Rhythm of Love - Jasmin Berger - E-Book

Rhythm of Love E-Book

Jasmin Berger

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Beschreibung

Es geht um Elouan und Céleste. Während sie, vor Lebensfreude geradezu strahlt, ist er die zu Fleisch geworden Definition des Wortes grumpy. Elouan will einfach seine Ruhe und so wenig Kontakt mit seinen Mitmenschen haben wie möglich, doch dann, wird Céleste ihm von seiner Klassenlehrerin in einer Projektarbeit, in der es darum geht einen gemeinsamen Song zu erarbeiten, förmlich aufs Auge gedrückt. Die beiden sollen zusammen arbeiten. Elouan versucht Céleste so gut es geht auf Abstand zu halten und macht ihr mehr als deutlich, dass er nichts mit ihr zu tun haben, will. Doch dieses Mädchen ist hartnäckiger als er dachte und droht die Schutzmauern, die er sich in den letzten Jahren durch diverse schwere Schicksalsschläge aufgebaut hat, einfach einzureißen.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Triggerwarnung

Lieber Leser, Liebe Leserin, in diesem Buch werden Themen, wie:

- Tot eines Angehörigen

- Wachkoma

- Selbstzerstörerische Verhaltensweisen

- Panikattacken und Angstzustände

- Sexuelle Interaktionen

- Versorgung von Wunden

Thematisiert. Pass auf dich auf.

Playlist Celeste

One Republic - Sunshine

Harry Styles - as it was

Glass Animals - Heat waves

Meghan Trainor - Title

Alessia Cara - Scars to your Beautiful

Sia - Unstoppable

Rachel Platten - Fight Song

Panic at the Disco - High Hopes

Rosa Linn - Snap

Banners - Someone to you

Phil Wickham - it's always been you

Katy Perry - Firework

Playlist Elouan

David Kushner - Daylight

Alec Benjamin - Let me down slowly

Alec Benjamin - Devil doesn't Bargain

Medium Build - in my Room

SYML - where's my Love

Tom Odell - Heal

Kenya Grace - Strangers

Victor Ray - Hollow

Camilyo - Hurting me, Hurting you

Alexander Stewart - if you only knew

Jake Banfield - Take this Pain

Logan Michael - Leave me alone

Inhaltsverzeichnis

Cover

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Epilog

Nachwort

Rhythm of Love

Cover

Kapitel 1

Nachwort

Rhythm of Love

Cover

1

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Kapitel 1

Celésté

Ich stehe vor dem Spiegel in meinem Zimmer und betrachte mein Spiegelbild. Ich habe meine langen, flachsblonden Haare schwarz gefärbt und weiß, dass ich eine mutige Entscheidung getroffen habe. Der Kontrast zwischen den dunklen Haaren und meiner blassen Haut verleiht mir ein fast märchenhaftes, mysteriöses Aussehen. Ich fühle mich innerlich genauso verändert wie äußerlich. Die neue Haarfarbe strahlt Mut und Entschlossenheit aus.

Yvette, meine beste Freundin, sitzt auf dem Bett und beobachtet mich skeptisch.

"Bist du wirklich sicher, dass du das willst?"

Ich drehe mich zu Yvette um und lächle leicht. "Ja, ich bin mir sicher. Es ist an der Zeit, etwas völlig Neues auszuprobieren. Außerdem habe ich sie jetzt schon gefärbt, also kein Platz mehr für Zweifel."

Yvette zuckt mit den Schultern und lächelt.

"Nun, es steht dir auf jeden Fall gut. Du siehst aus wie eine mysteriöse Rockstar-Göttin."

Ich lache und drehe mich wieder zum Spiegel. "Das war auch genau die Absicht. Was denkst du, werden die anderen sagen?"

"Céleste! Hör auf, dir immer so viele Gedanken darüber zu machen, was andere denken könnten. Du siehst fantastisch aus."

"Danke", sage ich kleinlaut. "Ich weiß auch nicht … ich will einfach nicht, dass jemand etwas Schlechtes denkt." "Werden sie nicht. Jeder liebt dich. Du bist ein Sonnenschein, auch wenn die Haare eher nach Goth Queen aussehen."

"Witzig", antworte ich trocken und werfe ein Kissen nach ihr.

"Hey! Ist das der Dank fürs Mut zusprechen?!"

"Deine Art, jemand anderem Mut zuzusprechen, ist manchmal sehr fragwürdig,

Yvette", lache ich, und prompt fliegt das Kissen, welches ich eben zu ihr geworfen habe, in mein Gesicht.

Gelöst lachen wir auf, bevor Yvette mich ins Bad scheucht. Wir müssen uns wirklich beeilen, denn in einer Stunde müssen wir im Unterrichtsraum sitzen. Es wäre wirklich unvorteilhaft, direkt am ersten Tag nach den Ferien im letzten Jahr zu spät zu kommen. Außerdem würde das meinen Rekord kaputt machen. Ich bin nämlich noch nie, auch nur eine Minute zu spät zum Unterricht gekommen. Auch wenn meine Freunde es oft belächeln, bin ich ziemlich stolz darauf.

"Céleste!", ruft meine beste Freundin, und ich schlüpfe schnell in mein graues Oberteil und die blaue, enganliegende Skinny Jeans.

Meine Haare fallen mir wie ein schwarzer, seidiger Umhang über die Schultern und enden kurz unterhalb meiner Brüste.

"Bin ja fertig", erwidere ich und springe aus dem Badezimmer.

Gemeinsam laufen wir Richtung Bahnhaltestelle, die uns zur Schule bringen wird. Als die Bahn hält, steigen wir ein und lassen uns gemeinsam auf zwei der wenigen freien Plätze sinken. Die Luft ist stickig und mich überkommt der starke Wunsch, einfach direkt wieder auszusteigen. "Was denkst du, wie Mrs. Martin wohl sein wird?", will Yvette wissen, doch ich zucke nur mit den Schultern.

Mrs. Martin wird dieses letzte Jahr unsere Klassenlehrerin sein. Das einzige, was wir von ihr wissen, ist, dass sie Leute sehr gerne aus ihrer Komfortzone herausholt.

Nachdem die Bahn hält, springen wir raus und laufen Hand in Hand in das Gebäude und steuern auf unseren Klassenraum zu. Kaum betreten wir den großen, hellen Musikraum, schlägt mein Herz schneller. Ich liebe die Energie, die diesen Raum umgibt. Alles in diesem Zimmer ist in hellen Farben gehalten. Die

Vorhänge sind in einem strahlenden Gelb, der Boden aus hellem Laminat, genauso wie die Tische und Stühle. An den Wänden hängen Instrumente, als einziger wirkt der große schwarze Flügel ein bisschen fehl am Platz. Doch er ist wunderschön und schon über sechzig Jahre alt.

"Wow, sieht toll aus, Cél!", ruft Péte, und die meisten im Raum schließen sich seiner Meinung an.

Dankbar nicke ich und lasse mich auf meinen Platz nieder.

Wir hatten Glück, keine fünf Minuten später kündigt der Gong den Beginn dieser Stunde an und die Tür geht auf. Mrs. Martin ist eine sympathisch aussehende

Frau mittleren Alters, und ich mag sie sofort. Sie trägt eine edle Bluse und dazu eine weiße Jeans, die an ihren Knöcheln endet. Die blonden Haare hat sie in einer schönen Flechtfrisur zusammengefasst.

"Guten Morgen, wie ihr wahrscheinlich schon alle wisst, bin ich Mrs. Martin und für dieses letzte Jahr eure Klassenlehrerin und somit Ansprechpartnerin. Also kommen wir zur Sache: In diesem Jahr werdet ihr ein Projekt ausarbeiten. Dieses

Projekt wird 60 % eurer Endnote ausmachen, ist also sehr wichtig. Ich weiß, dass ihr sonst immer mit euren Sitznachbarn zusammengearbeitet habt. Das werden wir dieses Jahr ändern." Erschrocken hole ich Luft und sehe Yvette an, die mich genauso geschockt ansieht.

"Ich habe absolut keine Lust, mit jemand anderem zusammenzuarbeiten!", haucht sie, und ihre blauen Augen sind schock geweitet.

"Beruhigt euch!", sagt Mrs. Martin streng, und augenblicklich wird es mucksmäuschenstill im Klassenzimmer. "Ich weiß, dass ihr das vermutlich nicht so toll findet, aber es ist wichtig, dass ihr auch mal mit anderen Menschen zusammenarbeitet und neue Wege und Möglichkeiten entdeckt. Ich will, dass ihr nochmal einen anderen Blick auf die Dinge bekommt." Ein flaues Gefühl nistet sich trotz ihrer Worte in meinem Bauch ein.

"Wir werden auch gleich die Sitzordnung daran anpassen", wirft unsere neue Klassenlehrerin noch hinterher, und die Hälfte der Klasse, einschließlich Yvette und mir, schnappt empört nach Luft. "Das ist ja wohl ein schlechter Witz!", zische ich angespannt.

"Bitte steht alle auf und versammelt euch hier vorne. Ich rufe immer zwei Namen

gemeinsam auf, die sich dann wieder setzen."

Gesagt, getan.

Kurz darauf stehen wir alle vorne und beobachten Mrs. Martin argwöhnisch. Sie ruft ein paar Namen auf, doch wir sind noch nicht dabei und mit jeder Sekunde, in der keine von uns genannt wird, werden wir unruhiger.

"Péte Millém und Yvette Laurent", verkündet sie dann endlich, und ich werfe meiner besten Freundin ein strahlendes Lächeln zu. Péte ist sehr freundlich und fleißig. Das wird eine angenehme Projektarbeit für sie. Kurz drückt sie ermutigend meine Hand, bevor sie auf ihren neuen Sitzplatz verschwindet.

"Céleste Diubos und Elouan Moreau." Ich höre das Blut in meinen Ohren rauschen. Das könnte interessant werden.

Interessant und nervenaufreibend.

Ein Blick zu Yvette reicht, um zu sehen, dass sie genauso verunsichert aussieht, wie ich mich fühle. Elouan ist kein sehr umgänglicher Mensch, eher im Gegenteil. Er redet hier mit kaum jemandem, zieht sich nur zurück. Freunde oder jeden, der versucht hat, ein Freund für ihn zu sein, hat er abgeblockt. Ich gehe zu ihm, versuche meine Positivität beizubehalten, und setze mich auf den Stuhl neben seinem. Kurz betrachte ich sein Profil. Er ist wirklich hübsch. Die schwarzen Locken sehen weich aus und auch, wenn die dunkelbraunen Augen mich anstarren, als würden sie mir irgendeine unheilbare Krankheit wünschen, komme ich nicht umhin, festzustellen, wie schön sie sind. "Hey", piepse ich und lächle ihn an. Wo ist meine Stimme, wenn ich sie brauche? Doch er antwortet eh nicht, wendet sich einfach nur wieder von mir ab und blickt stur nach vorne.

Das fängt ja wunderbar an.

Wie sollen wir ein Projekt ausarbeiten, wenn er nicht

mit mir spricht? Das ist doch nahezu unmöglich!

"Jeder von euch zieht einen Zettel. Auf jedem Zettel steht ein Wort, wie zum Beispiel ‚Weihnachtslied‘. Jeder von euch zieht einen, und das, was er zieht, müssen er und sein Partner dann schreiben."

"Also schreiben wir ein Lied?", fragt Yvette euphorisch, und auch ich habe ein

breites Grinsen im Gesicht.

"Exakt, ihr arbeitet einen Song aus!" Ich werfe erneut einen vorsichtigen Blick zu Elouan, doch er sitzt nach wie vor stur da und starrt nach vorne. Hat er vielleicht einfach keine menschlichen Gefühle? Gibt es so etwas? Mrs. Martin bleibt mit dem kleinen Topf vor unserem Tisch stehen. Elouan greift in die Box, und nachdem er den kleinen Zettel auseinandergefaltet hat, wirft er ihn genervt auf den Tisch. Ich greife danach und stocke.m "Liebeslied" steht auf dem kleinen Zettel, und mein Herz gerät aus dem Takt.

Wie soll ich mit Mister Eisklotz-Elouan ein Liebeslied schreiben? Ich fühle in seiner Nähe alles, aber keine Liebe! Nochmals wage ich einen Seitenblick zu ihm, doch nach wie vor sieht er mich nicht an.

"Elouan?", frage ich vorsichtig. Er wendet mir sein Gesicht zu, der Ausdruck in seinen Augen ist so hart, dass ich kurz stocke.

"Ich … wollte nur fragen, wann wir mit dem Projekt beginnen wollen?" "Wochenende", antwortet er und wendet im selben Augenblick den Blick wieder ab. Kurze Zeit später ertönt die Klingel, und Elouan stürmt ohne ein weiteres Wort oder einen Blick in meine Richtung aus dem Raum. Yvette trifft meinen Blick. Sie sieht den zerrissenen Ausdruck und wirft mir ein aufmunterndes Lächeln zu. Nur kann auch das dieses mulmige Gefühl in meinem Bauch nicht vertreiben. Ich bin ehrlich besorgt, wie es in der nächsten Zeit weitergehen wird, aber eins steht fest: Diese Note ist wichtig, und ich werde mir von Elouan definitiv nicht meinen Abschluss versauen lassen.

Kapitel 2

Elouan

Wütend kicke ich sowohl meine Schuhe als auch meinen Rucksack in die Ecke unserer Wohnungstür. Schwer atmend stütze ich meine Arme auf den Knien ab und verfluche Gott und die Welt. Céleste? Echt jetzt? Was habe ich verbrochen, um solch schlechtes Karma zu verdienen, dass ich ausgerechnet mit Little Miss Sunshine ein verdammtes Liebeslied schreiben muss? In der Vergangenheit konnte ich mit Mrs. Létice bei jeder Partner- oder Gruppenarbeit reden und durfte sie am Ende alleine machen, doch Mrs. Martin wollte davon absolut nichts hören. Das Letzte, was ich will, sind Leute, die mir auf den Sack gehen, und Céleste gehört definitiv zu diesen Menschen. Nicht, weil sie ein schlechter Mensch ist - nein, diese Beschreibung würde eher auf mich zutreffen -, sondern weil sie das verdammte, verfluchte Gegenteil davon ist.

Das Mädchen strahlt so viel Positivität aus, dass es ein eigenes Sonnensystem leiten könnte. Nur so nebenbei: Ich wäre da eher das schwarze Loch, das alles verschlingt. „Alles okay bei dir, Elouan?“, vernehme ich Estelles Stimme hinter mir und richte mich schnell auf.

Meine kleine Schwester, wenn man es noch so nennen kann, denn sie ist nur ein Jahr jünger als ich und mittlerweile mit ihren 16 Jahren alles andere als ein kleines Mädchen, steht vor mir und sieht mich mit vor der Brust verschränkten Armen und gerunzelter Stirn an.

„Nein“, presse ich unter zusammengebissenen Zähnen hervor. Augenblicklich dreht sie sich um und steuert ohne zu fragen auf mein Zimmer zu.

So ist es immer, wenn es einem von uns beiden nicht gut geht: Wir treffen uns entweder in ihrem oder in meinem Zimmer und reden darüber. Wir haben nur uns, was unsere Verbindung praktisch undurchdringbar macht.

„Also, was versetzt meinen lieben Bruder derart in Aufruhr?“, fragt sie, nachdem sie sich auf meinem Bett niedergelassen hat.

Ich schiebe den Stuhl von meinem Schreibtisch vor das Bett und setze mich darauf.

„Wir haben eine Gruppenarbeit oder, genauer gesagt, eine Partnerarbeit aufgedrückt bekommen. Ich muss gemeinsam mit einem Mädchen aus meiner Klasse ein Lied schreiben!“, sage ich verzweifelt, doch Estelle sieht mich nur verständnislos an.

„Aber was ist daran schlimm?“ „Ist das dein Ernst?“, frage ich ungläubig.

„Ich habe wirklich absolut gar kein Interesse daran, mich mit ihr hinzusetzen und ein verdammtes Liebeslied zu schreiben!“

Wenn ich es laut ausspreche, dazu noch mit einer Wut und Ablehnung in der Stimme, als hätte mich jemand beauftragt, Leichen vom Friedhof auszugraben, höre ich selbst, wie lächerlich es klingt. Doch Estelle legt mir beruhigend eine Hand auf den Arm. „Elouan, ich weiß, dass es schwer für dich ist, mit anderen Personen in Kontakt zu treten, aber seit Jahren bin ich deine einzige Freundin und Vertraute, und ich bin deine Schwester. Meinst du nicht, es ist an der Zeit, mal jemand anderen an dich heranzulassen? Ich denke, das würde dir guttun.“ „Und dann?“, erwidere ich patzig.

„Reite ich dann zusammen mit Céleste gemeinsam auf einem weißen Pferd in den Sonnenuntergang und ziehe vielleicht noch ein Ritterkostüm an, um das Bild perfekt abzurunden?“ Ein Lächeln zupft an ihren Mundwinkeln, und ich spiele kurz mit dem Gedanken, sie einfach hochkant aus meinem Zimmer zu werfen.

„Nein, das meinte ich nicht. Ich dachte eher an so etwas wie: Ihr freundet euch an und unternehmt vielleicht nach der Schule etwas, das außerhalb dieser vier Wände stattfindet.“

„Nein, danke. Kein Interesse. Vor allem nicht mit ihr.“

„Was ist denn so schlimm an ihr?“ „Nichts!“, schreie ich hilflos und werfe die Arme in die Luft.

„Wenn es eine bildliche Definition von Perfektion gäbe, wäre daneben ein Passbild von ihr! Das ist es ja! Welcher Mensch soll so viel Nettigkeit und Positivität denn aushalten?“

„Klingt gar nicht so schlecht. Vielleicht färbt ja mal etwas davon auf dich ab, großer Bruder“, erwidert sie frech und grinst mich an.

„Nein, wirklich, Estelle. Komm, geh raus.“

„Du wirfst mich aus deinem Zimmer? Du bist wirklich mächtig angefressen, hm?“ „Mehr als das, und ich verspreche dir, sollte auch nur ansatzweise etwas von Céleste-Sunshine-Duibos auf mich abfärben, klettere ich den Kirchturm hoch und springe runter. Mit dem Kopf zuerst.“

„Du bist unmöglich!“, lacht sie und steht auf.

„Schön, dass mein Leid dir Freude bereitet.“

„Dein Leid? Ich bitte dich, Elouan. Du verhältst dich wie eine Diva. Das ist lustig.“

Bevor sie noch irgendetwas Bescheuertes vor sich hinfaseln kann, schiebe ich sie aus der Tür und schließe die Tür. Frustriert werfe ich mich auf mein Bett und vergrabe den Kopf in meinem Kopfkissen. Ich brauche definitiv einen Schlachtplan, um die nächsten vier Wochen zu überleben. Ich weiß nicht, ob es am besten wäre, gleich am Anfang viel Zeit mit ihr zu verbringen, um es so schnell wie möglich hinter mich zu bringen, oder ob das genaue Gegenteil der Fall ist. Vielleicht sollte ich die Kirchturm-Aktion doch näher in Betracht ziehen?

Resigniert atme ich aus. Ich spüre mein Handy, das sich noch in meiner hinteren Hosentasche befindet, vibrieren, und ziehe es heraus. Eine Nachricht von Dad. Er will wissen, wie es Mom und uns geht. Mit einem lauten Knall schleudere ich mein Handy in die hintere Ecke des Zimmers. Wenn es etwas gibt, das ich noch mehr verabscheue als Leute, denen gefühlt Sonne und Mond gleichzeitig aus dem Arsch scheinen, sind es Leute, die vorgeben, Interesse zu haben. Mein Vater gehört zu diesen Leuten und verbindet sogar beides ganz hervorragend miteinander.

Ein Blick auf den Wecker zeigt mir, dass es Zeit ist, zu Mom hochzugehen. Mit letzter Willenskraft stemme ich mich aus dem Bett hoch und mache mich auf den Weg in die oberste Etage.

Kapitel 3

Celéste

Unsicher blicke ich auf Elouans Instagram-Profil. Er hat 10 Follower, folgt jedoch niemandem zurück. Sogar in den sozialen Netzwerken scheint er unerreichbar. Seit 10 Minuten starre ich auf mein Handy und überlege, ob ich ihn wegen der Uhrzeit für Samstag fragen soll. Oder soll ich es lieber heute in der Schule tun? Außerdem brauche ich noch seine Adresse! Frustriert raufe ich mir die Haare und lasse mein Handy aufs Kopfkissen fallen. Warum ist das nur so schwer?

„Ähm … was hat dein Handy angestellt?“, fragt Yvette, die in meinem Türrahmen steht und mich erwartungsvoll ansieht. Es ist gleich Zeit, aufzubrechen, also stehe ich auf. „Nichts Besonderes“, antworte ich, während ich ein blaues dünnes Strickkleid und eine Strumpfhose aus dem Schrank nehme.

Meine Haare lasse ich offen – für aufwendige Frisuren bleibt jetzt keine Zeit mehr.

„Aber es sah doch irgendwie besonders aus“, widerspricht meine beste Freundin, während ich an ihr vorbeigehe, um in meine schwarzen Turnschuhe zu schlüpfen. Zum Schluss nehme ich meine Tasche und wir gehen los.

„Die Sache mit Elouan macht mich irgendwie nervös. Ich traue mich nicht einmal, ihm auf Instagram eine Nachricht zu schicken“, gestehe ich, und sie nickt verständnisvoll.

„Das große Los hast du wahrscheinlich nicht gezogen, aber warum hast du Angst? Ich glaube nicht, dass er dir etwas antun würde.“

„Nein, das meinte ich gar nicht!“, beeile ich mich zu sagen.

„Sondern?“, fragt sie.

„Ich habe eher Angst davor, abgelehnt zu werden, obwohl ich mir die größte Mühe gebe.“