Saat des Verderbens - Sabri Mussa - E-Book

Saat des Verderbens E-Book

Sabri Mussa

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Beschreibung

Nicola, den rastlos suchenden Abenteurer, können auch eine hinreissend schöne Frau und ihr gemeinsames Kind nicht an einem Ort festhalten. Doch als der Bergbauingenieur nach Ägypten kommt, findet er zum erstenmal in seinem Leben eine Heimat. Er entwickelt ein leidenschaftliches Verhältnis zur Wüste und ihren Bewohnern, den Bega-Beduinen, denen die Berge heilig sind. Im Mittelpunkt seiner Faszination steht das Massiv des Darhîb, der wie eine Mondsichel vom Himmel gefallen scheint. Der mächtige Berg mit seinem reichen Talkvorkommen wird zum Ziel seiner kühnsten Träume und seiner brennenden Begierde. Der Abbau der Bodenschätze und die damit einhergehende industrielle Entwicklung der Wüstenregion bedeuten allerdings auch Ausbeutung und Zerstörung der Natur durch den Menschen - und letztlich die Selbstzerstörung des Menschen. Auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft verfällt der geniale Ingenieur einem tödlichen Wahn. Sabri Mussa hat mit seinem Roman 'Saat des Verderbens', in dem sich Reales und Symbolhaftes kunstvoll vermischen, einen arabischen Bestseller geschrieben, der literarisch eine neue Welt erschliesst: die Arabische Wüste, das altägyptische Land Kusch zwischen Nil und Rotem Meer.

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Seitenzahl: 279

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Der Autor

Sabri Mussa wurde 1932 in Damiette (Ägypten) geboren. Nach dem Studium der schönen Künste schrieb er als Journalist für verschiedene Zeitschriften in Kairo und Bagdad. 1958 brachte er einen Erzählband heraus. Sein erster Roman, Affäre halber Meter, erschien 1962. Der grosse Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm 1973 mit Saat des Verderbens. Das Buch wurde von den Kritikern als Meilenstein der modernen arabischen Literatur gelobt und zählt auch heute noch zu den besten zeitgenössischen arabischen Romanen. Das Werk des in Kairo lebenden Autors umfasst Romane, Erzählungen, Essays sowie Drehbücher.

Die Übersetzerin

Regina Karachouli, geboren 1941 in Zwickau. Studium der Arabistik und Kulturwissenschaften in Leipzig. Promotion über Dramatik und Theater in Syrien. Von 1975 bis 2002 Lehr- und Forschungstätigkeit am Orientalischen Institut der Universität Leipzig. Übersetzerin literarischer Werke aus dem Arabischen (u.

Titel der arabischen Originalausgabe:

Fasâd al-amkina

Copyright © 1973 by Sabri Mussa, Kairo

Die deutsche Erstausgabe erschien 1991

unter dem Titel Wüstenwölfe.

E-Book-Ausgabe 2016

Copyright © der deutschen Übersetzung

2003 by Lenos Verlag, Basel

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

Coverfoto: Berny Sèbe

ISBN 978 3 85787 588 5

www.lenos.ch

Saat des Verderbens

Hört mir gut zu, meine Lieben, und bedenkt, was ich sage. Heute bin ich euer Gastgeber auf einem königlichen Bankett. Speisen vom Berg werde ich euch vorsetzen, wie kein Städter sie kennt. Dazu will ich meine schwache Zunge bewegen und euch die Geschichte vom armen Nicola erzählen, jenem Greis, den seine Mutter nach einem alten Heiligen genannt hat, vor langer Zeit, als sie ihn in einer Ortschaft zur Welt brachte, an die er sich jetzt nicht mehr erinnern kann. Sein Unglück war, dass er zuviel staunte. Denn was auch immer vor seinen Augen geschah, es war ihm ganz neu, und er begegnete ihm mit solch kindlicher Liebe, dass er niemals aus Erfahrungen lernen konnte.

1Der Darhîb – fast eine Schlussszene

Nur ein Vogel könnte die Szenerie überblicken. Sehr hoch müsste er fliegen und bei seinem stolzen Kreisen achtgeben, dass er mit dem gefiederten Kopf nicht an einen Felsgipfel oder Vorsprung stiesse. Aus seiner Sicht würde der Darhîb wie eine Mondsichel von gewaltigem Ausmass erscheinen. Irgendwann einmal musste sie von ihrem Platz am Himmel herabgestürzt sein, nun liegt sie geborsten und versteinert auf der Erde. Mit mächtigen Sichelarmen umfängt sie fast das ganze vegetationslose Wadi. Statt Bäumen gibt es da nur Felsvorsprünge und Höhlungen, die von Winden und Erosionskräften über Jahrtausende geschaffen wurden.

Wenn dieser hoch oben kreisende Vogel sehr aufmerksam und scharf hinsähe, würde er vielleicht auch Nicola entdecken, Nicola den Greis, der den Namen eines Heiligen trägt. Er steht dort nackt unter der höllischen Augustsonne, inmitten einer schroffen Kulisse aus Basalt, Granit und anderen kalkigen Gesteinen, die sich bald zu Abgründen, bald zu Hügeln formieren. Er verharrt, wie er es beschlossen hat, auf den trügerischen, glitschigen Gipfeln, schwankt unsicher auf spitzen Kieselsteinen aus Asbest, scharfkantigen Marmorsplittern und zerbrochenen Muscheln, die seit Jahrmilliarden hier liegen. Der heimatlose Nicola ist nackt und einsam an das Kreuz dieser sengenden Leere geschlagen. Hin und wieder streift ihn der rauhe Wüstenwind, aber er kann auch nicht eine Handvoll davon zurückbehalten.

Das macht Nicola nun Tag für Tag.

Der Vogel, angenommen ein orientalischer Falke mit braunen Federn, gelben Krallen und gelbem Schnabel, könnte ihn jeden Tag zur selben Zeit an seinem imaginären, doch unentrinnbaren Kreuz vorfinden. Nur müsste er erst einmal bis hierher fliegen und über dem Darhîb kreisen, ein weiter Flug von Bir Schalatain und dem Abrakberg über die federweiss leuchtenden Gipfel der Berge von Surkat al-Naâm hinweg, hinunter zum Leichenschmaus im Wadi Gemâl, wo die Kamelstuten manchmal unter der Gewalt einer allzu heftigen Paarung verenden.

Aber nicht einmal Falken können aufsteigen, solange die Sonne im Zenit steht. So bleibt Nicola immer allein, wenn er das Strafritual an sich vollzieht. Nur der Himmel sieht ihm zu, betroffen und erschrocken über die furchtbaren Dinge, die Nicola getan hat und die er sich immer wieder ins Gedächtnis ruft.

Die Sonne ist auf ihrer gemächlichen Reise eben ein wenig vom senkrechten Stand gen Westen abgebogen. Die leere, vom Duft der Berge erfüllte Wüste breitet sich stolz unter ihr aus. Die roten Felsen strahlen Gluthitze aus, auch auf den schwarzen könnte man Brot backen. Da muss der arme Nicola einsehen, dass er die Strafe so nicht länger aushalten kann. Nackt stolpert er von den glitschigen Gipfeln hinunter zu seiner Zufluchtsstätte im Bauch des Darhîb. Dort will er das Ritual auf andere Art fortsetzen.

Im Innern des Darhîb ist überhaupt alles ganz anders.

Hier ist auf Schritt und Tritt zu spüren, dass Menschen am Werk gewesen sind. Am Innenbogen des Darhîb, da wo sein Gipfel zum Fuss hin abfällt, ungefähr in der Mitte, ist der Boden glatt und eben. Erst kommt ein Halbkreis, dort stehen die Holzhäuser und Aborte. Dann erscheint die glatte Kreisebene wie eingedrückt und bildet einen freien Platz vor den drei Behausungen. Holzreste und kaputtes Werkzeug liegen verstreut herum. Auch schwarze Öllachen. Leere Fässer. Vom Vorplatz geht ein schmaler Pfad ab, steigt zunächst bergan und senkt sich dann allmählich in die Felsen hinein, tiefer und tiefer, bis er zu einem ausgehauenen Tunnel wird, der zum Himmel hin offensteht. Nun tritt man an den Schlund des Darhîb, die Pforte, die zu seinen Schätzen und Edelsteinen führt.

Doch die Schätze und Edelsteine liegen verlassen, seit die Leute ihre Habseligkeiten gepackt haben und vom Darhîb fortgezogen sind. Niemand klettert jetzt mehr ins Innere hinab als der einsame Nicola. Hier unten gibt es lange Wege und Gänge, Kammern zu beiden Seiten, Plätze. Tausend Meter tief unter dem verwunschenen Eingang, über Dutzende Kilometer ziehen sich die Tunnel hin. Sie sind mit Eisenschienen verlegt, über die einst Förderwagen voller Abraum oder Rohstoff gerollt waren. Das alles hatte Nicola mit Sachverstand projektiert und geplant.

Im Laufe der Jahre hat Nicola viele tausend Male hier unten, im Bauch des Darhîb, gestanden.

In den heissen Stollen und den kalten, den weissen, tiefgrün abgedunkelten Höhlen, in frostiger Kühle, wo ihn die Spitzen der wächsernen Talkstrukturen wie gezückte Säbel umgaben, stand der gute Nicola damals und plante für seine Männer die Gangstrecken durch den Leib des mächtigen Darhîb. Selbst das Herz des Berges hatte er sie mit ihren groben Händen berühren lassen. Und trotzdem sind sie fortgegangen und haben alles zurückgelassen, was ihnen zu schwer zum Tragen war. In ihrer Vermessenheit bildeten sie sich sogar ein, auch Nicola mitnehmen zu können.

Nicola spuckt den Wüstensand aus, den ihm der Wind in den Mund geweht hat. Er versucht, den trockenen Gaumen mit der trockenen Zunge anzufeuchten. In gebrochenem Akzent brummelt er einen arabischen Fluch, als er sich auf dem verlassenen, wüsten Platz vor den Häusern umsieht. Was war hier für ein Leben und Treiben gewesen! Was hatten sie hier gearbeitet und gegessen, Karten gespielt und grölend oder lamentierend getrunken!

Alle hatten doch ihr Bestes, ihr Letztes, aus sich herausgeholt und hatten es dem Staub und den Felsen des Berges geopfert. Wie konnten sie nur so dumm sein, einfach fortzuziehen und ihr wahres Wesen aufzugeben! Aber das lag wohl in der Natur der Dinge. Viele waren es, die kamen, viele, die wieder gingen. Immer haben sie ihr wahres Wesen verraten. Nicola war stets mit dem Darhîb allein zurückgeblieben.

»Geflohen sind sie. Alle sind sie abgehauen, desertiert!« Wütend stösst es Nicola hervor. Dann wird seine Stimme wieder ruhiger, der Ton milder, als ob er sie wegen ihrer Flucht und ihrer Feigheit bemitleidete, als ob er sicher wüsste, dass er sowieso mehr Leid ertragen könne als sie. Letzten Endes waren sie ja frei und ungebunden. Es gab keine Schuld, die sie an diesem Ort festhielt, kein Verbrechen, das sie band. Schliesslich hatte keiner von denen die eigene Tochter in einer Abraumhalle, auf einem Kissen aus Stein, beschlafen, hatte ein Kind mit ihr gezeugt und es ihr später gestohlen, während sie schlief, um es den Wölfen und Hyänen zum Frass vorzuwerfen.

Keiner von denen hatte seine Tochter in dunkle Stollen geführt, durch heisse und kalte Korridore getrieben, sie vor sich hergestossen wie zu einer Hinrichtung, dorthin, wo die belebten Gänge in jene stillgelegten Stollen mündeten, die seit Hunderten von Jahren keines Menschen Fuss mehr betreten hatte. Keiner, der sie für immer dort gelassen hätte, nachdem sie durch einen tückischen Einsturz in einer Höhle eingeschlossen wurde.

Ilia hatte aufgeschrien, als sie sah, dass der Felsbrocken den Eingang verschloss und sie in der Höhle gefangensetzte. Mit ihren gepflegten, lackierten Fingernägeln begann sie an dem Felsgestein in ihrem finsteren Kerker herumzukratzen, während ihr Schrei draussen weiter durch die Stollen lief und darin widerhallte. Sogar dann noch, als ihr der aufgewirbelte Staub die Kehle zuschnürte, als sie von den Steinen abliess und sich mit den schönen Fingern in den Mund fuhr, bis ihre Bewegungen schliesslich erstarben, sogar da hallte dieser Schrei wider und wider, und Nicola vernahm ihn, während er entsetzt durch die Stollen davonstürzte. Der Schrei schien ihn zu verfolgen, ihn ergreifen und zu Ilia zurückbringen zu wollen. Qual, Verzweiflung und Fassungslosigkeit schwangen in diesem Schmerzensschrei mit. Er schien ihn anzuklagen, ihn aufzufordern, dass er bei Ilia bliebe, schien ihn in eine Zauberwelt zu locken, die sie beide in diesen tauben Felsmassen erschaffen müssten, um gemeinsam darin zu leben, Seite an Seite, wie es von jeher war: Mann und Tochter, Mann und Mutter, Mann und innig geliebte Frau.

Wie hätten denn all diese Deserteure zu solchen Blutsbanden kommen sollen, die ihnen jede Flucht verboten?

Traurig senkt Nicola den Kopf. Mit seiner grossen, staubigen Hand wischt er sich den Schweiss ab, der über seinen nackten, staubbedeckten Körper strömt. Nun klebt ihm der Staub in allen Poren.

Die Sonne übergiesst den Platz vor den Holzhäusern mit Feuerschein. Staub und Sand leuchten auf wie glühende Asche, in der die Felsen am Hof verbrennen. Langsam schleppt sich Nicola zu seiner Behausung. Begleiten wir ihn, so sehen wir, dass sie nur aus einem einzigen Raum besteht. In der Ecke ist eins von diesen eisernen Betten aufgestellt, wie man sie gewöhnlich in Spitälern oder bei Bergleuten und Armeeoffizieren findet. Eine Menge unterschiedlicher Gesteinsproben und Werkzeug liegt in dem Zimmer herum, an den Holzwänden hängen Wüstenkarten. Alles deutet auf das harte, abgeschiedene Leben eines Bergbauingenieurs hin.

Nicola hat an diesem Tag noch keinen Bissen zu sich genommen. Es fällt ihm wieder ein, als er die Konservendosen mit Fisch auf dem Eisentisch liegen sieht. Angewidert presst er die Lippen zusammen und runzelt die Stirn. Er greift nach der Weinflasche, muss aber feststellen, dass sie leer ist. Gestern hat er sie schon einmal hergenommen und bemerkt, dass sie leer war. Etwas später würde er sie wieder betrachten, und sie wäre immer noch leer. Wie sollte denn auch Wein hineingekommen sein?

Der alte Nicola ist barfuss. Sein Körper, dem Ursprung nach europäisch, hat eine tiefe, natürliche Bräune angenommen, er ist weder dürr noch dick. Das dichte Haar ist weiss wie Baumwolle. Jetzt streckt er die Hand nach der Flasche mit dem roten Spiritus aus und kippt einen Schluck hinunter – wie Feuer brennt das. Er presst beide Arme gegen Brust und Bauch, um sich unter diesem Schmerz, den er nur zu gut kennt, nicht krümmen zu müssen. Gleich würde der Schmerz vergehen, eine selige Betäubung würde seinen wirren Verstand vollends einschläfern.

Nicola tritt an ein Schachbrett, das auf einem kleinen Holztisch steht. Er hebt den Tisch hoch und trägt ihn hinaus auf den Vorplatz. Auf dem Brett befinden sich ein paar Schachfiguren in den uralten Farben Rot und Schwarz. Sie stehen unverändert in den Positionen einer Partie, die Nicola vor zwei Tagen eröffnet hat. Er betrachtet sie, nackt darübergebeugt.

Der rote König wird vom schwarzen Wesir, der im Schutz seines Pferdes steht, offen angegriffen. Der schwarze König ist indirekt, allerdings tödlich, von beiden roten Türmen bedroht. Schwarz ist im Vorteil, Rot im Nachteil. Nicola fasst nach dem roten König und rettet ihn in die Deckung durch sein Pferd. Nun geht er um das Brett herum und nimmt den Angriff auf den roten König mit Hilfe des schwarzen Turms, gedeckt vom Wesir, wieder auf. Er hält inne und denkt nach. Dann zieht er den roten König hinter seinen zweiten Elefanten zurück. So greift Nicola an, geht um das Brett herum, um den Angriff auf der anderen Seite zu führen, und weicht ihm erneut aus. Das macht er nicht zu seinem Vergnügen oder um die Zeit herumzubringen. Nicola ist Spieler und zugleich Gegenspieler, ist Rot und Schwarz in einem.

Zwischen zwei Schachzügen geht Nicola in sein Holzhaus und trinkt noch einen Schluck Spiritus. Sich windend, kommt er wieder auf den Vorplatz heraus, um Angriff und Abwehr fortzusetzen, wie er es während seines Strafrituals beschlossen hat. Allerdings ist das Ergebnis ohnehin bekannt: Am Ende würde die Partie nur einen Verlierer haben. Nicolas Grösse besteht eben darin, dass er um dieses Ergebnis von vornherein weiss und das Spiel trotzdem weiterspielt.

Wie seltsam ist doch so ein Schachspiel. Die Figuren bewegen sich als die geschnitzten Abbilder sprechender und stummer Wesen in festen Abstufungen und Rangordnungen darüber hin. Der Schah ist der König. Pferd und Elefant sind seine Reittiere. Der Reiter ist sein Wesir, und der Roch, beziehungsweise Turm, bietet ihm Schutz und Zuflucht. Die Bauern aber sind seine Untertanen. Alle kommen sie aus ein und demselben Beutel, der Schah, der Reiter, der Bauer. Jeden von ihnen ereilt sein Schicksal gemäss seiner Bestimmung und Fähigkeit. Und Nicolas Bestimmung war es zu scheitern. So ergibt er sich am imaginären Kreuz seiner Strafe, als wäre er jener alte Grieche, der seinen Felsbrocken zum unerreichbaren Gipfel hinaufschiebt. Jedesmal, wenn er fast schon oben angelangt ist, entgleitet ihm der Stein, und er steigt hinunter, um ihn wieder heraufzuholen. Das geht so weiter, bis die Sonne im Westen verschwunden ist, bis schwärzliches Dunkel über das Gelb, das Rot und Grün der Wüste hinwegkriecht und alles zudeckt. Die sengende Hitze geht in einen heissen Wind über und schlägt dann in beissende Kälte um. In der endlosen Weite verwandeln sich die Berge in Fabelwesen. Nicola kann kaum noch etwas erkennen. Er holt eine Decke und hüllt sich darin ein. Er kauert sich nieder und lehnt den Rücken an die Felsen des Darhîb, die allmählich eiskalt werden. Am östlichen Himmel geht in seinem schwachen Karfunkelrot der Mars auf und blickt auf die Arabische Halbinsel herunter. Fern im Westen beginnt über der Libyschen Wüste der Jupiter zu flimmern. Da entschwebt Nicolas Geist in dieses weite Himmelreich.

2

Wenn sie von ihrer Heimat redeten, wurde Nicola traurig, denn er hatte keine Heimat. Niedergeschlagen zog er sich zurück und beteiligte sich nicht mehr am Gespräch. Zu welchem Vaterland sollte er auch gehören?

Seine Familie war aus einer russischen Kleinstadt ausgewandert, als er ein Kind von zehn Jahren war. Der Vater liess sich später als Zahnarzt in Istanbul nieder. Das war das letzte, was er von ihm hörte, während er, immer zusammen mit seinen beiden Brüdern, in der Welt herumvagabundierte. Irgendwo liess er dann auch sie zurück.

Nicola fischte sich sein Wissen aus dem weiten Meer des Nomadenlebens, aber er zahlte einen hohen Preis dafür. In den folgenden zwanzig Jahren holten ihn die Briefe seiner Brüder nicht mehr ein. Sie konnten ihm bei diesen rastlosen Aufbrüchen nicht folgen.

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