Rieslingkönig - Günter Werner - E-Book
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Rieslingkönig E-Book

Günter Werner

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Beschreibung

Im Wein liegt die Wahrheit – und die kann durchaus tödlich sein: Der Pfalz-Krimi „Rieslingkönig“ von Günter Werner jetzt als eBook bei dotbooks. Blauer Himmel, herrliche Natur und Wein, so weit das Auge reicht: Henri König, Kriminalkommissar in Landau und Riesling-Trinker aus tiefster Überzeugung, liebt seine Region. Doch dann wird das pfälzische Idyll durch einen Mordfall gestört – und das Opfer ist noch dazu ein bekannter Winzer! König stürzt sich mit Feuereifer in die Ermittlungen, die ihn in Weinkeller führen, in denen nicht nur edle Tropfen lagern, sondern auch manches dunkle Geheimnis verborgen zu sein scheint … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Rieslingkönig“ von Günter Werner. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 262

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Über dieses Buch:

Blauer Himmel, herrliche Natur und Wein, so weit das Auge reicht: Henri König, Kriminalkommissar in Landau und Riesling-Trinker aus tiefster Überzeugung, liebt seine Region. Doch dann wird das pfälzische Idyll durch einen Mordfall gestört – und das Opfer ist noch dazu ein bekannter Winzer! König stürzt sich mit Feuereifer in die Ermittlungen, die ihn in Weinkeller führen, in denen nicht nur edle Tropfen lagern, sondern auch manches dunkle Geheimnis verborgen zu sein scheint …

Über den Autor:

Günter Werner, Autor und freier Journalist, begann seine Karriere beim »Pfälzer Tagesblatt«, bevor er 32 Jahre als Redakteur in Neustadt und Landau bei der bekannten Tageszeitung »Rheinpfalz« tätig war. In seine Pfalz-Krimis rund um Kommissar König fließen sowohl seine journalistischen Erfahrungen als auch seine Liebe zur pfälzischen Heimat ein.

Günter Werner veröffentlichte bei dotbooks bereits Die Tote aus der Metzgergasse.

***

eBook-Lizenzausgabe Januar 2018

Copyright © der Originalausgabe 2015 Verlag Markus Knecht, Landau

Copyright © der eBook-Lizenzausgabe 2017 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Jan Martin Will (Baum), Photorelease Stuttgart (Weinberg)

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (aks)

ISBN 978-3-95824-995-0

***

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Günter Werner

Rieslingkönig

Kriminalroman

dotbooks.

»Kriminalgeschichten muss man lesen, um zu erkennen, was – in moralischer Hinsicht – der Mensch eigentlich ist.«

(Arthur Schopenhauer)

Kapitel 1

»Auf geht’s, Leute!« Der laufbegeisterte Allgemeinmediziner, der auch Sportarzt ist, fordert die kleine Jogger-Gruppe auf, sich zum gemeinsamen Warmmachen zu versammeln. Die einen ziehen noch schnell ihre Laufschuhe aus dem Kofferraum, andere füllen ihre Getränkeflaschen am eigens für Läufer installierten Wasserhahn.

Joe ruft seiner Begleiterin Anita zu: »Lass das Handy doch im Auto, wir brauchen es unterwegs nicht.« Wenn wirklich einer schlapp macht oder Kreislaufprobleme bekommt, ist der Arzt dabei. Das ist für manchen noch unerfahrenen Teilnehmer eine Beruhigung.

An der die Zufahrt zu den Wegen im Offenbacher Wald sperrenden Barriere werden ein paar Minuten Übungen zum Aufwärmen gemacht. Gruppenleiter Sigi klatscht in die Hände und die an diesem Spätnachmittag gekommenen sechs Läuferinnen und Läufer fangen an zu traben. »Vergesst nicht, dass wir zum Vergnügen laufen und keine Rekorde aufstellen wollen«, mahnt der Boss. »Seid nicht zu verbissen, redet miteinander und lacht auch einmal, selbst wenn’s schwerfällt und der Schweiß in Strömen rinnt.«

Heute gehen die Jogger auf die große Schleife. Knapp zehn Kilometer liegen vor ihnen. In einer Stunde wollen sie wieder am Ausgangspunkt sein. Sigi gibt das Tempo vor, es ist nicht allzu schnell. Andere Läufer überholen, man sieht auf den ersten Blick, dass sie halbe Profis sind, wahrscheinlich so stark, dass sie bei Volksläufen vorne mitmischen.

Conny, der eigentlich Konrad heißt, aber diesen altmodischen Namen nicht mag, schert bereits nach einem halben Kilometer aus. »Ich schlage mich schnell mal in die Büsche, bin gleich wieder da. Lauft nur weiter, aber drosselt etwas das Tempo, bis ich zurück bin«, lässt er halblaut vernehmen und schon ist er weg.

Links von der Laufstrecke im Wald ist eine Lichtung. Nicht sehr groß und kein bisschen attraktiv. Es ist zwar alles grün, aber Blüten sieht man nicht, obwohl es eigentlich die Zeit der blühenden Blumen ist. Ein paar Äste liegen herum und einige wenige Baumstämme. Aber darauf setzen sich auch an lauen Abenden kaum Liebespaare. Da gibt es lauschigere Plätzchen.

Kaum hat Conny ein paar Schritte hinein in das die Lichtung umsäumende Dickicht gemacht, um unbeobachtet von Blicken anderer Jogger seinem dringenden Bedürfnis nachzugehen, schreckt er auf. Vor ihm auf dem Boden liegt ein Mensch, mit ein paar Zweigen bedeckt, aber erkennbar völlig angezogen. Ob er verletzt oder gar tot ist, will Conny in diesem Augenblick nicht feststellen. Schließlich gehört zur Gruppe ja ein Arzt.

Eilig verlässt er den Schauplatz des Schreckens, rennt seinen Läuferkameraden hinterher und ruft mit lauter Stimme, kaum dass er sie wieder vor sich sieht: »Bitte anhalten! Nicht weiterlaufen! Es ist etwas passiert!« Conny ist ganz atemlos, aber nicht vom Rufen mit sich fast überschlagender Stimme, sondern weil er so schnell gerannt ist.

Sigi und die anderen haben den Ruf vernommen. Sie drehen um und kommen auf Conny zu: »Was ist denn los? Sprich!« Der Mittdreißiger mit den dunklen Haaren und dem Schnurrbart sagt: »Ich glaube, da liegt ein Toter. Natürlich habe ich nichts angerührt. Lasst uns gemeinsam nachsehen. Sigi, jetzt bist du gefragt.«

Der Arzt braucht nur ganz kurz auf den am Boden liegenden Mann zu schauen, um zu erkennen: Er ist tot. »Da ist nichts mehr zu machen«, stellt er nüchtern fest. Wiederbelebungsversuche wären absolut nutzlos. Am Kopf hat der Unbekannte eine große Wunde. Das Blut ist getrocknet.

»Das Gesicht kenne ich, ich habe es wahrscheinlich in der Zeitung gesehen«, erinnert sich Conny. »Vielleicht ist mir der Mann auch einmal in meiner Stammkneipe Zum Schoppen aufgefallen. Genau weiß ich es nicht. Wenn er dort öfter verkehrt ist, müsste der Wirt ihn kennen.«

»Wir müssen jetzt ganz rasch die Polizei verständigen«, sagt Sigi zu seinen Laukollegen. »Hat jemand ein Handy einstecken?« Alle verneinen, die Telefone liegen in den Autos auf dem Parkplatz am Waldrand. Der Arzt rechnet im Kopf kurz nach, ob es sinnvoller wäre, im Sauseschritt zu seinem Fahrzeug zu rennen oder lieber zu dem nur wenige hundert Meter entfernten Unterstand zu eilen, wo sich täglich ein paar Rentner mit ihren Fahrrädern treffen, um den Läufern zuzusehen, den mitgebrachten Kaffee zu trinken und nach einem Handy zu fragen.

»Ich laufe selbst zu den Rentnern und rufe die Polizei an. Vor allem werde ich den Beamten sagen, dass sie keinen Notarzt zu schicken brauchen, weil der auch nicht mehr helfen kann«, betont Sigi. Er wendet sich an seine Gruppe: »Ihr bleibt hier und passt auf, dass sich niemand der Leiche nähert. Und haltet bitte weiten Abstand, um keine Spuren zu verwischen. Niemand fasst den Toten an und sucht vielleicht nach Papieren in seiner Jacke. Ich gehe davon aus, dass der Täter sie ohnehin an sich genommen hat. Ich bin in ein paar Minuten wieder zurück.«

Da Sigi ein geübter Läufer ist, kommt er rasch am Unterstand an. Auf seine Bitte hin wird ihm ein Handy gereicht. »Was ist denn passiert?«, fragt ein älterer Graukopf. »Wahrscheinlich ein Verbrechen«, bekommt er zur Antwort.

Die Verbindung zur Polizei in Landau ist in wenigen Sekunden hergestellt. »Hier ist Doktor Siegfried Daniel. Ein Mitglied meiner Laufgruppe hat im Offenbacher Wald eine Leiche entdeckt – es ist ein Mann, etwa 60 Jahre alt, voll bekleidet. Nach meinem ersten Augenschein ist er erschlagen worden. Ob auch Stichverletzungen vorhanden sind, kann ich nicht sagen. Denn ich habe aus wohlerwogenen Gründen keine nähere Untersuchung vorgenommen.«

»Und noch etwas: Die Schranke am Parkplatz zum Waldweg ist heute nicht verschlossen, die Durchfahrt problemlos möglich. Sie finden uns 500 Meter weiter.« »Wir kommen sofort«, betont der Polizist in der Polizeidirektion und legt auf.

Kaum ist Sigi wieder bei seiner Gruppe, ist von Ferne schon das Martinshorn zu hören. Kurz danach treffen zwei Polizeifahrzeuge ein. Der Fundort wird abgesperrt. Die Läufer hinterlassen ihre Adressen und machen sich trabend auf zu ihren parkenden Autos. »Das war heute ein kurzes Training«, murrt Beate. Sie wäre lieber länger gejoggt, denn in einigen Wochen will sie ihren ersten Marathon laufen. Und da ist ihr jeder Kilometer mehr wichtig.

»Ich bin gespannt, was hinter dieser Geschichte steckt«, bemerkt Horst. »Wer ist der Tote? Warum wurde er getötet? Und vor allem: Wer hat ihn erschlagen? Die Polizei wird es schon herausfinden.« Hans, von Beruf kaufmänischer Angestellter, ist nebenbei freier Mitarbeiter der Zeitung. Er denkt sich: Ich werde sofort die Redaktion anrufen. Zu seinen Kameraden sagt er: »Aus der Rheinpfalz werden wir ganz sicher alle Einzelheiten erfahren.«

Kapitel 2

In der Kriminalinspektion in Landau hat Kommissar Henri König seine Mitarbeiter um sich geschart. Besprochen wird, was in den nächsten Tagen alles anliegt und was noch der Erledigung harrt. Das Telefon klingelt und der »Rieslingkönig«, wie der von der Mosel stammende und in der Südpfalz sesshaft gewordene Kriminalist von seinen Kollegen gerne genannt wird, hebt ab und hört mit erkennbar starrer Miene zu, was ihm gerade mitgeteilt wird: »Ein Unbekannter wurde erschlagen. Mehr ist derzeit nicht bekannt.«

»Leute, auf uns wartet nicht sehr erfreuliche Arbeit«, informiert König seine Runde. Er weiß aus langjähriger beruflicher Erfahrung, dass ein Gewaltverbrechen hohen Einsatz von allen fordert. »Alle Einzelheiten erfahren wir nachher, wenn die Kollegen von der Fundstelle der Leiche zurück sind. Niemand geht aus dem Haus, bis wir mehr wissen und festgelegt ist, wer sich um was kümmert.«

»Noch eins will ich euch sagen«, blickt der Kommissar auf seine Leute und zitiert Aristoteles: »›Freude an der Arbeit lässt das Werk trefflicher geraten.‹ Das solltet ihr euch merken, und das gilt nicht nur für diesen Fall, der uns unverhofft beschäftigen wird.«

Henri König ist ein Kerl wie ein Bär, groß und stark. Sein Kreuz ist breit, seine Arme sind muskelbepackt. Er hat ein freundliches Gesicht, ist witzig und geistreich, neigt zur Ironie und hat damit schon manche Irritation ausgelöst. Von seinen Lippen kommt in fast jeder Lebenslage ein flotter Spruch.

Eigentlich wollte er Schriftsteller werden und hat auch ein paar Semester Literaturwissenschaft studiert. Von daher kommt sein profundes literarisches Wissen. Da er über ein phänomenales Gedächtnis verfügt, kann er sich viele Zitate merken, die er einmal gehört oder gelesen hat. Es bereitet ihm Vergnügen, sein Wissen bei vielen Gelegenheiten abzurufen und seine Umgebung damit in Erstaunen zu setzen.

Irgendwann merkte er, dass er auf dem falschen Weg war und entschloss sich vom einen auf den anderen Tag, das Studium sausen zu lassen. Es hatte sich bei ihm die Erkenntnis durchgesetzt, dass man mit dem Schreiben von Büchern nur schwer seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Da sein Vater schon bei der Polizei war, entschied er sich ebenfalls, diese Laufbahn einzuschlagen.

August Wilhelm von Schlegel hatte ihm mit seiner Feststellung »Die Schriftstellerei ist, je nachdem wie man sie treibt, eine Infamie, eine Ausschweifung, eine Tagelöhnerei« seinen Rückzieher erleichtert. Der zweite Teil dieses Zitats hatte ihn nicht wankend gemacht, nämlich dass Schriftstellerei auch »ein Handwerk, eine Kunst, eine Wissenschaft und eine Tugend ist«.

Groß geworden an der Mosel, stets die Weinberge mit ihren Steilhängen im Blick, im Weingut eines Onkels regelmäßig mit einem guten Tropfen konfrontiert, wurde Henri König schon in jungen Jahren ein Freund eines guten Weins. Dank Fleiß und Können kletterte er im Be­ruf rasch auf der Stufenleiter des Erfolgs nach oben. Und landete in Landau, wo er sich von der ersten Stunde an wohlfühlte.

Dass er den Spitznamen »Rieslingkönig« bekommen hat, auf den er sogar ein wenig stolz ist, hängt ausschließlich mit seiner Vorliebe für diese Rebsorte zusammen. Er weiß fast alles über den Riesling und gibt am Stammtisch oft ungefragt sein Wissen zum Besten. Der Riesling, so doziert er wie ein Lehrer an der Weinbauschule, sei unter allen Rebsorten die wertvollste Sorte, aus dem Saft der Trauben würden die edelsten Weine überhaupt hergestellt. Er schätzt an diesem Weißwein die feine Fruchtsäure und das dezente Pfirsicharoma, das fruchtige Bukett und die prägnante Säure.

»Lade uns doch einmal zu einer Weinprobe ein«, fordern seine Weinbrüder den Kommissar auf, wenn er mal wieder ins Schwärmen kommt, die vielfältigen Aromen in der Jugend des Rieslings betont, vom Geschmack nach Apfel, Zitrone, Grapefruit und Aprikose spricht. Bisher ist er dieser Bitte noch nicht nachgekommen. Er belässt es bei theoretischen Erörterungen. So weiß kaum einer unter seinen Zuhörern aus eigenem Erleben, dass Riesling ab einem gewissen Alter nach Feuerstein riechen kann und altersgereifte Gewächse oft einen interessanten Petrolton aufweisen. »Da staunt ihr«, pflegt König dann zu sagen und schaut triumphierend in die Runde, als warte er auf Beifall für seine Weinkenntnisse. Meist hebt er sein Glas und stellt unwidersprochen fest: »Der Riesling ist ein Wein, der beim Abgang einfach gute Laune macht. Ist jemand anderer Meinung? Prost!«

Bei der Kriminalinspektion lieben die Mitarbeiter ihren Chef wegen seiner loyalen Art, auch wenn er beruflich viel fordert. König ist in mancherlei Hinsicht ein außergewöhnlicher Mensch. Er liest mit Vorliebe deutsche Klassiker, aber auch Biografien über interessante Menschen von einst und jetzt, und wenn er ein paar freie Tage oder Urlaub hat, nimmt er Krimis zur Hand. Einer seiner Lieblingsautoren von Kriminalromanen ist der gebürtige Schotte Martin Walker. Wie der über Bruno Courrèges berichtet, den einzigen Polizisten des Städtchens Saint-Denis im französischen Périgord, fasziniert ihn.

Wie er sich selbst sehe, hat man ihn schon mal gefragt. »Ach, was soll ich dazu sagen? Sollen doch andere mich beurteilen, sonst werde ich am Ende noch beschimpft als einer, der das Eigenlob liebt«, zieht sich König aus der Affäre. Aber wenn ihm die Fragesteller keine Ruhe lassen, bekommen sie zu hören:

»Ich bin ein bisschen wie Polizeichef Bruno aus Walkers Werken – Gourmet, Hobbykoch, Sportler und Junggeselle. Aber ich bin auch Weinfreund, Naturliebhaber, Bewunderer schöner Frauen und einem Flirt nicht abgeneigt. Im Grunde bin ich ein solider Mensch ohne Allüren, durchaus ehrgeizig, aber in einem normalen Rahmen, ich bin aufgeschlossen und gesellig. Das war’s, es sind doch genug gute Eigenschaften, meint ihr nicht auch? Deshalb lasst es jetzt gut sein.«

Leidenschaftlich gerne geht er zu Orgelkonzerten. Ja, er spielt selbst leidlich Orgel. Wenn es seine Zeit zulässt, setzt er sich mit Zustimmung des Pfarrers in der Augustinerkirche in Landau an das geliebte Instrument. Zuhörer braucht er nicht.

Als Junggeselle kocht er mit großer Leidenschaft, besonders gerne pfälzische Gerichte, deren Rezepte er in alten, nostalgischen Kochbüchern findet, zuweilen erworben auf dem Flohmarkt. Die Mitesser sind jedes Mal hellauf begeistert. »Wenn ich einmal viel Zeit habe, lade ich euch zu einem Riesling-Menü ein«, sagt König und sieht bei seinen Freunden nach dieser Aussage förmlich das Wasser im Mund zusammenlaufen.

»Was würdest du uns denn servieren?«, fragt der eine oder andere dann neugierig. Henri König ruft aus seinem Gedächtnis in Sekundenschnelle einen Speiseplan ab, als hätte er auf diesen Moment gewartet. »Als Vorspeise gäbe es eine Riesling-Käsesuppe mit Blätterteig. Als Hauptgericht kämen in Frage: Rieslingschnitzel, Kaninchen in Ries­ling, Riesling-Geschnetzeltes in Fladenbrot oder Salm in Riesling. Mit Riesling kann man auch prima Soßen machen. Rieslingtorte als Nachtisch würde das Menü abrunden. Selbstverständlich würde ich verschiedene Rieslingweine als Begleiter anbieten, passend zu jedem Gericht.«

»Es gibt übrigens ein Buch mit dem Titel Die Seele kocht am liebsten mit Riesling. Ich habe zum Glück ein Exemplar. Wer einmal einen Blick hineinwerfen will, soll es mir sagen. Im Antiquariat ist es sicher noch zu bekommen, wenn einer von euch es unbedingt besitzen möchte.«

Inzwischen hat der Kriminalkommissar alle Informationen über das Verbrechen erhalten. Informiert ist auch der zuständige Staatsanwalt Horst-Willi Langenkamp. Da er noch nicht lange im Amt ist und über relativ wenig Berufserfahrung verfügt, ist er froh, dass Henri König federführend die Ermittlungen leitet.

Langenkamp ist kein Pfälzer, er spricht hochdeutsch, versteht aber die Sprache der Einheimischen ganz gut. Nur bei manchen Begriffen muss er passen. Der »Fall Offenbach« ist sein erster großer Kriminalfall, seit er zur Staatsanwaltschaft Landau versetzt wurde. Jetzt will er bei der Aufklärung zeigen, was in ihm steckt und seinen Vorgesetzten seine Fähigkeiten beweisen.

Howi ist noch jung. Seiner Jugend schreiben es ältere Kollegen und erfahrene Polizeibeamte zu, dass er in der Weinbauregion Südpfalz unklugerweise keinen Hehl aus seinem Faible für französischen Rotwein macht und sein Desinteresse an Spätburgunder und Dornfelder deutlich erkennen lässt. Die weißen SÜW-Weine lässt er oft ganz links liegen. Aber in seiner näheren Umgebung ist man sicher, dass er noch auf den Geschmack kommt und die Tropfen sowohl von der Südlichen Weinstraße als auch von der Mittelhaardt eines nicht allzu fernen Tages schätzen wird.

Kommissar König zitiert öfter im Blick auf den Staatsanwalt leicht abgewandelt William Shakespeare: »Der (Pfalz)Wein steigt in das Gehirn, macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von feurigen und schönen Bildern.« Und fügt dann lächelnd hinzu: »Wenn die Wirkung unseres Weins Howi erstmal richtig bewusst ist, wird er ihn bestimmt nicht mehr verschmähen.«

Kapitel 3

Wenn König überlegt, wo er ansetzen soll, macht er einen kleinen Spaziergang in die Weinberge. Hier ist er mit seinen Gedanken allein, niemand stört ihn. Nur vereinzelt begegnet ihm jemand mit Hund. Er hätte auch gerne einen Schnauzer oder einen Dackel, denn er liebt Tiere. Aber wer soll sich um den Vierbeiner kümmern, wenn er tagsüber bei der Arbeit ist?

Eine Frau in seiner Wohnung in Nußdorf fehlt ihm noch. Er ist zwar schon Ende 30, aber es eilt ihm ganz und gar nicht mit einer in der Ehe mündenden Partnerschaft. Dazu liebt er viel zu sehr seine Unabhängigkeit, und wenn er abends in eine Weinstube geht, um eine Scheibe Saumagen zu essen und einen Riesling zu trinken, muss er sich nicht abmelden. Niemand fragt ihn, wohin er denn gehe und wann er zurückkehre.

Seine Freundin Ingeborg Brandner hat er in Hainfeld im Gutsausschank Koch kennengelernt. Er hat ihr den liebevoll gemeinten Spitznamen »Pfefferminzel« gegeben, weil sie Pfefferminztee mag. Sie zeigt viel Verständnis für seinen anstrengenden Beruf und für seine Hobbys Lesen, Orgel spielen, Kochen sowie im Antiquariat nach alten Büchern stöbern. Die Anfangdreißigerin hat ihr eigenes Zuhause in einer modernen Stadtwohnung in Landau, im umgebauten ehemaligen Hafermagazin neben der Sparkasse. Hier ist ihr Reich. Wenn Henri kommt, freut sie sich. Lässt er sich ein paar Tage nicht blicken und ruft nur an, bläst sie deshalb keine Trübsal. Als Sachbearbeiterin in einer großen Firma ist sie viel zu selbstbewusst, um einen sie ständig umgebenden Mann zu vermissen. Natürlich ist sie happy, wenn Henri über Nacht bei ihr bleibt oder sie am dienstfreien Wochenende zum selbst zubereiteten Essen bittet. Ab und zu geht sie auch mit in eine Weinstube. Denn sie schätzt ebenfalls einen guten trockenen Wein.

Über den Nußdorfer Weinerlebnispfad spaziert Henri König besonders gern. So auch heute. Am Kaiserbrunnen setzt er sich auf die Bank und schaut übers Rebenmeer. Die aufgestellten Skulpturen kennt er schon alle, hat sie längst ausgiebig betrachtet. Im Moment hat er Wichtigeres zu tun, als sich von der Kunst gefangen nehmen zu lassen. Ihn beschäftigt das Verbrechen im Offenbacher Wald zu sehr.

König zieht ein kleines Notizbuch aus der Innentasche seiner schwarzen Lederjacke. Er will aufschreiben, was ihm in den Sinn kommt, um den Täter bald zu finden, der dem Unbekannten möglicherweise mit einem Kantholz oder einem anderen harten Gegenstand auf den Schädel gehauen und ihn dabei getötet hat. Die in der Uniklinik Mainz stattfindende Obduktion der Leiche wird nähere Aufschlüsse geben, denkt sich der Kriminalist.

Am besten wird sein, in der Rheinpfalz einen Aufruf zu starten: Wer weiß, wer der Unbekannte ist, dieser Mann von Ende 50, mit blauen Augen, blonden Haaren, langen Koteletten, beim Auffinden bekleidet mit einem rotkarierten Farmerhemd und blauen Jeans, festen schwarzen Schuhen der Marke Seibel? Auf wen trifft diese Beschreibung zu?

Wenn die Obduktion vorbei ist, sagt sich König, könnte man das Gesicht des Mannes fotografieren, vorher allerdings die Verletzungen an der rechten Schädelseite abdecken. Eine Frau müsste doch ihren Mann vermissen, falls der Tote verheiratet war. Kinder müssten doch nach ihrem Papa fragen, wenn er denn Nachwuchs hatte. Stammtisch- oder Skatbrüder müssten doch nach ihrem Kumpel schauen, wenn er ohne Entschuldigung in ihrer Runde fehlt.

Zuerst einmal werden wir den abgesperrten Fundort der Leiche noch genauer unter die Lupe nehmen, nimmt sich König vor. Ist der Mann hier getötet worden oder hat man ihn tot auf die Lichtung im Offenbacher Wald gebracht?

Dann müsste doch jemand etwas bemerkt haben. Schließlich sind bei Wind und Wetter Jogger unterwegs, auch Radfahrer – nicht zu vergessen die Rentner, die sich stundenlang am Unterstellhäuschen die Zeit vertreiben. Ja, sie muss man zuerst einmal befragen. Ihnen entgeht doch fast nichts.

Zurück im Büro, bittet König seine Sekretärin Anne Schreiber, bei der Rheinpfalz-Redaktion eine Presseerklärung in gut einer Stunde anzukündigen. Vorher sollte kein Reporter bei ihm anrufen, denn er werde vorerst keine Auskünfte geben. Was im Moment gesagt werden könne, stehe in dem mit der Staatsanwaltschaft abgestimmten Text.

Der Kriminalkommissar gehört nicht zu den Menschen, die gerne diktieren. Er setzt sich am liebsten selbst an den Computer und formuliert seine Schriftsätze. Die Presseerklärung ist in 20 Minuten niedergeschrieben, schließlich ist sie nicht sehr umfangreich.

Unter der Überschrift »Mann erschlagen – Wer hat etwas beobachtet?« hat König festgehalten: »Am gestrigen Mittwoch wurde im Offenbacher Wald von einem Jogger die Leiche eines Mannes gefunden. Der Unbekannte dürfte etwa 58 bis 60 Jahre alt sein. Spuren am Kopf deuten auf ein Gewaltverbrechen hin. Eine Tatwaffe wurde bisher nicht gefunden, der Täter könnte mit einer Eisenstange oder einem Hartholzprügel zugeschlagen haben. Eine Obduktion der Leiche ist angeordnet. Polizei und Staatsanwaltschaft fragen: Wer hat Beobachtungen gemacht, die in einem Zusammenhang mit dem Verbrechen stehen könnten? Jede im ersten Augenblick noch so unbedeutend erscheinende Einzelheit könnte von Interesse sein. Für Hinweise, die zur Ermittlung des Täters führen, ist eine Belohnung von 3000 Euro ausgesetzt. Anrufer wenden sich an die Kriminalinspektion bei der Polizeidirektion Landau oder an jede andere Polizeidienststelle. Auch das vertrauliche Telefon der Polizei kann benutzt werden.«

Die Zeitung veröffentlicht am nächsten Tag diesen Text in etwas abgewandelter Form. Daneben steht ein Foto des Fundorts der Leiche, aufgenommen aus größerer Entfernung, weil der Fotograf daran gehindert wurde, näher heranzugehen. Von großer Aussagekraft ist das Bild nicht, aber die Leser wissen dadurch in etwa, wo die Leiche lag.

Kapitel 4

Henri König und seine beiden Kollegen Rolf Speierling und Wilfried Spohr legen gemeinsam fest, wie weiter vorgegangen wird. Sie sind alle erfahrene Kriminalisten und nicht zum ersten Mal mit der Aufklärung eines Gewaltverbrechens befasst. Speierling verständigt die Bundespolizei, ruft bei seinen Kollegen im nicht allzu weit entfernten Elsass an und bittet darum, die Augen aufzuhalten. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Tä­ter nach Frankreich flüchtete und sich für ein paar Tage unter falschem Namen in einem kleinen Hotel auf dem Lande eingemietet hat.

»Ich nehme mir die Rentner im Wald vor«, bemerkt König. Auf der kurzen Fahrt nach Offenbach kommt ihm in den Sinn, dass er irgendwann auch die Altersgrenze erreichen wird und aus dem Beruf ausscheiden muss. Ob er sich dann auch täglich aufs Fahrrad setzt und zu einem Rentnertreff im Wald radelt, weil ihm keine bessere Freizeitbeschäftigung einfällt? Nein, sagt er sich, ich werde meine Zeit sinnvoller nutzen, vielleicht Orgelstunden nehmen, um mein Spiel zu verbessern oder ein Weinbuch schreiben. Vor allem werde ich viel lesen.

Mancher Klassiker wartet zu Hause im Bücherregal noch darauf, dass der inzwischen 39 Jahre alte König mehr als einen flüchtigen Blick hineinwirft. Und vor allem einige Autobiografien hat er sich angeschafft, um mehr zu erfahren über bedeutende Persönlichkeiten wie Willy Brandt, Konrad Adenauer und Herbert Wehner. Auch Joachim Fests Buch über Hitler hat er bisher nur durchgeblättert und ein wenig quer gelesen.

Ausnahmsweise geht er mit einem Zitat von Goethe nicht einig. Der alte Geheimrat hat nämlich über das Lesen gedichtet: »Man sollte eigentlich immer nur das lesen, was man bewundert.« Und König hat in seinem Leben manches Buch und manche Biografie gelesen, ohne dass er die Person, um die es darin ging, bewundert hätte. Nein, diesen Maßstab will er für seine Lektüre nicht anlegen.

Auf dem Parkplatz im Wald angekommen, öffnet König die Schranke. Als Polizeibeamter darf er das. Sein Auto ist auch für die wenigen Leute, die ihn neugierig anstarren, als polizeiliches Dienstfahrzeug erkennbar. Unterwegs hält er kurz an der Stelle an, an der die Leiche des Unbekannten lag. Ein uniformierter Kollege hebt die Hand zum Gruß. Seine Aufgabe ist es, Unbefugte vom Betreten des abgesperrten Geländes abzuhalten. »Gibt’s was Neues?«, fragt König. »Nein«, lautet die Antwort des Polizisten. »Die Kollegen von der Spurensicherung sind schon seit einer halben Stunde an der Arbeit. Welche Erkenntnisse sie gewonnen haben, weiß ich natürlich nicht.«

König steigt aus und will sich kurz ein eigenes Bild machen. Der Polizeifotograf ist so sehr mit seiner Digitalkamera am Wirken, dass er den Kommissar zuerst gar nicht bemerkt. Drei Spezialisten kriechen geradezu über den grasbewachsenen und bemoosten Waldboden. »Hallo, Henri«, ruft einer von ihnen dem Kommissar zu.

Noch ehe der eine Frage stellen kann, wird er schon informiert: »Größere Blutspuren haben wir bis jetzt nicht finden können. Das lässt darauf schließen, dass der Getötete einige Zeit nach der Tat hierher gebracht worden sein muss. Da war das Blut an seinem Schädel schon getrocknet.«

»Noch etwas gefunden?« Henri König schaut erwartungsvoll auf seine Kollegen. »Ja«, sagt einer, »im Gras lag ein kleineres Taschenmesser, jedoch ohne Blutspuren. Die würden auch zu dem vermuteten Tathergang nicht passen. Ob das Messer dem Täter gehörte oder von jemand anderem hier verloren wurde, wäre schon interessant zu wissen. Wir lassen es beim Landeskriminalamt auf jeden Fall näher untersuchen.«

»Der alte Joggingschuh, der da hinten lag«, der Beamte weist mit dem rechten Arm auf eine Stelle an einem umgestürzten dicken Baum, »ist wohl eher von einem Läufer bewusst hier abgelegt worden, denn er war ziemlich ramponiert und eingerissen.« Ob der Besitzer wohl barfuß oder auf Strümpfen zurück zu seinem Auto gelaufen ist, überlegt König. Aber das ist in diesem Fall nebensächlich.

»Wir sehen uns später in der Inspektion.« König geht zu seinem Fahrzeug und fährt los. Das Unterstellhäuschen steht direkt neben der Strecke. Davor sitzen ein paar ältere Herren und plaudern miteinander. Ihre Fahrräder lehnen an Bäumen. Einer schenkt gerade Kaffee aus einer Thermoskanne aus, ein anderer pellt ein belegtes Brot aus der Alu-Verpackung.

»Guten Tag, die Herren! Mein Name ist König, ich bin der Leiter der Kriminalinspektion Landau und würde mich gerne ein wenig mit ihnen unterhalten. Es geht um die Leiche, die ein paar hundert Meter weiter gefunden worden ist. Sie haben sicher davon gehört oder heute in der Zeitung die Nachricht gelesen.«

»Natürlich, das ist doch Tagesgespräch rundum«, macht sich ein Korpulenter mit schütterem Haar zum Sprecher der Gruppe. Die anderen nicken zustimmend. »Was wollen Sie wissen? Von uns hat keiner den Mann umgebracht«, lacht der Schlanke im Trachtenjanker.

»Sie kommen doch oft an diesen Platz«, bemerkt Kö­nig. »Klar, regelmäßig. Was sollen wir denn zu Hause den ganzen Tag machen? Bücher lesen ist unsere Sache nicht. Und Fernsehen kann man schließlich nicht zehn Stunden täglich«, sagt der Korpulente. »Hier sind wir in der freien Natur, haben gute Luft, können ungestört Karten spielen.«

Der Kommissar erwähnt noch, dass dies kein Verhör sei, nur eine Unterhaltung. Schließlich sind die Rentner nicht verdächtig. »Hat jemand von ihnen vor zwei, drei Tagen ein Auto beobachtet, das im Wald nichts zu suchen hatte? Ist Ihnen eine Person aufgefallen, die sichtbar nervös umherlief? Haben Sie vielleicht aus der Ferne sogar gesehen, wie jemand etwas Größeres auslud und in den Wald brachte?«

»Das eine oder andere Auto fährt schon mal vorüber, aber die Fahrer haben ausdrücklich eine Genehmigung dafür. Sie müssen einen Schlüssel für die meist geschlossene Schranke am Parkplatz haben«, gibt einer kund. Ein anderer bemerkt, dass man die meisten Männer am Steuer kenne, denn es seien Mitarbeiter der Gemeinde oder der Forstverwaltung.

»Ich war am Montag früher als sonst auf dem Heimweg, weil wir zu Hause Besuch erwarteten«, sagt einer, der sich bisher zurückgehalten hatte. »Nicht weit von der von außen durchaus erkennbaren Lichtung stand ein dunkler Pkw. Eine Person in der Nähe sah ich nicht.«

»Haben Sie einen Blick auf das Kennzeichen des Autos geworfen?« König ist sicher, dass er auf diese Frage kaum mit einer verwertbaren Antwort rechnen kann. »Ich habe mir das Kennzeichen nicht näher angesehen«, sagt der Mann bedauernd, den seine Rentnerfreunde Willi rufen. »Aber wenn ich mich nicht täusche, war es eine SÜW-Nummer«, fügt er noch an.

Nach dem Austausch von ein paar Belanglosigkeiten verabschiedet sich König. Er ist nicht enttäuscht, dass das Gespräch mit den älteren Herren kein greifbares Ergebnis erbrachte. Es wäre auch zu schön gewesen, sagt er sich. Aber das dunkle Auto mit dem Kennzeichen SÜW geht ihm dennoch nicht aus dem Sinn. Vielleicht gehörte es wirklich dem Täter.

Kapitel 5

Die Meldung in der Zeitung über den unbekannten Toten löst zwar nicht gerade eine Flut von Anrufen bei der Polizei aus, aber ein Telefonat ist dabei, welches die Identität des Toten auflösen könnte. »Mein Ehemann ist spurlos verschwunden. Die Beschreibung trifft auf ihn zu und ich befürchte, dass er der Tote ist«, berichtet eine Frau und bricht in leises Weinen aus.

Sie gibt einige Details preis. »Mein Mann heißt Bruno Herbst, ist 58 Jahre alt, von Beruf Winzer, leitet in vierter Generation das familieneigene Weingut in Birkweiler. Er trug vor seinem spurlosen Verschwinden genau die Kleidungsstücke, die in der Rheinpfalz beschrieben waren. Was ist da nur passiert? Er hatte doch keine Feinde und auch keine Neider, die ihm die zahlreichen Auszeichnungen durch die Landwirtschaftskammer und die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren für seine Weine missgönnt hätten.«

»Es ist alles so furchtbar«, sagt die Anruferin. Sie könne derzeit keinen klaren Gedanken fassen und werde deshalb ihren Sohn bitten, für die Ermittlungen als erster Ansprechpartner der Familie zur Verfügung zu stehen.

Der Polizeibeamte am Telefon fordert Frau Herbst auf, ihren Filius zu verständigen, dass er am Nachmittag mit Kommissar König nach Mainz in die Pathologie der Universität fahren soll, um die Leiche zu identifizieren, die wahrscheinlich sein Vater ist. Mit Einzelheiten über die Obduktion will der Beamte die Ehefrau jetzt nicht konfrontieren.

Die beiden Mainzer Pathologen, die die Leiche des Mannes obduzierten, haben in ihrem vorläufigen Bericht diese Feststellungen getroffen: Das Opfer hat mehrere Verletzungen am Kopf und an der Schulter. Die Kopfschwartendefekte in der Scheitel- und Schläfenregion reichen bis in den Stirnbereich. Alles spricht dafür, dass die Gewalteinwirkung durch ein stumpfes Schlagwerkzeug erfolgte. Der Mann hatte nur eine geringe Alkoholkonzentration im Blut. Sein körperlicher Zustand war altersentsprechend.

Der Sohn bestätigt, dass der Tote sein Vater war.

»Warum nur, warum ist das geschehen?«, fragt er den Kommissar. Der muss passen. »Wir wissen noch gar nichts über die Hintergründe der Tat und müssen jetzt versuchen, das Dunkel über dem Motiv aufzuhellen. Das kann etwas dauern, es sei denn, es gelingt uns, den Täter bald zu fassen.«

Kommissar König berät sich in Landau, kaum aus Mainz an seinen Schreibtisch zurückgekehrt, mit seinen Kollegen. »Wir müssen feststellen, was für ein Mensch Winzermeister Bruno Herbst war. Wer waren seine Kunden und seine Geschäftspartner? Mit wem pflegte er besonders intensiven Kontakt? Gab es in der Familie Spannungen?«

»Rolf, du versuchst, mit Hilfe von Familienmitgliedern einen Blick in den Computer des Getöteten zu werfen«, bittet König den Kollegen Speierling. »Wie waren die finanziellen Verhältnisse von Herbst? Hatte er Schulden und gegebenenfalls bei wem? Führte er unbemerkt von seiner Frau eine Korrespondenz mit Leuten, die gerne am Rande der Legalität Geschäfte machen?«

»Wir müssen auch ungewöhnliche Wege gehen, wenn wir Erfolg haben wollen. Und jeder von uns will doch diesen Fall erfolgreich abschließen und denjenigen fassen, der Herbst getötet hat, oder nicht?« Henri König ist ein ehrgeiziger Kriminalist. Nichts ist für ihn schlimmer, als eine Akte ohne greifbares Ergebnis abschließen zu müssen. Ist er erst einem Verbrecher auf der Spur, ist er von seiner Linie nicht mehr abzubringen und nicht mehr der joviale »Rieslingkönig«. Dann agiert er knallhart, nutzt jede legale Möglichkeit, die sich ihm in seinem Beruf bietet.

Heute Abend, nimmt sich König vor, geht er wie jede Woche in den Gutsausschank Koch nach Hainfeld. Aber dieses Mal steht für ihn nicht der geliebte Dämmerschoppen im Vordergrund. Er will mit ein paar Leuten reden, die sich hier regelmäßig versammeln, ihr Schwätzchen halten und ihr Viertel trinken. Er verspricht sich etwas von seinen Weinfreunden, die er teilweise seit Jahren gut kennt.