Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente. Band 2 - Friedrich Hölderlin - E-Book

Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente. Band 2 E-Book

Friedrich Hölderlin

0,0
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mit dieser Ausgabe schließt der Herausgeber, der als einfacher Leser begann, seine Arbeit ab. Sie enthält auf 3.000 Seiten das Resultat der 1974 begonnenen Arbeit, die für ihn von Anfang an keinen anderen Zweck hatte als den hier vorgelegten, gegenüber allen früheren und noch im Handel erhältlichen Ausgaben wesentlich erweiterten und korrigierten Text …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 290

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
 
II
 
1788. Fortsetzung
18. Oktober. Universität Tübingen. Aus dem Vorlesungsprogramm, Wintersemester ...
21. Oktober. Gemäß Konsistorialerlaß vom 16. September Eintritt in das ...
 
Copyright
II
Es fiel schwer, seine und Louises Briefe in dem Wissen abzuschreiben, daß er ihr ein schon halbes Jahr nach Verlassen des Klosters, den Abschied geben würde. Das rührende Gedicht Die Stille, das sie ihm zurückschickt, ist durchnäßt von einem Tränensee. Die Mutter zürnte, und Editoren war die Sache so peinlich, daß sie den Vorfall auf das Jahr danach verlegten. Aber was soll das rechten? Er taugte wirklich nicht dafür. Und nicht allzu lange, so hatte sich für das liebe, das herzensgute Mädchen ein tüchtiger Mann gefunden. Besuchte ihn sogar einmal im Turm. Auch Imanuel Nast konnte es kaum fassen, daß alles nichts weiter gewesen sein sollte als eine Freundschaft auf Zeit - zweckhaft, Louises wegen.
 
Es war die Zeit des Überschwangs, der Oden Männerjubel und Kepler. Zeit der wenig adäquaten Freundschaft mit Neuffer und Magenau. Zumindest Neuffer glaubte, er könne als Pfarrer und als Dichter reussieren. Im späten Exposé zu Hyperion III Tende Strömfeld Simonetta … erscheint das Tübinger Stift unter der Chiffre Sorbonne, und jene beiden mit dem Vermerk Coelestin und Inozentius haben die Rede unterbrochen und sie genannt einen Pflanzgarten der Französischen Bischöffe. Wie sehend, wie blind er damals war, wird der Leser sehen, wenn er an Hölderlins Epistel und Neuffers eitlen, ellenlangen Brief gelangt.
Die Bastille fällt. Im Herbst brodelt es auch im Stift. Er schlägt einem, der auf der Gasse oder grüßen oder weichen wollte, den Hut vom Kopf und geht dafür in den Karzer. Vor Holunder sollst du den Hut abziehn und vor Wacholder die Knie beugen, hieß es einmal. Mußte sich den Fuß wund stoßen, um in die bestellte Chaise steigen zu können, die ihn in die Nähe von Ludwigsburg, zur Hochzeit des Notara, des Doctor Theuss mit Jungfer Luise Bardili führte. Das Hochzeitscarmen, ist von ihm - sein erstes gedrucktes Gedicht. Von Theuß dagegen sind in zwei Lauffener Fensterscheiben eingeritzte, bisher ihm zugeschriebene Verse. Von Theuss wohl auch die Zeilen, die ihm Luise Bardili ins Stammbuch schrieb, die schönsten, die darin zu finden sind. Wiedererkennbar in zwei späteren Oden: … Freundschaft - / Sie folgt auch hinunter / Ins Schattenreich. Doch der Theuss betreffende Teil der Korrespondenz wurde, wie vieles andere, vom Halbbruder Carl Gock beseitigt. Theuss war Oberamtsrichter in Nürtingen, als die Geschwister um das Erbe der Mutter - und auch um das Vermögen des entmündigten Bruders stritten.
 
Wieder in der Chaise, auf dem Weg nach Nürtingen, mit Blei die beispiellosen Verse: … Hinweg Tyrannen! keine Gnade / Ewige Rache den Völkerschändern!
 
Neun Monate später ist er Magister.
1788. Fortsetzung
Anfang Oktober. Ausgabenliste. dem L. Fritz wehrend seiner anweßenheit hier gegeben - 5. f.
 
Vmtl. erste Oktoberhälfte. Entwurf des hexametrischen Gesangs Die Tek. Er wird in Sammelreinschrift des Marbacher Quarthefts an vorletzter Stelle eingetragen.
Die Tek.
Ah! ich habe die herrliche Rebenberge erstiegen! Ehe der leuchtende Stral an der güldenen Ferne hinabsinkt. Und wie wohl ist mir! Ich strek’ im stolzen Gefühle - Als umschlänge mein Arm das Unendliche - auf zu den Wolken Meine gefaltete Hände, zu danken im edlen Gefühle Daß er ein Herz mir gab, dem Schaffer der edlen Gefühle. Mich mit den frohen zu freuen, zu schauen den herbstlichen Jubel, Wie sie die köstliche Traube mit heiterstaunendem Blike Über sich halten, und lange noch zaudern, die glänzende Beere In des Kelterers Hände zu geben - wie der gerührte Silberlokigte Greis an der abgeerndteten Rebe Königlich froh zum herbstlichen Mahle sich sezt mit den Kleinen O! und zu ihnen spricht aus der Fülle des dankenden Herzens Kinder! am Seegen des Herrn ist alles, alles gelegen - - Mich mit den frohen zu freuen zu schauen den herbstlichen Jubel War ich herauf von den Hütten der gastlichen Freundschaft gegangen.
Aber siehe! allmächtig reißen mich hin in ernste Bewundrung Gegenüber die waldigte Riesengebirge. - Laß mich vergessen Laß mich deine Lust, du falbigte Rebe, vergessen, Daß ich mit voller Seele sie schaue die Riesengebirge! Ha! wie jenes so königlich über die Brüder emporragt! Tek ist sein Nahme. Da klangen einst Harnische, Schwerder ertönten
Zwischen den moosigten Mauren der Fürsten und blinkende Helme.
Eisern waren und groß und bieder seine Bewohner. Mit dem kommenden Tag stand über den moosigten Mauren In der ehernen Rüstung der Fürst, sein Gebirge zu schauen Mein diß Riesengebirge - so stolz - so königlich herrlich -? Sprach er mit ernsterer Stirne, mit hohem, denkendem Auge - Mein die ewige Felsen? die tausendjährige Eichen? Ha! und ich? - und ich? - bald wäre mein Harnisch gerostet O! der Schande! mein Harnisch gerostet in diesem Gebirge. Aber ich schwör’ - ich schwör’, ich meide mein Riesengebirge, Fliehe mein Wieib, verlasse das blaue redliche Auge, Biß ich dreimal gesiegt im Kampfe des Bluts und der Ehre. Trage mich mein Roß zu deutscher statlicher Fehde Oder wider der Christenfeinde wütende Säbel - Biß ich dreimal gesiegt, verlass’ ich das stolze Gebirge. Unerträglich! stärker als ich, die trozende Felsen, Ewiger, als mein Nahme, die tausendjährige Eichen! Biß ich dreimal gesiegt, verlass’ ich das stolze Gebirge. Und er gieng und schlug, der feurige Fürst des Gebirges. Ja! so erheben die Seele, so reißen sie hin in Bewundrung Diese felsigte Mitternachtswälder, so allerschütternd Ist sie, die Stunde, da ganz es fühlen, dem Herzen vergönnt ist. - Bringet ihn her, den frechen Spötter der heilsamen Wahrheit, O! und kommet die Stunde, wie wird er staunen, und sprechen: Warlich! ein Gott, ein Gott hat dieses Gebirge geschaffen. Bringet sie her, des Auslands häßlich gekünstelte Affen, Bringet sie her, die hirnlos hüpfende Puppen, zu schauen Dieses Riesengebirge so einfach schön, so erhaben; O und kommet die Stunde, wie werden die Knaben erröten, Daß sie Gottes herrlichstes Werk so elend verzerren. - Bringet sie her der deutschen Biedersitte Verächter, Übernachtet mit ihnen, wo Moder und Disteln die graue Trümmer der fürstlichen Mauern, der stolzen Pforten bedeken. Wo der Eule Geheul, und des Uhus Todtengewimmer Ihnen entgegenruft aus schwarzen, sumpfigten Höhlen. Wehe! Wehe! so flüstern im Sturme die Geister der Vorzeit Ausgetilget aus Suevia redliche biedere Sitte!
Ritterwort, und Rittergrus, und traulicher Handschlag! - Laßt euch mahnen, Suevias Söhne! Die Trümmer der Vorzeit! Laßt sie euch mahnen! Einst standen sie hoch, die gefallene Trümmer,
Aber ausgetilget ward der trauliche Handschlag, Ausgetilget das eiserne Wort, da sanken sie gerne, Gerne hin in den Staub, zu beweinen Suevias Söhne. Laßt sie euch mahnen, Suevias Söhne! die Trümmer der Vorzeit! Staunen werden sie dann der Biedersitte Verächter, Und noch lange sie seufzen, die fallverkündende Worte - Ausgetilget aus Suevia redliche biedere Sitte! Aber nein! nicht ausgetilget ist biedere Sitte Nicht ganz ausgetilget aus Suevias friedlichen Landen - - O mein Thal! mein Tekbenachbartes Thal! - ich verlasse Mein Gebirge, zu schauen im Tale die Hütten der Freundschaft. Wie sie von Linden umkränzt bescheiden die rauchenden Dächer Aus den Fluren erheben, die Hütten der biederen Freundschaft. O ihr, die ihr fern und nahe mich liebet, Geliebte! Wäret ihr um mich, ich drükte so warm euch die Hände, Geliebte, Jezt, o! jezt über all’ den Lieblichkeiten des Abends. Schellend kehren zurük von schattigten Triften die Heerden, Und fürs dritte Gras der Wiesen, im Herbste noch fruchtbar, Schneidend geklopfet ertönt des Mähers blinkende Sense. Traulich summen benachbarte Abendgloken zusammen, Und es spielet der fröliche Junge dem lauschenden Mädchen Zwischen den Lippen mit Birnbaumblättern ein scherzendes Liedchen.
Hütten der Freundschaft der Seegen des Herrn sei über euch allen! Aber indessen hat mein hehres Riesengebirge Sein gepriesenes Haupt in nächtliche Nebel verhüllet, Und ich kehre zurük in die Hütten der biederen Freundschaft.
Vmtl. vor dem 20. Oktober in Nürtingen. Reinschrift von 16, mit der Jahreszahl versehenen Gedichten der Maulbronner Zeit im eigenhändig paginierten Marbacher Quartheft.
1-9: Die Größe der Seele. 1788.
10-12: Der Lorbeer. 1788.
13.14: Die Ehrsucht. 1788.
15.17: Die Demuth. 1788.
18-23: Die Stille. 1788.
24-28: Schwärmerei. 1788.
29.30: Der Kampf der Leidenschaft.1788.
31.32: An Stella. 1786.
33.34: An die Nachtigall. 1786.
35.36: An meine Freundinnen. 1787.
36.37: Mein Vorsaz. 1787.
38.39: An meinen B. 1786.
40-45: Hero. 1788.
46.47: Auf einer Haide geschrieben. 1787.
48-52: Die Tek. 1788. (p. xxx)
52-60: Am Tage der Freundschaftsfeier. 1788.
 
 
Auf dem Deckblatt das nachgetragene Motto aus Michael Denis, Der Neugeweihte und Sined. Ossians und Sineds Lieder, Wien 1784.
- Tritt ein schwächerer Versucher auf Und bringt ein ungereiftes Lied ins Volk Doch ohne Stolz, bescheiden, schone sein, Beschimpf’ ihn nicht! Er hat es gut gemeint Er hat gestrebet.
 
Ossians und Sineds Lieder. Vierter Band. pag. 163

18. Oktober. Universität Tübingen. Aus dem Vorlesungsprogramm, Wintersemester 1788. Ordo Praelectionum cum Publicarum tum privatarum in perantiqua studiorum Universitate Tubingensi Eberhardino - Carolina - habendarum per semestre Hibernum inde a festo Lucae MDCCLXXXVIII usque ad domenicam quasimodogeniti MDCCVXXXIX.

FACULTAS THEOLOGICA.
D. IOANNES FRIDERICUS LE BRET instanti semestri publice controversias in marteria de reparata per Jesum Christum salute agitatas tractabit, privatim historiam ecclesiasticam inde a Constantini M. temporibus per prima christianae religionis dominantis secula tradet.
D. LUDOVICUS JOSEPHUS UHLAND publice hor. IX-X. inexponendis
Psalmis perget; privatim vero hor. IV-V. Introductionem in Libros Ecclesiae Lutheranae ad ductum Baumgartenii tradet.
D. GOTTLOB CHRISTIANUS STORR publice hor. VIII-IX. theologiam dogmaticam, duce b. SARTORIO, tradet, & privatim hor. V-VI. epistolas catholicas exponet.
D. JOANNES FRIDERICUS MAERKLIN hor. II-III historiam veteris Testamenti inde a Samuele usque ad Christum tradet, & simul Archeologiam orientalem explicationi sacrae Scripturae servientem offert.
FACULTAS PHILOSOPHICA.
GOD. PLOUCQUET, si unquam vires suffecerint, pensis suis vacabit.
AugustUS FRIDERICUS BOEK in praelectionibus publicis Philosophiae practicae universalis partem, in privatis Juris naturalis principia tradet.
CHRISTIANUS FRID. SCHNURRER in publicis praelectionibus Acta Apostolorum, in privatis Psalmorum partem priorem interpretabitur.
CHRISTIANUS FRIED. ROESLER publice historiae partem priorem, privatim vel statisticam vel historiam Germaniae tradet.
CHRISTOPH. FRID. PFLEIDERER publice Physicam theoreticam, privatim Mathesin elementarem tractabit.
JOH. FRID. FLATT Locicam & Metaphysicam tradet, additurus privatissime exercitia practica, &, si de hora convenerit, publice brevem religionis natiuralis tum antiquioris tum recentioris cum revelata comparationem.
 
 
Ausgabenliste. Um 21. Oktober. Mit den Kosten beim Eintritt ins Stift addiert Johanna Christiana Gock die Nürtinger, Denkendorfer und Maulbronner Aufwendungen. Unter der Summe Maulbron später von fremder Hand: 197. f. 38.
121 f 32.
Die Kosten in Denkendorf belauffen sich auf 140 fl 44 x.
Die samtliche Außgaben in Maulbron waren 292 fl 7 x bei der im Herbst 1788. ersten einliefferung in Tübingen dem L. Fritz mit geben - 40. f.
Präsänt dem HE. Professor Uhland - 5 fl. vor 1 Bettlad u stuhl - 2. 6. trinckgeld reiß u zehrungs Kosten - 7.

21. Oktober. Gemäß Konsistorialerlaß vom 16. September Eintritt in das evangelische Stift Tübingen.

Ergänzend: Auszüge aus den vom Senior des Kollegiums aufgezeichneten Repetenten-Annalen ab Frühjahr 1788. Unsichere Entzifferungen in eckigen Klammern.
Im Frühjahr 1788 wurde das Kollegium durch die auf dem vorhergehenden Blatt erzählte Streitigkeit wegen der uns zustehenden willkührlichen Besezung der Sommerstuben aufs neue von HE: Ephorus beunruhigt. Man habe ein beträchtliches Bauwesen auf dem alten und neuen Baue vor und sehe nur noch der [recht]baren Bestätigung desselben durch den Kirchenrath entgegen. Dieses Umstandes halber, sagte HE: Ephorus, könnten [die leeren] Pläze den Sommer über auch mit Stipendiaten besezt werden; er müßte also die alte Bitte wieder vorbringen, daß wir auf dieses Sommerhalbjahr unsere Stuben nicht unbesezt ließen. Diese Forderung, die er uns durch den Hebdomadarius wissen ließ, begleitete er mit einer Äußerung, die weder sich durch Höflichkeit empfahl, noch uns hoffen ließ, daß der Unwille sich gelegt hätte, den er über diese Habitationssache, wie er sie nannte, im vorigen Jahr gefaßt hatte. So entschlossen wir nun gewesen waren, in diesem Sommer zuverlässigen Gebrauch von unserm Rechte zu machen, und bei einem Eingriff in dasselbe das Herzogl. Konsitorium um gnädigste Bestättigung unseres Rechts zu bitten: so riethen doch Billigkeit und Klugheit, diesmal freiwillig Incolas auf den Stuben zu[zulass]en, weil das bevorstehende Bauwesen die Lage der Sache veränderte. Aber für nöthig hielten wir, für die h’ge gewährung unseres Rechtes zu sorgen.
Daher übergab Senior Collegii den Zettel, worauf unsere Incolae bemerkt waren, dem HE: Ephorus selbst, mit der Erklärung, daß wir um des bevorstehenden Bauwesens willen es für billig gehalten hätten, dießmal unere Stuben mit Incolis zu besezen, aber übrigens hofften, daß dieser Vorgang unserem bisherigen Rechte nichts präjudiciren werde. Diese Erklärung wurde zwar freundschaftlich aufgenommen, doch bemerkte HE: Ephorus, daß wir wegen der Anerkennung dieses Rechts noch nicht im Reinen seien; die Ausübung jener Freiheit wäre uns zwar gestattet worden, doch sie sei weder von dem Inspektorate noch dem Konsistorium als strenges Recht jemals bestättigt worden. Senior Collegii berief sich auf die vieljährige Observanz, die von den würdigsten Männern, welche ehemals in unserem Collegium waren, noch izt bezeuget würde, und selbst von den Statuten scheine vorausgesezt zu werden, auf die Billigkeit der Sache, und die Möglichkeit, den Stipendiaten andere Wohnpläze anzuweisen. Überzeugt wurden Gründe und Gegengründe gegen einander gehalten. Was die Billigkeit der Sache betraf, so leuchtete sie Herrn Ephorus selbst ein, und er versicherte ohne Umstände, daß er gar nichts entgegen hätte, wenn einer oder mehrere Repetenten sich jener Bequemlichkeit, ihre Stube des Sommers für sich zu behalten, bedienen wollte; das, worinn wir nicht einig wären, sei bloß die Formalität, nicht die Sache selbst, er glaube nur, daß der Repetent, der allein bleiben wollte auf seiner Stube, es nicht ganz für sich, sondern nach einer Verabredung mit dem jedesmaligen Ephorus thun sollte. Die anhaltenden Vorstellungen des Seniors machten, daß endlich HE: Ephorus äußerte, er wünschte, daß die Sache niemals zur Sprache gekommen wäre, er wollte gern der Sache ihren bisherigen Gang lassen. Wenn aber die bisherige Observanz nicht nur fortgesetzt, sondern auch von ihm als Ephorus ausdrücklich anerkannt und bestätigt würde, so thät er mehr als seine Antecessoren im Ephorat, und sorgte weniger für seine Successoren, als wir es für die unsrigen thun. Er machte endlich den Vorschlag, wir wollten die Sache unreif lassen. Einstweilen könnten sich beide das Ding zuschreiben, in der Folge werde sichs von selbst geben.
Im Apr. 1788. wurde HE. Bauer Diac. in Herrenberg, und den 22. ej. reißte HE. Schmid als vicarius nach Stuttg. ab.
Zu Anfang des Sommers 1788. wurden von HE. Prokur. Scheller auf Ansuchen des Kollegiums Sphären Zettel (auf 4 Buch Papiers) gedrukt.
Im Mai 88. wurde Herr Schnurrer Prorector, verbat sich aber das carmen, und auch die mündl.e gratulation. Eine löbl.e Veränderung, durch die nun freil. auch die kleine Revenüe fällt, die der Sen. Coll. bisher für die Bemühung, das carmen zu überreichen, hatte.
Im Jun. 88. bekam das Collegium wiederum einen Zuwachs an HE: Gaab.
 
 
Aus Christian Friedrich Schnurrer, Erläuterungen der Würtembergischen Kirchen-Reformations-und Gelehrten-Geschichte, Tübingen 1798. Der Orientalist (1742-1822) war während der Studienzeit Hölderlins Ephorus des Stift. Er ersetzte den 1772 als Ephorus eingesetzten, dann Superattendent bis zu seinem Tode 1803 im Stift tätigen Ludwig Joseph Uhland, dem 1775 der zum Superattendenten bestellte Christoph Friedrich Sartorius zur Seite gesetzt wurde. 1780 trat Tobias Gottfried Hegelmaier an die Stelle des fast achzigjährigen Sartorius, der sich der Veröffentlichung seines 1782 erschienenen, zyklisch von den Repetenten durchgenommenen Compendium Theologiae Dogmaticae widmete. Als Hegelmaier 1786 verstarb, wurde Gottlob Christian Storr sein Nachfolger. An die Stelle des 1797 zum Oberhofprediger ernannten Storr trat 1798 Johann Friedrich Flatt. Der kurz vor Eintritt der Promotion Hölderlins ins Repetenten-Kollegium aufgenommene Johann Friedrich Gaab (später geadelt) wurde sehr schnell Professor der Theologie und übernahm 1806 das Ephorat.
Im J. 1752 wurden neue Statuten eingeführt.
1) Eine nicht äußerst verträgliche Kritik wird an denselben auszusetzen finden, daß sie sich auch auf die geringfügisten Dinge herablassen, daß sie nicht durchaus eine würdige, hie und da gar eine niedrige Sprache führen, daß sie überhaupt im Ganzen, anstatt für die schon merklich fortschreitende Cultur berechnet zu seyn, sogar hinter dem damals bereits vorhandenen Geschmak und Geist des Zeitalters zurükbleiben. Wiewohl, obgleich ausdrüklich weißes Unterfutter zur schwarzen Weste verboten wurde, die lästige Kutte wurde doch endlich erlaßen. Von jeher mußte der Stipendiat bey dem Speisen, und sonst innerhalb des Stipendium, außer seiner Stube, in der Kutte erscheinen. Dieses Gesez wurde immer mit Widerwillen beobachtet, und wurde immer aufs Neue eingeschärft. Schon 1710 findet es sich, daß absichtlich die Kutte sehr kurz, das meist nur ein kleineres oder größeres Bruchstük derselben getragen wurde. Ebendieser Vorwurf ergibt sich wieder 1720. Es wurde freylich befohlen, auf eigene Rechnung der Muthwilligen den Uebelstand zu heben. Aber sollte es den Vorstehern möglich gewesen seyn, der neuen und ganzen Kutte Integrität zu sichern? Es war also Zeit, das mönchische Wahrzeichen fahren zu laßen; und der Gesezgeber war so herablaßend, nicht undeutlich als Ursache der Abschaffung der Kutten dieses anzugeben, weil sie verächtlich worden. Doch die Repetenten mußten „ihnen zur Ehre und Distinction” die langen FlügelKutten beybehalten. - Der nächste Erfolg dieser neuen Statuten war nicht sehr erfreulich. Nach wenigen Jahren kam wieder eine Commission, um den nunmehrigen Zustand in Hinsicht auf die erneuerten Geseze zu untersuchen. Es wurde eine Rotte von 10 bis 12 Stipendiaten verwiesen, und eine zwote Sammlung von Verordnungen eingeführt.
In dem Eingang heißt es, man habe „nicht ohne sonderbares Mißfallen wahrgenommen, wie ein Vilipendium Statuorum nicht nur die meiste Gemüther der Stipendiariorum dergestalten eingenommen, daß entweder wenig daran gedacht, oder mit Murren davon geredet, oder gar eigenmächtige Auslegungen davon gemacht werden, sondern auch, unter würklicher Hintansetzung derselben, viele Unordnungen überhand genommen, welche man nimmermehr erwartet hätte.„Diese Recessus sind überhaupt in einem strengen, unwilligen Ton abgefaßt, sie forderten mitunter Dinge, die, was voraus zu sehen war, nie geleistet wurden. Der sogenannte RepetentenSenat, der jezt genau organisirt wurde, hat den grossen Erwartungen, die man sich von demselben zu machen geneigt war, in der Erfahrung nie entsprochen. Mit der Biblothek aber wurde eine Aenderung vorgenommen, die ein dankbares Andenken verdient. Diese war bisher nur den Vorstehern zugänglich, für die Repetenten blieb sie verschloßen. Ein Receß vom 15 Decemb. 1710 enthält folgenden Punct: „Wir wollen hiemit in Gnaden erlaubt haben, daß denen Stipendiariis aus der Bibliothec ein oder anderes ihnen nüthliches oder anständiges Buch, (jedoch aber keine große Volumina) gegen Recognition und ernstliche Erinnerung, selbiges wohl zu beobachten, und auf keinerley Weise zu maculiren, möge extradirt werden. „Im J. 1720 wurde zwar verordnet, daß, um den Stipendiariis, und besonders den Armen, die Studien zu erleichtern, zur Vermehrung der Bibliothek Jeder von den dermaligen Stipendiaten einen Beytrag von einem halben Gulden, und künftig Jeder bey seinem Eintritt 1. fl. und sodenn bey seiner Beförderung wieder 1 fl zu entrichten habe. Allein der Gebrauch, wie eingeschränkt mußte er immer bleiben, solang jedes einzelne Buch von dem Vorsteher selbst verlangt werden, und dieser einen eigenen Gang nach der BücherCammer machen, das Buch noch auf das Ungewiße aufsuchen mußte? Jezt erst wurde der Schaz, der freylich nur unbedeutend gewesen seyn mag, gemeinnüzig gemacht, dadurch daß ein Stipendiat als Unter-Bibliothekar aufgestellt wurde, der sein eigenes Stübchen neben der Bibliothek erhielt, und zu bestimmten Stunden gegenwärtig seyn mußte, um gegen einen vom Ephorus unterzeichneten Schein das Buch, das verlangt wurde, abzugeben. Nur Schade, daß auch jezt noch die Vermehrung der Bücher immer unbeträchtlich bleiben mußte. Der Beytrag des Stipendiaten ward au f1 Thaler bey dem Eintritt und auf 1 Th. bey der Beförderung erhöht, der Zuschuß von dem KirchenGut blieb bey der jährlichen Summe von 25 fl. Von Geschenken hat die Bibliothek viel zu erwarten, wenn erst diejenigen, die als Genossen der Stiftung seit 1757 sie benuzt haben, und nachher selbst Schriftsteller worden sind, anfangen werden, dieselbe mit ihren Werken zu bereichern. Bis jezt ist nur Eine Verehrung zu rühmen. Der Freyherr von Palm in Kirchheim, der so aufmerksam jede Gelegenheit sucht, in der Stille Gutes zu thun, schenkte vom J. 1782 an die neue Ausgabe von Meninski Lexicon Arabico- Persico-Tucicum.
Als im J. 1777 eine herzogliche Commißion den Zustand des Stipendiums untersuchte, und ihn in manchem Stük verbeßerte, konnte der Umstand nicht übersehen werden, daß von den Statuten und von den Recessen kein Exemplar mehr vorhanden sey, welches den Stipendiaten in die Hand gegeben werden könnte. Es wurde beschloßen, daß statt einer neuen Auflage, aus beyden Werken Ein Ganzes ausgezogen, und dieses mit den nöthigen, den ZeitUmständen angemessenen, Aenderungen gedrukt und eingeführt werden solle. Diese Arbeit ist ohne Zweifel auch vorgenommen, sie ist aber nicht wirklich ausgeführt worden. Indessen mußten jene Statuten von 1752 immer zu gewissen Zeiten öffentlich in Gegenwart der Vorsteher vorgelesen, es mußte aber freylich mehr als Eine Stelle übergangen werden, die theils ohnehin nicht mehr Statt fand, theils die Feyerlichkeit nur gestört haben würde. Müßte es doch ein unwillkührliches Lachen erregt haben, wenn vorgelesen worden wäre: “So solle auch keinem Stipendiaten, ausser dem Fall einer unterthänigsten Supplication und von dem Closters=Medico beygelegten Testimonii, eine Peruque zu tragen verstattet seyn.” - Oder: „Die Novitii sollen ihren Officiis sowohl bey dem Essen, durch Ziehung des Blasbalgs zum Gesang, als auf den Winter =Stuben, durch Verrichtung des Morgen= und Abend=Gebets, neben Lesung eines Capitels aus der Heil Bibel, in fonte, räuchern, vorzünden, Wasser holen, Feuer schieren, Beobachtung der Stunden, fleissig und unklagbar abwarten” - Allein, war gleich das StatutenBuch eine Seltenheit worden, die außer dem Stipendiaten, der sie einmal vorzulesen hatte, nicht leicht ein Andrer gesehen zu haben sich rühmen konnte; so wurden doch die Statuten selbst um nichts Weniger beobachtet. Die allgemein moralischen Vorschriften darf man immer als bekannt voraussezen, die positiven konnten neue Stipendiaten von den Aeltern, an welche sie sich anreiheten, leicht erfahren. Und Alle, die Aelteren wie die Neuen, hatten immer ihre Vorgesezte, die dafür da sind, daß sie den regelmäßigen Fortgang im Einzelnen wie im Ganzen leiten und erhalten. Es wirkte aber auch eine neue, viel vermögende Kraft, die unmittelbare Aufmerksamkeit des LandesRegenten.
Herzog Carl - immer wird Er unter den Regenten Würtembergs hervorragen, Er, dessen reger Geist sich immer einen neuen Gegenstand seiner Beschäftigung aufsuchte - Carl schäzte das theologische Stipendium nach dem Einfluß der ReligionsLehrer auf das Volk. Als 1777 ein neuer Ephorus angestellt wurde, machte Er es sich zu seiner Angelegenheit, in einer besonderen Audienz eben diese Ansicht demselben in das volle Licht zu sezen: Er redete aber nicht blos von der Wichtigkeit, auch von der Beschwerlichkeit des Amts redete Er, mit der ausgedrükten Bemerkung, eigenes Bewußtseyn, Gutes zu bewürken, werde die vornehmste und die sicherste Belohnung bleiben. Bei dem dritten Jubelfest der Universität wurde dem Stipendium ein eigener Tag gewidmet [16. Oktober 1777].
Nachstehend die gemäß Konsistorialerlaß vom 16. September am 21. Oktober verlesenen Statuten. Sie wurden erst 1793 durch eine lange vorbereitete und von den Stipendiaten mit Unwillen und Befürchtungen erwarteten Neufassung ersetzt.
 
Von Gottes Gnaden CARL Herzog zu Würtemberg etct. etc.
Weilen diese Unsere Verordnung und Stiftung allein zur Verherrlichung der Ehre Gottes, und Seines heiligen Evangelischen Worts, auch zur Beförderung aller Zucht und Erbarkeit, und gemeiner Policey, von Uns bedacht und vorgenommen worden: So verordnen und wollen wir, daß unsere Stipendiaten, und alle Personen in unserem Stipendio, nachgemeldte Disciplinen und Statuta mit allem Ernst und Eyfer beobachten sollen.
 
Das Erste Capitel.
Von dem Zweck Unserer Fürstlichen Anstalt in dem Stipendio Theologico, und auf denselben einschlagenden allgemeine Pflichten.
§. 1. Ein jeglicher Studiosus, welcher in das Fürstliche Stipendium aufgenommen wird, solle sich vor allen Dingen hüten, daß er nicht gleich im Anfang von anderen verführet werde, sondern sich beyzeiten in die vorgeschreibene Ordnung in der Furcht Gottes schicken lernen: Absonderlich aber die, welche aus denen Clöstern in das Fürstliche Stipendium promovirt werden, sollen ernstlich bedenken, daß sie ihrer bisherigen theuren Verpflichtungen nicht entlassen, vielweniger in den Stand gesezt seyen, nach ihrem gefallen in meherer Freyheit zu leben.
§. 2. Zu diesem Ende sollen sie den wichtigen Zweck, wozu sie gewidmetseyn, beständig vor Augen haben, und sich zu dem heiligen Predig=Amt mit einer besondern Hochachtung desselben, und einer gewissenhaften Befolgung aller erforderlichen Vorbereitungen, unter dem Gnaden=Beystand GOttes, tüchtig zu machen trachten.
§. 4. Dahero wird ihnen die fleissige Lesung der heiligen Schrift, und anderer geistreichen Schriften von reinen Evangelischen Lehrern, ernstlich anbefohlen: Hingegen das Lesen aller verdächtiger und verführerischer Bücher, sonderlich aber der schädlichen Romanen, und anderer nichts taugender Historien, nichtweniger aller verdächtige Umgang oder Correspondenz mit Heterodoxis schlechterdings verbotten.
§. 5. Gleichwie Wir auch die Anstalt vorzukehren gedenken, daß die Closter =Bibliothec allen und jeden brauchbar gemacht werde, und die Stipendiarii die Bücher selbsten einsehen und lesen können: Also sollen sie solcher Gelegenheit sich dankbarlich und fleissig bedienen, für Verwüstung oder Untreu an der Bibliothec sich bey schwerer Straff hüten, übrigens aber doch ein jeder mit denen nöthigsten Büchern, die ihme die Superattendenten und Ephorus anrathen werden, selbst versehen seyn.
 
Das Zweyte Capitel.
Von denen Repetenten, und ihren Verrichtungen.
§. 1. Zur Repetenten=Stelle, solle so, leicht kein Stipendiat vorgeschlagen und befördert werden, er habe dann zuvor durch eine Disputation publicam sowohl in Philosophicis, als Theologicis, seine Tüchtigkeit zu dieser Stelle, auch eine Prudentiam in agendo dargethan, und, zur Erhaltung gebührenden Respects, ein exemplarisches Leben geführet.
$. 2. Weilen auch die Repetenten, welche sich Studiis und Moribus wohl distinguiren, vor andern Stipendiariis, gute Beförderung verdienen; So sollen sie zu ihrer Bedienstung nicht zu sehr eilen, sondern sich in ihren Studiis dergestalt qualificiren, daß sie hernach zu desto besseren Diensten promovirt werden mögen.
§. 3. Denen Stipendiaris sollen sie mit gutem und Christlichem Exempel allezeit vorleuchten, und sich nicht nur eines äusserlich erbaren Wandels, sondern auch einer wahren innern Gottesfurcht befleissen, damit auch durch sie das Studium Pietatis practicum im Stipendio befördert werde. So sollen auch die Repetenten der Superattendenten und des Ephori Cognition und Bescheid respectiren, und denenselben unverweigerlichen Gehorsam leisten: Hingegen, da sie ihr wichtiges Amt durch gute Aufsicht erleichtern helffen, und gleichsam ihre rechte Hand sind, in ihrem behörigen Ansehen und Respect bey allen Vorfallenheiten manutenirt, auch wider alle Ungebühr mit Nachdruck geschützet, und weder bey denen Stipendiaten, vielweniger denen Famulis verkleinerlich gemacht, noch auf einige Art beschimpft werden. Dahero solle ihnen nichts publice untersagt, sondern sie in des Ephori Stube, um ihre Verantwortung angehört, und sodann ein oder andere Ahndung, verschuldeten Dingen nach, gegen ihnen vorgenommen werden.
§. 5. Gleichwie aber die Repetenten auf den ganzem Stutum Stipendii, und die Studia der Stipendiaten überhaupt, genau Achtung geben, und daher Sommerszeit die Musea fleissig visitiren, und was für Bücher gelesen werden, und ob die nöthige, von denen Superattendenten angerathene Bücher vorhanden seyen, Nachfrag halten, im Verdacht des Lesens schädlicher und verführerischer Bücher, besonders der Romanen, die Oefnung der Pülter erfordern, und auf die befohlene Einrichtung der Studien acht haben sollen. Also haben sie gleichermassen des Winters nicht nur alle diese Stüke zu beobachten, sondern auch insonderheit auf die Application der sammtlichen Incolarum in ihren Stuben besonders derer recipirten, und neuen Magistrorum, nicht weniger derer ihnen nächst gelegenen Seniorats=Stuben beständige Aufsicht zu tragen, und was sie hier und da auszusetzen finden, mit Liebe und Freundlichkeit zu ahnden, keineswegs aber zuzugeben, daß nach Endigung der Recreations =Stunden, wann auch gleich Fremde gegenwärtig wären, nicht zugleich ad Studia gegangen werde, vielweniger das unnütze Schätzen in horis studiorum zu gestatten.
§. 6. Wie auch ferner die Repetenten auf die More der Stipendiaten überhaupt bey allen Gelegenheiten, und insonderheit bey dem Visitiren, eben so genau Achtung zu geben gehalten sind: Also sollen sie in der Disciplin weder schüchtern noch nachlässig seyn, und wann etwas ungleiches vorgehet, oder gar ein Tumult entstehen, und ein heimliches Spielen, Schmausen, Tabacrauchen und dergleichen, vermerket werden sollte, sonderlich bey Nacht, und Herbeyruffung eines Famuli, sich sogleich gegenwärtig befinden, um denen Unordnungen beyzeiten zu steuren, und solches alles eben sowohl als anderes Unrecht, und die Neglectus in Studiis, dem Inspectorat anzuzeigen.
§. 7. In Absicht auf solche Inspectionen sollen auch sämtliche Repetenten dem sogenannten Senat in dem Stipendio beywohnen; jedoch alles Unternehmen in demselben, mit beständiger Connexion an das Inspectorat, führen, und nach der besonder ertheilten Gnädigsten Instruction handlen.
§. 8. Die Repetitio Loci Theologici als eine vorzüglich gut und heilsame Anstalt, solle alle Wochen mit allem Fleiß und dexterität, und, wann ein Feyertag auf den Montag fällt, an dem volgenden Donnerstag gehalten, ohne die erheblichste Ursache kein Magister davon dispensiret, und so viele Classes gemacht werden, als Repetentes gegenwärtig sind, oder die Communität, ohne daß Verwirrung entstehe, fassen mag, der Repetens Hebdomadarius solle zeitlich bey dem Ephoro anfragen, in wie viel Classen der Locus solle gehalten werden? der dann die Anzahl bestimmen, und nach denen Umständen, den Repetenten, der Sonntags vor dem Loco die Predigt gehabt, dispensiren, oder ebenfalls mit herbey ziehen wird. Wie dann kein Repetens denselben ohne erhebliche Ursachen versaumen, und, im Fall muthwilliger Versäumnisse, die wohlverdiente Ahndung ohnfehlbar gewärtigen solle, Zwey Loci sind nicht zumal anzusagen und abzuhandlen, da jedoch ein allzuweitläuffiger Locus in zwey zertheilt werden kan.
Die ganze Promotion der neuen Magistrorum solle jedesmal in einer Classe beysammen gelassen, und uniformiter examinirt, die andere Classen hingegen, soviel möglich, gleich gestellet werden. In allen Classen solle, um sich nicht blos bey einigen Examinandis aufzuhalten, und die übrige zu versäumen, nach der Ordnung, so viel thunlich ist, gefraget, äquivocationes, eigene Sophisticationes und andere Nebensachen beyseit gesezt; Hingegen die leichteste Materien denen Schwächesten, die schwersten aber denen Aeltesten vorgeleget, und auf den Sensum Theseos, die Proben aus der Schrift den Verstand der Dictorum probantium, und die Ubereinstimmung der Librorum Symbolicorum, wie auch der Würtembergischen Confession, durchgehends gedrungen werden.
Mit den ältesten Magistris sollen zwar, neben den Vindicis dictorum probantium, Controversien, deren man in zwey Stunden Sechs bis Sieben durchlaufen könnte, tractirt, aber darbey alles concentrirt, der Status controversiä von den Repetenten auf das sorgfältigste und deutlichste hauptsächlich ex Historia Ecclesastica, doch nicht zu weitläufig, formiret, und die fürnehmste Argumenta contraria, und zwar aus Auctoribus Classicis, vorgetragen, doch nicht allzulang urgiret, vielweniger ohnaufgelöst gelassen werden: Wie dann auch bey vorkommenden schweren Argumentis, und ermanglender Solution des Ersteren, solche so gleich dem anderen oder dritten zu proponiren sind; bey ermanglender Solution des Dritten aber von dem Repetenten zu decitiren ist. Wo auch dieser Zeit und Gelgenheit haben sollte eine quästionem curiosam beyzubringen, solle solches nur wV en parodw mehr anzuzeigen, als zu fragen, geschehen. So mögen auch in einem oder andern Loco, pro re nata, casus conscientiä und practici kürzlich proponirt und die Stipendiarii auf einen oder andern Theologum, der hiervon expresse geschrieben, verwiesen werden. Die neue oder erst jährige Magistri sollen über die Definitiones und Dicta Classica durch den ganzen Locum hinaus gefragt, und so dann erst zu exceptionibus geschritten, doch, wann etwas über das Copmpendium hinaus gefragt wird, nicht so rigoros auf die jungen Magistros gedrungen, sondern so gleich die Exceptiones aus Argumenta Thetica von dem Repetenten solvirt werden.
§. 9. Die Repetitiones mit denen Complenten und Novitiis, sollen alle Wochen wenigstens zwey Stunden, unter Abwechslung mit der explicatione Auctoris, und compositione exercitii, gehalten, und darinnen bey denen von den Professoribus tractirten Auctoribus ver blieben, auch eine Materie, contra naturam repetitionis, nicht allzulang getrieben werden; von dem ältesten Repetenten aber mit denenselbigen aus der Compendio Theologico die Definitiones, Divisiones, und Dicta cardinalia repetirt werden. In der Verfassung des Repetitions=Catalogi sollen die Repetenten nicht allzu general seyn, somderm wie oft jeder das Semestre hindurch, und in welchen Tagen er die Repetition gehalten, oder was für Materien entweder ganz oder zum theil tractirt worden? beysetzen.
§. 10. Da sie auch auf jede Angariam ein Examen mit besagten Complenten und Novotiis zu halten, und diese zu lociren pflegen, so solle dieselbe location von den Repetenten gewissenhaft, und nach denen befundenen profectibus und Moribus gemacht, auch prävia adprobatione vel correctione Superiorum (vey welcher in wichtigen Veränderungs=Fällen die Repetenten über ihre rationibus zu vernehmen, und von den Superioribus darauf zu sehen ist, daß die Repetenten= Location nicht zum ludibrio gemacht werde:) nach jedem Examine, wann gleich keine Veränderungen geschehen, publicirt, und allein dieser Unteerschied gehalten werden, daß bey denen Novitiis das erstemal, da man dieselbe noch nicht genugsam kennet, und bey den Candidatis das leztemal, da sie von denen Professoribus locirt werden, keine Aenderung vorgehen.
§. 12. Magistri Repetentes sollen sich auch aller ohngeziehmender Kleidung enthalten, bey Tisch in ihren langen Flügel=Kutten, welche ihnen zur Ehre und Distinction beybehalten worden, erscheinen, wann sie aus dem Closter gehen, es seye bey welcher Gelegenheit es wolle, keine Stöcke, sondern ihre langen Mäntel tragen, und in wohlanständiger Kleidung vornehmlich auch anderen ein gutes Exempel geben.
§. 13. Die Repetenten sollen zur Winterszeit des Nachts fleissig auf ihren Stuben bleiben, und dieselbe in Obsicht halten, auch sowohl Sommers als Winters ohne Vorwissen und Bewilligung, wenigstens des Ephori, niemalen Nachts ausser dem Stipendio bleiben, viel weniger gar verreisen: Wofern aber einer von denselben verreiset oder sonst nicht zum Essen kommt, solle er solches jedesmal zu rechter Zeit dem Controlleur ohnfehlbar anzeigen lassen; und wann sie zu spät zum Thor kommen, solle ihnen zwar der Famulus ohnverwaigerlich aufmachen, aber Namen und Zeit dem Ephoro auf einem besondern Zettelin anzeigen, und in die Verzeichniß der spatkommenden übrigen Stipendiarium, die denen Caritionibus unterworfen sind, nicht einbringen.
§. 14. Die zunächst einer Seniorats=Stube logierende Repetenten sollen die Incolas derselben in genauer Obacht haben: Und damit nicht lauter unruhige und von denen Repetenten selbst ausgeschlossene Leute zusammen kommen, welche ein Senior nicht in der Ordnung halten könnte, solle derselbe den Catalogum recipiendorum verfassen, und dem Ephoro ad approbandum vorlegen.
§. 15. Es kan zwar der älteste Repetens nach bisheriger Observanz wohl Rector Musicorum seyn: Jedoch sollte um der vielen Distractionen willen, welche die Music-Anstalten erfordern, ein besonderer Rector Musices gehalten, und gegen beyden eine hinlängliche Subordination der Musicorum vestgesetzet werden, damit man sich bey vorfallenden Unordnungen an die Rectores halten könne. Wie sie dann zur Verhütung der Unordnung, und zur Förderung des Werks, beyde zeitlich in der Kirche sich einfinden, und der Rector Musicorum die spätkommende oder gar ausbleibende, durch den Famulum notiren lassen, aber auch bey denen in dem Closter geschehenden Music=Proben aller Unordnung steuren, und besonders verhüten solle, daß sie nicht öfters, als an dem Die Academico in der Communität angestellet werden, und länger nicht, als höchstens zwey Stunden lang währen mögen. Solte bey einem sonders schweren Stük am Samstag noch einige Übung nöthig seyn, möchte die Recreations=Stund darzu genommen werden.
§. 16. Die Repetentes sollen allen Stipendiariis mit geflissentlicher Höflichkeit begegnen, und darnach ihre Liebe zu erwerben und zu erhalten trachten, ihr Censur=Amt cum discreditione, ohne Affecten, gebrauchen, in objurgando
© 2004 Luchterhand Literaturverlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Alle Rechte vorbehalten.
eISBN : 978-3-641-01114-7
 
Leseprobe
 

www.randomhouse.de