Ratgeber Nachbarrecht - Herbert Grziwotz - E-Book

Ratgeber Nachbarrecht E-Book

Herbert Grziwotz

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Beschreibung

Zum Buch:
Ratgeber für Ihre gute Nachbarschaft
Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, welche Rechte und Pflichten Nachbarn haben, welche Probleme auftreten können und vor allem wie Sie diese lösen können. Sie erfahren, welche Ansprüche Sie haben, welche Beeinträchtigungen Sie hinnehmen müssen und wie Sie die Voraussetzungen für ein gutes Nachbarschaftsverhältnis schaffen können.
Es werden alle Themenbereiche behandelt von Grundstücksgrenzen (z.B. Grenzeinrichtungen, Grenzabstand von Pflanzen) über Einwirkungen auf das Grundstück (z.B. durch Immissionen wie Lärm o. Ä., gefährliche Anlagen auf dem Nachbargrundstück, Grundstücksvertiefung oder Eindringen von Wasser) bis hin zur Nutzung durch Dritte (z.B. Notweg, Notleitung, Hammerschlags- und Leiterrecht, Dienstbarkeiten). Abschließend werden auch noch die rechtlichen Möglichkeiten bei einem Nachbarstreit von der außergerichtlichen Beilegung bis hin zum Prozess ausführlich dargestellt.

Verständlich: Einfache Aufbereitung und klare Sprache.

Anschaulich: Zahlreiche Beispielsfälle.

Übersichtlich: Klarer Aufbau und ausführliche Verzeichnisse.

Aktuell: Berücksichtigt den aktuellen Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung.


Zu den Autoren:
Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel, Honorarprofessor an der Universität Regensburg und Autor zahlreicher juristischer Fachbücher.
Roland Rudolf Saller ist Vorsitzender Richter am Landgericht Deggendorf und in seiner täglichen Arbeit mit nachbarrechtlichen Fragestellungen befasst.
Beide Verfasser sind ausgesprochene Kenner des Rechtsgebietes.

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Ratgeber für Ihre gute Nachbarschaft

Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, welche Rechte und Pflichten Nachbarn haben, welche Probleme auftreten können und vor allem wie Sie diese lösen können. Sie erfahren, welche Ansprüche Sie haben, welche Beeinträchtigungen Sie hinnehmen müssen und wie Sie die Voraussetzungen für ein gutes Nachbarschaftsverhältnis schaffen können.

Es werden alle Themenbereiche behandelt von Grundstücksgrenzen (z.B. Grenzeinrichtungen, Grenzabstand von Pflanzen) über Einwirkungen auf das Grundstück (z.B. durch Immissionen wie Lärm o. Ä., gefährliche Anlagen auf dem Nachbargrundstück, Grundstücksvertiefung oder Eindringen von Wasser) bis hin zur Nutzung durch Dritte (z.B. Notweg, Notleitung, Hammerschlags- und Leiterrecht, Dienstbarkeiten). Abschließend werden auch noch die rechtlichen Möglichkeiten bei einem Nachbarstreit von der außergerichtlichen Beilegung bis hin zum Prozess ausführlich dargestellt.

Verständlich: Einfache Aufbereitung und klare Sprache.

Anschaulich: Zahlreiche Beispielsfälle.

Übersichtlich: Klarer Aufbau und ausführliche Verzeichnisse.

Aktuell: Berücksichtigt den aktuellen Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung.

Zu den Autoren:

Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel, Honorarprofessor an der Universität Regensburg und Autor zahlreicher juristischer Fachbücher.

Roland Rudolf Saller ist Vorsitzender Richter am Landgericht Deggendorf und in seiner täglichen Arbeit mit nachbarrechtlichen Fragestellungen befasst.

Beide Verfasser sind ausgesprochene Kenner des Rechtsgebietes.

Beck-Rechtsberater

Ratgeber

Nachbarrecht

Meine Rechte und Pflichten als Nachbar

Von Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Notar, und Roland Rudolf Saller, Vorsitzender Richter am Landgericht

2. Auflage

dtv

VVorwort

Der Philosoph Rousseau hat einmal geschrieben: „Ein Philosoph liebt die Tartaren, um davon entbunden zu sein, seine Nachbarn zu lieben.“ Dass dies nicht immer leicht fällt, zeigen manche Gerichtsstreitigkeiten. Bekannt wurde ein Fall, bei dem es um sog. Frustzwerge ging. Ein aus der Pfalz stammender Grundstückseigentümer litt unter seinem neuen Nachbarn, der aus Wuppertal stammte. Um seinen Frust loszuwerden, stellte er im Garten selbst entworfene Tonfiguren auf. Es handelte sich um ca. 30–35 Zentimeter große Gebilde, die Gartenzwergen ähnelten. Gartenzwerge sind üblicherweise eher Ausdruck einer mehr biederen Denkweise. Teilweise werden sie sogar als Symbole der Engstirnigkeit und Dummheit angesehen. Meist haben sie Gartengeräte oder Blumen in ihren Händen. Allerdings sind in Wohnungseigentumsanlagen bereits andere Arten vorgekommen. Dort hausen mitunter sog. unanständige Gartenzwerge, die durch obszöne Gesten und Betätigungen bei manchen Betrachtern Ärgernis erregen. Möglicherweise hat sich der Pfälzer Hauseigentümer an diesen obszönen Gartenzwergen orientiert. Jedenfalls nahmen seine selbst gefertigten Gebilde, wie es in den Entscheidungsgründen des Urteils heißt, atypische Posen und Gesten ein. So zeigte ein Gartenzwerg dem Beobachter mit herausgestreckter Zunge den erhobenen Mittelfinger („Fuck-You-Zeichen“). Ein anderer beugte sich mit heruntergelassenen Hosen nach vorne und präsentierte sein entblößtes Hinterteil. Ein weiterer hielt sich die Nase zu und schloss dabei die Augen. Andere Zwerge entsprachen ihren Kollegen in Gestik und Mimik. Sie streckten die Zunge heraus, zeigten einen Vogel und bildeten schließlich mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Ein Zwerg trug eine Kapuze und verkörperte einen auf ein Beil gestützten Scharfrichter. Ein Zwerg war an einem Baum im Garten erhängt. Einige Zwerge hielten Schilder mit Parolen, wie z.B. „Pfälzer in die Pfalz, Wuppertaler in die Wupper! Zieht doch endlich aus, wir wollen Frieden!“

VIDer betroffene Nachbar verlangte vom „Störer“ Beseitigung der vorhandenen Gartenzwerge und Unterlassung des Aufstellens künftiger neuer Werke. Er stützte seinen Beseitigungsanspruch auf die Verletzung seines Eigentums. Ästhetische Störungen sind jedoch grundsätzlich keine Beeinträchtigung in diesem Sinne. Der hässliche Anblick auf dem Nachbargrundstück kann ebenso wie andere Beeinträchtigungen (z.B. Lichteinfall und Fernsehempfang) nicht abgewehrt werden. Allerdings verletzten die beanstandeten Gartenzwerge auch das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die Aufstellung der in der vorgenannten Art gestalteten Zwerge ging weit über das hinaus, was man als Frustreaktion und im Rahmen einer ästhetischen Beeinträchtigung liegend auffassen kann. Auch der Einwand des „Gartenzwerg-Eigentümers“, es handelte sich um Kunst, die man wegen der grundrechtlich geschützten Freiheit der Kunst mit den der Kunst eigenen Maßstäben messen müsse, ließ das Gericht nicht gelten. Trotz ihres zweifellos künstlerischen Wertes stellten die Zwerge eine grobe Beleidigung des Nachbarn dar. Der Eigentümer habe seine vorhandene künstlerische Begabung dazu missbraucht, um seiner Absicht, den Nachbarn zu kränken und zu beleidigen, eine feste Form zu geben. Grundsätzlich habe nichts anderes zu gelten, als wenn sich der Eigentümer selbst hingestellt und die entsprechenden beleidigenden Gesten vollführt hätte. Die Zwerge stellten gleichsam tönerne Stellvertreter dar. Da es dem Eigentümer nicht permanent möglich gewesen wäre, sich selbst vor sein Haus zu stellen und die entsprechenden Gesten zu machen, habe er die streitgegenständlichen Zwerge geschaffen und gleichsam für sich handeln lassen. Das Gericht weist den Schöpfer der Gartenzwerge auf eine Möglichkeit des legalen Nachbarfrustabbaus hin. Er könne die Zwerge am besten dann sehen, wenn er sie in seinem eigenen Aufenthaltsbereich aufstellen würde. Er hätte dabei zusätzlich ausreichend Gelegenheit, sich an ihnen zu erfreuen. Gleichzeitig würde der Nachbar nicht durch die Konfrontation mit ihrem Anblick gestört.

Dass sich Nachbarstreitigkeiten auch friedlich lösen lassen, zeigt ein ähnlicher Fall. Auch hier hatte ein „Künstler“ in seinem Garten einen Zwerg aufgestellt. Es handelte sich um einen sog. Hartbrandwichtel. VIIDieser zeigte den „Stinkefinger“ und im linken Mundwinkel einen Teil seiner Zunge. Allerdings war in dieser Geste keine Beleidigung zu sehen. Auf das Verlangen dessen Nachbarn, die Figur zu entfernen, wickelte nämlich deren Schöpfer Stoff um den Mittelfinger und band mittels einer Schleife eine Blume daran. Die Verbindung des beleidigenden Symbols mit der freundlichen Blume ließ den beleidigenden Effekt entfallen. Vielleicht hätte dies auch in einem anderen Nachbarstreit geholfen, in dem es wiederum um einen Gartenzwerg ging. Die ca. 50 Zentimeter große Figur trug einen Mantel, den sie in exhibitionistischer Pose mit beiden Händen nach links und rechts öffnete. Im Bereich des Schritts waren männliche Genitalien in nicht erigiertem Zustand zu sehen. Auch hier verlangte der Nachbar Beseitigung des ihn störenden Zwerges. Vielleicht hätte auch bei diesem exhibitionistischen Gartenzwerg, jedenfalls an der richtigen Stelle angebracht, eine Blume oder ein Feigenblatt geholfen.

Dass ein Nachbarkonflikt im Gegensatz dazu auch eskalieren kann, bestätigt ein Fall, der sogar das BVerfG beschäftigte. Weil sich jemand von seinen Nachbarn belästigt fühlte, bestellte er bei 35 Firmen unter dem Namen des Nachbarn Waren und Dienstleistungen an dessen Adresse. Der Nachbar erhielt daraufhin wiederholt Lieferungen, z.B. von örtlichen Apotheken, Pizzadiensten und Getränkemärkten. Außerdem wurde mehrfach Heizöl geliefert und eine Lkw-Ladung Kies auf dem Grundstück ausgekippt. Mitarbeiter des Recyclinghofs wollten einmal seine Couch zur Entsorgung abholen und am frühen Abend klingelte der Sanitätsnotdienst wegen angeblich verstopfter Toiletten. Diese Aktionen hatten für den betroffenen Nachbarn Schlafstörungen und die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung zur Folge. Der Verursacher hielt die vom Gericht verhängte Strafe für unangemessen und legte dagegen Verfassungsbeschwerde ein. Dies zeigt deutlich, warum es bei Nachbarstreitigkeiten im Kern geht: Nicht um das Recht, sondern um das Rechthaben . Jeder Nachbar glaubt, im Recht zu sein und dies nahezu bis zum Letzten durchsetzen zu müssen. Schlimmstenfalls führt der Nachbarkrieg dazu, dass ein Eigentümer zum Wegzug gezwungen ist und hierzu seine Immobilie möglicherweise VIIIsogar unter Wert veräußern muss, wenn er den Streit nicht mehr aushält.

Der vorliegende Leitfaden kann nicht die anwaltliche Beratung im konkreten Einzelfall ersetzen. Der Anwalt kann auch auf die landesrechtlichen Besonderheiten eingehen. Soll ein Konflikt dauerhaft mit Wirkung für Rechtsnachfolger im Eigentum der benachbarten Grundstücke gelöst werden, muss für die hierzu erforderlichen Grundbucheintragungen ohnehin ein Notar oder eine Notarin hinzugezogen werden. Der Leser sollte keinesfalls unter Zuhilfenahme dieses Buches und des Internets versuchen, eine Nachbarklage beim Amtsgericht selbst einzureichen. Vielmehr soll die Lektüre dieses Taschenbuchs ihn dazu veranlassen, den eigenen Standpunkt anhand der gesetzlichen Vorschriften und der Rechtsprechung zu überprüfen. Vertiefte Hinweise und Nachweise zur Rechtsprechung finden sich bei Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl. 2013, erschienen im Verlag C.H. Beck, dessen Aufbau der vorliegende Leitfaden zur leichteren Handhabung folgt. Sinnvoll kann es auch sein, sich vor dem Hintergrund dieser Informationen in die Position des Nachbarn zu versetzen. Möglicherweise lässt sich dann der Konflikt leichter, billiger und vor allem dauerhaft lösen. Keinesfalls soll der vorliegende Ratgeber Munition für die Kriegsführung liefern. Schon die alten Römer wussten nämlich: „Brennt des Nachbarn Wand, so bist du selber gefährdet.“

Regen/Deggendorf, im Frühjahr 2019

Herbert Grziwotz

Roland Rudolf Saller

IXInhaltsübersicht

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Kapitel Eigentum und Nachbarrecht

2. Kapitel Das Grundstück und seine Grenzen

3. Kapitel Einwirkungen auf das Nachbargrundstück

4. Kapitel Das Grundstück und seine Nutzung durch Dritte

5. Kapitel Der Nachbarstreit vor den Gerichten und die außergerichtliche Streitbeilegung

Anhang

Sachverzeichnis

XIInhaltsverzeichnis

Vorwort

Inhaltsübersicht

Abkürzungsverzeichnis

1. Kapitel Eigentum und Nachbarrecht

I. Eigentümerrechte und Nachbarbefugnisse

1. Welche Rechte hat der Grundeigentümer? Was muss er dulden?

2. Wer ist mein Nachbar?

II. Privates und öffentliches Nachbarrecht – Rechtsquellen

1. Wo finde ich das für mich einschlägige Nachbarrechtsgesetz?

2. Gibt es eine „Goldene Regel“ („Was du nicht willst …“) im Nachbarrecht?

2. Kapitel Das Grundstück und seine Grenzen

I. Grenzstreitigkeiten

1. Die Grenzabmarkung – Was muss zur Sicherung der Grenze getan werden?

2. Die Grenzverwirrung – Was geschieht bei unklarem Grenzverlauf?

3. Der Grenzfeststellungsvertrag – die einvernehmliche Lösung

II. Grenzeinrichtungen und ihre Nutzung

1. Gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen – Wer trägt die Kosten gemeinsam genutzter Einrichtungen auf der Grenze?

2. Nachbar- und Grenzwand – Wem gehört die Wand auf der Grenze und wer muss ihre Kosten tragen?

XII3. Der Grenzbaum – Darf man auf der Grenze stehende Bäume fällen?

4. Abstände und Abstandsflächen – Wie weit müssen Gebäude von der Grenze entfernt sein?

5. Der Überbau

III. Bäume und Sträucher

1. Grenzabstand von Pflanzen

a. Regelungsbereich – Welche Pflanzen müssen einen Grenzabstand einhalten?

b. Grenzabstand – Welcher Abstand ist einzuhalten?

c. Inhalt des Anspruchs – Welche Rechte bestehen bei Grenz- abstandsverstößen?

d. Ausschluss und Beschränkung des Anspruchs – Was kann der Nachbar einwenden?

e. Verjährung , Ausschlussfrist – Wann verjähren/erlöschen Ansprüche aus Grenzabstandsverstößen?

f. Konkurrierende Ansprüche – Welche sonstigen Ansprüche bestehen bei Grenzabstandsverletzungen?

2. Überhang

a. Selbsthilfe – Wann ist sie zulässig?

b. Rechtsfolgen – Wozu ermächtigt das Selbsthilferecht?

c. Kostenaufwand und Schäden – Wer zahlt die Beseitigung des Überhangs und entstehende Schäden?

d. Beseitigungsanspruch – Welche sonstigen Ansprüche bestehen bei Überhang?

3. Überfall

3. Kapitel Einwirkungen auf das Nachbargrundstück

I. Einwirkungen und Immissionen

II. Immissionsschutz vor den Zivilgerichten

1. Abwehransprüche gegen Beeinträchtigungen

2. Duldungspflichten und Ausgleichsansprüche – Was muss ein Nachbar hinnehmen?

XIIIa. Duldungspflicht hinsichtlich einer unwesentlichen Beeinträchtigung

b. Wesentliche Beeinträchtigung und Ausgleichsanspruch – Was muss der Nachbar als ortsüblich dulden?

3. Zuführung durch eine besondere Leitung

4. Typische Beeinträchtigungen durch Immissionen nach der Rechtsprechung

III. Gefahren durch Anlagen und Gebäude am Nachbargrundstück

1. Gefahrdrohende Anlagen

a. Voraussetzungen – Was ist eine gefahrdrohende Anlage?

b. Rechtsfolgen – Welche Ansprüche bestehen gegen gefahr- drohende Anlagen?

2. Drohender Gebäudeeinsturz

a. Voraussetzungen – Wann droht ein Gebäudeeinsturz?

b. Rechtsfolgen – Welche Ansprüche bestehen bei drohendem Gebäudeeinsturz?

IV. Vertiefung des Nachbargrundstücks

1. Voraussetzungen

a. Grundstücksvertiefung

b. Unzulässigkeit der Vertiefung

c. Nachbarschaft

2. Abwehransprüche

3. Ersatzansprüche

4. Weitere Vorschriften

5. Grundstückserhöhung

V. Einwirkungen auf/durch Wasser

1. Einwirkungen auf das Grundwasser

2. Einwirkungen durch Wasser

a. Traufwasser

b. Wild abfließendes Wasser

XIV4. Kapitel Das Grundstück und seine Nutzung durch Dritte

I. Notwegrecht

1. Voraussetzungen eines Notwegrechts

a. Wann fehlt eine Verbindung mit einem öffentlichen Weg?

b. Wann ist eine Verbindung zur ordnungsmäßigen Benutzung eines Grundstücks notwendig?

c. Verlangen – Muss der Notweg erst eingefordert werden?

2. Inhalt

a. Zugang – Was ist auf dem Notweg erlaubt?

b. Richtung – Welchen Verlauf hat der Notweg?

c. Herstellung, Unterhaltung, Kosten – Wer ist für den Notweg verantwortlich?

d. Grundbuch – Kann ein Notwegrecht im Grundbuch eingetragen werden?

3. Beteiligte

4. Ausschluss des Notwegrechts

5. Notwegrente

6. Rechtsschutz des Notwegrechts

II. Notleitungsrecht

1. Landesrechtliche Leitungsrechte

2. Notleitungsrecht nach BGB

3. Öffentlich-rechtliche Durchleitung

4. Besondere Leitungsrechte

a. Telekommunikation

b. Allgemeine Versorgungsbedingungen, Netzanschluss- verordnungen

III. Betretungsrechte

1. Landesrechtliche Betretungsrechte

a. Hammerschlags- und Leiterrecht

b. Besonderheiten bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken

2. Nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis

XVIV. Schuldrechtliche Nutzungsgestattung

1. Zustandekommen

2. Beendigung

V. Die Grunddienstbarkeiten als vereinbartes Nachbarrecht

1. Begriff und Abgrenzung – Wer darf eine Grunddienstbarkeit ausüben?

2. Inhalt und Vorteil

a. Arten der Grunddienstbarkeit – Was kann in einer Grund- dienstbarkeit geregelt werden?

b. Grundstücksbezogener Vorteil – Wem muss die Dienstbarkeit nützen?

c. Schonende Ausübung – Was darf der Eigentümer des herrschenden Grundstücks?

d. Halten von Anlagen und Unterhaltungspflichten – Wer hat die Kosten einer Anlage zu tragen?

e. Die Verlegung der Ausübungsstelle – Kann ein Bauvorhaben trotz einer Dienstbarkeit durchgeführt werden?

f. Grundstücksteilung – Was passiert mit einer Grunddienstbarkeit, wenn das herrschende oder das dienende Grundstück geteilt wird?

g. Nutzungskollision und Beeinträchtigung – Was kann der Berechtigte bei Behinderungen seiner Rechtsausübung tun?

3. Erwerb und Erlöschen

a. Begründung und Übertragung

b. Änderungen

c. Erlöschen

4. Altrechtliche Dienstbarkeiten

5. Kapitel Der Nachbarstreit vor den Gerichten und die außergerichtliche Streitbeilegung

I. Zivilprozess

1. Zulässigkeit einer Klage

a. Welcher Rechtsweg ist zu beschreiten?

b. Welches Gericht ist zuständig?

XVIc. Wie ist der Klageantrag zu fassen?

d. Wer ist beweispflichtig ?

e. Ist ein Schlichtungsverfahren nötig?

2. Eigentumsfreiheitsklage

a. Anspruchsvoraussetzungen – Welche Störungen kann man abwehren?

b. Anspruchsinhalt – Welchen Inhalt hat der Abwehranspruch?

c. Beteiligte – Wer hat einen Anspruch gegen wen?

d. Ausschluss des Abwehranspruchs – Wann muss eine Störung geduldet werden?

3. Besitzschutzklage

a. Anspruchsvoraussetzungen – Welche Störungen kann man abwehren?

b. Anspruchsinhalt – Welchen Inhalt hat der Abwehranspruch?

c. Beteiligte – Wer hat einen Anspruch gegen wen?

d. Einwendungen, Ausschluss, Erlöschen – Was kann einem Besitzschutzanspruch entgegenstehen?

4. Schadensersatz- und Entschädigungsklagen

a. Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung

b. Entschädigungsansprüche

c. Gefährdungshaftung

d. Landesrechtliche Ersatzpflichten

5. Vorläufiger Rechtsschutz

a. Welche Voraussetzungen hat der vorläufige Rechtsschutz?

b. Welchen Inhalt hat eine einstweilige Verfügung?

c. Besteht ein finanzielles Risiko?

6. Selbsthilfe

a. Unter welchen Voraussetzungen ist Selbsthilfe zulässig?

b. Welchen Inhalt hat das Selbsthilferecht?

c. Besteht ein finanzielles Risiko?

II. Verwaltungsprozess

1. Baurecht

a. Der Nachbar im öffentlichen Baurecht – Wer fällt darunter?

XVIIb. Genehmigungsabwehr – Wie kann der Nachbar gegen eine Baugenehmigung vorgehen?

c. Behördliches Einschreiten – Wann kann der Nachbar ein Einschreiten der Behörde verlangen?

d. Materiell-rechtlicher Nachbarschutz im Baurecht – Wann kann der Nachbar erfolgreich gegen ein Bauvorhaben vorgehen?

2. Immissionsschutzrechtliche Nachbarklage

a. Genehmigungsbedürftige Anlagen

b. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen

III. Obligatorische Streitschlichtung

1. Die Notwendigkeit einer Schlichtung vor Klageerhebung – Darf man im Nachbarstreit sofort zum Gericht?

2. Die Schlichtungsstelle und die Verjährung – Müssen die zerstrittenen Nachbarn zu einer anerkannten Gütestelle oder einem teuren Mediator?

3. Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens

4. Die „Eskalation sleiter“ – Von der Bagatelle zum totalen Nachbarkrieg

Anhang

I. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (Auszug)

II. Gesetz, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO) (Auszug)

Sachverzeichnis

XIXAbkürzungsverzeichnis

AbmG 

(Landes-)Abmarkungsgesetz

Abs. 

Absatz

AG 

Amtsgericht

AGBGB 

(Landes-)Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

AGGVG 

(Landes-)Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes

AGVwGO 

(Landes-)Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung

a.F. 

alte Fassung (eines Gesetzes)

Art. 

Artikel

AVBFernwärmeV 

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme

AVBWasserV 

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser

BauGB 

Baugesetzbuch

BauNVO 

Baunutzungsverordnung

bestr. 

bestritten

BGB 

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH 

Bundesgerichtshof

BImSchG 

Bundes-Immissionsschutzgesetz

BImSchV 

Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

BNatSchG 

Bundesnaturschutzgesetz

BVerfG 

Bundesverfassungsgericht

BVerwG 

Bundesverwaltungsgericht

bzw.  

beziehungsweise

ca. 

circa

d.h. 

das heißt

EGBGB 

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGZVG 

Einführungsgesetz zum ZVG

XXEGZPO 

Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung

EnWG 

Energiewirtschaftsgesetz

ErbbauRG 

Erbbaurechtsgesetz

etc. 

et cetera

f./ff. 

folgende

GBBerG 

Grundbuchbereinigungsgesetz

GBO 

Grundbuchordnung

GBVerf 

Grundbuchverfügung

GenTG 

Gentechnikgesetz

GG 

Grundgesetz

ggf. 

gegebenenfalls

h.M. 

herrschende Meinung

HPflG 

Haftpflichtgesetz

Hs. 

Halbsatz

i.S. 

im Sinne

i.V.m. 

in Verbindung mit

KrWG 

Kreislaufwirtschaftsgesetz

LG 

Landgericht

lit. 

littera (= Buchstabe)

Lit. 

Literatur

LuftVO 

Luftverkehrsordnung

NAV 

Niederspannungsanschlussverordnung Strom

NDAV 

Niederdruckanschlussverordnung Gas

n.F. 

neue Fassung (eines Gesetzes)

Nr.  

Nummer

Nrn.  

Nummern

NRG 

(Landes-)Nachbarrechtsgesetz

OLG 

Oberlandesgericht

s. 

siehe

S.   

Satz, Seite

s.o. 

siehe oben

sog. 

so genannt

str. 

streitig

TA Lärm 

Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm

TA Luft 

Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft

TKG 

Telekommunikationsgesetz

u.  

und

XXIu.a. 

unter anderem

UmweltHG 

Umwelthaftungsgesetz

v. 

von, vom

vgl. 

vergleiche

VO 

Verordnung

VwGO 

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG 

Verwaltungsverfahrensgesetz

WasserG 

(Landes-)Wassergesetz

WEG 

Wohnungseigentumsgesetz

WHG 

Wasserhaushaltsgesetz

z.B. 

zum Beispiel

Ziff. 

Ziffer

ZPO 

Zivilprozessordnung

ZVG 

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

11. Kapitel Eigentum und Nachbarrecht

I. Eigentümerrechte und Nachbarbefugnisse

1. Welche Rechte hat der Grundeigentümer? Was muss er dulden?

BEISPIEL: Gerhard hat gelesen, dass in Deutschland die Baufreiheit verfassungsrechtlich geschützt ist. Deshalb möchte er auf seinem Grundstück ein Haus bauen. Es soll in nur einem Meter Abstand von der Grenze zu Norbert errichtet werden. Dieser findet das Haus hässlich und meint, diesen Anblick müsse er sich unmittelbar angrenzend an sein Grundstück nicht gefallen lassen. Als ihm auch noch die Baubehörde seinen Bau einstellt, wendet sich Gerhard an den Petitionsausschuss.

„Jeder kann bis in den Himmel hinauf bauen und in die Hölle hinunter graben.“ So definierte der bayerische Jurist Wiguläus Xaverius Aloysius von Kreittmayr im 18. Jahrhundert die Befugnisse des Grundstückseigentümers. § 903 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) lässt auch gegenwärtig zu, dass der Eigentümer eines Grundstücks, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit diesem nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann. Das Grundeigentum bezeichnet somit die umfassende rechtliche Herrschaft über ein Grundstück. Es erstreckt sich nach dem Gesetzeswortlaut auf den Erdkörper über der Oberfläche und auf den Raum unter der Oberfläche (§ 905 2Satz 1 BGB). Zum Grundstück gehören auch seine Bestandteile (z. B. Gebäude, ein Gartenhaus, ein Pavillon, ein Schwimmbecken, ein Öltank, ein Zaun, Bäume und sonstige Pflanzen). Mit einem Grundstück kann aber auch ein Recht verbunden sein. Beispiele sind Geh-, Fahrt- und Leitungsrechte.

Der Grundstückseigentümer kann seine Befugnisse ausüben, er kann aber auch darauf (teilweise) verzichten. Wichtig ist sein Verbietungsrecht, mit dem er von einem Störer die Beseitigung einer bestehenden Beeinträchtigung oder das Unterlassen einer befürchteten Beeinträchtigung verlangen kann.

Die Befugnisse des Grundstückseigentümers finden dort ihre Grenze, wo er eine ihn beeinträchtigende Maßnahme dulden muss. Solche Duldungspflichten können sich aus gesetzlichen Vorschriften (z. B. §§ 905, 906 und 912 BGB für nicht mehr wahrnehmbare Beeinträchtigungen, Immissionen und einen entschuldigten Überbau), den Rechten Dritter und öffentlich-rechtlichen Normen (z. B. dem Bau-, Immissionsschutz-, Ordnungs-, Wasser- und Naturschutzrecht) ergeben. Zu den Rechten Dritter gehören insbesondere die vom Grundstückseigentümer selbst oder seinen Rechtsvorgängern dem Nachbarn eingeräumten Befugnisse (z. B. das Recht zur Errichtung eines Bauwerks ohne Einhaltung von Abstandsflächen, eine Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit sowie ein Leitungsrecht). Aber auch unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften können sich Duldungspflichten ergeben. Beispiele sind das Notwegerecht (§ 917 BGB), Leitungsrechte für Versorgungsunternehmen, die Widmung einer Straßen- oder Wegefläche für den öffentlichen Verkehr und vor allem die Vorschriften des Nachbarrechts. Dem Nachbarn stehen nämlich als Grundstückseigentümer ebenso umfassende Herrschaftsbefugnisse zu wie den Eigentümern der umliegenden Grundstücke. Das Nachbarrecht versucht, die beiderseitigen Rechtsbefugnisse zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen. Gegenstand der Nachbarrechtsvorschriften ist im Wesentlichen die (eigentlich selbstverständliche) gegenseitige Rücksichtnahme .

3Wichtig!

Zum Grundeigentum gehört auch die Baufreiheit, d. h. das Recht zu bauen. Dabei muss aber auf den Nachbarn Rücksicht genommen werden. Insbesondere müssen ausreichende Abstände des Bauwerks von der Grenze eingehalten werden. Zudem sind die Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu beachten. Bei Beachtung dieser Einschränkungen darf allerdings jeder so hässlich bauen, wie es ihm gefällt. Der Nachbar kann ein ihm hässlich erscheinendes Gebäude nicht verbieten.

2. Wer ist mein Nachbar?

BEISPIEL: Dieter hat einen alten Landgasthof gekauft, den er zu einer Disco umbauen möchte. Sein unmittelbar angrenzender Nachbar hat nichts dagegen, da Dieter in seinem Geschäft die Getränke einkauft. Ca. 700 Meter entfernt befindet sich das Wohnhaus von drei älteren Damen, die ihre Ruhe haben möchten, und deshalb „Einspruch“ gegen den Umbau einlegen. Dieter ist der Ansicht, mangels einer gemeinsamen Grenze handle es sich um keine Nachbarn mehr. Außerdem müssten die „drei alten Tanten“ den Zu- und Abfahrtslärm hinnehmen, da es sich um kinderspezifischen Lärm handelt und die Jugendlichen schließlich für die Rente der drei aufkommen würden.

Nachbar ist dabei nicht nur der unmittelbare Angrenzer, sondern derjenige Grundstückseigentümer, der durch eine Maßnahme betroffen sein kann. Dies ist bei der zu hohen Hecke an der Grundstücksgrenze nur der unmittelbar angrenzende Nachbar. Bei Lärm, der von einem Grundstück ausgeht, können auch der übernächste und weitere Grundstückeeigentümer beeinträchtigt werden. Noch deutlicher wird dies bei einem Atomkraftwerk, einem Flughafen, einem emittierenden Betrieb, einem Einkaufsmarkt und einer Diskothek, die insbesondere in den Nachtstunden, in denen das Ruhebedürfnis besonders groß ist, einen starken Zu- und Abfahrtsverkehr mit sich bringt. Die ganz oder teilweise an eine Grenze anschließenden Nachbarn, aber auch diejenigen Grundstücke, die lediglich an einer Ecke angrenzen, fallen regelmäßig unter den Nachbarbegriff. 4Insbesondere bei Immissionen kann der Kreis der betroffenen Nachbarn jedoch weitaus größer sein; entscheidend für die Abgrenzung ist die Betroffenheit. Klagebefugt sind grundsätzlich der Grundstückseigentümer, ein Erbbauberechtigter und ein sonstiger dinglich Berichtigter, d. h. eine Person, der ein im Grundbuch eingetragenes Recht zusteht. Aber auch ein Grundstückskäufer, der durch eine Vormerkung im Grundbuch gesichert ist und auf den bereits das wirtschaftliche Eigentum (Besitz, Nutzungen und Lasten) übergegangen ist, kann die Nachbarrechte gerichtlich geltend machen. Im Immissionsschutzrecht werden auch Mieter, Pächter, sonstige Mitbewohner und Arbeitnehmer geschützt.

Wichtig!

Zur Bestimmung derjenigen Personen, die als Nachbarn von einer Maßnahme betroffen und deshalb auch klagebefugt sind, kommt es auf die Beeinträchtigung an. Insbesondere bei Lärm und einem starken Zu- und Abfahrtsverkehr können auch entfernt wohnende Personen in ihren Rechten betroffen sein.

II. Privates und öffentliches Nachbarrecht – Rechtsquellen

1. Wo finde ich das für mich einschlägige Nachbarrechtsgesetz?

BEISPIEL: Der aus Dortmund stammende Norbert hat sich im Bayerischen Wald ein Grundstück gekauft. Die Garage seiner Nachbarin steht unmittelbar an seiner Grundstücksgrenze. Als er eines Morgens aufwacht, steht die Nachbarin Gerda auf seinem Grundstück und streicht ihre Garagenwand. Nachdem Gerda ihn einmal wegen ihrer Kopfschmerzen gebeten hatte, seine bei geöffnetem Fenster zugegebenermaßen laut eingestellte Stereoanlage leiser zu drehen, möchte er ihr nunmehr das Betreten seines Grundstücks verbieten. Jedenfalls hat er sich aus seiner früheren Heimat gemerkt, dass gesetzlich eine Ankündigung der Benutzung des Nachbargrundstücks von einem Monat vorgeschrieben 5ist. Norbert sucht vergebens ein bayerisches Nachbarrechtsgesetz. Gerda meint, so etwas benötige man in Bayern auch nicht. Hier herrsche die liberalitas Bavariae. Deshalb könne er sich auch sein preußisches Nachbarrechtsgesetz an den Hut stecken. Norbert ist der Ansicht, auch wenn in Bayern die Uhren anders gingen, könne die Rechtslage dort doch nicht anders sein.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 906−923 BGB ) regelt bundesrechtlich nur einen Teil der nachbarrechtlichen Beziehungen. Im Wesentlichen ging es dem damaligen Gesetzgeber darum, die beginnende industrielle Entwicklung nicht zu behindern. Die Regelung betrifft zudem nur kleinere Bereiche, im Normalfall aneinander grenzende Grundstücke. Es geht vor allem um die Zulässigkeit von Immissionen, den Gebäudeeinsturz, die Grundstücksvertiefung, das Abschneiden von Wurzeln, Ästen und Zweigen von Bäumen und Sträuchern, hinüber fallende Früchte, den Überbau und das Notwegerecht. Daneben haben fast alle Bundesländer Nachbarrechtsgesetze erlassen. Lediglich Bayern, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben keine bzw. keine eigenständigen Nachbarrechtsgesetze erlassen. Aber auch in Bayern und Bremen existieren einzelne nachbarrechtliche Vorschriften, z. B. im BayAGBGB und im BremAGBGB. Regelungsgegenstände der Landesnachbarrechtsgesetze sind vor allem die Grenzabstände von Bäumen, Pflanzen und Gebäuden, Grenzwände, Zäune, Hammerschlags-und Leiterrechte, Traufrechte, Fenster- und Lichtrechte, Aufschüttungen und Bodenerhöhungen, Leitungsrechte und das wild abfließende Wasser. Da die Vorschriften voneinander abweichen, ist es wichtig, das einschlägige landesrechtliche Nachbarrechtsgesetz sorgfältig zu prüfen. Was beispielsweise in Niedersachsen erlaubt ist, muss nämlich nicht auch in Nordrhein-Westfalen zulässig sein.

Auch öffentlich-rechtliche Vorschriften können für das nachbarliche Verhältnis von Bedeutung sein. Insbesondere das Baurecht und das Immissionsschutzrecht regeln neben dem Schutz der Allgemeinheit teilweise zusätzlich den Nachbarschutz . Bedeutung haben vor allem die baurechtlichen Abstandsflächennormen. Der Nachbar kann ihre Beachtung fordern. Sein „Anspruch” richtet sich zunächst gegen die Behörde. Von ihr muss er die Einhaltung der öffentlichrechtlichen 6Vorschriften gegenüber seinem Nachbarn verlangen. Dies kann er freilich nur, wenn die betreffende Vorschrift auch seinem Schutz dient. Gleiches gilt für ein Einschreiten gegen eine Handlung des Nachbarn, z. B. gegen eine ungenehmigte Bauausführung.

Wichtig!

Betretungsrechte hinsichtlich des Nachbargrundstücks sehen zahlreiche landesrechtliche Vorschriften (sog. Hammerschlags- und Leiterrechte) vor. In den Ländern, in denen dies nicht der Fall ist, gestatten die Gerichte ein kurzzeitiges Betreten zur Vornahme von Reparatur- und Unterhaltungsmaßnahmen. Dies darf allerdings nicht eigenmächtig, d. h. ohne Rücksprache erfolgen.

2. Gibt es eine „Goldene Regel“ („Was du nicht willst …“) im Nachbarrecht?

BEISPIEL: Norbert wendet sich gegen die von der Baugenehmigungsbehörde für eine Nutzungsänderung eines Gebäudes, in dem sich bisher eine Postzweigstelle befand, in ein afghanisches Konsulat erteilte Genehmigung. Er befürchtet eine Gefährdung der Nachbarschaft durch terroristische Anschläge. Die Behörde erklärt, die geplante Nutzung sei baurechtlich zulässig. Norbert meint, gegenüber den Nachbarn sei dies dennoch rücksichtslos.

Auch bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bestimmt das Gebot der Rücksichtnahme das nachbarliche Zusammenleben. Es handelt sich dabei um eine besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Aus ihm können sich sowohl Verpflichtungen zu einem Tun als auch zu einem Unterlassen ergeben. Da das nachbarliche Verhältnis in den entsprechenden Vorschriften geregelt ist, müssen die aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hergeleiteten Rechte und Pflichten eine Ausnahme bleiben. Ein Rückgriff auf sie findet deshalb nur statt, wenn sich bei Anwendung der gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall kein akzeptables Ergebnis erzielen lässt und 7aus zwingenden Gründen eine Ausnahme geboten ist. Ziel seiner Anwendung ist ein billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen. Aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergibt sich regelmäßig nur eine Pflicht zur Rücksichtnahme . Nur ausnahmsweise können sich hieraus über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Duldungspflichten ergeben. Beispiele sind die Errichtung einer die Abstandvorschriften geringfügig nicht beachtenden Terrasse, eine vorübergehende Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks zur Grundstücksbefestigung und eine an sich unzulässige Vertiefung. Nur in Ausnahmefällen kann sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis eine Versorgungsverpflichtung ergeben (z. B. Wasserversorgung). Dies ist aber nur der Fall, wenn zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen keine andere Möglichkeit besteht. Bedeutung hat das Gemeinschaftsverhältnis ferner für die Frage, ob das Betreten eines Grundstücks zur Vornahme bestimmter Reparaturmaßnahmen erlaubt ist, wenn das entsprechende Nachbarrechtsgesetz keine diesbezüglichen Vorschriften enthält. Gleiches gilt schließlich auch für das Betreten eines Grundstücks durch Hunde und Katzen des Nachbarn. Auch im öffentlichen Recht findet das Gebot der Rücksichtnahme Anwendung. Es handelt sich um ein einfachgesetzliches Gebot, das aus den einzelnen Vorschriften des Baurechts abgeleitet werden kann, wenn diese auch die individuellen Interessen Dritter schützen wollen. Als Ausnahme greift es nur ein, wenn ein angemessener Interessenausgleich der nachbarrechtlichen Belange im Rahmen der baurechtlichen Vorschriften nicht möglich ist.

Maßgebend sind im Zivilrecht und im öffentlichen Recht – ebenso wie bei der Duldung von Emissionen – auch wertende Gesichtspunkte. Der verständige moderne Durchschnittsmensch, der den früheren normalen Durchschnittsbewohner in der Rechtsprechung ersetzt hat, berücksichtigt auch Allgemeininteressen. Das hat, auch wenn ausdrückliche gesetzliche Duldungspflichten nicht bestehen, Bedeutung insbesondere für die Hinnahme von Kinderlärm, Behinderteneinrichtungen, Sportanlagen, Bolzplätzen, Jugendzeltplätzen und Freizeitveranstaltungen. Es ist dabei das Interesse des betroffenen Nachbarn an Ungestörtheit einerseits mit dem Interesse der anderen 8an der diesbezüglichen Betätigung oder Umwelt andererseits abzuwägen. Dabei spielen das Toleranzgebot, die Sozialadäquatheit, die Situationsgebundenheit, die Möglichkeit ortsüblichen Eigenschutzes, die Akzeptanz und die sozialen Interessen eine wesentliche Rolle.

Wichtig!

Die möglichen Gefahren für die Nachbarschaft, die von einer Einrichtung ausgehen, sind bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, zu berücksichtigen. Dies gilt insbesodere auch für diplomatische Vertretungen von ausländischen Staaten. Bei Erteilung einer Baugenehmigung für diese muss auch die Gefahr von terroristischen Anschlägen mit berücksichtigt werden. Die Genehmigungsbehörde muss sich vergewissern, ob bei einer Änderung der Sicherheitslage eintretende Gefahren für die Einrichtung durch zusätzliche Maßnahmen beherrscht werden können. Ist dies aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht der Fall, kann dies ein Grund für die Versagung der Baugenehmigung sein.