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Ein spannender Roman von Freundschaft, Liebe, Krieg. Der Protagonist Quinn Harper erzählt aus seiner Jugendzeit, das Verhältnis zu seinem Stiefvater, aus der Zeit in der Militärakademie, der Ausbildung bei den US-Marines und seinem Auslandseinsatz in Afghanistan. Die Entwicklung des Protagonisten wird von seiner harten Jugend, über kriminelle Aktionen bis hin zum kriegstraumatisierten Soldaten verfolgt. Zwischendrin regen seine Gedankengänge immer wieder zum Innehalten und Überdenken des eigenen Lebens an. Bis zur letzten Seite bleibt offen, welchen Weg Quinn einschlagen wird.
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2021
Hansjürgen Wölfinger
Quinn
Roman
© 2021 Hansjürgen Wölfinger
Umschlag, Illustration: Hansjürgen Wölfinger
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback
978-3-347-30777-3
Hardcover
978-3-347-30778-0
e-Book
978-3-347-30779-7
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Geboren, um zu sterben.
(Hansjürgen Wölfinger)
1
Ich habe schreckliche Dinge in meinem früheren Leben getan.
Ich habe Freunde getäuscht und verraten.
Habe Dinge getan, die man mir niemals vergeben wird.
Ich habe gewusst, irgendwann werden mich meine Vergehen einholen und ich dafür bestraft werden.
Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und von vorne anfangen.
Oder kann ich so schnell und weit zurücklaufen, um dann in die Zukunft sehen zu können?
Geht das überhaupt?
Natürlich nicht!
Aber wenn ich die Zeit doch zurückdrehen könnte, würde ich alles anders machen wollen?
Vielleicht. Doch, ich würde vieles anders machen!
Jetzt ist es zu spät.
Keine Macht der Welt kann die Zeit zurückdrehen. Also stellt sich mir die Frage auch nicht.
Ich habe keine Zeit mehr.
Jetzt muss ich versuchen, mich bei denen, die ich enttäuscht habe, zu entschuldigen.
Alles was ich jetzt ändern könnte, muss ich tun.
Wenn ich nur mehr Zeit hätte.
Ich kann nachts nicht mehr schlafen.
Ich träume immer den gleichen Traum.
Ich gehe durch eine Straße und weiß nicht, wo ich bin.
Ich frage Leute.
Sie sagen etwas zu mir, aber ich kann sie nicht hören.
Ich sehe nur, wie sich ihre Lippen bewegen.
Ich schreie, rufe, aber keine Antwort.
Ich irre durch die Straßen.
Die Bilder in meinem Traum rasen vorbei wie in einem vorbeifahrenden Zug.
Dann bin ich ganz wo anders.
Ich irre durch die Gassen und suche nach meinem Auto.
Mein Atem wird immer hektischer.
Ich schnappe nach Luft.
Ich glaube zu ersticken.
Ich schreie, aber keiner hört mich.
Ich stehe kurz vor einem Herzinfarkt.
Ich fasse an meine Brust.
Mein Herz schlägt wie ein Presslufthammer.
Schweißgebadet werde ich wach.
Ich versuche, das Licht anzuschalten, aber es gelingt mir nicht.
Ich träume noch immer.
Ich schreie, wieder und immer wieder.
Keiner hört mich.
Niemand.
Dieser Scheißtraum umklammert mich wie eine Fessel.
Drückt mich zusammen wie ein Knäuel Papier.
Ich glaube, ich befinde mich in meinem eigenen Film und spiele die Hauptrolle.
Ich stehe vor meinem Fenster und sehe von außen auf meinen im Bett liegenden Körper.
Sehe mich schweißgebadet und schwer atmend dort liegen.
Meine Augen drehen sich wie in einem Kreisel.
Ich klopfe an die Scheibe.
Versuche sie einzuschlagen, aber ich gelange nicht hinein.
Kurz vor dem endgültigen Kollaps wache ich auf.
Dann haste ich ins Bad und wasche mein Gesicht mit kaltem Wasser.
Ich bin wie in einer Zeitschleife gefangen. Immer und immer wieder drehe ich mich im Kreis.
So geht es mir fast jeden Abend wie in dem Klassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
Erst nach einiger Zeit traue ich mich wieder in mein Bett zu gehen, um versuchen weiter zu schlafen.
Angst ist das grundlegendste menschliche Gefühl.
Ich erinnere mich an meine Kindheit.
Als Kind hatte ich vor allem möglichen Angst.
Vor der Dunkelheit, vor Gespenster die uns im Traum erscheinen oder von Monster, die unter unserem Bett liegen.
Das Licht sollte abends immer eingeschaltet bleiben und ich betete, dass die Nacht schnell wieder vorbeigehen und die Monster wieder verschwänden.
Leider taten sie das nie, denn sie kamen immer wieder, jeden Abend aufs Neue.
Nicht alle Eltern sind ihren Kindern gegenüber verständnisvoll. Mein Stiefvater war es nicht. Im Gegenteil, es gab noch Schläge obendrein.
Mutter musste viel aushalten.
Wenn sie das kleine Licht anließ, schaltete er es wieder aus und meine Mutter musste mit Repressalien rechnen und diese waren verbal oder sogar durch physische Gewalt.
Dass mit der Angst ist so ein Ding. Sie war bei mir täglich präsent.
Angst kann traurig machen oder aggressiv. Mich machte sie aggressiv gegenüber meinem Peiniger und der hieß Stiefvater.
Angst ist ein Phänomen, wie eine Spinnenphobie, die alle Haare am Körper hochstellen lässt.
Meine Körperhaare konnten sich nur selten beilegen.
Ich stand unter Dauerangst.
Mutter nahm mich dann in ihre Arme und tröstete mich, indem sie immer und immer wieder meinen Namen flüsterte „Quinn, Quinn“.
Sie hatte eine warme leise Stimme. Ich liebte sie über alles.
Wie oft hörte ich meinen Stiefvater sagen „Dann ändere dich“.
„Der wird sich nie ändern, glaub mir“.
Wie oft hörte ich das von ihm.
Ich wollte es ja, mich ändern.
Er ließ mich ja nicht.
Er war doch derjenige, der meinen Hass immer wieder aufs Neue schürte.
Aber können sich Menschen, die das Böse in sich haben, ändern?
Ich denke ja.
Dann höre ich wieder „Menschen können sich nicht ändern“.
Wer sagt das? Natürlich können sich Menschen ändern.
Wie oft habe ich Sätze gehört wie: „Menschen ändern sich nie.“
“Er war schon immer so, er wird auch immer so bleiben.“
“Einmal ein Lügner, immer ein Lügner.“
“Einmal ein Schläger, immer ein Schläger.“
“Wer es einmal tut, tut es immer wieder.“
Ich vertrete aber die These, wenn man das schlechte Umfeld nicht verlässt, wird man sich nicht ändern können.
Drehst du aber diesem Umfeld den Rücken und begibst dich in ein Besseres, dann kannst du dich sicher ändern.
Letztendlich bist du alleine für dein Verhalten verantwortlich und nur du kannst es ändern. Zum Positiven oder Negativen.
Wenn du ein Arschloch bleiben willst, dann kannst du in einem noch so friedlichen und tollen Umfeld leben, dann bleibst du auch eines.
So einfach ist das.
Obwohl ich kein gläubiger Mensch bin, bete ich und bitte um Verzeihung.
Ich weiß nicht, ob ich mein restliches Leben jemals unter Kontrolle bringen kann.
Entweder habe ich mein Leben unter Kontrolle, oder ich glaube es nur.
Am Ende endet alles doch nur im Chaos.
Alle tragen wir eine Maske.
Viele Menschen tragen Masken, und merken es gar nicht.
Manche schlüpfen ganz bewusst täglich in eine Rolle.
Am augenfälligsten ist es, wenn man eine Berufskleidung trägt, wie die Robe des Richters, der Uniform des Soldaten oder Polizisten oder aber auch einen feinen Anzug eines Managers. Sie leben dann in einer anderen Welt.
In einer bestimmten Rolle.
Nachdem sie ihre Maske abgelegt haben, sind sie wieder völlig andere Menschen.
Aber viele Menschen leben in ihrem Alltag vor sich hin, und nehmen ihre verschiedenen Rollen und Masken gar nicht so bewusst wahr.
Bei meinem Stiefvater verspüre ich den Impuls, ihm ins Gesicht zu schreien: „Ich hasse dich! Du kotzt mich an!“
Eigentlich ist das keine gute Idee denn, wie würde wohl seine direkte Antwort lauten?
Dann ist es doch besser, die Maske der Diplomatie aufzusetzen.
Es strengt zwar an, ist aber die bessere Lösung.
Egal ob die Guten, die Bösen oder die Gleichgültigen.
Wenn aber bei einem von uns die Maske verrutscht, dann kommt das wahre ICH zum Vorschein und jeder kann es sehen, das eigentliche ICH.
Das Gute oder das Böse, Licht oder Schatten, hell oder dunkel.
Zwei Seiten derselben Münze.
So ist es auch mit der Hoffnung.
Es ist ein sehr großes Wort.
Für einen kann es ein Segen sein und für den Anderen ein Reinfall.
Die schlimmen Dinge bleiben dir erhalten.
Sie verfolgen dich immer und immer wieder.
Du kannst ihnen einfach nicht entkommen.
So sehr du es dir auch wünschst.
Für das Gute kann man bereit sein.
Es einfach zulassen.
Weil man es braucht. Das Gute.
Jeder Mensch braucht es.
Es kommt nur nicht zu jedem.
Was bedeutet eigentlich, ein guter Mensch zu sein?
Ein guter Mensch sollte sozial erwünschte Eigenschaften aufweisen.
Für jeden Menschen ist es ein hochrangiges Ziel, das Gute in den Vordergrund zu stellen, das er durch entsprechende Handlungen verwirklicht.
Er sollte alle höflich behandeln, so wie er selbst behandelt werden möchte.
Die Frage stellt sich aber doch, wann ist man ein guter Mensch?
In der Philosophie?
Der Mensch ist gut, wenn er moralisch gut ist, und er ist gut, wenn er insgesamt, über das Moralische hinaus, in seinen Zielen gut ist.
Wow!
Fest steht allerdings, dass der Mensch sowohl das Gute als auch das Böse in sich hat.
Es leuchtet mir ein, dass es für die menschliche Gesellschaft sinnvoller ist, dem Guten den Vorrang zu geben, das heißt friedlich miteinander umzugehen.
„Tue das Gute und meide das Böse!“
Ob ich diese positiven Eigenschaften jemals vorweisen kann, ist fraglich.
Vielleicht kann ich sie ja doch irgendwann in der weiteren Zukunft erreichen.
2
In seinen Träumen hatte Quinn seinen Stiefvater schon viele Male in die Hölle geschickt. Was hatte er ihm nicht alles angetan?
Vom Zerstückeln bis hin zur Verbrennung in einem riesigen Ofen.
In seinen Träumen wurde sein Verlangen ihn zu töten immer stärker, je älter er wurde.
Jedes Mal wacht er nass gebadet auf. Dann schämte er sich wegen seiner gedanklichen Taten.
Manchmal träumte er auch von seiner schwarzen Katze. Sie war von einem Auto angefahren worden.
Er hatte sie tagelang im Keller gefüttert und die blutende Wunde an ihrem Fuß versorgt.
Trotz aller Liebe und Fürsorge konnte er sie nicht retten.
Er konnte sie deshalb nicht retten, weil sein Stiefvater es ihm verboten hatte.
Sie starb nach wenigen Tagen.
Er konnte sie nie vergessen und dafür hasste er diesen Mann.
Auch sich gab er eine Teilschuld.
Er hätte sich durchsetzen, gegen das Verbot handeln und diese Katze weiter pflegen sollen, aber als kleiner Junge von sieben Jahren, traute er sich nicht und wollte auch den Schlägen, die er sicher bekommen hätte, aus dem Weg gehen.
Im Garten seines Freundes vergrub er sie.
Der Hass gegen diesen Mann wuchs von Jahr zu Jahr und er wusste, eines Tages würde dieser Mann für seine Taten büßen müssen.
Trotzdem suchte Quinn nach Anerkennung und Liebe, die er nie von ihm bekam.
Sein älterer Stiefbruder Clayton, bekam dafür umso mehr und wurde mit allem überhäuft. Er bekam all das was er, Quinn, sich immer sehnlichst gewünscht hatte.
Jedes Mal, wenn der Bruder zu Besuch kam, er wohnte nach der Scheidung von William bei seiner Mutter, war er derjenige, um den sich alles drehte.
Er war der Dreh- und Angelpunkt so lange er anwesend war.
Clayton hier Clayton da.
Mann, wie er ihn hasste.
Quinns Seele wurde immer sensibler und wunder für das beschissene Dasein, das er mit William hatte.
Ganz langsam versank Quinn in Selbstmitleid und nahm gar nichts mehr wahr.
Er dachte immer öfter, dass er so nicht weiterleben konnte.
Der einzige Mensch, der ihm wieder Hoffnung gab, war seine Mutter. Mit ihr konnte er lachen und vergnügt sein.
„Kinderlachen ist Honig für die Seele.“
Sie und nur sie gab ihm die Liebe, die er so vermisste.
Denn Zuwendung und das Gefühl von Geborgenheit sind ausschlaggebend für die gesunde Entwicklung von Kindern.
Ein Kind, das sich geliebt fühlt, wächst selbstbewusst und sicher heran und entwickelt sich zu einem empathischen und mitfühlenden Menschen.
Und das nicht nur in psychischer Hinsicht.
Vernachlässigung löst auch im Körper Stress aus, der durchaus mit der Wirkung von physischen Schmerzen vergleichbar ist.
An physischer Gewalt kann sich ein Körper gewöhnen, aber an psychischer nicht.
Psychische Gewalt hinterlässt keine sichtbaren Wunden. Dafür umso größere emotionale Narben, die sich tief in die Seele eingraben.
Quinns psychische Narben wurden immer größer und tiefer.
Sie verankerten sich so fest in seinen Träumen so fest, dass er sie einfach nicht mehr loslassen konnte.
So versuchte er, seinen ganzen Frust an seine Mitschüler zu entladen.
Oft schlug er aus geringsten Anlässen einfach zu.
Dies wiederum endete damit, dass er lange auch keine Freunde fand.
Außer einem und dieser hieß Elijah Hobbs.
Er war 15, schwarz, und zwei Jahre älter als er.
Elijah kam aus gutem Hause.
Sein Vater war Ingenieur bei einem großen Konzern in Detroit.
Seine Mutter war Lehrerin der Chrysler Elementary School.
Anders als bei Quinn.
Seine Mutter war, bevor sie William kennenlernte, Grundschullehrerin der Detroit Public Schools.
Jetzt nähte sie für fremde Leute und konnte sich so ein paar Dollar zusätzlich verdienen.
Es war nicht einfach für sie.
Quinn fragte sich immer und immer wieder, wie seine Mutter solch einen Menschen lieben konnte.
William, sein Stiefvater, war arbeitslos und versuchte, die Familie mit irgendwelchen ominösen Jobs über Wasser zu halten.
Irgendwie waren Quinn und William Außenseiter auf ihrer eigenen Art und Weise.
Elijah kam aus einem geordneten Elternhaus und war sehr gescheit. Und weil er so schlau war, hatte er keine Freunde.
Die Ausnahme war, wenn er den Mitschülern bei den Hausaufgaben half. Dann war er der beste Freund.
Kaum hatte er geholfen, war alles wieder beim Alten.
Sie schikanierten ihn wie gehabt.
Quinn hingegen war genau das Gegenteil.
Er war faul und konnte gut mit den Fäusten umgehen.
So auch eines Tages, als ein Mitschüler Elijah bedrängte und von ihm Geld erpresste.
»Entweder Geld oder eines in die Fresse.«
So lautete die Forderung der Erpresser.
Quinn sah und hörte das und half ihm uneigennützig.
»Entweder du verschwindest ganz schnell, oder DU bekommst eine in die Fresse.«
Seit diesem Tag waren sie ganz dicke Freunde.
»Sag mal, wieso nennen dich die Jungs „Q“?«
»Na von meinem Namen Quinn. Eigentlich heiße ich Quinn Liam. Mein Opa, also der Vater meiner Mutter war Ire.
Der Name Quinn bedeutet so viel wie „starker Wille“ oder "Der Weise".
Einen starken Wille habe ich ganz sicher, weise werde ich vielleicht auch mal.«
»Du und Weise?«
Beide lachten
»Liam hieß mein Dad. Liam Harper und so ist auch mein zweiter Name. Leider habe ich meinen Vater nie bewusst kennengelernt.«
»Achso, dann ist der jetzige Mann gar nicht dein richtiger Vater.«
»Nein, um Gottes Willen. Der wird es auch niemals sein oder werden. Ich möchte gerne wissen, wie meine Mutter auf solch einen Typen reinfallen konnte. Meine Mutter war wie deine Mutter Lehrerin.«
Quinn war sehr oft bei Elijah zu Hause.
Umgekehrt nie. Er schämte sich zu sehr.
Dafür half Elijah seinem Freund Quinn, wenn es wieder mal eng um ihn wurde. Oft nahm er die Schuld einfach auf sich, um so seinen Freund vor Schlägen und Repressalien zu retten.
Auch als Quinn, wieder einmal völlig unkontrolliert einem Jungen, der ihn als asozial beschimpft hatte, die Nase mit einem Schlag brach.
Er wurde zum Direktor zitiert um sich bei dem Jungen zu entschuldigen.
Der Direktor teilte ihm mit, dass seine Eltern für den körperlichen Schaden aufkommen müssten.
Das wäre sein Ende gewesen.
Er wusste, dass seine Eltern nie das Geld aufbringen könnten und sein Stiefvater ihn deshalb halb tot schlagen würde.
Elijah hörte von dem Gespräch mit dem Direktor. Er teilte ihm mit, dass er dem Jungen die Nase gebrochen hatte, denn ein zwölfjähriger Junge könnte doch einem Jungen von vierzehn Jahren doch niemals die Nase brechen.
Der Junge mit der gebrochenen Nase bestätigte die Aussage, nachdem Elijah ihm gedroht hatte, ihm nie wieder bei den Hausaufgaben zu helfen, wenn er dies nicht tun würde.
Der Direktor wusste, dass Elijah sich niemals schlagen würde, musste es aber so hinnehmen.
Und so war Quin wieder, wie so oft, gerettet.
Er war seinem Freund sehr dankbar und wusste, dass er es niemals begleichen werden können.
Elijah ermahnte Quinn.
»Quinn, du musst dich ändern. Versprich mir das.«
Sonst wäre es das letzte Mal, dass er ihm aus der Patsche helfen würde.
Er versprach es feierlich.
Elijah wechselte noch im selben Jahr zur King High-School.
Der Abschied der beiden Freunde war herzzerreißend.
Sie versprachen sich niemals zu vergessen.
»Ich bin doch nicht so weit weg. Wir sehen uns
doch wieder.«
Quinn vermisste seinen Freund sehr.
Er versuchte, so wenig wie möglich aufzufallen,
ging jedem Streit aus dem Weg und lernte fleißig.
Auch zu Hause ging er dem Mann seiner Mutter aus dem Weg.
Falls es doch mal zwischen den beiden krachte, dann versuchte seine Mutter immer zwischen ihm und seinem Stiefvater zu vermitteln und ihm zur Seite zu stehen, aber das war oft nicht sehr klug von ihr, denn es endete meistens damit, dass dieser Mann sie ebenfalls bestrafte.
Also versuchte Quinn seine Mutter so wenig wie
möglich zu bedrängen und um Hilfe zu bitten und sich so wenig wie möglich mit ihm anzulegen.
Eines Tages kam William nach Hause und fragte nach Quinn.
»Ava, wo ist dein Sohn?«
Mutter stand in der Küche, um das Abendessen vorzubereiten.
Sie war eine wunderschöne Frau. Groß und schlank mit braunen Haaren. Ihre grünen Augen funkelten wie Smaragde.
Quinn liebte seine Mutter über alles.
Sein Vater war gestorben, als er gerade mal zwei Jahre alt war an Lungenkrebs.
So war die Version, die ihm immer erzählt wurde.
Viel später erfuhr er die wirkliche Wahrheit über den Tod seines Vaters.
Er kannte seinen Vater nur von Fotos.
Obwohl er sich nicht an ihn erinnern konnte, vermisste er ihn sehr.
Wenn sie mal unter sich waren, erzählte Mutter sehr oft von ihm. Dass er ein sehr gütiger Mann war und er sie sehr liebte.
Er war so stolz auf sein Baby, seinen Sohn, dass er ihn kaum aus seinen Armen geben konnte.
Vater war in Detroit geboren und arbeitete als Vorarbeiter, wie sein Vater und dessen Vater, bei Chrysler.
Wie seine Mutter sagte, engagierte er sich sehr für die Rechte der Schwarzen und verhalf ihnen bei Streitigkeiten und Sicherheit am Arbeitsplatz.
Mutter konnte sich noch genau erinnern, Vater
bekam mit, dass ein schwarzer Arbeiter an den Öfen jede Minute sechs Bremsklötze in den 380 Grad heißen Schlund werfen sollte. Da er aber seine Handschuhe nicht fand, konnte und durfte er seine Arbeit, ohne sich zu verbrennen, nicht verrichten.
Die Personalabteilung suspendiert ihn wegen Arbeitsverweigerung.
Vater setzte sich für ihn ein und konnte die Verwaltung überzeugen, dass er wieder seine Arbeit aufnehmen konnte.
Mit seinem Engagement machte er sich nicht nur Freunde.
Er wurde gemobbt und verbal auf das Heftigste angegriffen. „Niggerfreund“ war noch das Harmloseste. Und Mutter wurde als „Slut“ oder „Whore“ bezeichnet.
Es war eine schlimme Zeit.
Vater nahm es sich sehr zu Herzen.
Nach jahrelangem Kampf gegen diese Ungerechtigkeiten nahm er sich das Leben.
Er erhängte sich in einem alten Schuppen neben unserem Haus.
Mutter ließ den Schuppen am nächsten Tag abreißen.
Auf dem Boden unter dem Balken, wo sich sein Vater aufgehängt hatte, lag ein Zettel. Darauf stand:
„It will never be spring again …
I love you.
Do not be angry with me.
See you in a better place.
Forgive me.“