Das kleine französische Landhaus - Helen Pollard - E-Book

Das kleine französische Landhaus E-Book

Helen Pollard

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Beschreibung

Sonne, Croissants und hervorragender Wein. Nichts kann den perfekten Urlaub verderben. Oder doch?

Als Emmy Jamieson im La Cour des Roses ankommt, einem wunderschönen Hotel im Val de Loire, kann sie es kaum erwarten, dort zwei Wochen mit ihrem Freund Nathan zu entspannen. Aber sie haben kaum ausgepackt, da brennt Nathan plötzlich mit Gloria durch - der wesentlich jüngeren Frau des Hotel-Besitzers Rupert.

Der kränkelnde Rupert ist zutiefst erschüttert. Emmy fühlt sich trotz eigenem gebrochenem Herzen für seine Misere verantwortlich und bietet ihm großzügig an, ihn im Hotel zu unterstützen.

Mitten in die Dorfgemeinschaft katapultiert, findet sich Emmy schnell mit vielen neuen Freunden wieder. Und mit Hilfe des äußerst attraktiven Gärtners Ryan rückt die Erinnerung an Nathan in weite Ferne.

Emmy genießt ihre Zeit in Frankreich und fängt an, sich zu Hause zu fühlen. Aber es wäre verrückt, ihr Leben, für das sie so hart gearbeitet hat, ihre Freunde und Familie in England aufzugeben, um in Frankreich neu anzufangen - oder nicht?


Ein wunderschöner Sommerroman mit französischem Flair. eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.


"Das Buch ist eine richtig schöne Urlaubslektüre, bei der man mal abschalten kann und die auch Lust aufs Reisen und die Gegend in Frankreich macht." (kristall, Lesejury)


"Ein toller französisch angehauchter Sommerroman, zum Entspannen, Träumen und Mitfiebern zwischen jeder Menge Lavendelbüschen und Rosen." (carmensbuecherkabinett, Lesejury)


"Für mich verkörpert dieser Roman den Inbegriff einer Sommerlektüre. Es ist lustig geschrieben, selbst in ernsten Situationen hat man ein schmunzeln auf den Lippen. (...) Helen Pollard hat ein Werk geschaffen, welches ich nächstes Jahr im Sommer sicherlich wieder lesen werde." (JennyY93, Lesejury)



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Seitenzahl: 536

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Epilog

Brief von Helen

Über dieses Buch

Als Emmy Jamieson im La Cour des Roses ankommt, einem wunderschönen Hotel im Val de Loire, kann sie es kaum erwarten, dort zwei Wochen mit ihrem Freund Nathan zu entspannen. Aber sie haben kaum ausgepackt, da brennt Nathan plötzlich mit Gloria durch – der wesentlich jüngeren Frau des Hotel-Besitzers Rupert.

Der kränkelnde Rupert ist zutiefst erschüttert. Emmy fühlt sich trotz eigenem gebrochenem Herzen für seine Misere verantwortlich und bietet ihm großzügig an, ihn im Hotel zu unterstützen.

Mitten in die Dorfgemeinschaft katapultiert, findet sich Emmy schnell mit vielen neuen Freunden wieder. Und mit Hilfe des äußerst attraktiven Gärtners Ryan rückt die Erinnerung an Nathan in weite Ferne.

Emmy genießt ihre Zeit in Frankreich und fängt an, sich zu Hause zu fühlen. Aber es wäre verrückt, ihr Leben, für das sie so hart gearbeitet hat, ihre Freunde und Familie in England aufzugeben, um in Frankreich neu anzufangen – oder nicht?

Über die Autorin

Helen Pollard lebt mit ihrem Ehemann, ihren beiden Kindern und einer Katze in Yorkshire. Sie liebt Lesen, guten Kaffee, Scrapbooking und alte Krimiserien aus den Achtzigern. Das kleine französische Landhaus ist ihr erster Feel-Good-Roman.

Helen Pollard

Das kleine französische Landhaus

Aus dem Englischen von Anke Pregler

beHEARTBEAT

Deutsche Erstausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2016 by Helen Pollard

Titel der britischen Originalausgabe: »The Little French Guesthouse«

Originalverlag: Storyfire Ltd. trading as Bookouture, Großbritannien

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Clarissa Czöppan

Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer

Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven © Viktoriyaa/shutterstock, Le Panda/shutterstock; AlexGreenArt/shutterstock; KostanPROFF/shutterstock

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 978-3-7325-5978-7

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Für David

Mein Geliebter, mein bester Freund, mein Fels

Kapitel 1

Ich wünschte, ich könnte sagen, es wäre so wie in einem Kinofilm gewesen. Stolz steht die Heldin da und strahlt unterdrückte Wut aus. Die Befriedigung des Publikums, als sie ihrem Geliebten ins Gesicht schlägt, dass es knallt. Ihr dramatischer, aber würdevoller Abgang auf der Leinwand.

Doch leider hatte das Ganze überhaupt nichts Würdevolles an sich. Ich stand nur zitternd da, während Wut und Adrenalin durch meinen Körper schossen wie bei einem tollwütigen Windhund, und sich mein Mund öffnete und schloss, als ich nach Worten suchte. Irgendwelchen Worten. Ein simpler Laut der Empörung hätte ausgereicht, doch alles, was ich zustande brachte, war ein pathetisches Stöhnen.

»Emmy, es ist nicht so, wie es aussieht«, stotterte Nathan, doch natürlich konnte es gar nichts anderes sein als das, wonach es aussah. Meine Sicht war bestens, nachdem ich durch die Tür gestolpert war. Selbst ihm musste bewusst sein, wie wenig überzeugend er klang. Auf der Suche nach etwas Würde und seinem Gürtel versuchte er es noch einmal. »Wir waren … Ich meine, ich hatte nicht erwartet, dass du …«

Ich ließ eine Betrogene-Freundin-Tirade vom Stapel, als hätte mir jemand das Drehbuch für eine schlechte Soap-Opera gereicht.

»Nein, ich wette, dass du nicht erwartet hast, mich …« Eine Alarmglocke schrillte leise in meinem Hinterkopf, doch ich ignorierte sie. »Wie konntest du nur? Du verlogener Mistkerl! Ich kann einfach nicht glauben, dass du …« Das Schrillen wurde lauter und durchdringender und wurde mir erst jetzt richtig bewusst. »Mist!« Mit einem Anflug von Schuldbewusstsein erinnerte ich mich daran, warum ich überhaupt den ganzen Weg bis nach oben gelaufen war. »Gloria, du musst einen Krankenwagen rufen. Ich glaube, Rupert hatte einen Herzinfarkt.«

»Was?« Gloria strich sich das Kleid glatt und schien verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel.

»Rupert. Dein Ehemann, du erinnerst dich? Einen Herzinfarkt. Krankenwagen.«

Ich stupste sie am Arm, um zu sehen, ob ihr Gehirn noch funktionierte oder ob der Sex mit meinem Freund spektakulärer gewesen war, als ich es ihm zutraute.

»OhmeinGott. OhmeinGott.« Endlich hatte die Nachricht ihre von Lust benebelten Hirnzellen erreicht. »Wo ist er?«

»In der Küche.« Ich drehte mich zur Treppe und war dankbar dafür, dass ich mich auf den Notfall konzentrieren und die Vorstellung, wie Nathan und Gloria es auf der Dachterrasse miteinander trieben, in die hinterste Ecke meines Bewusstseins schieben konnte. Für den Moment gab es, erstaunlicherweise, Wichtigeres, über das man sich Sorgen machen musste.

»Was meinst du mit ›einen Herzinfarkt‹?«, rief Gloria mir nach. »Warum zum Teufel hast du dann keinen Krankenwagen gerufen?«

»Wollte ich, aber dann ist mir klar geworden, dass ich die Nummer nicht kenne. Außerdem ist mein Französisch nicht gut genug!«, rief ich über meine Schulter. »Ich dachte, es würde schneller gehen, wenn ich dich das machen lasse. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so beschäftigt sein würdest.«

»Oh mein Gott, Emmy. Er könnte inzwischen tot sein!«

Sie hatte recht – er könnte inzwischen tot sein –, doch als wir die Küche erreichten, war Rupert zu meiner großen Erleichterung bei Bewusstsein und saß gegen die Wand gelehnt da, wie ich ihn zurückgelassen hatte. Ich hatte mein Bestes gegeben, doch ich hatte nicht damit gerechnet, wertvolle Zeit mit einem melodramatischen Auftritt oben zu verlieren. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich mich fühlen würde, wenn er tatsächlich aufgehört hätte zu atmen.

Als Nathan und ich dem Krankenwagen hinterherblickten, ließ die Panik nach, und die Bilder, die ich verdrängt hatte, kehrten in allen unwillkommenen und lebhaften Einzelheiten zurück. Abendessen im Gästehaus, wir vier lachend. Gloria, die sich zurückzieht, um »einen Anruf zu machen«. Nathan, wie er »mal ganz kurz aufs Klo muss – tut mir leid, Magengrummeln«. Wie ich mit Rupert bei einem Glas Wein über meine Lieblingsfilme diskutiere. Sein Gesicht, das plötzlich kreidebleich wird, als er um Atem ringt. Die Adern, die auf seinem Handrücken hervortreten, während er sich an die Brust greift. Wie er sich dreht und dann vom hohen Barhocker auf den Steinboden der Küche fällt. Mein eigenes Herz, das wie wild schlägt, während ich mir den Kopf wegen irgendwelcher Erste-Hilfe-Maßnahmen zerbreche, und wie ich schnaubend und keuchend versuche, Rupert in die korrekte Position nach einem Herzinfarkt zu bringen.

Und dann der furchtbare Moment, als ich zum Telefon greife und mir klar wird, dass ich keine Ahnung habe, welche Nummer ich wählen muss, um einen Krankenwagen zu rufen, und dass mein lang vergessenes Schulfranzösisch dafür auch gar nicht ausreichen würde. Wie ich nach Gloria rufe. Keine Antwort aus ihrem Zimmer, nur Stille. Wie ich die Treppe hinaufrenne, den Flur entlang und dann aus einer seltsamen Intuition hinaus auf die Dachterrasse trete, weil sie ihren Anruf dort draußen machen könnte … und dann diese Albtraum-Szene. Glorias Beine um Nathans Taille geschlungen. Der ultimative Verrat.

Nach gerade mal vier Tagen Urlaub wurde unser Gastgeber eilig in einem Krankenwagen davongebracht, und ich hatte meinen Freund in einer kompromittierenden Situation mit der Dame des Hauses überrascht.

Die Rücklichter verschwanden und ließen die gîtes im Dunkeln und das Landhaus in absoluter Stille zurück. La Cour des Roses lag fünf Kilometer von der nächsten Stadt entfernt mit nur einer Handvoll Landhäusern und Bauernhöfen als Nachbarn. Während des Tages war es hier idyllisch und friedlich, wenn die Bienen summten und die Hühner gackerten, doch ich hatte mich immer noch nicht an die ruhigen Nächte gewöhnen können. Kein Verkehrsrauschen, keine Betrunkenen, die lärmend aus dem Pub kamen, wie es die Geräuschkulisse meines Stadtlebens zu Hause bot.

Zitternd schloss ich die Tür und kehrte in die große Bauernküche zurück. Halb leere Weingläser standen neben den Resten unseres Abendessens auf dem Holztisch. Der Barhocker, von dem Rupert gefallen war, lag immer noch auf dem Boden. Ich hob ihn auf.

Während ich ausatmete und dabei die Luft aus irgendwelchen fernen Winkeln meiner Lungen herauspresste, überdachte ich meine Optionen. Sollte ich schreien und toben? Oder sollte ich mich ruhig und verständnisvoll geben?

Wie sich herausstellte, war das völlig egal. Nathan ging ohne ein Wort durch die Küche Richtung Treppe. Auf diese Weise ausgebremst folgte ich ihm hoch in unser Zimmer, wo er sich mit dem Rücken zu mir auszuziehen begann, sodass ich seinen Blick nicht einfangen konnte. Als er aus seinen Jeans stieg, die er kurz zuvor aus anderem Grund hatte fallen lassen, riss mir der Geduldsfaden.

«Nathan, das ist doch lächerlich. Wir müssen reden.«

»Em …«

Ich hatte es schon immer gehasst, wenn er mich so nannte. Em. Als ob ich nicht mehr wäre als ein Initial, ein einzelner Buchstabe.

»Herrgott, kannst du mich nicht wenigstens ansehen?«

Langsam und zögernd drehte er sich um, doch sein Blick wich mir aus und zielte irgendwo neben mein linkes Ohr.

»Was?«, fragte er mürrisch.

»Wie kannst du das fragen – was? Glaubst du nicht, dass wir darüber sprechen müssen, was passiert ist?«

»Nicht heute Abend, nein.« Endlich sah er mich an, doch das war beunruhigender, als wenn er es vermieden hätte. Ich konnte nichts in seinen Augen lesen. Weder Reue noch Liebe oder Schmerz. Gar nichts.

»Warum nicht?« Ich ließ nicht locker.

»Weil es spät ist und ich erschöpft bin, deshalb.«

»Ich wette, dass du das bist – du und Gloria, beide!«

»Oh, Himmel noch mal, Emmy, sei doch nicht so kindisch.«

»Ich, kindisch?« Ich starrte ihn an. »Wie kannst du das sagen? Ich bin diejenige, die darüber reden will wie eine Erwachsene. Du bist derjenige, der sich kindisch verhält!«

Ungeduldig fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. »Es ist nichts kindisch an der Feststellung, dass halb eins in der Nacht nicht die beste Zeit für ein ernstes Gespräch ist.«

»Sprich nicht mit mir, als ob es um ein verdammtes Businessmeeting gehen würde! Ich will wissen, was du zu der Sache zu sagen hast!«

Etwas Gehetztes schlich sich in seinen Blick, und ich stutzte. Er sollte sich nicht gehetzt fühlen, dachte ich. Er sollte das Bedürfnis haben, sich zu erklären, zu entschuldigen oder besser noch: zu Kreuze kriechen zu müssen. Seine stille, ruhige Art, die mir so ganz und gar nicht machohaft erschienen war, als wir uns kennengelernt hatten, zerrte plötzlich an meinen Nerven.

»Hast du mich gehört, Nathan?«

Finster sah er mich an. »Du brauchst nicht in diesem Ton zu sprechen, Em. Du bist nicht meine Mutter.«

Keuchend stieß ich den Atem aus und war gleich aus mehreren Gründen aufgebracht. Dass er schon wieder diese verdammte einzelne Silbe gebrauchte statt meines Namens. Die Schlussfolgerung, dass es offenbar okay war, wenn seine Mutter ihn zur Rede stellte, nicht aber, wenn ich es tat. Die unerträgliche Vorstellung, dass man mich mit diesem aufgeblasenen, boshaften Weib verglich. Die Andeutung, dass ich seiner Mutter nicht so ähnlich war, wie er gehofft hatte.

»Nein, ich bin nicht deine Mutter, Gott sei Dank. Aber da wir die letzten fünf Jahre unseres Lebens miteinander verbracht haben, habe ich wohl das Recht zu fragen, warum zum Teufel du Sex mit dieser … dieser Nymphomanin hattest. Sie ist doch mindestens zehn Jahre älter als du!«

Er schnaubte. »Das bezweifle ich. Abgesehen davon weiß ich nicht, was das Alter damit zu tun hat. Rupert geht bestimmt schon auf die sechzig zu, das ist ein ganz schöner Altersunterschied zu ihr.«

»Ja, und sieh dir an, wie gut das bei den beiden funktioniert«, entgegnete ich scharf, woraufhin Nathan wenigstens den Anstand besaß, irritiert auszusehen. »Wie auch immer, wir sprechen hier nicht über das Wie und Warum von Ruperts und Glorias Ehe. Wir sprechen darüber, dass du Sex mit einem von ihnen hattest.«

»Schau mal, ich … ich habe zu viel getrunken.« Nathan zuckte mit den Schultern, als ob das eine völlig akzeptable Erklärung und die Sache damit erledigt wäre.

Ich suchte in seinem Gesicht nach Spuren des witzigen, sanften, auf eine eher langweilige Art gut aussehenden Mannes, mit dem ich zusammenlebte, doch alles, was ich sah, war ein bockiger Teenager im Körper eines Dreiunddreißigjährigen, der wusste, dass er unrecht hatte, aber es einfach nicht zugeben konnte.

»Das reicht nicht.« Ich schüttelte so heftig den Kopf, dass es wehtat. »Menschen haben keinen Sex mit anderen Menschen, nur weil sie ein Glas zu viel getrunken haben. Du hättest es verhindern können, wenn du gewollt hättest.«

Nathan öffnete den Mund, um zu antworten, und schloss ihn wieder. Ihm wurde zweifellos bewusst, dass er nichts zu seiner Verteidigung sagen konnte. Stattdessen drehte er sich zum Badezimmer um. Ich wurde es langsam müde, dass er mir den Rücken zuwandte.

»Geh nicht, Nathan«, warnte ich ihn. »Wir haben dieses Gespräch noch nicht beendet.«

Er sah über seine Schulter zurück. »Für dich mag es noch nicht beendet sein, Emmy, aber für mich schon. Und für heute ganz bestimmt. Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Für eine Unterhaltung braucht man mindestens zwei.«

Damit ging er ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Kein weiteres Wort über seine Eskapade, nur das Geräusch von fließendem Wasser und wie er die Zahnpasta ausspuckte.

Aufgebracht begann ich mich auszuziehen, doch ich war so wütend, dass ich mir mein Lieblings-T-Shirt am Saum zerriss, als ich es mir über den Kopf zog. Na großartig. Während ich in Unterwäsche in der Mitte des Raums stand, versuchte ich, mich zu beruhigen und gleichmäßig zu atmen. Als ich sicher war, dass ich mich wieder im Griff hatte, zog ich mich ganz aus, streifte mir mein unförmiges Schlafshirt über und starrte dann mit Abscheu auf das Bett. Bilder von Nathan und Gloria, wie sie miteinander verschlungen dalagen, fluteten mein erschöpftes Hirn.

Was zum Teufel tat ich da? Es kam auf keinen Fall infrage, dass ich neben Nathan ins Bett stieg, als wäre nichts passiert. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir nicht einmal sicher, ob ich je wieder das Bett mit ihm teilen wollte.

Vielleicht konnte ich in ein anderes Zimmer ziehen – aktuell gab es keine anderen Gäste im Haus. Oder vielleicht sollte ich Nathan umziehen lassen. Gloria würde sich unter diesen Umständen kaum darüber beschweren können.

Ich ging hinaus auf den Flur und öffnete vorsichtig die Tür, die unserem Zimmer am nächsten war. Das Bett war nicht bezogen. In zwei weiteren Räumen sah es nicht anders aus. Ich dachte daran, Bettzeug zu suchen und mit all meinen Sachen umzuziehen. In einem Punkt hatte Nathan recht. Es war spät geworden.

Er sollte derjenige sein, der umzog.

Als ich in unser Zimmer zurückkam, war er noch immer im Bad. Wahrscheinlich versteckte er sich dort. Oder er schmollte. Oder beides. Ich begann das Bett abzuziehen. Einer von uns konnte die Laken nehmen, der andere die Bettdecke.

Als er endlich wieder auftauchte, starrte er verwirrt auf die Unordnung. »Was zum Teufel machst du da?«

»Ich mache gar nicht. Du jedoch wirst in ein anderes Zimmer ziehen.«

»Mitten in der Nacht? Du machst Witze!«

Ich kochte innerlich. »Ich würde nicht sagen, dass das alles besonders witzig ist. Wie sieht es mit dir aus?«

Ich war so frustriert, so enttäuscht von ihm. Ich hätte mit dem Fuß aufstampfen können wie eine Zweijährige. Nathan und ich stritten selten, doch in den wenigen Fällen, wenn wir es taten, konnte er ziemlich stur sein und total dichtmachen. Während mein Temperament mich gleich an die Decke gehen ließ, was ich den Genen meiner rothaarigen Mutter zu verdanken hatte, verstand Nathan es meisterhaft, Konfrontationen zu vermeiden und meine Launen auszusitzen, ohne sich in die Sache hineinziehen zu lassen. Ich hatte immer geglaubt, dass es eine gute Eigenschaft von ihm war, wenn er angesichts meiner Gefühlsschwankungen ruhig und gelassen blieb. Doch gerade jetzt, das wusste ich, steckte er nur den Kopf in den Sand, weil er hoffte, dass morgen alles vorüber sein würde.

»Wenn du heute Nacht nicht darüber sprechen willst, dann nicht. Aber du wirst nicht in meinem Bett schlafen.« Ich schob ihm sein Kopfkissen und ein Laken zu, zog eine Ersatzdecke aus dem obersten Fach des Kleiderschranks und reichte sie ihm ebenfalls.

Als er so dastand und schwankte, die Arme voller Bettzeug, erwartete ich halb, dass er mich fragen würde, warum ausgerechnet er ausziehen sollte. Klugerweise tat er es nicht. Er schüttelte den Kopf, stolperte durch die Tür nach draußen und schlug sie hinter sich zu – eine Geste, die ihre dramatische Wirkung vermissen ließ, weil seine Decke im Weg war.

Ich saß auf dem Hocker am Frisiertisch. Reinigen, klären, cremen. Nur weil mein Freund Sex mit einer Frau gehabt hatte, die er kaum kannte, würde ich nicht nachlässig werden. Als ich mit dem Peeling fertig war, schaute ich mir das Resultat an. Rot und fleckig. Wundervoll.

Ich sah mich selbst mit einer faszinierten Distanz an. Während ich die selbst verursachten Rötungen ignorierte, fand ich nicht, dass ich so schlecht für einunddreißig aussah. Meine jugendliche Frische brauchte hier und da ein wenig kosmetische Unterstützung, und Strähnchen waren das Einzige, womit mein Haar nicht mausig wirkte, doch ich sah nicht anders aus als die Frau, die Nathan fünf Jahre zuvor am Fotokopierer um ein Date gebeten hatte. Bei Gloria hingegen schien das Aussehen in erster Linie aus irgendwelchen Tiegeln zu kommen, soweit ich das beurteilen konnte, mit ihren nerzblonden Haaren, der Grundierung, die kleine Fältchen abdeckte, und ihrem Bräunungsspray. Warum schlief er mit ihr, wenn er mich hatte?

Nachdem ich meine Zähne heftiger geputzt hatte, als mein Zahnfleisch es gewohnt war, stieg ich ins Bett und wusste bereits, dass an Schlaf nicht zu denken war. Ich konnte nicht glauben, dass ich Nathan auf diese Weise ertappt hatte und es für ihn in Ordnung war, nicht darüber zu sprechen. Gleichzeitig war es typisch dafür, wie es mit uns in letzter Zeit lief.

Oberflächlich betrachtet war unser Leben ziemlich normal. Wir standen morgens auf, gingen zur Arbeit, kamen heim. Kreisten umeinander, während wir vorgaben, nicht hungrig zu sein, in der Hoffnung, der andere würde irgendetwas zubereiten, bis einer von uns aufgab und ein Fertiggericht in die Mikrowelle schob. Dann hingen wir vor dem Fernseher ab. Samstags kümmerten »wir« uns um den Einkauf und putzten. Das hieß, ich ging einkaufen und putzte, während Nathan irgendeine dringende Besorgung zu machen hatte, die es erforderte, in den nächstgelegenen Computershop zu gehen und sich dort mit den neuesten technischen Spielereien zu vergnügen. Sonntags lasen wir im Bett die Zeitung, was ich genoss, und gelegentlich besuchten wir meine oder seine Eltern, eine Quälerei für beide von uns, sodass wir es immer wieder vor uns herschoben, bis sich eins der Elternpaare beschwerte. Das Übliche eben, doch selbst ich hatte begonnen, mich zu langweilen.

Bedenklicher war aber, dass wir gar nicht mehr richtig miteinander redeten. Wurden wir nach nur fünf Jahren bereits zu einem dieser Paare, wie man sie im Pub sah? Die den ganzen Abend dasaßen und kaum ein Wort miteinander wechselten, weil sie im Laufe der Jahre bereits über alles gesprochen hatten und es nichts mehr zu sagen gab?

»Habe ich dir schon von Dereks Gewächshaus erzählt und die …?

«Ja.«

»Oh.«

»Marjorie hat gesagt, dass der Tierarzt zu Doris gesagt hat, dass ihre Katze unbedingt …«

»Ich weiß.«

»Ach ja.«

Abendessen, während wir eine Soap gucken, Küsse auf die Wange am Morgen und am Abend, pflichtbewusste Versuche, Interesse für etwas zu zeigen, für das der andere sich begeistert, obwohl es uns eigentlich egal ist.

Passierte so etwas nicht eigentlich nur älteren Menschen? Viel älteren Menschen?

Gloria kam um zwölf Minuten nach drei zurück. Ich war immer noch hellwach und hörte Reifen – vermutlich von einem Taxi – auf dem Kies, das Schlagen einer Autotür, ein oder zwei Worte auf Französisch zum Fahrer. Dann das Klackern ihrer Absätze in der Halle. Nichts deutete darauf hin, dass Rupert bei ihr war, und ich fragte mich, ob mit ihm alles in Ordnung war. Das musste es wohl, dachte ich mir, ansonsten wäre sie nicht nach Hause gekommen, oder?

Einige Minuten später hörte ich andere, unheilvollere Geräusche. Das Knarzen von Bohlendielen. Eine Tür auf dem Flur, die geöffnet wurde. Nathan. Ich schoss aus dem Bett und öffnete meine eigene Tür so schnell, dass ich fast einen Bandscheibenvorfall bekam.

»Wo willst du hin?«

Er fuhr herum, einen Fuß auf der obersten Treppenstufe. »Ich …«

»Erzähl mir nicht, du brauchst einen Mitternachtssnack oder ein Glas Wasser, Nathan, weil ich dir das nicht abnehme. Ich habe gehört, wie Gloria zurückgekommen ist.«

»Ja, das habe ich auch«, sagte er grimmig. »Also dachte ich mir … ich sollte mal unten vorbeischauen und hören, wie es Rupert geht.«

Ich rollte mit den Augen. »Ja, ist klar. Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich um einen Mann sorgst, mit dessen Frau du gevögelt hast, während er einen Herzinfarkt hatte!«

Nathan verzog den Mund. »Es ist ja nicht so, dass beides miteinander zu tun hat, Em. Er hatte nur zufällig einen Herzanfall, während wir Sex hatten. Das eine war nicht der Grund für das andere. Außerdem habe ich dir schon gesagt, dass ich heute Nacht nicht mehr darüber reden möchte. Und erst recht nicht hinter Glorias Rücken.«

Für einen Moment siegte Neugier über meine Wut. »Warum zum Teufel sollte das irgendeinen Unterschied machen?«

»Vielleicht kann uns irgendwer hören«, zischte er. »Wir sind nicht bei uns zu Hause. Und zu deiner Frage: Es wäre nicht angemessen.«

Ich konnte nicht glauben, was er sich traute. Mein Blut brodelte. Vermutlich hätte man in meinen Arterien Eier kochen können.

»Angemessen? Ich glaube, dass wir uns von angemessenem Verhalten schon früher am Abend verabschiedet haben. Erzähl du mir nichts von angemessen!«

Das Ganze war ihm offensichtlich unangenehm. »Emmy, du sprichst zu laut. Das ist genau, was ich vermeiden wollte.«

Ich erhob meine Stimme, nur um sein Unbehagen noch zu steigern. »Na und? Hier ist niemand außer Gloria, und sie ist eine Etage unter uns. Und für den Fall, dass die Frau ein überirdisches Gehör haben sollte … Sie wird bereits über die aktuelle Situation Bescheid wissen, da sie ja eine der Hauptrollen darin spielt.«

»Oh, Emmy, hör endlich mit diesem Theater auf.«

Er knallte die Tür zu, verschwand in seinem Zimmer und ließ mich ohne eine Entschuldigung zurück, ohne irgendwelche Beteuerungen, ohne jede Genugtuung.

Als ich wieder in meinem Bett lag und mit gespitzten Ohren auf jedes weitere Geräusch auf dem Flur lauschte, verfluchte ich Gloria und ihr verdammtes Landhaus. Wären wir nicht hierhergekommen, wäre das alles nicht passiert. Dann verfluchte ich mich selbst, weil das Ganze meine Idee gewesen war. Ich hatte geglaubt, ein Urlaub würde unsere Stimmung heben. Würde uns helfen zu entspannen und allem etwas Schwung geben.

Nathan hatte bei der Aussicht darauf nicht gerade enthusiastisch reagiert, aber in meiner Naivität hatte ich es darauf geschoben, dass er sich einfach nicht von seinem Job freimachen konnte.

»Oh, Emmy, nein. Du weißt, dass das unmöglich ist. Ich habe Termine. Du hast Deadlines. Das passt doch nie zusammen. Das hatten wir doch alles schon.«

Nathan und ich hatten uns bei der Arbeit kennengelernt. Mit ihm als Buchhalter und mir als Marketingassistentin im gleichen Unternehmen war es so gut wie unmöglich, Urlaub zu planen, doch dieses Mal hatte ich nicht nachgegeben. Wir brauchten das.

»Nathan, wir hatten seit einer Ewigkeit keinen richtigen Urlaub mehr.«

Er runzelte die Stirn. »Letztes Jahr waren wir in Bath.«

»Das war nur ein langes Wochenende.«

»Und in Exeter«, fügte er hinzu.

Ich seufzte genervt. »Das war auch nur ein langes Wochenende.« Unsere Terminpläne hatten schon seit Langem dazu geführt, dass wir uns von der Idee eines richtigen Urlaubs verabschiedet und uns stattdessen auf unglaublich teure Kurztrips verlegt hatten.

»Nun, das war doch in Ordnung, oder etwa nicht?«, sagte Nathan mit so viel Begeisterung, wie ich gewöhnlich bei der Aussicht auf ein gemeinsames Wochenende mit seinen Eltern aufbrachte.

»Ja, das war in Ordnung, aber seit Griechenland sind wir nicht mehr richtig verreist.« Ich rechnete zurück. »Das ist fast zwei Jahre her.«

Nathan schnaufte. »Zu heiß.«

Ich zwang mich, geduldig zu bleiben. »Wir müssen nirgendwohin fahren, wo es heiß ist, Nathan, aber wir brauchen zwei gemeinsame Wochen, wo auch immer.«

»Zwei Wochen!« Seine Stimme klang schrill. »Wir müssen unsere Termine koordinieren und alles buchen, dann müssen wir möglichst viel vorarbeiten und anschließend wie die Verrückten schuften, um das Liegengebliebene abzuarbeiten. Das Ganze ist die Mühe wirklich nicht wert.«

Natürlich, im Nachhinein ist man immer klüger. Wenn ich nun zurückblickte, fragte ich mich, ob Nathans Unlust wirklich nur mit seinem beruflichen Engagement zu tun hatte. Vielleicht hatte ihm auch einfach der Gedanke nicht gefallen, zwei ganze Wochen Urlaub mit mir zu verbringen.

Ich hatte darauf bestanden. »Ich glaube wirklich, dass es den Aufwand rechtfertigt.« Ich würde unnachgiebig bleiben, und das wusste er.

»Gut, wenn es das ist, was du willst, aber dann kümmerst du dich auch um die ganzen Vorbereitungen.« Die Resignation in seiner Stimme enttäuschte mich zutiefst. »Also geh und buch irgendwas. Was immer du willst.« Er sah lang genug von seinem Laptop auf, um mir einen flüchtigen Blick zuzuwerfen, dann war er schon wieder in seine Tabellen vertieft.

Manche Frauen wären bei »was immer du willst« in die Luft gesprungen und hätten vierzehn Tage in einem Fünf-Sterne-Hotel in der Karibik gebucht – und ich kann nicht behaupten, dass ich nicht auch daran gedacht hätte –, doch ich hatte so eine Ahnung, dass ein Urlaub in paradiesischer Abgeschiedenheit nach hinten losgehen könnte. Sicher, wir würden zusammen sein und nichts anders zu tun haben, als zu entspannen und miteinander zu reden. Doch wenn wir herausfanden, dass wir uns nichts zu sagen hatten, wären zwei Wochen voller Sonne, Sand und der Erkenntnis, dass unsere Beziehung nur noch langweilig und verbraucht war, definitiv zu lang.

Nein, dachte ich, was wir brauchen, ist etwas Ruhiges und Entspannendes, was uns die Möglichkeit bietet, uns für den anderen zu öffnen und wiederzuentdecken, warum wir uns einmal ineinander verliebt haben – und falls das nicht funktionierte, mit der Option auf jede Menge Sightseeing.

Und so waren wir nun hier im La Cour des Roses gelandet, »einem entzückenden Gasthaus im beliebten Loire-Tal in Frankreich, wo Sie von Ihren freundlichen Gastgebern Rupert und Gloria Hunter willkommen geheißen und verwöhnt werden. Entspannen Sie in unserem wunderschönen Garten, oder erkunden Sie die friedliche Natur, Kleinstädte voll buntem Treiben, herrliche Châteaus …«

Auf der Website hatte es großartig geklungen.

Kapitel 2

Am Morgen nachdem Nathan in Ungnade gefallen war, war ich mit den Lerchen aufgewacht – um genauer zu sein, mit den Hühnern. Ich hatte nicht daran gedacht, die hölzernen Fensterläden zu schließen, bevor ich ins Bett gegangen war, und als die Morgendämmerung durch die dünnen Vorhänge kroch, war an Schlaf ohnehin nicht mehr zu denken, zumal ich bereits die Nacht über wach gelegen hatte.

Ich setzte mich auf, wobei ich mir des leeren Kissens neben mir schmerzvoll bewusst war, und blickte hinüber zu einem kleinen Sessel in der Zimmerecke, auf dem zusammengefaltet Nathans Shirt und seine Jeans lagen. Seine Brieftasche und die Uhr hatte er ordentlich auf die wundervoll gemaserte Ablagefläche des alten Frisiertisches gelegt. Ein großer, dazu passender Kleiderschrank dominierte die Wand gegenüber vom Bett, doch der Raum war groß genug für ihn. Das Blau, in dem Bettzeug, Kissen und die Teppiche auf dem polierten Holzboden gehalten waren, bildete einen kühlen, beruhigenden Kontrast zu dem warmen Honigton des Holzes.

Ich zog mir ein Sweatshirt über, schlich mich nach unten und hinaus auf die Terrasse. Der Morgen war noch kühl, also schnappte ich mir von drinnen eine Decke und legte mich damit auf eine vom Tau feuchte Liege, wo ich mir die warme Wolle bis unters Kinn zog wie eine alte Lady auf einer Kreuzfahrt. Ich starrte auf die großzügige Rasenfläche, die von farbenfrohen Blumenbeeten und kleinen Bäumen durchsetzt war. Alte Steinfliesen im Gras führten zu verborgenen Winkeln und Lauben inmitten von dichtem Strauchwerk. Bäume säumten den Garten … Ein wundervoller Anblick, doch ich konnte ihn nicht genießen. Wie schön dieser Ort auch sein mochte, mir war klar, dass der sofortige Umzug in eine andere Unterkunft zwingend notwendig war. Nathan war fremdgegangen. Ich hatte alles Recht, verärgert zu sein, aber solche Dinge passierten bei Paaren doch ständig. Gloria konnte ihm unmöglich etwas bedeuten. Wir waren zu lange zusammen, um wegen eines einzigen Fehlers von ihm alles wegzuwerfen. Doch wir würden nicht damit fertig werden, mit dem Beweis seiner Untreue direkt vor unserer Nase.

Dann begann ich mir um Rupert Sorgen zu machen, damit ich auf andere Gedanken kam. Ich hatte ihn in den wenigen Tagen lieb gewonnen, obgleich ich vermutete, dass er gewöhnungsbedürftig war. Nathan konnte überhaupt nichts mit ihm anfangen. Während Nathan still war (mürrisch bisweilen, wenn ich nun darüber nachdachte), war Rupert das genaue Gegenteil – laut und manchmal wichtigtuerisch. Ich hätte Nathans spontane Abneigung einfach auf ihre völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten geschoben, hätte es nicht dieses nervige Gespräch gleich am Tag nach unserer Ankunft gegeben.

Wir hatten im Garten gesessen und uns von der Reise erholt, und während ich selig die Schönheit um uns herum in mich aufgenommen hatte – den gepflegten Rasen, die letzten Frühlingsblumen, üppige Bäume –, war ich so dumm gewesen, den Mund aufzumachen und meine Gedanken auszusprechen.

«Herrlich hier, nicht wahr?«, murmelte ich.

Nathan ließ seinen Blick abschätzend umherwandern. »Hm. Ich frage mich, wie viel ihn das kostet.«

Ich stützte mich auf einen Ellbogen und sah zu ihm hinüber. Der ewige Buchhalter. Wenn ich solche Kommentare seiner beruflichen Neugier zuschrieb, konnte ich sie ihm verzeihen.

»Keine Ahnung«, sagte ich zurückhaltend.

»Gestern beim Abendessen sagte er, das alles hier sei eine Ruine gewesen, als er es gekauft hat, also hat er es wahrscheinlich günstig bekommen. Allerdings muss es ihn ein Vermögen gekostet haben, es wieder in Schuss zu bringen.« Nathan reckte den Hals, um zum Haus zurückzuschauen, wo tiefgrünes Blätterwerk über die grauen Mauern kroch.

An einigen Stellen sah der Stein älter aus als an anderen, fast verwittert, an manchen war er ausgebessert worden – rote Dachziegel sorgten für Farbe, und die hübschen, blau gestrichenen Läden an den Fenstern wirkten einladend. Nathan ließ seinen Blick zu dem neuen, weiß verputzten Flügel hinüberwandern, in dem Rupert und Gloria lebten und der an das Landhaus angebaut war. Daneben befanden sich die Ausläufer eines alten Obstgartens, der das Gebäude von der Straße trennte. »Die Renovierung des Landhauses. Dann dieser Anbau«, murmelte er. »Die gîtes, also die Ferienunterkünfte auf der anderen Seite des Hofes. Kann nicht günstig sein, eine alte Scheune so umzubauen. Und wie es scheint, war auch das Land Ödnis, als sie hierherzogen.«

Ich blickte hinüber zu den Lavendelbüschen rund um den Hof, der sich zwischen dem Haus und den gîtes befand, die in einem langen Gebäude aus groben cremefarbenen und grauen Steinen untergebracht waren. Ihre drei Türen waren umrahmt von rankendem Wein. »Nun, sie haben einen guten Job gemacht«, sagte ich bewundernd.

Nathan nickte leicht. »Ja, aber woher hatte er das Geld, Emmy, hm? Er hat nicht erzählt, was er beruflich gemacht hat, bevor sie hierherkamen.«

»Ist nicht unsere Angelegenheit, oder?«

Höhnisch verzog Nathan die Lippen. »Vornehmer Akzent. Wahrscheinlich mit dem Silberlöffel im Mund geboren. Sieht nicht aus wie jemand, der jemals für seinen Lebensunterhalt arbeiten musste.«

Überrascht zog ich eine Augenbraue in die Höhe. Diese Seite an Nathan kannte ich nicht, und ich war mir keineswegs sicher, ob ich sie mochte.

»Sie müssen ziemlich hart gearbeitet haben, um das hier aufzubauen«, verteidigte ich sie und zeigte mit einer ausladenden Armbewegung auf unser Heim für die nächsten zwei Wochen.

»Ich bezweifle, dass er weiß, was harte Arbeit bedeutet«, grummelte Nathan. »Ich wette, er hat andere dafür bezahlt, dass sie es machen, während er herumgelungert und ihnen zugeschaut hat. Fauler Bastard.«

Missmutig sah ich ihn an. »Warum spielt das eine Rolle? Du würdest dich beschweren, hätten wir das ganze Geld bezahlt, und es wäre hier nicht schön. Können wir es nicht einfach genießen?«

Nathan ließ sich schmollend auf seine Liege fallen, und ich legte mich ebenfalls hin, doch meine gute Laune war verschwunden.

Ich fragte mich, ob wir vielleicht besser in einer der gîtes aufgehoben wären, um auf diese Weise die Berührungspunkte zwischen Nathan und Rupert zu minimieren, doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder. Aus bitterer Erfahrung wusste ich, dass Nathans Vorstellung von Selbstversorgung darin bestand, sich maulend den Weg durch einen Supermarkt zu bahnen, auf die fremden Marken zu starren und sich dann zu verziehen, während ich allein kochte und putzte. Das erste Mal war es so in Spanien gewesen. Ich war so zufrieden über meinen und mit meinem gerade erst eroberten Mann gewesen, dass mir die Einseitigkeit dieses Arrangements gar nicht aufgefallen war. Anders in Griechenland, wo unser Studio so klein gewesen war, dass es in anderen Hotels gerade so als Badezimmer durchgegangen wäre. Nach zwei Wochen, in denen ich über Nathans Beine gestolpert war, der sich auf dem Schlafsofa ausgestreckt hatte, während ich in einer Küche kochte, die die Größe eines Einbauschranks hatte, hatte ich mir geschworen, dass ich das nicht noch einmal mitmachen würde. Hier im Gästehaus beinhaltete unsere Buchung ein tägliches Frühstück und drei Abendessen in der Woche, sodass wir in der übrigen Zeit die lokalen Restaurants erkunden konnten, und ich fand das einen glücklichen Mittelweg.

Rupert kümmerte sich im La Cour des Roses um das Kochen, und als ich am Morgen nach seinem Zusammenbruch noch benommen im Bett lag, fragte ich mich, wie das nun wohl geregelt würde. Im Augenblick waren wir die einzigen Gäste, doch weitere wurden erwartet. Würde Gloria die Aufgaben übernehmen? Während ich die letzten Tage noch einmal an mir vorüberziehen ließ, fragte ich mich, was Gloria überhaupt tat – außer anderer Leute Partner zu verführen. Sie schien mehr fürs Gesellschaftliche gemacht als für handfeste Arbeit, während sie in ihren engen Jeans dekorativ herumwuselte. Ich vermutete, dass sie besser darin war, beschäftigt zu erscheinen, als es tatsächlich zu sein.

Wenigstens hatten sie hier eine Reinigungskraft. Es war eine kleine, ältere, wettergegerbte Frau, die wie der Teufel arbeitete und dabei pausenlos redete, unfähig zu begreifen, dass das Französisch ihres Gegenübers seit Jahren eingerostet und deshalb kaum zu gebrauchen war.

Inzwischen waren Geräusche aus den gîtes über den Hof hinweg zu hören – ein Kleinkind schrie, eine Autotür wurde geöffnet, eine Frau rief ihrem Mann zu, er möge die Karte mitbringen und der Kaffee sei fertig. Der Neid versetzte mir einen Stich. Das sollten Nathan und ich sein, entspannt und bereit, Neues zu entdecken.

Ich seufzte selbstmitleidig, während ich aus dem Bett stieg. Bei der Erwähnung von Kaffee hatte sich mein Koffeinwecker gemeldet. Wie ein übermüdeter Zombie suchte ich in der Küche nach Erlösung.

Gloria kam perfekt geschminkt und mit zurückgekämmten, blondierten Haaren herein, während ich an dem glänzenden Zauberwerk der Technik herumhantierte, das sich Kaffeemaschine nannte.

»Lass mich mal«, sagte sie und schob mich zur Seite. Sie drückte und drehte Knöpfe, bis zischender Dampf Richtung Balkendecke stieg, dann reichte sie mir eine Tasse. Der Inhalt war matschig und schmeckte, als hätte man es vom Boden eines Hühnerstalls gekratzt. Zweifellos war Rupert das Kaffee-Genie – noch ein Nachteil, den seine Abwesenheit mit sich brachte.

Während ich meine Schultern nach hinten nahm, bereitete ich mich darauf vor, sie wegen der Sache mit Nathan zur Rede zu stellen. Natürlich hätte das bereits am Abend zuvor geschehen müssen, doch Ruperts medizinischer Notfall hatte das verhindert.

Es wäre schön gewesen, wenn Gloria den ersten Schritt gemacht und eine Entschuldigung angeboten hätte. Ich glaubte schon, dass sie »Tut mir leid« sagen würde, als ob sie meine Halskette zerrissen oder meine Lieblingstante beleidigt hätte oder mir auch nur auf den Zeh getreten wäre. Doch sie stand einfach nur da, nachdem sie wilden Sex mit meinem Freund gehabt hatte, und dachte nicht einmal daran. Unglaublich.

Dennoch konnte ich nicht einfach darüber hinweggehen, dass der Ehemann dieser Frau im Krankenhaus lag. Ich riss mich zusammen. Das Wichtige zuerst.

»Wie geht es Rupert?«

Da war ein Funkeln in ihren Augen, hart und kalt, doch es war verschwunden, bevor ich darin lesen konnte. »Ich habe im Krankenhaus angerufen«, sagte sie. »Er wird heute Morgen wieder entlassen.«

»Haben sie gesagt, was es war?«

»Jedenfalls kein Herzinfarkt.« Gloria warf mir einen anklagenden Blick zu, als wollte sie mich für meine falsche Diagnose kritisieren, die sie so grob bei ihren außerehelichen Aktivitäten der letzten Nacht gestört hatte. »Es ist eine Angina pectoris. Sie haben ihm Medikamente gegeben. Er muss mehr darauf achten, was er isst und trinkt.«

Rupert trank nicht gerade wenig, und ich hatte das Gefühl, dass das ein Streitpunkt zwischen den beiden war.

»Muss er sich schonen?«

»Sieht so aus. Sie glauben, dass er sich beim Sturz die Bänder verletzt hat. Er kann kaum laufen.«

Und wieder war da dieser unterschwellige Vorwurf, als hätte ich mich irgendwie quer durch die Küche werfen müssen, um einen eins achtzig großen Neunzig-Kilo-Mann aufzufangen.

»Nun, ich bin froh, dass es ihm besser geht«, sagte ich und meinte es aufrichtig. Und nun zum eigentlichen Punkt. »Es wird Zeit, dass wir uns unterhalten. Findest du nicht?«

Ihr erschrockener Gesichtsausdruck ließ ahnen, dass sie offenbar geglaubt hatte, einfach so davonzukommen. »Oh?«

Ihre Kaltschnäuzigkeit überraschte mich. »Hast du nichts zu deiner Verteidigung zu sagen?«

Sie setzte den ungenießbaren Kaffee so heftig auf der Granittheke ab, dass ihre Tasse klirrte.

»Vielleicht könntest du mit einer Entschuldigung beginnen, weil du mit meinem Freund geschlafen hast?«

Sie verschränkte die Arme vor der Brust, was den unvorteilhaften Effekt hatte, dass sich ihr gebräuntes Dekolleté in Falten legte und wie Leder aussah.

»Daran waren zwei beteiligt, Emmy – das hast du selbst gesehen. Ja, ich hatte Sex mit Nathan. Und er hatte Sex mit mir. Vielleicht sollte er dich um Entschuldigung bitten.«

»Nathan und ich haben schon miteinander gesprochen, was man von dir und Rupert nicht behaupten kann. Ich vermute, du erzählst es ihm, wenn er nach Hause kommt?«

»Das vermutest du falsch.« Drohend blickte sie mich an. »Und ich erwarte auch nicht, dass du es ihm erzählst.«

Ich war beeindruckt von ihrer Kaltschnäuzigkeit. »Findest du nicht, dass du diesen Schweigepakt nicht allein und einfach so beschließen kannst?«

»Ich hätte gedacht, dass sogar du der Meinung bist, dass es Rupert nicht guttun würde, wenn er von der Sache erfährt. Du möchtest doch bestimmt nicht für einen Rückfall verantwortlich sein, oder?«

Damit hatte sie mich. Egal, wie wütend ich war, ich konnte Ruperts angeschlagene Gesundheit nicht weiter gefährden, nur um mich an Gloria zu rächen. Doch dass sie mich so in die Ecke trieb, ließ mich rotsehen.

»Letzte Nacht schienen dich Ruperts Gesundheit und sein Wohlbefinden nicht gekümmert zu haben!«

»Willst du damit unterstellen, dass mir mein Ehemann egal ist?«

Bitter lachte ich auf. »Jedenfalls ist es eine seltsame Art, seine Verbundenheit zu zeigen, wenn man mit den Gästen schläft.«

»Mit einem Gast, Emmy. Ein Gast. Bleib bei den Fakten.«

»Du willst, dass ich mich an die Fakten halte?« Ich begann sie an meinen Fingern abzuzählen. »Du bist verheiratet. Du hast mit meinem Freund geschlafen. Du bist fast alt genug, um seine Teenager-Mutter zu sein. So. Reicht dir das?«

Voller Verachtung verzog sie den Mund. »Wenn deine Beziehung so stabil ist und ich so alt bin, warum hat mir dann dein Freund die Kleider vom Leib gerissen wie ein wildes Tier, während du meinem Mann unten Geschichten aus deinem Leben erzählt hast?«

Darauf hatte ich keine Antwort. Glücklicherweise brauchte ich das auch nicht. Während ich in meinem Hirn verzweifelt nach einer bissigen Entgegnung suchte, klingelte das Telefon im Eingangsbereich, und Gloria schoss an mir vorbei, um das Gespräch anzunehmen.

Wie benommen blieb ich in der Küche stehen. Glorias Worte hatten mich bis ins Mark getroffen. War unser Liebesleben wirklich so fade, dass Nathan das Bedürfnis gehabt hatte, das hier zu tun? Bis gestern hätte ich das noch verneint. Ich hätte gesagt, dass es bei uns nicht anders war als bei anderen hart arbeitenden Paaren. Oft waren wir einfach zu müde, zu beschäftigt, zu gestresst – doch wir hatten immer noch Sex. Wenn auch nicht mehr so häufig wie früher. Und auch nicht so leidenschaftlich. Doch sicherlich gab es nicht viele Beziehungen, die sich die anfängliche Leidenschaft bewahrten, oder etwa doch? Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich es als normal betrachtet hatte, dass die Lust kontinuierlich abnahm. Sogar als akzeptabel.

Es schien so, als würde Nathan das anders sehen.

Früh am Morgen machte Nathan sich rar, indem er vorgab zu schlafen, dann schaffte er all seine Sachen in das neue Zimmer – was ich erst entdeckte, als ich nach oben ging, um nach ihm zu sehen. Die Laken und Decken, die ich am Abend zuvor nach ihm geworfen hatte, lagen wieder auf meinem Bett, und als ich einen Blick durch seine Tür warf, sah ich, dass er einen kompletten Satz neuer Bettwäsche hatte, was bedeutete, dass er a) bereits mit Gloria gesprochen hatte und b) meine Überlegungen nicht teilte, dass wir uns eine andere Unterkunft suchen sollten.

Ich kann nicht sagen, dass ich glücklich darüber war, doch in einem herkulesartigen Kraftakt riss ich mich zusammen und unterdrückte meine Ungeduld, bis wir allein sein würden. In der vergangenen Nacht hatte Gloria bereits intime Kenntnisse über meinen Freund erlangt. Mein verbliebener Stolz wollte mit allen Mitteln verhindern, dass sie in eine Aussprache zwischen uns platzte und auch noch intime Kenntnisse über die Schwächen unserer Beziehung erlangte.

In der Minute, in der sie ins Krankenhaus aufbrach, schnappte ich mir Nathan unten im Garten, wo er damit beschäftigt schien, intensiv die Hühner zu studieren.

»Nathan. Wir müssen reden.«

Er drehte sich um. »Wir haben gestern Abend geredet.«

Ich unterdrückte ein Seufzen. »Nein, das haben wir nicht. Ich habe gesprochen. Du hast gesagt, dass du nicht reden möchtest. Es war ein bisschen einseitig.«

»Ich würde sagen, dass du mehr geschrien als geredet hast.«

Ich holte tief Luft und zählte bis fünf. Ich schaffte es einfach nicht bis zehn.

»Natürlich habe ich geschrien!«, schrie ich. »Was hast du erwartet? Ich habe dich dabei erwischt, wie du mit einer anderen Frau Sex hattest. Was sollte ich da sonst tun, ein Liedchen trällern? Ich finde, dass ich mich unter den gegebenen Umständen extrem zurückgehalten habe, wegen Rupert und allem.«

Nathan nickte und schien wenigstens das anzuerkennen.

»Gibst du mir eine Erklärung für den Betrug letzte Nacht oder nicht?«, fragte ich.

»Die hast du schon bekommen.«

Ich lachte auf. »Zu viel Alkohol?«

Er nickte.

»Das ist armselig.«

Nathan schaltete auf stur und schob das Kinn leicht vor. Plötzlich hatte er noch mehr Ähnlichkeit mit seiner Mutter. »Du möchtest wirklich darüber sprechen?«

»Nein, das möchte ich nicht, Nathan. Es macht mir genauso wenig Spaß wie dir, mich mit dem auseinanderzusetzen, was letzte Nacht passiert ist. Doch ich weiß nicht, wie es mit uns weitergehen soll, wenn wir es nicht tun.«

»Okay. Gut.« Er holte tief Luft. »Tatsache ist, dass die Dinge zwischen uns schon eine ganze Weile nicht mehr in Ordnung sind. Wir reden nicht mehr viel miteinander. Wir unternehmen nichts mehr zusammen. Ich glaube nur, dass dir das noch gar nicht aufgefallen ist.«

Seine Ausführungen verwandelten das Blut, das mir kalt durch die Adern rann, mit einem Schlag in einen rot glühenden, reißenden Strom.

Scharf holte ich Luft. »Wie kannst du die Frechheit haben, dazustehen und mir zu sagen, ich hätte nicht bemerkt, wie mies es mit uns zuletzt gelaufen ist? Wenn du so verdammt aufmerksam bist, warum hast du dann nichts dagegen getan? Oh nein, warte. Das hast du. Du hast mit Gloria geschlafen. Sehr konstruktiv, du treuloser Scheißkerl.«

Nathan wurde blass. »Um Himmels willen, Emmy, sprich leiser. Es könnten Leute draußen vor den gîtes sitzen.«

»Das werde ich nicht. Wag es nicht, mir zu sagen, dass ich leiser sprechen soll! Ich habe das letzte Jahr damit verbracht, mir Sorgen über uns zu machen, während du weiter in deiner selbstgefälligen kleinen Welt gelebt hast. Nicht ein einziges Mal hast du davon gesprochen, dass du unglücklich bist, während ich mir den Kopf zermartert und mich gefragt habe, ob es normal ist, dass wir kaum zwei Worte miteinander sprechen. Dieser Urlaub war meine Idee, erinnerst du dich? Ich hatte gehofft, dass wir uns auf diese Weise wieder näherkommen würden, ohne Arbeit und Stress. Ich wollte sehen, ob wir wieder so sein können, wie wir früher waren.« Meine Stimme brach.

»Nun, wir sind nicht mehr so wie damals, oder?«, sagte er ruhig.

»Nein, würde ich nach letzter Nacht sagen.«

Er schüttelte den Kopf. »Du bist nicht bereit, das zu vergessen, oder?«

Meine Augen wurden groß. »Erwartest du das wirklich von mir?«

»Ich bin mir nicht sicher, was ich noch erwarte. Ich muss nachdenken. Ich gehe eine Runde spazieren.« Er stürmte davon in Richtung der kleinen Straße.

Wütend stapfte ich zurück ins Haus. Während ich damit kämpfte, meinen Blutdruck unter Kontrolle zu bringen, sah ich mich erschrocken in der Küche um. Ein großer Raum, der normalerweise Großzügigkeit und Ordnung ausstrahlte, mit seinen warmen Holzelementen und den praktischen Arbeitsflächen aus Granit. Der große Landhaustisch, an dem die Gäste zum Essen unter einer Schräge, fernab vom Kochbereich, saßen. Doch nun stapelte sich in der Spüle achtlos das schmutzige Frühstücksgeschirr neben den dreckigen Tellern vom Abendessen. Ruperts Wahnsinnssoße beeindruckte nur noch die Fliegen, die sich auf den Tellern und Töpfen sammelten, die überall herumstanden. Naiv hatte ich angenommen, Gloria würde sich um das Chaos kümmern, bevor Rupert heimkehrte und die Teller nicht nur turmhoch stapeln, wie es der Fall war. Über allem lag ein ranziger Geruch, der von den Resten der Crème brûlée stammte.

Besorgt darüber, wie sehr die dreckige Küche Rupert bei seiner Rückkehr aufregen würde, und verzweifelt auf der Suche nach etwas, was mich von der Tatsache ablenkte, dass sich meine Beziehung nun offiziell in der Krise befand, füllte ich das gigantische Spülbecken mit dampfendem, nach Zitronen duftendem Schaum und tobte meinen Frust an den Tellern aus.

Es war offensichtlich, dass die Dinge zwischen Nathan und mir alles andere als großartig gelaufen waren, und tief in mir wusste ich, dass es zwei brauchte, damit eine Beziehung funktionieren konnte – trotzdem springst du nicht in einem Urlaub, der dich und deine Lebensgefährtin wieder näher zusammenbringen soll, bei der nächstbesten Gelegenheit mit einer anderen ins Bett. Wir waren seit fünf Jahren ein Paar und lebten seit Langem zusammen. Wir waren eine Verpflichtung eingegangen, als wir uns gemeinsam eine Wohnung gekauft hatten. Ich glaubte nicht, dass es da zu viel verlangt war, Treue und von Zeit zu Zeit ein ehrliches Gespräch zu erwarten.

Am schlimmsten war, dass mich seine Behauptungen und Vorwürfe – und mein eigenes Temperament – so überrumpelt hatten, dass ich nicht einmal zum eigentlichen Punkt gekommen war: dass wir diesen Ort verlassen mussten.

Zwei zerbrochene Teller und ein gesprungenes Glas später hatte ich immer noch genug Frust in mir, um ihn an anderen Haushaltsgegenständen auszulassen, und so sah ich mich nach weiteren Aufgaben um. Ich musste nicht lange suchen. Entweder war Gloria so verzweifelt wegen ihres Mannes, dass sie es nicht schaffte, sich um die banalsten Dinge zu kümmern, oder es war so – und das vermutete ich –, dass sie die Hausarbeit Rupert und der Wie-hieß-sie-noch-gleich?-Reinigungskraft überließ, die offenbar ihren freien Tag zu haben schien.

Ich entdeckte einen Besen und wollte ihn gerade schwingen, als ich draußen ein Auto hörte. Ich nahm an, dass es Gloria war, die mit Rupert zurückkehrte. Doch als ich aus dem Fenster blickte, konnte ich das blaue Fließheck nicht sehen. Stattdessen stieg ein hochgewachsener Mann aus einem sehr kleinen Auto, und ich fragte mich, wie ihm das gelang, ohne dass er sich irgendwie verletzte. Er war etwa einen Meter neunzig groß.

Er war kein gîtes-Gast. Wollte er nach einem freien Zimmer im Landhaus fragen? Vielleicht. Er ging zur Beifahrerseite und holte eine Laptop-Tasche aus dem Auto, die er sich über die breite Schulter warf, dann einen Aktenordner. Hm. Ein Versicherungsvertreter? Er trug keinen Anzug, nur Chinos und ein kurzärmliges Hemd.

Mit großen Schritten kam er über den Hof auf das Haus zu. Ich war nicht in der Stimmung für Gäste oder ungebetene Besucher, und so öffnete ich die Tür mit einem finsteren Blick – auch wenn sich dieser etwas aufhellte, als er auf kurzes braunes Haar und ein attraktives Gesicht mit Augen von der gleichen Farbe fiel.

»Ja? Kann ich Ihnen helfen?« Meine Stimme klang schärfer, als ich es gewollt hatte, aber damit würde er sich abfinden müssen, denn schließlich entwickelte sich gerade mein Urlaub – ja, mein ganzes Leben – anders, als ich es geplant hatte.

Es schien ihn zu überraschen, dass ich in der Tür stand, und er zog die Brauen zusammen. »Hi. Ähm. Ist Rupert da?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid.«

»Und Gloria?« Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich hatte das Gefühl, dass er ihren Namen mit einer Spur Abneigung aussprach.

»Nein. Kann ich Ihnen helfen?«

»Und … Sie sind wer?«

Ich mochte den forschenden Ton in seiner Stimme nicht. »Emmy. Ich bin hier Gast«, blaffte ich.

Verwundert starrte er auf den Besen in meiner Hand. »Ah, so ist das.« Obwohl er sich da offensichtlich nicht so sicher schien. »Wissen Sie, wann Rupert zurück sein wird?«

Dieses Fragespielchen konnte ich auch spielen. Ich kannte diesen Kerl nicht, und ich hatte keine Ahnung, ob es Rupert recht wäre, wenn ich ihm einfach alles erzählen würde. »Darf ich fragen, warum Sie das wissen wollen?«

»Ich habe eine Verabredung mit ihm. Ich bin Alain.« Für einen Moment war ich verwirrt. War er Franzose? Sein Englisch war perfekt – doch wenn ich genau darüber nachdachte, gab es da einen winzigen Akzent. Er streckte mir die Hand hin, damit ich sie schüttelte, und ich ergriff sie automatisch, während er fortfuhr: »Ich bin Ruperts Buchhalter.«

Ich ließ seine Hand los, als wäre sie giftig. Im Moment waren mir Buchhalter einfach nicht besonders sympathisch.

»Nun, tut mir leid, aber Rupert ist im Krankenhaus«, sagte ich. Als ich die Sorge auf seinem Gesicht sah, wurde meine Stimme weicher. »Es geht ihm gut, und er kommt etwas später am Tag wieder nach Hause. Doch er muss sich noch schonen.«

»Tut mir leid, das zu hören. Wissen Sie, was passiert ist?«

Ich zögerte. »Ja, aber ich glaube nicht, dass ich darüber sprechen sollte.« Alarmiert sah er mich an, doch schnell versicherte ich ihm: »Bitte, machen Sie sich keine Sorgen, so schlimm ist es nicht. Aber ich kenne Sie nicht, und ich weiß nicht, ob Rupert möchte, dass ich medizinische Details herumerzähle.«

Er nahm das keineswegs als Vorwurf, wie ich befürchtet hatte. »Das verstehe ich. Vielen Dank. Ich nehme an, Sie wollen jetzt weitermachen mit …«, verwirrt starrte er auf den Besen, »… was auch immer Sie gerade getan haben.« Er reichte mir noch einmal die Hand. »War mir ein Vergnügen«, sagte er dann, während er sich zum Gehen umdrehte. Als er die Stufen hinabstieg, glaubte ich, ihn murmeln zu hören. »Kann man so sagen.«

Als Nathan zurückkam, fegte ich gerade den Küchenboden. Er blickte auf den Besen und das Kehrblech in meiner Hand und hob eine Augenbraue. »Ich glaube kaum, dass das dein Job ist.«

»Irgendwer muss es tun, da Gloria ihre Fingernägel offenbar keiner solchen Gefahr aussetzen will«, fauchte ich. »Ich kann Rupert schwerlich in einen solchen Schweinestall zurückkehren lassen, oder?«

Als hätten meine Worte es herbeigezaubert, fuhr Glorias Cabrio vor dem Haus vor. Rupert war wegen seines verletzten Beins nicht in der Lage, allein auszusteigen. Ich sah hinüber zu dem bequemen Kombi, der auf dem Hof stand, und war außer mir über Glorias Rücksichtslosigkeit. Ich warf Nathan einen missbilligenden Blick zu, da er sich so wenig hilfsbereit zeigte, und ging hinüber zum Cabrio, wo ich geduldig wartete, bis Rupert sich auf seinem Sitz gedreht hatte, sodass Gloria und ich ihn herausziehen konnten.

Mit aller Kraft halfen wir dem Verletzten die wenigen Stufen zur Küche hinauf und setzten ihn auf einen alten gepolsterten Sessel neben dem Fenster. Ich holte einen kleinen Hocker aus dem Wohnzimmer, auf den er sein Bein legen konnte. Während er sonst fröhlich und seine Haut von der Sonne gebräunt war, sah er nun blass vor Anstrengung aus. Sein Gesicht war unrasiert und das gewellte silbergraue Haar wild und ungekämmt.

Unsicher, was ich als Nächstes tun sollte, drehte ich mich zum Wasserkessel, um ihn aufzusetzen, doch Rupert griff nach meiner Hand.

»Emmy, meine Liebe«, sagte er mit zitternder Stimme. »Es tut mir leid, was ich dir gestern Abend angetan habe. Das muss ein Schock gewesen sein. Du hast bestimmt geglaubt, ich sei erledigt.« Er zwinkerte.

»Ich bin nur froh, dass du wieder in Ordnung bist, Rupert.«

»Dank dir.«

Mir war bewusst, dass Nathan und Gloria die Szene aufmerksam beobachteten, und so sagte ich nur: »Ich hab doch gar nicht viel getan.«

»Du hast getan, was du konntest, und dafür bin ich dir dankbar, meine Liebe.«

Er küsste meine Hand. Ich war so berührt von dieser altmodischen Geste, dass ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Schon traf mich Glorias bohrender Blick über Ruperts Schulter hinweg. Ich wusste nicht, wie sie die Unverschämtheit besitzen konnte, mich so anzuschauen. Wäre sie am Abend zuvor dort gewesen, wo sie hätte sein sollen, hätte mir ihr Mann nicht für alles danken müssen.

Ich straffte die Schultern und erwiderte ihren Blick. »Möchte jemand Tee?«, fragte ich.

Gloria schüttelte den Kopf. »Ich muss das Zimmer für die Hendersons fertig machen.« Sie drehte sich um, um mit klackernden Absätzen ins obere Stockwerk zu gehen.

Ich bot Nathan eine Tasse an, doch er schien sich so unbehaglich zu fühlen, dass ich Angst hatte, er könnte sie fallen lassen, und sie deshalb auf dem Tisch für ihn abstellte. Hatte er sein Gewissen wiedergefunden, nun, da Rupert wieder zu Hause war?

Offensichtlich nicht.

»Ich gehe lieber mal Gloria helfen«, erklärte er, schoss hinter ihr her und ließ mich mit viel zu viel Tee und einem blassen Kranken zurück sowie dem spontanen Entschluss, dass ich ihm in exakt drei Minuten folgen würde, um sicherzustellen, dass ihr zu helfen tatsächlich alles war, was er tat.

Kapitel 3

Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann Nathan das letzte Mal angeboten hatte, mir bei der Hausarbeit zu helfen, und meiner überspannten Fantasie fiel es nicht schwer, mir ihn und Gloria vorzustellen, wie sie erst gemeinsam die Betten machten und sich dann in einem davon herumrollten.

»Gerne, Emmy.« Rupert lächelte dankbar, als ich ihm eine Tasse Tee reichte. Ein paar Schlucke brachten die Farbe zurück auf seine Wangen. Er war ein großer Mann und breit noch dazu, doch wie er nun gebeugt im Sessel saß, war von seiner gewohnten Vitalität und seiner verschmitzten Heiterkeit nichts mehr zu spüren. »Was machst du als Nächstes?«, fragte er.

»Hm?«

Er zeigte in die nun blitzsaubere Küche. »Die Putzfrau besucht ihre kranke Schwester, und Gloria hat einfach kein Händchen für den Haushalt, also nehme ich mal an, dass das hier alles dir zu verdanken ist.«

»Oh, äh, ja. Ich wollte etwas zu tun haben.« In dem Moment, in dem ich es ausgesprochen hatte, hätte ich mir auf die Zunge beißen können, und tatsächlich …

«Etwas zu tun haben? Du langweilst dich doch sicherlich noch nicht. Solltet ihr, also du und Nathan, nicht irgendwo unterwegs sein und euch amüsieren?« Offensichtlich ahnte Rupert nicht das Geringste.

»Etwas tun, um zu helfen«, ruderte ich zurück. »Ich wusste, dass Gloria dich abholen würde und später noch Gäste kommen.«

»Nun, das ist sehr nett von dir, meine Liebe, aber ich will dir den Urlaub nicht noch mehr verderben als ohnehin schon. Du und Nathan seht aus, als ob ihr etwas Entspannung brauchen könntet.«

Ha! Er hatte ja keine Ahnung, der arme Kerl. Um das Gespräch möglichst schnell auf ein anderes Thema als unseren angeblich glücklichen Urlaub zu bringen, zeigte ich auf sein Bein. »Wie wirst du mit noch mehr Gästen zurechtkommen?«

Rupert zuckte nachdenklich mit den Schultern. »Madame Dupont wird morgen zum Putzen kommen, und der Gärtner ist am Wochenende hier.« Seine Brauen zogen sich zusammen. »Die Küche ist das Problem. Gloria kann gar nicht kochen, befürchte ich.«

Sein anschließendes Lachen überraschte mich. »Was ist so lustig?«

»Lustig ist die Tatsache, dass Gloria Geschäftsführerin eines Restaurants war, als wir uns kennenlernten, Emmy. Schicke Adresse in London. Man sollte glauben, die Arbeit hätte auf ihre Kochkünste abgefärbt, aber Fehlanzeige. Sie kann nicht mal ein Ei kochen. Gäste, die drei Gourmetmahlzeiten in der Woche gebucht haben, werden etwas anderes als kalte Bohnen auf verbranntem Toast erwarten.«

»Du musst dir um uns keine Sorgen machen«, beeilte ich mich, ihm zu versichern. »Nathan und ich können auswärts essen.«

Es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, ihm zu erzählen, dass er sich um uns sowieso keine Gedanken zu machen brauchte, da wir ausziehen würden – doch er sah so krank aus, dass ich es nicht über mich brachte. Er sollte nicht glauben, dass wir wegen seines Zustands abreisten. Das wäre mir wie ein Tritt vorgekommen, während er bereits am Boden lag.

»Das ist nett von euch«, unterbrach er meine Gedanken. »Ich weiß, dass ihr euch darauf einstellen würdet, doch mit den Hendersons ist das eine andere Sache. Sie waren schon mal hier. Ein heikles Paar. Haben mir gesagt, dass sie nur wegen des Essens jedes Jahr wiederkommen. Gott steh ihnen in diesem bei.«

»Wenn du ihnen erklärst …«

»Würde das gar nichts ändern.« Rupert tätschelte meine Hand. »Ich werde einen Weg finden, sobald ich wieder klar denken kann. Für den Moment interessiert mich nichts anderes als ein Nickerchen.«

»Kein Mittagessen?«

Er schüttelte den Kopf. »Zu müde. Würdest du mir einen Gefallen tun, Emmy?«

»Sicher.«

»Gibst du mir bitte diesen Stift da und den Notizblock?«

Ich reichte ihm beides, und er begann zu schreiben. »Könntest du das Gloria bringen? Sie muss einkaufen fahren, sobald das Zimmer der Hendersons fertig ist.«

Er riss das Blatt ab, und ich steckte es in meine Tasche. Dann half ich ihm aus dem Sessel, reichte ihm die Krücken, und wir gingen durch den Eingangsbereich zu seiner Wohnung. Es war gut, dass sie sich im Erdgeschoss befand, da er keine Stufen hätte gehen können.

Ich versuchte, nicht neugierig zu sein, als wir durch seine private Wohnküche gingen, und half ihm ins Schlafzimmer – eine Monstrosität in Pink mit Blumenmuster, mit dem sich Gloria vermutlich nirgendwo sonst im Landhaus hätte durchsetzen können. Es sah aus, als hätte sie sich mit ihrem ganzen weiblichen Dekorationsfrust in diesem einen Raum ausgetobt. Wie Rupert inmitten der Spitzenvorhänge, Chintz-Bettwäsche und schaurigen altrosa Wänden schlafen konnte, war mir ein Rätsel. Kaum lag er, schon hatten sich seine Augen geschlossen. Falls ich mich hier aufhalten müsste, würde ich auch nicht hingucken wollen, dachte ich bei mir.

Zurück in der Diele schlüpfte ich aus meinen Schuhen, um möglichst wenig Lärm zu machen, und schlich die Treppe hinauf. Nathan und Gloria waren viel länger allein gewesen, als ich es geplant hatte. Ich fühlte mich lächerlich mit meinen Schuhen in der Hand, als ich auf Zehenspitzen über den Flur ging und den murmelnden Stimmen folgte, bis ich in der Tür stand.

Die beiden waren angezogen und ernsthaft mit der Hausarbeit beschäftigt – so weit, so gut –, aber sie kicherten herum, während sie damit kämpften, eine Kingsize-Bettdecke in ihren Bezug zu stopfen. Nicht so gut.

Sie hielten in der Bewegung inne und schauten mich an.

»Warum trägst du deine Schuhe in der Hand, Emmy?« Glorias gezupfte Brauen hoben sich, ihr Gesichtsausdruck war selbstgefällig. Sie wusste ganz genau warum, und sie fühlte sich als Siegerin, weil ich nicht die Beweise bekommen hatte, deretwegen ich gekommen war.

»Sie sind neu. Ich habe eine Blase. Ich bin nach oben gekommen, um sie zu wechseln.« Es war Zeit, die Situation etwas aufzumischen. »Rupert macht sich Sorgen wegen des Kochens heute Abend. Es sieht so aus, als ob du dich darum kümmern müsstest.«

Sie war starr vor Schreck. »Aber ich koche nicht … ich kann das nicht … Rupert muss das irgendwie hinbekommen!«

»Er kann nicht stehen, und wenn er es könnte, würde er vor Erschöpfung zusammenbrechen. Er sagt, dass die Hendersons auf ihr Essen bestehen werden, deshalb sollst du einkaufen und dann kochen.« Ich zog die Liste aus meiner Tasche, schwenkte sie vor ihr und legte sie dann auf den Nachttisch.

Gloria schwankte zwischen Schock und Trotz. »Nein, ganz unmöglich. Ich meine – nein, das geht nicht.«

Sie blickte auf der Suche nach Unterstützung zu Nathan, und ich sah, wie er sich wand, gefangen zwischen ihrer Bitte um Beistand und der Gewissheit, dass es keine gute Idee wäre, sich auf ihre Seite zu schlagen, wenn ich dabei war.

»Vielleicht könnte Nathan dir zur Hand gehen, da er plötzlich so häuslich geworden ist. Was meinst du, Gloria?«