Rent a Friend - Jürgen Sester - E-Book

Rent a Friend E-Book

Jürgen Sester

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Beschreibung

Marvin ist überzeugter Junggeselle. Damit er aber die Weihnachtsfeiertage nicht alleine verbringen muss, vermietet er sich selbst über eine Kleinanzeige. Unter der Prämisse, sich unangenehme Diskussionen zu ersparen, folgt Annika dieser Anzeige, da sie sich von ihrer Familie zunehmend unter Druck gesetzt fühlt. Aus der anfänglichen Geschäftsbeziehung wird sehr schnell mehr. Jedoch haben sowohl Annika als auch Marvin einen dunklen Flecken in ihrer Vergangenheit, der die junge Beziehung alsbald einzuholen droht.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 191

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Jürgen Sester

Rent a Friend – Glück auf Bestellung

Liebesroman

Impressum

© 2023 Jürgen Sester

Coverdesign und Umschlaggestaltung von: Rebecca DeLancré www.delancre.com

Lektorat, Satz & Layout von: Petra Hoberg www.wortfühlharmonie.de

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH,

Heinz-Beusen-Stieg 5,

22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter:

tredition

GmbH, Abteilung »Impressumservice«,

Heinz-Beusen-Stieg 5

22926 Ahrensburg, Deutschland.

ISBN: 978-3-384-02731-3

Zitate werden ausschließlich nach deutschem Urheberrecht für Zitate §51 UrhG (Stand: 1. März 2018), verwendet.

(Der Zitierzweck muss erkennbar sein. Das Zitat muss also in irgendeiner Beziehung zu der eigenen Leistung stehen, beispielsweise als Erörterungsgrundlage. Der Umfang des Zitats muss dem Zweck angemessen sein.)

Rent a Friend Glück auf Bestellung

Inhalt

Cover

Halbe Titelseite

Urheberrechte

Titelblatt

Prolog

Gespräch unter Geschwistern

Der Bierkeller

Pizza, Bier und Netflix

Kontaktaufnahme

Unerwartetes Wiedersehen

Altlasten

Erstes Date

Es ist kompliziert

Wo der Spaß aufhört

Annika Lässt nicht locker

Es gibt viel zu tun

Die Falle schnappt zu

Wo die Liebe hinfällt

Schmetterlinge

Der erste Schnee

Vorweihnachtliche Tücken

Gentleman

Engelchen und Teufelchen

Das was war, das was ist

Veränderung

Urängste

Das erste Familientreffen

Gestörter Frieden

Viel Baum für wenig Wohnung

Vertrauen

Das Fest rückt näher

Aussprache

Die Weihnachtsfeier

Endlich Urlaub

Das Fest der Liebe

Eine Nacht mit Folgen

Epilog

Bonusmaterial

Endlich weiße Weihnachten

Selbst gemacht

Was wäre Weihnachten ohne Kinder ---eine ganz persönliche Geschichte---

Weihnachten im Einzelzimmer

Das Licht

Der Ofen und der Apfelbaum

Danksagung

Ueber den Autor

Buchempfehlungen

Eine kleine Anmerkung zum Schluss

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Urheberrechte

Titelblatt

Prolog

Eine kleine Anmerkung zum Schluss

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Prolog

»Wer kennt sie nicht, die Slogans der Partnervermittlungen? Alltäglich werden wir mit deren Sprüchen geradezu überrollt.

Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über …

Die Partnervermittlung für höchste Ansprüche

Partnervermittlung auf neuem Niveau …

Deutschlands große Partnervermittlung …

Die faire Partnervermittlung …

Swipen, Matchen, Chatten …

All das sind Sprüche, die einem tagtäglich um die Ohren geworfen werden. Kaum schaltet sich am Morgen das Weckradio ein, geht es damit schon los, beim Frühstück hört man sie, auf dem Weg zur Arbeit, und zuhause erst recht.

Am liebsten würde ich zu einem der Werbetreibenden gehen und ihm diese Kampagnen um die Ohren schlagen, damit das aufhört. Ich bin gerne Single und ich glaube, ich spreche vielen Mitmenschen aus den Herzen, wenn ich sage, dass nicht jeder, der keinen Partner hat, um jeden Preis verkuppelt werden will. Soweit würde es noch kommen!

Ich genieße die Stille und ich liebe meine Freiheit. Freie Persönlichkeitsentfaltung und das Stärken meiner kreativen Identität sind mir am wichtigsten. Keine Grenzen, keine Rechtfertigungen für mein Handeln. Es kann durchaus sein, dass ich auch einfach zu egoistisch bin, um meine Zeit zu teilen. Aber wisst ihr was? Mir geht es richtig gut dabei. Ich muss meine Pizza mit niemandem teilen, kann mich am Freitag nach der Arbeit vor meine Playstation setzen und diese erst wieder am Sonntagabend abstellen. Es ist alles in Ordnung, denn ich muss mich niemandem erklären, niemandem gegenüber Rechenschaft ablegen. Gerade aus diesem Grund hatte ich vor drei Jahren eine bahnbrechende Idee.

Fabian, ein Arbeitskollege, saß in einer Mittagspause mit seinen Kollegen aus der Abteilung beim Mittagessen, während einer von seiner Frau erzählte, ein zweiter sich mit einbrachte, und ruck zuck saß Fabian in der Falle. Von allen Seiten musste er sich anhören, wie egoistisch es doch sei, Single zu sein und wie toll es ist, eine Partnerin zu haben. Egal wie sehr er sich wehrte, er gewann die Diskussion nicht und es tat mir unheimlich leid um ihn. Auf dem Heimweg hörte ich im Radio wieder eine dieser Werbungen einer Partnervermittlung, die aber gezielt auf das bevorstehende Weihnachtsfest abzielte. Es war Ende September, wohlgemerkt, und direkt danach keimte diese Idee in mir auf. So setzte ich mich an jenem Abend an meinen Computer. Ich loggte mich bei eBay Kleinanzeigen ein und veröffentlichte folgende Anzeige:

An Weihnachten Single?

Ihr seid Single und wollt von euren Verwandten die lästigen Fragen nach einem festen Partner, gerade an Heiligabend, nicht mehr hören? Dann bin ich euer (Weihnachts-)Mann!

Man kann mich im Umkreis von Stuttgart vom 24.12.-26.12. für Familienfeiern aller Art mieten. Ich werde die ganzen Festivitäten über dafür sorgen, dass es keine lästigen Fragen zu eurem Beziehungsstatus gibt.

Ein paar Infos zu mir: Ich heiße Marvin, bin 29 Jahre alt und erwecke optisch weder den Eindruck, als würde ich unter einer Brücke wohnen, noch ob ich Millionen auf dem Konto horten würde. Einfach ein Kerl, für den man sich nicht schämen muss.

Was ich davon habe?

Ich werde den ganzen Tag kostenlos bewirtet und sitze nicht alleine zu Hause rum. Denn, obwohl ich Single bin, gibt es an Weihnachten schönere Dinge als das sonst so gern zelebrierte Alleinsein. Vielleicht bekomme ich sogar noch ein paar ausgemusterte Socken als Notgeschenk eurer Eltern.

Falls ihr eure Familie nicht mögt, biete ich gegen Aufpreis auch an, mir eine Flasche Eierlikör in einem Rutsch zu gönnen, anschließend die Katze in den Tannenbaum zu werfen oder andere Dinge zu tun, die man sonst nur bei den Griswolds sieht.

Also, wenn ihr Bedarf habt, meldet euch! Bis dahin -

Frohes Fest!

Diese Anzeige war keine fünf Stunden online und ich hatte bereits acht Anfragen. Also hat es mir tatsächlich bestätigt, dass ich nicht alleine war mit meiner Einstellung.

Das erste Weihnachtsfest verbrachte ich mit Carolin. Sie ist zwei Jahre jünger als ich, und als ich ihre Eltern kennen gelernt hatte wusste ich, wieso ich da war. Das Ganze habe ich an Ostern, Pfingsten und allen anderen Festtagen wiederholt, anlässlich derer Carolin und ihre Leidensgenossinnen meiner Dienstleistungen bedurften, und die Nachfrage war erstaunlich groß. Ich hatte eine gute Zeit, bekam sogar das ein oder andere Geschenk und war danach wieder fein raus. Keine Verpflichtungen, kein schlechtes Gewissen.«

Dies sollte sich aber sehr bald schon ändern …

Gespräch unter Geschwistern

»Thomas und ich werden dieses Weihnachten ein besonderes Geschenk dabei haben«, schwärmte Sophie, als sie im Schneidersitz auf der Couch ihrer Schwester Annika saß und sich mit ihr ein paar Bilder aus alten Zeiten ansah. Annika schaute auf und sah Sophie erst ins Gesicht, dann auf ihren Bauch, den sie mit der rechten Hand vielsagend bedeckt hielt. Annikas Augen wurden größer.

»Du meinst, … ihr werdet … Ich werde Tante?«, fragte sie ungläubig. Sophie schloss die Augen und lächelte.

»Ja, aber du darfst es noch niemandem erzählen. Dafür ist es noch zu früh.«

»Aaah, ich freue mich so für euch!«, rief Annika begeistert, sprang ihrer Schwester in die Arme, sodass diese nach hinten umkippte.

»Na naaa, nu mach mal nicht so stürmisch! Ich muss doch jetzt auf mich aufpassen.« Annika kniete sich vor Sophie und stützte sich mit den Händen auf der Couch ab.

»Wie weit bist du denn genau? Wisst ihr schon, was es wird?« Sophie lachte und ließ sich von der guten Laune Annikas anstecken.

»Wir sind in der siebten Woche, und da kann man noch nicht erkennen, was es wird. Es ist uns auch eigentlich egal. Hauptsache, es ist gesund«, bestätigte Sophie. Annika wechselte in die Hocke.

»Hm …«, murmelte Annika vielsagend.

»Was ist, habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte Sophie irritiert. Annika schüttelte den Kopf.

»Das ist es nicht, aber du bist meine kleine Schwester … und trotzdem schon so viel weiter als ich. Ich schaffe es ja noch nicht einmal, meine Pflanzen regelmäßig zu gießen. Schau dir mal die Grünlilie da an. Die ist eher eine Braunlilie.« Sie zeigte mit dem Finger auf eine kleine, halbverdorrte Pflanze, die auf dem Beistelltisch neben der Couch stand und einen eher knusprigen Eindruck machte. Sophie lachte.

»Glaube mir, das wird anders, wenn du ein Kind erwartest.«

»Du sagst es, wenn ich ein Kind bekomme. Im Moment fehlt mir dazu jegliches Zubehör.« Sophie legte ihre Hand auf Annikas Schulter.

»Alles kommt so, wie es kommen muss. Wenn die Zeit reif ist, dann tritt auch ein Mann in dein Leben, wirst sehen.«

Annika stöhnte.

»Ach hör auf! Ich sehe schon Mama und Papa. Ihr bringt eure frohe Botschaft und alle freuen sich darüber. Und wenn sich die Euphorie gelegt hat, werden sich ihre Blicke auf mich richten.«

»Und dann? So schlimm wird es schon nicht werden.«

Annika sah Sophie zweifelnd an. Sie wusste, dass diese es gut mit ihr meinte, aber vor ihrem geistigen Auge lief bereits ein Schreckensszenario ab.

»Ich kann sie förmlich hören: Na, Annika, willst du uns nicht endlich auch mal jemanden vorstellen? Willst du als einsame Jungfer alt werden? Schau dir Sophie an, sie hat immerhin schon eine Familie gegründet, und und und.«

»Das ist nicht fair, ich weiß. Aber du musst sie verstehen, Mama wollte immer Enkel haben. Davon sprach sie schon, seit wir zuhause ausgezogen waren. Du bist nun mittlerweile 28.«

Annika verschränkte die Arme und starrte wie ein gescholtenes Kind vor sich hin.

»Ja und? Es gibt doch wichtigere Dinge als das.« Sophie stand von der Couch auf und ging ein paar Schritte im Zimmer umher.

»Thomas und ich haben das zwar noch nicht besprochen, aber ich möchte, dass du Patentante wirst.«

»Iiiiiiiek!«, quietschte Annika mit einer schlagartig erhellten Miene, sprang auf und fiel Sophie um den Hals. Sophie lächelte verlegen.

»Ich werte das mal als Ja?«

»Soll das ein Witz sein? Natürlich will ich!« Annika hüpfte voller Euphorie vor ihr auf und ab und war dabei so laut, dass der Nachbar, der unter ihr wohnte, kräftig gegen die Zimmerdecke hämmerte. Peinlich berührt schlug Annika sich die Hände vor den Mund.

»Uups, da war ja noch was.« Sophie hob die Augenbrauen und schaute irritiert.

»Reagieren deine Nachbarn immer so schnell?« Annika winkte ab.

»Das ist doch nur ein armer, schrulliger Kauz. Der sitzt auch an Weihnachten alleine zuhause und schaut den Tannennadeln beim Rieseln zu.«

»Das hört sich aber sehr traurig an.«

Annika breitete entschuldigend die Arme vor Sophie aus.

»Anscheinend will der das aber doch so.« Sophie hob eine Augenbraue.

»Und was ist mit dir? Du bist doch an Weihnachten auch allein.«

»Nein, ich bin an Weihnachten mit euch, Mama und Papa zusammen. Das ist ein Unterschied.« Sophie prustete laut los.

»Du meinst, du bist mit dem Schiedsgericht zusammen, so wie du es vorhin dargestellt hast.« Annika wurde augenblicklich wieder ernst.

»Stimmt, jetzt wo du es sagst. Kann man da gar nichts machen?« Sophie setzte sich wieder auf das Sofa.

»Nein, so wie ich das sehe, musst du da durch, ob du willst oder nicht.«

»Oder nicht, wie du es schon gesagt hast.« Sophie sah Annika mitfühlend an und holte tief Luft.

»Komm schon. Ich habe dir schon einige tolle Männer vorgestellt. Aber keiner war dir gut genug.« Annika verschränkte ihre Arme.

»Ach ja? Komm schon, die haben mich wie Freiwild behandelt, allesamt!«

Sophie schüttelte den Kopf.

»Das ist das, was du in ihnen gesehen hast, oder vielmehr du wolltest, dass sie dich so sehen. Ich kenne einige von denen persönlich. Und die sind ganz gewiss nicht so.«

»Na und wenn schon. Es hat einfach nicht gepasst, Pheromone und so.« Wie ein zutiefst beleidigtes Kind lief Annika auf und ab. Dann ließ sie sich kraftlos auf die Couch neben Sophie fallen.

»Außerdem wird mir schon noch was einfallen!«

Der Bierkeller

»Es war eine gute Idee, heute Abend hierher zu kommen«, rief Marvin seinem Freund Tobias gegen die laute Musik der Liveband im Bierkeller zu. Dieser nickte, prostete Marvin mit seiner Bierflasche zu und nahm einen großen Schluck. Dann jubelten sie wieder der Musik zu. Die sonst so kleine und ruhige Bar war an diesem Abend sehr gut besucht, so gut, dass man kaum einen Meter nach links oder rechts gehen oder gar umfallen konnte. Unter den richtigen Umständen war 'proppenvoll' sogar von Vorteil. Marvin wippte mit der Rockmusik mit, während Tobias ihm die leere Flasche aus der Hand nahm, um an der Bar zwei neue zu holen.

»Ganz schön was los hier!«, rief Tobias dem großen, aber sanftmütigen Barkeeper zu und reichte ihm die leeren Bierflaschen über den Tresen. Sie kannten sich schon viele Jahre. Uli war mittlerweile eine Institution hinter der Theke. Er lächelte Tobias verstehend zu.

»Das ist doch hier bei den Rock- und Metal-Partys immer so«, brummte er freundlich. Er stellte ihm zwei neue Flaschen Bier auf die Theke und kümmerte sich um die nächsten Gäste. Tobias zog wieder davon. Er kämpfte sich durch die Menge, bis er Marvin wieder erreicht hatte.

»Hier, dein Bier!«, rief er. In diesem Moment war das Lied zu Ende und es kehrte für einen Augenblick Ruhe ein.

»Danke«, antwortete Marvin, »Ich habe vom vielen Grölen schon einen ganz trockenen Hals.« Er setzte die Flasche an und drehte sich, mit ihr am Mund, in Richtung der Bühne. Plötzlich spürte er einen Widerstand und die Musik setzte wieder ein. Sofort senkte er den Blick und setzte die Flasche ab. Die Getroffene richtete sich auf und rieb sich das Gesicht. Dabei achtete sie nicht auf Marvin und schlug ihm die Flasche versehentlich aus der Hand. Das Bier landete dabei auf ihrer weißen Bluse und sorgte dafür, dass diese halbdurchsichtig wurde. Marvin stand wie angewurzelt da und starrte das reizende Wesen völlig entgeistert an.

»Sag mal geht’s noch?«, schrie die junge Dame ihn an und rannte hochroten Kopfes davon.

»Was hat die denn für ein Problem?«, fragte Tobias, der das Geschehen durch das Getümmel nur teilweise verfolgt hatte.

»Ach, mir ist ein Missgeschick passiert, und die da hat völlig überreagiert.«

Dabei deutete er mit einem Kopfnicken die Richtung ihres Entschwindens an. Marvin hob die Bierflasche wieder auf und hielt sie gegen das Licht.

»Mist, die ist fast leer und ich hatte noch nicht mal was davon gehabt«, stellte er leicht angefressen fest und ließ den kleinen, noch in der Flasche befindlichen Schluck in seinen trockenen Hals rinnen.

»Na komm, gib her.« Tobias nahm ihm die nun leere Flasche aus der Hand und machte sich wieder auf den Weg zur Bar.

Zwischenzeitlich war das Lied zu Ende. Als Tobias aber an die Bar kam, stand schon die Frau da, die das Bier abbekommen hatte und beschwerte sich lauthals über den Verursacher ihres, nicht durch Schweiß hervorgerufenen, Aussehens. Tobias stellte die Flasche auf die Theke und Uli gab ihm ein Zeichen, dass er sich gleich um ihn kümmern würde.

»Und dann hat er meine Bluse eingesaut! Wir sind doch hier nicht auf einem Wet-T-Shirt-Contest!«, hörte Tobias von der Seite.

»Moment mal«, schritt er ein. »das habe ich aber ganz anders gesehen. Mein Freund hat die Flasche sicher nicht mit Absicht auf dir verschüttet!« Uli und die Dame drehten sich gleichzeitig zu ihm um.

»Nein, er hat sie geschüttet, nicht verschüttet, das war mit voller Absicht!«, fauchte sie. Tobias stemmte die Hände in die Hüften.

»Uli, sie hat ihm die Flasche aus der Hand geschlagen, als sie sich aufgerichtet hatte.« Der drehte sich zu der Dame um und breitete die Arme aus.

»So wie ich das sehe, steht hier Aussage gegen Aussage. Ich kann da leider nichts machen, denn es sieht alles nach einem Unfall aus.« Er schaute dabei auf die Flasche, hob diese hoch und blinzelte, wie Marvin zuvor, hindurch. Dann nickte er und gab Tobias eine neue Flasche. Die Frau verdrehte die Augen, machte wutschnaubend auf dem Absatz kehrt und stob beleidigt in Richtung Tanzfläche, und Marvin, davon.

»Geh ihr mal lieber gleich nach, nicht, dass es jetzt eskaliert.« Tobias nickte, nahm die neue Flasche Bier und machte sich wieder auf zu seinem Freund.

Die Menge wurde immer dichter, als nach einem kurzen Bandwechsel die Musik wieder einsetzte. Marvin, der inzwischen seinem Freund entgegengegangen war, hörte das aufgebrachte Gebrabbel der begossenen Dame schon von Weitem, so dass er es erst mal unterließ, sich bei ihr zu entschuldigen, obwohl er das eigentlich vorgehabt hatte.

»Doofe Zicke!«, entfuhr es ihm stattdessen, aber nur halblaut.

»Und du bist ein Macho!« Sie funkelte ihn böse an.

Autsch, sie hatte es doch tatsächlich, trotz des Getöses, gehört.

»Das kannst du ja beurteilen, oder?«

»Ach, ihr Männer seid doch alle gleich!«

Bevor Marvin sie erreichen konnte, kam eine weitere Frau hinzu, griff sich die Angefeuchtete beim Arm und zog sie von Marvin weg. Dieser war völlig perplex.

»Alles okay?«, fragte Tobias besorgt.

Marvin nickte, aber er schnaufte schwer.

»Ja, ich … denk schon. Die Tussi ist doch völlig durchgedreht! Ich hab das ja nicht mit Absicht gemacht, aber sie stellt das so hin. Und was hat die, bitteschön, für ein Problem mit Männern?« Tobias zuckte mit den Schultern.

»Keine Ahnung. Aber wir sollten uns von der nicht den Abend versauen lassen.« Er legte seinen Arm um Marvins Schultern, drückte ihm die Flasche in die Hand und sie drehten sich wieder zur Bühne um.

»Der hat das mit voller Absicht gemacht! Als wären wir auf Mallorca!«, bestand Annika auf ihrer Version, während sie sich mit Sophie bereits im Auto auf dem Heimweg befand. Sophie zeigte sich unbeeindruckt.

»Schwesterherz, wenn du noch einmal in Ruhe über die Situation nachdenkst, war es dann nicht doch einfach nur ein dummer Unfall?«, versuchte Sophie zu beschwichtigen.

»Ach, du hältst auch noch zu dem?«

»Das habe ich nicht gesagt. Aber es war ja nicht so, als ob er die Flasche in die Luft gehalten und dann in aller Ruhe über dir ausgegossen hätte, oder?« Annika blieb für einen Moment still und dachte tatsächlich kurz nach.

»Egal wie er es gemacht hat, irgendein Motiv wird schon dahinter stecken«, beharrte sie bockig auf ihrem Standpunkt.

Sophie lachte.

»Ja, vielleicht steckte einfach nur Durst dahinter.«

Wie ein gescholtenes Kind verschränkte Annika die Arme und blies sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. Sophie ließ die Schultern locker.

»Hör mal, es ist wie bei unserem Gespräch neulich. Du solltest dir mal über dein Männerbild Gedanken machen, sonst wirst du wirklich eines fernen Tages als alte Jungfer sterben.«

»Mag sein. Aber dafür stinke ich dann wenigstens nicht mehr nach Bier«, blaffte sie zurück und bohrte mit ihren Blicken angestrengt Löcher nach draußen in die Dunkelheit.

Pizza, Bier und Netflix

Marvin schaute gerade über den Rand seines Monitors aus dem Fenster hinaus und bestaunte die Sonne, die schon einen rötlichen Farbton angenommen hatte und das Ende des Tages langsam einläutete. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er wieder einmal Überstunden absolviert hatte, ohne es überhaupt zu bemerken. Mit einem geübten Griff zog er die Tasche unter seinem Tisch hervor, verstaute seine Sachen darin und fuhr den Computer anschließend herunter.

»Hey, hast du heute Abend schon etwas vor?«, rief ihn von hinten eine Stimme. Er drehte sich um.

»Mathieu, Hi! Dich habe ich ja den ganzen Tag noch nicht gesehen«, antwortete Marvin erstaunt. Der Angesprochene zuckte mit den Schultern.

»Naja, ich musste mich die meiste Zeit um ein Projekt kümmern und hatte nicht einmal Zeit für einen Kaffee.« Marvin verstand nur zu gut.

»Lust auf ein Bier?«, fragte Mathieu, um das Thema zu wechseln. Marvin schüttelte den Kopf.

»Lieber nicht. Mir hallt das letzte Bier noch nach.«

»Oh, war es etwa schlecht?«, fragte Mathieu lachend.

»Nein, schlecht war es nicht. Es lag eher an der Situation.«

»Ah okay. Naja, ich habe eigentlich noch keine Lust nach Hause zu gehen, nicht nach diesem Tag.« Marvin sah den Hoffnungsschimmer in Mathieus Blick.

»Pizza, Bier und Netflix bei mir zu Hause?«, fragte Marvin schließlich.

»Auf jeden Fall!« Mathieu gefiel dieser Gedanke, »Das ist allemal besser, als alleine in der Bude abzuhängen.« Gemeinsam verließen sie das Büro.

»Na, was spricht der Doktor?«, fragte Annika Sophie, als diese in Annikas Auto einstieg.

»Nichts Neues. Dem Baby geht es gut, das Herzchen schlägt stabil. Mehr kann jetzt noch nicht gesagt werden.« Annika legte den Gang ein und fuhr los.

»Okay. Und merkst du schon etwas?«