Requiem (eBook) - Dirk Kruse - E-Book

Requiem (eBook) E-Book

Dirk Kruse

4,5

Beschreibung

Frank Beaufort, Millionenerbe und Hobbydetektiv kommt nicht zur Ruhe. Eine Serie von Mordfällen erregt Aufsehen weit über Nürnberg hinaus, denn alle Opfer stammen aus dem rechtsextremen Milieu. Die Toten sind in Hakenkreuzfahnen gewickelt, tragen SS-Runen in die Haut geritzt und werden an einem ohnehin höchst belasteten Schauplatz der Vergangenheit gefunden: dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände der Nazis rund um den Duzendteich. Beauforts Nachforschungen zwischen Kolosseum und Zeppelintribüne, Nürnberg-Messe und Frankenstadion bringen ihn in Lebensgefahr. Schon bald wird deutlich: Die Vergangenheit ist noch lange nicht vorbei.

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Ähnliche


 

 

 

 

 

 

 

 

DIRK KRUSE

 

REQUIEM

FRANK BEAUFORTS ZWEITER FALL

 

Kriminalroman

 

 

 

ars vivendi

 

Vollständige eBook-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Originalausgabe (2. Auflage 2010)

© 2009 by ars vivendi verlag

GmbH & Co. KG, Cadolzburg

Alle Rechte vorbehalten

www.arsvivendi.com

 

Lektorat: Dr. Hanna Stegbauer

Umschlaggestaltung: ars vivendi verlag unter Verwendung

des Bildes Aprikosenzweig von Georg Flegel

Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag

 

eISBN 978-3-86913-323-2

 

Für Ylvi

 

Es ist denkbar, eine Zeit vorauszusehen, in der der Kriminal­roman – Poes Erfindung – verschwunden sein wird, denn er ist die un­natürlichste aller Literaturgattungen und die, die am meisten einer Spielerei ähnelt.

 

Jorge Luis Borges

 

 

 

 

Werch ein Illtum!

 

Ernst Jandl

 

Requiem aeternam dona eis, Domine

Herr, gib ihnen die ewige Ruhe

 

1. Kapitel

Die Luft war feucht und regenschwer. Ein kalter Herbstwind wehte durch die trostlose Vorstadt. Einsam zog der Mann seinen Weg durch die Nacht, passierte dunkle Baracken, eine verlassene Ziegelei, überwuchertes Brachland, eine wilde Müllkippe. Er ging mit kräftigen, federnden Schritten, die manchmal in ein graziles Tänzeln übergingen. Denn der Mann pfiff eine Violin-Romanze von Henri Vieuxtemps vor sich hin. Er steckte noch voller Musik aus dem eben gehörten Konzert. Als er fast schon die ersten Häuser der halb verlassen Plattenbau-Siedlung erreicht hatte, in der er wohnte, erstarb das Pfeifen auf seinen Lippen. Aus dem Schatten des seit langem verrammelten Kiosks lösten sich drei Gestalten und stellten sich ihm in den Weg. Sie waren dunkel gekleidet, ihre Füße steckten in schweren Motorradstiefeln und ihre Gesichter waren verhüllt. Alle drei hatten sich schwarze Sturmkappen über die Köpfe gezogen, die nur noch schmale Augenschlitze freiließen.

»Nun hör dir das an! Ein Kanake, der pfeift. Ich glaub’s nicht«, rief der Linke.

»Die werden immer dreister. Leben wie die Maden im Speck. Hast dich ja richtig gut bei uns eingelebt im Goldenen Westen, was?«, sprach der Mittlere den Mann drohend an.

»Ich habe nur …«

»Schnauze!«, schrie er. »Du antwortest nur, wenn du gefragt wirst. Wir bringen dir schon noch deutschen Anstand bei.« Dabei hob er drohend seine Faust vor die Augen des Mannes. Trotz der Dunkelheit konnte er die vier Runenbuchstaben auf den Fingern gut erkennen, und das sollte er auch: Das Wort »Hass« stand dort eintätowiert. Noch während er es las, schnellte die Faust plötzlich vor und traf ihn hart zwischen den ­Augenbrauen. Er taumelte zurück, und die drei Maskierten lachten. Diesen kurzen Moment der Unachtsamkeit nutzte er, um zu fliehen. Er rannte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war, aber schon spürte er seine Verfolger im Nacken. Als der erste ihn fast erreicht hatte, schlug er einen Haken nach links und floh auf das aufgegebene Fabrikgelände, in der Hoffnung sich dort verstecken zu können. Doch schon nach 100 Metern, er lief gerade an der ersten Baracke vorbei, packte einer der Maskierten seinen Rucksack und riss ihn zu Boden. Er schlug hart vor einem Buchsbaumstrauch auf. Während er nach Luft rang, warfen sie sich zu zweit auf ihn und prügelten auf ihn ein. Sie schlugen und traten ihn mit einer zähen, mechanischen Wut, bis von ihm nur noch ein Wimmern kam.

»Hört auf«, rief der dritte Vermummte, der zugeschaut hatte, ohne ins Geschehen einzugreifen. Er war kleiner und schlanker als die beiden anderen. »Lasst mir auch noch was übrig. Ich will dem Arsch eine Lektion erteilen, die er nie wieder vergisst.«

Die beiden Schläger ließen von ihm ab, und der Dritte trat heran. Er lag zusammengekrümmt und halb besinnungslos da, als der ihn mit seinem Fuß auf den Rücken drehte. Das feuchte Unkraut ringsherum war niedergetreten und rot vom Blut.

»Zieht ihn aus«, kommandierte der Kleinere mit einer merkwürdig hohen Stimme, und die beiden anderen folgten dem Befehl, bis er nackt vor ihnen lag. Der Anführer bückte sich und zog mit der Rechten ein Messer aus seinem Stiefelschaft. Dabei sah er eine leere Bierflasche auf dem Boden im Mondlicht blitzen und hob sie auf. An der Hauswand schlug er die untere Hälfte so ab, dass er nur noch den Flaschenhals mit einem Ring scharf gezackter Scherben in der Linken hielt. Mit beiden Waffen kniete er an der Seite seines Opfers nieder.

»Nein«, flehte er heiser.

»Du hättest unser Land eben rechtzeitig wieder verlassen müssen. Jetzt ist es zu spät«, sagte der Vermummte mit gespieltem Bedauern. »Du hast es dir selbst zuzuschreiben.«

Damit hob er die Arme und ließ Messer und Scherben dicht über dem entblößten Körper ganz langsam kreisen. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht stieß der Maskierte ruckartig zu. Rasender Schmerz durchzuckte seinen geschundenen Körper. Dann versank alles in Dunkelheit.

Dies irae, dies illa

Tag der Rache, Tag der Sünden

2. Kapitel: Sonntag, 21. April

Regen prasselte auf das kreisrunde Oberlicht der Bibliothek. Er schwoll weder an, noch schwächte er sich ab; seit Stunden fiel er in einem gleichmäßigen Andante und bildete die Begleitmusik eines verregneten Sonntags. Frank Beaufort saß in seinem Ohrensessel, die Beine auf einem gepolsterten Schemel ausgestreckt. Kopf und Oberkörper waren hinter dem Politikteil der ZEIT vollständig verborgen. Nur die schlanken Finger, die die Wochenzeitung hielten, schauten dahinter hervor. Weil die CD des Esbjörn Svensson Trios verklungen war und er gerade einen langen Artikel über Nicolas Sarkozys Kampf gegen die Front National fertiggelesen hatte, nahm er das Geräusch des Regens wieder wahr. Leise raschelnd faltete Beaufort den Zeitungsteil zusammen und ließ ihn zu den anderen auf den Boden gleiten. Mit stiller Andacht schaute er zu Anne Kamlin hinüber, die keine drei Meter von ihm entfernt auf der Couch lag und in die Brigitte vertieft war. Auf ihrer Stirn zeigten sich Fältchen der Konzentration, die langen dunklen Haare flossen in Kaskaden über das Kissen. Ihre Schönheit berührte ihn jedes Mal aufs Neue. Als er sie lange genug angesehen hatte, ohne dass Anne davon Notiz nahm, erhob er sich, tat ein paar Schritte zu ihr hin und setzte sich ans Fußende. Er streichelte ihre Beine, sie ließ die Zeitschrift sinken und lächelte ihn an.

»Du hast ja ganz kalte Füße. Soll ich dich zudecken?«

»Ja, bitte. Kein Wunder, dass ich friere, bei dem Mistwetter.«

Beaufort angelte die irische Wolldecke aus dem Korb neben dem Sofa und breitete sie über Anne.

»Danke. Du bist ein Schatz«, sagte Anne zärtlich.

»Der perfekte Mann erfragt eben jeden Wunsch der Frau und erfüllt ihn dann«, erwiderte Beaufort mit einer Mischung aus Ironie und Selbstbewusstsein.

»Ich würde sagen: Der perfekte Mann erfüllt jeden Wunsch der Frau, ohne groß zu fragen. Eben weil er spürt, was sie gerade will«, gab Anne zurück. Sie neckten sich gern mit Repliken dieser Art.

Beaufort dachte kurz nach.

»Nein. Der wirklich perfekte Mann erfüllt der Frau jeden Wunsch, selbst solche, von denen sie noch gar nicht weiß, dass sie sie hat.«

»So, und was wäre mein geheimer Wunsch?«

»Du möchtest, dass ich mich auf dich lege, um dich zu wärmen.«

Damit glitt er auf die Journalistin, und die beiden schmus­ten und schnäbelten, bis es ihnen auf der schmalen Couch zu unbequem wurde. Beaufort stand auf und ging hinüber zur Fensterfront, während Anne ihre Lektüre wieder aufnahm. Unter ihm platschten die Regentropfen in die träge dahinfließende Pegnitz und zerrissen die Wasseroberfläche tausendfach mit Einschusslöchern, die sich gleich wieder schlossen. Die Kaiserburg war im Dunst der tiefhängenden Wolken kaum noch zu erkennen. Der Nachmittag war so dämmerig, dass etliche Fenster in der Altstadt erleuchtet waren.

»So ein trüber Tag. Es gießt wirklich in einer Tour.«

»Ausgerechnet am Sonntag. Sollen wir nicht trotzdem spazieren gehen? Ich könnte ein bisschen frische Luft vertragen«, kam es hinter der Zeitschrift hervor.

»Ist nicht dein Ernst, oder? Bei dem Wetter jagt man doch keinen Hund vor die Tür.«

»Ein wenig Bewegung könnte dir nicht schaden. Du hast über den Winter ganz schön zugelegt.«

Beaufort betastete heimlich seinen Hüftspeck und zog eine Schnute. Das war ein Thema, das er lieber vermied. Er liebte Süßigkeiten, und vielleicht hatte er es diesen Winter mit Elisenlebkuchen, Schokolade und Plätzchen wirklich etwas übertrieben. Aber gerade jetzt sehnte er sich nach einem Stück Kuchen und einer Tasse Cappuccino.

»Was liest du da eigentlich so Faszinierendes in deiner Frauenfachzeitschrift?«, versuchte er abzulenken. »Etwas über die aktuelle Sommermode, oder gibt es neue Pilates-Übungen für einen strafferen Po?« Den ironischen Seitenhieb auf die leckersten Rezepte, um an Pfingsten die Familie zu verwöhnen, verkniff er sich. Das Thema Essen wollte er ja gerade umgehen.

»Idiot«, brummelte sie, »du weißt genau, dass ich jeden Tag mehrere Zeitungen lese, da wirst du mir doch noch ab und zu die gönnen.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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