Romana Extra Band 44 - Barbara Wallace - E-Book
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Romana Extra Band 44 E-Book

Barbara Wallace

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Beschreibung

VERFÜHRT UNTER FUNKELNDEN STERNEN von WATERS, JANE
Romantik pur: Auf einem Segeltörn im Mittelmeer kommen Angelo Crespo und die hübsche Lauren sich näher. Heißen Küssen folgen sinnliche Nächte unter funkelnden Sternen. Hals über Kopf verliebt sich der Spanier in die dunkelhaarige Schönheit. Dann der Schock: Hat Lauren einen anderen?

DAS MEER FLÜSTERT DEINEN NAMEN von WALLACE, BARBARA
Schon lange schwärmt Delilah für ihren Boss Simon Cartwright. Kein Wunder also, dass sie überglücklich ist, als der Womanizer sie am Strand von Cape Cod stürmisch küsst. Meint er es ernst, oder ist Delilah nur eine neue Eroberung? Schließlich genießt Simon den Ruf eines Playboys!

NUR EIN KURZER TRAUM VOM GLÜCK? von STEPHENS, SUSAN
Ein Traum wird endlich Wirklichkeit: Bei ihrer romantischen Hochzeit mit dem faszinierenden griechischen Milliardär Theo Savakis schwebt Miranda im siebten Himmel. Bis sie erfährt, dass er sie gar nicht aus Liebe geheiratet hat …

EIN KUSS, SO SÜß WIE WEIN von HAYWARD, JENNIFER
Businessfrau Quinn ist verheiratet - mit ihrer Arbeit! Doch als sie auf einem idyllischen toskanischen Weingut Matteo De Campo trifft, beginnt sie zu träumen: von feuriger Leidenschaft und Liebe. Inständig hofft Quinn, dass Matteos Interesse an ihr nicht rein geschäftlich ist …

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Seitenzahl: 681

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Jane Waters, Barbara Wallace, Susan Stephens, Jennifer Hayward

ROMANA EXTRA BAND 44

IMPRESSUM

ROMANA EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg für Jane Waters: „Verführt unter funkelnden Sternen“

© 2014 by Barbara Wallace Originaltitel: „The Man Behind The Mask“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Gisela Blum

© 2014 by Jennifer Drogell Originaltitel: „The Truth About De Campo“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Johannes Martin

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXTRABand 44 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2006 by Susan Stephens Originaltitel: „The Greek’s Bridal Purchase“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Trixi de Vries Deutsche Erstausgabe 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA EXTRA, Band 44

Erste Neuauflage in der Reihe ROMANA EXTRABand 44 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

Abbildungen: Wavebreakmedia Ltd / Thinkstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733743420

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

JANE WATERS

Verführt unter funkelnden Sternen

Wow! Eine Frau wie Lauren hat Angelo noch nie getroffen. Sofort setzt er alles daran, sie zu verführen. Doch auf leidenschaftliche Nächte folgt bittere Ernüchterung: Lauren scheint bereits vergeben!

BARBARA WALLACE

Das Meer flüstert deinen Namen

Attraktiv, erfolgreich, sexy: Simon ist ein echter Frauenheld! Schon lange schwärmt Delilah für ihren Boss – vergeblich! Bis Simon ihr ein Geheimnis anvertraut, das Delilah Anlass zur Hoffnung gibt …

SUSAN STEPHENS

Nur ein kurzer Traum vom Glück?

Mirandas sehnlichster Traum geht in Erfüllung, als sie den faszinierenden griechischen Milliardär Theo Savakis heiratet. Aber schon bald ziehen dunkle Wolken am Liebeshimmel herauf …

JENNIFER HAYWARD

Ein Kuss, so süß wie Wein

Geschäftsfrau Quinn lebt nur für die Arbeit. Das ändert sich schlagartig, als sie den attraktiven Matteo De Campo kennenlernt. Kann er Quinn das geben, wonach sie sich insgeheim schon lange sehnt?

Verführt unter funkelnden Sternen

1. KAPITEL

Das Land war frisch und grün, und das Meer schimmerte in tiefstem Blau. Jetzt im Landeanflug waren auch die kleinen Windmühlen gut zu sehen, von denen es rund um den Flughafen etliche gab. Lauren blickte aus dem Fenster. So also leuchtete auf Mallorca der Mai! Die letzten Male war sie im Sommer gekommen, wenn die Sonne die Erde ausgetrocknet und das Gras braun gefärbt hatte. Doch im Moment brauchte sie ihre Auszeit früher. Und dringender denn je. Wobei es sich diesmal weniger um eine Auszeit handelte als um eine Bedenkzeit – aber außer ihr wusste das noch niemand.

„Die Landung ist doch immer wieder aufregend“, sagte plötzlich der grauhaarige Mann neben ihr, der während des ganzen Fluges in eine Art Tiefschlaf gefallen zu sein schien. „Sind Sie das erste Mal auf der Insel?“

Lauren wandte den Blick nur ungern von der schönen Landschaft ab, lächelte aber höflich. „Nein“, antwortete sie. „Eine Freundin aus London wohnt seit einiger Zeit hier.“

„Das kann ich gut verstehen, ich bin auch ausgewandert“, sagte der Mann. „Und wissen Sie, dass diese entzückenden Windmühlen das Wahrzeichen Mallorcas sind? Früher waren sie tatsächlich zum Mahlen da, später wurde damit Wasser gefördert.“

„Ach ja?“, fragte Lauren und wusste nicht, was sie von dem unerwarteten Gespräch halten sollte. Der Mann war viel zu alt, als dass er sich für sie interessieren sollte, und an seinem Finger entdeckte sie auch gleich einen Ehering.

„Entschuldigen Sie“, sagte der Unbekannte. „Es ist nur so, ich habe schreckliche Flugangst. Vor allem das Landen macht mir zu schaffen. Reden hilft.“

„Ach so!“ Lauren schmunzelte erleichtert. „Dafür habe ich vollstes Verständnis. Mir ist auch manchmal etwas mulmig beim Fliegen.“ Und bis das Flugzeug zum Stillstand kam, plauderte ihr Sitznachbar mit ihr, als seien sie alte Bekannte. Dann, als alle Passagiere sich erhoben, reichte der Mann ihr eine Visitenkarte. Baker war sein Nachname, und sein Lachen war herzlich.

„Hier“, sagte er. „Falls Sie in der Altstadt von Palma sind und sich etwas Schönes kaufen wollen – dies ist mein Laden.“

„Danke“, antwortete Lauren und las, was auf der Karte stand. Shopping in einer Boutique für Schmuck und Accessoires? So etwas hatte sie sich bisher äußerst selten gegönnt. Allerdings trennte sie nur ein einfaches „Ja“ von einem sorgenfreien Leben. Warum aber empfand sie bei diesem Gedanken keine Erleichterung?

Draußen auf der Gangway blieb sie kurz stehen und atmete tief ein. Die Luft war herrlich warm. Von unten winkte ihr neuer Bekannter noch mal herauf, bevor er in einen der bereitstehenden Busse stieg. Sie winkte zurück und dachte wehmütig daran, dass dieser Mister Baker vom Alter her ihr Vater sein könnte.

Ach, Dad.

Sie schaffte es zwar ab und zu, nicht an seinen Tod zu denken. Doch immer und überall konnte sie der Schmerz plötzlich überfallen. Dabei wäre es doch an der Zeit, endlich auch mal wütend darüber zu werden, was er allen angetan hatte!

In nachdenklicher Stimmung erreichte sie den Terminal. Diesmal durchschritt sie die langen Gänge des Flughafens wie in Trance, fühlte sich isoliert von den vielen Menschen und konnte nichts von der ausgelassenen Urlaubsstimmung empfinden, die einige von ihnen ausstrahlten.

Als sie nach draußen kam, stürmte ihr Cathy entgegen und fiel ihr um den Hals. „Da bist du ja endlich!“

Ihre Freundin sah großartig aus. Die Haut war gebräunt, und ihre Augen funkelten lebendig. „Es ist so viel passiert, seit du das letzte Mal hier warst“, sprudelte es aus ihr heraus.

Lauren stiegen auf einmal die Tränen in die Augen. Sie hatte kaum geweint in den vergangenen Wochen, war immer nur für die anderen da gewesen. Nachts, wenn sie allein war, schlief sie wie ein Stein. Nun lehnte sie sich an Cathy und sagte kein Wort.

Cathy schien Laurens niedergeschlagene Stimmung jetzt erst zu bemerken. „Entschuldige, du sollst erst einmal ankommen. Alles wird gut. Wir machen uns eine tolle Zeit, und wenn du zurückfliegst, geht es dir hundertmal besser. Du wirst sehen.“

„Schön wär’s“, erwiderte Lauren leise und mit einem Anflug von schlechtem Gewissen. Denn nicht einmal ihre beste Freundin wusste, wie es wirklich in ihr aussah. Es war ja nicht nur der Tod des Vaters, der ihr zu schaffen machte. Es war ihr Verlobter Patrick – der sie nun tatsächlich heiraten wollte!

„Komm“, sagte Cathy, nahm das Gepäck und hakte sich bei Lauren unter. „Und erzähl. Wie geht es deiner Mutter und deinen Geschwistern?“

Das schlechte Gewissen wurde größer. Ihre kleine Schwester Shirley hatte bei ihrer Abreise bitterlich geweint. „Ich komme doch wieder“, hatte Lauren ein ums andere Mal gesagt. So, wie der Vater es auch immer versprochen hatte. Nur, dass er so oft eben nicht wiederkam und nun für immer fort war.

Auch Patrick hatte es ihr nicht leicht gemacht. „Wieso fährst du gerade jetzt?“, hatte er fast vorwurfsvoll gefragt. „So richtig verstehe ich dich nicht.“

Lauren wischte sich eine Träne fort. Das Schlimmste wusste Cathy noch nicht. „Es geht zu Hause nicht so gut“, erzählte sie. „Du weißt doch, dass mein Vater immer mal wieder ein wenig Geld verspielt hat …“

„Ja?“ Cathy sah sie alarmiert an.

„Nun … es war viel mehr, als wir ahnten. Er hat auch das Sparkonto geplündert. Es ist leer. Meine Mutter hat es erst vor ein paar Tagen bemerkt. Das Geld war angelegt worden, damit wir unser Haus abbezahlen können. Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergehen soll.“

Wie angewurzelt blieb Cathy stehen. „Aber das kann doch nicht sein!“

„Doch.“ Lauren ging einfach weiter und spürte wieder diesen Schmerz in der Brust. So unzuverlässig ihr Vater auch gewesen war: Er fehlte ihr schrecklich. In guten Zeiten war er oft lustig und warmherzig gewesen. Seine Spielsucht hatte er bis zu seinem überraschenden Tod gut herunterspielen können. „Wir könnten das Haus verlieren, wenn alles schiefläuft“, gestand sie.

„Mist“, sagte Cathy. „Und ein Glück.“

„Ein Glück?“ Lauren verstand nicht, was ihre Freundin meinte.

„Na, dass du Patrick bald heiraten wirst! Er wird euch ja wohl helfen, oder nicht?“

„Ja, wenn wir bald heiraten, dann wird er uns wohl helfen“, wiederholte Lauren geistesabwesend und versuchte, endlich ein bisschen Erleichterung bei diesem Gedanken zu verspüren. Doch nichts. Dabei musste sie doch – erst recht in dieser Situation – glücklich sein, dass ihre Zukunft gesichert war! Zumal Patricks Karriere als Banker zunehmend besser lief.

„Das wird schon“, sagte Cathy und hielt Lauren an der Schulter fest. „Wir reden später noch mal in Ruhe über alles. Lass dich erst einmal verwöhnen, okay?“

Lauren versuchte, tapfer zu lächeln. Ihre Freundin hatte ja recht: Sie sollte ihre Zeit hier genießen und auftanken. Diese inneren Zweifel wegen der Heirat waren wohl eher eine Art Torschlusspanik. Und das war vor dem größten Schritt ihres Lebens vielleicht auch völlig normal.

Lauren konnte es kaum glauben. „Hier wohnst du?“, fragte sie staunend, als sie aus dem Wagen stiegen. Sie stand in einem blühenden Garten und blickte auf ein kleines aus Feldsteinen gemauertes Landhaus mit grün umwucherter Terrasse, neben dem sogar ein paar Palmen wuchsen.

„Und ich habe noch eine Überraschung“, sagte Cathy schmunzelnd. Sie hatte Lauren während der Fahrt vom Flughafen beiläufig erzählt, dass sie ihr Apartment in der Stadt gegen eine Bleibe auf dem Land eingetauscht hatte. Doch dies hier war nicht nur eine Bleibe – dies war ein kleines Paradies. Die Miniausgabe eines Märchenanwesens. Noch bevor Lauren etwas erwidern konnte, hob Cathy die Hände und sagte: „Es gibt nur kaltes Wasser. Und zum Wärmen haben wir auch nur einen Kamin. Das Haus ist sehr einfach ausgestattet, aber wir finden es einfach wundervoll.“

„Wir?“ Lauren sah sich um.

Cathy lachte. „Lucas und ich!“, rief sie dann.

Da öffnete sich die Tür zur Veranda, und ein junger Mann trat heraus. Er war nicht sehr groß, aber gut gebaut. Dunkle Augen, dunkles Haar, nettes Lächeln. Cathy hatte ihr von Lucas erzählt, aber nicht, dass sie zusammen hier wohnten.

„Hola“, grüßte Lucas freundlich und kam auf Lauren zu. Er blieb vor ihr stehen, platzierte zwei Küsschen auf ihren Wangen und lachte sie an. „Tu erés Lauren, la mejor amiga de Cathy, verdad?“

Cathy stellte sich hinter Lucas und schlang die Arme um ihn. „Er spricht nur Spanisch.“ Verschmitzt sah sie hinter seinem Rücken hervor. „Er sagte: Du bist also Lauren, Cathys beste Freundin.“

Lauren musste lachen, so verblüfft war sie. Aber Cathy war schon immer etwas draufgängerisch gewesen. Als Mädchen war sie hin und wieder von zu Hause ausgebüxt, in der Klasse war sie die Erste gewesen, die einen echten Freund vorzuweisen hatte, und nach einem Urlaub auf Mallorca war sie einfach dortgeblieben. Als freie Journalistin konnte sie schließlich fast überall arbeiten. Und es war natürlich auch Cathy gewesen, die Lauren vor zwei Jahren auf diese exklusive Party in London geschleppt hatte, wo sie Patrick kennengelernt hatte. „Das ist wirklich dein Ernst?“, fragte Lauren, obwohl sie die Antwort bereits kannte: ja. Cathy machte eben, wozu sie Lust hatte.

„Aber sicher“, antwortete die Freundin. „Die Finca gehört entfernten Verwandten von Lucas, die sich freuen, wenn wir uns ein wenig um das Haus kümmern. Komm, ich zeige dir alles! Und Lucas bereitet gerade ein kleines Abendessen vor. Er ist ein fantastischer Koch – von Berufs wegen und privat erst recht.“

Kaum war Lucas wieder im Haus verschwunden, kniff Lauren Cathy in den Arm und sagte: „Ich meinte mit meiner Frage nicht so sehr das Haus – ich meinte, du wohnst ernsthaft mit ihm hier? Sagtest du neulich nicht, er wäre nur ein Liebhaber?“

Cathy lachte laut auf und warf dabei den Kopf in den Nacken. „Die Dinge ändern sich eben ständig. Er ist mittlerweile mehr als das. Ich bin wirklich verliebt, Lauren. Alles kam zusammen. Jetzt probiere ich es eben aus. Ich wollte schon immer mal in einer dieser romantischen Fincas hier im Grünen wohnen. Diese Ecke Mallorcas ist wunderschön. Du wirst dich hier wohlfühlen!“

Sprachlos ließ sich Lauren herumführen, roch an den vielen verschiedenen Blumen und pflückte sich eine Orange. Im Gästezimmer, das zwar klein, aber gemütlich war, legte sie sich kurz aufs Bett und starrte an die Decke. Sie freute sich wirklich für ihre Freundin – aber sie konnte diesen kleinen Stich in der Brust nicht leugnen, der ihr sagte, dass sie wohl niemals so frei und glücklich sein würde. Lauren bedeckte das Gesicht mit den Händen. Da waren sie wieder, diese Zweifel. Was war nur mit ihr los?

Liebte sie Patrick nicht mehr?

Oder musste die Frage nicht vielmehr lauten: Hatte sie ihn je wirklich geliebt? Hatte sie sich vielleicht einfach nur geschmeichelt gefühlt und seine Hilfe gerne angenommen, als sie diese dringend benötigt hatte? Schließlich hatte er ihr diesen guten Job bei der Bank besorgt, der ihren drei jüngeren Geschwistern ein etwas besseres Leben ermöglichte.

Es klopfte an der Tür, und Lauren setzte sich auf. Cathy steckte den Kopf herein. „Essen ist fertig!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Kommst du?“

Lauren verspürte nur wenig Hunger und nicht einmal ein Tausendstel des Glücks, das Cathy zu durchströmen schien. Aber sie wollte sich auch nicht so gehen lassen. Das war Cathy gegenüber unfair, die sich so über ihren Besuch zu freuen schien. Also raffte sie sich auf und folgte ihr auf die Veranda. Durch die blühenden Ranken sickerte mildes Abendlicht, und der Tisch war festlich gedeckt. Neben Brot und Oliven standen dort eine Schüssel mit grünem Salat, ein Teller mit kross gebratenen kleinen Fischen und mariniertes Gemüse.

„El entrante“, präsentierte Lucas die Vorspeise. Er goss golden schimmernden Wein in die Gläser und setzte sich dicht neben Cathy auf die Bank. Sofort schmiegte sie sich an ihn, und gleich nach dem ersten Bissen murmelte sie etwas in sein Ohr – wahrscheinlich, wie unglaublich fantastisch sie seine Kochkünste fand. Als Antwort verschlang Lucas sie mit den Augen. Wie Verliebte es eben tun, dachte Lauren. Und wie sie es nie mit Patrick gemacht hatte. Oder er mit ihr. Allerdings war Patrick auch kein temperamentvoller Südländer, sondern ein beherrschter und eher rationaler Typ. Ein Landsmann eben.

„Entonces – por que pareces tán triste?“, fragte Lucas lächelnd, nachdem er den Hauptgang aufgetragen hatte, der aus einer köstlichen Tortilla bestand, die mit Garnelen und frischen Kräutern angereichert war.

Fragend sah Lauren ihre Freundin an. „Du erscheinst ihm so traurig“, übersetzte diese. „Er möchte wissen, woran das liegt.“

Lauren liebte die mediterrane Küche, aber von einem Moment auf den andern verlor sie jeden Appetit. Sie hatte versucht, dem Geplauder höflich zu folgen und den einen oder anderen geistreichen Kommentar von sich zu geben, doch je länger sie dem Geturtel der beiden zusehen musste, desto elender ging es ihr. Cathy wusste ja nicht, dass sie mit Patrick schon länger nicht mehr glücklich war. Sie hatte es ihr erst jetzt bei diesem Besuch in einem vertraulichen Moment erzählen wollen. Nun fragte sie sich allerdings gerade, ob sie überhaupt auf die Insel gekommen wäre, hätte Cathy ihr vorher von ihrem überbordenden neuen Liebesglück erzählt. Neben den beiden Verliebten kam sich Lauren nämlich ziemlich überflüssig vor.

„Es ist wegen meines Vaters“, sagte Lauren und sah dabei angestrengt auf ihren Teller. Aber ihre Herzensangelegenheiten gingen Lucas ja wohl kaum etwas an. „Und wegen des Schocks, dass er einfach so unser Geld verspielt hat. Es waren unsere gesamten Rücklagen, die vom Konto verschwunden sind.“

Cathy übersetzte, sprach aber ziemlich lang, und am Ende lachte sie wieder. Laurens Stimmung sank weiter. Cathys ewig gute Laune konnte einem manchmal auch auf die Nerven gehen. „Was ist denn so lustig?“, fragte sie etwas gereizt.

„Ich habe ihm auch davon erzählt, dass du aber Patrick an deiner Seite hast, ihr bald heiraten möchtet, und er euch sicherlich helfen wird“, sagte Cathy. „Es ist schließlich immer wichtig, in jeder Situation auch die guten Aspekte zu sehen.“

„Qué suerte!“, rief Lucas aus, hob das Glas und prostete ihr zu. Ein paar Brocken Spanisch konnte Lauren zumindest verstehen: Was für ein Glück!

Am liebsten wäre sie aufgesprungen. Schön, dass die beiden sich einig waren! Ihr jedoch war es im Moment völlig schleierhaft, wie sie sich in den nächsten zwei Wochen hier entspannen sollte. Etwa eingeschlossen in dem kleinen Gästezimmer?

„El postre!“, präsentierte Lucas dann noch die Nachspeise, die aus einem selbst gemachten Orangen-Sorbet bestand, natürlich mit Früchten aus dem Garten, wie Cathy stolz betonte. Da begriff Lauren, dass sie sich nichts mehr vormachen konnte: Das hier war einfach zu harmonisch. Und ihre Freundin hätte sie davor warnen müssen.

„Lucas geht fast jeden Tag arbeiten, er kocht in einem Restaurant in der Stadt“, erfuhr Lauren dann aber von Cathy und war direkt etwas erleichtert. Also würde sie wenigstens ab und zu ein wenig allein sein können.

„Und auch wir beide fahren morgen nach Palma“, fuhr Cathy fort.

„Ich weiß nicht …“, wehrte Lauren ab. Sie sah sich eher den ganzen Tag im Garten liegen und in den Himmel starren.

„Ich könnte dort nämlich vielleicht ein ganz interessantes Interview führen.“ Cathy nahm auf dem Stuhl neben Lauren Platz, während Lucas aufstand und ins Haus ging.

„Ich brauche erst einmal etwas Ruhe.“

Doch Lauren war klar, dass sie bei Cathy nicht so leicht davonkam. Ihre Freundin hatte es nur selten gelten lassen, wenn sich Lauren lieber von der Welt zurückziehen wollte. Etwa immer dann, wenn ihr Vater wieder mal ein paar Tage nicht nach Hause gekommen war. Ganz zu schweigen von der Zeit, als Lauren diese leidenschaftliche, aber höchst unglückliche Liebesaffäre mit Matthew gehabt hatte, vor dem sie alle ausdrücklich gewarnt hatten …

„Schau mal“, sagte Cathy und hatte auf einmal eine Zeitschrift in der Hand, in der es offensichtlich ums Segeln ging. Cathy deutete auf die doppelseitige Großaufnahme einer Segeljacht – das Boot schien mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet zu sein. Instinktiv musste Lauren lächeln. Segeln war immer schon ihr großer Traum gewesen. Es musste fantastisch sein, so frei und nur angetrieben vom Wind unter dem weiten Himmel über das endlose Meer zu fahren.

Dann blieb ihr Blick unwillkürlich an dem Mann hängen, der auf dem Bild an Bord zu sehen war: schlank und doch muskulös, von der Sonne gebräunt, lehnte er an der Reling und sah versonnen aufs Meer hinaus. Auf zehn Meter Entfernung konnte ein Halbblinder sehen, dass er fantastisch gut aussah.

„Diesen Typ möchte ich gerne interviewen“, sagte Cathy. „Er heißt Angelo Crespo, ist ein begehrter Junggeselle aus einer reichen spanischen Unternehmerfamilie, und er war zwei Jahre auf See unterwegs. Eine tolle Geschichte, wie ich finde, und ein Geheimtipp einer Bekannten. Er gilt als medienscheu. Aber du könntest mich begleiten, vielleicht sagt er bei zwei hübschen Frauen einfach ja. Außerdem schlenderst du doch so gerne durch den großen Jachthafen in Palma. Morgen könntest du vielleicht sogar eines dieser Boote dort betreten“ Sie tippte auf das Magazin, genau auf die Stelle, wo der schöne Fremde stand. „Und danach trinken wir irgendwo einen Kaffee oder gehen ein bisschen shoppen. Was meinst du?“

„Ja, fantastisch“, murmelte Lauren und wusste eigentlich gar nicht, was genau sie damit meinte: das große Segelboot mit dem passenden Namen „Sea Dream“, diesen Traummann mit dem irgendwie verheißungsvoll klingenden Namen oder die Art und Weise, wie es Cathy immer wieder schaffte, sie doch rumzukriegen. Denn eben hatte sie noch auf gar keinen Fall mitgehen wollen.

Cathy lachte. „Also gut! Morgen Nachmittag fahren wir gemeinsam dorthin, abgemacht.“

Laurens Blick haftete immer noch auf diesem Mann, der so unnahbar schien und gleichzeitig überaus anziehend wirkte. Und ja, sie liebte es, sich in der Marina die unzähligen Jachten und Boote anzuschauen und davon zu träumen, sie könnte einfach einsteigen. Aber eine Stimme in ihr sagte auch, sie sollte besser nicht mitgehen. Sie kannte diese Stimmen schon, sie schienen mal dies und mal das zu flüstern. Einmal: Heirate! Ein anderes Mal: Heirate nicht! Und damals bei ihrer unglücklichen Affäre war es genauso gewesen: Lass dich verführen! hatte eine Stimme ihr nicht nur einmal zugeflüstert, während eine andere sie gewarnt hatte: Du musst dich vor diesem Mann schützen!

Etwas in Lauren zog sich zusammen, als sie versuchte, den Blick von dem Hochglanzfoto zu lösen. Wahrscheinlich, weil dieser Mann auf dem Boot eine vage Ähnlichkeit mit Matthew hatte, und wenn es nur das umwerfende Aussehen war. Ein Segeltörn mit so einem Mann … Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Das war die abwegigste Idee, die ihr seit Langem gekommen war. Seltsamerweise schlug ihr Herz bei diesem Gedanken sofort schneller.

2. KAPITEL

Angelo hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Warum hatte er sich nicht einfach unter Deck versteckt?

„Dein Wein ist ein wenig zu warm, Darling“, beschwerte sich Danielle. „Außerdem habe ich mir das Wiedersehen ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt. Du sagst ja kaum ein Wort. Jetzt setz dich doch wenigstens mal zu mir.“ Seine Besucherin klopfte mit der flachen Hand neben sich auf die Couch und schlug ein Bein über das andere.

Er betrachtete Danielle mit zunehmend gemischten Gefühlen. Schon länger hatte er mit keiner Frau mehr das Bett geteilt, und Danielles Aussehen war wie immer makellos. Dennoch ließ es Angelo seltsam kalt, dass seine einstige Liebschaft plötzlich einfach so aufgetaucht war. Nicht viele wussten, dass er auf Mallorca ein paar Tage Halt machte, bevor er zur letzten Etappe nach Barcelona aufbrach, wo seine Freiheit ein Ende haben würde.

Angelo erhob sich. „Soll ich dir Eiswürfel bringen?“ Er bemühte sich, höflich zu sein, obwohl er heute gern alleine geblieben wäre. Um sich wieder an die Zivilisation zu gewöhnen, brauchte er seine Zeit. Die letzte Etappe hatte er sogar ohne Bootsmann zurückgelegt, weil er die Ruhe und Einsamkeit beim Segeln so liebte.

„Eiswürfel? Gern. Wenn du auch etwas mit mir trinkst …“ Danielle sah ihn kokett an.

„Nein“, sagte er. „Danke. Nicht am helllichten Tag.“

Danielle nahm das Bein wieder herunter und stampfte dabei mit dem Absatz ihres Stilettos geräuschvoll auf den Boden. Nicht einmal auf der Jacht zog sie ihr halsbrecherisches Schuhwerk aus. „Als ob es darum ginge!“, meinte sie mit gereizter Stimme.

Je länger Angelo sie betrachtete, desto klarer wurde ihm, dass er rein gar nichts mehr für Danielle empfand. Sie hingegen machte aus ihren Absichten kein Geheimnis. Sie war von Beginn an offensiv gewesen, und eigentlich gefiel ihm das nicht. Er eroberte eine Frau lieber.

„Also keine Eiswürfel?“, fragte er kühl. Wie er Danielle kannte, würde sie alsbald beleidigt abrauschen, wenn er sie nun derart abblitzen ließ.

„Doch, bitte“, schnappte Danielle jedoch.

Er stöhnte innerlich auf, drehte sich und stieg die Stufen zur Küche hinunter. Geräuschvoll ließ er ein paar Eiswürfel ins Glas fallen. Eine halbe Stunde musste er wohl erübrigen. Schließlich hatte er mit Danielle eine nicht so schlechte, wenn auch nur kurze Zeit verbracht. Doch die Einsamkeit der letzten Zeit hatte ihn verändert. Danielle war nicht mehr reizvoll für ihn. Immer weniger Frauen waren es.

Plötzlich hörte er jemanden seinen Namen rufen. Oder täuschte er sich?

„Señor Crespo!“

Nun vernahm er es deutlich und sah durch ein offenes Fenster hinaus. Tatsächlich standen auf dem Quai zwei Frauen, eine Blonde und eine Dunkelhaarige mit kurzen Locken. Beide hatte er noch nie zuvor gesehen, doch offenbar wollten die Damen, die er auf Mitte zwanzig schätzte, zu ihm. Er ließ die Eiswürfel stehen und ging zum Vorderdeck. „Ja, bitte?“

Die Blonde trat einen Schritt vor. „Señor Crespo, bitte entschuldigen Sie die Störung. Hätten Sie ein wenig Zeit für mich? Ich bin Journalistin und würde gerne ein Interview mit Ihnen führen.“ Erwartungsvoll sah sie ihn an.

Angelo fühlte sich überrumpelt. Sie sprach gut Spanisch, war aber offenbar Ausländerin. Woher wusste sie, wo er sich aufhielt? „Ach ja? Worüber denn?“, fragte er reserviert und ließ seinen Blick auch über die Begleiterin schweifen. Sie war viel weniger aufgetakelt und wirkte irgendwie zerbrechlich. Auf jeden Fall gefiel sie ihm besser als die Blonde, dachte er unsinnigerweise, denn er hatte nicht vor, die beiden Frauen näher kennenzulernen

Von hinten hörte er Danielle rufen: „Angelo, wo bleibst du?“

Und die Blonde auf dem Quai antwortete: „Ich möchte mit Ihnen über das Segeln sprechen. Über Ihre lange Tour. Ich denke, die Leser würde es faszinieren, mehr über diese zwei Jahre zu erfahren.“

Dies ließ ihn ein wenig aufhorchen. „Für wen arbeiten Sie? Und woher wissen Sie von mir?“

„Mein Name ist Cathy Ronalds“, sagte die Blonde. „Ich bin freie Journalistin und würde den Beitrag gerne für eine neue Reihe in der Zeitung ‚Diario de Mallorca‘ schreiben, die über besondere Menschen und ihre Abenteuer und Missionen berichtet. Eine Bekannte gab mir den Tipp, mich an Sie zu wenden.“

„Aha“, antwortete er, immer noch wenig überzeugt. Aber durch das unvorhergesehene Auftauchen der beiden konnte er Danielle, die sicher gleich wieder nach ihm verlangen würde, auf der Stelle schnell und unkompliziert loswerden. Und die zwei Ladys konnte er ja jederzeit fortschicken, falls ihm das Interview nicht behagte. Über das Segeln sprach er gern, es war ein unverfängliches Thema. Und wenn er ehrlich war, war es das Einzige, was ihn wirklich im Leben begeisterte.

Er nahm die Dunkelhaarige ins Visier. Auf den ersten Blick wirkte sie unscheinbar, aber gleichzeitig sah sie ein bisschen forsch aus mit den kurzen Locken, die ihr wirr ins Gesicht fielen. „Und wer sind Sie? Möchten Sie sich nicht auch kurz vorstellen?“ Sein Blick fiel auf ihre Brüste, die sich deutlich unter der weißen Bluse abzeichneten, und sie wirkte sofort etwas verlegen. Auf so eine Reaktion konnte er bei einer Person wie Danielle natürlich lange warten.

„Was sagt er?“, fragte die Dunkelhaarige die Journalistin leise auf Englisch. Offenbar verstand sie kein Spanisch. Nun, kein Problem. Fließend wechselte er ins Englische. „Bevor ich Sie an Bord lasse, wüsste ich doch wenigstens gerne, wer Sie sind“, sagte er und meinte es nicht halb so ernst, wie es vielleicht klang.

„Oh ja, natürlich!“ Sie lächelte kurz. „Mein Name ist Lauren Featherstone. Ich … begleite meine Freundin. Ich bin nur zu Besuch.“

„Sie ist fasziniert vom Segeln“, ergänzte die Journalistin. „Wenigstens einmal wollte sie so eine Jacht betreten, wenn auch nur im Hafen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass sie mit dabei ist.“

„Sie segeln also kleinere Jachten?“, fragte Angelo und dachte daran, dass die Frauen, die er kannte, sich meistens nur herumfahren ließen und von der Praxis keine Ahnung hatten.

„Nein, nein“, wehrte diese Lauren Featherstone vehement ab. Federstein, was für ein seltsamer Name. Doch er passte zu ihr, denn er war widersprüchlich wie ihre Person: eher unscheinbar, aber doch keineswegs uninteressant.

„Ich bin noch nie gesegelt“, sagte sie und warf ihrer Freundin einen Blick zu, der vielleicht sagen sollte: Was erzählst du denn da?

„Angelo!“, ertönte Danielles Stimme nun lauter. „Was ist denn los? Mit wem sprichst du?“

„Kommen Sie an Bord“, sagte Angelo und reichte einer nach der anderen kurz die Hand, als sie über den Steg das Boot betraten.

Laurens Augen waren grün. Fast so wie Seegras, dachte er, als sie ihn mit einem kurzen Blick streifte. Und was er eben über sie gehört hatte, hallte in seinem Kopf nach: Sie wollte eine solche Luxusjacht wenigstens einmal betreten haben, und wenn auch nur im Hafen! So etwas hatte er schon lange nicht mehr gehört. Andere Menschen hatten also noch Träume. Ein richtiger Segeltörn musste für diese Lady dann wohl das Größte sein.

Sein Traum hingegen war so gut wie beendet. Bald würde er jeden Morgen zur gleichen Zeit im Büro sitzen, und er würde Tag für Tag unzähligen Menschen begegnen müssen. Die beiden vielleicht besten Jahre seines Lebens waren vorbei. Und sie hätten perfekt sein können, hätte er eine Frau getroffen, die ihm die ungeteilte Lust am Leben und an der Liebe wiedergegeben hätte.

Als Lauren auf den Bootssteg trat und Angelo Crespo kurz ihre Hand hielt, hatte sie für einen Moment das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Kühl sah er sie von oben an, und doch sandte sein Blick eine Hitzewelle durch ihren Körper.

Seine Augen waren hellblau, die Haut von der Sonne gebräunt und das etwas längere Haar nicht so dunkel wie das vieler Südländer, sondern von der Sonne ein wenig gebleicht. Wie ein typischer Spanier sah er nicht aus, dafür aber fast noch besser als in dem Magazin, das Cathy ihr am Tag zuvor gezeigt hatte.

Er wirkte distanziert und beherrscht, und trotzdem kam es Lauren in den Sinn, dass er bestimmt ein leidenschaftlicher Liebhaber war. Unter dem eng anliegenden weißen T-Shirt zeichnete sich deutlich sein muskulöser Oberkörper ab.

„Bitte setzen Sie sich“, sagte er nun, als sie und Cathy an Bord waren, und wies auf eine überdachte Sitzgruppe aus eleganten Ledersesseln in Schwarz und Weiß. „Ich bin gleich wieder zurück.“

Als er verschwunden war, zwinkerte Cathy ihr zu. „Der erste Schritt ist getan“, sagte sie leise und machte es sich in einem der Sessel bequem. „Ich vermute, der Typ ist ein verwöhnter reicher Sohn, der so tut, als wäre er ein mutiger Abenteurer. Ob das stimmt, versuche ich gleich herauszukriegen.“ Sie gab sich völlig unbeeindruckt von der Begegnung und dem ganzen Luxus hier, und das war typisch für sie. Cathy gehörte zu jenen Journalistinnen, die reichen Menschen erst einmal kritisch gegenüberstanden. Es gehörte wohl zu ihrer Berufsauffassung.

Lauren jedoch sah sich staunend um. Die „Sea Dream“ war tatsächlich traumhaft und offenbar bestens ausgestattet. Allein schon an Land auf so einem Schiff zu sein, fühlte sich aufregend an. Ihr Herz klopfte. Dass die Aufregung vielleicht aber mehr mit diesem unglaublich attraktiven Mann zu tun hatte, diesen Gedanken verdrängte sie im Augenblick lieber.

Auf einmal war eine hohe Stimme zu hören und dazu das Geräusch klappernder Absätze. Eine Frau kam von hinten. Lauren hatte sie eben rufen hören. Sie ging sehr aufrecht, trug atemberaubend hohe Stilettos, eine große Sonnenbrille und ein schickes Kostüm, das ihre perfekte Figur betonte. Als sie an Lauren vorbeiging, verzog sie keine Miene. Doch als sie sich umdrehte und zu Angelo hinsah, zog sie einen Schmollmund.

„Lo siento, Danielle“, sagte Angelo, eine Redewendung, die Lauren schon kannte: Es tut mir leid. Bestimmt war diese attraktive Frau seine Freundin – oder zumindest seine Geliebte. Ein Mann wie Angelo Crespo war vielleicht Junggeselle, aber wohl selten wirklich allein. Außer auf dem Meer vielleicht.

Die Frau murmelte etwas auf Spanisch, drehte sich um und trat auf den Steg. Einen kleinen Moment strauchelte sie, doch sie fing sich schnell und stolzierte davon.

Laurens Blick ging zwischen ihr und Angelo hin und her. Er stand dort ganz lässig, die Hände in den Hosentaschen. Das Auftreten seiner Besucherin schien ihn kalt zu lassen. Dabei war es offensichtlich, dass sie gekränkt war.

Dann bemerkte Lauren, dass Angelos Blick auf ihr ruhte. Fragend sah er sie an. Wie peinlich! Erstens stand sie hier immer noch herum, und zweitens ging es sie überhaupt nichts an, was zwischen diesem Mann und seiner Gespielin vorging. Er aber hatte wohl mitbekommen, wie interessiert sie eben alles beobachtet hatte.

„Sie möchten sich also nicht setzen?“, fragte er sie nun und strich sich mit der Hand über das Kinn.

„Doch, doch“, beeilte sie sich zu sagen und bemerkte, dass auch Cathy sie fragend ansah.

Angelo wies auf einen der freien Sessel, dann nahm er neben Lauren Platz. Sie wagte einen kurzen Seitenblick auf ihn. Sein Profil war markant und ebenmäßig zugleich, und sie bildete sich ein, seinen Geruch wahrnehmen zu können: herb und frisch wie das Meer. Ganz sicher war jedenfalls, dass sie niemals zuvor neben einem so umwerfenden Mann gesessen hatte.

„Nehmen Sie sich Wasser, wenn Sie wollen“, sagte er knapp und deutete auf die Karaffe und die Gläser, die auf dem Beistelltisch bereitstanden. Cathy schüttelte den Kopf. Lauren hatte zwar eine trockene Kehle, verneinte aber ebenso.

Angelo Crespos distanziertes Auftreten zeigte deutlich, dass er über ihren Besuch nicht besonders erfreut war. Was sie durchaus verstehen konnte. Wer mochte es schon, so überfallen zu werden? Höchstens ein eitler Mensch, der sich gerne in allen Zeitungen sah.

„Gut“, sagte Angelo zu Cathy. „Beginnen Sie mit Ihren Fragen.“

Cathy hatte ihr Notizbuch gezückt und ließ den Blick über die Jacht schweifen. „Zwei Jahre waren Sie unterwegs. Möchten Sie etwas darüber erzählen?“

Er zog eine Augenbraue hoch und sah Cathy etwas irritiert an. „Was möchten Sie denn genau wissen?“

„Vielleicht die einfachste Frage: warum?“

„Warum was?“ Angelos Stimme war tief und klar.

„Warum zwei Jahre auf See? Einerseits diese unglaubliche Herausforderung, so lange unterwegs zu sein, andererseits aber …“ Sie machte eine bedeutungsvolle Pause und dazu eine ausladende Handbewegung. „All dies hier. Es hat Ihnen sicherlich an nichts gemangelt, nehme ich an?“ Cathy gab sich ziemlich selbstbewusst.

Es entstand eine kurze, unangenehme Pause.

„Worauf wollen Sie hinaus?“, fragte Angelo dann auf einmal in einem etwas schärferen Ton.

Cathy ließ ihren Stift sinken und wollte etwas erwidern, doch Angelo kam ihr zuvor: „Wenn Sie meinen, Sie könnten mir irgendetwas in den Mund legen, was Sie sich in Ihrem Kopf über mich zusammengereimt haben, dann können Sie gleich wieder gehen.“

Lauren hielt die Luft an. Deutlich lag nun eine Spannung in der Luft, die eben noch nicht da gewesen war. Cathy hätte das Interview vorsichtiger angehen sollen.

Schon stand Angelo auf, und eine große Enttäuschung machte sich in Lauren breit. Sie hätte nun selbst gerne etwas über den Spanier erfahren, doch nun würde er sie sicherlich auffordern, zu gehen.

„Sie können jetzt noch einmal kurz nachdenken, wie Sie das Interview führen möchten, denn ich gebe jedem gerne eine zweite Chance“, sagte Angelo zu Cathy, die ihn ziemlich verblüfft ansah.

Er stand neben Lauren, und sie hätte ihn am liebsten an Cathys Statt um Entschuldigung gebeten. Da spürte sie auf einmal seine Hand auf ihrer Schulter und sah überrascht zu ihm auf. Wieder traf sie dieser kühle, unergründliche Blick.

„Ihnen zeige ich in der Zwischenzeit das Boot, wenn Sie daran so interessiert sind“, sagte er. „Ihre Freundin kann sich so lange besinnen. Kommen Sie.“

Mit einem kurzen, sanften Druck seiner Finger bedeutete er ihr aufzustehen. Lauren blieb nichts anderes übrig, als seiner Aufforderung nachzukommen, und sah zu Cathy hinüber, die kurz die Schultern hob und ihr leicht zunickte. Dann folgte sie Angelo mit weichen Knien. Dieser Besuch hier lief völlig anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Aber genau das gefiel ihr irritierend gut.

Angelo war über seine Reaktion selbst erstaunt. Noch nie hatte er ein Gespräch so schnell abgebrochen, und vor wenigen Minuten hatte er nicht im Traum daran gedacht, eine der beiden ungebetenen Besucherinnen über sein Schiff zu führen. Aber die Journalistin hatte eben instinktiv den Finger in eine Wunde gelegt.

Er stieg die Stufen hinab in den geräumigen Innenraum der Segeljacht, der als Salon diente. Für seinen Geschmack war das Schiff unnötig luxuriös ausgestattet, doch es war nun mal ein Geschenk seines Vaters gewesen: zum Abschluss seines Studiums mit Bestnoten.

Aber die Sache hatte einen großen Haken: Dieses Geschenk war auch eine Art Bestechung. Schon als Jugendlicher war Angelo eher ein Rebell gewesen und hatte sich nie so richtig mit dem Gedanken anfreunden können, in die überaus erfolgreiche Firma seines Vaters einzusteigen. In mehreren europäischen Metropolen hatte die internationale Unternehmensberatung „El Tesoro“ mittlerweile ihre Filialen. Und eine davon hätte er nach seinem dreißigsten Geburtstag leiten sollen.

Als es vor zwei Jahren dann so weit war, kam es zum Eklat. Er konnte sich partout nicht vorstellen, nach dem langen Studium direkt in den zeitraubenden Job zu wechseln. Stattdessen plagte ihn das Gefühl, das Leben ginge an ihm vorbei.

In einer der vielen Auseinandersetzungen mit seinem Vater war dann dieser Deal entstanden: Zwei Jahre Freiheit durfte er ohne Unterbrechung auf seiner Jacht noch genießen. Zwei Jahre, in denen er aber auch die Metropolen anzufahren hatte, in denen er künftig leben und arbeiten konnte.

Doch nun war diese Zeit vorbei, und die Firma wartete auf ihn. Er hätte diese Jacht niemals annehmen dürfen, das war ihm nun zum Ende seiner Reise klar geworden. Und die Journalistin hatte ihn mit ihrer Andeutung von „all dem hier“ unwissentlich auf diesen Fehler hingewiesen.

Allerdings war er damals aus Barcelona auch mehr oder weniger geflüchtet. Es war unerträglich gewesen, wie Freunde und Bekannte nach jenem Vorfall, den er wohl niemals vergessen würde, plötzlich über ihn geredet hatten.

„Entschuldigen Sie …“, hörte er Laurens Stimme hinter sich. Für einen kurzen Moment hatte ihn die Vergangenheit so sehr wieder eingeholt, dass er einfach stehen geblieben war und vor sich hingestarrt hatte. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“

Langsam drehte sich Angelo um und sah in seegrasgrüne Augen. Zwei Jahre war er Tausende von Kilometern gesegelt und hatte über Gott und die Welt nachgegrübelt, doch diese Frage konnte er im Moment nicht beantworten. War mit ihm alles in Ordnung? Er hatte ja noch nicht einmal entschieden, wo er wohnen wollte. Aber er musste sich jetzt entscheiden.

Er stand wie festgenagelt und hatte keine Antwort auf Laurens Frage. Also sagte er nur: „Dies ist der Salon.“

Interessiert beobachtete er, wie Lauren sich fast ehrfürchtig umsah. Ihre Augen schimmerten, und wahrscheinlich stellte sie sich vor, wie er hier in Saus und Braus lebte. „Aber ich empfange hier kaum Gäste“, fuhr er fort. Weder männliche noch weibliche, ergänzte er im Stillen. Er hatte zwar auf der Tour hier und da eine Affäre gehabt. Doch seit der Sache mit Livia war sein Herz verschlossen.

„Nein? Warum nicht?“, fragte Lauren. „Es ist doch wundervoll hier. So ein schöner Ort ist doch zum Teilen da, sonst ist er nur halb so schön, oder?“

Sein Blick blieb an ihren vollen, sinnlichen Lippen hängen. Das war wieder so eine Frage! Er ging einfach weiter. „Dort hinten ist die Küche.“

Auf dem Weg zum hinteren Deck kamen sie an der Kabine vorbei, die für Gäste vorgesehen war. Sein bester Freund Pedro hatte ein paar Wochen darin gewohnt, als er ihn ein Stück begleitet hatte. Doch er war unterwegs ausgestiegen. Denn im Gegensatz zu ihm hatte er tatsächlich bei einem der Landgänge die Frau seines Lebens getroffen, mit der er jetzt zusammenlebte. Der Glückspilz!

Angelo drehte sich zu Lauren um und fing ihren neugierigen Blick ein. Spontan öffnete er die Tür zur Gästekabine, damit sie hineinsehen konnte. Die Kabine war geräumig und einladend und doch nur halb so groß wie seine, die Kapitänskabine, die mit allem Komfort ausgestattet war.

Sie lachte kurz auf.

„Was ist so lustig?“, erkundigte er sich.

„Ich weiß nicht, vermutlich nichts. Ich dachte nur, diese Kabine ist fast so groß wie meine Wohnung in London. Na ja, nicht ganz.“

Sie standen nun nah beieinander, und ein Schatten huschte über ihr Gesicht.

Auf einmal kam er zu sich. Was machte er hier eigentlich? Tat er seiner ungebetenen Besucherin mit dieser Besichtigung wirklich einen Gefallen, wie es ihre Freundin angedeutet hatte? Oder machte er sie nur schmerzhaft darauf aufmerksam, wie bescheiden sie vielleicht im Gegensatz zu ihm lebte? Kurz spürte er den Impuls, sie danach zu fragen, da sagte sie: „Segeln ist die absolute Freiheit, nicht wahr?“

Er spürte diesen leichten Druck in der Brust, wie so oft, wenn er an das Ende dieser Freiheit dachte. Wieder ließ er ihre Frage unbeantwortet.

„Gehen wir nach oben“, schlug er stattdessen vor, um seine Irritation zu verbergen: Diese Frau kannte ihn kaum und traf ihn doch mit all ihren Fragen bis ins Mark!

Als sie vor ihm die Stufen hinaufstieg, betrachtete er ihre Gestalt von hinten. Ihre Figur war zierlich und hatte doch deutliche weibliche Kurven, ganz nach seinem Geschmack.

Auch gefiel ihm ihre besondere Art, eine Mischung aus Zurückhaltung und Direktheit, ohne aufdringlich zu wirken. Nun spürte er einen Augenblick lang fast schmerzlich, dass er schon lange mit keiner Frau mehr zusammen gewesen war.

Es war verrückt, aber am liebsten hätte er jetzt die andere, die oben wartete, einfach weggeschickt.

3. KAPITEL

„Gleich kann ich dir mein Werk präsentieren“, sagte Cathy strahlend und biss genussvoll in ein großes Stück Melone. Zuvor hatte sie zwei Croissants sowie ein Omelett vertilgt, und Lauren wunderte sich ein wenig über den Appetit ihrer Freundin.

„Ich glaube, das Interview ist am Ende noch richtig gut geworden. Auch wenn dieser Angelo Crespo ziemlich borniert ist, findest du nicht?“

Lauren nahm einen Schluck Kaffee und antwortete zunächst nicht.

„Wenn Sie meinen, Sie könnten mir irgendetwas in den Mund legen, was Sie sich in Ihrem Kopf über mich zusammengereimt haben, dann können Sie gleich wieder gehen!“, äffte Cathy Angelo nach und tippte sich mit einem Finger an die Stirn. „Der spinnt doch! So etwas ist mir wirklich noch nie passiert.“

Lauren schwieg weiter. Cathy war ihre beste Freundin und stets hilfsbereit und bestens gelaunt, aber wie alle Menschen hatte auch sie einen Fehler: Sie konnte absolut keine Kritik vertragen.

Und wenn Lauren zugeben würde, dass sie Angelos Reaktion sogar ein bisschen verstehen konnte, wäre das harmonische Frühstück hier im Garten jedenfalls beendet gewesen. Deswegen sagte sie nur vorsichtig: „Ich weiß nicht. Nur weil er distanziert war, muss er doch nicht gleich borniert sein, oder?“

Cathy warf ihr einen fast beleidigten Blick zu. „Du kennst diese Typen nicht. Ich habe durch meinen Beruf ein wenig Einblick in das Leben der Reichen und Superreichen bekommen, und glaube mir, dieser Angelo ist mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden und hält sich deswegen für etwas Besseres. Wie herablassend er war! Hast du das nicht gemerkt? Und seine Freundin, hast du die gesehen? Stolziert in Stilettos auf einer Jacht herum. Das spricht doch Bände. Aber wahrscheinlich war sie nur eine Geliebte. So ein Kerl hat doch an jedem Finger zehn davon“, echauffierte sich Cathy weiter.

„Wieso regst du dich denn so auf?“, fragte Lauren mit etwas wehem Gefühl in der Brust. „Du kennst ihn doch gar nicht näher. Außerdem hat er dir fast alle Fragen geduldig beantwortet. Er hätte uns schließlich auch wegschicken können, oder nicht?“

Wenn sie an das Interview vor drei Tagen zurückdachte, verspürte sie seltsamerweise ein klein wenig Eifersucht auf diese Frau mit den Stilettos, die tatsächlich borniert aufgetreten war.

Aber sie hatte es als bittersüß empfunden, auf dem Schiff einen Hauch dieser Freiheit zu erahnen, die Angelo genießen durfte.

Jedes Wort hatte sie aufgesogen, als er von den vergangenen zwei Jahren erzählte und davon, wo er überall gewesen war: Von Barcelona über Lissabon und Bordeaux nach Amsterdam, Kopenhagen und Stockholm war seine Route gegangen und dann wieder zurück. Mit kleineren Zwischenstopps und dem nun letzten Halt auf Mallorca.

In wenigen Tagen sollte die Schlussetappe ihn nach Barcelona zurückführen, wo seine Familie lebte. Geschickt hatte Cathy viele Fragen einfließen lassen und eifrig Notizen gemacht.

Lauren war nun selbst auf den Artikel gespannt. Aber nicht nur darauf – sondern auch auf das neue Foto von Angelo. In den letzten Tagen hatte Lauren sich nicht nur einmal das Bild des blauäugigen Spaniers angesehen. Sie konnte es nicht leugnen: Er ging ihr im Moment nicht mehr aus dem Kopf. Doch mehr als eine alberne Schwärmerei konnte das nicht sein. Sie würde ihn schließlich nie wiedersehen. Sein Bild würde bald verblassen.

Ihr Handy klingelte. Patrick. Seit ihrer Abreise hatten sie noch nicht miteinander gesprochen, nur ein paar SMS ausgetauscht.

„Hi“, sagte sie und versuchte, erfreut zu klingen. Dabei hatte sie ihren Verlobten in den vergangenen drei Tagen nicht einmal andeutungsweise vermisst, und das machte ihr etwas Angst.

„Darling, ich hoffe, es geht dir bestens, und ich fehle dir schon!“ Patrick klang fröhlich. „Geht es dir gut?“

„Ja“, antwortete Lauren. „Es ist sehr schön hier, ganz wundervoll.“

„Ich habe gestern deine Mutter und deine Geschwister besucht“, erzählte Patrick. „Du fehlst allen sehr.“

Lauren horchte auf. Patrick hatte ihre Familie noch nie allein besucht, und irgendwie hatte sie das Gefühl, ihre Abwesenheit abermals verteidigen zu müssen: „Ich musste einfach mal weg und durchatmen.“

Patrick lachte. „Mit mir an deiner Seite kannst du künftig öfter mal durchatmen, das verspreche ich dir“, sagte er. „Es ist eben nur wichtig für deine Familie, zu wissen, dass du in der Nähe bist.“

Wollte Patrick ihr immer noch ein schlechtes Gewissen machen, weil sie allein weggefahren war? „Wieso warst du denn dort?“, hakte sie nach.

„Um ihnen mitzuteilen, was ich dir jetzt auch sage: Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Ich habe eine ideale Möglichkeit gefunden, euer Haus über deinen Namen auf Nummer sicher zu finanzieren. Das funktioniert allerdings nur, wenn wir verheiratet sind. Warum legen wir nicht endlich den Termin fest?“

Lauren spürte, wie sie sich innerlich verkrampfte. Patrick machte immer mehr Druck, so jedenfalls empfand sie es. Dabei wollte er natürlich auch helfen, keine Frage. Aber sie brauchte noch ein winziges bisschen mehr Zeit, um sich konkret mit der Hochzeit zu befassen. „Lass uns darüber reden, sobald ich zurück bin, okay?“

„Das sind noch zehn Tage.“

„Und die vergehen schnell. Wie ist denn das Wetter bei euch?“, versuchte Lauren abzulenken. „Hier ist es herrlich, fast wie Hochsommer. Wir gehen jeden Tag ans Meer.“

In diesem Moment kam Lucas mit Cathys kleinem Wagen die Zufahrt herauf und parkte vor dem Haus. Er stieg aus, in der Hand eine Zeitung, die er übermütig herumschwenkte. Als er auf den Frühstückstisch zukam, der im Schatten der Orangenbäume stand, wurde Lauren plötzlich furchtbar ungeduldig. Sie konnte es kaum erwarten, den Artikel über Angelo zu lesen.

Cathy sprang auf, lief Lucas entgegen und küsste ihn erst einmal innig. Dann nahm sie die Zeitung, drehte sich zu Lauren um und hielt sie triumphierend in die Höhe.

„Das heißt, wir einigen uns endlich auf den Hochzeitstermin, sobald du wieder da bist?“, fragte Patrick am anderen Ende der Leitung.

Lauren war auf einmal schrecklich elend zumute. Sie fühlte sich wie eine Lügnerin, als sie die Frage bejahte. Denn in diesem Augenblick erinnerte sie sich daran, dass sie am Vorabend beim Einschlafen versucht hatte, sich vorzustellen, in Patricks Armen zu liegen. Doch sie hatte nur ein hellblau schimmerndes Augenpaar vor sich gesehen …

Angelo saß auf dem hinteren Deck in der Morgensonne und schlug die Zeitung auf. Cathy Ronalds, die Journalistin, hatte das Interview dann doch noch recht professionell geführt. Nun wollte er wissen, was daraus geworden war.

Er hatte davon erzählt, was er während der zwei Jahre auf See erlebt und gesehen hatte: Die Einsamkeit auf dem Meer im Kontrast zum geschäftigen Leben in den großen Städten ergab eine interessante Mischung. Warum sollten andere Menschen daran nicht teilhaben?

Lauren Featherstone hatte jedenfalls wie gebannt zugehört. Schade eigentlich, dass er sie nie wiedersehen würde.

Er begann zu lesen. Der Anfang gefiel ihm, doch dann schlich sich wieder dieser anklagende Unterton ein. Deswegen hatte er das Interview anfangs so abrupt abgebrochen: Zwischen den Zeilen stand, dass eine so lange Reise nur wegen seiner Herkunft aus reichem Hause möglich gewesen war. Außerdem hatte Cathy ein Foto abdrucken lassen, auf dem die ganze Jacht zu sehen war, und das wirkte zusammen mit seinem mitunter schwärmerischen Ton tatsächlich etwas prahlerisch.

Er runzelte die Stirn und versuchte, den aufkeimenden Ärger zu unterdrücken. Hätte er das Interview bloß nicht gegeben! Kein Mensch würde ihm glauben, dass er diese zwei Jahre genauso gut mit dem Rucksack hätte reisen können. Sicher, Luxus war angenehm. Aber er brauchte ihn nicht, um sich gut zu fühlen. Doch das alles wusste er eben erst jetzt.

Dann kniff er kurz die Augen zusammen, als habe er sich verlesen. Und las den Satz noch einmal: Auch habe ich auf der Reise eine Frau getroffen, die mich interessiert, stand da geschrieben. Wie bitte? Er las es wieder und wieder. Das sollte er gesagt haben? Wieso sollte er mit der Journalistin über so etwas Privates sprechen? Mal ganz davon abgesehen, dass es nicht stimmte: Er hatte eben keine Frau getroffen, die ihn interessierte, leider! Wie kam diese Person dazu, so etwas zu behaupten? Er konnte es nicht fassen und starrte eine Weile aufs Meer, das heute etwas aufgewühlt war. So wie er selbst nun.

Er stand auf, ging in sein Büro unter Deck und wählte die auf der Visitenkarte angegebene Nummer. Sofort ging die Journalistin ans Telefon.

„Wie kommen Sie dazu, so etwas zu schreiben?“, fragte er harsch.

Cathy schien zunächst nicht zu wissen, was er meinte. „Einen Moment bitte“, antwortete sie unbeschwert. „Ich lese den Artikel, so wie er in der Zeitung steht, gerade selbst das erste Mal.“

Er wies sie auf die Stelle nochmals hin und konnte den Ärger in seiner Stimme nicht unterdrücken. Diese Person hatte wirklich Nerven!

„Oh“, sagte die Journalistin dann nur. „Es scheint sich um einen kleinen Druckfehler zu handeln. Das ist ja seltsam!“

„Ein kleiner Druckfehler?“, fragte er gereizt. Die Sache wurde ja immer schöner! „Ich kann mich nicht erinnern, mit Ihnen über Frauen gesprochen zu haben!“

„Ich habe Ihnen viele Fragen gestellt und mir dazu Notizen gemacht“, antwortete Cathy gefasst. „Und ich habe in Absprache mit Ihnen das Gespräch aufgenommen. Ich kann alles nachverfolgen. Glauben Sie mir, ich würde beruflich wohl kaum überleben, wenn ich Dinge einfach erfinden würde. Es sei denn, ich schreibe für die Klatschpresse, aber das tue ich ganz bewusst nicht.“

Angelo dachte konzentriert nach. Und nun erinnerte er sich vage, dass da tatsächlich einmal ein Nebensatz gewesen war, dahingesagt, einfach so und mehr zu sich selbst. Vielleicht, weil er am Tag des Interviews den ganzen Tag schon so nachdenklich gewesen war, was das Thema Frauen betraf.

Aber nun stand dieser halblaut gedachte Gedanke da gedruckt, und das auch noch falsch. „Wenn überhaupt habe ich ‚keine Frau‘ gesagt und nicht ‚eine Frau‘! Und wenn Sie so gewissenhaft sind, wie Sie behaupten, hätten Sie diesen Satz überhaupt nicht erst geschrieben!“

„Ich muss doch sehr bitten!“, erwiderte Cathy pikiert. „Es scheint sich eben um einen dummen kleinen Druckfehler zu handeln …“

Angelo konnte es nicht fassen. Er hatte nicht vorgehabt, eine Riesenszene zu machen, aber eine ehrlich gemeinte Entschuldigung wäre wohl das Mindeste gewesen.

„Wissen Sie was?“, fragte er beherrscht. „Ich garantiere Ihnen, das kostet Sie Ihren Job! Zufällig kenne ich hier auf der Insel ein paar wichtige Leute. Und nun wünsche ich einen guten Tag!“ Damit beendete er das Gespräch, ging in die Küche und bereitete sich eine Tasse Kaffee zu.

Warum regte er sich eigentlich so auf? Die Antwort kam ihm sofort in den Sinn: Weil er sich selbst untreu geworden war. Er hatte sich vorgenommen, nie wieder etwas über sein Privatleben zu erzählen, nicht eine Silbe, und nun hatte er es doch getan.

Und obwohl dieser Artikel in der mallorquinischen Zeitung nicht annähernd die Dimension hatte wie zu der Zeit, als er schon einmal im Fokus der spanischen Klatschpresse stand, fühlte er sich so wie damals.

Damals, als er mit Livia zusammen gewesen war.

Damals, als er wie ein Vollidiot dagestanden hatte!

Als sie ihn vor allen vorgeführt hatte! Solche Geschichten von Verrat und Demütigung waren in der Regenbogenpresse gefragt. Und er hatte dafür erstbestes Futter geliefert. Ihm wurde schlecht, wenn er daran dachte.

In diesem Moment klingelte sein Telefon, und auf dem Display erschien die eben von ihm gewählte Nummer. Vielleicht bekam er ja jetzt, nach seiner Drohung, eine ernsthafte Entschuldigung. Die oberen Kreise der spanischen Gesellschaft gehörten zur Klientel der Firma seines Vaters, und so hatte er überall Beziehungen. Wenn er den Ruf von Cathy Ronalds wirklich zerstören wollte, konnte ihm das locker gelingen. Aber war das wirklich die Mühe wert?

Widerwillig nahm er das Gespräch entgegen. „Ja, bitte?“

„Bitte entschuldigen Sie nochmals ausdrücklich den Fehler“, vernahm er die nun etwas kleinlaut klingende Stimme der Journalistin. „Ich weiß wirklich nicht, wie das passiert ist. Und ich schwöre Ihnen, es liegt mir nichts daran, Aussagen zu verfälschen. Das müssen Sie mir glauben!“

„Muss ich das?“, fragte er schon ein wenig milder. Es war wahrscheinlich wirklich alles nur ein dummer Zufall, und er hatte es selbst zu verantworten, das Wort „Frau“ bei dem Interview überhaupt in den Mund genommen zu haben.

„Kann ich irgendetwas tun, um mich zu entschuldigen? Bitte! Es ist für mich überlebenswichtig. Ich darf meinen Job nicht verlieren. Vielleicht … können wir Sie zu irgendetwas einladen?“

Nun klang die Stimme immer flehender. Seine Wut war schon fast verraucht. Nein, ihm lag nichts daran, die Zukunft anderer Menschen zu gefährden, wirklich nicht.

Auf einmal aber fühlte er sich seltsam wach und klar: Sagte sie eben „wir“? Meinte sie damit sich selbst in Begleitung ihrer Freundin? Er dachte kurz nach. Auf ein weiteres Treffen mit Cathy Ronalds konnte er jedoch mit Handkuss verzichten. „Eine Einladung zu dritt? Nett gemeint, aber vielen Dank.“

„Aber was dann?“

Er spann seinen Gedanken weiter. Die Begegnung mit Lauren Featherstone war nicht ganz spurlos an ihm vorbeigegangen, und er hatte nichts zu verlieren. „Sie könnten Ihre Freundin zu mir schicken. Dann denke ich über den nächsten Schritt gerne noch einmal nach“, hörte er sich sagen.

Am anderen Ende war für eine Weile nichts zu hören. „Sie meinen … Lauren?“

„Ja, Lauren Featherstone“, bestätigte er. „Heute Nachmittag um drei Uhr bin ich hier auf der Jacht. Richten Sie Grüße aus.“ Und wieder beendete er das Gespräch abrupt, wohl wissend, dass er eine Begegnung mit Lauren auf so eine Weise nicht erzwingen konnte – und auch nicht wollte.

Aber es bereitete ihm eine gewisse Genugtuung, die Journalistin sprachlos zu machen. Und wenn Lauren tatsächlich kam, dann aus freien Stücken. Cathy Ronalds würde ihre Freundin wohl kaum dazu zwingen können.

Fast musste er über den vorgeschlagenen Deal schmunzeln: Tausche Druckfehler gegen hübsche Freundin! Was für ein absurder Handel! Doch der Gedanke daran, dass es so klappen könnte, gefiel ihm zunehmend gut.

Lauren war völlig durcheinander. Bis eben hatte sie gedacht, sie würde Angelo Crespo niemals wiedersehen. Sie hatte neben Cathy gesessen und gerade begonnen, mit ihr gemeinsam die Reportage zu lesen, als das Telefon klingelte und Angelo am Apparat war. Sie sah ihre Freundin erst lächeln und dann bleich werden.

„Er hat aufgelegt“, hatte Cathy nach einer Weile geflüstert. „Und ich bin hier vielleicht meinen Job los.“

Als Lauren erfuhr, was passiert war, sagte sie sofort: „Ruf ihn an und entschuldige dich noch mal, und zwar richtig! Jetzt sofort!“

Nervös und gebannt verfolgte sie das kurze Telefonat, so gut es ging, doch leider sprach Cathy Spanisch. Trotzdem schnappte sie ihren Namen auf, und ihr Herz begann zu klopfen.

„Was hat er gesagt?“, fragte sie Cathy, die seltsam reglos auf ihr Telefon starrte.

„Nun …“

Lauren hielt die Spannung nicht mehr aus und sprang auf. „Hat er die Entschuldigung angenommen?“

Cathy sah sie irritiert an. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, und ganz entgegen ihrer Art herrschte Lauren ihre Freundin an: „Jetzt sag schon!“

„Nun, er hat gesagt … du sollst zu ihm kommen. Und zwar allein.“

Lauren setzte sich wieder. „Wie bitte?“

„Du sollst zu ihm kommen“, wiederholte Cathy. „Dann wird er seinen nächsten Schritt überdenken. Das hat er gesagt.“

„Das ist doch ein Scherz!“, rief Lauren.

Cathy sah sie beunruhigt an. „Heute Nachmittag um drei auf seiner Jacht. Es ist ein ziemlich gewagter Vorschlag, aber ich bringe dich hin, wenn du magst – natürlich!“

Lauren lachte auf, aber es war ein gekünsteltes Lachen. Machte sich Cathy über sie lustig? „Natürlich ist hier gar nichts!“ Natürlich würde sie auf keinen Fall allein auf Angelos Jacht gehen! Außerdem konnte das so alles gar nicht stimmen. Angelo hatte mit keiner einzigen Geste Interesse an ihr signalisiert. Gut, er hatte ihr das Schiff gezeigt, aber er war dabei genauso kühl und distanziert gewesen wie zu Cathy.

„Bitte“, sagte Cathy. „Bitte tu mir den Gefallen!“

Lauren verschränkte die Arme vor der Brust, weil sie fürchtete, Cathy könnte ihren aufgeregten Herzschlag hören. „Das ist ein bisschen viel verlangt, findest du nicht?“ Und damit meinte sie beide: Angelo mit seinem abwegigen Vorschlag als auch Cathy mit ihrer abwegigen Bitte, darauf einzugehen.

Nun war es Cathy, die aufsprang. „Dieser Mistkerl! Habe ich dir nicht vorhin wieder gesagt, wie borniert er ist? Wie kann er seine Macht nur auf diese Art und Weise ausnutzen? Aber du wirst mir doch helfen, nicht wahr?“

„Wie konnte das mit dem Druckfehler nur passieren?“, fragte Lauren, um ein bisschen Zeit zu gewinnen. Die Gedanken in ihr rasten durcheinander. Wenn Angelo Crespo sie wiedersehen wollte – erwartete er dann etwa eine Art Liebesdienst?

Der Gedanke nahm ihr fast den Atem, und wieder sah sie das hellblaue Augenpaar vor sich, das sie herausfordernd anschaute. Ja, wenn sie dorthin ginge, würde er wohl kaum nur einen Kaffee mit ihr trinken wollen. Dabei war alles andere indiskutabel. Sie war verlobt und würde bald heiraten. Sie konnte nicht einfach … sie durfte es nicht einmal denken.

Cathy zuckte die Schultern und sah sehr unglücklich aus. „Ich weiß es wirklich nicht. Ein Fehler kommt eben schon mal vor, auch wenn dieser besonders pikant ist: aus ‚keine‘ wurde ‚eine‘! Aber ich hätte diese Aussage eben erst gar nicht verwenden sollen. Wenn ich ehrlich bin, hat er es ja nur halblaut und eher zu sich selbst gesagt. Ich wusste, es war eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, und ich habe meine Prinzipien verraten. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Und nun folgt auch schon die Strafe.“

Lauren klammerte sich an ihren Entschluss. „Dann musst du es leider auch ausbaden“, sagte sie leise, sah ihre Freundin dabei aber entschlossen an.

Cathy fing an zu weinen. „Bitte, Lauren! Wir haben uns doch mal ein Versprechen gegeben!“

„Was?“ Lauren spürte das Blut aus ihrem Gesicht weichen, weil sie begriff, dass Cathy es wirklich ernst meinte.

„Ich habe dir schon so oft geholfen, und jetzt bist du dran“, schluchzte Cathy. „Wir haben uns doch versprochen, dass wir uns in Sachen Liebe und Beruf immer zur Seite stehen. Immer! Wir haben es uns geschworen!“

Lauren war von Cathys plötzlichem Gefühlsausbruch völlig überrumpelt. Sie wusste allerdings genau, worauf ihre Freundin anspielte. Als Cathy sie vor zwei Jahren zu einer exklusiven Party in einen Londoner Club mitgeschleppt hatte, war sie es gewesen, die Lauren mit Patrick bekannt gemacht hatte. Cathy war es wenig später auch gewesen, die Lauren dazu gedrängt hatte, mit ihm auszugehen und ihn bei der Jobsuche um Hilfe zu bitten.

Daraufhin hatte Patrick ihr eine Stelle am Empfang einer großen Londoner Bank besorgt, die dank seiner Beziehungen gut bezahlt war. Seit dem College hatte Lauren für das Familieneinkommen gejobbt. Dass Patrick in ihr Leben getreten war, hatte alle beruhigt, und so dachte ja auch Lauren bis vor Kurzem, ihr Beziehung mit ihm müsste gut und richtig sein …

„Moment mal“, wandte Lauren ein. „Du hast das alles damals eingefädelt, ohne mich zu fragen. Und jetzt setzt du mich unter Druck? Das ist nicht fair!“

„Ich stehe eben selbst unter Druck!“ Cathy redete nun so laut, dass Lucas aus dem Haus kam, sie mit besorgter Miene in den Arm nahm und ihr die Tränen wegküsste. Noch hatte er von der ganzen Misere nichts mitbekommen. Fragend sah er Lauren an, denn er musste ja glauben, sie allein habe Cathys Gefühlsausbruch zu verantworten.

„Lauren, ich bin schwanger! Ich weiß es erst seit heute früh.“ Cathy schmiegte sich an Lucas, und beide sahen sie erwartungsvoll an. „Wenn ich jetzt meine bisher mühsam erarbeiteten Beziehungen als Journalistin verliere …“ Sie stockte und wirkte auf einmal ziemlich verloren. „Lucas verdient nicht genug für drei. Bitte, fahr zu Angelo. Nur um herauszufinden, wie ich – wie wir – ihn beschwichtigen können. Ich brauche deine Hilfe! Es ist wirklich wichtig!“

Lauren spürte, wie ihre Kehle eng wurde. Alle erwarteten etwas von ihr: die einen eine Heirat, und Cathy nun einen ziemlich fragwürdigen Freundschaftsdienst. Und das war umso beunruhigender, weil Lauren das Gefühl hatte, nirgendwo ein Mitspracherecht zu haben. Stattdessen kam sie sich vor wie in einem Theaterstück.

Die Sache mit Cathy jedenfalls war ein gekonnt arrangiertes Drama, das im Moment vor ihren Augen aufgeführt wurde. Lucas hatte seine Hand auf Cathys Bauch gelegt, und Lauren war nicht fähig, ihrer Freundin den Gefallen abzuschlagen. Eines aber konnte sie tun: Vor ihr verbergen, dass der Gedanke an ein Wiedersehen mit Angelo ihr nicht nur Furcht, sondern auch bange Vorfreude bereitete.

4. KAPITEL