Romana Exklusiv Band 321 - Marion Lennox - E-Book
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Romana Exklusiv Band 321 E-Book

MARION LENNOX

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Beschreibung

MEERESRAUSCHEN UND STERNEFUNKELN von MARION LENNOX

Hier in Banksia Bay werde ich einen neuen Anfang machen, beschließt Nikki. Und zwar als Single! Bis sie eines Nachts am Strand dem attraktiven Gabe in die Arme läuft. Das Rauschen der Wellen, funkelnde Sterne - mit einem Mal gerät ihr Vorsatz, für immer allein zu bleiben, in Gefahr …

ALLEIN IN LONDON, VERLIEBT IN PARIS von LUCY GORDON

"Nein", fleht alles in Jane, "nicht er!" Ihr neuer Boss ist ausgerechnet Marcel: die Liebe ihres Lebens. Zehn Jahre ist es her, dass sie unzertrennlich waren - bis zu jenem tragischen Tag … Nun soll sie ihn beruflich nach Paris begleiten. Doch seit wann gibt es bei Geschäftsessen Küsse zum Dessert?

SO BLAU DER HIMMEL - SO SÜSS DIE LIEBE von BARBARA HANNAY

Keine Reporter, keine Kameras! Nur die endlose Weite des herrlichen Landes, über dem sich ein tiefblauer Himmel wölbt. Auf dem abgelegenen idyllischen Anwesen will Senatorin Elizabeth Green sich entspannen. Doch stattdessen versetzt der aufregend männliche Jack Lewis ihre Gefühle in Aufruhr.

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Seitenzahl: 601

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Marion Lennox, Lucy Gordon, Barbara Hannay

ROMANA EXKLUSIV BAND 321

IMPRESSUM

ROMANA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe ROMANA EXKLUSIVBand 321 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2011 by Marion Lennox Originaltitel: „Nikki and the Lone Wolf“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Karin Weiss Deutsche Erstausgabe 2012 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1943

© 2012 by Lucy Gordon Originaltitel: „Miss Prim and the Billionaire“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: Übersetzung: Gisela Blum Deutsche Erstausgabe 2012 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1967

© 2010 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Executive: Expecting Tiny Twins“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Karin Weiss Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1865

Abbildungen: aldomurillo / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733748876

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, TIFFANY

Meeresrauschen und Sternefunkeln

1. KAPITEL

Sekundenlang war Nikki starr vor Entsetzen, und ihr schauderte. Vor ihrer Tür heulte ein Wolf. Doch dann kam sie wieder zur Besinnung. Wölfe gab es in Banksia Bay an der Küste von New South Wales nicht. Wahrscheinlich war es ein Hund oder ein Dingo. Das Heulen klang völlig verzweifelt, und sie konnte sich nicht erinnern, jemals einen so durchdringenden Klagelaut gehört zu haben.

Sie stand auf, stellte sich an das Fenster ihres Wohnzimmers und blickte hinaus in die Dunkelheit. Zu ihrer Erleichterung waren die Fenster der Wohnung ihres Vermieters erleuchtet, er war also zu Hause. Von der großen alten Villa auf den Klippen der Landzunge am Ortsausgang hatte man drei Räume, Küche und Bad abgetrennt, und sie hatte das schöne Apartment gemietet.

Einen wortkargeren Mann als Gabe Carver konnte sie sich kaum vorstellen. „Unterschreiben Sie hier. Die Miete bitte an jedem ersten Dienstag im Monat. Bei Problemen wenden Sie sich an Joe unten am Hafen. Er ist Mädchen für alles. Willkommen in Banksia Bay“, hatte er sie knapp begrüßt.

Die Veranda teilten sie sich, und sie wohnten praktisch Wand an Wand. Es war ein beruhigender Gedanke, dass Gabe da war. Der hochgewachsene muskulöse Mann strahlte Kraft und Stärke aus. Sie brauchte sich also keine Sorgen zu machen. Außerdem hatte sie die Tür abgeschlossen, es konnte also weder ein Wolf noch sonst jemand eindringen.

Doch plötzlich durchdrang wieder das herzzerreißende Heulen die Stille der Nacht. Sie schaute noch einmal hinaus, ehe sie die Vorhänge zuzog. Irgendwie empfand sie die Situation als beängstigend. Wahrscheinlich war das Leben inmitten der ländlichen Umgebung außerhalb der abgelegenen Kleinstadt voller Überraschungen für eine junge Frau, die bisher in der Großstadt gelebt hatte. Noch war alles ziemlich neu für sie, denn sie war erst vor drei Wochen nach Banksia Bay gezogen, nachdem ihr hinterhältiger Chef ihr das Herz gebrochen hatte.

Ob nun ein Wolf oder ein Hund so verzweifelt heulte, ihr Vermieter würde es hören, sich darum kümmern oder Joe beauftragen, nachzusehen, was los war.

Sie konnte völlig beruhigt ins Bett gehen.

Das verzweifelte Heulen schien sich wie ein Echo um das große alte Haus herum fortzusetzen. Offenbar brauchte ein Hund Hilfe, doch Gabe war der Meinung, dass es nicht sein Problem war. Dennoch machte es ihn irgendwie unglücklich. Wenn Jem noch lebte, hätte er sie hinausgelassen, damit sie herausfinden konnte, was mit dem Tier los war.

Er vermisste sie schrecklich und hatte das Gefühl, mit ihr einen Teil von sich selbst verloren zu haben. Alles schien so zu sein wie immer, er saß in dem Sessel am Kamin, doch der Platz zu seinen Füßen war leer.

Vor sechzehn Jahren hatte er die junge verwahrloste und völlig abgemagerte Colliehündin gefunden, als sie am Strand einen toten Fisch fraß.

Er hatte sie auf den Arm genommen und damit gerechnet, dass sie knurren oder nach seiner Hand schnappen würde. Stattdessen hatte sie sich zu ihm umgedreht und ihm die Wange geleckt. Und daraus war eine Freundschaft fürs Leben entstanden.

Vor drei Monaten war sie im Schlaf gestorben. Gabe streckte auch jetzt noch zuweilen die Hand nach ihr aus, um sie zu streicheln, so als wäre sie noch da.

Dann lenkte ihn wieder das Heulen von den traurigen Gedanken ab, und er fluchte leise vor sich hin. Es war einfach nicht mehr zu ertragen. Wenn der Hund am Strand in eine Falle geraten war, würde er bei der einsetzenden Flut ertrinken.

Er seufzte und legte das Buch aus der Hand, ehe er aufstand und den Südwester, den wasserdichten Seemannshut, aufsetzte, den er als professioneller Fischer nie vergaß. Dann zog er die Stiefel an und ging zur Tür.

Als seine Frau ihn verlassen hatte, hatte er sich geschworen, nie wieder mit jemandem zusammenzuleben. Sich gefühlsmäßig zu binden endete doch nur in einer Katastrophe. Es bedeutete jedoch nicht, dass er das Singledasein liebte. Mit Jem war es erträglich gewesen, nicht mehr und nicht weniger.

Nikkis seidener Pyjama lag auf dem hübschen pinkfarbenen Quilt, den sie auf dem Bett ausgebreitet hatte. Sie brauchte nur noch hineinzuschlüpfen und sich hinzulegen. Aber das Heulen ließ sie zögern.

Auch wenn sie eher eine Großstädterin war, begriff sie, dass irgendwo in der Nähe ein Tier Hilfe brauchte. Warum kümmerte sich eigentlich ihr Vermieter nicht darum?

Am Tag ihrer Ankunft war sie über die Geräusche in den Rohren in dem riesigen altmodischen Badezimmer mit der riesigen Wanne und den sanitären Einrichtungen, die aus einer mittelalterlichen Burg hätten stammen können, beunruhigt gewesen.

Gabe hatte draußen hinter dem Haus Holz gehackt, und sie hatte gezögert, ihn darauf anzusprechen. Seine abweisende Haltung fand sie genauso einschüchternd wie seine hochgewachsene Gestalt und die Kraft und Stärke, die er ausstrahlte.

Dass sie seine muskulöse Brust unter dem geöffneten Hemd hatte erkennen können, hatte sie zusätzlich irritiert. Doch hatte sie sich zusammengenommen und war zu ihm gegangen.

„Könnten Sie vielleicht einmal nach den Rohren sehen?“

„Das kann Joe machen“, hatte er undeutlich geantwortet und war verschwunden.

Danach war sie ihm tagelang aus dem Weg gegangen, sie hatte versucht, die Geräusche in den Rohren zu ignorieren, und geduscht, doch schließlich hatte sie mit Joe geredet.

Der ältere Mann lebte auf einem uralten Schoner, der so aussah, als wäre er schon viele Jahre nicht mehr zum Segeln benutzt worden. Während sie Joe das Problem schilderte, sah sie ihren Vermieter am Steuer eines großen weißen Fischkutters zurückkommen.

Es war einfach unglaublich, dass allein der Anblick dieses muskulösen Mannes genügte, um ihre Hormone verrückt spielen zu lassen.

„Er hat die heimische Fischindustrie gerettet“, sagte Joe, als er ihrem Blick folgte. „Viele Fischer hatten den Fehler gemacht, ausschließlich Tintenfische oder Thunfische oder dergleichen zu fangen. Wenn dann weniger gefangen wird oder die Nachfrage stagniert, geraten die Leute in Schwierigkeiten. Ich war mein Leben lang Fischer und habe viele Kollegen bankrottgehen gesehen. Gabe kauft ihnen die Kutter ab und arbeitet damit weiter. Er war eine Zeit lang weg, ist aber zurückgekommen, als es hier bergab ging. Sechs der Fischkutter hier im Hafen gehören ihm.“

Gabe mit seinem gebräunten Gesicht und der grimmigen Miene wirkte am Ruder seines Kutters sehr beeindruckend. Er trug einen weiten wasserdichten Overall, Gummistiefel und ein kariertes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, und sein volles dunkles Haar war zerzaust.

Während er den Kutter wenige Meter an dem Schoner vorbeisteuerte, nickte er Joe kurz zu, ohne zu lächeln. Er schien überhaupt nie zu lächeln.

„Wahrscheinlich ist er nicht sehr beliebt“, mutmaßte sie. Sie nahm an, dass er seinen Vorteil aus der Notlage der Kollegen zog, sonst würde er sicher deren Kutter nicht kaufen.

Joe blickte sie geradezu vorwurfsvoll an. „Soll das ein Scherz sein? Ohne Gabe gäbe es hier keine Fischindustrie mehr. Er kauft den Kollegen die Kutter zu einem fairen Preis ab und beschäftigt die Leute dann weiter. Mittlerweile hat er dreißig männliche und weibliche Angestellte, und alle leben besser als zuvor. Sie würden alles für ihn tun, aber er bittet nie jemanden um einen Gefallen und lässt keinen an sich heran. Wenn jemand in Schwierigkeiten steckt, hilft er, ohne zu zögern, doch er erwartet keinen Dank. Er lebt sehr zurückgezogen, und abgesehen von der Zeit seiner katastrophalen Ehe ist und war er immer allein. Alle respektieren ihn, es wäre auch dumm, es nicht zu tun.“

Er machte eine Pause und schaute Gabe zu, wie er den Kutter in den Liegeplatz manövrierte, der viel zu eng zu sein schien. Aber er machte es so geschickt, als hätte er mehr als genug Platz. „Leider ist sein Hund gestorben“, fuhr Joe schließlich fort. „Man hat ihn nie ohne ihn gesehen. Ich frage mich, wie er damit zurechtkommt.“ Er schüttelte den Kopf. „Okay, kümmern wir uns um Ihr Problem mit den Rohren.“

Das war jetzt zwei Wochen her.

Wieder ertönte das schreckliche Heulen und hörte gar nicht mehr auf. Egal, ob es ihr Problem war oder nicht, sie konnte es nicht mehr ertragen und beschloss zu handeln. Nikki steckte das Handy ein und eilte mit der Taschenlampe in der Hand aus dem Haus.

Gabe fand den schmalen Pfad, der mitten durch die Büsche und das Gestrüpp zum Strand hinunterführte, sogar in der Dunkelheit auf Anhieb. Fast sein ganzes Leben hatte er hier verbracht und kannte praktisch jeden einzelnen Strauch und Stein. Deshalb brauchte er keine Taschenlampe, die bei Vollmond sowieso überflüssig war.

Er folgte dem Geheul, und schon bald sah er den großen abgemagerten Hund, der im flachen Wasser stand und sein ganzes Elend hinauszuheulen schien.

Langsam ging Gabe in seine Richtung und tat so, als hätte er ihn nicht bemerkt, um ihn nicht zu erschrecken. Aber der Hund entdeckte ihn sogleich, er verstummte und wich ängstlich zurück in das tiefere Wasser.

„Alles in Ordnung, alter Freund“, versuchte Gabe den offenbar nicht ganz reinrassigen schwarzen Wolfshund beim Näherkommen zu beruhigen. „Willst du mir nicht verraten, was los ist?“

Das außergewöhnlich große und völlig durchnässte Tier blieb reglos stehen, und Gabe erinnerte sich wieder an seine Hündin Jem, die er sehr geliebt und die ihm das Herz gebrochen hatte, als sie starb.

Eine zweite Jem würde es jedoch nie geben, das hatte er sich fest vorgenommen. Wenn der Hund sich anlocken und mit in das Haus nehmen ließ, würde er ihn zu Henrietta ins Tierheim bringen. Mehr würde er für das Tier nicht tun, um sich erneuten Kummer und Schmerz zu ersparen.

„Ich tue dir nichts“, versprach er dem Hund und wünschte, er hätte ein Stück Fleisch mitgenommen. „Komm mit, es lohnt sich bestimmt für dich.“

Aber der Hund wich immer weiter zurück. Offenbar misstraute er den Menschen und hatte fürchterliche Angst. Es war aussichtslos, ihn ohne eine Leckerei einzufangen.

„Bleib hier, ich hole dir rasch etwas zu fressen“, forderte er ihn auf. Der Hund stand jetzt bis zu den Hüften im Wasser. Mit dem Steak, das er morgen Abend hatte essen wollen, ließ er sich bestimmt aus dem Wasser locken.

„In zwei Minuten bin ich wieder da“, versprach Gabe ihm. „Warte einfach auf mich.“

Kaum hatte Nikki das Haus auf den Klippen verlassen, wurde ihr klar, dass sich das Tier, das offenbar in großer Not war, ganz unten am Strand aufhielt.

Sie überlegte, ob sie bei ihrem Vermieter klopfen sollte. Aber wenn er wirklich zu Hause war und das Heulen gehört hatte, ohne zu handeln, würde sie ihn auch nicht dazu überreden können, nachzuschauen, was los war. Also suchte sie den Pfad, der zum Wasser führte, doch trotz Mondlichts und der Taschenlampe fand sie ihn nicht. Was nun? Es blieb ihr gar nichts anderes übrig, als sich den Weg durch das Gebüsch zu bahnen. Aber es war ja nicht weit bis zum Strand.

Das Tier, das so schrecklich heulte, war vielleicht in eine Falle geraten, und wenn sie es gefunden hatte, konnte sie Hilfe herbeiholen. Sie sprach sich immer wieder Mut zu, wünschte jedoch auf einmal, sie hätte Sydney nicht verlassen und das schöne und relativ leichte Leben dort nicht aufgegeben.

Darüber kann ich auch morgen noch nachdenken, jetzt habe ich etwas Wichtigeres zu tun, mahnte sie sich. Seltsamerweise hatte das Heulen aufgehört, und in der Stille um sie her verlor sie schon bald die Orientierung. Sie malte sich alles Mögliche aus, was passieren konnte.

Vielleicht gab es hier Bunyips, diese australischen Fabelwesen, die angeblich in Wasserstellen hausten und unvorsichtige Menschen und Tiere in die Tiefe zogen und verspeisten. Zwar wusste niemand so genau, wie Bunyips aussahen, doch ihr furchterregendes Gebrüll ließen sie nur nachts ertönen.

Ich glaube, ich verliere noch den Verstand, sagte sie sich und beschloss umzukehren. Unter keinen Umständen würde sie auch nur einen einzigen Schritt weiter in Richtung Meer gehen.

Aber weshalb hatte das Heulen aufgehört? Während sie versuchte, um den nächsten Busch mit dem dichten Blattwerk herumzugehen, stolperte sie und wäre hingefallen, wenn nicht jemand sie an den Schultern gepackt und festgehalten hätte.

Sie schrie auf und wich zurück. Dann hob sie die Hand und schlug in panischem Entsetzen mit der Taschenlampe um sich.

2. KAPITEL

Erst im Schein der Taschenlampe erkannte Nikki, was sie angerichtet hatte: Sie hatte ihren Vermieter niedergeschlagen. Er sackte in sich zusammen und fiel seitlich auf den mit Laub bedeckten Pfad. Am liebsten hätte sie die Flucht ergriffen. Stattdessen kniete sie sich vor Gabe und sah, dass ihm das Blut aus der offenen Wunde über dem Auge über die Wange lief. Hilflos überlegte sie, was sie machen sollte.

In dem Moment fasste er sich stöhnend an die Stirn. Glücklicherweise war er wieder bei Bewusstsein, und sie atmete erleichtert auf, während er versuchte, sich zu orientieren.

„Sind Sie … okay?“, stammelte sie.

„Nein“, brachte er mühsam hervor, „ganz und gar nicht.“

„Ich rufe den Notarzt. Und den Krankenwagen“, schlug sie vor.

Sekundenlang öffnete er die Augen. „Nein.“

„Sie brauchen Hilfe“, entgegnete sie und zog ihr Handy hervor.

Er umklammerte jedoch ihr Handgelenk. „Womit haben Sie mich zusammengeschlagen?“, fragte er undeutlich.

„Mit … der Taschenlampe“, flüsterte sie.

„Ah ja, natürlich“, stellte er mit seiner tiefen Stimme fest. „Und nun?“

„Ich verstehe nicht …“

„Haben Sie vielleicht auch noch eine Pistole? Oder sind Sie nur mit der Taschenlampe bewaffnet?“

Wenn er schon wieder dumme Sprüche klopfen konnte, hatte sie ihn vermutlich nicht allzu schwer verletzt. „Das ist überhaupt nicht lustig. Sie haben mich zu Tode erschreckt.“

„Und Sie hätten mich beinah totgeschlagen.“

„Sie haben sich von hinten angeschlichen und mich an den Schultern gepackt“, hielt sie ihm vor.

„Angeschlichen“, wiederholte er geradezu entgeistert. „Soweit ich mich erinnere, bin ich auf meinem Grundstück zurück zu meinem Haus gelaufen, als Sie plötzlich wie aus dem Nichts auftauchten.“

In gewisser Weise hatte er recht. Wahrscheinlich hatte er das einzig Richtige getan und sie festgehalten, sonst wäre sie hingefallen und er vielleicht über sie gestolpert. Außerdem war er ihr Vermieter. Es war schon schlimm genug, überhaupt jemanden bewusstlos zu schlagen, doch dass es ausgerechnet Gabe Carver sein musste, machte alles noch schlimmer.

Sie war froh gewesen, dass sie in Banksia Bay ein Apartment gefunden hatte, das ihr gefiel. „Seien Sie nett und freundlich zu Ihrem Vermieter, und respektieren Sie seine Privatsphäre“, hatte ihr die Maklerin geraten. „Er ist ein Einzelgänger. Wenn man ihn in Ruhe lässt, kommt man gut mit ihm aus.“

Den Rat hatte sie befolgt. Doch nachdem sie ihn zusammengeschlagen hatte, konnte sie wahrscheinlich ihre Koffer packen.

„Ich brauche ein Steak“, unterbrach er ihre Gedanken.

Verständnislos blinzelte sie. „Damit die Schwellung zurückgeht?“, versuchte sie, etwas Intelligentes zu sagen. „Leider habe ich keins, aber ich kann Ihnen Eisstücke auf die Stirn legen.“

„Für den Hund, Sie Dummkopf.“ Er wollte den Kopf heben, gab den Versuch jedoch sogleich wieder auf. „Der Hund muss gerettet werden. Holen Sie das Steak aus meinem Kühlschrank.“

„Das ist unmöglich.“

„Tun Sie, was ich Ihnen sage“, fuhr er sie an. „Wenn Sie mich mitten in der Nacht mit einer Taschenlampe angreifen, müssen Sie die Konsequenzen tragen. Also, holen Sie das Steak.“

„Ich kann Sie nicht allein lassen“, wandte sie leicht verzweifelt ein.

Er öffnete wieder die Augen und sah sie an. „Halten Sie die Taschenlampe andersherum“, forderte er sie auf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ihn blendete.

„Entschuldigung.“ Sie richtete den Lichtstrahl in das Gestrüpp.

„Nein, Sie sollen sie auf sich selbst richten.“ Er nahm sie ihr aus der Hand, beleuchtete ihr Gesicht und betrachtete sie nachdenklich. „Sie brauchen keine Angst zu haben“, versicherte er ihr.

„Habe ich auch gar nicht“, behauptete sie, zuckte jedoch zusammen, als der Hund schon wieder heulte.

„Das können Sie sich momentan gar nicht erlauben“, fuhr er fort. Offenbar hatte er starke Schmerzen, denn seine Stimme klang angespannt. „Dem Hund muss unbedingt geholfen werden. Ich weiß nicht, was er hat, er steht im Wasser und heult. Während Sie mit der Taschenlampe bewaffnet umherwanderten, wollte ich ihm das Steak holen. Wahrscheinlich dauert es noch einige Minuten, bis ich keine Sterne mehr sehe. Deshalb müssen Sie es jetzt holen.“

„Sehen Sie wirklich Sterne?“

„Ja.“ Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: „So mitten in der Nacht unter dem Sternenhimmel ist das ja auch kein Wunder. Aber mir ist schwindlig. Also, die Tür ist nicht verschlossen, die Küche finden Sie am Ende des Flurs. Das Steak liegt eingepackt im Kühlschrank. Schneiden Sie es in kleine Stücke, und kommen Sie damit zurück. Ich zähle unterdessen die Sterne, die richtigen, meine ich.“

„Aber ich kann Sie nicht allein lassen und rufe Hilfe herbei“, beharrte sie.

„Es geht mir schon wieder besser“, entgegnete er betont geduldig. „Ich habe bereits Schlimmeres überlebt. Seien Sie ein braves Mädchen, und tun Sie, was ich von Ihnen verlange.“

„Sie waren bewusstlos. Ich …“

„Höchstens einige Sekunden. Ich brauche niemand, der meine Hand hält.“ Langsam wurde er ärgerlich. „Verschwenden Sie keine Zeit mehr, und gehen Sie endlich.“

Also ging sie. Mit der Taschenlampe suchte sie sich den Weg zurück zum Haus und bereute, dass sie die falschen Schuhe anhatte. Die Gucci-Slipper eigneten sich nur für einen Sonntagsspaziergang durch den Botanischen Garten in Sydney, hier in dem Gestrüpp und Geröll waren sie eher hinderlich.

Wie sehr sehnte sie sich in dem Moment zurück in das luxuriöse Apartment in Sydney mit Blick auf den Hafen. Sie vermisste ihr geregeltes Leben, den guten Job, ihre Freunde und Freundinnen, die Partys, die Cafés.

Ihr modern ausgestattetes Büro hatte an Jons gegrenzt, und nicht zuletzt dank seiner Hilfe hatte sie sich eine glänzende Karriere aufgebaut. Sie hatte geglaubt, sie hätten eine perfekte Beziehung, doch das hatte sich als Illusion herausgestellt.

Nachdem ihre Welt zusammengebrochen war, hatte sie die Flucht ergriffen und war in Banksia Bay gelandet.

Aber darüber durfte sie jetzt nicht nachdenken, wie sie sich immer wieder sagte, während sie so schnell, wie es in den eleganten Schuhen möglich war, zum Haus zurücklief. Sie hatte sich lange genug selbst bemitleidet und musste sich auf ihr neues Leben konzentrieren, mit dem vielleicht morgen schon wieder Schluss war, wenn Gabe ihr die Wohnung kündigte.

Nach Sydney würde sie jedoch nicht zurückkehren, sondern sich lieber in einer anderen Stadt niederlassen. An der Küste zu leben stellte sie sich romantisch vor, so hatte sie ihren Freunden und Freundinnen ihre Flucht einigermaßen plausibel erklärt, ohne die Wahrheit zugeben zu müssen.

„Ich kann dieses Gehetze nicht mehr ertragen. Mit den Bauherren kann ich über das Internet kommunizieren und, wenn unbedingt nötig, auch zu einem persönlichen Gespräch fahren oder fliegen. Ich werde in einem wunderschönen Haus mit Blick auf das Meer wohnen und viel Zeit zum Nachdenken haben.“

Alle hatten sie für verrückt gehalten. Aber sie hatten ja auch nicht die Wahrheit über Jon gekannt.

Sie hatte ihn verlassen, weil er ein Mistkerl war. Und jetzt hatte sie ausgerechnet ihren Vermieter bewusstlos geschlagen. Vielleicht wäre es das Beste, sie würde in ein Nonnenkloster gehen, in das sich niemals ein Mann verirrte.

Schließlich betrat sie Gabes Seite des Hauses. Mit den alten Möbeln und dem offenen Kamin, vor dem ein Ohrensessel stand, wirkte das Wohnzimmer ausgesprochen gemütlich. Auf dem kleinen Tisch neben dem Sessel bemerkte sie ein halb volles Glas Bier, und überall lagen und standen Bücher herum.

Sie eilte weiter in die Küche und dachte, dass die ganze Wohnung die Handschrift des Besitzers trug. Prompt spielten ihre Hormone wieder verrückt. Zu dumm auch, dass ihr Vermieter so hinreißend attraktiv war.

Rasch nahm sie sich zusammen und öffnete den Kühlschrank, der viel besser gefüllt war als ihrer. Offenbar kochte er gern, wenn er zu Hause war. Sie warf einen Blick auf den riesigen altmodischen Herd, der mitten im Raum stand, und beschloss, auch kochen zu lernen. Jetzt war jedoch der völlig falsche Zeitpunkt für solche Überlegungen.

Sie nahm das Steak heraus, von dem bestimmt ein ganzes Rudel Hunde satt werden würde, und schnitt es in schmale Scheiben. Als Erste-Hilfe-Maßnahme für ihren Vermieter steckte sie auch noch ein Paket tiefgefrorene Erbsen in die Tragetasche, die auf dem Tisch lag, und verließ seine Wohnung.

Ich habe sie erschreckt, sagte sich Gabe, während er in den Himmel blickte. Natürlich hatte sie kräftig zugeschlagen, aber sein Ärger war in dem Moment verflogen, als er ihre Miene bemerkte. Sie litt offenbar noch mehr als er.

Weshalb hatte er die Wohnung ausgerechnet an eine Großstädterin vermietet? Sie war seine zweite Mieterin, vor ihr hatte Mavis darin gewohnt. Die nicht mehr ganz junge Frau mit zwei Hunden hatte vom ersten Augenblick an geglaubt, ihn bemuttern zu müssen. Nach sechs Monaten war sie allerdings nach Sydney zurückgekehrt, um ihre Mutter zu pflegen. Vor lauter Erleichterung hatte er sogar auf die letzte Miete verzichtet.

Die Immobilienmaklerin Dorothy hatte ihm die neue Mieterin als erfolgreiche Karriere- und Geschäftsfrau beschrieben.

„Nikkita Morrissy ist dreißig Jahre alt und befasst sich als Industrieingenieurin vor allem mit dem Entwerfen und Planen von Klimaanlagen für Großprojekte. Normalerweise arbeitet sie drei Wochen im Monat von zu Hause aus, eine Woche ist sie unterwegs zu Besprechungen und dergleichen, oft fliegt sie auch nach Übersee. Sie wünscht sich eine ruhige Wohnung inmitten der Natur mit Blick auf das Meer.“

Das hatte sich für Gabe nach einer selbstbewussten, intelligenten und unabhängigen jungen Frau angehört.

Mit acht Jahren hatte er seine Mutter verloren, und deshalb hing sein Herz an dem Haus, in dem ihn alles an sie erinnerte. Den Garten hatte sie sehr geliebt, und die niedrige Natursteinmauer hatte sie selbst gebaut, nur leider war sie nicht ganz fertig geworden.

„Ich bin immer für dich da“, hatte sie ihm versprochen.

Schon sehr früh hatte er erfahren müssen, dass man sich auf niemanden verlassen konnte. Das Haus, der schöne Garten und der herrliche Blick auf die Bucht und das Meer waren alles, was ihm geblieben war von dem Versprechen, an das er sich fast verzweifelt geklammert hatte.

Er durfte jedoch nicht emotional werden. Er lebte gern in seinem Elternhaus und fühlte sich darin wohl. Zwar konnte er es sich erlauben, das Apartment leer stehen zu lassen, doch wenn er vernünftige Mieter fand, war wenigstens jemand da, der sich um alles kümmerte, wenn er tagelang auf See war.

Deshalb hatte er Dorothy grünes Licht gegeben. Nikkita hatte er erst am Tag ihres Einzugs kennengelernt. Auf ihn wirkte sie nicht wie eine Industrieingenieurin, sondern eher wie eine der perfekt gestylten jungen Frauen, die man in den Hochglanzmagazinen, die Hattie immer auf dem Kutter zurückließ, bewundern konnte. Sie war mindestens eins siebzig groß, schlank, hatte eine feine helle Haut, große Augen und benutzte ein dezentes Make-up. Ihr glänzendes schwarzes Haar war zu einem stylischen Longbob geschnitten, jedenfalls glaubte er sich zu erinnern, dass man diese Frisur so nannte.

Bei ihrer Ankunft hatte sie einen schwarzen engen und ziemlich kurzen Rock mit einer roten Seidenbluse getragen, dazu silberne Ohrringe und schwarze Stiefel, die ihr bis über die Knie reichten. Wahrscheinlich hielt sie das für das passende Outfit für einen Umzug.

Heute Abend war sie in hautengen Jeans und einem pinkfarbenen Pulli erschienen. Offenbar versucht sie, sich anzupassen, dachte er verbittert. Sein Kopf schmerzte wie wahnsinnig, und er bemühte sich, die kritischen Gedanken über die Industrieingenieurin zu verdrängen, die nachts mit einer Taschenlampe umherstreifte.

Plötzlich war sie wieder da, sie hatte sich wohl beeilt. Allerdings bezweifelte er, dass sie in diesen Schuhen wirklich schnell laufen konnte. Ihr Haar war leicht zerzaust, und sie war außer Atem.

„Wie geht es Ihnen?“, erkundigte sie sich.

„Etwas besser“, antwortete er undeutlich und stand mühsam auf. Sie streckte die Hand aus, aber er wollte sich nicht helfen lassen. Das Ergebnis war, dass er leicht schwankte, als er auf den Füßen stand, und dann doch die angebotene Hilfe annehmen musste.

Dann packte sie ihn auch noch an der anderen Hand und wartete, bis der Schwindelanfall vorüber war.

„Tut mir leid“, entschuldigte er sich.

„Ich bringe Sie zurück ins Haus“, bot sie ihm an.

„Zuerst müssen Sie dem Hund helfen.“

„Nein, erst Ihnen.“

„Der Hund steht bis über die Hüften im Wasser und heult zum Erbarmen, während ich mich überhaupt nicht beschwere. Es gilt, Prioritäten zu setzen.“ Er wollte die Hände zurückziehen, sie ließ sie jedoch nicht los, und er gestand sich ein, dass es sich viel zu gut anfühlte.

Er arbeitete mit mehreren Frauen zusammen, und alle rochen nach Fisch. Egal, wie oft und intensiv man sich wusch, diesen Geruch wurde man kaum los.

Nikkita hingegen duftete ungemein verführerisch. In der Dunkelheit um ihn her stand er reglos da und atmete ihren Duft ein.

Die Minuten verstrichen, ohne dass sie auch nur ein einziges Wort sagte. Sie spürte, dass er Zeit brauchte, um sich zu erholen, und sie gab sie ihm.

Ihre Hände fühlten sich warm und weich an und ganz anders als die Hände der Frauen, mit denen er in den letzten zehn Jahren ausgegangen war. Aber das waren Kolleginnen gewesen, die sich den Lebensunterhalt mit harter Arbeit verdienten. Nur Lisbette hatte auch so weiche Hände gehabt, und er hatte sie geheiratet.

„Es geht wieder“, erklärte er, als das Heulen erneut die Stille der Nacht durchbrach. „Können Sie gut mit Hunden umgehen?“

„Na ja, eigentlich nicht.“

„Dann machen wir es zusammen. Da ich noch nicht wieder ganz fest auf den Füßen stehe, müssen Sie das tun, was ich Ihnen sage. Das ist das Mindeste, was ich von Ihnen erwarte, nachdem Sie mich niedergeschlagen haben.“

Gabe saß im Gebüsch in der Nähe des Wassers, während Nikki sich mit den Fleischstücken in beiden Händen vorsichtig dem riesigen Hund näherte. Sein Fell war durchnässt und klebte an seinem abgemagerten Körper, sodass er beinahe aussah wie ein schwarzes Fohlen.

„Hallo, Horse, du brauchst keine Angst zu haben“, redete sie so sanft auf ihn ein, wie Gabe es ihr geraten hatte. „Wenn du aus dem Wasser kommst, kannst du ein Stück Fleisch fressen. Tu es Gabe zuliebe, der deinetwegen jetzt Schmerzen ertragen muss.“

Gehen Sie sehr langsam auf ihn zu, und bleiben Sie stehen, sobald Sie merken, dass er nervös wird. Lassen Sie ihn selbst herausfinden, dass Sie keine Bedrohung für ihn darstellen, hatte Gabe ihr mit auf den Weg gegeben. Und das beherzigte sie auch.

„Komm her, Horse, es ist alles in Ordnung. Eigentlich könntest du mir verraten, wie du wirklich heißt.“ Sie stand im seichten Wasser, ihre Schuhe waren völlig ruiniert und ihre Jeans durchnässt. Und das alles für nichts und wieder nichts, denn der Hund rührte sich nicht von der Stelle.

Da Gabe sie beobachtete, wagte sie nicht, das Fleisch in den Sand zu legen und sich zurückzuziehen. Er erwartete von ihr, dass sie es schaffte, den Hund zu retten. Zwar erlaubte er ihr nicht, Hilfe herbeizurufen, aber ihr war klar, dass ihm nach dem Schlag auf den Kopf noch übel war, sonst hätte er sie nicht gebeten, sich um den Hund zu kümmern.

„Horse, komm her“, forderte sie ihn ruhig auf.

Doch plötzlich schlugen zwei riesige Wellen fast über ihr zusammen. Nikki schrie auf, und prompt wich der Hund noch weiter zurück ins Wasser und warf ihr einen ängstlichen Blick zu, ehe die nächste Welle ihn überrollte. Er schwankte kurz und rannte los, als wäre der Teufel hinter ihm her. Er lief durch die Brandung um die Landzunge herum und verschwand in der Dunkelheit.

„Das ist nicht Ihre Schuld“, stellte Gabe fest.

Das stimmte natürlich, doch sie hatte eher damit gerechnet, dass er ihr Vorwürfe machen würde, denn sie hatte nun auch noch den Hund vertrieben, nachdem sie Gabe niedergeschlagen hatte.

Eigentlich war der Hund nicht ihr Problem, aber sie konnte einfach dieses Bündel Elend nicht vergessen.

Gabe saß immer noch auf dem Boden. „Sie haben getan, was Sie konnten.“ Von einer Großstädterin kann man nicht mehr erwarten, fügte er insgeheim hinzu.

„Vielleicht läuft er jetzt nach Hause.“

„Sah er so aus, als hätte er ein Zuhause?“ Er zog das Handy aus der Tasche und drückte auf eine gespeicherte Nummer. Dann blickte er Nikki an, seufzte und ließ sie mithören.

„Polizeirevier Banksia Bay“, ertönte eine autoritär klingende männliche Stimme.

„Raff?“

„Ja. Hallo, Gabe. Was gibt es?“, fragte der Polizist besorgt.

„Nichts Schlimmes. Nur einen herrenlosen Hund.“

„Noch einen.“ Der Polizist seufzte.

„Was heißt das?“

„Vor einigen Tagen war der Kleintransporter des Tierheims in einen Unfall verwickelt“, erklärte Raff. „Seitdem werden immer wieder herrenlose Hunde gefunden. Beschreib ihn kurz.“

„Es handelt sich um einen großen schwarzen und offenbar unterernährten Hund.“ Gabe blickte Nikki an, während er sprach. Sie hatte sich auch hingesetzt und war damit beschäftigt, die Füße vom Sand zu befreien, ehe sie die durchnässten Schuhe wieder anzog.

„So groß wie eine Dänische Dogge?“

„Ja“, erwiderte Gabe. „Vermutlich ist es ein Wolfshund-Mischling. Er heulte am Strand unterhalb meines Hauses. Wir haben versucht, ihn mit Fleischstücken anzulocken, aber er ist um die Landzunge herum auf eure Seite der Stadt geflüchtet.“

„Wir?“, wiederholte Raff verständnislos.

„Meine Mieterin hat mir geholfen“, erzählte Gabe.

„Nicht einmal zu zweit habt ihr es geschafft, ihn einzufangen?“

„Nein.“

Wahrscheinlich ist er überzeugt, dass er es allein besser hinbekommen hätte, dachte Nikki unglücklich.

„Gut, ich kümmere mich morgen darum“, versprach Raff. „Ist alles in Ordnung? Du klingst irgendwie seltsam.“

„Ach, es ist nichts Besonderes. Soll ich ihn ins Tierheim bringen, falls er zurückkommt?“

„Du kannst ihn auch gleich zum Tierarzt fahren. Ich vermute, es handelt sich um den Hund, der vor einigen Wochen von einem Schiff ins Meer geworfen wurde. Wir haben ihn halb verhungert am Strand aufgelesen. Er ist sehr groß, verwahrlost, hat mehrere Narben und sieht nicht gerade schön aus. Kein Mensch würde ihm ein neues Zuhause bieten, deshalb hatte Henrietta sich entschlossen, ihn einschläfern zu lassen. Mach dir keine Gedanken, wenn er nicht zurückkommt. Und danke für die Information. Gute Nacht.“

„Gute Nacht.“ Gabe steckte das Handy wieder in die Tasche.

Der Hund hat so viel Schlimmes erlebt – und mir ist es nicht gelungen, ihn zu füttern, überlegte Nikki schuldbewusst. Jetzt irrte das arme Tier wieder irgendwo umher. Außerdem schien ihr Vermieter immer noch unter dem Schlag, den sie ihm mit der Taschenlampe versetzt hatte, zu leiden.

Was hatte sie da nur angerichtet.

„Lassen Sie das Fleisch hier vor dem Gebüsch liegen“, forderte Gabe sie sanft auf. „Es ist nicht Ihre Schuld.“

„Danke, dass Sie das sagen.“

„Na ja, der Schlag auf den Kopf war natürlich doch Ihre Schuld“, räumte er ein und rang sich ein Lächeln ab. „Momentan können wir sonst nichts für den Hund tun, er ist weg. Vielleicht kommt er zurück, wenn er das Fleisch riecht und wir nicht mehr in der Nähe sind. Lassen Sie uns verschwinden, ich brauche eine Kopfschmerztablette.“

Sie stand auf und versuchte, den Sand von ihren Jeans zu wischen. Dann suchte sie den Strand mit den Blicken ab in der Hoffnung, den Hund irgendwo zu entdecken.

„Raff wird ihn finden“, meinte Gabe.

„Er ist Polizist, oder?“

„Ja.“

„Warum sucht er ihn nicht jetzt gleich?“

„Weil er ihn heute Nacht nicht finden würde. Der Strand um die Landzunge herum ist bei Flut nicht zugänglich. Aber morgen sieht die Sache ganz anders aus.“

„Helfen Sie bei der Suche?“

„Ich fahre schon bei Tagesanbruch hinaus zum Fischen“, antwortete er. „Sie können sich gern an der Suche beteiligen. Und wenn Sie noch länger hier unten bleiben wollen, habe ich nichts dagegen. Aber ich muss mich hinlegen.“

Unglücklich folgte sie ihm. Er hatte sich noch nicht wieder von dem Schlag erholt, denn er ging sehr langsam, was er bestimmt nicht aus Rücksicht auf sie und ihre unpassenden Schuhe tat. Als er stolperte, streckte sie die Hand aus, um ihm zu helfen, aber er schüttelte nur den Kopf.

„Offenbar habe ich viel zu fest zugeschlagen“, brachte sie undeutlich hervor.

„Die Frauen sind auch nicht mehr so, wie sie einmal waren“, stellte er fest. „Früher begnügten sie sich mit einer Ohrfeige, wenn man den alten Filmen glauben kann.“

„Das nächste Mal werde ich daran denken.“

„Es gibt kein nächstes Mal“, entgegnete er, und sie fragte sich, ob er ihr kündigen wollte. „Aber keine Angst, ich beabsichtige nicht, Sie rauszuwerfen“, fügte er erschöpft hinzu.

Insgeheim zuckte sie zusammen. War sie so leicht zu durchschauen?

„Ich habe gar nicht angenommen, dass …“

„Dass ich Ihnen kündigen würde, weil Sie mich niedergeschlagen haben? Dann ist ja alles in Ordnung.“

„Vielen Dank“, sagte sie kleinlaut.

Vor dem Haus blieb er stehen und ließ sie voraus auf die Veranda gehen, auf der das Licht noch brannte. Statt sogleich ihre Seite des Hauses zu betreten, zögerte sie und blickte ihn an. Er war ungewöhnlich blass, und die offene Wunde über dem Auge war angeschwollen.

Er sah ungemein … männlich aus. Ja, so konnte man es beschreiben. „Es tut mir schrecklich leid“, entschuldigte sie sich. „Sie sollten unbedingt den Arzt rufen.“

„Ich muss mich nur hinlegen, das ist alles.“

„Und wenn es schlimmer wird, was dann?“, gab sie zu bedenken. „Ich habe gelesen, dass Menschen, die einen Schlag auf den Kopf erhalten haben, sich ins Bett legen, einschlafen und nie mehr aufwachen. Sie sollten sich auf jeden Fall untersuchen lassen. Ich fahre Sie ins Krankenhaus.“

„Nein“, lehnte er entschieden ab. „Ich habe praktisch mein ganzes Berufsleben auf den Kuttern verbracht und viel heftigere Schläge auf den Kopf überlebt als den, den Sie mir verpasst haben. Ob Sie es glauben oder nicht, ich komme zurecht.“

„Dennoch sollte sich ein Arzt die Verletzung anschauen. Sie nicht zu beachten könnte gefährlich sein“, warnte sie ihn.

Er steht zu dicht vor mir, dachte sie und war wieder einmal beeindruckt von seiner Größe und seiner männlichen Ausstrahlung. Er war grundverschieden von Jon mit den eleganten Geschäftsanzügen, dem teuren Aftershave, seinem Verhandlungsgeschick und seiner unterkühlten Art.

Neben Gabe kam sie sich klein und seltsam verletzlich vor, und seine Nähe verwirrte sie.

„Alle zwei Stunden müsste sich jemand vergewissern, dass es Ihnen nicht schlechter geht.“ Vor ihrer Beziehung mit Jon war sie mit einem Medizinstudenten befreundet gewesen und kannte sich etwas aus.

„Es ist alles in Ordnung“, betonte er gereizt. „Ich möchte endlich schlafen, in acht Stunden bin ich mit meinem Kutter schon wieder auf See. Gute Nacht.“

„Lassen Sie mich nachsehen.“

„Nachsehen?“, wiederholte er. „Was meinen Sie damit?“

„Ich werde mich alle zwei Stunden vergewissern, dass Sie nicht bewusstlos sind.“

Schweigend blickte er sie an. Er ist höchstens Anfang dreißig, aber er sieht aus, als hätte er ein hartes Leben gehabt, dachte sie, während sie sein markantes, von Wind und Wetter gezeichnetes Gesicht betrachtete.

„Sie können ja gar nicht beurteilen, ob ich nur schlafe oder bewusstlos bin“, erwiderte er schließlich.

„Dann wecke ich Sie, Sie sagen mir Ihren Namen und welches Datum wir haben, danach können Sie weiterschlafen.“

„Wenn Sie mich aus dem Schlaf reißen, kann ich doch nicht auf Anhieb das Datum nennen.“

„Dann sagen Sie einfach, wie sehr Ihnen Ihre Mieterin auf die Nerven geht“, schlug sie vor. „Es ist wichtig für mich, dass Sie damit einverstanden sind. Wenn nicht, rufe ich Ihren Freund an, den Polizisten, und erzähle ihm, was passiert ist. Ich wette, er ist mit Blaulicht und Sirene innerhalb weniger Minuten hier, um Sie zur Vernunft zu bringen.“ Dass sie richtig vermutete, bewies ihr sein Schweigen. „Ich meine es ernst“, fügte sie hinzu.

„Das ist Unsinn. Ich fahre schon bei Tagesanbruch mit dem Kutter raus.“

„Nach dem heftigen Schlag auf den Kopf sollten Sie zumindest einen Tag zu Hause bleiben.“

„Lassen Sie mich doch endlich in Ruhe“, fuhr er sie so zornig an, dass sie zurückwich. „Tut mir leid“, entschuldigte er sich beim Anblick ihrer entsetzten Miene und fuhr sich mit der Hand durch sein widerspenstiges Haar.

Er wirkte auf sie wie ein Tiger im Käfig. Obwohl es in der Situation ein absurder Gedanke war, überlegte sie, wie er wohl in einem eleganten Anzug aussehen würde.

Natürlich passte es ihm nicht, dass sie ihn zu etwas zwingen wollte. Dennoch war sie nicht bereit aufzugeben, denn sie würde kein Auge zutun, wenn sie ihn einfach seinem Schicksal überließ. Entschlossen reckte sie das Kinn und sah ihn an.

„Alle zwei Stunden oder Raff“, erklärte sie.

„Okay“, gab er sich geschlagen. „Machen Sie, was Sie wollen. Ich gehe jetzt ins Bett, und wenn Sie mir alle zwei Stunden mit der Taschenlampe in die Augen leuchten, müssen Sie damit rechnen, dass ich Ihnen Dinge sage, die Sie vielleicht nicht hören wollen.“

„Das dürfen Sie“, erwiderte sie ruhig. „Hauptsache, Sie sind nicht bewusstlos.“

„Gute Nacht“, stieß er gereizt hervor. Dann drehte er sich um und ging in seine Wohnung.

Während sie duschte, bemühte Nikki sich, nicht über tote Vermieter und heulende verhungernde Hunde nachzudenken. Alle zwei Stunden würde sie Gabe wecken und ihn ansprechen.

Plötzlich wurde ihr bewusst, wie sehr es in den Rohren gluckerte. Vielleicht sollte sie mit ihm darüber reden, wenn sie ihn weckte. Doch das war sicher keine gute Idee. Sie musste es kurz machen und sich auf das Wesentliche beschränken.

Nachdem sie den Wecker gestellt hatte, legte sie sich ins Bett, konnte jedoch nicht einschlafen. Zwei Stunden später betrat sie auf Zehenspitzen seine Wohnung. Leider hatte sie vergessen, ihn zu fragen, welches sein Schlafzimmer war. Doch auf dem Boden im Flur entdeckte sie den Zettel mit einem Pfeil. Daneben stand: „Für Florence Nightingale: die zweite Tür links.“

Zum ersten Mal in dieser Nacht musste sie lächeln. Offenbar war er bereit, ihre Hilfe anzunehmen. Leise betrat sie sein Schlafzimmer.

Er lag ausgestreckt auf dem breiten Bett mit dem Gesicht nach unten und nur bis zur Taille zugedeckt. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, seinen nackten Rücken und die muskulösen Schultern zu betrachten. Er hat einen perfekten Körper, schoss es ihr durch den Kopf. Es geschah nur selten, dass sie beim Anblick eines männlichen Körpers in Verzückung geriet, doch heute Nacht war es so weit.

Sein Beruf als Fischer und das Leben auf dem Wasser hatten ihn geprägt.

„Ich lebe noch“, fuhr er sie auf einmal an. „Ich bin Gabe Carver, und heute ist Dienstag. Sie können wieder verschwinden.“

Beinah hätte sie aufgeschrien vor Schreck, konnte sich aber gerade noch beherrschen. „Haben Sie Kopfschmerzen?“

„Nicht wenn ich die Augen schließe und an etwas Schönes denke statt an Frauen mit Taschenlampen. Nun gehen Sie schon.“

Das tat sie auch. Sie war erleichtert, dass es ihm nicht allzu schlecht ging. Auch die nächsten zwei Stunden konnte sie nicht schlafen, und als sie wieder nach ihm schaute, lag er auf dem Rücken und schlief tief und fest.

Die Wunde über seinem Auge sah schlimm aus.

Nachdenklich blickte sie auf den Wecker, den er auf vier Uhr gestellt hatte. Also würde er bald läuten. Nach kurzem Zögern nahm sie ihn an sich und auch das Handy, das danebenlag. Wennschon, dennschon, sagte sie sich.

Dann berührte sie mit den Fingern federleicht seine Wange, und prompt öffnete er die Augen und blinzelte.

Doch er wusste offenbar sogleich, was sie von ihm erwartete, und erklärte: „Ich lebe immer noch.“

„Sagen Sie etwas Unfreundliches.“

„Ich werde in den nächsten Tagen den Kamin und alle Heizgeräte aus der vermieteten Wohnung entfernen.“

„Gut, das überzeugt mich.“ Sie ließ ihn allein.

Als sie wieder im Bett lag, versuchte sie vergeblich, nicht an ihren halb nackten Vermieter zu denken.

Um halb fünf läutete Gabes Handy, und sie meldete sich.

„Gabe? Wo bist du?“, ertönte die Stimme einer Frau.

„Hallo, ich bin Nikki, Gabes Nachbarin“, stellte sie sich vor.

„Ah, die Großstädterin.“

„Genau.“

„Wo ist Gabe?“

„Leider hatte er heute Nacht einen kleinen Unfall und kann nicht arbeiten.“

„Was ist passiert?“

„Er ist gefallen und mit dem Kopf aufgeschlagen. Jetzt hat er starke Kopfschmerzen und eine Verletzung im Gesicht.“ Die Frau braucht nicht zu wissen, dass ich dafür verantwortlich bin, sagte Nikki sich.

„Das finde ich seltsam. Normalerweise arbeitet Gabe auch dann noch, wenn er schwer krank ist“, antwortete die Frau verblüfft. „Wie schlimm ist es?“

„Er wollte natürlich auch heute hinausfahren, aber ich habe ihm den Wecker und das Handy weggenommen. Er schläft noch.“

Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Schön für Sie, meine Liebe. Sie haben ihn in Ihr Bett bekommen, also sorgen Sie dafür, dass er dort noch eine Zeit lang bleibt. Sobald er wach ist, können Sie ihm ausrichten, Frank hätte sich für heute entschuldigt, er hat eine schlimme Erkältung, sodass nur Gabe und ich an Bord gewesen wären. Da auf der Marietta auch ein Besatzungsmitglied fehlt, fahre ich dort mit. Die Lady Nell kann also heute nicht auslaufen. Behalten Sie ihn so lange in Ihrem Bett, wie Sie wollen, meinen Segen haben Sie“, beendete die Frau lachend das Gespräch.

Nachdenklich blickte Nikki auf das Handy. In dieser Kleinstadt würde sich so etwas rasch herumsprechen. Wie würde Gabe reagieren, wenn er es erfuhr?

Egal, damit musste sie nun leben, es war nicht mehr zu ändern. Plötzlich spürte sie, wie müde sie war. Ohne den Wecker zu stellen, ließ sie sich wieder in die Kissen sinken und schlief sogleich ein.

Gabe wachte erst auf, als die Sonnenstrahlen durch das Fenster hereinfielen. Die Kopfschmerzen hatten etwas nachgelassen, und die Verletzung über dem Auge schien auch nicht mehr wehzutun. Aber wieso lag er noch im Bett, obwohl die Sonne schon aufgegangen war?

Auf einmal war er hellwach und drehte sich um. Der Wecker auf seinem Nachttisch war verschwunden und sein Handy auch. Mit einem Blick auf die Armbanduhr stellte er fest, dass es bereits acht Uhr war. Seine Leute wunderten sich sicher, wo er blieb.

Dann dämmerte es ihm. Nikkita war dafür verantwortlich. Sie hatte ihn nicht nur niedergeschlagen, sondern auch noch dafür gesorgt, dass er nicht rechtzeitig aufstehen konnte. Das ging entschieden zu weit.

Er sprang auf, und auf dem Weg zur Tür klopfte er lautstark an die Wand, damit sie wusste, dass er wach war. Was hat sich diese Frau eigentlich dabei gedacht? überlegte er zornig.

Als sie das Klopfen an der Wand hörte, schreckte Nikki aus dem Schlaf und blickte auf die Uhr. Dass es schon acht war, konnte sie kaum glauben. Sie hatte tief und fest geschlafen und den letzten Kontrollbesuch bei Gabe verpasst.

Aber glücklicherweise schien es ihm gar nicht so schlecht zu gehen. Sein Klopfen hatte sich jedenfalls so angehört, als wäre er ziemlich wütend.

Sie beschloss, sich nicht ängstlich zu verstecken, sondern sich der Situation zu stellen.

Rasch stand sie auf, zog den Morgenmantel über, eilte über den Flur und öffnete die Tür im selben Moment wie Gabe seine.

Und dann traute sie ihren Augen nicht: Auf der Veranda lag der Hund.

3. KAPITEL

Nikki wäre beinah über ihn gestolpert, und sie hielt sich an dem Türgriff fest, obwohl sie beim Anblick von Gabes zorniger Miene am liebsten zurückgewichen wäre. Ungläubig betrachteten sie den Hund, der alle viere von sich streckte und fast die ganze Breite der Veranda einnahm. Er lag reglos da, atmete jedoch.

„Er ist wirklich fast so groß wie ein Pferd“, stellte sie ratlos fest.

Beim Klang ihrer Stimme hob er langsam den Kopf, was eine Herkulesarbeit zu sein schien, und sah sie unglücklich und verzweifelt an.

Sie kannte sich mit Hunden nicht aus und hatte sich nie mit ihnen befasst. Aber dieser Blick ging ihr unter die Haut. Sie vergaß Gabes Anwesenheit, kniete sich vor das Tier und flüsterte: „O mein Hund, mein Horse.“

„Was soll das?“, fuhr Gabe sie plötzlich an. „Wieso haben Sie ihn auf die Veranda gebracht?“

Sie hörte jedoch gar nicht zu, sondern sah sich das völlig durchnässte Fell des Hundes und seinen abgemagerten Körper an. Ich muss ihm helfen, ich kann ihn nicht so daliegen lassen, schoss es ihr durch den Kopf.

„Es ist okay“, redete sie leise auf ihn ein und ignorierte ihren Vermieter.

„Sie haben ihn eingefangen“, fuhr Gabe ruhiger fort, als ihm bewusst wurde, in welchem Zustand sich der Hund befand.

„Nein, das habe ich nicht. Vielleicht hat er das Fleisch gefunden und ist unserem Geruch gefolgt. Offenbar hat er sich mit letzter Kraft auf die Veranda geschleppt. Meinen Sie, er würde noch mehr fressen?“

„Hat er die ganze Nacht hier gelegen?“

„Wie kommen Sie denn darauf? Schauen Sie ihn sich doch an. Er ist völlig durchnässt. Aber warum steht er nicht auf? Helfen Sie mir, ihn ins Auto zu tragen? Dann fahre ich mit ihm zum Tierarzt.“

„Fred wird ihn einschläfern“, verkündete Gabe.

„Wer ist Fred?“

„Der Tierarzt.“

Jetzt erinnerte sie sich wieder an sein Gespräch mit dem Polizisten. Der Hund war auf dem Weg zum Tierarzt gewesen, um eingeschläfert zu werden, und nach dem Unfall entlaufen. Und nun drohte ihm wieder dieses Schicksal.

„Nein“, entgegnete sie deshalb energisch.

„Wollen Sie sich etwa einen Hund zulegen?“

„Also, ich …“, begann sie und schluckte. Eigentlich wollte sie keinen Hund haben. „Das entscheide ich später. Vorerst bleibt er hier, bis er trocken, gewärmt und gefüttert ist. Können Sie mir helfen, ihn in meine Wohnung zu tragen?“ Sie blickte Gabe an und begriff sogleich, dass es Ärger geben würde. Wahrscheinlich musste noch einiges geklärt werden, ehe er bereit war zu helfen.

Da er außer Boxershorts nichts anhatte, war sie sich seines halb nackten Körpers plötzlich allzu sehr bewusst.

„Ich habe bis eben geschlafen“, sagte er betont ruhig. „Das ist auch kein Wunder, denn der Wecker ist verschwunden.“

„Ich habe auch verschlafen, weil ich vergessen habe, ihn zu stellen“, gab sie zu.

„Meine Leute …“

„Hattie ist auf der Mariette“, fiel sie ihm ins Wort. „Dort fehlte ein Besatzungsmitglied. Und da Frank sich krankgemeldet hat, läuft die Lady Nell heute nicht aus. Sie haben also einen freien Tag.“

Sprachlos blickte er sie an.

„Können Sie mir jetzt mit dem Hund helfen?“, hakte sie nach.

„Sie haben meinen Wecker und mein Handy mitgenommen.“

„Ja, weil Sie krank sind. Ich habe Hatties Anruf entgegengenommen. Sie ist auch der Meinung, dass Sie heute nicht arbeiten sollten.“

„Das geht weder Sie noch Hattie etwas an.“

„Da haben Sie recht, und der Hund geht mich auch nichts an“, entgegnete sie ärgerlich. „Doch er friert, und er leidet. Überwinden Sie sich, und tun Sie endlich, worum ich Sie gebeten habe.“

Schweigend erwiderte er ihren Blick. Sie spürte seinen Zorn, seinen Frust und seinen Schock.

Doch schließlich bückte er sich und untersuchte den Hund, der vergeblich versuchte, den Kopf zu heben.

„Ich glaube nicht, dass er sich noch einmal erholt“, stellte er mit grimmiger Miene fest.

Nikki zuckte insgeheim zusammen. „Aber er sieht nicht so aus, als würde er jeden Moment sterben.“

„Zumindest ist er nahe daran.“ Seine ganze Aufmerksamkeit galt nun dem Hund. Er schien zu zögern, so als wollte er nichts damit zu tun haben. Als der Hund sich jedoch bewegte und leise stöhnte, gab es für ihn nichts mehr zu überlegen. „Okay, wenn es Ihnen ernst ist, bringen wir ihn in meine Wohnung. Im Kamin brennt das Feuer. Habe ich das Ihnen zu verdanken?“

„Ja“, erwiderte sie, obwohl es nicht ganz stimmte. Bei ihren nächtlichen Besuchen bei ihm hatte sie nur Holz nachgelegt, damit es nicht zu kalt wurde. Den Hund jetzt in die Wärme zu bringen war eine gute Idee.

„Kannst du aufstehen, mein Freund?“, fragte Gabe ihn sanft und streichelte liebevoll seinen Kopf. „Komm, versuche es, und zeige uns, dass du noch lebendig bist.“

Der Hund blickte ihn herzzerreißend traurig an, ehe er noch einmal stöhnte und dann mühsam aufstand. Er schien nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen. Zwar ahnte man, dass er einmal ein schönes Tier gewesen war, doch das war sicher schon lange her.

Als er plötzlich schwankte, hielt Gabe ihn fest. Er streichelte ihn immer noch, und der Hund lehnte sich an ihn.

„Du bist also gekommen, um Hilfe zu suchen?“, redete Gabe leise auf ihn ein. „Das ist gut, hier bist du in Sicherheit. Du hast sogar eine Freundin gefunden, allerdings musst du dich vor ihrer Taschenlampe in Acht nehmen. Wir bringen dich ins Warme. Miss Morrisy, würden Sie bitte Handtücher holen? Wärmen Sie sie kurz im Wäschetrockner vor.“

„Nennen Sie mich Nikki“, forderte sie ihn undeutlich auf.

„Okay, Nikki. Ich bin Gabe.“

Nach zwei oder drei unsicheren Schritten blieb der Hund stehen, weiter kam er nicht. Jetzt hob Gabe ihn so mühelos hoch, als wäre er federleicht, und trug ihn in das Wohnzimmer.

Unterdessen eilte Nikki in ihre Wohnung und nahm mehrere Frottiertücher aus dem Schrank. Das Bild von Gabe mit dem Hund auf dem Arm konnte sie nicht vergessen, es berührte sie zutiefst, was natürlich nur etwas mit dem Hund zu tun hatte, wie sie sich einredete. Alles andere wäre lächerlich.

Sie würde sich von diesem Mann ganz bestimmt nicht aus dem seelischen Gleichgewicht bringen lassen.

Der Hund fror fürchterlich, und sein Fell war so nass, als hätte er die ganze Nacht im Wasser gestanden.

Nikki holte rasch noch ihren Föhn, während Gabe ihm das verkrustete Salz aus dem Fell entfernte. Dann rieb er ihn trocken, und sie half mit der heißen Luft nach. Das große Tier lag jedoch so reglos da, dass sie es am liebsten umarmt und getröstet hätte.

Wie konnte jemand so herzlos sein, diesen Hund auszusetzen und im Stich zu lassen? Solche Leute müsste man zur Rechenschaft ziehen.

„Ihr Freund hat erwähnt, man hätte ihn über Bord geworfen.“

„Ja, und der arme Kerl hängt offenbar immer noch an diesem Unmenschen, der ihm das angetan hat, sonst hätte er nicht stundenlang im Wasser gestanden und herzzerreißend geheult“, antwortete Gabe grimmig.

Ihr kamen immer wieder die Tränen, und sie wischte sie mit der Hand weg. Es war auf einmal alles zu viel, die Emotionen der vergangenen Monate, die Aufregung der letzten Nacht und das Schicksal dieses unglücklichen Hundes. Es war unfassbar, dass jemand diesen gutmütigen Riesen so schlecht behandelt hatte.

Während sie ihn vor dem Kamin trockneten, redete Gabe immer wieder sanft und wie tröstend auf ihn ein, was Nikki erneut zu Tränen rührte.

Seine Worte beruhigten sie fast so sehr wie den Hund, er war ein mitfühlender Mensch und hatte ein gutes Herz. Wie hatte sie jemals glauben können, er würde einen Hund, der in Not war, hilflos seinem Schicksal überlassen? Dieser so kühl und abweisend wirkende Fischer kümmerte sich geradezu rührend um das arme Tier.

Sich Jonathan in einer ähnlichen Situation vorzustellen war unmöglich. Aber was dachte sie sich überhaupt dabei, Gabe und Jon zu vergleichen? Das führte zu nichts. Dennoch konnte sie nicht anders, denn Gabe weckte Wünsche und Sehnsüchte in ihr, die sie so noch gar nicht kannte.

Was für eine Dummheit! Es wäre besser, sie würde sich auf den Hund konzentrieren.

In der Wärme und natürlich auch dank Gabes liebevollen Streicheleinheiten hörte er schon bald auf zu zittern.

„Es wird alles wieder gut, mein Freund. Du bekommst auch gleich etwas Warmes zu fressen“, versprach er.

„Meinen Sie, er hat das Steak gefressen?“

„In dem schlechten Zustand, in dem er sich befindet, vermutlich nicht, sonst würde es ihm etwas besser gehen. Nachts tummeln sich Eulen, Ratten und Wildkatzen am Strand, die ihm wahrscheinlich zuvorgekommen sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass er auf der Suche nach dem Fleisch zurückgekommen ist und schließlich unserem Geruch gefolgt ist. Wohin hätte er auch sonst laufen sollen?“

„Du bist ein armer Kerl, Horse.“ Sie bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten, und merkte, dass Gabe sie beobachtete.

„Horse?“, wiederholte er fragend.

„Ich habe die ganze Nacht an ihn gedacht und finde, er ist fast so groß wie ein Pferd. Horse bedeutet ja Pferd“, erklärte sie. „Außerdem hatte ich Angst, ich hätte Sie so schwer am Kopf verletzt, dass ich mit dem Schlimmsten rechnen müsste. Auch deshalb konnte ich nicht schlafen.“

„Glücklicherweise hat es ja doch noch für alle ein Happy End gegeben“, stellte Gabe leicht spöttisch fest.

Sie warf ihm einen besorgten Blick zu. Würde er jetzt den Tierarzt erwähnen?

„Haben Sie noch mehr Steaks im Kühlschrank?“, versuchte sie ihn abzulenken.

„Nein. Sie vielleicht?“

„Auch nicht. Aber ich habe kalorienreduzierte Fertiggerichte für eine Person da.“

„Gut, das ist besser als gar nichts.“

„Ich hole vier Portionen, das reicht sicher für den Anfang.“

Sie ging in ihre Wohnung, zog sich Jeans und ein T-Shirt an und kam mit den Fertiggerichten zurück. Auch Gabe hatte sich angezogen, und während sie sich gemeinsam um den Hund kümmerten, waren zumindest vorerst alle Feindseligkeiten vergessen.

Das Tier war so schwach, dass es ihm sogar zu anstrengend war, etwas zu fressen. Seine Schnauze sah so aus, als wäre sie wund oder verletzt. „Dafür ist das Salzwasser verantwortlich“, sagte Gabe grimmig, als er ihn säuberte. „Es gibt hier wenig Trinkwasserquellen. Wenn er seit dem Unfall mit dem Kleintransporter umhergeirrt ist, hat er beinah eine Woche nichts getrunken.“

Wir sollten wirklich mit ihm zum Tierarzt fahren, überlegte Nikki. Doch dann mussten sie auch eine Entscheidung treffen, an die sie sich beide nicht heranwagten.

Zuerst päppeln wir ihn auf, alles andere hat Zeit bis später, entschied sie dann. Damit fühlte sie sich viel wohler, und Gabe schien nach demselben Motto zu handeln.

Er versuchte, den Hund zum Trinken zu ermutigen, und sprühte schließlich mit einer Spritze ohne Nadel immer wieder etwas Wasser in seine Schnauze, das er brav hinunterschluckte. Und dann schnitt Nikki Hühnerfleisch in winzige Stücke, die sie ihm nach und nach und sehr langsam zu fressen gab. Glücklicherweise schaffte er es, auch das hinunterzuschlucken.

„Wenn wir ihn zu schnell füttern, wird ihm übel und alles war vergebens.“ Gabe wusste offenbar, wovon er redete. Und wieso hatte er eine Spritze ohne Nadel in der Schublade? Hatte er sich etwa schon früher um verletzte Tiere gekümmert?

Dieser so abweisend und schroff wirkende Fischer mit dem muskulösen Körper war ihr ein Rätsel. Der wortkarge Mann hatte sich in einen sanften, fürsorglichen Menschen verwandelt, der behutsam, unendlich geduldig und liebevoll mit dem so übel zugerichteten Hund umging.

Während sie seine Hände betrachtete, gingen ihr alle möglichen Gedanken durch den Kopf, die sie jedoch rasch wieder verdrängte. Eigentlich hätte sie weiterarbeiten müssen an dem Entwurf für eine Klimaanlage für ein großes Einkaufszentrum, denn der vereinbarte Abgabetermin rückte immer näher.

Und Gabe hätte heute zum Fischen hinausfahren müssen, was für ihn offenbar sehr wichtig war.

Stattdessen saßen sie vor dem Kamin und holten den Hund Schritt für Schritt zurück ins Leben, was ihnen auch zu gelingen schien, denn sie flößten ihm so viel Wasser und Futter ein, dass berechtigte Hoffnung bestand.

Als Horse eingeschlafen war, warf sie Gabe einen kurzen Blick zu und bemerkte seine schmerzverzerrte Miene, die er jedoch hastig zu verbergen versuchte. Hatte er so starke Kopfschmerzen? Die Wunde sah wirklich schlimm aus.

„Sie sollten auch schlafen“, sagte sie.

„Wir müssen uns entscheiden, was wir dem Hund machen wollen.“

„Lassen wir ihn zuerst einmal schlafen. Dann können wir ihn noch einmal säubern, damit er etwas ansehnlicher wirkt, und ihn ins Tierheim zurückbringen“, schlug sie vor. „Vielleicht kann man ihn doch noch vermitteln.“

„Nein, er wird keinen neuen Besitzer finden“, erwiderte er.

Wahrscheinlich hatte er recht. Der Hund hatte viele Narben, über denen sein Fell nicht nachgewachsen war. Und er war eine Mischung aus einem Wolfshund und was auch immer.

„Wir zögern es nur hinaus“, meinte Gabe.

Nikki zuckte insgeheim zusammen und blickte den Hund unglücklich an, ehe sie Gabe ansah und das Gefühl hatte, ihr Schmerz spiegelte sich in seinen Augen.

„Solange er schläft, treffen wir keine Entscheidung.“ Sie klang plötzlich sehr entschlossen. „Ich weiß, dass Sie wütend sind auf mich, aber ich kann das, was geschehen ist, nicht rückgängig machen. Sie haben Kopfschmerzen, deshalb sollten Sie sich hinlegen und sich gesund schlafen, genau wie der Hund.“

„Während sie für uns beide Florence Nightingale spielen?“

„Sparen Sie sich Ihren Sarkasmus.“ Es fiel ihr schwer, die Stimme ruhig klingen zu lassen. „Eine Krankenschwester könnte ich nie sein, aber ich weiß auch so, was Sie und der Hund brauchen. Und ich muss arbeiten.“

„Ich auch.“

„Vergessen Sie es endlich“, fuhr sie ihn an. „Im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht verletzt. Also werde ich hier an Ihrem Esstisch an meinen Entwürfen arbeiten, den Hund im Auge behalten, ihn ab und zu füttern und ihm etwas zu trinken geben und darauf achten, dass das Feuer im Kamin nicht ausgeht. Sie legen sich jetzt hin und stehen erst wieder auf, wenn es Ihnen besser geht.“

„Wollen Sie mich etwa auch im Auge behalten?“

„Alle zwei Stunden vergewissere ich mich, dass alles in Ordnung ist“, antwortete sie bestimmt. „Am besten lassen Sie die Schlafzimmertür auf, damit ich Sie hören kann.“

„Das ist doch Unsinn. Ich habe genug zu tun.“

„Sie haben heute frei. Ich habe Hattie erzählt, dass Sie krank sind. Sie soll nicht denken, ich hätte sie belogen.“

„Kümmern Sie sich wirklich um den Hund?“

„Natürlich, und auch um Sie, bis Sie wieder aufwachen. Danach …“ Sie schaute den Hund an. „Danach überlegen wir, wie es weitergeht.“

Nachdem Gabe die Schlafzimmertür hinter sich zugemacht hatte, rief er Raff an.

„Warum bist du nicht auf dem Kutter?“, fragte der Polizist sogleich. „Hattie hat berichtet, du hättest dich am Kopf verletzt. Du hast dich gestern Abend auch wirklich seltsam angehört. Kann ich dir irgendwie helfen?“

Es spricht sich in Banksia Bay alles viel zu schnell herum, dachte Gabe. Er lebte gern hier, doch es war schwierig, die eigene Privatsphäre zu schützen.

„Hattie hat gesagt, deine Mieterin würde sich um dich kümmern. Stimmt das?“, fügte Raff hinzu.

„Sie hat mich niedergeschlagen“, erklärte Gabe, obwohl er gar nicht beabsichtigt hatte, es zu erwähnen.

„Ah ja.“ Raff schien darüber nachzudenken. „Hatte sie einen Grund dafür?“

„Sie hielt mich wohl für einen Bunyip. Unabhängig voneinander haben wir den Hund gesucht und sind dabei praktisch zusammengestoßen. Sie war mit einer Taschenlampe unterwegs und hat mich damit auf den Kopf geschlagen. Aber ich erwarte von dir, dass es unter uns bleibt“, fügte Gabe scharf hinzu, als Raff anfing zu lachen.

„Großes Ehrenwort“, versprach er. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Kann ich dir helfen?“

„Nein, vielen Dank. Wir haben den Hund gefunden, deshalb rufe ich dich an.“

„Du und Miss Morrissy?“

„Nikki“, korrigierte er den Freund und wünschte sogleich, er hätte es nicht getan.

„Das wird ja immer interessanter. Also, du und Nikki habt …“

„Der Hund ist jetzt hier bei mir“, unterbrach Gabe ihn ärgerlich. „Er hat etwas gefressen, Wasser getrunken und schläft vor dem Kamin. Und ich werde mich jetzt auch hinlegen.“

„Du willst am hellen Tag schlafen?“ Raff konnte es kaum glauben.

„Auf Nikkis Befehl.“ Gabe konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen. „Sie ist sehr dominant.“

„Ach, ist sie das?“

„Schlag es dir aus dem Kopf“, forderte Gabe ihn auf. „Ich will keinen Hund mehr und auch keine Frau. Informier Henrietta, dass der Hund gefunden wurde. Wir bringen ihn heute Abend ins Tierheim.“

„Wir?“

„Kümmere du dich um die Schurken in dieser Stadt“, brachte Gabe ärgerlich hervor. „Ich habe Kopfschmerzen“, beendete er das Gespräch.

Sein Kopf schmerzte wirklich. Dass Nikki alle zwei Stunden zu ihm ins Schlafzimmer kommen würde, war … Nein, darüber wollte er nicht nachdenken. Er seufzte und öffnete die Tür wieder, ehe er sich in die Kissen sinken ließ.