4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 2,99 €
Sonne, Liebe und französischer Rotwein - der perfekte Neustart. Oder?
Emmy hat ihr altes Leben in England hinter sich gelassen und wagt einen Neuanfang - als Leiterin des La Cour des Roses, einem wunderschönen Hotel an der französischen Loire. Die Zusammenarbeit mit ihrem besten Freund und Hotelbesitzer Rupert läuft harmonisch. Und auch die Liebe kommt nicht zu kurz, denn der charmante Alain legt ihr die Welt zu Füßen. Was will man mehr?
Allerdings hat Emmy die Rechnung ohne hysterische Gäste und einen schlafwandelnden nackten Reiseblogger gemacht. Außerdem steht die bisher größte Herausforderung für das La Cour des Roses an: Die Thomsons reisen an - eine muntere Großfamilie -, um eine Goldhochzeit zu feiern. Das kleine Hotel platzt aus allen Nähten und die Besucher haben mehr als nur einen Extrawunsch.
Als dann auch noch Ruperts Exfrau Gloria auftaucht und ihr Gift in alle Richtungen versprüht, ist das (Gefühls-)Chaos komplett. Emmys Traum von endlosem Sonnenschein, wahrer Liebe und frischen Croissants droht zu zerplatzen. Kann sie ihn retten?
Die romantisch-chaotische Fortsetzung zum Erfolgsroman "Das kleine französische Landhaus" jetzt bei beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 530
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Über dieses Buch
Über die Autorin
Titel
Impressum
Widmung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Brief von Helen
Danksagung
Emmy hat ihr altes Leben in England hinter sich gelassen und wagt einen Neuanfang – als Leiterin des La Cour des Roses, einem wunderschönen Hotel an der französischen Loire. Die Zusammenarbeit mit ihrem besten Freund und Hotelbesitzer Rupert läuft harmonisch. Und auch die Liebe kommt nicht zu kurz, denn der charmante Alain legt ihr die Welt zu Füßen. Was will man mehr?
Allerdings hat Emmy die Rechnung ohne hysterische Gäste und einen schlafwandelnden nackten Reiseblogger gemacht. Außerdem steht die bisher größte Herausforderung für das La Cour des Roses an: Die Thomsons reisen an – eine muntere Großfamilie –, um eine Goldhochzeit zu feiern. Das kleine Hotel platzt aus allen Nähten und die Besucher haben mehr als nur einen Extrawunsch.
Als dann auch noch Ruperts Exfrau Gloria auftaucht und ihr Gift in alle Richtungen versprüht, ist das (Gefühls-)Chaos komplett. Emmys Traum von endlosem Sonnenschein, wahrer Liebe und frischen Croissants droht zu zerplatzen. Kann sie ihn retten?
Helen Pollard lebt mit ihrem Ehemann, ihren beiden Kindern und einer Katze in Yorkshire. Sie liebt Lesen, guten Kaffee, Scrapbooking und alte Krimiserien aus den Achtzigern. Das kleine französische Landhaus ist ihr erster Feel-Good-Roman.
Helen Pollard
Rückkehr ins kleine französische Landhaus
Aus dem Englischen von Anke Pregler
beHEARTBEAT
Deutsche Erstausgabe
»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2016 by Helen Pollard
Titel der britischen Originalausgabe: »The Little French Guesthouse«
Originalverlag: Storyfire Ltd. trading as Bookouture, Großbritannien
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Clarissa Czöppan
Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer
Covergestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von Motiven © nonowon/shutterstock; Le Panda/shutterstock; AlexGreenArt/shutterstock; Le Panda/shutterstock
eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 978-3-7325-7535-0
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Für Amy und Tom
Ihr seid mein ganzer Stolz und meine Freude – und das jeden Tag meines Lebens.
Ich wusste, dass viele ungewöhnliche Dinge zu meiner neuen Aufgabe als Managerin von Ruperts Gästehaus gehören würden. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass das auch beinhalten würde, die Gäste nackt zu sehen.
Es war früher Morgen, und mein neues Leben im La Cour des Roses hatte erst einige Tage zuvor begonnen. Ich hatte mir einen Espresso gemacht – das Wichtigste zuerst – und ihn mit nach draußen in den Garten genommen. Barfuß, damit ich das Gras zwischen den Zehen und den Tau auf meiner Haut spüren konnte, schlenderte ich über den Rasen, vorbei an Beeten und Ziergräsern, Begonien und Gänseblümchen, Trauerweiden und Trittsteinen, die zu versteckten Gartenlauben und Sitzplätzen führten, bis ich den Auslauf des Hühnerstalls erreichte, der von Büschen und Bäumen umgeben war.
Während ich meinen Espresso trank, schlüpfte ich in Flip-Flops – nackte Füße waren etwas Tolles, aber nicht mehr mit Hühnerscheiße an den Zehen – und ließ ein halbes Dutzend umherflatternde Vögel aus ihrem Stall, um ihnen zu fressen und Wasser zu geben.
Als ich wieder hinaustrat, wünschte ich Gladys, die zu unseren Gästen gehörte und mir gefolgt war, höflich einen Guten Morgen.
»Morgen, Emmy. Ich dachte mir, ich komme hierher, um noch etwas Frieden und Ruhe vor dem Frühstück zu genießen.«
Ich nickte verständnisvoll. Gladys war eine ältere Dame, die den Urlaub bei uns gemeinsam mit ihrer Tochter verbrachte – einer herrischen, schroffen Frau mittleren Alters. Sie kam so gar nicht nach ihrer Mutter mit ihrer sanften Art, deren Gesellschaft ich sehr schätzte.
»Clare plant schon den Tag«, erklärte Gladys lustlos. »Ich bin sicher, es wird zauberhaft.« Mit den Fingern fuhr sie über die filzigen Blätter einer Hängenden Wildbirne, als wir durch den Garten zurück zum Haus gingen. Die Haut auf ihrem Handrücken war dünn wie Pergament. »Ich liebe diese Farbe, Sie nicht auch? Fast silbrig.«
»Ja. Wunderschön. Gladys, warum sagen Sie Clare nicht, dass Sie müde sind und den Tag hier verbringen möchten? Sie könnten sich entspannen und den Garten genießen.«
Gladys lachte kurz auf, bevor sie wenig überzeugt lächelte. »Machen Sie sich kein Gedanken. Ich liebe Sightseeing, und ich kann mich wohl kaum beschweren, wenn sich Clare um den ganzen Ablauf kümmert.«
Als wir das Klappern von Fensterläden hörten, blickten wir unwillkürlich zum Haus hin. Hätte ich doch wenigstens einen großen Cappuccino statt meines winzigen Espresso genommen, wäre ich mit ihm wohl noch weiter bis zum Ende des Gartens geschlendert. Hätte ich mir doch nur ausgiebig Zeit genommen, die silbrigen Blätter der Hängenden Wildbirne zu bewundern. Hätte ich mich doch bloß bei Gladys eingehakt, um sie beim Gehen zu stützen.
Denn da oben stand Geoffrey Turner in seiner ganzen Pracht.
Er hatte die Vorhänge beiseitegeschoben, um die Läden zu öffnen, und unglücklicherweise waren seine Schlafzimmerfenster im Obergeschoss groß und reichten weit nach unten … ebenso wie Geoffrey Turners Kronjuwelen. Es wäre nicht so schlimm gewesen, wäre er jung, fit und braun gebrannt gewesen – aber Mitte fünfzig, käsig und dickbäuchig, das war kein berauschender Anblick auf nüchternen Magen.
Vor Schreck klappte mir die Kinnlade runter. Genau wie ihm. Hektisch wurden die transparenten Vorhänge wieder zugezogen – da jedoch das Besondere an ihnen ihre Transparenz war, half das nicht viel. Außerdem war es zu diesem Zeitpunkt ohnehin zu spät dafür.
Ich hörte, wie Gladys nach Luft schnappte, die ihren Blick nicht rechtzeitig abgewendet hatte. Nun war sie deshalb über die Ecke eines Blumenbeets gestolpert, taumelte und fiel. Ich griff nach ihrem Arm, dennoch landete sie ungeschickt auf ihrem anderen.
Ich ging in die Hocke und wartete darauf, dass sie wieder zu Atem kam. »Gladys, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
Sie versuchte sich an einem Lächeln. »Es geht schon, Emmy. Ich muss nur wieder auf die Füße kommen.« Doch als sie sich mit beiden Händen abstützen wollte, schrie sie auf vor Schmerz.
Ich wollte nicht riskieren, ihr wehzutun, indem ich an ihr herumzog. »Ich werde Clare holen.«
Gladys lächelte matt. »Hätte nicht gedacht, dass ein nackter Mann in meinem Alter noch so einen dramatischen Effekt haben könnte!«
Ich erwiderte ihr Lächeln und sprintete dann zum Haus zurück und die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer.
Alarmiert kam Clare, deren Haar noch nass vom Duschen war, in den Garten gelaufen, und zusammen halfen wir ihrer Mutter, sodass wir mit ihr zur Küche gehen und sie dort auf einen Stuhl setzen konnten.
»Wo tut es weh, Mutter? Hast du dir irgendwas gebrochen?« Clares Stimme klang brüchig vor Angst, und ihre Hände flatterten nervös.
»Kein Grund, so ein Aufheben zu machen«, sagte die ältere Dame, obwohl sie immer noch zitterte. »Nur mein Stolz und mein Handgelenk sind etwas in Mitleidenschaft gezogen.«
Ich reichte ihr ein Glas Wasser und holte dann einen Beutel mit Erbsen aus dem Gefrierschrank, wickelte ihn in ein sauberes Küchentuch und legte ihn ihr auf den Arm.
»Warum bist du überhaupt gefallen? Bist du über irgendwas gestolpert?«, wollte Clare wissen.
Alarmiert sah ich sie an. Sie würde sich doch nicht über die Gefahr beschweren, die ein Blumenbeet in einem Garten darstellte? Obwohl es mich nicht überrascht hätte, nachdem sie bereits die Stufen kommentiert hatte, die zu zahlreich für ihre Mutter seien, die Dusche mit ihrem zu kräftigen Wasserstrahl sowie die zu schweren Fensterläden.
Offenbar teilte Gladys meine Befürchtung. »Nein, ich habe einfach nicht auf den Weg geachtet.« In einem vergeblichen Versuch, die angespannte Atmosphäre aufzulockern, fügte sie hinzu: »Einer der Gäste hat plötzlich nackt am Fenster gestanden. Das hat mich ein wenig abgelenkt.« Sie kicherte.
Ihre Strategie ging nicht auf.
»Was? Wer hat nackt am Fenster gestanden? Du meinst, jemand hat sich vor dir entblößt?«
Gladys zuckte zusammen. »Es war nur Geoffrey, und er hat sich nicht vor mir entblößt. Er hat die Fensterläden geöffnet und …«
»Das ist doch das Gleiche!«
»Oh, um Himmels willen, Clare, natürlich ist es das nicht! Tut mir leid, dass ich es erwähnt habe. Er hat es ja nicht absichtlich gemacht, und da war nichts, was ich nicht schon mal gesehen hätte.«
»Wie geht es Ihrem Handgelenk?«, fragte ich Gladys nicht nur in echter Sorge, sondern auch, um das Thema zu wechseln. Ich schob die Erbsen beiseite, um die Stelle zu begutachten.
Ein weiterer schlechter Ablenkungsversuch.
»Es ist geschwollen! Es könnte gebrochen sein! Wir müssen einen Krankenwagen rufen«, entschied Clare.
Jetzt verstand ich gar nichts mehr. »Einen Krankenwagen?« Ich riss mich zusammen, um nicht hinzuzufügen: »Wozu das denn?«
»Meine Mutter ist siebenundachtzig. Sie kann sich den Arm gebrochen haben und wer weiß was noch. Sie kann sich die Hüfte oder das Schlüsselbein angebrochen haben. Und wie können wir sicher sein, dass sie nicht einen Schock erleidet?«
Da die anderen Gäste jeden Moment zu einem bisher noch gar nicht existierenden Frühstück aus ihren Zimmern herunterkommen würden, blickte ich hinüber zu Gladys. Die arme Frau sah aus, als ob sie ebenso gerne einen Krankenwagen rufen wollte wie ich.
»Ihre Mutter glaubt nicht, dass sie sich außer dem Handgelenk noch etwas verletzt hat. Ich bin mir sicher, dass Rupert, sobald er mit dem Hund von seiner Runde zurück ist, gerne einen Arzttermin ausmachen oder sie zu einer Notfallambulanz bringen wird, wenn Sie das möchten. Ich glaube nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt notwendig ist, einen Krankenwagen zu rufen.«
Clare blieb stur. »Wer ist denn hier der Gast? Ich will, dass Sie einen Krankenwagen rufen, und zwar jetzt!«
Ich sah zu Gladys, doch sie warf mir nur einen gequälten Blick zu.
»Gut. Kein Problem …« Mit einem gezwungenen Lächeln griff ich nach dem Telefon … und ein Déjà-vu traf mich wie ein Schlag in die Magengrube.
Ich wusste nicht, welche Nummer ich wählen musste. Wieder nicht.
Die Erinnerung, wie Rupert mit Verdacht auf einen Herzinfarkt von seinem Stuhl gerutscht war, kehrte mit aller Macht zurück – doch nun war ich keine Urlauberin mehr. Nun war das hier mein neuer Job. Warum hatte ich nicht daran gedacht, mich auf so eine Situation vorzubereiten, nachdem ich hierher zurückgekommen war?
Weil du die letzten Wochen damit verbracht hast, deine Kündigung einzureichen, deine Arbeit zu beenden, deine weltlichen Güter einzupacken und sie nach Frankreich zu bringen – und weil du nicht wissen konntest, dass das hier passieren würde.
Ich nahm das Telefon mit in die Diele, vorgeblich, um mehr Ruhe zu haben, doch in Wirklichkeit, um durch Ruperts zerfleddertes Adressbuch zu blättern. Es war hoffnungslos. Warum sollte er die Nummer dort notieren? Er wusste sie ja auswendig. So wie ich es hätte sollen. Ich zog mein Handy aus der Tasche und ging ins Internet, doch nach wenigen Sekunden wurde ich unterbrochen.
»Was dauert das denn so lange?« Clare stürmte in die Diele, als Pippa und Angus gerade die Treppe herunterkamen. Dreist blickte sie mir über die Schulter. »Sie müssen nach der Nummer suchen?«
»Ja, nun, ich …«
»Das glaube ich nicht! Sie führen dieses Haus, und dann kennen Sie die Nummer vom Notarzt nicht?«
»Ich bin erst seit einigen Tagen hier, und ich …«
»Das ist keine Entschuldigung!«
Sie hatte recht. »Nun, jetzt kenne ich sie, und …«
In diesem Moment erschienen Geoffrey Turner und seine Frau auf der Bildfläche. Ich war überrascht, dass er sich das traute, aber er konnte ja wohl kaum in seinem Zimmer sitzen bleiben und verhungern.
»Und Sie?« Clare streckte den Finger in seine Richtung aus, das Gesicht verkniffen und ihre Wangen rot vor Zorn. »Schämen sollten Sie sich!«
Geoffrey straffte die Schultern. »Ich entschuldige mich in aller Form, doch das Ganze war ein Versehen. Ich war noch halb im Schlaf und hatte vergessen, dass das Fensterbrett so niedrig ist …«
»Sich vor einer älteren Lady zu entblößen! Einfach geschmacklos!«
»Entblößen? Wie hätte ich wissen können, dass so früh am Morgen schon irgendwer im Garten ist?«
Geoffreys Frau Mary drückte sich gegen die Wand und sah von Geoffrey zu Clare. Das Entsetzen darüber, was dieser Morgen für eine Wendung nahm, stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Clare blieb unerschrocken. »Wegen Ihnen ist meine Mutter auf dem Weg ins Krankenhaus! Oder sie wäre es, wenn die sogenannte Managerin dieses Hauses die entsprechende Telefonnummer kennen würde.«
Ich holte tief Luft. »Ich habe die Nummer hier, wenn also bitte alle für einen Moment still sein …«
Doch Geoffreys Augen waren gefährlich schmal geworden. »Sie kennen die Nummer des Krankenwagens nicht?« Ohne Zweifel war er glücklich darüber, sich auf meine Unzulänglichkeit stürzen zu können, um von seiner eigenen abzulenken.
»Ich kenne die Nummer ja«, beharrte ich. »Es hat nur eine Minute gedauert, um sie nachzuschlagen.«
»Bei einem Notfall kann eine Minute entscheidend sein.«
»Es ist ein verstauchtes Handgelenk, kein Schlaganfall!«, schnappte ich entnervt.
Upps.
Die letzten Gäste kamen nun vorsichtig die Treppe herunter – ob wegen des Frühstücks oder der Gratis-Einlage wusste ich nicht so genau.
»Und wenn es nicht so wäre?«, meldete sich einer von ihnen hilfreich zu Wort.
Darauf hatte ich keine Antwort … und mir wurde schmerzlich bewusst, dass Geoffrey kein Mann war, mit dem man einen Streit beginnen sollte. Da er ein bekannter Reiseblogger war, hatte ich ihn für einen echten Coup für uns gehalten. Während ich meinen alten Job abgewickelt hatte, war ich auf seine Nummer gestoßen und hatte mich daran erinnert, dass ich einige Jahre zuvor mit ihm zu tun gehabt hatte, als ich mich um die Buchhaltung für eine Hotelkette gekümmert hatte. Da ich gewusst hatte, dass es noch eine Lücke in Ruperts Reservierungen gab, hatte ich ihn kontaktiert und einen Gratisaufenthalt im Gegenzug für eine ehrliche Besprechung angeboten und mir dabei vorgestellt, wie er von dem stilvollen Gästehaus, dem köstlichen Essen, dem traumhaften Garten schwärmen würde …
Ich hatte mein Zuhause, meinen Job, Freunde und einen fremdgehenden Exfreund in England für mein neues glanzvolles Leben im Loiretal hinter mir gelassen. Geoffrey Turner sollte eine wichtige Rolle dabei zukommen, das La Cour des Roses erfolgreicher und profitabler zu machen – und ich hatte keine Ahnung, wohin es führen würde, wenn sich nun herumsprach, dass mir das nicht gelang.
Hier stand ich also, kaum drei Tage im neuen Job, mit einem Raum voller aufgebrachter Gäste und Geoffrey Turner mit einer Gesichtsfarbe wie Ruperts Rote-Beete-Chutney.
Als Rupert in der Tür erschien, seine Hündin im Schlepptau und mit entspannter Miene, hätte ich ihn küssen können.
Auf einmal redeten alle durcheinander – Clare beschwerte sich lautstark über Gäste, die sich vor älteren Ladys entblößten, und die Unfähigkeit der Managerin in medizinischen Notfällen, während Geoffrey sich ebenso heftig gegen Ersteres verwehrte und Letzterem zustimmte, und ich verzweifelt versuchte, alle zu besänftigen und die Angelegenheit zu erklären.
»Okay! Danke Ihnen allen!« Beschwichtigend hob Rupert die Hände, während seine tierische Begleiterin weise zu ihrem Korb am anderen Ende der Diele trottete. »Wenn Sie sich jetzt bitte zum Frühstück in die Küche begeben würden. Emmy wird sich wie immer um Sie kümmern.«
Er scheuchte alle nach nebenan und ging dann zu Gladys, die noch immer mit blassem Gesicht auf einem Küchenstuhl saß. »Kommen Sie, Gladys, lassen sie uns in die Gästelounge gehen, wo es ruhiger ist, damit wir entscheiden können, was wir als Nächstes tun. Einverstanden?«
Clare sah das offensichtlich anders. »Ich habe bereits gesagt, dass ich einen Krankenwagen will!«
Ruperts Brustkorb hob sich, als er tief und ruhig Luft holte. »Ich verstehe Ihre Sorge, Clare, doch ich glaube, dass die Fahrt in einem Auto viel bequemer für Ihre Mutter wäre. Außerdem könnten wir dann sofort aufbrechen, und es wäre auch weniger aufreibend für sie, finden Sie nicht?«
Ich konnte sehen, wie in ihr der Wunsch, sich mit ihrem Standpunkt durchzusetzen, und Ruperts gesunder Menschenverstand miteinander rangen. Alle Augen ruhten auf ihr.
»Gut. Wenn Sie darauf bestehen.« Sie fuhr herum, um Geoffrey Turner finster anzufunkeln. »Doch ich erwarte, dass er abreist! Ich sehe nicht ein, warum wir uns die Unterkunft mit einem Perversen teilen sollten!«
Geoffrey wurde rot. »Und ich sehe nicht ein, warum ich mir die Unterkunft mit einem herumkreischenden, zänkischen Weib teilen sollte!«
Rupert wurde blass. Genau wie unser Publikum. Und just in diesem Moment klingelte auch noch das Telefon. Beklommen starrte ich es an, denn noch immer fürchtete ich mich vor Telefonaten auf Französisch – ich kam besser mit persönlichen Gesprächen zurecht, bei denen ich auch von den Lippen lesen oder die Leute bitten konnte, langsamer zu sprechen, wenn ich nicht mitkam.
Rupert führte Gladys und Clare in die Diele, und ich schnappte mir das Telefon und klemmte es mir so gut es ging zwischen Schulter und Ohr, während ich Saft und Milch vom Kühlschrank zum Tisch trug, in dem vergeblichen Versuch, das Frühstück zuzubereiten.
»Bonjour. La Cour des Roses.«
»Hallo, ist da Gloria?«
Erleichtert darüber, eine englische Stimme zu hören, antwortete ich: »Nein. Hier ist Emmy Jamieson. Wie kann ich helfen?«
»Ist Gloria zu sprechen?«
»Es tut mir leid, aber sie ist nicht mehr hier. Was kann ich für Sie tun?«
»Oh.« Die Stimme klang bestürzt. »Ich hatte bisher immer mit Gloria zu tun.«
»Ich bin die Managerin hier und freue mich, Ihnen behilflich zu sein. Darf ich fragen, wer am Apparat ist?«
»Julia Cooper. Ich rufe wegen der Thomson-Buchung im September an«, verkündete sie, als müsste ich alles darüber wissen.
Soweit ich mich erinnerte, während ich auf die Reservierungen vor mir blickte, war der September noch nicht völlig ausgebucht, und der Name Thomson sagte mir auch nichts. Dennoch wollte ich nicht ahnungslos erscheinen. »Schön, mit Ihnen zu sprechen. Wie kann ich helfen?«
»Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass es insgesamt fünf Luftmatratzen sind. Wie mit Gloria abgesprochen, stellen Sie Bettzeug und Bettdecken zur Verfügung.«
Der Löffel, mit dem ich Joghurt in eine Glasschüssel füllte, blieb in der Luft stehen. »Luftmatratzen?«
»Zwei in einem der Zimmer, eine in einer der gîtes und zwei in einer anderen gîte. Was die Reisekinderbetten betrifft, werden wir nur eins in einer der gîtes ohne Luftmatratzen aufbauen, soweit mir bekannt ist.«
»Ah, richtig. Okay.« Während ich den Löffel fallen ließ, sah ich mich in der Küche nach einem Notizblock um, doch auf der Arbeitsfläche lagen nur Lebensmittel für das Frühstück herum. Ich griff nach einem einsamen Stift auf dem Fensterbrett und machte mir notgedrungen auf dem Rand der Joghurtpackung Notizen.
»Wissen Sie etwas über die Thomson-Buchung?«
»Tut mir leid, aber ich bin erst seit einigen Tagen hier, Mrs. … Ms.? Cooper.«
»Mrs., aber Julia reicht. Wir können uns gerne beim Vornamen nennen, schließlich werden wir uns bestimmt noch ziemlich oft sprechen.«
Ich hatte jede Menge Fragen, die danach schrien, beantwortet zu werden, doch die Frau hörte sich an, als würde sie sich leicht aufregen, und wenn wir noch oft miteinander sprechen würden, gab es keinen Grund, gleich am Anfang für Irritationen zu sorgen. Außerdem war es höchste Zeit, dass unsere derzeitigen Gäste etwas zu essen bekamen.
»Es tut mir leid, wenn ich so unwissend bin, Julia. Ich werde Rupert bitten, dass er mich bezüglich der Buchungen schnellstens auf den neuesten Stand bringt. Und ich werde ihm das mit den Luftmatratzen und dem Kinderbettchen sagen. Ich bin mir sicher, dass wir Ihre Telefonnummer haben, aber würden Sie sie mir bitte noch einmal sagen, falls ich noch Rückfragen habe?«
»Sicher ist sicher, nehme ich an.« Sie nannte mir ihre Mobilfunk- und die Festnetznummer und fügte hinzu: »Schade zu hören, dass Gloria nicht mehr da ist. Sie war ausgesprochen hilfsbereit.«
War sie das? Mensch!
Nachdem wir uns verabschiedet hatten, starrte ich das Telefon an. Luftmatratzen? Ehrlich jetzt?
Als ich das Telefon in die Diele zurücktrug, begleitete Rupert gerade Clare und Gladys nach draußen. Also kein guter Zeitpunkt, um ihn nach der Thomson-Buchung zu fragen, und außerdem hatte ich ohnehin Dringenderes zu tun.
Ich hielt ihn am Arm fest. »Was soll ich mit Geoffrey machen?« Scharf sog ich die Luft ein, als ich sah, wie Clare ihre Mutter besorgt zu Ruperts Wagen führte.
»Ich werde versuchen, Clare zur Vernunft zu bringen. Vielleicht beruhigt sie sich ja, sobald ihre Mutter versorgt ist. Aber du musst dich um Geoffrey kümmern.«
»Was ist mit Eiern?«
Verwirrt sah er mich an. »Eier?«
»Was ist, wenn jemand nach Eiern fragt? Wenn ich sie mache, werden sie immer wie Gummi.«
Rupert stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Sag ihnen, die Hühner hätten keine gelegt. Sag ihnen, sie hätten Geoffrey Turner nackt gesehen und da sei ihnen die Laune vergangen.«
Er folgte Clare und Gladys, während ich zögerlich in die Küche zurückkehrte. Ihre gemütliche Mischung aus Holz und Granit und der effizienten Ausstattung beruhigte mich sonst immer. Nur diesmal nicht, da ich allein in ihr zurechtkommen musste.
Ich schnippelte Obst in eine große Glasschale, fügte Orangensaft hinzu, damit es frisch blieb, und trug die Schale zusammen mit dem Joghurt und Schraubgläsern mit Marmeladen aus der Region hinüber zu dem großen Holztisch unter der Dachschräge. Schließlich füllte ich noch einen Korb mit Croissants, Brioches, Pains au chocolat und Pains aux raisins (die ich persönlich am liebsten mochte) und betrachtete das Ergebnis. Bei einer Sache war ich mir sicher – beim Frühstück gab es nichts, was ich ändern würde.
Als ich keine weiteren Entschuldigungen vorschieben konnte, fragte ich die Gäste, ob irgendwer etwas Warmes essen wollte. Während ich mit Blick auf Geoffrey verzweifelt zu verdrängen suchte, dass ich seine Weichteile keine halbe Stunde zuvor am Fenster hatte baumeln sehen, konnte ich nur hoffen, dass sich niemand Würstchen wünschen würde.
Später beim Aufräumen dachte ich darüber nach, ob ich Geoffrey auf die Sache ansprechen sollte … also auf sein Gemächt, entschied mich dann aber dagegen. Schließlich konnte ich einen Gast – erst recht keinen bekannten Reiseblogger – schlecht dazu auffordern, nach solch einem unbeabsichtigten Vorfall abzureisen. Ich musste auf Ruperts charmante Überredungskünste vertrauen und darauf, dass Clare schließlich doch Gladys‹ flehenden Bitten nachgeben würde.
Geoffrey steckte den Kopf durch die Küchentür. »Haben Sie einen Verbandskasten? Mary hat sich den Ellbogen aufgeschürft.«
»Soll ich kommen?«
»Nein, nicht nötig«, sagte er schnell. »Es ist nur ein Kratzer. Geben Sie mir einfach den Verbandskasten, ja?«
In seinen Augen glomm eine Härte, die mir nicht gefiel. Als ich ihm den Kasten reichte, stand ihm die Überraschung ins Gesicht geschrieben, auch wenn es ihm schnell gelang, sie zu verbergen. Stellte er mich auf die Probe, um zu sehen, ob ich wusste, wo sich der Verbandskasten befand?
Nachdem ich mit der Küche fertig war, fuhr ich den Laptop hoch und öffnete den Belegungsplan für September, um zu sehen, wovon Julia Cooper gesprochen hatte. Es gab Buchungen, doch nicht so viele, wie ich mir gewünscht hätte. Das überraschte mich, denn Rupert hatte mir irgendwann mal erzählt, dass der September beliebt bei all jenen Gästen sei, die es etwas ruhiger mochten. Und ganz sicher hatte er dabei keine Julia Cooper oder irgendwelche Thomsons erwähnt.
Zweifellos würde Rupert alles über die Sache wissen. Doch da ich ihn erst nach seiner Rückkehr würde fragen können, machte ich mir erst einmal einen dringend benötigten Kaffee. Ich klopfte mir gegen das Bein, und die Hündin kam aus der Diele herbeigelaufen, um mir hinaus in den Garten zu folgen, wo ich mich für fünf friedliche Minuten in einen Sessel fallen ließ. Sie legte den Kopf auf meine Knie, sodass ich ihr samtenes Fell streicheln und ihre Ohren kraulen konnte.
»Wie soll ich uns bloß wieder aus diesem Schlamassel befreien, irgendeine Idee?«, fragte ich sie.
Ihre Antwort waren ein schwerer Seufzer und ein Blick aus ihren großen, traurigen Augen.
Gloria war meine neue Liebe. Natürlich nicht die Gloria, die noch immer mit Rupert verheiratet und dann zu Beginn des Sommers mit meinem Freund Nathan durchgebrannt war, als ich mit ihm im La Cour des Roses Urlaub gemacht hatte. Ich meinte Ruperts neu erworbene schwarze Labradorhündin.
Ein Bauer aus der Umgebung hatte sie auf seinem Land entdeckt. Sie war dünn und ungepflegt gewesen, und als der Tierarzt keinen Chip und kein Tattoo entdecken konnte, mit denen man sie hätte identifizieren können, war sie im nahe gelegenen Tierheim gelandet. Für Rupert, der sich nach einem Hund gesehnt hatte und nicht länger auf seine tierhassende Noch-Ehefrau Rücksicht nehmen musste, war es Liebe auf den ersten Blick gewesen.
Niemand kannte ihren Namen, und in seiner verrückten Art hatte er sie nach Gloria benannt. Natürlich war das ein Name, den ich nicht gerne hörte, also war ich dazu übergegangen, unterschiedliche tierische Kosenamen zu verwenden, und der Hündin schien es nichts auszumachen. Hätte sie die Hintergründe gekannt, wäre es ihr vermutlich sogar lieber so gewesen.
Der Tierarzt schätzte, dass sie etwa fünf Jahre alt war. Sie war treu, warmherzig und einnehmend – alles, was die echte Gloria nicht war. Das Einzige, was die beiden abgesehen vom Namen gemein hatten, war die Tatsache, dass sie alles dafür taten, dass man ihnen den Bauch kraulte.
»Ich bin so froh, dass ihr beiden euch versteht«, sagte Ruperts sanfte Stimme hinter uns und ließ mich aufspringen.
Ich wirbelte herum. »Du bist früh zurück. Du warst keine zwei Stunden fort.«
Er setzte sich neben die Hündin ins Gras, und ich musste lächeln. Noch vor Kurzem hätte er das nicht tun können – eine Zerrung hätte ihn daran gehindert. Die Verletzung hatte er sich zugezogen, als er während eines Angina-Pectoris-Anfalls von einem Barhocker in der Küche gefallen war, sodass er kurz danach kaum hatte laufen können. Nun, mit seinen Herzproblemen unter Kontrolle und mir an seiner Seite, um ihn zu entlasten – zumindest theoretisch –, sah er tatsächlich schon viel besser aus als noch vor einigen Wochen bei meiner Abreise. Er war inzwischen schlanker, und ich nahm an, dass es ihm guttat, mit der Hündin seine Runden zu gehen. Selbst sein Gesicht war schmaler geworden, und er hatte sich einen kurzen Bart wachsen lassen, der ebenso silbergrau wie sein Haar war, das er inzwischen etwas länger trug, sodass die Naturwellen zur Geltung kamen. Ich war mir noch nicht sicher, was den Bart betraf, doch er verbarg Ruperts leichte Hängebacken, deshalb hielt ich mich vorerst zurück.
»Wie geht es Gladys?«, wollte ich wissen.
»Wie wir es uns gedacht haben. Ein leicht verstauchtes Handgelenk. Diese Tochter gehört eingesperrt. Was für eine Hysterie!«
»Tut mir leid, dass ich die Nummer für den Krankenwagen nicht gewusst habe.«
Er zupfte an dem frisch gemähten Rasen herum und spielte mit den ausgerupften Halmen, bevor er sie wieder fallen ließ. »Mach dir darüber keine Sorgen. Vielleicht sollten wir eine Notiz mit der Nummer in die Diele hängen. Und auch in die Zimmer und die gîtes.«
»Ich werde mich darum kümmern. Am besten lasse ich es mir für alle Fälle auf die Stirn drucken. Oh, und übrigens … Julia Cooper. Die Thomson-Buchung. September. Luftmatratzen. Um was geht es da?«
Auf seinem Gesicht spiegelte sich komplette Ahnungslosigkeit. »Kannst du das noch mal wiederholen?«
Ich tat es, doch mit demselben Ergebnis. »Keine Ahnung, von was du sprichst.«
Ich gab mein Gespräch mit Julia Cooper so genau wie möglich wieder.
Rupert schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin immer noch nicht klüger. Steht was dazu auf dem Übersichtsplan?«
»Ich habe nachgeschaut, aber nichts gefunden. Ich werde mal den Laptop holen.«
»Sie Sonne ist zu grell. Es ist besser, wenn wir nach drinnen gehen.«
In seinem Büro ließ sich Rupert in seinen Captains Chair am Schreibtisch fallen und mich auf dem kleinen Ledersofa Platz nehmen, während er auf den Bildschirm blickte. »Hast du sie nach dem genauen Datum gefragt?«
»Nein. Sie hörte sich so an, als sollte ich alles darüber wissen, und ich wollte nicht wie eine komplette Idiotin dastehen. Ich nahm an, du wüsstest Bescheid.«
Er wedelte mit einem Finger Richtung Laptop. »Nein, nichts, aber es gibt hier einige Lücken, sodass eine Buchung gut hineinpassen würde – wenn wir wüssten, für wann genau.«
»Mach dir keine Sorgen. Ich rufe sie zurück und erkläre ihr die Sache so gut ich kann.«
Rupert schob einige Blatt Papier auf der ledernen Schreibtischplatte herum. »Irgendwo muss hier was darüber stehen. Nicht einmal Gloria kann eine Buchung angenommen haben, ohne es zu vermerken, nicht wahr?«
Ich warf ihm einen Blick zu. »Darauf möchte ich nicht wetten.« Ich runzelte die Stirn. »Als wir vor Wochen die ganzen Zettel aus dem Terminplaner in den Computer eingegeben haben, schienst du ziemlich ausgebucht zu sein, doch nun gibt es eine ganze Reihe von Lücken. Diesen Monat auch. Warum?«
Rupert seufzte schwer. »Die Wahrheit? Ich denke, Gloria war zuletzt ohne großes Interesse bei der Sache, Emmy. Die ganzen Notizen, die wir übertragen haben, nicht alles davon ergab Sinn. Ich habe die böse Vermutung, dass wir uns nie mit den Leuten wegen ihrer Anfragen in Verbindung gesetzt haben. Und einige der Buchungen, die Gloria als bestätigt in den Terminplaner eingetragen hatte, stellten sich als vorläufige Reservierungen heraus. Ich hatte einige potenzielle Gäste, die niemals auftauchten, und als ich sie kontaktierte, erzählten sie mir, dass sie niemals eine Bestätigung erhalten und deshalb woanders gebucht hätten.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber es ist auch nicht alles Glorias schuld. Es gab auch einige Absagen – das ist in diesem Geschäft zu erwarten.«
»Okay. Nun, jetzt bin ich hier, und ich habe vor, etwas daran zu ändern. Wir schauen, was wir für dieses Jahr retten können, füllen ein paar Lücken, wenn wir können, und im nächsten Jahr wird uns das definitiv nicht mehr passieren. Und was diese Thomson-Sache betrifft … Ich weiß, dass Gloria mit Zetteln gearbeitet hat, doch für alle Fälle werde ich trotzdem in den E-Mails danach suchen.«
Er nickte und wirkte doch irgendwie resigniert, was mir gar nicht an ihm gefiel.
Vorsichtig fühlte ich ihm auf den Zahn. »Hast du etwas von Gloria gehört?«
Er schnaubte. »Habe jedenfalls nicht mit ihr gesprochen. Per Mail hat sie mir mitgeteilt, dass sie in der Wohnung in Kensington ist, was ich bereits von dir wusste, nachdem du mir erzählt hast, dass Nathan nach London gezogen ist.«
»Zehn Jahre Ehe, und sie hat dir eine E-Mail geschickt?«
»Soll ich dich daran erinnern, dass du nach einer fünfjährigen Beziehung nicht einmal eine Nachricht bekommen hast, Emmy?«
»Das stimmt. Aber wir haben immerhin miteinander gesprochen. Oder hatten jedenfalls eine seltsame Diskussion, als es darum ging, unsere Wohnung in Birmingham zu vermieten.«
»Hmm.« Er rückte die antike Schreibunterlage, die vor ihm lag, hin und her, dann einen Briefbeschwerer aus Kupfer. »Ich kann nicht glauben, dass die beiden es in meiner Wohnung miteinander treiben. Bei dem Gedanken daran wird mir schlecht. Es ist schlimm genug, dass sie mit einem anderen davongerannt ist, aber mein Eigentum zu benutzen, um … Obwohl ich vermute, dass es nicht mehr nur meine Wohnung ist, oder? Jedenfalls nicht, seit wir geheiratet haben.«
»Hat sie … Hat sie in der Mail irgendwas von Scheidung geschrieben?«
»Nein.« Seine Stimme klang bestimmt. »Und ich auch nicht.«
Das verwirrte mich. »Aber vor ein paar Wochen hast du gesagt, dass du wissen willst, wo du stehst.«
»Ja, das habe ich. Doch ich glaube, einige Wochen Abwesenheit und eine einzige kurze E-Mail zeigen recht deutlich, wie es bei Gloria an der emotionalen Front aussieht, findest du nicht? Was die finanzielle Seite betrifft, würde ich lieber nichts überstürzen. Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, befinden wir uns in der Hochsaison, und da will ich mir nicht irgendetwas aufhalsen, für das ich gerade überhaupt keine Zeit habe. Gloria darf die Wohnung für den Moment umsonst nutzen – genau wie dein reizender Exfreund –, und sie hat unser gemeinsames Bankkonto noch nicht geplündert. Bei allem, was darüber hinausgehen sollte, werde ich scharfes Geschütz auffahren. Wenn sie also mehr will, wird sie den offiziellen Weg gehen müssen. Und für den Moment arrangiere ich mich lieber mit der Ungewissheit, wie und wann das sein wird, als mich ausgerechnet jetzt damit beschäftigen zu müssen.«
Das konnte ich verstehen. Es gab keinen Grund, in einem Nest voller Vipern herumzustochern, bevor man es nicht unbedingt musste. Doch ich war mir nicht sicher, ob das die ganze Geschichte war. Er sah inzwischen so viel gesünder aus, doch er war ziemlich schweigsam gewesen, seit ich zurückgekehrt war. »Vermisst du sie, Rupert?«
Er dachte darüber nach, doch dann verschloss sich seine Miene. Er zuckte mit den Schultern. »Was nutzt es, über vergossene Milch zu jammern, wie man sagt. Das Leben geht weiter, und wir haben einen Betrieb zu führen.«
Ich verstand, dass das Thema damit für ihn beendet war und er nicht weiter darüber reden würde, und stand auf. »Richtig. Und jetzt werde ich mal die E-Mails durchsehen, und wenn ich etwas finde, lasse ich es dich wissen.«
»Danke, Emmy. Aber … Luftmatratzen?« Er schüttelte den Kopf. »Nun ja. Wenigstens wirst du Alain heute Abend viel zu erzählen haben.«
Ich lächelte. Alain war Ruperts halb englischer, halb französischer, karamelläugiger Steuerberater und Buchhalter. Ein Kuss im strömenden Regen hatte natürlich überhaupt nichts damit zu tun, dass ich nach Frankreich gezogen war, trotzdem war ich enttäuscht, dass sich Alain zurzeit bei Verwandten in der Nähe von Paris aufhielt. »Heute Abend nicht. Er hat irgendein Familientreffen.«
»Alles in Ordnung bei euch beiden?«
Subtil wie ein Ziegelstein. Seit Rupert beschlossen hatte, dass Alain und ich füreinander bestimmt waren, hatte er sich noch einmal zu ganz neuen Höhen als Kuppler aufgeschwungen.
»Geht so, danke der Nachfrage.«
»Muss seltsam für ihn sein«, murmelte Rupert. »Vor seinem Bruder so zu tun, als wäre alles in Ordnung, obwohl der Bastard ihm die Ehefrau ausgespannt hat.«
»Das ist lange her. Er ist darüber hinweg, sagt er – so gut, wie man über so etwas hinwegkommen kann. Er sagte mir mal, dass er Glück gehabt hätte. Ich nehme an, Sabine kann ziemlich bestimmend sein.«
Rupert schnaubte. »Oh, und du nicht?«
»Äh, tja, bisher hatte er noch nicht wirklich die Chance, das herauszufinden, oder?«
Meine E-Mail-Recherche ergab, dass es eine spärliche Korrespondenz zwischen Gloria und Julia Cooper gegeben hatte. In ihrer schlampigen Art hatte Gloria diese unter Verschiedenes statt unter Reservierungen gespeichert. Es gab einige vorsichtige Anfragen von Julia, von der sich eine auf ein Telefonat bezog, über das Gloria offenbar nie mit Rupert gesprochen hatte, und eine letzte Mail von Julia, lang und umständlich, die meinen Kampfgeist weckte und mich gleichzeitig an den Rand eines Herzinfarkts trieb.
Die gute Nachricht war, dass Julia alle drei gîtes für zwei Wochen Mitte September gebucht hatte – obwohl diese mit Blick auf die Namen und Daten nicht die ganze Zeit über komplett belegt sein würden – und dann noch alle vier Zimmer des Gästehauses zu verschiedenen Zeiten innerhalb dieser zwei Wochen. Angesichts der Anzahl der Personen ging ich von irgendeiner Art von Familientreffen aus. Und der Preis, den Julia für diese Leistung bestätigt hatte, erschien mir recht hoch, wenn man bedachte, dass wir in diesem Monat über jede Buchung froh waren.
Die schlechte Nachricht bestand in einer langen Liste von Bitten und Forderungen, die Gloria vermutlich logisch erschienen waren, wenn sie darüber am Telefon gesprochen hatten, die für mich aber umso weniger Sinn ergaben. Sie reichten von Büfett-Lunch (was Rupert noch nie angeboten hatte, soweit mir bekannt war) bis hin zu einem Kuchen (für welche Gelegenheit, ging nicht daraus hervor), einem Caterer (wofür brauchten sie einen Caterer?), und dann die Matratzen und Kinderbetten, deren Anzahl bestätigt werden sollte …
Einige der Gäste würden bereits in zwei Wochen eintreffen, die meisten von ihnen einige Tage später, und doch hatte ich keine Ahnung, welche der Forderungen und Wünsche Gloria zugesagt hatte – wenn überhaupt – und welche bereits im Preis eingeschlossen waren.
Glorias Antwort an Julia Cooper? Danke für Ihre E-Mail. Kein Problem. Wir haben alles im Griff.
Ich schaute auf das Datum der Antwort, und mir sank das Herz. Die Mail war geschickt worden, als Nathan und ich Urlaub im La Cour des Roses gemacht hatten – und Gloria mit anderem beschäftigt gewesen war. Nämlich mit Nathan.
Als ich Rupert zeigte, was ich gefunden hatte, fuhr er sich mit der Hand über seinen stoppeligen Bart. »Verdammt.« Er warf einen weiteren Blick auf den Übersichtsplan. »Wir haben bereits eine Buchung für das Gästehaus genau in dieser Zeit. Und eine der gîtes ist auch belegt. Ich habe sie eingetragen, nachdem Gloria gegangen war. Ich hatte keine Ahnung, dass wir all dies hätten blocken müssen.«
»Du kannst keine Gedanken lesen, Rupert.« Ich streckte meinen Rücken. »Es ist zu spät, um das Problem jetzt noch zu lösen – und wir müssen für unsere Gäste Abendessen kochen. Aber wir brauchen einen Plan, wie wir uns morgen die Arbeit aufteilen. Ich werde morgen früh Julia Cooper anrufen, um zu erfahren, was Gloria uns da aufgehalst hat. Und du musst in deinem Büro und in den E-Mails nachsehen, ob Gloria bereits irgendetwas in die Wege geleitet hat. Du weißt besser, wo und nach was du da schauen musst. Was die Gäste mit den Doppelbuchungen betrifft, werde ich ihnen per Telefon mitteilen, dass wir sie, sofern möglich, auf einen anderen Termin legen müssen – und anbieten, dass wir ihnen die Kosten für das Umbuchen von Flügen und Fährverbindungen erstatten.« Ich zuckte leicht zusammen. »Willst du, dass ich meine Verabredung mit Sophie für morgen absage?«
Sophie war meine neue französische Freundin, seit ich nach Nathans Abgang in ihrem Friseursalon zusammengebrochen war. Sie wollte sich unbedingt mit mir treffen und an ihrem freien Tag irgendwo hinfahren, wo es nett war.
»Nein, du hast sie seit Wochen nicht gesehen. Ein paar Stunden werden keinen Unterschied machen. Aber was wirst du Julia Cooper sagen, wenn sie dich fragt, warum du von all dem nichts weißt? Oder wenn sie dich um eine Bestätigung bittet, dass du dich um alles kümmerst?«
Ich verzog das Gesicht. »Lügen. Und wenn nötig vor ihr auf die Knie fallen.«
Während ich mich auf die Aufgaben konzentrierte, die Rupert mir in der Küche übertragen hatte – schnippeln, rühren und sonstige Dinge, die nicht einmal ich falsch machen konnte –, musste ich die Panik unterdrücken, die angesichts der Entwicklungen des Tages in mir aufstieg. Der nackte Geoffrey Turner, Clares Temperament, Gladys‹ Arm, Geoffreys Reaktion auf meine Inkompetenz, Julia Cooper, Doppelbuchungen, Glorias kaufmännische Fähigkeiten (oder ihr Fehlen). Oh Gott. Geoffreys bevorstehende Kritik. Wenn ich daran dachte, dass ich an diesem Morgen voller Freude über den Sommer erwacht war.
Ich musste das geregelt kriegen. Alles. Ich musste sicherstellen, dass das La Cour des Roses nicht weiter ein Anlass zur Sorge war wie bisher, sondern Rupert genug einbringen würde, damit er mir zahlen konnte, was er versprochen hatte. Als wir darüber gesprochen hatten, hatten wir beide den Eindruck gehabt, dass die Geschäfte gerade wieder besser liefen. Doch die Buchungslücken, die ich seitdem gesehen hatte, und Ruperts Eingeständnis, dass Gloria immer wieder Sachen durcheinandergebracht hatte – Julias Anruf war nur eine weitere Bestätigung dafür –, stimmten mich nun wenig zuversichtlich.
Obwohl ich mietfrei wohnte, reichte mein Einkommen gerade so, um zurechtzukommen und mir mein Auto zu leisten. Ich war von Mieteinnahmen abhängig, um die Hypothek für die Wohnung in Birmingham bezahlen zu können, und ich musste mein eigenes Unternehmen an den Start bringen, um mir zusätzliche Einnahmen zu sichern. Ich hatte einige Ersparnisse, die mir über die erste Zeit hinweghelfen würden, doch die würden nicht ewig reichen.
Ich dachte daran, wie skeptisch meine Arbeitskollegen geguckt hatten, als ich eine Beförderung abgelehnt hatte, um stattdessen nach Frankreich zu ziehen. Meine Mutter machte sich Sorgen, dass es vielleicht nicht funktionieren würde. Dann Nathans Bemerkung, als er die Neuigkeit gehört hatte. Der Gedanke, dass ich nun womöglich mit eingezogenem Schwanz wieder nach Hause zurückkriechen müsste, gefiel mir ganz und gar nicht. Doch ich war noch nie jemand gewesen, der vor einer Herausforderung zurückgeschreckt wäre – selbst wenn ich Tage wie diesen nicht im Sinn gehabt hatte, als ich mir meine erste Woche hier vorgestellt hatte. Und Rupert verließ sich darauf, dass ich ihm Arbeit abnahm, damit er weniger Stress hatte. Himmel, hilf mir.
Wir boten drei Abendessen pro Woche an, die an eine echte Dinnerparty erinnerten, doch an diesem Abend war die Atmosphäre eindeutig unterkühlt, was nicht überraschte. Gladys war blass und hatte Schmerzen, während eine überfürsorgliche Clare permanent Anspielungen auf den Sturz machte und Geoffrey dabei giftige Blicke zuwarf. Er hingegen wurde immer mürrischer, je weiter der Abend fortschritt, während seine Frau aussah, als wäre sie gerade liebend gern irgendwo anders. Am Ende des Abends sahen unsere beiden anderen Paare ebenso aus, und daran änderten auch Ruperts gebackener Camembert mit französischem Brot und das Hühnchen in einer cremigen Pilz-Brandy-Soße mit gedünstetem Gemüse sowie ein abschließender Obstsalat mit Brandy nichts. Es war eine Erleichterung, als sich alle entschieden, früh zu Bett zu gehen.
»Das war ein Albtraum!«, sagte ich zu Rupert, als wir aufräumten.
»In fünfundneunzig Prozent der Fälle läuft alles wie von selbst. Sieh es von der positiven Seite.«
»Das ist nicht leicht, wenn Geoffrey Turner involviert ist.«
»Emmy, du machst dir zu viele Sorgen.«
Doch genau damit machte ich weiter, als ich außen um das Haus herum zum Eingang meines Zimmers ging.
Ich liebte, wie Rupert es für mich hergerichtet hatte. Die Wände waren in einem hübschen cremefarbenen Gelb gehalten, und da Rupert aus Zeitgründen nicht dazu gekommen war, es mit den von ihm geliebten Antiquitäten auszustatten, war es mit einfachen, modernen Holzmöbeln eingerichtet. Es hatte sogar ein Doppelbett, und neben Kommode, Schrank und Frisiertisch gab es noch Platz für eine Leseecke. Dort stand eine kleine, gepolsterte Chaiselongue neben dem großen Fenster, das zum Obstgarten hinausging. Die Vorhänge, Kissen und das Bettzeug waren in verschiedenen sanften Grüntönen gehalten. Das angrenzende Bad war schlicht und weiß, doch er hatte für kirschrote Handtücher und Accessoires gesorgt. Alles war bestens ausgestattet.
Er hatte sogar ein Fenster durch eine Tür ersetzt, sodass ich kommen und gehen konnte, wie es mir gefiel – die Innentür führte direkt in Ruperts privaten Wohnbereich, woran er nicht viel ändern konnte. Doch er hatte ein Schloss anbringen lassen, für das wir beide einen Schlüssel hatten, und wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir sie nur im Notfall benutzen würden.
Ich zog mich aus, putzte mir die Zähne und kroch unter frische, angenehm kühle Baumwolllaken, unter denen ich mich ausstreckte. Beim beunruhigenden Gedanken an Geoffrey Turner und seine drohende Besprechung rief ich mir eine der Lieblingssprüche meiner Mutter ins Gedächtnis: What will be, will be.
Wenn der Schrei mich aus dem Tiefschlaf wecken konnte, musste er laut genug sein, um im Haupthaus die Toten zu wecken.
Ich schoss hoch, schlug auf die Nachttischlampe neben mir und sah nach der Zeit. Zwei Uhr morgens. »Was zum Teufel …?«
Geklapper nebenan deutete darauf hin, dass Rupert ebenfalls aus dem Schlaf gerissen worden war. Hundegebell. Eine Ermahnung vom Herrchen, still zu sein und sich wieder schlafen zu legen.
Während ich mir einen dünnen Morgenmantel überwarf, suchte ich in einer Schublade nach dem Schlüssel für die Verbindungstür. Ich eilte zu Rupert hinüber und brach mir dort fast den Hals, als ich über den schwarzen Labrador stolperte, der in dem dunklen Zimmer kaum zu erkennen war. Ich wiederholte Ruperts Aufforderung, dass sie sich wieder hinlegen solle, bevor ich die Tür hinter der Hündin schloss und dann zwei Stufen auf einmal nahm, wobei mir die unterschiedlichsten Szenarien durch den Kopf schossen. Hatte irgendwer eine Ratte gesehen? Vielleicht hatte jemand einen Herzanfall gehabt?
Oben an der Treppe herrschte ein ziemliches Durcheinander. Jeder war aus seinem Zimmer gekommen – die einen mehr, die anderen weniger bekleidet –, und Rupert stand in der Mitte des Gedränges und versuchte herauszufinden, was passiert war. Im Zentrum der Aufregung stand Gladys, und Clare beschimpfte lautstark Rupert und jeden, der ihr zuhörte.
»Was für eine Art Etablissement ist das hier, in dem es anderen Leuten möglich ist, mitten in der Nacht splitterfasernackt in unser Zimmer einzufallen? Sehen Sie sich meine Mutter an! Zu Tode erschrocken ist sie!«
»Wer ist eingefallen! Wer war nackt?«, fragte Rupert verzweifelt.
»Der Perverse vom Ende des Flurs.« Clare zeigte mit anklagendem Finger auf die geschlossene Tür der Turners.
Nach kurzem Durchzählen wusste ich, dass nur sie fehlten. Ich überließ es Rupert, die Wogen zu glätten, und ging zu ihrer Tür, an die ich ruhig anklopfte.
Mary öffnete einen Spaltbreit.
»Darf ich reinkommen?«
Sie öffnete die Tür gerade weit genug, dass ich hineinschlüpfen konnte, als ob sie einen Aufstand wütender Gäste hinter mir fürchtete. Im Zimmer fiel mein Blick auf die ordentlich aufgereihten Toilettenartikel auf der Frisierkommode.
»Wo ist Geoffrey?«
»Im Bad«, antwortete Mary schmallippig.
»Darf ich fragen, was passiert ist?«
»Er schlafwandelt manchmal. Nicht sehr häufig«, fügte sie eilig hinzu, während ihr Blick zur geschlossenen Badezimmertür schoss.
»Ist das nicht ein ziemliches Risiko in seinem Beruf?«
»Es hat erst vor ein paar Wochen damit angefangen. Er hat neue Medikamente bekommen, und die wirken sich auf seinen Schlafrhythmus aus.« Herausfordernd hob sie ihr Kinn. »Ich schließe immer die Tür ab, für alle Fälle.«
»Und heute Nacht?«
Ihr Schultern sackten nach vorn. »Habe ich es vergessen. Er muss in den Flur gewandert sein, dann geglaubt haben, dass er zurück ins Bett geht, und dabei im falschen Zimmer gelandet sein.«
Ich nickte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich ein bekannter Reiseblogger freiwillig vor anderen Gästen entblößen würde.
»Die Sache ist nur, dass das jemanden erschrecken könnte, Mary, doch natürlich wäre es nicht das Ende der Welt, wenn er dabei nicht …«
»Ich weiß!«, jammerte sie. »Nachdem Sie ihn am Fenster gesehen haben, sagte ich ihm, dass er sich im Bett etwas anziehen soll. Doch er mag es nicht, wenn ihm so heiß ist.«
Ich dachte daran, wie heiß Clares Gemüt war, und fragte mich, warum sie ausgerechnet im Zimmer direkt neben Geoffrey untergebracht worden war.
»Ich werde es den anderen erklären.«
Zurück im Flur sah ich Clare, die sich mit verkniffener Miene ihren Morgenmantel eng um den Körper gewickelt hatte und die Arme abwehrend über der Brust verschränkte.
Rupert versuchte noch immer, sie zu beruhigen.
»Es gibt eine vollkommen harmlose Erklärung für das alles«, meinte ich. »Offenbar schlafwandelt Geoffrey ab und zu …«
»Dann sollte ihn seine Frau einsperren. Wir werden unsere Tür mit Sicherheit ab sofort abschließen.«
»Normalerweise macht sie das auch, nur diesmal hat sie es vergessen.«
»Ich glaube nicht an Zufälle«, sagte Clare. »Zweimal an einem Tag? Das kann nicht sein. Ich will, dass er morgen abreist, oder wir werden das hier weitertragen, haben Sie mich verstanden?«
Da ergriff Gladys das Wort. »Nun ja, ich jedenfalls hatte genügend Aufregung. Lasst uns die Sache für den Moment vergessen, damit diese guten Menschen hier wieder schlafen gehen können, einverstanden? Es tut mir leid, dass ich Sie alle geweckt habe.«
Alle schlurften davon. Als sie wieder auf ihren Zimmern waren – das Schloss von Gladys und Clare klickte laut und vernehmlich –, gingen Rupert und ich zurück ins Erdgeschoss.
In seinem Wohnbereich rieb sich Rupert über das Gesicht. »Was für eine Nacht!«
Die Hündin kam zu ihm hinüber und schmiegte sich an ihn, damit er sie nach der ganzen Aufregung beruhigte.
»Nichts, worüber du dir Sorgen machen musst, Gloria«, sagte er zu ihr.
Sie winselte dennoch.
»Großartig. Nun muss sie Gassi gehen. Ich lasse sie raus. Und du versuchst, noch etwas Schlaf zu bekommen, Emmy.«
Zurück in meinem Zimmer, warf ich mich aufs Bett, um darüber nachzudenken, auf was zur Hölle ich mich da eingelassen hatte. Wenigstens konnte Geoffrey nach alldem unmöglich so frech sein und eine schlechte Bewertung schreiben. Oder doch? Wenn nur Clare nicht gewesen wäre.
Ich lag auf der Seite und starrte auf mein Telefon auf dem Nachttisch. Es wäre so nett, in diesem Moment mit Alain zu sprechen. Zu sehen, ob er mich davon abhalten könnte, mir Sorgen zu machen, und mich stattdessen zum Lachen bringen würde. Doch ich glaubte nicht, dass er nachts um halb drei Lust darauf haben würde.
Es war wenig überraschend, dass am nächsten Morgen alle übernächtigt aussahen.
Ich nahm Bestellungen für heiße Getränke entgegen, während Rupert überkompensierte, indem er lächerlich fröhlich war und vor sich hin pfiff, während er die Eier, die seine Hühner gelegt hatten, zubereitete, wie es die Gäste wünschten. Auffällig war jedoch, dass ein Paar abwesend war.
»Wo sind die Turners?«, fragte ich flüsternd, damit die anderen es nicht hörten – vor allem Clare nicht.
»Wahrscheinlich wagen sie es nicht, sich zu zeigen. Nicht, nachdem Geoffrey alles andere ja schon gezeigt hat.«
»Das ist nicht witzig, Rupert.«
»Sie werden warten, bis die Luft rein ist.«
Als sich der Tisch leerte, warf ich einen Blick auf die Wanduhr. »Soll ich mal nachschauen, ob mit ihnen alles in Ordnung ist?«
»Vielleicht haben sie irgendwo anders gefrühstückt, um niemandem unter die Augen treten zu müssen.«
Ich ging zum Fenster hinüber. Ihr Wagen war nicht im Hof zu sehen. »Du hast recht. So wird es sein.«
»Siehst du? Ich hab dir doch gesagt, dass du dich nicht zu sorgen brauchst.«
Als wir alles aufgeräumt hatten, ging ich nach oben, um wie jeden Tag meine Runde durch die Zimmer zu drehen – Betten machen, staubwischen und putzen, welke Blumen austauschen, durchs Bad inklusive Toilette wischen. Da ich wusste, dass die Turners nicht da waren, fing ich bei ihnen an.
Das Zimmer war leer. Nichts von ihnen war mehr da.
Ich ging zurück nach unten und erzählte es Rupert.
Er schüttelte den Kopf. »Wie schade.«
»Es ist mehr als schade, Rupert. Geoffreys Blog wird von Tausenden Menschen gelesen, und dann wird er von einem anderen Gast beschimpft und lässt sich aus dem Haus jagen.«
»Vielleicht sollte er es mal damit versuchen, nachts ein Paar verdammte Boxershorts zu tragen.«
»Du nimmst die Sache gar nicht ernst!«
»Das tue ich, Emmy, und ich weiß, dass du dich verantwortlich fühlst, weil es deine Idee war, ihn hierherzuholen. Doch was passiert ist, hat nichts mit uns zu tun. Vielleicht sollten wir dankbar sein, dass er aus freien Stücken gegangen ist, sonst hätte Clare uns nicht mehr in Ruhe gelassen. Und vielleicht sollte er seine Medikation richtig einstellen lassen, bevor er der nächsten Einladung folgt.«
Zurück im Obergeschoss zog ich die Betten ab und putzte das Badezimmer … doch trotz meiner Anstrengungen war da ein seltsamer Geruch. Ich riss die Fenster auf, sah in den Schubläden nach und öffnete schließlich den großen antiken Wandschrank. In ihm war der Geruch stärker. Ich schnupperte und rümpfte die Nase. Es roch nach … Oh mein Gott. Vorsichtig ging ich in die Hocke. Der Schrankboden war ausgewischt worden, doch das Holz war noch feucht.
Wieder ging ich die Treppe hinunter. «Weißt du, wie man den Geruch von Urin aus Holz entfernen kann?
Rupert schoss herum. »Was?«
»Geoffreys Schlafwandeln war schlimmer als gedacht. Er hat in den Schrank gepinkelt.«
»Warum, zum Teufel? Zum Zimmer gehört ein fantastisches Badezimmer!«
»Dessen Tür sich direkt neben der großen Schranktür befindet.«
»Kein Wunder, dass sie abgereist sind! Hast du den Schrank ausgewischt?«
»Sieht so aus, als hätten sie das bereits getan, doch der Geruch hängt immer noch im Holz. Irgendwelche Vorschläge?«
Rupert brach in schallendes Gelächter aus. »Nein, ich habe keine Idee. Vielleicht weiß Madame Dupont, was zu tun ist.«
Und so führte ich Madame Dupont, als sie zum Putzen kam, nach oben und zeigte ihr den feuchten Fleck. Da mein Französisch noch nicht zur Beschreibung von Körperfunktionen ausreichte, zeigte ich auf die Badezimmertür, beschränkte mich auf das Wort toilette und die wilde Pantomime eines frankensteinähnlichen Schlafwandlers, gefolgt von einem schnarchenden Mann. Es funktionierte.
»Wann kommen die nächsten Gäste?«, fragte sie.
»Samstag.«
Sie tätschelte meine Wange. »T’ienquiète pas, Emie.«
Zehn Minuten später hängte sie einen frischen Bund Lavendel an die Kleiderstange des Schrankes – warum war ich nicht selbst auf die Idee gekommen? – und stellte eine flache Schale mit gemahlenem Kaffee auf den Schrankboden.
»Um den Geruch aufzunehmen«, erklärte sie.
Für mich war es eine Verschwendung von gutem Kaffee. Doch sie lachte nur, als könnte sie meine Gedanken lesen, und verriet mir, dass sie ihn aus Glorias Geheimversteck hatte, wo diese die billige Kaffeemischung aufgehoben hatte, den sie den Gästen untergejubelt hatte, den Rupert und ich aber nicht anrühren würden.
»So war sie wenigstens für irgendwas nützlich«, bemerkte Madame Dupont.
Ich grinste und war mir nicht sicher, ob sie sich dabei auf die Kaffeemischung oder auf Gloria bezog.
Hinter der verschlossenen Tür von Ruperts Büro bereitete ich mich innerlich auf mein Telefonat mit Julia Cooper vor.
»Hallo, Julia? Hier spricht Emmy Jamieson vom La Cour des Roses. Tut mir leid, dass ich Sie störe. Die Sache ist mir etwas unangenehm, doch als ich mir Ihre Buchung für den September ansah, habe ich mich gefragt, ob Sie mir vielleicht ein wenig auf die Sprünge helfen könnten. Ich habe Ihre E-Mails, doch da ich neu hier bin, wäre es wohl vernünftig, alles noch einmal im Detail durchzugehen.«
»Was ist mit Mr. Hunter?«
Argh. »Er weiß über die Buchung Bescheid, natürlich …« Nun, jedenfalls inzwischen. »Doch da Gloria nicht länger hier ist, möchten wir sichergehen, dass wir tatsächlich alle wichtigen Informationen haben.« Eigentlich wären schon irgendwelche Informationen gut. »Also würde es Ihnen etwas ausmachen, alles noch einmal mit mir durchzusprechen? Fangen Sie am besten ganz von vorne an, und helfen Sie mir, die Lücken zu füllen.« Von denen es mehr als genug gibt.
Ich hörte, wie sie scharf Luft holte. »Nun gut, aber ich hoffe doch, dass es keine Probleme geben wird, Emmy. Ich bin mir sicher, Mr. Hunter ist über alles informiert, doch um es kurz zu machen, meine Eltern – Frank und Sylvia Thomson – feiern in ein paar Wochen ihre Goldene Hochzeit. Daher wird es über ein langes Wochenende hinweg eine Familienfeier geben, und das La Cour des Roses haben wir wegen des Jazzfestivals gewählt.«
»Jazzfestival?«
»In Saint-Martin. Meine Eltern sind große Jazz-Fans. Sie haben sich auf einem Jazzkonzert kennengelernt, und das Festival findet nur etwa eine Woche vor ihrem Hochzeitstag statt.«
»Nun, das hört sich perfekt an«, entgegnete ich begeistert. »Ich freue mich wirklich sehr, dass Sie für diese besondere Reise zu uns kommen.«
»Ich hoffe, es gibt keine Probleme mit den Reservierungen. Alle haben bereits ihre Flüge und Fährverbindungen über den Kanal gebucht. Ein paar Gäste kommen sogar aus Australien.« Ihre Stimme brach. »Jetzt darf nichts mehr schiefgehen, Emmy. Es hat mich Monate gekostet, das alles zu organisieren.«
»Ja, sicher«, sagte ich beruhigend, biss die Zähne zusammen und dachte an die Doppelbuchungen. »In Ihrer E-Mail steht, dass Sie alle drei gîtes für zwei Wochen buchen, auch wenn Sie sagen, dass es nur um ein langes Wochenende geht?«
»Gloria hat mir gesagt, dass Sie die gîtes immer nur von Samstag bis Samstag vermieten, und damit das für unser langes Wochenende hinkommt, musste ich sie deshalb für die kompletten vierzehn Tage buchen. Einige Familienmitglieder kommen nur für ein paar Tage, weil sie sich nicht so lange von der Arbeit freinehmen können oder schulpflichtige Kinder haben. Andere machen einen kompletten Urlaub daraus, wie etwa mein Bruder aus Australien. Also werden die, die länger bleiben, in den gîtes untergebracht, die übrigen im Gästehaus.«
»Und die Luftmatratzen?«, fragte ich vorsichtig.
»Sie haben einfach nicht genügend Übernachtungsmöglichkeiten, also hat Gloria gesagt, dass Luftmatratzen in Ordnung seien. Das ist doch kein Problem, oder?«
»Hm. Also, nein, ganz und gar nicht, solange Ihre Gäste damit einverstanden sind. Nun, in der E-Mail war auch von einem Kuchen die Rede …«
»Dem Kuchen für den Hochzeitstag. Ich nehme an, dass Gloria ihn schon bestellt hat, oder?«
»Natürlich … aber ich würde gerne alle unsere Absprachen gegenchecken. Würden Sie mir bitte noch mal sagen, welche Vorgaben Sie genau gemacht haben?«
Wieder hörte ich ein lautes Seufzen. »Der Kuchen soll groß genug für uns alle sein, aber nicht zu groß – es soll nichts übrig bleiben, was wir mitnehmen müssten. Nur einstöckig. Mit ein bisschen Gold darauf wegen des Hochzeitstags. Keine Sahne – die verträgt meine Mutter nicht. Keine Nüsse – eines der Kinder hat eine Nussallergie. Geschmackvoll, nicht billig. Gloria sagte, dass sie sich darum kümmern wird.«
Ich war mir nicht sicher, ob geschmackvoll, nicht billig Glorias Stärke war, doch das behielt ich für mich. »Und der Caterer?«
»Den brauchen wir natürlich für die Party am Montagabend.«
»Ich … verstehe.« Ich war so sehr damit beschäftigt, wilde Notizen aufs Papier zu kritzeln, dass es mir schwerfiel, meine Rolle überzeugend zu spielen.
Julias Stimme wurde schrill. »Sie haben wirklich nicht die geringste Ahnung davon, oder?«
Okay, Schluss mit dem Theaterspielen. Jetzt war ein wenig unterwürfiges Kriechen angesagt. »Es tut mir so leid, Julia, aber Gloria hat sich bisher um alle administrativen Angelegenheiten gekümmert …« Wie die Ablage ihrer Schminkutensilien.
»Wollen Sie damit sagen, dass nichts davon fest gebucht ist?«
Und vielleicht ein bisschen lügen. »Nein, überhaupt nicht. Mr. Hunter wird sich die Sache ansehen, und wir sind zuversichtlich, dass sich alles regeln wird. Ich will nur sichergehen, dass Ihre und unsere Vorstellungen übereinstimmen.« Ich starrte auf Ruperts Bücherregale und hatte das Gefühl, dass sie ebenso chaotisch waren wie dieses Gespräch.
Sie seufzte. »Also gut. Das Jazzfestival in Saint-Martin findet von Freitagabend bis Sonntag statt, also werden wir während dieser Tage immer wieder dort sein. Wir haben am Montagabend im Garten eine Feier zur Goldenen Hochzeit, bevor einige von uns am Dienstag abreisen werden. Ihr Caterer für den Montag sollte bereits gebucht sein, doch wenn Sie unsere Wünsche noch einmal überprüfen wollen, bitte. Wir haben um eine gehobene französische Party und Fingerfood gebeten und um Personal– jemand, der mit den Häppchen herumgeht, und eine weitere Person für die Bar. Gloria hat gesagt, dass das La Cour des Roses alle Getränke vorhält, inklusive des Champagners für die Reden.« Ein Hauch von Misstrauen schlich sich in ihre Stimme. »Da das alles, wie Sie sagen, bereits in die Wege geleitet ist, möchte ich so schnell wie möglich eine Bestätigung des Caterers samt Vorschlag für die Häppchen sehen.«
»Ich werde es Rupert ausrichten. Und das Mittagsbüfett …?«
Noch ein Seufzer. »Selbstverständlich werden Sie sich um das Frühstück kümmern. Doch Gloria sagte, dass Sie auch das Mittagessen während der drei Tage anbieten können, an denen das Jazzfestival stattfindet, da es ein Kommen und Gehen sein wird und wir deshalb auch am Abend nicht gemeinsam am Tisch sitzen werden. Auf diese Weise können wir essen, wann es passt, und abends nur einen Snack zu uns nehmen.«
»Nun, Julia, das geht alles soweit in Ordnung.« Zur Hölle. »Ich werde mit Mr. Hunter sprechen und Ihnen im Laufe der nächsten ein, zwei Tage eine Bestätigung per Mail zuschicken, in der noch einmal alle Einzelheiten aufgelistet sind, damit Sie beruhigt sein können.« Ich brachte es nicht über mich, die Frage zu stellen, die mir eigentlich unter den Nägeln brannte: Worauf bezog sich der genannte Preis in der E-Mail genau? Wer würde für all das zahlen?
Doch es schien, als hätte Julia den gleichen Gedanken. »Dafür wäre ich Ihnen dankbar, Emmy, und bitte schicken Sie doch auch gleich die Kostenvoranschläge für den Caterer und den Kuchen mit. Das würde mir bei der Planung helfen. Alles andere ist im Preis enthalten, den ich mit Gloria vereinbart habe. Ich hoffe, daran wird sich auch nichts ändern.« Ihre Stimme hatte nun definitiv einen warnenden Unterton.
»Aber natürlich nicht. Wir freuen uns sehr, Sie schon bald hier begrüßen zu dürfen, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Ihren Aufenthalt zu einem Ereignis zu machen, an das Sie sich noch lange erinnern werden.«
»Das freut mich zu hören. Auch wenn ich nicht sagen kann, dass es mich gefreut hat, Ihnen alles noch einmal erklären zu müssen.«
»Ich weiß, und dafür entschuldige ich mich, doch wir möchten sicherstellen, dass am Ende alles zu Ihrer Zufriedenheit ist. Ich melde mich dann wieder.«
Ich warf das Telefon auf den Schreibtisch und ließ den Kopf in den Nacken fallen – meine Gedanken rasten, und meine Hände zitterten leicht. Das war so viel größer, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Gloria alldem zugestimmt und es nicht einmal für nötig befunden hatte, Rupert davon zu erzählen. Das sagte viel über den Zustand ihrer Ehe aus, schon bevor Gloria gegangen war.
Ich fand Rupert in der Küche, wo er Butter und Mehl miteinander verknetete – für Shortbread, wie meine Geschmacksknospen hofften – und selbstvergessen vor sich hin summte. Strahlendes Sonnenlicht fiel durch die geöffneten Fenster, wärmte den Steinboden und ließ die Weingläser auf dem Regalbrett funkeln. Ich sorgte dafür, dass er saß, bevor ich ihm die frohe Botschaft überbrachte. Seine Reaktion war genau wie meine, nur mit einfallsreicheren Kraftausdrücken garniert.
»Wir müssen festlegen, wer sich um was kümmert«, sagte ich bestimmt.
»Ich dachte, du willst dich gleich mit Sophie treffen?«
»Eine halbe Stunde habe ich noch.«
Seine Gesichtszüge entglitten ihm.