische Hypothese muss an der Erfahrung scheitern können.«
Eine physikalische Theorie besteht aus Grund-Sätzen, den sogenannten Axiomen. Sie stellen die grundlegenden Ideen, Begriffe, Konzepte und universellen Sätze dar, durch die eine mathematische Beschreibung der Naturvorgänge überhaupt erst ermöglicht wird. Axiome sind zwar meist aus intensiver Analyse von Naturbeobachtungen gewonnen worden, sie sind letztlich aber freie Setzungen (Grund-Gesetze) der menschlichen Vernunft, die sich in unablässiger Prüfung an der Erfahrung bewähren müssen. Praktisch jeder Erkenntnis geht also zunächst eine Vermutung voraus, jede Bewertung einer Erfahrung ist deshalb »theoriegetränkt«.
Die Formulierung einer physikalischen Theorie erfolgt, indem aus den angenommenen Grund-Sätzen allein mittels der Regeln der Logik und der Mathematik Folge-Sätze abgeleitet werden, sogenannte Wenn-dann-Aussagen. Solche Folgerungen sind Aussagen über objektive Sachverhalte in der Wirklichkeit, die an der Erfahrung (experimentell) geprüft werden können. Wenn auch nur eine der Folgerungen im Widerspruch zu den Ergebnissen des Experiments steht, ist die Theorie widerlegt (falsifiziert), es muss dann mindestens ein Axiom falsch sein. Prinzipiell müssten die Physiker nun eine neue Theorie suchen. Wenn aber eine physikalische Theorie einen großen Erfahrungsbereich annähernd zutreffend beschreibt, werden auch prinzipiell widerlegte Theorien mit gutem Nutzen weiterverwendet, allerdings unter sorgsamer Beachtung der erkannten Mängel. So erweist es sich in vielen Fällen nicht als praktikabel, eine quantenmechanische Beschreibung in Fällen zu verwenden, wo die Physik des 19. Jahrhunderts, die auch als klassische Physik bezeichnet wird, Ergebnisse mit akzeptabler Genauigkeit deutlich einfacher und schneller erzielbar macht.
Physiker sind Realisten, denn sie glauben: Außerhalb unseres Bewusstseins gibt es etwas dauerhaft Existierendes. Diese physikalische Welt ist die physikalische Wirklichkeit. Sie ist unabhängig von unserem Bewusstsein, und sie ist gesetzlich geordnet. Die physikalische Wirklichkeit kann durch eine mit mathematischen Begriffen formulierte Theorie zutreffend beschrieben werden. Die Theorie ist ein begriffliches Abbild der physikalischen Welt, dessen Wahrheitsgehalt geprüft werden kann. Viele Zusammenhänge von Tatsachen finden auf diese Weise eine Erklärung.
Die Aufgabe des Naturforschers ist es, der Wahrheit beziehungsweise den zutreffenden Antworten so nahe wie möglich zu kommen. Die physikalischen Theorien werden zwar immer wieder durch neue Forschungsergebnisse falsifiziert, stellen sich also als Irrtümer heraus, sie sind aber großartige Irrtümer und haben der Menschheit einen Reichtum an Erkenntnissen gebracht.
Das mathematische Abbild der Wirklichkeit, das eine physikalische Theorie liefert, ist die physikalische Vorstellung der Wirklichkeit. Wir werden die Wahrheit zwar nie besitzen, weil die Verifikation einer Theorie logisch unmöglich ist; wir erkennen die Wahrheit jedoch zunehmend besser, je mehr wir unsere Theorien vertiefen und erweitern. Alles Wissen ist demnach Vermutungswissen, alle Theorien sind Hypothesen. Erreicht wird nie die wahre Theorie, sondern Theorien kommen der Wahrheit immer näher. Dies gilt auch für die Theorie, die jetzt 100 Jahre alt wird, die Quantenmechanik.
Vor der Entwicklung der Quantenmechanik konnte die Physik wichtige Fragen nicht beantworten. Hier unsere Top Drei:
Welche Energiequelle steckt hinter der Sonnenstrahlung?Wie entsteht überhaupt die elektromagnetische Strahlung?Wieso ist die Materie stabil?Immerhin geht es bei diesen drei Fragen um grundsätzliche Probleme, die unser Dasein betreffen. Die Sonne ist der Lebensspender, sie liefert mit ihrer Strahlung die Wärme und Energie, die uns am Leben hält. Aus Materie bestehen die Dinge der Welt und wir Lebewesen. Ihren Aufbau und ihre Stabilität zu verstehen, gehört zum Grundbestand des Weltverständnisses.
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Kenntnisstand der Wissenschaften im 19. Jahrhundert sehr lückenhaft war und vieles Grundsätzliche in keiner Weise eine vernünftige und konsistente Erklärung hatte. Aber immerhin einiges war doch schon bekannt.
Die Physik entdeckte im 19. Jahrhundert die Elektrizität, den Magnetismus und die Wärme, drei völlig neue Energieformen. Bis dahin kannte man nur die mechanischen Energien der Bewegung und der Lage, die auf der Mechanik von Isaac Newton fußten. Im Jargon der Physik spricht man von kinetischer Energie und potentieller Energie. Erstere hängt mit Geschwindigkeit oder Rotation zusammen, Letztere zumeist mit der Position im Schwerkraftfeld. Als typisches Beispiel gilt ein Wasserfall, bei dem Wasser aus einer großen Höhe in Richtung Meeresspiegel strömt. Dabei verwandelt sich die Energie der Lage in Bewegungsenergie.
Aber als zu Beginn des 19. Jahrhunderts Michael Faraday (1791 – 1867), André-Marie Ampère (1775 – 1836), Alessandro Volta (1745 – 1827) und andere die Wirkungen von Magnetfeldern, elektrischen Strömen und elektrischen Ladungen entdeckten, da sprang die Physik in ein ganz neues Feld, das sich Mitte des 19. Jahrhunderts als Elektrodynamik fest etablieren sollte. Zwischen 1861 und 1864 gelang es James Clerk Maxwell (1831 – 1879), die magnetischen und elektrischen Felder mit ihren Kraftquellen, Strömen und Ladungen so elegant zu vereinigen, dass ihm die Vorhersage der bis dahin völlig unbekannten elektromagnetischen Wellen gelang, die 1886 von Heinrich Hertz (1857 – 1894) experimentell bestätigt wurden.