Runter von der Macht-Wippe! (Fachratgeber Klett-Cotta) - Ulrike Strubel - E-Book

Runter von der Macht-Wippe! (Fachratgeber Klett-Cotta) E-Book

Ulrike Strubel

0,0
19,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Keine Angst vor Autoritäten!   - Gewonnene Erkenntnisse können in beruflichen und privaten Konflikten sofort umgesetzt werden Autoritätsprobleme manifestieren sich auf vielfältige Weise – im beruflichen Umfeld, der Partnerschaft, zwischen Eltern und Kindern … und natürlich im ganz normalen Alltag. In diesem Buch erfahren die LeserInnen, wo Autoritätsprobleme herrühren und welche Denken- Fühlen-Handeln-Kreisläufe automatisch ablaufen, die geradewegs auf die Macht-Wippe führen. Anhand einer eingängigen Typologie erkennen sie, ob sie ein Löwe, Adler, Chamäleon oder eine Schildkröte sind und welche – oft unbewussten – Trigger zu den persönlichen Verhaltensmustern führen. Die Beispiele und Übungen unterstützen dabei, sich neue – bessere – Strategien anzueignen, um bisherige Muster zu durchbrechen. Ziel ist es, die Macht-Wippe schleunigst zu verlassen – gleich, ob man oben oder unten sitzt. Dieses Buch richtet sich an: Frauen und Männer, die wissen wollen, warum sie Probleme im Umgang mit Autoritäten haben und wie sie ihrer typischen Verhaltensfalle entkommen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 221

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dies ist der Umschlag des Buches »Runter von der Macht-Wippe!« von Ulrike Strubel

Ulrike Strubel

Runter von der Macht-Wippe!

Souverän umgehen mit Autorität

Klett-Cotta

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2020 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Wallbaum/Weiß Freiburg

unter Verwendung eines Fotos von © barneyboogles/stock.adobe.com

Datenkonvertierung: Tropen Studios, Leipzig

Printausgabe: ISBN978-3-608-86130-3

E-Book: ISBN 978-3-608-12052-3

PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-20431-5

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar

Inhalt

1. Was den Umgang mit Autoritäten prägt

1.1 Autoritätsprobleme lauern überall und haben viele Gesichter

1.2 Wie Autoritätsprobleme entstehen

Die Herkunftsfamilie

Erwachsene, die für uns als Kind wichtig waren

Peers – Die Teenagerzeit und Autoritäten unter Gleichaltrigen

Weibliche und männliche Autorität

2. So ticke ich heute – die eigene Psycho-Logik besser verstehen

2.1 Was wir über Autoritäten abgespeichert haben, wirkt sich heute auf unser Denken, Fühlen und Handeln aus

2.2 Der Einfluss der senkrechten Leiter

Unser Kardinalfehler: Bedingungen, die wir an uns selbst stellen

Bei heftigen Gefühlen »muss-turbieren« wir

2.3 Warum wir manchmal ein Chamäleon, Adler, Löwe oder eine Schildkröte sind

2.4

DER LÖWE

 – Idealist und Visionär

Schwierige, negative Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Angenehme, positive Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Im Umgang mit Autoritäten …

Typische Handlungsmuster

Die Trigger des Löwen

Sein Automatismus

2.5

DAS CHAMÄLEON

 – Sonnenschein und Everybody’s Darling

Schwierige, negative Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Angenehme, positive Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Im Umgang mit Autoritäten …

Typische Handlungsmuster

Die Trigger des Chamäleons

Sein Automatismus

2.6

DIE SCHILDKRÖTE

 – Stress-Ausgleicher und Ästhet

Schwierige, negative Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Angenehme, positive Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Im Umgang mit Autoritäten …

Typische Handlungsmuster

Die Trigger der Schildkröte

Ihr Automatismus

2.7

DER ADLER

 – Pragmatiker und Selbststarter

Schwierige, negative Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Angenehme, positive Tendenzen/Aspekte/Eigenschaften

Im Umgang mit Autoritäten …

Typische Handlungsmuster

Die Trigger des Adlers

Sein Automatismus

2.8 Der Auslöseknopf – Alles beginnt mit einem Reiz, der uns reizt

3. Die Macht-Wippe

3.1 Wer wippt hier eigentlich? – Es sind unsere Minderwertigkeitsgefühle!

Wir entmutigen uns durch Bedingungen und Erwartungen

Sie landen nur mit Menschen auf der Wippe, bei denen die Leiter auch senkrecht steht!

3.2 Die sechs Positionen der Macht-Wippe

3.3 Das Wippen mit anderen beginnt im Kopf, manches Mal bleibt es dort auch

3.4 Die Rolle der anderen

3.5 Auf der Macht-Wippe packen wir »altbewährte« Strategien aus

4. Neu denken, neu fühlen, neu handeln – Bessere Strategien als das Wippen um die Macht

4.1 Warum Sie

JA

sagen sollten zu Konflikten, vor allem zu Autoritätskonflikten

Wir haben immer eine Wahl! – Und jede Wahl hat einen Preis und einen Gewinn

Mut ist der Maßstab, wie aktiv Sie Ihr Leben gestalten möchten

4.2 So bringen Sie sich von der Ohnmacht in die Eigen-Macht

Nehmen Sie unangenehme Gefühle wahr – ohne sich mitreißen zu lassen

Überschreiben Sie ungünstige »Ich-bin …«-Dateien neu

Werden Sie sich bewusst, worauf Sie die Aufmerksamkeit richten

4.3 Was. Kann. Ich. Jetzt. Dafür. Tun? – eine neue, bessere Strategie

1. Was geht hier gerade ab und wie geht es mir damit?

2. Was wird bei mir getriggert, worum geht es wirklich + was ist mein Ziel?

3. Aus der Perspektive des anderen sehen, hören, fühlen

4. Kack- oder Rosenbotschaft? – Ich entscheide!

4.4 Was mache ich, wenn ich mit jemandem schon länger wippe?

4.5 »In was für einer Welt will ich leben?«

Übersicht der Selbst-Checks

Buchtipps

1.Was den Umgang mit Autoritäten prägt

Autoritätsprobleme beginnen bei der Geburt. Hier haben wir zum allerersten Mal Kontakt mit Autoritäten, mit Erwachsenen, die uns in jeder Hinsicht haushoch überlegen sind. Diese sind groß, sie können sprechen, laufen, selber essen und vieles mehr. Wir sind klein, können außer schreien, strampeln und Grimassen schneiden nicht viel tun. Wir sind gezwungen, liegen zu bleiben, so wie die Großen uns hingelegt haben. Wir sind absolut abhängig vom Goodwill der Autoritäten der ersten Stunde. Wir spüren intuitiv, dass wir die Erwachsenen brauchen, um zu überleben. Wie lösen wir dieses Dilemma? Wir treten in Beziehung mit diesen ersten Autoritäten, nehmen von Anfang an Kontakt auf mit den Menschen, die uns auf dieser Welt empfangen haben. Doch da gibt es noch etwas, was wir von den Erwachsenen wollen. Sie sollen unsere vier Ursehnsüchte erfüllen, unsere Grundbedürfnisse, damit wir uns körperlich und seelisch gesund entwickeln können:

Sicherheit und Liebe. Das Bedürfnis dazuzugehören, mich mit anderen verbunden zu fühlen, wertgeschätzt und fair behandelt zu werden, mich geborgen und sicher zu fühlen.

Selbstwirksamkeit. Das Gefühl, wichtig zu sein für andere, Einfluss zu nehmen, Beiträge zu leisten, meine Talente und Fähigkeiten immer besser nutzen zu können, meine Welt mit allem, was dazugehört, gestalten zu können.

Gesehen und gehört zu werden. Das Bedürfnis, dass ich wahr- und ernst genommen werde, dass ich einzigartig bin, dass meine Stimme etwas zählt, dass ich für andere Bedeutung habe, einen Unterschied mache.

Ermutigung. Das Bedürfnis, dass andere an mich glauben. Dass ich mit den Dingen fertig werde – komme, was wolle. Zuspruch und Motivation, etwas auszuprobieren, dass ich »es schon schaffen werde«, lernen und mir Hilfe holen kann.

Bereits als Kind entwickeln wir Strategien, um diese Grundbedürfnisse erfüllt zu bekommen. Wie treten Babys in Kontakt mit ihren Autoritäten? Nun, sie versuchen von Stunde null an, alles, was sie sehen, hören, riechen, schmecken und körperlich fühlen können, irgendwie einzusortieren. In der Regel sind wir hellwach, weil alles ja neu und unbekannt ist. Wie fühlt sich Holz, Haut, Haar an, welches Gesicht sehe ich, welche Stimme höre ich, wenn ich gefüttert oder gewickelt werde? Wir nutzen alle uns zur Verfügung stehenden Sinne, achten penibel auf die Rückmeldung der Erwachsenen auf unser Schreien, Strampeln, Lächeln. Dabei beschäftigen uns vor allem zwei Fragen:

Womit bin ich erfolgreich? … im Sinne von: Meine Lage ist angenehmer, schöner als vorher.

Wodurch verschlechtert sich meine Lage? … im Sinne von: Wann fühlt es sich unangenehmerer als vorher an?

Wir sortieren, filtern alles nach diesem Prinzip, behalten bei, was aus unserer subjektiven Sicht angenehm, lustvoll, schön ist. Was dauerhaft unangenehm, unlustig, unschön ist, werden wir über kurz oder lang fallen lassen. So gestalten wir von Beginn an unser Leben nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum in der Interaktion mit den Autoritäten der frühen Kindheit. Und ich behaupte, dass wir diese Ziele heute noch verfolgen, dass diese Sehnsüchte hinter unseren Autoritätsproblemen und -konflikten liegen. Doch was haben bitte schön diese vier Ursehnsüchte mit Autoritätsproblemen zu tun? Immerhin sind wir aus dem Baby- und Kleinkindalter doch raus, oder?

Ja, wir sind erwachsen, doch wir haben im zarten Alter von 0–5 Jahren aus dem, was uns begegnet ist, sehr individuelle Rückschlüsse gezogen, haben vielfältige Strategien entwickelt, mit denen wir als Kind erfolgreich waren, oder zumindest glaubten, erfolgreich zu sein, das zu bekommen, was wir suchten. Damit ein Schuh draus wird, stelle ich Ihnen nun die Kehrseiten der vier zentralen, menschlichen Bedürfnisse vor, und ich bin sicher, sie kennen Menschen, die aktuell genau diese Gefühle bei Ihnen auslösen.

Abgelehnt und zurückgewiesen werden. Als Baby wäre das unser Todesurteil. Deshalb suchen wir den Kontakt, sind darauf bedacht, dass die Erwachsenen uns das Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln. Ist das nicht der Fall, tauchen Angst, Stress, Panik auf. Das gilt auch später noch. Wenn wir unsicher sind, ob wir einen Platz in der Familie, in der Partnerschaft, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, im Chor oder Verein haben, dann fühlt sich das nicht gut an.

Ohnmächtig und abhängig von anderen sein. Egal, ob Baby, Kleinkind, Schulkind, wir sind immer in Interaktion mit Autoritäten. Wir machen uns bemerkbar, schreien, wenn wir Hunger haben, strampeln, wenn wir hoch- oder runterwollen, drücken unser Nein, unseren Widerstand sehr klar und eindeutig aus. Idealerweise reagieren die Erwachsenen um uns herum entsprechend, verstehen unser dahinter liegendes Bedürfnis und versuchen es in Einklang mit den eigenen zu bringen. Doch das gelingt nicht immer. Starker Frust und Angst entstehen, wenn Menschen das Gefühl haben, sie können an ihrer Situation selbst nichts ändern. Fremdbestimmt zu sein, jemandem (oder etwas) auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein, führt oft zu Resignation, Passivität und damit zu einer Art Opferhaltung. Es scheint keine Perspektive zu geben, selbst meine Lage zu verbessern, meinen Weg zu machen, weil andere Menschen oder Umstände es nicht zulassen.

Unterzugehen, »nichts zu gelten«. Hatten Sie als Kind den Eindruck, dass Ihre Meinung gehört, ernst und wichtig genommen wurde? Nahmen die Erwachsenen Rücksicht auf Ihre Gefühle, oder hörten Sie öfter mal Sätze im Sinne von: »Stell dich nicht so an!« Oder: »Jetzt nimm dich mal nicht zu wichtig!« Solche Rückmeldungen hinterlassen Spuren in der Kinderseele, vor allem, wenn sie immer wiederkehren. Werden uns dann später unsere Gefühle abgesprochen oder sollten wir nicht fühlen, was wir fühlen, dann fühlen wir uns verletzt und im wahrsten Wortsinne missachtet. Einige von uns macht das megazornig, andere geben vorschnell auf, weil sie das ja bereits kennen, dieses Nicht-ernst-genommen-Werden. Auch hier bleiben wir, wie damals, mit unserem Zorn, dem sich Verletzt-und-missverstanden-Fühlen, allein. Wir spüren auch später, dass es unfair ist, weil wir doch ein Recht auf unsere Meinung haben, doch irgendwie kommen wir da nicht raus. Das passiert einfach immer wieder.

Als unfähig und inkompetent hingestellt werden. Fast jedes Kind sagt in den ersten Jahren Sätze wie diese: »Ich kann das schon. Ich schaff das schon allein, ohne Hilfe.« Sie wollen zeigen, dass sie schon ganz schön groß und vor allem fähig und kompetent sind. Waren die Erwachsenen stolz auf sie, zeigten sie Freude über ihre Fortschritte, dann war das der beste Ansporn, der größte Motivator zum Weitermachen. Doch was ist, wenn Kinder in den ersten Lebensjahren von Erwachsenen die Botschaft bekommen, dass sie dumm, faul, aggressiv, ein Nichtsnutz sind oder dass alles, was sie machen, fehlerhaft oder nicht gut genug ist? Damit säen Erwachsene Selbstzweifel beim Kind, es verliert den Mut, den Glauben an die eigene Kraft und gibt vorschnell auf.

Auch heute noch wollen wir in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen eine positive Rückmeldung in Form von Lob und Anerkennung bekommen. Wir sind frustriert, werden ärgerlich bis wütend, wenn das nicht der Fall ist, noch schlimmer wird es für uns, wenn jemand uns als unfähig hinstellt oder nur auf unsere Fehler und Schwächen schaut. Meckern, nörgeln, rumschimpfen, seine Unzufriedenheit lautstark zeigen sind Gift in jeder Beziehung. Das mag keiner, und doch passiert es im privaten und im beruflichen Kontext täglich. Manche igeln sich dann ein, wirken verbissen und sehr zurückhaltend in Kontakten. Andere schlagen zurück, indem sie ebenfalls aggressiv, lautstark und feindselig reagieren.

Im Laufe der Jahre haben wir viele Strategien und Verhaltensmöglichkeiten entwickelt, wie wir für uns angenehme Situationen schaffen und die unangenehmen nach Möglichkeit vermeiden können. Wir checken immer noch die Lage, scannen unser Gegenüber ab und entscheiden uns dann für eine Verhaltensweise, die geeignet erscheint, das Ziel zu erreichen. Nun sind wir zwar erwachsen, und dennoch reagieren wir kindlich, sprich mit den Strategien, die wir damals entwickelt haben. Bei Autoritätsproblemen funktioniert unsere bisher erfolgreiche Strategie plötzlich nicht mehr. Oder wir erleben starke Gefühle von Angst, Panik, Wut, Ärger, Zorn, Traurigkeit, Hilflosigkeit oder Ohnmacht und fühlen uns diesen Gefühlen hilflos ausgeliefert. Diese unangenehmen Gefühle kommen uns irgendwie zwar vertraut vor, doch sie sind unliebsame Gäste, die wir gerne so schnell wie möglich loswerden wollen.

Und dennoch sage ich: Autoritätsprobleme sind gut für die persönliche Weiterentwicklung. Wir können daran wachsen. Das ist eine Form von Selbsterziehung – beziehungsweise »Selbstmanagement« –, die nie enden wird. Und ich habe bereits an dieser Stelle noch eine besonders gute Nachricht: Wie Sie in den folgenden Kapiteln sehen werden, können Sie genau die Menschen, die Ihnen im beruflichen oder privaten Umfeld Probleme bereiten, als Sprungbrett für die persönliche Weiterentwicklung nutzen! Denn das Verhalten, das aktuell so heftige Gefühle in Ihnen auslöst, ist das Salz, das Ihr Gegenüber in die nur schlecht verheilte Wunde aus Kindertagen streut. Nutzen Sie den ausgelösten Schmerz und finden Sie neue und effektive Wege, damit umzugehen.

Um zu verstehen, was aktuell wirkt und damit Ihr Verhältnis mit Autoritäten prägt, lade ich Sie deshalb ein, gemeinsam mit mir in den Bildern Ihrer Kindheit und Jugendzeit zu blättern. Als Psychologin kenne ich es nur zu gut, dass Klienten beim Satz »Gehen Sie gedanklich mal zurück in die Zeit von Kindergarten, Grundschule oder Pubertät« erst einmal tief Luft holen, beim Ausatmen entsteht ein tiefes Seufzen oder Stöhnen. Allein die Aufforderung, in die Kindheit zu gehen, löst körperliche Reaktionen aus. Einige sacken richtig in sich zusammen, senken den Kopf, blicken auf den Boden, lassen die Arme hängen, andere blicken geradeaus ins Leere, atmen tief ein und halten den Atem im Brustkorb fest, verspannen sich. Sofern das bei Ihnen auch gerade so ist, vertrauen Sie mir bitte: Wenn wir den Schwierigkeiten, die Sie mit Autoritäten haben, auf den Grund gehen wollen, brauchen wir dazu den Blick in Ihre Vergangenheit. Das machen wir mit einer offenen, neugierigen und interessierten Einstellung. Sie werden erleben, dass die Rückschau ganz schön spannend wird, denn wir gucken speziell hin – und holen dabei auch positive, schöne Erinnerungen und »Ahas!« hervor.

1.1 Autoritätsprobleme lauern überall und haben viele Gesichter

Oft denkt man bei Autoritätsproblemen an den alten Spruch »Der Ober sticht den Unter« – jemand sitzt am längeren Hebel oder verhält sich so, und durch diese Schieflage ziehe ich den Kürzeren. Doch das wäre zu kurz gedacht! Tatsächlich manifestieren sich Autoritätsprobleme auf vielfältige Weise, und es kann gut sein, dass Sie gleich staunend reagieren werden, weil Sie merken: »Oha, das kenne ich nur zu gut, mir war bislang nicht klar, dass das was mit Autorität zu tun hat.«

Schauen wir uns vier Lebensbereiche an, in denen wir mit Menschen in Kontakt stehen. Kreuzen Sie direkt an: In welchem Bereich sind Ihre Autoritätsprobleme angesiedelt?

im beruflichen Umfeld

Auch wenn im Moment viele Unternehmen agil unterwegs sind, von flachen Hierarchien die Rede ist und alle sich duzen: Die Rollen »Chef, Mitarbeiter, Teamleiter, Abteilungsleiter, Kollege, Azubi und Aushilfe« sind ganz klar mit Rechten und Vorrechten, mit Pflichten und Anforderungen verbunden. Wer in der Hierarchie weiter oben steht, hat mehr zu sagen, da er oder sie Entscheidungen mit größerer Tragweite zu treffen hat. Autoritätsprobleme entstehen dann, wenn die Autorität ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen im Betrieb nicht gerecht wird. Wenn Entscheidungen über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg getroffen und diese vor Tatsachen gestellt werden im Sinne von: Das ist ab jetzt so. Probleme tauchen auch auf, wenn Absprachen, Vereinbarungen nicht eingehalten oder einseitig aufgekündigt werden. Das triggert unser Gespür von Fairness und Gerechtigkeit. Vergessen Sie dabei bitte nicht die Kunden oder Lieferanten, mit denen Sie es zu tun haben!

Empfindlich reagieren wir zudem, wenn wir das Gefühl haben, nicht respektiert und wertgeschätzt zu werden. Wir sind erwachsen, kein Kind mehr, wollen der Autorität auf Augenhöhe begegnen. In uns melden sich Gefühle von Ärger, Wut, Zorn, wann immer uns eine Von-oben-herab-Behandlung begegnet. Am Arbeitsplatz sorgen zudem die weit verbreiteten »Der-oder-die-anderen-sind-schuld«- oder »Nur-perfekt-ist-gut-genug«-Spiele für Autoritätsprobleme zwischen Kollegen und Chefs. Auch der Kampf der Geschlechter, das Mann-Frau-Thema ist in der beruflichen Welt immer noch nicht vom Tisch, da Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer bei gleicher Leistung. Trotz mehr Bewusstsein, Fortschritt und Frauenquoten haben es Frauen noch immer schwerer als Männer, in Führungspositionen zu kommen. Ganz zu schweigen von den Etiketten (»karrieregeil«, »Panzerfrau«), die ihnen auf dem Weg nach oben angehängt werden.

in der Partnerschaft

Als Paarberaterin erlebe ich hier ständig den Streit um die Macht. Wer setzt sich durch bei der Frage, was am Wochenende unternommen wird, wer bei der Urlaubsplanung, größeren Anschaffungen wie Auto-, Haus- oder Wohnungskauf? Auch die Aufgabenverteilung im Haushalt ist immer wieder Anlass für Streit und Kampf. Es lässt sich wochen- und monatelang streiten, wer die Wäsche wäscht, den Müll wegbringt, die Einkäufe erledigt, das Essen kocht, die Wohnung putzt, ganz zu schweigen vom Thema »Geld ausgeben«. Hier sitzt immer der am längeren Hebel, der das Geld verdient, mehr aufs Konto einzahlt als der andere Partnerteil. Das Bedürfnis nach Fairness und Gerechtigkeit spielt eine große Rolle, nicht nur bei Trennung oder Scheidung. Geld ist ein Machtmittel: Wer mehr davon hat, hat mehr Macht, kann den anderen leicht in eine unterlegene Position bringen (beziehungsweise der andere fühlt sich so).

Ein weiterer Konfliktherd in Paarbeziehungen ist das Thema Nähe und Distanz. In der Regel will einer von beiden mehr Nähe und Verbindung, dem anderen ist dieser Anspruch zu viel, er oder sie braucht mehr Abstand, Distanz und Freiraum. Paare sind oft erstaunt, wenn ich sage, dass sie ein klassisches Autoritätsproblem in ihrer Paarbeziehung haben, das sie beide bereits aus Kindheitstagen kennen. Ich kann sie allerdings schnell beruhigen, da alle Menschen unterschiedliche Grade beim Bedürfnis nach Nähe und Kontakt haben. Es geht im Hier und Jetzt nur um die bei diesem Partner nicht funktionierenden Strategien, die sie aus der Kindheit ins Erwachsenenleben mitgezogen haben.

zwischen Eltern und Kindern

Gleich kommen wir zu Ihrer Herkunftsfamilie, denn natürlich gibt es zwischen uns und den eigenen Eltern durchaus auch heute noch Autoritätsthemen. Viele von uns sind mittlerweile selbst Mutter oder Vater geworden. Es hört sich krass an, doch Machtkämpfe und Rachekreisläufe kommen in so gut wie allen Familien vor. Kein Wunder! Der Alltag mit Kindern besteht aus Grenzen, Regeln und menschlichen Unterschieden. Und aus unseren Überzeugungen, wie die Eltern-Kind-Beziehung, wie man als Familie sein sollte. So manche Eltern leben das »Erwachsene haben immer recht« standardmäßig aus, weil sie es selbst so gelernt haben: Sie geben die Regeln an und sagen, was getan wird. Es ist gut, das zu hinterfragen und zu bemerken, was genau sich hier durch die eigene Erziehung verfestigt hat.

In den letzten Jahrzehnten hat sich in puncto Kindererziehung enorm viel getan. Eltern, die zu mir kommen, wollen es oft besser machen als ihre Eltern und leiden sehr darunter, wenn sie zu streng sind, ihr Kind anschreien, zur Strafe ins Zimmer schicken, oder, noch schlimmer, wenn ihnen die Hand ausrutscht. Worte wie: »Ich hör mich an wie meine Mutter«, oder: »Ich wollte nie so handeln wie mein Vater«, höre ich häufig und bin jedes Mal froh, wenn Eltern sich auf den Weg machen, neue, konkrete Handlungsstrategien in ihr bisheriges Erziehungsköfferchen einzubauen. Sie nehmen die erwachsene Rolle dann ein, heißt, sie übernehmen ihren Teil der Verantwortung beim nächsten Machtkampf oder Rachezyklus. Es soll zukünftig nicht mehr um Siegen oder Verlieren gehen.

im Alltag – Freunde – Freizeit

Wir gehen einkaufen, haben Nachbarn, interagieren auf vielfältige Weise mit anderen Menschen. Mal sind die Begegnungen flüchtig, mal kontinuierlich. Mal bedeuten uns die Menschen mehr, mal weniger. Teilweise gibt es Abhängigkeiten, die wir nicht mal eben ändern können (etwa den Vermieter, den zugeteilten Sachbearbeiter bei der Finanz-, Renten- oder Krankenkasse).

Was wir in unserer Freizeit machen, bestimmen wir in der Regel selbst. Wir gehen ins Fitnessstudio, sind Mitglied in einem Chor, engagieren uns in der Politik oder in einem Verein. Doch auch hier treffen wir manchmal auf Menschen, die glauben, der Boss zu sein, die einfach bestimmen und sagen, wo es lang geht. Wenn es uns zu bunt wird, können wir gehen, doch was ist dann mit den anderen, die nicht so sind wie dieser oder diese eine?

Sogar im Freundeskreis lauern Autoritätsprobleme. Denken Sie nur mal an die Grundbedürfnisse wie »gesehen, gehört und ernst genommen werden«. Wie oft gibt es hier unter Freunden Defizite, weil einer nur an sich selbst interessiert scheint. Oder was ist mit dem Klassiker »Immer muss ich mich melden!« Dazu kommt: Wir legen in der Regel hohe Maßstäbe an, wenn es um Freundschaft geht. Wir wollen uns auf Augenhöhe begegnen, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit spielen hier eine wichtige Rolle. Werden wir von diesen Menschen enttäuscht, missverstanden, im Stich oder fallen gelassen, tut das besonders weh. Nicht selten brechen wir dann den Kontakt ab, weil wir uns hilflos, unterlegen und ohnmächtig fühlen.

Es ist mir sehr wichtig, dass Sie Ihren Radar für Autoritätsprobleme erweitern: Dabei geht es nicht speziell um autoritär auftretende Personen, sondern es geht um Ihr eigenes Gefühl und das sich daraus ergebende Verhalten (zu dem wir in den nächsten beiden Kapiteln kommen).

Es gibt die Autoritätsprobleme gegenüber Personen oder Personengruppen, mit denen wir »aus Prinzip« nicht klarkommen: Weil wir denken, sie halten sich für was Besseres. Weil ihre Ansichten nicht unserem Weltbild, unserer Überzeugung entsprechen. Weil wir sie aufgrund ihres beruflichen oder gesellschaftlichen Status ablehnen. Oder auch, weil wir selbst uns im Beisein dieser Personen kleiner, minderwertiger, nicht gewachsen fühlen. Hier wird bereits klar, dass so manches Problem mit Autoritäten nur mit uns selbst zu tun hat.

Es gibt Autoritätsprobleme, die durch ein bestimmtes Auftreten geprägt sind: Wie jemand mit uns spricht, eine mitschwingende Erwartungshaltung, dass wir etwas tun oder auf eine bestimmte Weise tun sollen. Hier wird gerne projiziert, das heißt, dass das Gegenüber in uns Erinnerungen an eine Autorität aus unserer Vergangenheit triggert: Jemand spricht genauso wie der dominante Vater, jemand verhält sich im Gespräch distanzlos … Mitunter merkt man sogar selbst, dass eine innere Jalousie runtergeht, man sich scheinbar »ohne Grund« ablehnend oder patzig verhält.

Vielleicht haben Sie beim Durchdenken der vier Lebensbereiche sogar gemerkt, dass Ihr eigenes Verhalten gegenüber anderen ein Autoritätsproblem darstellt. Bevor wir uns die Konsequenzen daraus näher ansehen, gehen wir an die Wurzel.

1.2 Wie Autoritätsprobleme entstehen

Es ist so weit, wir schauen systematisch zurück in Ihre Vergangenheit! – Als Baby haben wir bereits Strategien entwickelt, um auf unsere Grundbedürfnisse aufmerksam zu machen. Unsere Kinder- und Jugendjahre sind vor allem deshalb so enorm prägend, weil wir auf eine bestimmte Weise erzogen werden und natürlich aufmerksam beobachten, was uns vorgelebt wird. So entwickeln wir unser Selbstbild, bauen kontinuierlich neue Strategien in unser Verhaltensrepertoire ein, ziehen bewusste und unbewusste Rückschlüsse aus dem, was uns serviert wird, und bilden uns im Laufe der Zeit eine eigene Meinung.

Dabei spielen ganz spezifische Menschen jeweils eine große Rolle, durchaus auch im Positiven. Es ist sehr wichtig, dass Sie die guten Einflussnehmer ebenfalls wahrnehmen, denn diese Menschen und Beziehungen haben Sie gestärkt: Sie bilden einen Gegenpol, haben Verhaltensweisen und Fähigkeiten in Ihnen entfacht, die bis heute nachwirken, und helfen, im Leben gut zurechtzukommen. Ich betone das, weil wir oft bei Problemen nur auf das schauen, was nicht funktioniert. Oder der anderen Person grollen, weil sie etwas Bestimmtes »mit uns macht«.

Nun kehren wir den Spieß um: Sie haben die Macht der Veränderung. Darum zücken Sie bitte Block und Stift! Ich stelle Ihnen gleich ein paar Fragen, mit denen Sie sehr viel Klarheit darüber bekommen, welche Personen und Gegebenheiten dazu beigetragen haben, dass Sie heute auf Autoritäten auf eine bestimmte Weise reagieren. Es geht dabei nicht darum, Sündenböcke zu finden, sondern es geht ums Verstehen: »Aha, so war das also. Darum wirkt sich das soundso aus.« Mit unserem Erwachsenenblick erkennen wir zudem sehr viel mehr, als es uns als kleines Kind oder Jugendlicher möglich war.

Auf www.beziehungspunkte.de/machtwippe können Sie Fragen und Übungen im PDF-Format herunterladen.

Die Herkunftsfamilie

Zunächst geht’s zurück in die Herkunftsfamilie – zu den engsten Menschen, mit denen wir aufwachsen, mit denen wir am meisten Zeit verbringen und die am meisten Bedeutung für uns haben:

Vater

Mutter

… unabhängig davon, ob es Ihre biologischen Eltern, Pflege- oder Adoptiveltern waren. Vielleicht gab es ein leibliches Elternteil mit Partner oder Partnerin?

Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie in einer »intakten« Familie groß geworden sind. Auch wenn ein Elternteil abwesend war, durch Trennung oder Tod, haben Sie Eindrücke dieser besonders wichtigen Menschen in Ihrem Leben gewonnen – oder es wurde Ihnen ein Bild vermittelt. Vielleicht ist jemand anderes in die Vater- oder Mutter-Rolle geschlüpft. Wenn Sie beispielsweise von Ihren Großeltern oder einer Tante aufgezogen worden sind, denken Sie bitte jetzt an diese, wenn ich von Vater und Mutter schreibe.

Übrigens: Es geht uns nicht um Etiketten wie »eine glückliche Kindheit« oder das Aufkochen unguter Erfahrungen, sondern es geht darum, einen etwas anderen Blick in die Vergangenheit zu richten, um Zusammenhänge fürs Heute zu verstehen. Dadurch gewinnen Sie wertvolle Aha-Effekte, die manchmal ein Problem zwar nicht lösen, doch den Knoten in der Beziehung sofort lockern.

Die Eltern: Vater, Mutter und ihre Beziehung untereinander

Wie lautet das Eigenschaftswort von Autorität? Wenn ich diese Frage stelle, höre ich so gut wie immer das Wort »autoritär«, doch die richtige Antwort wäre »autoritativ«. Als Erklärung ein kleiner Ausflug in die Pädagogik. Hier finden wir die Konzepte von autoritärer und antiautoritärer Erziehung. Der autoritäre Erziehungsstil stellt klare Forderungen, Richtlinien und Regeln auf. Widerspruch und Ungehorsam ziehen harte Strafmaßnahmen nach sich. Ein klassischer Satz lautete: »Solange du die Füße unter diesen Tisch streckst, wird gemacht, was ich sage.« Heute könnte man auch sagen: »Solange du dich in meinem WLAN einloggst …« In den 70er-Jahren kam als Gegenbewegung der antiautoritäre Erziehungsstil in die Kinderzimmer. Nun konnten die Kinder machen, was sie wollten, denn freie Entfaltung der Persönlichkeit und damit grenzenlose Freiheit waren oberstes Erziehungsziel. Der autoritative Erziehungsstil verbindet die Vorteile von autoritärer und antiautoritärer Erziehung. Er gibt Kindern die Sicherheit, dass Kontakt und Beziehung zu den Erwachsenen da ist; gleichzeitig haben sie genügend Freiraum, um sich altersgemäß erproben zu können.

Es wundert nicht, dass sich fast immer das Geburtsjahr bemerkbar macht, wenn es um die Eltern-Kind-Beziehung und den Erziehungsstil geht: Sind Sie älteren Jahrgangs, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Sie strenger erzogen worden sind. Besonders die Kriegsgeneration war oft sehr hart und unnachgiebig mit Kindern. Auch die Frauen- und Männerrollen unterschieden sich sehr von den heutigen, was sich natürlich auf die Familiendynamik extrem auswirkt. Auf Frauen- und Männerbilder kommen wir übrigens noch separat, denn auch das beeinflusst den Umgang mit Autoritäten.

Doch wir wollen nicht bei Erziehungsstilen hängen bleiben, interessanter ist es, die Beziehung zu Ihren Eltern und der Eltern zueinander näher zu charakterisieren.

Ich stelle Ihnen nun zehn Beziehungsqualitäten vor. Bitte versetzen Sie sich zurück in Ihre Kind- und Teenagerzeit! Maßgeblich ist, wie es früher war, nicht, wie es heute ist. Damit Sie sich individuell hineindenken können, empfehle ich Ihnen, drei Durchgänge zu machen: Schätzen Sie zunächst die Beziehungsqualität zu Ihrer Mutter ein – lesen Sie alle zehn Charakteristika durch und kreuzen Sie ALLES