Romeo und Julia - William Shakespeare - E-Book

Romeo und Julia E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

Die Veroneser Familien Montague und Capulet sind verfeindet. Als sich die Dienerschaft der Familien in den engen Gassen Veronas begegnet, kommt es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, die erst durch ein Machtwort des Fürsten beendet wird. Trotz der Familienfehde nimmt Romeo, ein Sohn des Hauses Montague, an einem Maskenball im Hause Capulet teil. Dort verliebt er sich auf den ersten Blick unsterblich in Julia, eine Tochter der Capulets. Beide spüren sofort eine große Nähe und Vertrautheit. Gleich am nächsten Tag setzen sie ihren spontan gefassten Entschluss zur Heirat um. Sie werden von Bruder Lorenzo, einem Franziskanermönch getraut, der sich von der Heirat eine Aussöhnung der verfeindeten Familien erhofft. Doch wie sich zeigt, hat das junge Paar die größten Hürden noch vor sich. Den Stoff für »Romeo und Julia« aus dem Jahr 1597 bezieht William Shakespeare (1564-1616) aus italienischen Novellen seiner Zeit sowie aus Arthur Brookes »The Tragicall Historye of Romeus and Iuliet« von 1562. Die teils mehrmonatige Handlung seiner Quellenvorlagen komprimiert Shakespeare in »Romeo und Julia« auf vier Tage und vier Nächte. Die dichte Handlung erzeugt den Eindruck eines unausweichlichen, schicksalhaften Geschehens. Gemeinsam mit »Hamlet« ist »Romeo und Julia« das bekannteste und meistgespielte Stück von Shakespeare. Die Grundkonstellation des zwischen zwei Familien stehenden Liebespaares wurde von anderen Autoren immer wieder in andere Zeiten und Umgebungen übertragen.

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Romeo und Julia

TitelseitePersonenErster Aufzug Erste Szene Zweite Szene Dritte Szene Vierte Szene Fünfte Szene Zweiter Aufzug Erste Szene Zweite Szene Dritte Szene Vierte Szene Fünfte Szene Sechste Szene Dritter Aufzug Erste Szene Zweite Szene Dritte Szene Vierte Szene Fünfte Szene Vierter Aufzug Erste Szene Zweite Szene Dritte Szene Vierte Szene Fünfte Szene Fünfter Aufzug Erste Szene Impressum

William Shakespeare

Romeo und Julia

Eine Liebesgeschichte

Übersetzung von August Wilhelm Schlegel

Personen

ESCALUS, Prinz von Verona

GRAF PARIS, Verwandter des Prinzen

MONTAGUE und CAPULET, Häupter zweier Häuser, welche in Zwist mit einander sind

ROMEO, Montagues Sohn

MERCUTIO, Verwandter des Prinzen und Romeos Freund

BENVOLIO, Montagues Neffe und Romeos Freund

TYBALT, Neffe der Gräfin Capulet

EIN ALTER MANN, Capulets Oheim

BRUDER LORENZO, ein Franziskaner

BRUDER MARCUS, von demselben Orden

BALTHASAR, Romeos Diener

SIMSON Bedienter Capulets

GREGORIO Bedienter Capulets

ABRAHAM, Bedienter Montagues

PETER

Drei Musikanten

Ein Page des Paris

Ein Apotheker

Chorus

Ein Offizier

GRÄFIN MONTAGUE

GRÄFIN CAPULET

JULIA, Capulets Tochter

JULIENS Amme

Bürger von Verona. Verschiedene Männer und Frauen, Verwandte beider Häuser. Masken, Wachen und andres Gefolge.

Die Szene ist den größten Teil des Stücks hindurch in Verona; zu Anfange des fünften Aufzugs in Mantua.

Erster Aufzug

Erste Szene

EIN ÖFFENTLICHER PLATZ

Simson und Gregorio, zwei Bediente Capulets, treten auf

SIMSON

Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche stecken.

GREGORIO

Freilich nicht, sonst wären wir Taschenspieler.

SIMSON

Ich meine, ich werde den Koller kriegen und vom Leder ziehn.

GREGORIO

Ne, Freund! deinen ledernen Koller mußt du bei Leibe nicht ausziehen.

SIMSON

Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.

GREGORIO

Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.

SIMSON

Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.

GREGORIO

Einen aufbringen, heißt: ihn von der Stelle schaffen. Um tapfer zu sein, muß man stand halten. Wenn du dich also aufbringen läßt, so läufst du davon.

SIMSON

Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Standhalten. Mit jedem Bedienten und jedem Mädchen Montagues will ich es aufnehmen.

GREGORIO

Der Streit ist nur zwischen unseren Herrschaften und uns, ihren Bedienten. Es mit den Mädchen aufnehmen? Pfui doch! Du solltest dich lieber von ihnen aufnehmen lassen.

SIMSON

Einerlei! Ich will barbarisch zu Werke gehn. Hab’ ich’s mit den Bedienten erst ausgefochten, so will ich mir die Mädchen unterwerfen. Sie sollen die Spitze meines Degens fühlen, bis er stumpf wird.

GREGORIO

Zieh’ nur gleich von Leder: da kommen zwei aus dem Hause Montagues.

(Abraham und Balthasar treten auf)

SIMSON

Hier! mein Gewehr ist blank. Fang’ nur Händel an, ich will den Rücken decken.

GREGORIO

Den Rücken? willst du Reißaus nehmen?

SIMSON

Fürchte nichts von mir!

GREGORIO

Ne, wahrhaftig! ich dich fürchten?

SIMSON

Laß uns das Recht auf unsrer Seite behalten, laß sie anfangen!

GREGORIO

Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehen, sie mögen’s nehmen, wie sie wollen.

SIMSON

Wie sie dürfen, lieber. Ich will ihnen einen Esel bohren; wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.

ABRAHAM

Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?

SIMSON

Ich bohre einen Esel, mein Herr.

ABRAHAM

Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?

SIMSON

Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich Ja sage?

GREGORIO

Nein.

SIMSON

Nein, mein Herr! Ich bohre Euch keinen Esel, mein Herr. Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.

GREGORIO

Sucht Ihr Händel, mein Herr?

SIMSON

Wenn Ihr sonst Händel sucht, mein Herr: ich stehe zu Diensten. Ich bediene einen eben so guten Herrn wie Ihr.

ABRAHAM

Keinen bessern.

SIMSON

Sehr wohl, mein Herr!

(Benvolio tritt auf)

GREGORIO

Sag: »Einen bessern«; hier kömmt ein Vetter meiner Herrschaft.

SIMSON

Ja doch, einen bessern, mein Herr.

ABRAHAM

Ihr lügt!

SIMSON

Zieht, wo ihr Kerls seid! Frisch, Gregorio! denk’ mir an deinen Schwadronierhieb! (Sie fechten)

BENVOLIO

Ihr Narren, fort! Steckt eure Schwerter ein;

Ihr wißt nicht, was ihr tut.

(Tybalt tritt auf)

TYBALT

Was? ziehst du unter den verzagten Knechten?

Hieher, Benvolio! Beut die Stirn dem Tode!

BENVOLIO

Ich stifte Frieden, steck’ dein Schwert nur ein!

Wo nicht, so führ’ es, diese hier zu trennen!

TYBALT

Was? Ziehn und Friede rufen? Wie die Hölle Hass’ ich das Wort, wie alle Montagues

Und dich! Wehr’ dich, du Memme! (Sie fechten)

(Verschiedene Anhänger beider Häuser kommen und mischen sich in den Streit; dann Bürger mit Knitteln)

EIN BÜRGER

He! Spieß’ und Stangen her! Schlagt auf sie los!

Weg mit den Capulets! Weg mit den Montagues!

(Capulet im Schlafrock und Gräfin Capulet)

CAPULET

Was für ein Lärm? – Holla! mein langes Schwert!

GRÄFIN CAPULET

Nein, Krücken! Krücken! Wozu soll ein Schwert!

CAPULET

Mein Schwert, sag’ ich! Der alte Montague

Kommt dort, und wetzt die Klinge mir zum Hohn.

(Montague und Gräfin Montague)

MONTAGUE

Du Schurke! Capulet! – Laßt los, laß mich gewähren!

GRÄFIN MONTAGUE

Du sollst dich keinen Schritt dem Feinde nähern.

(Der Prinz mit Gefolge)

PRINZ

Aufrührische Vasallen! Friedensfeinde,

Die ihr den Stahl mit Nachbarblut entweiht! –

Wollt ihr nicht hören? – Männer! wilde Tiere!

Die ihr die Flammen eurer schnöden Wut

Im Purpurquell aus euren Adern löscht!

Zu Boden werft, bei Buß’ an Leib und Leben,

Die mißgestählte Wehr aus blut’ger Hand!

Hört eures ungehaltnen Fürsten Spruch!

Drei Bürgerzwiste haben dreimal nun

Aus einem luft’gen Wort von euch erzeugt,

Du alter Capulet und Montague,

Den Frieden unsrer Straßen schon gebrochen.

Veronas graue Bürger mußten sich

Entladen ihres ehrenfesten Schmucks

Und alte Speer’ in alten Händen schwingen,

Woran der Rost des langen Friedens nagte,

Dem Hasse, der euch nagt, zu widerstehn.

Verstört ihr jemals wieder unsre Stadt,

So zahl’ eu’r Leben mir den Friedensbruch!

Für jetzt begebt euch, all ihr andern, weg!

Ihr aber, Capulet, sollt mich begleiten.

Ihr, Montague, kommt diesen Nachmittag

Zur alten Burg, dem Richtplatz unsres Banns,

Und hört, was hierin fürder mir beliebt.

Bei Todesstrafe sag’ ich: alle fort!

(Der Prinz, sein Gefolge, Capulet, Gräfin Capulet, Tybalt, die Bürger und Bediente gehen ab)

MONTAGUE

Wer bracht’ aufs neu’ den alten Zwist in Gang?

Sagt, Neffe, wart Ihr da, wie er begann?

BENVOLIO

Die Diener Eures Gegners fochten hier

Erhitzt mit Euren schon, eh’ ich mich nahte;

Ich zog, um sie zu trennen. Plötzlich kam

Der wilde Tybalt mit gezücktem Schwert,

Und schwang, indem er schnaubend Kampf mir bot,

Es um sein Haupt, und hieb damit die Winde,

Die unverwundet, zischend ihn verhöhnten.

Derweil wir Hieb’ und Stöße wechseln, kamen

Stets mehr und mehr, und fochten mit einander;

Dann kam der Fürst und schied sie von einander.

GRÄFIN MONTAGUE

Ach, wo ist Romeo? Saht Ihr ihn heut?

Wie froh bin ich! Er war nicht bei dem Streit.

BENVOLIO

Schon eine Stunde, Gräfin, eh’ im Ost

Die heil’ge Sonn’ aus goldnem Fenster schaute,

Trieb mich ein irrer Sinn ins Feld hinaus.

Dort, in dem Schatten des Kastanienhains,

Der vor der Stadt gen Westen sich verbreitet,

Sah ich, so früh schon wandelnd, Euren Sohn.

Ich wollt’ ihm nahn, er aber nahm mich wahr

Und stahl sich tiefer in des Waldes Dickicht.

Ich maß sein Innres nach dem meinen ab,

Das in der Einsamkeit am regsten lebt,

Ging meiner Laune nach, ließ seine gehn,

Und gern vermied ich ihn, der gern mich floh.

MONTAGUE

Schon manchen Morgen ward er dort gesehn,

Wie er den frischen Tau durch Tränen mehrte

Und, tief erseufzend, Wolk’ an Wolke drängte.

Allein sobald im fernsten Ost die Sonne,

Die all’erfreu’nde, von Auroras Bett

Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt,

Stiehlt vor dem Licht mein finstrer Sohn sich heim,

Und sperrt sich einsam in sein Kämmerlein,

Verschließt dem schönen Tageslicht die Fenster,

Und schaffet künstlich Nacht um sich herum.

In schwarzes Mißgeschick wird er sich träumen,

Weiß guter Rat den Grund nicht wegzuräumen.

BENVOLIO

Mein edler Oheim, wisset Ihr den Grund?

MONTAGUE

Ich weiß ihn nicht und kann ihn nicht erfahren.

BENVOLIO

Lagt Ihr ihm jemals schon deswegen an?

MONTAGUE

Ich selbst sowohl als mancher andre Freund.

Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter,

Ist gegen sich, wie treu will ich nicht sagen,

Doch so geheim und in sich selbst gekehrt,

So unergründlich forschendem Bemühn,

Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt,

Eh’ sie der Luft ihr zartes Laub entfalten

Und ihren Reiz der Sonne weihen kann.

Erführen wir, woher sein Leid entsteht,

Wir heilten es so gern, als wir’s erspäht.

(Romeo erscheint in einiger Entfernung)

BENVOLIO

Da kömmt er, seht! Geruht uns zu verlassen!

Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.

MONTAGUE

Oh, beichtet’ er für dein Verweilen dir

Die Wahrheit doch! – Kommt, Gräfin, gehen wir!

(Montague und Gräfin Montague gehen ab)

BENVOLIO

Ha, guten Morgen, Vetter!

ROMEO

Erst so weit?

BENVOLIO

Kaum schlug es neun.

ROMEO

Weh mir! Gram dehnt die Zeit.

War das mein Vater, der so eilig ging?

BENVOLIO

Er war’s. Und welcher Gram dehnt Euch die Stunden?

ROMEO

Daß ich entbehren muß, was sie verkürzt.

BENVOLIO

Entbehrt Ihr Liebe?

ROMEO

Nein.

BENVOLIO

So ward sie Euch zu teil?

ROMEO

Nein, Lieb’ entbehr’ ich, wo ich lieben muß.

BENVOLIO

Ach, daß der Liebesgott, so mild im Scheine,

So grausam in der Prob’ erfunden wird!

ROMEO

Ach, daß der Liebesgott, trotz seinen Binden,

Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!

Wo speisen wir? – Ach, welch ein Streit war hier?

Doch sagt mir’s nicht, ich hört’ es alles schon.

Haß gibt hier viel zu schaffen, Liebe mehr.

Nun dann: liebreicher Haß! streitsücht’ge Liebe!

Du Alles, aus dem Nichts zuerst erschaffen!

Schwermüt’ger Leichtsinn! ernste Tändelei!

Entstelltes Chaos glänzender Gestalten!

Bleischwinge! lichter Rauch und kalte Glut!

Stets wacher Schlaf! dein eignes Widerspiel! –

So fühl’ ich Lieb’, und hasse, was ich fühl’!

Du lachst nicht?

BENVOLIO

Nein! das Weinen ist mir näher.

ROMEO

Warum, mein Herz?

BENVOLIO

Um deines Herzens Qual.

ROMEO

Das ist der Liebe Unbill nun einmal.

Schon eignes Leid will mir die Brust zerpressen,

Dein Gram um mich wird voll das Maß mir messen.

Die Freundschaft, die du zeigst, mehrt meinen Schmerz;

Denn, wie sich selbst, so quält auch dich mein Herz.

Lieb’ ist ein Rauch, den Seufzerdämpf’ erzeugten,

Geschürt, ein Feu’r, von dem die Augen leuchten,

Gequält, ein Meer, von Tränen angeschwellt;

Was ist sie sonst? Verständ’ge Raserei,

Und ekle Gall’ und süße Spezerei.

Lebt wohl, mein Freund!

BENVOLIO

Sacht! Ich will mit Euch gehen:

Ihr tut mir Unglimpf, laßt Ihr so mich stehen.

ROMEO

Ach, ich verlor mich selbst; ich bin nicht Romeo.

Der ist nicht hier: er ist – ich weiß nicht wo.

BENVOLIO

Entdeckt mir ohne Mutwill, wen Ihr liebt!

ROMEO

Bin ich nicht ohne Mut und ohne Willen?

BENVOLIO

Nein, sagt mir’s ohne Scherz!

ROMEO

Verscherzt ist meine Ruh’: wie sollt’ ich scherzen?

O überflüss’ger Rat bei so viel Schmerzen!

Hört, Vetter, denn im Ernst: ich lieb’ ein Weib.

BENVOLIO

Ich traf’s doch gut, da ich verliebt Euch glaubte.

ROMEO

Ein wackrer Schütz’! – Und, die ich lieb’, ist schön.

BENVOLIO

Ein glänzend Ziel kann man am ersten treffen.

ROMEO

Dies Treffen traf dir fehl, mein guter Schütz’:

Sie meidet Amors Pfeil, sie hat Dianens Witz.

Umsonst hat ihren Panzer keuscher Sitten

Der Liebe kindisches Geschoß bestritten.

Sie wehrt den Sturm der Liebesbitten ab,

Steht nicht dem Angriff kecker Augen, öffnet

Nicht ihren Schoß dem Gold, das Heil’ge lockt.

Oh, sie ist reich an Schönheit; arm allein,

Weil, wenn sie stirbt, ihr Reichtum hin wird sein.

BENVOLIO

Beschwor sie der Enthaltsamkeit Gesetze?

ROMEO

Sie tat’s, und dieser Geiz vergeudet Schätze.

Denn Schönheit, die der Lust sich streng enthält,

Bringt um ihr Erb’ die ungeborne Welt.

Sie ist zu schön und weis’, um Heil zu erben,

Weil sie, mit Weisheit schön, mich zwingt zu sterben.

Sie schwor zu lieben ab, und dies Gelübd’

Ist Tod für den, der lebt, nur weil er liebt.

BENVOLIO

Folg’ meinem Rat, vergiß an sie zu denken!

ROMEO

So lehre mir, das Denken zu vergessen!

BENVOLIO

Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie

Auf andre Reize hin!

ROMEO

Das ist der Weg,

Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.

Die Schwärze jener neidenswerten Larven,

Die schöner Frauen Stirne küssen, bringt

Uns in den Sinn, daß sie das Schöne bergen.

Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod

Des eingebüßten Augenlichts vergessen.

Zeigt mir ein Weib, unübertroffen schön:

Mir gilt ihr Reiz wie eine Weisung nur,

Worin ich lese, wer sie übertrifft.

Leb wohl! Vergessen lehrest du mir nie.

BENVOLIO

Dein Schuldner sterb’ ich, glückt mir nicht die Müh!

(Beide ab)

Zweite Szene

EINE STRASSE

Capulet, Paris und ein Bedienter kommen

CAPULET

Und Montague ist mit derselben Buße

Wie ich bedroht? Für Greise, wie wir sind,

Ist Frieden halten, denk’ ich, nicht so schwer.

PARIS

Ihr geltet beid’ als ehrenwerte Männer,

Und Jammer ist’s um euren langen Zwiespalt.

Doch, edler Graf, wie dünkt Euch mein Gesuch?

CAPULET

Es dünkt mich so, wie ich vorhin gesagt:

Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,

Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.

Laßt noch zwei Sommer prangen und verschwinden,

Eh’ wir sie reif, um Braut zu werden, finden!

PARIS

Noch jüngre wurden oft beglückte Mütter.

CAPULET

Wer vor der Zeit beginnt, der endigt früh.

All meine Hoffnungen verschlang die Erde;

Mir blieb nur dieses hoffnungsvolle Kind.

Doch werbt nur, lieber Graf! Sucht Euer Heil!

Mein Will’ ist von dem ihren nur ein Teil.

Wenn sie aus Wahl in Eure Bitten willigt,

So hab’ ich im voraus ihr Wort gebilligt.

Ich gebe heut ein Fest, von alters hergebracht,

Und lud darauf der Gäste viel zu Nacht,

Was meine Freunde sind: Ihr, der dazu gehöret,

Sollt hoch willkommen sein, wenn Ihr die Zahl vermehret.

In meinem armen Haus sollt Ihr des Himmels Glanz

Heut nacht verdunkelt sehn durch ird’scher Sterne Tanz.

Wie muntre Jünglinge mit neuem Mut sich freuen,

Wenn auf die Fersen nun der Fuß des holden Maien

Dem lahmen Winter tritt: die Lust steht Euch bevor,

Wann Euch in meinem Haus ein frischer Mädchenflor

Von jeder Seit’ umgibt. Ihr hört, Ihr seht sie alle,

Daß, die am schönsten prangt, am meisten Euch gefalle.

Dann mögt Ihr in der Zahl auch meine Tochter sehn,

Sie zählt für eine mit, gilt sie schon nicht für schön.

Kommt, geht mit mir! – Du, Bursch, nimm dies Papier mit Namen;

Trab’ in der Stadt herum, such’ alle Herrn und Damen,

So hier geschrieben stehn, und sag mit Höflichkeit:

Mein Haus und mein Empfang steh’ ihrem Dienst bereit!

(Capulet und Paris gehen ab)

DER BEDIENTE